Wish of my heart von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 5: Wunsch 04 - Den Scheiß endlich vergessen --------------------------------------------------- Hallo meine Lieben ^^ Da bin ich wieder. Ja, mal wieder etwas später. Ich schäm mich auch dafür. Ehrlich. Aber ich habe auch gute Neuigkeiten zu verkünden. Letzte Nacht war ich um drei Uhr wach und lag untätig im Bett herum. Was daran gut sein soll? Vor lauter Langeweile bin ich den Plot von Beat of my Heart durchgegangen und was soll ich sagen? In meinem Kopf steht die Story komplett. Jetzt müssen nur noch die werten Herren mitspielen, damit das am Ende auch ungefähr so wird, wie ich mir das vorstelle xD Nur glaube ich, werden da noch viele Überredungskünste meinerseits von Nöten sein *gg* Einiges habe ich auch schon zu Papier gebracht, aber bis zum ersten Advent ist bei uns viel zu tun im Laden. Aber ein paar Minütchen Abends finde ich immer mal wieder zum Schrieben ;-) Ich wünsche euch einen schönen Sonntag und viel Spaß mit dem nächsten Kapitel. Und lieben Dank für all die netten Reviews! :-*** Eure Fara Wunsch 04 - Den Scheiß endlich vergessen ~Dante~ Sauer rausche ich aus der Tierarztpraxis, in der Colin arbeitet, und steige in meinen Wagen. Was bildet der sich eigentlich ein? Ich soll noch nie so sehr verliebt gewesen sein, wie es Colin in seinen DJ ist? Der hat ja keine Ahnung! Natürlich weiß ich nicht, wie schmerzhaft Liebe sein kann und wie sehr man leidet, wenn man merkt, dass sie vergangen ist und man plötzlich alleine, mit einem gebrochenen Herzen dasteht! Woher auch?! Ich atme tief ein und schließe für einen Moment die Augen. Ja, gut. Colin hat sich sofort danach für diesen dummen Mist entschuldigt, den er von sich gegeben hat, aber trotzdem. Ständig redet er nur über seinen tollen DJ, jammert, weil er ihn anrufen will, sich aber nicht traut und so weiter und so fort. Totaler Teenager-Love-Alarm, sage ich da nur. Kein Wunder, dass mich das gerade heute nervt und ich bei Colins blöden Spruch so sehr aus der Haut gefahren bin. Normal bin ich gar nicht so, doch heute ist einfach ein verflucht komplizierter und verwirrender Tag. Und genau das hat Colin natürlich auch noch mitbekommen. Das mit mir etwas nicht stimmt. Und auch den Grund dafür hat er treffsicher erraten. Colin hat mich total durchschaut. Und das wurmt mich! 'Sieht man es mir so sehr an?' Anscheinend. "Scheiße!" Dabei wollte ich doch nur auf andere Gedanken kommen und habe ihn deshalb kurzerhand auf seiner Arbeit besucht. Aber was macht er? Durchschaut mich auf einen Blick, oder quasselt nur von diesem DJ. Ich gönne es ihm ja. Keine Frage, aber wenn man selbst Liebeskummer hat, dann will man das nicht noch von andere... Äh ... Liebeskummer? Hab ich das eben ... Hab ich das eben wirklich gedacht?! Manisch reiße ich die Augen wieder auf und starre auf das kleine VW-Zeichen des Lenkrades vor mir. Das habe ich gerade nicht gedacht! ... Oder? 'Habe ich', bestätigt mir eine kleine Stimme in meinem Kopf. Da haben wir es. Ich habe es gedacht. Ganz bewusst gedacht. Resigniert schließe ich abermals die Augen und dotze mit dem Hinterkopf gegen die Kopfstütze des Sitzes. Ich atme tief durch und horche in mich hinein und versuche mich zu sammeln. Gleichzeitig beschwöre ich in meinem Geist den heutigen Morgen herauf. Claude und ich in dieser Miniküche. Es ist schön gewesen. Sehr schön. Und heiß, keine Frage. Es war mehr als bloß guter Sex, das muss ich zugeben und gebe es auch gern zu. Wer gibt auch nicht gern zu, dass man morgens guten Sex gehabt hat? Aber das ist noch nicht alles. Leider. Bei Claude fühle ich mich seit langen mal wieder gut. Eigentlich sogar mehr als das. Ich habe diesen quirligen Kerl gern in meiner Nähe, auch wenn unser letztes Treffen eher verkrampft begonnen hat. Claude ist schlagfertig, sieht gut aus (sogar in Frauenfummeln, wie ich ihm zugestehen muss) und wenn er mich küsst, vergesse ich alles andere um mich herum. Aber ist das, was ich fühle wirklich Liebe? Wahrscheinlich nicht. Eher eine Schwärmerei. Ein wenig verknallt. Höchstens. Doch da ist noch etwas anderes. Etwas, dass mir mein Exfreund freundlicherweise hinterlassen hat, nachdem er mir Fremd gegangen ist und mich so lange verarscht hat: Angst und Misstrauen. Kann sein, dass die Narben noch zu frisch sind, aber wenn ich daran denke, dass ich das Ganze irgendwann eventuell noch einmal durchmachen muss, diese Wut, die bittere Verzweiflung, die Enttäuschung, die Leere und der Unglaube, dass das alles doch gar nicht wahr sein kann, dann spüre ich diese Angst in mir aufsteigen und möchte am liebsten ganz weit wegrennen und deshalb nie wieder eine so tiefe Bindung mit einem anderen Menschen eingehen. Und genau das habe ich heute Vormittag auch gemacht. Ich bin weggerannt. Eigentlich war nach unserem Stelldichein alles in Ordnung. Das kurze abwartende Luftanhalten zwischen uns, als wir uns wieder angezogen haben, hielt dank Claude nicht lange an. Seine Lippen auf meinen, seine Arme, die mich an ihn gedrückt haben ... Ich wollte mehr und für den Bruchteil einer Sekunde war ich auch bereit dazu, aber dann kam diese Betty. Doch auch das hatte mich nicht sonderlich aus den Latschen kippen lassen. Zuerst. Aber dann war sie wieder da, die Angst. Ausgelöst durch Claude. 'Er hat mir bloß geholfen die Kleider rein zu tragen, nicht?' Das klang in diesem Moment für mich wie eine Verleugnung dessen, was kurz zuvor zwischen uns passiert ist. Als würde er mich verleugnen. Genau wie Michael es damals ständig gemacht hat. Im Nachhinein komme ich mir selbst total dämlich vor, dass ich einfach weggerannt bin. Aber die Panik in mir, wieder auf's Abstellgleis geschoben zu werden, war einfach zu übermächtig. Das erinnerte mich zu sehr an Michael und unsere erste gemeinsame Zeit. Immer mussten wir uns und unsere Gefühle füreinander verstecken. Er hatte einfach eine solch große Angst davor, dass seine Eltern herausfinden würden, dass er schwul ist. Irgendwann haben sie es dann doch herausgefunden und sie waren, wie er erwartet hatte, wenig begeistert davon gewesen. Unsere Beziehung stand kurz vor dem Aus. Ich oder seine Eltern, sein bisheriges Leben oder ein neues mit mir? Als er sich dann für mich entschieden hatte, dachte ich, jetzt wird alles gut. Und das war es auch. Für einige wundervolle Jahre lang. Jedenfalls glaubte ich das die ganze Zeit über. Fakt ist, Michael betrog mich. Und das nicht nur ein Mal. Nein. Er hatte eine Beziehung parallel zu meiner. Wann sie genau begonnen hat, habe ich nie herausfinden können und ehrlich gesagt, wollte ich es auch nie wirklich wissen. Geändert an seinem Betrug hätte es sowieso nichts. Heute lebt er mit diesem Typen zusammen. Glaube ich zumindest. Als wir uns das letzte Mal begegnet sind, das ist bei seinem Auszug bei mir gewesen, war er es noch. Dieser Drecksack hat ihm sogar geholfen Kistenschleppen! Man stelle sich das mal vor! Seufzend reibe ich mir über die Augen. Sie brennen. Ich verdränge die Vergangenheit, möchte nicht wieder daran zurückdenken und all diese furchtbaren Erinnerungen heraufbeschwören. Zu viele Male habe ich das Ende unserer Beziehung durchgekaut, überlegt, ob ich nicht schon viel früher etwas hätte bemerken können und ob ich etwas anders hätte machen können, damit es erst gar nichts so weit kommen musste. Ich bin nie zu einer Antwort gekommen und werde ich vermutlich auch nie. Was heute zählt, ist das Hier und Jetzt. Wo wir wieder bei Claude wären. Was ist das zwischen uns? Mittlerweile glaube ich natürlich nicht mehr daran, dass er unseren Quickie vor dieser Betty verheimlicht hat, weil er mich verleugnen wollte, oder es ihm peinlich war. Wozu auch? Er ist ein Kerl, der in aller Öffentlichkeit in Frauenkleidern herumrennt. Warum sollte er sich dann dabei schämen, zuzugeben, gerade mit einem Mann geschlafen zu haben? Besonders vor dieser Betty. Wäre Colin aufgetaucht, hätte ich ihm ja auch nichts davon gesagt, weil man es nicht an die große Glocke hängt und sagt: Hey hör mal! Wir beide hatten eben Sex! Eine ganz normale Reaktion also. Demnach könnte alles wieder in Ordnung sein, was? Weit gefehlt. Das Ganze hat mir nämlich nur wieder gezeigt, dass ich noch nicht bereit bin für etwas Ernstes. Michaels Betrug hat mich tief verletzt. Wann diese Wunden letzten Endes verheilt sein werden, bleibt abzuwarten. 'Ich wünschte, ich könnte den Scheiß endlich vergessen ...' Leider leichter gesagt, als getan. ~Claude~ "Ach Herzchen. Jetzt schau nicht so." "Hm ..." Betrübt sitze ich am Rand der Tanzfläche, den Kopf auf meine Knie abgestützt und zupfe an dem mit Strass verzierten Stoff herum. Die Probe für Jacks Geburtstagsauftritt ist gerade vorüber. Die anderen sind sich schon umziehen gegangen. Die Kleider haben Betty und ich dann doch noch selbst sauber bekommen. Wenigstens etwas, denn der Rest des Tages ist die reinste Katastrophe gewesen. Nach Dantes Flucht ging aber auch wirklich alles schief, was nur schief gehen konnte. Ich bin mit den Gedanken ganz wo anders gewesen, was sich natürlich auf die Probe ausgewirkt hat. Die Schrittfolge habe ich noch immer nicht drauf, obwohl ich sonst immer ganz gut darin bin, mir so etwas zu merken. Es ist nicht mein erster Auftritt mit Bettys Tanzgruppe, wird aber vermutlich mein Letzter sein, wenn ich das an Jacks Geburtstag vermassle. Betty seufzt, da ich weiter Trübsal blase und setzt sich ächzend neben mich. Sie sollte in ihrem Alter nicht mehr auf dem Boden herumhocken, aber das sage ich ihr mal lieber nicht. Auf erneuten Krach mit ihr habe ich keine Lust. "Er ist es nicht wert, wenn er einfach abhaut", versucht sie mich zu trösten. "Doch, ist er." Wieder seufzt sie. "Er ist mein Mann, verstehst du? Ich weiß das, nur er begreift es nicht. Und ich habe keine Ahnung, wie ich ihm das klar machen soll." Es ist zum Heulen! "Na ja. Charmant war er zwar, aber bist du dir sicher, dass er der Richtige für dich ist?" Ich nicke. "Wenn das so ist, meine Süße, dann musst du kämpfen und ihn dir schnappen." "Und wie?" Hoffnungsvoll blicke ich Betty an. Wieder einmal kommt mir in den Sinn, dass sie wie eine zweite Mutter für mich ist. Auch das bleibt besser mein Geheimnis. Wenn, dann sollte ich sie lieber als meine jüngere Schwester betiteln, auch wenn wir beide wissen, dass das eine ganz offensichtliche Lüge ist. "Wenn ich das nur wüsste", schnaubt sie. "Du weißt, dass ich in dieser Beziehung auch nie Glück hatte." "Bist du nicht momentan mit diesem Typen aus dem M zusammen?" "Ach was!", winkt sie ab. "Das ist nichts Ernstes. Ein netter Zeitvertreib. Mehr nicht." Sie nun wieder. Betty kann ein ganz schönes umtriebiges Miststück sein. Doch ich kenne meine alte Betty. Sie gibt es nicht zu, aber sie muss diesen Kerl ganz schön mögen, wenn nicht sogar Lieben. Einfach so hüpft sie mit keinem Mann ins Bett. Diese Zeiten sind bei ihr lange vorbei. Das hat sie mir mal verraten, als sie nicht mehr ganz nüchtern war. Manchmal ist sie so leicht zu durchschauen. Grinsend lehne ich mich an ihre Schulter. "Du bist die Beste", flüstere ich. "Bin ich das?" "Ja." "Aber ich habe dir doch gar nicht großartig weitergeholfen." "Das musst du auch nicht. Allein, dass du mir immer zuhörst, hilft." "So so. Dann höre ich dir doch weiterhin gerne zu", lacht sie und umarmt mich. So beruhigend und tröstend wie an Mutters Brust … Wir bleiben noch ein wenig so sitzen, dann scheucht mich die Gute auf. "Jetzt aber mal raus aus dem Fummel, meine Liebe! Es wird Zeit." Ich helfe Betty beim Aufstehen, dann gehen wir uns umziehen. "Soll ich dich mitnehmen?", fragt sie mich, als wir draußen stehen. "Ich bin mit dem Auto da." "Nein danke. Ich nehme die Bahn." "Ganz wie du willst." Sie zuckt mit den Schultern und umarmt mich. Ihre unzähligen Armbänder klimpern dabei. "Das wird schon. Bleib hartnäckig", flüstert sie mir ins Ohr und verpasst mir danach einen ihrer feuchten Wangenschmatzer. Lippenstiftabdrücke inklusive. "Ich versuche es", antworte ich. "Versuchen ist ein anderes Wort für scheitern! Du tust es, oder lass es ganz bleiben." Mahnend sieht sie mir tief in die Augen und zeigt mit ihrem beringten Zeigefinger auf mich. "Gut, ich tue es. Sobald er mir wieder über den Weg läuft, kralle ich ihn mir." "Das wollte ich hören!" Sie lacht schrill, klimpert mit den Wimpern und stöckelt davon. Habe ich schon erwähnt, dass ich diese olle Tunte* wirklich liebe? In der Straßenbahn stelle ich mich gleich neben die Tür. Ich sitze nicht gerne in öffentlichen Verkehrsmitteln. Immer wenn ich es tue, überfallen mich die übelsten Fragen, wer da wohl vor mir gesessen hat. Meine Fantasie malt mir dann die fürchterlichsten Horrorvorstellungen aus und dann fängt mein Hintern an zu jucken. Uwäägs! Nein, nein. Dann mich lieber festhalten und danach die Hände gründlich mit Seife waschen. Ich stehe also in der Straßenbahn herum, schaue mal gelangweilt aus dem Fenster, dann mal wieder durch die Sitzreihen. Die Bahn ist nicht sehr voll. Um diese Uhrzeit sitzen die meisten Pendler noch in ihren Büros und die Schulkinderchen sind schon zuhause. Es ist früher Nachmittag. Deshalb bleiben nicht viele Fahrgäste für mich, die ich anstarren kann. Dann jedoch, sehe ich jemanden nicht unweit von mir entfernt sitzen, der mir bekannt vorkommt. Lange muss ich nicht überlegen, woher ich den Kleinen kenne. Das ist der kleine Freund von Dante! Das Kätzchen. Tatsache! Aufgeregt straffe ich mich und beobachte ihn. Traurig hat er sein Gesicht halb zum Fenster gedreht und starrt hinaus. Hin und wieder wischt er sich über die Augen. Heult er? Ich bin hin und her gerissen. Soll ich zu ihm rüber gehen? Würde er nicht so aussehen, als stände er kurz vor einem Heulkrampf, täte ich das wahrscheinlich. Doch wo er so jämmerlich aussieht, traue ich mich nicht. Was soll ich auch großartig zu ihm sagen? Hallo, ich habe deinen Kumpel vernascht und wüsste nun gern seine Handynummer oder besser noch, wo er wohnt, weil er heute morgen vor mir weggerannt ist. Gibst du mir seine Anschrift, damit ich ihm sagen kann, dass er zu mir gehört und dass ich ihn liebe? Eher nicht. Aber habe ich eben nicht zu Betty gemeint, dass ich Taten sprechen lassen, und ich mir Dante krallen werde, wenn sich die Gelegenheit ergibt? Und das hier ist so eine Gelegenheit. Ich atme tief ein und sammle all meinen Mut, der nicht gerade gering ist, und überlege mir, wie ich ihn anspreche. Just in diesem Augenblick bremst die Bahn ab und der Kleine springt auf. Er läuft zum vorderen Ausgang und kaum sind die Türen offen, steigt er aus. Ich kann gerade so noch reagieren und springe ebenfalls ins Freie. Und jetzt? Ich kann ihm doch nicht nachrennen und festhalten? Wie sieht das denn aus? Nach kurzer, reiflicher Überlegung, beschließe ich, ihm einfach zu folgen. Vielleicht habe ich ja Glück und er trifft sich mit meinem Schatz? Ich komme mir wie ein Stalker vor, wie ich so hinter Dantes Kumpel nachschleiche, aber scheiß drauf! Was tut man nicht alles für die Liebe? *** ~Dante~ "Das klappt. Du wirst sehen." Eindringlich sehe ich Colin an. Er wirkt alles andere als zuversichtlich. Erst sah es so aus, dass ihm mein Vorschlag gefallen würde, doch jetzt scheint er wieder daran zu zweifeln. Na ja. Wenigstens haben wir uns nach meinem wütenden Abgang vorhin wieder vertragen. Wie könnte ich ihm auch weiterhin böse sein, so niedergeschlagen, wie er vorhin vor meiner Tür gestanden hat? "Hoffentlich", murmelt Colin schließlich nervös. Ich kann ihn sogar verstehen. Bei der ersten großen Liebe ist noch alles so neu und ungewiss. Mir ging es damals nicht anders. Aber Colin wird das schon meistern. Da bin ich mir sicher. Leider bin ich mir nicht im Geringsten sicher, ob der DJ auch wirklich der Richtige für meinen kleinen Zögling ist. Trotzdem: Ich will auf keinen Fall, dass Colin einen Rückzieher macht. Erfahrungen sammeln ist alles. Dazu gehört auch, dass man mal auf den Hintern fällt. "Nur Mut", spreche ich ihm deshalb zu. "Wenn du ihm was bedeutest, wird er dich nicht wegschicken." Colin nickt und lächelt mich dankbar an. Dann nimmt er mir die Tüte ab, in denen ich ihm die DVDs für sein geplantes Vorhaben hineingestopft habe, und verlässt meine Wohnung. Seufzend fahre ich mir durchs Haar. Erste große Liebe hin oder her, das, was Colin wieder angestellt hat, kann auch nur ihm passieren. Grapscht seinem Schwarm an den Schwängel, und was hat er an den Händen? Chliligewürz! Bestimmt ist alles nur halb so wild, wie Colin mir erzählt hat, und er macht sich zu unrecht Sorgen. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser DJ ihm verzeiht. Wenn nicht, ist er ein größeres Arschloch, als für den ich ihn sowieso schon halte. Da muss Colin jetzt durch. Drum prüfe, wer sich bindet, kann ich da nur sagen. Obwohl ... Bei Michael und mir hat das auch nicht geholfen. ... Anderes Thema! Ich latsche in meine Küche und öffne den Kühlschrank. Mein Magen knurrt. Obwohl ich keinen großen Appetit habe, doch das kenne ich schon zu genüge. Damals, als mit mir und Michael Schluss war, musste ich mich regelrecht zum Essen zwingen, um nicht vom Fleisch zu fallen. Ein sicherer Beweis, dass ich tatsächlich so was wie Liebeskummer habe. Verdammt! Laut knallt die Kühlschranktür zu, als ich sie wieder schließe. In den Händen halte ich Wurst und Gewürzgurken. Ein, zwei Brote werden meinem Magen reichen müssen. Ich lege alles auf die Arbeitsplatte und krame einen Teller hervor. Ich will gerade Brotscheiben anschneiden, da klingelt es an meiner Haustür. "Hat Colin was vergessen?", frage ich mich selbst und stiefle zur Haustür. "Ja?" Nichts. Nur die Geräusche vorbeifahrender Autos. "Hallo? Jemand da?" /Post/, kräht es dumpf aus meiner Gegensprechanlage. Post? Hm. Na gut. Vielleicht ein Päckchen von Mutter. Sie schickt mir hin und wieder Dinge aus meiner Kindheit, die sie nicht übers Herz bringt, auszumisten. Meist wandern sie dann bei mir in die Restmülltonne. Was soll ich auch mit Spielzeug und Kinderkleidung? Ohne auf die charmante Wortwahl des Postboten zu antworten, drücke ich den Türöffner und laufe zurück in die Küche. Als ich Schritte höre, rufe ich ihm zu, er solle die Post einfach in den Flur stellen. "Brauchen Sie noch eine Unterschrift?", frage ich und beiße in mein Brot. "Nicht nötig", höre ich eine mir allzu bekannte Stimme. Erschrocken drehe ich mich Richtung Küchentür und kann meinen Augen kaum trauen. "Claude?" Mir fällt beinahe das Brot aus der Hand und ich habe Mühe, das Stück in meinen Mund runter zu bekommen. Träume ich? Habe ich Halluzinationen? "Hey." Er sieht leider völlig real aus. Aber wie um alles in der Welt kommt es, dass er in meinem Flur steht und in meine Küche reinschaut?! "Überraschung." Das kann er laut sagen! "Woher weißt du, wo ich wohne?", möchte ich umgehend von ihm wissen, nachdem ich den ersten Schreck überwunden habe. Claude senkt den Blick und sieht aus wie ein kleiner Schuljunge, der gerade vom Nachbarn eine Rüge bekommt, weil er beim Äpfel klauen erwischt worden ist. "Ich bin deinem kleinen Freund gefolgt." Was hat er?! "Ich habe ihn zufällig in der Straßenbahn gesehen und bevor ich mich versah, bin ich ihm auch schon nachgelaufen." Ich glaube es nicht! "Du stalkst Colin?!" Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich schwanke zwischen sauer sein und, haltet mich für bekloppt, Freude. "Nicht direkt", druckst er herum und kratzt sich im Nacken. "Ich wollte ihn nach deiner Telefonnummer fragen, aber da stand er schon auf und verließ die Bahn." Ich atme laut ein und wieder aus. "Ich musste die Chance nutzen. Verstehst du?" Das kann ich tatsächlich. Und es schmeichelt mir. Auf eine unheimliche Art und Weise. Jedoch eine Sache raffe ich nicht. "Und wieso hast du dich nicht mit deinem Namen gemeldet?", möchte ich wissen und deute mit dem Daumen Richtung Haustür. "Ich hatte Angst, dass du mir nicht aufmachst." Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. "So ein Unsinn! Warum hätte ich dir nicht aufmachen sollen?" "Du bist nicht sauer auf mich?" "Nein." Wie kommt er denn dara... Oh. Natürlich. Ich kann es mir denken. Ich Idiot! "Ich hab gedacht, ich hätte dich mit irgendwas verärgert. Weil du heute Morgen plötzlich weggelaufen bist." Jetzt bin ich derjenige, der verschämt aus der Wäsche guckt. "Egal was ich getan oder gesagt habe, ich meinte es nicht so." Ach Claude! Du kannst doch gar nichts dafür. "Es war nicht deine Schuld. Ich musste nur dringend weg", antworte ich ihm ausweichend. Das stimmt ja auch ... irgendwie. "Willst du dich setzten?" Ich nicke auf die kleine improvisierte Sitzecke in meiner Küche. Da sie nicht groß ist, stehen da bloß vier Hocker und ein schmaler Tisch. Es reicht für meine Bedürfnisse. Besonders, da ich ein großzügiges Esszimmer habe. "Gerne." Claude lächelt mich an und wieder fällt mir auf, wie attraktiv er doch ist. 'Reiß dich zusammen!' "Möchtest du was zu Trinken?" "Nein danke." Er setzt sich und ich ziehe mir den Hocker zurecht, damit ich mich ihm gegenüber hinsetzen kann. So ist es bequemer. "Verrückt, dass du auf einmal hier bist", quatsche ich relativ hilflos drauf los. "Ich kann auch wieder gehen, wenn es dir jetzt nicht passt." Und da ist er wieder. Der alte, leicht überheblich wirkende Claude. Er grinst mich an und es ist sofort klar, dass er das nur als Scherz gemeint hat. Trotzdem schüttle ich den Kopf und sage, dass es okay ist, dass er hier ist. "An deiner Stelle käme es mir auch komisch vor, wenn du meinem Kumpel nachgelaufen wärst und vor meiner Matte stehen würdest", sagt er und wischt sich eine widerspenstige Strähne hinters Ohr. Sein Kumpel? Die Rädchen in meinem Kopf fangen an sich zu drehen. "Meinst du etwa diesen DJ? Letztens aus dem Velvet. Weißt du noch?" Claude stutzt kurz. "Meinst du Malik?" "Ja, genau der." "Er ist eher ein Bekannter", winkt Claude ab. "Hat dein kleiner Freund mit ihm ...? Du weißt schon." Claudes Augenbrauen wackeln auf und nieder. "So weit ich weiß noch nicht." "Echt?" "Nein. Da gab es ein paar unglückliche ... Unfälle", schmunzle ich. "Oh. Aber nichts Ernsthaftes?" "Nein. Hoffe ich jedenfalls." Ob es Colin recht wäre, wenn ich Claude von dem Chiliunfall berichte? "Colin ist gerade auf den Weg zu ihm, um alles wieder gerade zu biegen." "Zu Malik?" Er sieht mich verwundert an. "Ja." "Ohne Scheiß?" "Ohne Scheiß", antworte ich gedehnt. Warum habe ich plötzlich das Gefühl, dass da was im Busch ist. "Sag es Claude. Was ist mit deinem DJ Bekannten?" Hat mich meine Nase doch nicht getäuscht und dieser Malik ist wahrhaftig ein falscher Fünfziger? Claude weicht meinem Blick aus und kratzt auf der Holzplatte des Tisches herum. "Sag mir bitte zuerst, ob Colin sich mehr von Malik erhofft." "Tut er", antworte ich prompt. Ich glaube, ich ahne bereits, was Claude mir sagen will. "Shit!" Er kaut auf seiner Unterlippe herum. "Du willst mir doch nicht sagen, dass Malik bloß an Colins Hintern interessiert ist?" "Doch, dass will ich", sagt er leise. Ich knirsche mit den Zähnen. "Es tut mir leid für deinen kleinen Freund, aber Malik fickt dich und danach ignoriert er dich. So ist er schon immer gewesen." Ich schlucke. Mehrmals. Wütend stehe ich auf und laufe zum Telefon rüber. "Was hast du vor?" Claude läuft mir nach. "Colin warnen", knurre ich. "Er muss das wissen, bevor es zu spät ist!" Jetzt muss ich mich doch einmischen. Solange es noch geht und bevor sich Colin total in den DJ verrannt hat. Claude verschränkt die Arme vor der Brust und lehnt sich gegen die Wand, während er mir dabei zuschaut, wie ich versuche Colin zu erreichen. "Er geht nicht ran. Nur die Mailbox." "Sprich ihm drauf." "Das kann ich nicht! Ich kann ihm das nicht per Mailbox sagen." Per Telefon ist schon scheiße, aber so bekäme ich wenigstens seine Reaktion mit. "Ich weiß, wo er wohnt. Ich könnte dich zu ihm bringen. Auch auf die Gefahr hin, dass Malik mich danach kastriert", schlägt Claude mir vor. Nachdenklich schaue ich ihn an. Kastriert … Vielleicht ist es doch nicht so dringend, Colin zu warnen. "Du sagtest, dieser Malik setzt einen erst in die Wüste, wenn er sein Opfer im Bett hatte?" "Ja", nickt Claude. "Vorher tut er alles, um das Objekt seiner Begierde herumzubekommen." Ich grinse Claude an. "Gut. Dann reicht es noch, wenn ich Colin später von Maliks wahren Plänen in Kenntnis setzen kann." Claude runzelt die Stirn. "Ich weiß von Colin, dass Malik seinen Schwanz vorerst nirgends wo hineinstecken kann", füge ich erklärend hinzu und grinse noch breiter, als ich an den Unfall mit dem Hähnchengewürz denke. Wenn sein kleiner Freund gereizt genug ist, wird ihm gar nicht der Sinn nach vögeln stehen. Ich weiß das aus Erfahrung, da mein Auge schon mal eine schmerzhafte Bekanntschaft mit frischem Chili gemacht hat. Das hat Malik verdient! Claude wirkt noch verwirrter. Selbst dabei sieht er umwerfend aus. Colin und der arschige DJ sind erst einmal vergessen. Ich gehe einen Schritt auf Claude zu, umfasse sein Kinn und hauche einen Kuss auf seinen Mund. Das musste jetzt sein. "Claude? Es ist besser, wenn du jetzt wieder gehst." So leid es mir tut, aber es geht nicht anders. Seine grünen Augen wirken ungläubig. "Was? Wieso?", wispert er. "Habe ich doch was falsch gemacht?" "Nein", seufze ich. "Es liegt an mir." Seine vorher so wundervoll vollen Lippen werden zu einem dünnen Strich. "Es liegt an dir?" Er lacht freudlos auf. "Verstehe!" Claude reißt sich von mir los und stürmt an mir vorbei. Klar, dass er diesen Satz in den falschen Hals bekommen hat. Ich schließe die Augen und sehe das Wort Vollidiot vor meinen geschlossenen Augenlidern aufleuchten. 'Arschloch träfe es wohl besser', denke ich und drehe mich um. "Claude! Warte!" Ich muss es ihm wenigstens erklären. Im Treppenhaus hole ich ihn ein, aber auch nur, weil er gestolpert ist und sich nun am Treppengeländer entlanghangelt. "Warte!", keuche ich erneut und springe vor ihn. "Geh weg!" "Du hast dir weh getan!" "Falsch! Du hast mir weh getan", faucht er und versucht an mir vorbei zu kommen. Klappt aber nicht, da ich ihn festhalte. "Hör auf zu zappeln und hör mir zu!", grante ich ihn an, so laut, dass meine Stimme im Treppenhaus widerhallt. Das wirkt, auch wenn Claude schmollend an mir vorbei schielt, hält er wenigstens still und scheint mir zuzuhören. "Ich habe eine Trennung hinter mir", beginne ich, diesmal leiser. "Eine sehr, sehr hässliche." Zögernd sieht Claude mich endlich wieder an. "Ich wurde von meinem langjährigen Partner betrogen und das über einen langen Zeitraum hinweg, wie ich viel zu spät erfuhr." Der angespannte Ausdruck in seinem Gesicht verschwindet. "Ich bin gerne mit dir zusammen. Das mit uns bereue ich nicht. Wirklich. Aber im Moment möchte ich keine allzu große Nähe zu einem anderen Mann. Ich stecke noch zu sehr in meiner alten Beziehung fest, verstehst du?" Die letzten Worte habe ich nur geflüstert. Es laut zuzugeben tut weh. Apropos weh tun. "Und jetzt komm mit hoch, damit ich mir deinen Fuß anschauen kann." ~Claude~ Wen interessiert denn hier mein Fuß? Dem geht es wieder gut. Wem es aber nicht gut ist, ist mein armer Dante! Mein süßer verletzter Dante! Er steht zwei Stufen unter mir und blickt zu mir auf. Er siehst so verletzlich, so liebesbedürftig aus, und während mir seine Worte in den Ohren nachklingen und ich ihn traurig mustere, stellt er sich neben mich, legt seinen Arm um mich und dreht mich um. "Stütz' dich auf mich, dann wird's gehen", sagt er und zieht mich die erste Stufe hoch. Derjenige, der eine Stütze braucht, bin nicht ich, sondern er. Sieht er denn das nicht? Ich bleibe stehen und schlinge meine Arme um ihn. "Claude?" "Das tut mir so leid", hauche ich an seine Schulter. Er versteift sich kurz, dann spüre ich, wie er locker lässt und sich gegen mich lehnt. So ist es gut. Lass dich fallen. Ich fange dich auf, mein Schatz. Ich streichle ihm über den Rücken und warte ab. Ich werde ihn nicht loslassen, solange er zulässt, dass ich ihn halte. Dass er sich mir anvertraut hat, bedeutet viel für mich. Sehr viel. Jetzt weiß ich, wie ich mit Dante umzugehen habe. Sicher nicht mit der Hau-drauf-Methode. Ich muss es langsam angehen lassen, Geduld haben, für ihn da sein und auch wenn es mir schwer fällt zu warten. Ich muss ein Freund für ihn werden. Anfangs. Dante seufzt. Ich halte ihn weiterhin fest, doch er geht einen Schritt zurück und gleitet mir aus den Armen. "Gehen wir lieber hoch", sagt er mit rauer Stimme und hilft mir die Stufen hoch. Dass mein Fuß kaum noch schmerzt, verschweige ich ihm. Ich bin vorhin nur blöd aufgekommen, aber verletzt habe ich mich hundert pro nicht. Oben, in Claudes Wohnung, bringt er mich in sein Wohnzimmer und lässt mich auf der Couch Platz nehmen. Fürsorglich geht er vor mir auf die Knie und zieht mir den Schuh aus. "Wo tut es denn weh?", fragt er und untersucht meinen Fuß. "Am Fußballen." Dante fährt mit seinem Daumen darüber. Das kitzelt! Lachend ziehe ich mein Bein an. "Nicht!", gackere ich. "Das kitzelt!" So ein Mist! Wieso muss ich da auch so kitzelig sein? "Und die Schmerzen?" "Nicht so schlimm", gestehe ich und beruhige mich wieder. "Pocht nur ein wenig." Dante nickt und steht auf. "Ich hole trotzdem was zum Kühlen. Leg deinen Fuß hoch." Innerlich am zerschmelzen, schaue ich Dante hinterher. Ist er nicht wundervoll? Wie er sich um mich kümmert, obwohl ich eigentlich gehen sollte. ... Dränge ich mich ihm etwas gerade auf? Oh Gott! Das will ich auf keinen Fall! Ich will ihm nicht zur Last fallen! Was jetzt? Wenn ich gehe, merkt er, dass ich ein klitzekleines bisschen simuliert habe, wenn ich jedoch bleibe, gehe ich ihm womöglich auf die Nerven. Also Claude? Was tust du? Viel Zeit zum Überlegen bleibt mir nicht, denn Dante kommt wieder zurück, etwas zum kühlen in der Hand. "Ich glaube, es ist schon besser", sage ich und will aufstehen. "Tut kaum noch weh." "Nichts da!" Dante drückt mich zurück auf die Couch. "Bleib sitzen." "Aber du wolltest doch, dass ich gehe." "Das mit dem wollen ist so eine Sache", flüstert er, setzt sich neben mich und zieht meine Beine auf seinen Schoß. Danach packt er das eingewickelte Kühlding unter meinen Fuß und drückt es sanft auf meinen Fußballen. "Wie meinst du das?", frage ich ihn, hin und her gerissen, was ich tun soll. Es fühlt sich gut an, wie er sich um mich kümmert, doch wie bereits erwähnt, ich möchte ihm nicht zur Last fallen. Nicht jetzt, wo sich endlich so etwas wie Nähe zwischen uns aufbaut. Keine körperliche Nähe, die haben ja schon längst. Ich meine eine emotionale Nähe. Etwas, was so viel bedeutender ist. "Na ja, ich will schon, dass du bei mir bleibst, aber dann auch wieder nicht." Dante seufzt und legt seine Hand auf meinen Fußrücken. Nachdenklich mustert er ihn. Hoffentlich habe ich nach dem Tanzen keinen Fußgeruch! Ach iwo. Ich war ja duschen. "Ich glaube, ich weiß selbst nicht, was ich will", flüstert er. Verständlich. Er trauert seiner letzten Beziehung nach. Davon kann ich ihm auch ein Liedchen singen. "Meine letzte feste Beziehung war vor drei Jahren", plaudere ich drauf los. Dante blinzelt und dreht seinen Kopf zu mir. "Wir lernten uns bei einem Freund kennen. Er war groß, breit gebaut, ein Traum von einem Kerl!" Ich fange an zu grinsen. "Klaus war so ein richtiger Holzfällertyp. Ein wahrer Hingucker. Leider nur auf den ersten Blick." Meine Mundwinkel ziehen sich wieder nach unten. "Er war ein Machoarsch. Durch und durch. Das war jedem spätestens nach einem kurzen Gespräch mit ihm klar. Selbst mir, es war viel zu offensichtlich, aber ich war blind, wollte nicht wahr haben, dass er ein selbstsüchtiger Arsch war. Kläuschen hat mir von Anfang an den Kopf verdreht, obwohl mich jeder vor ihm warnte und sagte, dass er nichts für mich ist. Ich hörte nicht auf sie. Ich war verliebt." Ich zucke mit den Schultern und lächle traurig. "Wir landeten in der Kiste. Weißt du, ich bin selten passiv, wie dir vielleicht schon aufgefallen sein dürfte. Trotz meiner Vorliebe für Frauenkleider." Ich lächle Dante an, er lächelt zurück. "Aber bei Klaus lief von Anfang an alles anders. Ich tat was er wollte. Das ging so lange, bis ich mich am Ende kaum noch selbst erkannte." Für einen Bruchteil einer Sekunde kehrt dieses Gefühl von damals wieder zurück. Diese Ohnmacht, diese völlige Abhängigkeit. Den Verlust meiner Identität. Es schüttelt mich innerlich. "Ich war ihm hörig", flüstere ich, schlucke und weiche dabei Dantes Blick aus. Er sagt nichts, streichelt bloß mit dem Daumen über meinen Fußrücken und hört weiter zu. "Als er erfuhr, dass in mir Claudete existiert und ich gern mal am Wochenende in Kleidern und Heels durch die Gegend renne, tickte er total aus. Zu diesem Zeitpunkt waren wir knapp vier Monate lang zusammen gewesen." "Wie hat er es herausgefunden?", fragt Dante leise. "Ich hab ihm Claudete vorgestellt", lache ich auf, verziehe direkt danach jedoch das Gesicht. "Ich wusste, dass er etwas dagegen haben würde. Deshalb hatte ich vorher kein Wort darüber verloren, versteckte meine Kleider, was aber gar nicht nötig gewesen war, denn Klaus ist während unserer ganzen Beziehung kein einziges Mal in meiner Wohnung gewesen." Das war nur einer seiner kleinen Psychotricks, mit denen er mich manipuliert hat, wie mir später klar geworden ist. "Und wie genau hat er auf Claudete reagiert?" Ich schaue in Dantes Augen. Sie sehen mich liebevoll an. So anders als Klaus damals, der mich nur als sein Besitz angesehen hat. "Wie gesagt. Er rastete aus", antworte ich tonlos. "Und ich wehrte mich nicht." Ich schlucke den dicken Kloß runter, der sich bei diesem Geständnis in meinem Hals gebildet hat. Darüber schäme ich mich am meisten. Dass ich mich gegen diesen miesen Kerl nicht zur Wehr gesetzt habe, was so gar nicht meiner Natur entspricht. "Er hat mich angeschrien, dass ich solche Lumpen nie wieder anziehen soll, und dass ich ihm gehöre und gefälligst das tun soll, was er verlangt." Mein Hals kratzt, weshalb ich heftig schlucken muss. Die Erinnerung daran tut immer noch mächtig weh. "Das sei widerlich, schrie er mich an. Abartig ..." Dante blickt mich fassungslos an. "Das ist ja furchtbar! Was für ein Arsch!" Wie wahr. "Wie bist du von ihm los gekommen?" "Das habe ich Betty zu verdanken. Nach diesem Vorfall habe ich bei ihr Unterschlupf gesucht um meine Wunden zu lecken. Sie redete auf mich ein, half mir wieder klar zu sehen und wieder auf die Spur zu kommen. Und vor allem von Klaus wegzukommen." Traurig aber wahr: Ich wäre beinahe wieder eingeknickt und zu ihm zurückgelaufen. In der kurzen Zeit, in der wir zusammen waren, hatte er mich dermaßen manipuliert und unter Kontrolle, dass es mich selbst jetzt immer noch erschreckt. "Und Klaus wollte dich nicht dazu zwingen, wieder zu ihm zurück zu kommen?" "Doch, das wollte er. Mit Wutausbrüchen und Drohungen. Dann, als er merkte, dass das nicht mehr funktionierte, säuselte er mir das Blaue vom Himmel herunter, schickte mir Blumen und lauter anderen Liebeskitsch, aber ich blieb eisern, nachdem ich endlich begriffen hatte, dass der Kerl ganz und gar nicht gut für mich war. Betty kostete es jede Menge Nerven, doch sie stand an meiner Seite. Irgendwann gab Klaus auf und suchte sich den nächsten Deppen, den er manipulieren und runtermachen konnte. Im Grunde war er ein Feigling. Und sollte er mir jemals wieder zu nahe kommen, kann er sich auf was gefasst machen." Ich fahre meine Krallen aus und zeige sie Dante. Er schüttelt den Kopf und wirkt besorgt. "Dass du keine Angst vor ihm hast ..." "Oh, die hatte ich", gebe ich zu. "Es dauerte etwas, aber ich kapierte, dass Klaus mir nichts antun würde. Nicht mehr." "Was machte dich so sicher?" "Na weil Klaus eine feige Sau ist. Er hat mich ständig unterschwellig nieder gemacht, mich unterdrückt, mir eingeredet, ich sei ohne ihn nichts wert und ich habe es zugelassen, schlimmer noch, ich habe es irgendwann auch geglaubt. Nur so konnte er die Kontrolle über mich behalten, wenngleich er ein starker Typ war. Hätte ich mich von Anfang an gegen ihn behauptet, wir wären sicher keine zwei Tage zusammen geblieben. Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber ich weiß mich zu wehren und auch falls Klaus mir jemals wieder an die Gurgel gehen will, ich werde es ihm nicht leicht machen." Ich war früher in einigen Selbstverteidigungskursen. Sicher ist sicher. Und ich frische meine Kenntnisse immer wieder auf. Denn leider gibt es da draußen noch viel mehr Deppen als nur Klaus. "Wow", sagt Dante nachdenklich. "Ich an deiner Stelle wäre ein totales Frack. Das bin ich ja jetzt schon." Sorgenvoll schaue ich Dante an. Er wirkt richtig abwesend, wie er meinen Fuß hält und ihn weiter kühlt. So geht das nicht! Dante soll nicht so niedergeschlagen sein! Er soll diesen Michael endlich ad acta legen, auch wenn es schwer fällt, doch das ist der einzige Weg, jemals wieder ein normales Leben führen zu können. Davon kann ich nämlich ein Liedchen singen. Ich ziehe meinen Fuß weg und richte mich auf. "Claude! Dein Fuß!" "Dem geht es wieder gut", winke ich ab und rutsche zu ihm rüber. "Aber dir geht es nicht gut, oder?" Er braucht mir nicht zu antworten, aber als er schwach den Kopf schüttelt, bin ich erleichtert. Er gibt es vor mir zu. Erneut umarme ich ihn, lege meine Hand auf seinen Hinterkopf und kraule durch sein gelocktes Haar. Dante seufzt und schmiegt sich an mich. Wie wundervoll sich das anfühlt! "Ich liebe dich", wispere ich leise und stocke. Ach du heiliges Lottchen! Habe ich das eben wirklich laut gesagt?! ~Dante~ Mein Herz donnert laut. Das hat er nicht gesagt! Nein! Ich muss mich verhört haben! Ganz sicher! Aber wieso höre ich diese Worte immer noch in meinen Ohren nachklingen? So laut und glockenklar, als würde er sie immer wieder wiederholen? Mit steifen Gliedern und trockenem Mund rutsche ich aus der Umarmung und starre in Claudes Gesicht. Er sieht nicht minder erschrocken aus, wie ich. "Was?", frage ich mit brüchiger Stimme. "Was hast du eben gesagt?" Ich glaube, das, was nun geschieht, passiert eher selten. Claude öffnet den Mund, schließt ihn wieder und ist sichtlich sprachlos. Ich stehe auf, laufe ein paar Schritte von der Couch weg und drehe mich wieder um. Claude sitzt immer noch da und glotzt mich erschrocken an. "Du kannst nicht in mich … Das geht nicht!", japse ich beinahe schon hysterisch. "Wir kennen uns gar nicht! Wir hatten bloß Sex miteinander! Mehr nicht!" Oh, ich weiß selbst, dass das eine Lüge ist. Natürlich weiß ich, dass er in mich verliebt sein kann. Ich habe es ja auch schon geahnt. Trotzdem. Er DARF nicht in mich verliebt sein! "Sag, dass das nicht stimmt! Sag, dass ich mich verhört habe!" Bitte! Bitte sag es, sonst habe ich keine Ahnung, wie ich jemals wieder mit dir umgehen soll. "Das kann ich nicht", wispert er mit dünner Stimme. "Weil es wahr ist. Ich habe mich in dich verliebt." Von irgendwo her rast gerade ein Vorschlaghammer auf mich zu und trifft mich so fest vor die Brust, dass mir die Luft aus den Lungen gedroschen wird. "Geh. Geh jetzt endlich", vordere ich ihn auf. "Ich will dich nicht mehr sehen." Es tut so weh! Ich will nicht, dass er geht, aber ich kann ihn auch nicht auf meiner Couch hocken lassen. "Willst du das wirklich?" Ich nicke. Claude stürzt die Lippen und sieht verletzt aus. Er tut mir leid, doch es geht nicht anders. "Okay. Dann gehe ich." Erleichtert schaue ich ihm dabei zu, wie er seine Schuhe anzieht und aufsteht. "Aber ich werde wiederkommen", sagt er und kommt auf mich zu. Ich gehe zwei, drei Schritte zurück, dann habe ich plötzlich die Wand im Rücken. "Ich lasse nicht zu, dass du wegen deinem Ex keine Liebe mehr in deinem Leben zulässt. Hörst du?" Ich schlucke hart. Was redet er da? Er will nicht zulassen, dass ich keine Liebe mehr zulasse? Wie will er das denn tun? "Dante? Ich will dich. Und was ich will, das bekomme ich auch." Ist der größenwahnsinnig?! Am liebsten würde ich anfangen laut zu lachen, wäre da nicht der Umstand, dass Claude sich mir immer näher schiebt und auf einmal dicht vor mir stehen bleibt. Er sagt nichts mehr, aber seine grünen Augen starren mich gierig an. Mein Puls rast, mir wird leicht schwindelig und ich bin unfähig mich zu bewegen. "Bis bald", flüstert er und macht Anstalten mich zu küssen, tut es dann aber doch nicht, sondern grinst nur, läuft an mir vorbei, verlässt das Wohnzimmer und dann meine Wohnung. Alle Anspannung weicht aus mir. Ich sacke in mir zusammen, wie ein alter Boxsack, bleibe jedoch stehen. "Der spinnt doch!", krächze ich. "Der ist vollkommen irre!" Leider glaube ich, dass ich auch nicht mehr so ganz taufrisch im Oberstübchen bin. Sehr wahrscheinlich bin ich sogar noch wahnsinniger als er. "Verdammt! Du bringst mich noch ins Irrenhaus, du dämlicher Volltrottel!" ****** Fara: Jaaaa! Gibs ihm, Claude! Claude: Logisch werde ich es ihm geben. Schön hart … *zwinker, zwinker* Dante: Ihr seid doch bekloppt! *umständlich die aufflammende Erregung in meiner Hose zurechtrücke* Fara: Höhöhöhö. Siehste Claude? Den bekommen wir noch weichgekocht. Claude: *Fingernägel am Shirt poliert* Klar. Was denkst du denn? Schwierige Fälle sind doch mein Spezialgebiet. Dante: *Verkrümelt sich schmollend im Badezimmer* Fara: Der is noch ne größere Diva als Claude. *Kopfschüttel* * Nur so, falls ich jemanden verärgern sollte. Claude darf Tunte sagen. Er ist ja selbst eine :-P Claude: Jawohl! Und was für eine *mit tiefer Stimme redet* Fara: Hach Claude. Ich liebe dich einfach. Claude: Ich weiß, Schätzchen. :-* Ja, ich bin bekloppt. Aber so macht das Leben auch wenigstens Spaß xDDD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)