Haikyu - Asanoya-Tana von Scharon (Wahre Freundschaft und mehr) ================================================================================ Kapitel 13: Zustellung (Asahi) ------------------------------ Ich sitze in einer Kabine der Toilette, die an unsere Umkleidekabine grenzt und rutsche unruhig auf dem geschlossenen Deckel herum. Ich atme tief durch, versuche mich zu entspannen. Ich muss mich beruhigen. Meine Hände fahren über die Oberschenkel, ich spüre, wie kalt meine Finger sind. Es hat mich mehr mitgenommen als ich erwartet hatte, Noya verletzt zu sehen. Er hat aber auch einfach kein Glück im Moment. Gerade ist seine Gehirnerschütterung auskuriert, da schlägt er bei der Ballannahme, während des Aufwärmens, ungünstig auf den Boden. Ich habe genau gesehen, wie er sich das Handgelenk gerieben hat. Und als ich seine Hand eben gestreift habe, bin ich mir sicher, seinen Schmerz gehört zu haben. Zischend hatte er eingeatmet. So als hätte es weh getan. Ich schließe die Augen, versuche mich auf meinen Atem zu konzentrieren. Langsam kommt mein Herz ein wenig zur Ruhe. Gut, denn ich sollte langsam mal zu den anderen in die Halle gehen, das Training hat sicher bereits begonnen. Ich stehe auf und lege die Hand an das Schloss der Türe. Gerade als es klackend entriegelt, höre ich die Eingangstüre quietschen und zwei Stimmen betreten den Raum, sprechen mit einander. „Sicher, dass du es nicht richtig kühlen willst?“ Das ist Tanaka. Er klingt besorgt. Ich schlucke und lasse meine Hand sinken, bleibe mit gesenktem Blick hinter der geschlossenen Türe stehen. „Ja, es ist wirklich halb so wild.“ Noya... tapfer, wie immer. Ich höre das Wasser in einem Waschbecken rauschen. „Sag mal...“, setzt Tanaka ungewohnt zögerlich an. „Meinst du nicht, du solltest es ihm langsam sagen? Er gibt sich echt Mühe, Noya. Ist so besorgt um dich...“ „Hm?“ Ich sehe auf. Wovon redet er? „Na ja...“ Es klingt als würde sich Tanaka am Kopf kratzen. „Denkst du nicht, er sollte es wissen. Dass dein blaues Auge nicht von mir stammte.“ Ich erschrecke. „Dass dein Vater dich geschlagen hat, weil du mit ihm zusammen bist?“ Mein Körper erstarrt. Was...? Das... Das kann doch nicht... Mein Atem stockt und ich halte mir den Mund zu, um nicht aufzukeuchen. „Nein.“ Ich erschrecke wieder als Noyas Stimme entschlossen und fest erklingt. „Asahi sollte die Wahrheit erfahren.“, lenkt Tanaka ein. Ich kann spüren, wie sich meine Brust zusammenzieht und es immer schwerer wird zu atmen. „Nein. Ich werde es ihm nicht sagen. Und du wirst das auch nicht.“ „Okay...“, seufzt Tanaka. Warum...? Ich presse meine Hand gegen die Brust, verschließe mit der anderen weiterhin meinen Mund. „Komm.“, sagt Noya knapp und ich höre seine Schuhe auf den Fliesen quietschen. Das andere Paar Füße setzt sich auch in Bewegung und die Türe schlägt zu. Stille. Meine Ohren beginnen zu rauschen, mein Herz schlägt unregelmäßig, während es mir nicht möglich ist einen klaren Gedanken zu fassen. Ich muss atmen, sonst falle ich um. Ich öffne den Mund, doch die Luft will nicht in meine Lunge strömen. Alles was meine Gedanken erfüllt ist Noya. Das blaue Auge... Sein Vater... hat ihn geschlagen? Wegen mir?! Meine Kehle gibt ein gepresstes Ächzen von sich als ich auf die Knie sinke. Mir ist schwindelig. Noch immer kann ich nicht atmen. Was hat das alles zu bedeuten? Warum...? Warum... lügt er? Warum will er mir nicht die Wahrheit sagen? Ich... Ich verstehe das nicht. Ich kralle meine Finger in die Oberschenkel als sich ein Atemzug schmerzhaft in meine Brust zwingt. Der Schmerz, der sich durch meinen Körper zieht, wird von einem Gefühl der Taubheit abgelöst und meine Brust gibt endlich meine Lunge frei, lässt mich nach Luft schnappen. Keuchend beuge ich mich nach vorne, sehe unfokussiert zu Boden. Noya... wieso...? Mühsam stemme ich mich auf die zitternden Beine hoch. Mein Körper bewegt sich mechanisch, während mein Kopf ausschaltet. Ich verlasse die Kabine. Gedankenlos tragen mich meine Beine zum Clubraum, ohne mein Zutun. Die Dunkelheit des Raumes hüllt mich ein und ich merke, wie sich mein Blick trübt. Ich krümme mich vor, presse meine geballten Fäuste gegen die Brust, spüre heiße Tränen meine Wangen entlang fließen. Noya... Ich schluchze und reibe mir durch die Augen. Plötzlich höre ich, wie das Schloss der Türe hinter mir in den Rahmen gedrückt wird. Jemand ist hier. Ich halte die Luft an, obwohl es mit Sicherheit zu spät ist, um zu verheimlichen, warum ich hier bin. „Asahi...“, dringt Sugas sanfte Stimme an mein Ohr. Obwohl ich erleichtert bin, dass es Suga ist, reibe ich mir schnell die Tränen von den Wangen. Er kommt zu mir, berührt meinen Arm. „Hey...“ Ich wende mich ab. Es ist mir unangenehm, vor ihm zu weinen. „Was ist denn los?“ Da ist so viel Gefühl in seiner Stimme. Es ist kein leeres Interesse, keine einfache tröstende Geste. Es bedrückt ihn wirklich, dass es mir nicht gut geht. Suga ist ein guter Freund, dessen bin ich mir bewusst. Vielleicht sollte ich mich ihm wirklich anvertrauen... Ich beiße auf meine Unterlippe. Dann spüre ich den Druck seiner Hand an meinem Rücken. Er schiebt mich sachte zu den Stühlen am Ende des Raumes und ehe ich mich versehe, sitzen wir beide dort und seine Hand ruht auf meinem Knie. Er sagt nichts, ich sage nichts. Ruhe nimmt den Raum ein. Er wartet, geduldig. Die aufkommende Stille holt meine Erinnerungen in den Vordergrund. Ich höre Noyas Stimme. Wie er klar und deutlich „Nein“ zu mir sagt. Ich senke den Kopf, spüre neue Tränen fließen. „Hm?“, macht Suga ermutigend und reibt mein Knie. „Was ist passiert?“ Ich seufze nachdenklich, reibe mir Tränen aus dem Gesicht. Es ist Suga. „Ich...Ich habe gehört, wie Nishinoya und Tanaka über mich geredet haben...“, gebe ich zu und spüre, wie sich Druck in meiner Brust aufbaut. „Was?“, dringt seine Stimme erschüttert an mein Ohr. „Wieso sollten sie das tun?“ Seine Überraschung kann ich gut nachvollziehen. Das klingt überhaupt nicht nach Noya und Tanaka. Das ist nicht ihre Art, das ist mir auch klar. „Sie..“ Ich schniefe. „Sie haben nicht gemerkt, dass ich auch in der Toilette der Umkleide war...“ Sonst hätten sie sicher nicht darüber gesprochen. „Was haben sie denn gesagt?“, fragt Suga mit leiser Stimme. Sofort hallen ihre Stimmen durch meinen Kopf und ich sacke unwillkürlich ein wenig zusammen. „Tanaka ist nicht für Noyas blaues Auge verantwortlich... und es war auch kein Unfall...“, sprudelt es aus mir heraus. Meine Brust krampft sich zusammen. Allein der Gedanke, wie Noyas Vater ihn schlägt... ihn anschreit... weil er mit mir... „Wie... ist es dann passiert?“, unterbricht Sugas leiser Tonfall meine Gedanken. Ich presse die Lippen zusammen, es tut weh darüber nachzudenken. „Noyas Vater hat ihn geschlagen...“ Ich verliere den Kampf gegen neue Tränen. Egal... Das ist jetzt nicht wichtig. „Er hat ihn geschlagen, weil... weil wir zusammen sind...“ Weinend krümme ich mich nach vorne. Das überfordert mich, ich verstehe es nicht. „Warum...?“ Widerwillig treten Laute über meine Lippen. „Warum hat er mir das nicht gesagt?“ Mein Körper beginnt zu zittern. „Noya hat zu Tanaka gesagt, dass er mir das nicht sagen will... Warum?“ Schmerzvoll zieht sich meine Brust zusammen, doch dieses Mal treibt es nur weitere Tränen meine Wangen herab und nimmt mir nicht die Luft zum Atmen. Es ist fast ein wenig erlösend, diese Gedanken auszusprechen. „Nun ja.“ Sugas Stimme klingt nachdenklich und ich sehe ihn überrascht an. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mir antwortet. „Vielleicht...“, sagt er mit sanfter Stimme. „ ...hatte er Sorge, dass du...“ Unsere Blicke treffen sich, sein Blick ist genauso warm wie seine Stimme. „...du genau so reagierst, wie du es gerade tust.“ Was...? Ich spüre, wie sich meine Augen überrascht weiten. Er blinzelt langsam, lässt seine Hand fürsorglich über mein Knie streichen. „Das Noyas Vater nicht mit eurer Beziehung einverstanden ist, ist ein ziemlicher Schock.“ Das ist wahr. „Und Noya weiß genau, dass du dir sowas sehr zu Herzen nehmen würdest.“ Das ist auch wahr... „Sicher wollte er dir diese Qual einfach ersparen...“ Ersparen? Was denn ersparen? Er hat mich angelogen! Er hat alle angelogen! Er und Tanaka. Tanaka... Es ist immer das selbe... „Aber...“, sage ich bestimmt. „Aber sowas geht mich etwas an.“ Warum schließt er mich aus? Das kann doch nicht richtig sein. „Warum muss immer Tanaka ihn retten...?“, tritt es über meine Lippen, das, was mein Herz wirklich belastet. „Als Noya nicht zur Schule gekommen ist, ist Tanaka es gewesen, der in sein Haus eingebrochen ist, um nach ihm zu sehen... Und auf dem Spielfeld, nach unserem Zusammenstoß... hat Tanaka ihm das Leben gerettet...“ Es ist als hätte man einen Schleier von meinen Augen genommen. Plötzlich ist alles so klar. „Immer ist Tanaka sein Held, dabei bin ich doch sein fester Freund... Ich sollte sein Held sein....“ Ich kralle die Finger in meine Trainingsshorts. Es ist nicht fair. So sollte es nicht sein. Ich... Ich will so vieles für ihn sein, doch... das bin ich nicht... und das alles sieht er auch nicht in mir. Ich... bin ein Feigling. Ein kleines gläsernes Herz, dass man beschützen muss... Aber er... er braucht jemanden, der auch in der Lage ist, ihn zu beschützen... Ich schließe die Augen und spüre einen dumpfen Stich in der Brust. „Noya sollte mit Tanaka zusammen sein und nicht mit mir...“, spreche ich den Gedanken aus, der mir das Herz zerreißt. Es ist nur logisch... „Was redest du denn?“, sagt Suga, kaum habe ich ausgesprochen. Ich sehe zu ihm auf. „Das ist doch Quatsch.“ Ein leichtes Lächeln zieht sich über seine Lippen. „Noya und Tanaka sind wie Brüder. Da ist keine Romantik.“ Brüder? Meine Gedanken verwirbeln und ich sehe zu Boden. Einen Moment ist es still. Dann spüre ich, wie seine Hand zur Ruhe kommt. „Weißt du...“ Sugas Stimme klingt bedrückt. „Ich bin jetzt seit zwei Jahren mit Daichi zusammen.“ Ich blicke auf und sehe ihn erstaunt an. Ich weiß, dass sie ein Paar sind, dass haben sie mir direkt gesagt als sie zusammen gekommen sind. Und ich habe mich für sie gefreut. Sie passen so gut zusammen. Aber... warum sagt er das so traurig? „Letztes Jahr sind wir in unsere gemeinsame Wohnung gezogen.“ Das weiß ich. Ich sehe ihn aufmerksam an, beobachte wie er seufzt. „Meine Mutter...“ Mein Blick fokussiert ihn, während er zur Decke hinauf sieht. „Sie glaubt bis heute, dass Daichi und ich einfach nur gute Freunde sind.“ Meine Augen weiten sich erstaunt. „Was...?“, dringt es überrascht aus meinem Mund. „Du hast es ihr nie erzählt?“ Er schüttelt angespannt den Kopf. „Warum?“ Er blinzelt langsam, fährt mit den Fingern die Kordel seiner Shorts entlang, während er zur Decke starrt. „Sie... Sie wünscht sich so sehr Enkelkinder...“ Seine Stimme bricht. Oh, Suga... „Und ich... werde ihr nie welche schenken...“ Ich seufze, erkennend, was er mir sagen will. „Wenn ich ihr das sage, bricht es ihr das Herz.“ Er sieht mich mit feuchten Augen an, woraufhin ich mitleidig die Augenbrauen zusammen ziehe. „Das kann ich nicht. Das kann ich ihr einfach nicht antun.“ Sein Atem vibriert. „Ich... kann Noya also sehr gut verstehen, dass er es dir nicht erzählen möchte...“ Als der Schmerz in seinem Blick mich zu überwältigen droht, sehe ich nachdenklich zu Boden. Kann es sein? Ist das...? Ein Moment der Stille entsteht. „Komm, lass uns zum Training gehen.“, sagt Suga mit einem leichten Lächeln und fängt meinen Blick ein. „Bestimmt vermissen uns die anderen schon.“ Er hat sicher Recht. Ich nickte zaghaft, auch wenn ich mich nicht danach fühle zu den anderen zu gehen. Ich reibe mir durch die Augen, da legt er die Hände an meine und drückt sie runter in meinen Schoß. „Nicht reiben. Davon werden deine Augen nur rot.“ Sein Lächeln ist warm. So warm, dass ich mich tatsächlich ein bisschen besser fühle. „Ok.“, sage ich obwohl ich es nicht so meine und wir gehen zurück zum Training. *** Ich beginne damit Nishinoya auszuweichen. Ich erfinde Ausreden, warum ich ihn nicht nach Hause bringe, gebe Verpflichtungen vor, wenn er sich treffen will. Er ist enttäuscht, doch akzeptiert alle meine Worte. Er hat ja auch keinen Grund mir nicht zu glauben. Warum sollte ich ihn schließlich anlügen? Ich denke viel nach, noch mehr als sonst schon. Irgendwann weiß ich gar nicht mehr, was Noya an mir findet. Als er mich damals geküsst hat, als wir ein Paar wurden, nachdem er mir seine Verletzung anvertraut hatte... Was hat ihn dazu gebracht? Warum hat er mich geküsst? Ich bin schon so lange in ihn verliebt. Er ist immer da gewesen, um mir den Rücken zu stärken, hat mich unterstützt und akzeptiert. Ich habe schon immer viel an ihn gedacht und seit ich weiß, dass meine Gefühle mehr als Freundschaft sind, habe ich oft fantasiert ihn zu küssen. Doch ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommt. Er hat mir gesagt, dass er mich auch liebt. Doch seit wann ist das so? Als er mich im Schulflur geküsst hat, habe ich das erste mal Leidenschaft von ihm erlebt. War es nur eine Laune? Hat er einem spontanen Trieb nachgegeben? Und dann als es ernst wurde zwischen uns... Hat er nur mitgespielt? Hat er das alles nur getan aus Lust... und ist er nur mit mir zusammen, um mich nicht zu verletzen? Ich denke an Sugas Worte. Vielleicht hat er Recht... „Hey, Asahi!“ Ich sehe von meinem Tisch auf als Noya grinsend in meinen Klassenraum gestürmt kommt. An meinem Pult bleibt er stehen, drückt seine Hände auf meine und beugt sich mit einem breiten Lächeln zu mir runter. „Weißt du noch, der Actionfilm, von dem ich dir erzählt habe?“ Ich erinnere mich gut daran, wie er mir schwärmerisch von dem Film berichtet hatte, wie seine Augen gefunkelt hatten als es hieß, dass er bald ins Kino kommt. Ich erinnere mich, dass er heute anläuft, weiß sogar, wann die Vorstellungen sind. „Tut mir leid. Ich weiß nicht wovon du redest.“ Ich lächle schief und er blinzelt mich überrascht an. „Nicht schlimm.“ Er lächelt und ich spüre ein Stich im Herzen. „Ich meine den mit dem riesigen Roboter, wo...“ Er erzählt mir von der Handlung, die ich mir schon durchgelesen habe als er mir das erste mal davon erzählt hat. Ich erinnere den Text auf dem Kinoflyer, den ich gelesen habe. „Jedenfalls... Gehst du mit mir ins Kino?“ Er drückt meine Hand in seiner aufgeregt zusammen. Mit ihm ausgehen, das wäre schön. Seine Euphorie in der Dunkelheit des Kinosaals zu beobachten. Ich würde nichts lieber tun. „Ach, weißt du... so was interessiert mich nicht wirklich.“ Er sieht nachdenklich zu meinem Tisch runter. „Oh, das wusste ich nicht.“ Weil es nicht so ist. „Ich habe auch keine Lust auf Kino.“ Ich ziehe meine Hände unter seinen heraus und nehme meine Tasche hoch, stehe auf. Er sieht mich mit großen Augen an. Sein Blick ist enttäuscht. „Aber, geh doch mit Tanaka. Der mag doch sowas.“ Ein brennender Schmerz umhüllt mein Herz. Er nickt zögerlich, dann lächelt er mich an. „Ok.“ Er lacht auf, beugt sie zu mir vor. Mein Blick haftet sofort auf seinen Lippen. Er will mich küssen, ich weiß es. Mein Herz schlägt schneller, ich muss mich zwingen, den Kopf abzuwenden. „Gut, bis dann.“, sage ich schnell und drehe mich weg. Ich kneife die Augen zusammen, dann verlasse ich den Raum, ohne mich nochmals umzudrehen. Ich gehe den Gang entlang bis zu den Schuhen. Weiter hinten durch, entdecke ich Tanaka. Als hätte das Schicksal ihn in meinen Weg gestellt. Ich gehe zu ihm rüber. „Hey.“ Er sieht sofort zu mir auf. „Hallo, Asahi.“ Er nickt mir zu. Ich greife in meine Tasche und angle nach meinem Portmonee. „Hast du heute Abend Zeit?“ Er sieht mich irritiert an. „Ähm...ja. Ich habe noch nichts vor. Wieso?“ Ich öffne mein Portmonee und greife in das hinterste Fach. „Nishinoya wird dich nachher fragen ob du mit ihm ins Kino gehst.“ Er blinzelt verwirrt. „Eigentlich wollte ich mit ihm gehen, aber...“ Ich drücke ihm die beiden Papierstreifen in die Hand. „Mir ist etwas dazwischen gekommen.“ Er blinzelt mich an, dann blickt er runter in seiner Hände, sieht sie an, die beiden Kinotickets. „Ich wünsche euch viel Spaß.“ Ich lächle ihn angestrengt an. „Asahi... Bist du dir sicher?“ Er tätschelt das Papier in seinen Händen. „Ja.“, sage ich schnell und drehe mich um, gehe zügig von ihm weg. Noya schreibt mir über den Tag verteilt mehrere Nachrichten. Ich muss mich zusammenreißen, stelle mir eine Frist, dass ich ihm erst nach einer Stunde antworte. Er soll nicht denken, dass ich auf seine Nachrichten warte, aber auch nicht, das ich ihn ignoriere. Er soll sich langsam von mir lösen... Er soll merken, dass er es besser haben kann... Ein paar Tage vergehen. Ich kann schlecht schlafen, sehe ständig auf mein Handy, lese alte Nachrichten von ihm. Ich vermisse ihn. Doch es ist besser so. Ich betrete die Umkleidekabine vor dem Morgentraining, bin als erster da, nach Daichi, der schon in der Halle ist. Die Unruhe hat mich auch diese Nacht schlecht schlafen lassen, was wohl erklärt, warum ich so früh an der Schule bin. Ich wusste einfach nichts mit mir anzufangen. Gerade streife ich mir mein Trainingsshirt über, da betritt Noya den Raum. Ich beiße die Zähne zusammen als er zu mir rüber gelaufen kommt. „Asahi!“ Er grinst mich an und umarmt mich. Im Reflex lege ich die Arme um ihn und sofort durchströmt mich eine wohlige Wärme. Es fühlt sich so schön an, ihn bei mir zu haben. Nein. Das ist nicht richtig. Ich nehme die Hände von seinen Schultern. Er beugt sich zurück und lächelt. Dann schließt er die Augen und stellt sich auf seine Zehenspitzen, zieht sich zu mir hoch. Ich halte den Atem an, dann packe ich ihn an den Oberarmen, was seine Aufwärtsbewegung abrupt unterbricht. Erschrocken öffnet er die Augen und sieht mich überrascht an. Ich erstarre, bewege mich keinen Millimeter, während wir uns in die Augen sehen. Meine Finger drücken sich gegen seine Armmuskeln. Ich halte ihn auf Abstand, dass ist ihm wohl jetzt auch klar. „Asahi...“ Sein besorgter Blick verrät mir, dass ich mich nicht mehr verstecken kann. Ich senke den Kopf und lasse ihn los. „Was... Was ist denn los?“ Oh nein. Was soll ich sagen? Ich beiße mir auf die Lippe und schweige. „Ich....“ Ich sehe unsicher zu ihm runter als seine Stimme erklingt. Seine Augenbrauen sind traurig zusammen gezogen. „Ich habe gemerkt, dass du dich komisch verhältst. Du gehst mir aus dem Weg...“ Er sieht mich fest an. „Die Kinotickets... Das Kaufdatum war vor fünf Tagen...“ Ich seufze innerlich, während das Bedauern in seinen Blick einkehrt. „Ich wollte es nur nicht erkennen, habe gehofft, dass...“ Er schluckt. „Dass du mir schon sagen würdest, wenn wirklich was ist.“ Meine Brust verengt sich. Es tut weh, ihn so traurig zu sehen. Dennoch kann ich nichts sagen. „Asahi, rede mit mir.“ Er legt die Hand an meinen Arm, ich wende den Kopf ab. „Bitte.“ Seine Stimme ist ruhig und einfühlsam. Es ist annähernd unerträglich. Ohne mein Zutun wandert mein Blick zu ihm und ich sehe ihm wieder in die Augen. Er beobachtet mich mit großen Augen, seinen wunderschönen braunen Augen. Ich weiß, ich sollte wegsehen, doch ich kann nicht. Ich muss mich von ihm lösen, doch ich... Noch nie ist mir etwas so schwer gefallen. Ich lege die Hand an seine Wange und er blinzelt langsam, drückt sich leicht gegen meine Handfläche. Seine Haut ist so weich und er ist so angenehm warm. Ich schließe die Augen einen Moment, genieße alles was ich von ihm wahrnehme, wissend, es ist das letzte Mal. „Ich...“ Ich schlage die Augen auf und sehe ihn so fest an, wie es mir möglich ist. „Ich will nicht mehr mit dir zusammen sein.“ Seine Augen weiten sich geschockt, während ich meine Hand sinken lasse. „Was...?“, haucht er fast tonlos. Ich beiße die Zähne fest auf einander, um seinem Blick stand zu halten. Ich beobachte seine Reaktion, wie seine weit aufgerissenen Augen zwischen meinen hin und her wechseln, bis sie langsam kleiner werden und sich mit Tränen füllen. Ich halte die Luft an als seine Unterlippe zu zittern beginnt. Er... Er weint... „Warum?“, kommt es gepresst über seine Lippen und seine verletzte Stimme sticht mir mitten ins Herz. Ich hatte erwartet, dass er mit mir reden will, dass er diskutieren wird, vielleicht sogar versucht es mir auszureden, doch dass er sofort in Tränen ausbricht... damit habe ich nicht gerechnet. Er zieht die Nase hoch. „Warum?“ Seine Stimme bricht und ich muss wieder die Luft anhalten, um nicht mit zu weinen. „Was hab ich falsch gemacht?“ Sein Körper beginnt zu zittern. Ich schüttele den Kopf. „Nichts.“, hauche ich. „Warum willst du mich nicht?“, dringt es gequält aus seinem Mund. „Liebst du mich nicht mehr?“ Beißender Schmerz schießt durch meine Brust und verteilt sich augenblicklich in meinem Körper. Ich balle die Hände zu Fäusten und schüttele den Kopf. Er blinzelt und Tränen laufen über sein Gesicht. Dann dreh er sich ruckartig weg und läuft auf die Türe zu. „Noya...“ Ich strecke meine Hand nach ihm aus, doch greife ins Leere. Er ergreift die Flucht? Das passt überhaupt nicht zu ihm. Ich... Ich kann ihn nicht so gehen lassen. Meine Füße bewegen sich von alleine und ich laufe ihm nach. Erst hinter der Turnhalle, kommt er keuchend zum Stehen und stützt sich an der Wand ab. Langsam gehe ich auf ihn zu, bis uns noch etwa drei Meter trennen. Sein Atem geht so stockend und gepresst, dass es mir Angst macht. „Warum...?“ Seine Stimme ist kaum mehr als ein Hauchen. Ich presse die Lippen gegeneinander. „Warum?!“, ruft er schmerzerfüllt und dreht sich zu mir um, drückt die Hand gegen die Brust. Noya...ich habe dir Leid zugefügt. Das ist alles meine Schuld. „Weil ich nicht gut für dich bin!“, bricht es aus mir heraus. „Ich..“ Ich senke den Kopf, doch kann ich beobachten, wie er einen zaghaften Schritt auf mich zu macht. „Aber...“ Er sieht mich irritiert an. „Wie meinst du das...?“, fragt er leise und sieht ratlos zu mir hoch. „Wir können kein Paar sein.“ Meine Stimme zittert. „Aber, ich liebe dich.“ Wärme liegt in jedem seiner Worte. Seine Stimme trifft mich tief, dass mein Herz schneller schlägt. Ich will ihn loslassen, doch... Ihn so zu sehen... Es tut zu weh. Ich kann das nicht. „Ich weiß, woher dein blaues Auge stammte.“, gebe ich zu und er erschrickt. Ich sehe ihm bedrückt in die Augen. „Wie konntest du mir das verschweigen?“ Er ballt die Hände zu Fäusten. „Weil... Weil mein Vater mir einfach immer alles kaputt macht.“ Ich sehe ihn erstaunt an. „Er sollte mir nicht auch noch wegnehmen, was mir am meisten auf der Welt bedeutet. Dich.“ Ich atme überwältigt aus. Er sieht bedrückt zu mir auf. „Ich weiß, dass dich verletzen würde, zu sehen wozu mein Vater in der Lage ist. Ich weiß, dass du versuchen würdest mich zu beschützen, selbst wenn das heißt, dass du... dass du mich verlässt....“ Seine Stimme bricht und Tränen laufen über seine Wangen. „Noya...“ Ich starre ihn überwältigt an, während sich meine Sicht trübt. Er hat es mir nicht verschwiegen, um mich zu schützen. Er hat mir nichts gesagt, weil er sicher war, dass ich ihn beschützen werde. Koste es, was es wolle...Er... Er kennt mich so gut... er hat alles vorausgesehen... wusste genau, was ich fühlen und tun würde. „Asahi...“ Er streckt die Arme nach mir aus, macht einen Schritt auf mich zu. „Verlass mich nicht...“ Ich kneife die Augen zusammen, dann werfe ich mich nach vorne und schließe ihn in die Arme. Er drückt sich fest an mich. „Ich brauche dich.“, wimmert er. „Mehr als du dir vorstellen kannst...“ Ich tätschle seine Haare und sein süßer Duft strömt durch meinen Körper, dass meine Hände zu zittern beginnen. Ich kann kaum glauben, dass ich ihn in den Armen halten darf. Es tut so gut. „Ich liebe dich.“, hauche ich in sein Haar. „Dann... bleibst du bei mir? Wir... sind noch ein Paar?“, fragt er mit zittriger Stimme während sich seine Finger in mein Shirt krallen. „Das wäre schön. Ich wünsche mir nichts mehr als das.“, gebe ich zu und spüre warme Tränen auf meinen Wangen. Er lacht erleichtert auf. „Bist du dir denn sicher? Es wird nicht einfach für uns.“ Er bewegt sich an meiner Brust, schmiegt die Wange an mein Shirt. „Ja.“ Seine Stimme ist klar und fest. Als wäre noch nie in seinem Leben etwas so gewiss gewesen. Ich atme erleichtert durch, halte ihn an mich gedrückt. „Es tut mir leid...“, hauche ich zu ziehe reumütig die Augenbrauen zusammen. „Ich habe zu viel in alles hinein interpretiert, statt einfach mit dir zu reden.“ Ich fahre ihm durchs Haar. „Als ich gehört habe, dass du mich angelogen hast... Da habe ich entschieden, dass ich nicht gut genug für dich bin. Und ich habe begonnen, dich auch anzulügen...“ „Die Gründe, dass du mich nicht treffen kannst... dass mit den Kinokarten... dass du mich nicht mehr geküsst hast... und ewig brauchst, um mir zu antworten... War, um mich auf Abstand zu halten? Mich zu vergraulen?“, fragt Noya leise. „Ja....“ Ich seufze leise. „Ich habe versucht dich in Tanakas Arme zu treiben. Mit Tanaka wärest du besser dran.“ „Nein!“, sagt er entschlossen und krallt sich in mein Shirt. „Ich will nur mit dir zusammen sein!“ Ich schlucke. Er kann das immer noch sagen, nachdem ich ihn so sehr verletzt habe? Das ist mir ein Rätsel. „Wieso ich?“, frage ich schließlich. „Was kann ich dir schon bieten...?“ „Genau das hier.“ Er drückt sich an mich, ich kann hören wie er durchatmet. Dann legt er die Hand an meine Brust, bewegt zärtlich die Finger. „Du bist... du.“ Meine Augen weiten sich überrascht, während ich beginne seine sanfte Berührung zu genießen. „Das ist was ich will.“ Seine weiche Stimme läuft mir angenehm warm den Rücken runter. „Verzeihst du mir, dass ich dich angelogen... und zum Weinen gebracht habe? Es tut mir wirklich leid....“ Ich ärgere mich über mein Verhalten. Dass ich Noya verletzt habe, schnürt mir den Hals zu. Keine Sekunde vergeht, da spüre ich Noyas Nicken an meiner Brust. „Wenn du mir das selbe auch vergibst, ist das schon ok. Solange du mich noch willst, ist alles gut.“, murmelt er in mein Shirt, kuschelt sich an mich. Ich schmiege mein Gesicht in seine Haare, spüre wie die Erleichterung mich angenehm einnimmt. „Ich habe nie aufgehört, dich zu wollen.“ „Gut.“ Ich kann das Lächeln in seiner Stimme hören. Er liebt mich, ich kann es spüren. Er will mit mir zusammen sein, koste es was es wolle. Ich habe so wahnsinniges Glück. Ich bin froh, froh dass ich es nicht durch meine Finger hab gleiten lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)