Haikyu - Asanoya-Tana von Scharon (Wahre Freundschaft und mehr) ================================================================================ Kapitel 1: Kontakt (Tanaka) --------------------------- Ich stehe in der Umkleide, albere mit Asahi rum. Ok, eigentlich bin nur ich albern und Asahi hat das Glück das am eigenen Leib zu erfahren. Ich zeige ihm meine Muskeln, frage ihn, warum die Mädchen nicht auf mich stehen. Er ist verlegen, versucht mir auszuweichen, doch es macht mir Spaß zu sehen, wie er um Worte ringt. Dann geht er in die Halle zum Training. Jetzt muss ich mich beeilen, sonst komme ich zu spät. Ich wühle in meiner Tasche nach meinem Shirt. Als ich es finde drehe ich mich um zu Noya, der als einziger noch mit mir in der Umkleide ist. „Zacki zacki, Noya. sonst bekommen wir Ärger von Daichi.“, sage ich lachend. Er verweilt mit dem Rücken zu mir gedreht, ungewohnt still. Ich hätte erwartet, dass er etwas zu meinen Worten sagt. Ich lege den Kopf zur Seite, beobachte wie er schwerfällig den linken Arm hebt um mit der rechten Hand den Bund seines Oberteils über den Ellbogen zu schieben. Er scheint irgendwie Probleme zu haben aus seinem Pullover zu schlüpfen. Vielleicht ist er beim Waschen eingelaufen. Obwohl, so eng sieht er gar nicht aus. Ich sehe ihm zu, bis er es schafft, den Pulli über den Kopf zu streifen. Er dreht sich seitlich zu mir. Wie schmal seine Schultern sind. Er hat wirklich einen zierlichen Körperbau. Aber die Muskeln zeichnen sich deutlich ab. Ich grinse. Ja, wir trainieren ja auch viel zusammen und ich bin sehr froh darüber. In Noya habe ich endlich einen Freund gefunden, der mich akzeptiert, wie ich bin. Ich kann ganz ich selbst sein, so verrückt und überdreht, genau wie er. Lächelnd wandern meine Augen über seinem Rücken, während ich warte. Er hebt die Arme an, um den Kopf in sein T-shirt zu stecken, dabei dreht er mir wieder komplett den Rücken zu. Jetzt fällt es mir auf. Da ist eine dunkle Stelle an seiner linken Seite. Ich gehe ein paar Schritte seitwärts und entdecke einen riesigen Bluterguss auf seinen Rippen. „Verdammt, das sieht ja furchtbar aus!“, schießt es aus meinem Mund und ich mache einen Schritt auf ihn zu. Meine Augen fokussieren den dunklen Fleck, der alle Farben des Regenbogens angenommen hat. Ein gelblicher Rand, der zu grün, dann zu blau und in der Mitte zu einem dunkeln, fast schwarzen, violett verläuft. Er ist so groß, er bedeckt mindestens fünf Rippen. „Das ist nicht so schlimm wie es aussieht.“, kommentiert er gewollt ruhig und dreht mir die rechte Seite zu. Ich gehe zu ihm und packe seinen linken Arm, hebe den Ellbogen an und kann direkt sehen, dass der Bluterguss von den vorderen Rippen, direkt unter der Brust ausgeht. „Ay, wie ist das denn passiert?“, frage ich geschockt. Sofort entreißt Noya mir seinen Arm und dreht sich ruckartig von mir weg. „Fass mich nicht an!“, brüllt er und schließt die Arme um seinen Oberkörper, dreht den Kopf weg und sieht zu Boden. Ich erstarre und sehe ihn fassungslos an. So hat er sich noch nie verhalten. Wir berühren uns viel, kabbeln und fiebern wir doch immer gemeinsam und teilen die meisten Emotionen auf und abseits des Spielfeldes. Doch er hat mich noch nie von sich gewiesen. Und erst recht nicht in diesem Tonfall. Als wäre ich ein Rowdy der ihn verprügeln will. „Noya...“ meine Stimme ist leise, fast sanft, klingt überhaupt nicht nach mir. Sein Blick verändert sich. Anscheinend realisiert er gerade, was er gesagt hat. Er zieht sein T-Shirt an. „Wir sollten reingehen.“ Er geht los. Ich bleibe wie angewurzelt stehen, sehe ihm nach. Was ist mit ihm? Ich brauch einen Moment, dann gehe ich ihm nach in die Halle. *** Während des Trainings beobachte ich Noya genau. Er ist engagiert, wie immer, fast noch fokussierter als sonst, hechtet nach den Annahmen. Ich sehe, dass er sich nur über die rechte Seite abrollt, doch wahrscheinlich bin ich er einzige, dem das auffällt. Ich mache mir Sorgen um ihn. Auch wenn er jetzt wieder lacht und mit den anderen spricht, wie sonst. Seine Stimme hallt immer noch durch meinen Kopf. So voller Schreck, ängstlich laut. In diesem Moment war er nicht er selbst gewesen und die Frage nach dem Warum, lässt mir keine Ruhe. Ich male mir im Kopf die wildesten Szenarien aus: Dass er überfallen wurde, dass er von einem Auto angefahren wurde, dass ihn Jemand stärkeres dominieren wollte und ihm weh getan hat. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Allein der Gedanke, dass ihn jemand absichtlich verletzt hat, macht mich rasend wütend. Ich schlage den nächsten Ball und er fliegt weit an Noyas Kopf vorbei, knallt gegen die Wand der Halle. „Alter, Tanaka. Wen hast du dir den gerade vorgestellt? Das sah ja aus, als wolltest du dem Ball eine reinhauen...“, kommentiert Daichi überrascht. Ich lache abtuend. „Meinen Mathelehrer aus der Grundschule. Der konnte mich nicht leiden und hat mir darum immer schlechte Noten gegeben.“, lüge ich, doch die anderen schmunzeln, glauben mir wohl. „Leute, zieht nicht Tanakas Zorn auf euch. Das tut euch weh.“, sagt Daichi und ich entschuldige mich dafür, den Ball ins Aus geschlagen zu haben. Das Spiel baut sich schnell wieder auf. Ich achte darauf nicht in Noyas Richtung zu schlagen. Die anderen natürlich nicht. Ich beiße die Zähne zusammen, als ich sehe wie er seinen linken Oberarm festhält, nach dem letzten Sprung. Er macht es nur für einen kurzen unüberlegten Moment, doch ich sehe es und ich weiß warum er es tut. Er hat Schmerzen. Auch wenn er es nicht zugeben würde. Hinata macht den nächsten Schnellangriff und der Ball fliegt auf Noya zu. Er springt los, wird ihn leicht baggern können. Plötzlich geht Yamaguchi einen Schritt zur Seite. Als er merkt, dass er sich in der Flugbahn des Balles befindet und das Noya sich bereits auf den Ball zubewegt, weicht er aus. Dennoch streift ihn der Ball und dessen Flugbahn verändert sich augenblicklich. Viel zu schnell als das Noya aus der kurzen Distanz hätte reagieren können. So trifft ihn der Ball an der linken Seite in den Bauch. „Sorry.“, lächelt Yamaguchi entschuldigend und die anderen beginnen sich wieder aufzustellen. Ich hingegen starre Noya an, der immer noch am Boden liegt und sich zusammengekrümmt hat. „Noya!“, rufe ich aufgebracht, hebe das Netz vor mir hoch und laufe auf die andere Spielfeldseite zu ihm. Er windet sich, mit schmerzverzerrtem Gesicht und hält sich den Bauch. Das ist genau die Stelle wo der Bluterguss ist, weiß ich. Asahi und Daichi kommen zu uns gelaufen. „So hart war der Ball doch gar nicht...“, meint Daichi überrascht. Ich senke den Blick. Asahi kniet sich zu Noya runter und hilft ihm sich aufzurichten. Immer noch nach vorne gekrümmt, sitzt er nun auf den Füßen, zitternd, Panik in den Augen. Ich balle die Hände zu Fäusten. „Was hast du?“ , fragt Asahi vorsichtig, neigt sich zu ihm runter, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Keine... Luft...“, jappst Noya gequält. Mein Herz schlägt aufgeregt schneller. „Bestimmt hat der Ball einen blöden Muskel getroffen. Ganz ruhig, Noya. Ich helfe dir. Gleich geht es wieder.“ Seine Stimme ist so sanft, sogar ich beruhige mich dadurch ein wenig. Er fasst Noya an den Oberschenkeln. „Versuch dich zu entspannen.“ Noyas gequälter Gesichtsausdruck schnürt mir die Brust zu. Beeil dich, Asahi. Er drückt seine Schultern gegen Noyas und streckt dadurch seinen Oberkörper ohne Noyas Zutun. Dieser stöhnt auf vor Schmerz, dann schnappt er nach Luft, atmet keuchend durch. Mir fällt ein Stein vom Herzen und ich lächle leicht, als ich sehe, wie Noya erschöpft seinen Kopf auf Asahis Schulter ablegt. „Geht es wieder?“, fragt er besorgt und lehnt sich zurück. Noya stützt sich auf den Oberschenkeln ab und atmet noch etwas zu schnell. „Ja, Danke.“ Ich lege erleichtert die Hand auf meine Brust und atme durch. Dann fasst Asahi an den Bund von Noyas Shirt. „Lass mal sehen, vielleicht hast du dich verletzt.“ „Nein!“, ruft Noya erschrocken, zieht sein Shirt wieder runter und rutscht eine Stück nach hinten. Asahi sieht ihn irritiert an. Noya sieht ertappt zu Boden. „Es ist alles in Ordnung.“, beteuert er. „Sicher?“, fragt Asahi nach. „Lass mich nur kurz gucken.“ Noya schüttelt energisch den Kopf. „Jetzt sei mal nicht so unsensibel.“, pampe ich Asahi an, der sich überrascht zu mir umdreht. „Unsensibel?“ Mit meinen Worten habe ich ihn wohl mehr getroffen, als beabsichtigt, denn er sieht erschrocken aus. „Ja.“, sage ich und halte die Hand seitlich an meinen Mund. „Du kannst doch nicht von ihm verlangen sich nackig zu machen, vor der süßen Kyoko.“ Ich deute mit der anderen Hand auf Shimizu, die sich gerade mit Ukai unterhält. „Ah, ja klar. Sorry.“, sagt Asahi und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Er steht auf. Ich gehe zu Noya und strecke ihm die Hand hin, um ihm auf zu helfen. Er sieht mich überrascht an, dann greift er zu. Als er wieder auf den Füßen steht, senkt er den Kopf. „Danke.“ Seine Stimme ist so leise, dass nur ich sie höre. „Klar, kein Ding.“, sage ich ohne zu lächeln und gehe zurück an meinen Platz. *** Nach dem Training trödele ich mit Absicht in der Umkleidekabine. Ich warte, bis alle gegangen sind, dann drehe ich mich zu Noya um. Wie erwartet steht er von mir abgewandt, noch in seinem Trainingsshirt. Er umklammert den Bund mit der rechten Hand und zieht den Stoff hoch. Sein linker Arm zuckt und ich höre, wie er leise aufkeucht. Die Bewegung hatte weh getan. Er versucht es wieder, hebt zittrig den linken Arm, doch muss auf den Hälfte abbrechen. Jetzt atmet er hörbar schneller. Ich gehe zu ihm hin. Ganz leicht lege ich die Hand an seinen Ellbogen und schiebe seinem linken Arm nach oben. Irritiert sieht Noya zu mir auf. Ich fasse sein Shirt im Rücken und ziehe es nach oben. Mechanisch hebt er den rechten Arm ebenfalls und sein Kopf rutsch durch den Kragen. Ich ziehe ihm das Shirt aus und lasse seinen Arm wieder los. Er hält den Kopf gesenkt, als ich es ihm in die Hand drücke. „Weißt du, Noya, ich merke ja, dass du nicht darüber sprechen willst, was passiert ist...“, fange ich mit ruhiger Stimme an und Noya schweigt ertappt, hält sich den Arm fest. Er sieht traurig aus und das schmerzt in meiner Brust. „Nur... wenn du es mir nicht erzählst, dann denke ich mir etwas aus.“ Er sieht überrascht zu mir auf und blinzelt. „Deine Wortwahl geht mir nicht aus dem Kopf. Du sagtest `Fass mich nicht an`...“ Er senkt den Blick wieder. „Ich habe nicht den Eindruck, dass ich derjenige bin, dem du das sagen wolltest.“ Er zuckt zusammen. Ich habe ins Schwarze getroffen und mein Magen zieht sich zusammen. Ich hatte so sehr gehofft, Unrecht zu haben. „Hat dich jemand angefasst, von dem du es nicht wolltest?“, frage ich unverblümt und habe sofort Angst vor der Antwort. Denn wenn er jetzt zustimmen würde, wüsste ich nicht, wie ich mich noch unter Kontrolle halten könnte. Dann müsste jemand drauf gehen. Niemand, einfach niemand, darf Noya anfassen ohne sein Einverständnis! Meine Hände sind zu festen Fäusten geballt und das Blut kocht in meinen Adern. Sicher pulsierte die Vene auf meiner Stirn sichtbar. Er schüttelt den Kopf. „Nein. So war das nicht.“ „Oh, Gott sei Dank...“, hauche ich erleichtert. „Ich habe schon überlegt, wo ich die Leiche entsorge.“ Er sieht zu mir auf und hebt eine Augenbraue. Ich sehe ihn ernst an. Er sieht ernst zurück. Ja, das habe ich gemeint, wie ich es gesagt habe. Er scheint das zu verstehen. Er senkt den Blick wieder und ich lege erwartungsvoll den Kopf zur Seite. „Ich... ich bin die Treppe runter gefallen. Bei uns zu Hause.“ „Ist das die Wahrheit?“, frage ich zurück und er sieht mich unsicher an. „Ja...“ „Aber es ist nicht die ganze Wahrheit...“, füge ich hinzu und er senkt den Kopf wieder nachdenklich betrübt. „Ja...“ „Was ist passiert?“ Ich setzte mich vor ihm auf die Bank in der Mitte der Umkleide. Er sieht zu mir rüber, zögert kurz, dann setzt er sich neben mich. Eine ganze Weile sitzen wir schweigend dort, doch ich warte geduldig. „Ich habe mich mit meinem Vater gestritten.“ Ich drehe den Kopf zur Seite als seine Stimme die Stille durchbricht. Es kommt öfter vor, das Noya mit seinem Vater aneinander gerät, weil ihm seine offene und laute Art nicht zusagt. „Es war heftig, ich habe immer weiter Widerworte gegeben, es hat sich zugespitzt.“ Er schiebt die Hände zwischen seinen Beinen gegen die Bank und beugt sich ein wenig vor. Es fällt ihm gerade gar nicht leicht, sich zu erinnern und darüber zu sprechen. Ich lasse ihn in Ruhe, gebe ihm so viel Zeit, wie er benötigt. „Wir haben gestritten, er schlug mit der flachen Hand gegen meinen Arm, da habe ich ihn weggedrückt. Dann begann er mich zu schubsen und anzuschreien. Er kam immer näher und ich konnte nur noch rückwärts gehen.“ Gequält zieht er die Schultern hoch. Ich lege meine Hand auf seinen Rücken. Er zuckt zusammen über die plötzliche Berührung. Als ich die Hand leicht auf und ab bewege, entspannt sich seine Haltung wieder. „Er hat mich am Arm gepackt. Er hat wirklich fest zugegriffen. Ich habe gemerkt, wie viel stärker er ist als ich und da habe ich Panik bekommen und an seinem Arm gezerrt. Er hielt mich weiter fest, drängte mich zur Seite, doch ich hielt mit alle Kraft dagegen. Schließlich hat der mich am Arm hochgehoben, meine Füße haben den Boden nicht mehr berührt. So einfach, mit nur einer Hand, konnte er mich handlungsunfähig machen. Ich habe versucht, den Boden wieder zu erreichen, wild um mich getreten. Schließlich ließ er mich fallen. Beim Aufprall auf den Boden bin ich aus dem Gleichgewicht geraten und... da war die Treppe...“ Ich lege den Kopf in den Nacken und sehe die Decke an. Es kann sicher bedrohlich wirken, wenn ein großer starker Mann einen so fest hält, dass man sich kaum noch bewegen kann. Ich verstehe, dass Noya da Angst bekommen hat. „Das hätte er nicht tun sollen.“, sage ich. Er sieht zu mir auf, wirkt überrascht. „Er ist mein Vater...“, lenkt er ein, doch ich schüttele den Kopf. „Das ist keine Rechtfertigung. Auch wenn er es nicht selbst getan hat, so ist er es doch Schuld, dass du verletzt bist.“ Noya senkt den Kopf. „Wie fühlst du dich?“ Ich beuge mich zu ihm rüber und er sieht zu mir auf. „Wenn du Angst hast nach Hause zu gehen, dann komme ich gerne mit dir.“ Ich sehe ihn ernst an, blicke fokussiert in seine großen, braunen Augen. Er blinzelt überrascht. „Ryu...“ Noyas Stimme ist leise und sehr weich, kaum mehr als ein erstauntes Hauchen. Ich nicke energisch. Jetzt breitet sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. „Das ist wirklich sehr nett von dir, aber es ist nicht nötig.“ „Ach ja?“ ich lehne mich wieder zurück und sehe ihn nachdenklich an. „Ja.“, sagt er lächelnd und sieht mich an. „Ich habe keine Angst.“ „Sicher?“ Meine Augen folgen seinen Bewegungen als er aufsteht und seinen Pulli in die Hände nimmt. „Ja, ganz sicher.“ Sein Lächeln schwingt in seiner Stimme mit. „Ok.“, sage ich leicht widerwillig und stehe auch auf. Er zieht den Pulli über seinen Kopf und zerrt mit der rechten Hand dran herum. Ich lächle schief und packe ihn am Kragen, um ihn über seinen Kopf zu ziehen. Er sieht zu mir hoch und grinst mich an. Jetzt wird auch mein Lächeln ehrlich. „Sag mir wenn was sein sollte, ok? Du kannst mir alles sagen.“, sage ich mit fester Stimme und gesenktem Blick. Noya dreht sich zu mir um und legt den Kopf an meine Schulter. „Danke.“ Ich lächele und wuschel ihm durch die Haare. „Immer. Gerne.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)