Das Portal nach Mittelerde von NaomiUchiha (Portalwelten) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Nur wenigen Menschen dieser Welt ist es vergönnt, jemals Portale zu finden. Nur Menschen die offen für alles sind, offen für jede noch so ungläubige Meinung, nur denen wird es gelingen Portale zu finden. Portale sind etwas sehr magisches. Sie haben die Fähigkeit, eine Verbindung zwischen fernen Dimensionen zu schaffen. Verbindungen zu Welten, die abertausende von Lichtjahren entfernt sind. Aber was bedeutet das schon. Die Menschen vom Planeten Erde haben dieser Distanz einen Na-men gegeben, vielleicht nennen es Lebewesen von einer fernen Galaxie ja ganz anders. Nun, es gibt nicht viele die so denken, aber diese Buchreihe erzählt von den Abenteuern jener, die diese Art zu denken vertreten, somit die einmalige Chance hat-ten, ein Portal zu finden und den Mut dazu hatten sich hindurch zu wagen…     Es war ein warmer Frühlingsabend. Eine kühle Brise wehte über die mit Gänseblümchen überfüllten Wiesen. Der Sommer rückte näher und die Luft wurde spürbar milder. Die Sonne tränkte trotz der eher späten Tageszeit die Landschaft noch immer in stolzes Gold. Feierabendverkehr brauste die Strassen des eigentlich doch ziemlich kleinen Dörfchens entlang und erfüllte die Luft mit einem Brummen. Auch Stimmen mehrerer Menschen waren zu hören, denn in der Nähe befand sich eine Hochschule. Viele Schüler strömten aus dem Gebäude, unter ihnen ein unscheinbares Mädchen, mit schulterlangem, schwarzem Haar. Sie trug einfache schwarze Ripped-Jeans, mit einem braunen Top und Sneakers. Ausserdem hatte sie sich eine graue Jacke um die Hüften gebunden, die sie wegen des warmen Abends nicht trug. Sie schrieb sich während des Gehens etwas in ihr Notizbuch auf, welches mit mehreren kleinen Fotos liebevoll verziert war. Der Wind zauste ihre flauschigen Haare und liess sie aufblicken. Sie lächelte leicht und liess sich von der Abendsonne das Gesicht wärmen. Sie wusste dass diese bald schwinden würde, denn das Licht färbte sich bereits rötlich. Sie seufzte, schulterte ihre Schultasche und setzte ihren Weg fort. Der Frühling war ein kleiner Trost in ihrem momentan nicht so glamourösen Leben. Sie bemerkte die beiden Jungs nicht die sich von hinten näherten. Sie stolperte, als einer von ihnen ihr einen Haken stellte. Sie landete auf dem Boden und ihr Notizbuch fiel ihr aus der Hand. Die Jungs begannen schallend zu lachen. „Wow Namara, was kannst du eigentlich?“, höhnten sie verächtlich. Sie beherrschte sich und verzog keine Miene, auch wenn ihre Knie schmerzten. „Ich kann so einiges“, erwiderte sie etwas ungeschickt. Die Jungs lachten weiter. „Dein Können hat dich ja glatt umgehauen!“, grölten sie und fanden den schlechten Witz sehr komisch. Ihnen fiel das am Boden liegende Notizbuch auf. Grinsend steuerten sie darauf zu. Namara rappelte sich auf, um es sich schnell zurückzuholen, kam jedoch zu spät. „Was zur Hölle ist das denn?!“. Einer der Beiden betrachtete das Büchlein spöttisch. „Gib es mir zurück!“. Verlangte die Schwarzhaarige zittrig. „Kili von Durin“-las der Junge die Inschrift vor. „Oh und sogar mit Herzchen verziert“, feixte er weiter. „Lass das Karim!“. Sie griff nach dem Buch, doch er hielt es ausser Reichweite. „Das glaub ich ja nicht Tony, diese Streberin kennt der Hobbit“. Namara fühlte dieses Gefühl der Hilflosigkeit in sich aufsteigen. Frustriert versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen. „Gib mir mein Notizbuch zurück! Sofort!“- „Ich denk nicht mal dran du Null!“. Namara fühlte sich alleine und hilflos. Sie erwog, ob es nicht besser wäre, einfach zu gehen und ihr geliebtes Notizbuch den Beiden zu überlassen. Jedoch bedeutete es ihr viel. Sie hatte viel Zeit und Liebe in die Dekoration gesteckt. Sie wusste aber auch, dass sie gegen die zwei Jungs vermutlich nicht ankommen würde. Den Beiden schien gerade aufzufallen, dass sie mit dem Notizbuch nichts anfangen könnten, bis ihnen eine grossartige Idee einfiel. Sie begannen die Seiten herauszureissen. „Hört sofort auf damit! Das ist Papierverschwendung!“, versuchte Namara verzweifelt ihren Kummer um das Buch zu überspielen.  „Ach nö. Und wenn juckt das?“. Wie konnten sie es nur wagen, ihre gesamte Arbeit kaputt zu machen! All die Ideen die sie sich festgehalten hatte. Ihr Herz zog sich zusammen und sie kämpfte mit den Tränen. „Alter, was schreibst du denn da für nen Müll rein?!“, sagte Tony, während er immer weiter die Seiten herausriss. Namara spürte etwas in sich aufkommen. Ein Gefühl, dass sie zu etwas verleiten würde, was sie später noch bereuen würde. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. „Ihr werdet mir JETZT GLEICH mein Notizbuch zurückgeben oder ich werde…!“- „Werde was?“, erwiderte er bedrohlich und riss eine Zeichnung aus dem Heft heraus, die einen jungen Zwerg zeigte. Ihre Augen weiteten sich. Es war ihr Lieblingsbild-ihr Meisterwerk. Leider schien Tony dies zu bemerken und begann sie provokant langsam zu zerreissen. „Oh nein, das wirst du nicht tun!“. RATSCH. „Ups“, erwiderte er schadenfroh grinsend. Das brachte das Fass zum überlaufen. Namara verlor die Beherrschung und kickte ihm volle Kanne gegen sein Schienbein. Er schrie auf und liess das Heft fallen. Namara schnappte es sich schnell und versuchte so gut es ging  ihre Blätter aufzusammeln. Jedoch wollte sie es auf keinen Fall abwarten, bis Tony sich wieder erholen würde und rannte so schnell sie konnte den leicht abfallenden Pfad hinunter, weg von der Schule in Richtung sicheres Heim. Sie spürte einen Kloss im Hals, wollte sich aber in der Öffentlichkeit keine Blösse geben. Glücklicherweise war sie recht schnell Zuhause angekommen und stiess so schnell sie konnte die Tür auf. Sobald sie drinnen war, schloss sie sie sofort ab. Ihre Mutter begrüsste sie mit einer verstellt glücklichen Stimme und verbarrikadierte sich in ihrem Zimmer. Sie wollte nicht, dass ihre Mutter bemerkte, wie schlecht es ihr ging. Sie tat so viel für sie. Erst jetzt fühlte sie sich sicher und liess ihren Tränen freien Lauf. Sie glitt an der Tür hinunter und schluchzte still in sich hinein. Verschwommen konnte sie ihr Notizbuch in ihren aufgeschürften Händen erkennen. Zitternd stand sie auf und ging zu ihrem Pult, um die losen Seiten wieder festzukleben. Sie schluchzte erneut auf, als sie ihr geliebtes Bild in zwei Hälften zerteilt vorfand. Es zeigte einst Kili, einen jungen Zwergenprinzen, bereit in die Schlacht zu ziehen. Seine Hand hatte er am Schaft seines Schwertes und seinen Köcher hatte er über der Schulter. Seine ernsten Gesichtszüge fokussierten einen Punkt in der Ferne. Sein wunderschönes Gesicht-in welches sie so viel Energie ge-steckt hatte, war nun in zwei Hälften zerteilt und das tat ihr weh. Sie spürte ihre Tränen die Wangen hinunterlaufen. Mit zittrigen Händen versuchte sie vorsichtig die beiden Hälften wieder zusammenzufügen. Dies gelang ihr sogar. Jedoch zögerte sie, das Bild zurück in ihr Notizbuch zu kleben. Schliesslich klebte sie es  auf ihren Blumentopf, wo sie es gut sehen konnte. Das Notizbuch steckte sie in ihre Schultasche und holte zugleich ihre Hausaufgaben hervor. Sie hatte eine Menge zu tun und das Lernen für die anstehenden Prüfungen war da noch gar nicht mit-einbegriffen. Also machte sie sich an die Arbeit, in der Hoffnung noch vor dem Abendessen fertig zu werden.   Namara lag teilnahmslos auf ihrem Bett. Sie hatte es geschafft, alle ihre Aufgaben zu beenden. Ihr Abendessen hatte sie auch irgendwie herunterwürgen können. Ihrer Familie erzählte sie wie immer von dem heutigen Vorfall nichts. Sie wollte nicht dass sie sich Sorgen machten oder es gar noch verschlimmern könnten, wenn sie eingreifen wollten. Momentan wusste sie schlicht und einfach nicht was sie nun tun sollte. Zeichnen konnte sie auch nicht. Zu tief sass noch immer der Schock, als ihr Lieblingsbild zerstört wurde. Wie so oft begann sie über ihr Leben zu sinnieren. Tief in Gedanken versunken schaltete sie ihre Lieblings CD ein. Kurz darauf erklang aus dem alten Gerät bassstimmiger Zwergengesang. Das Bedrücken tief in ihr breitete sich wieder aus. Das Lied schien ihr direkt aus dem Herzen zu sprechen. „Far over the misty mountains cold, to dungeons deep and coverns old…“, begann sie leise mitzusingen. Ihre glockenhelle Stimme vermischte sich mit dem tiefen Chor. Sie konnte das gesamte Lied auswendig. Ihr Blick verschwamm und ihre Stimme begann zu zittern. Doch sie brach nicht ab. „The pines were roaring on the height, the winds were moaning in the night. The fire was red its flaming spread, the trees like torches blazed with light.“ Eine einzelne Träne rann ihre Wange hinab. Die Musik begann sie hinfort zu tragen und umhüllte sie mit ihrer Melodie. Die Klänge die sie nur allzu gut kannte, trösteten sie. Sie hörte sie beinahe täglich, und versank mehr und mehr in ein beklemmendes schwarzes Loch. Sie schloss die Augen und gab sich ganz der Musik hin. „Far over the misty mountains cold, to dungeons deep and coverns old.“   Kapitel 1: Freundschaft? ------------------------ Nele gähnte, sie hatte mal wieder viel zu lange gezockt. Noch etwas schläfrig, rekelte sie sich aus ihrem Bett und tappte zum Kleiderschrank. Sie brauchte nicht lange um sich zu entscheiden, was sie tragen wollte und war dementsprechend auch recht schnell fertig angezogen. Sie schnappte sich ihre Docker Mütze und setzte sie sich auf. Sie war mal wieder zu faul, sich die Haare zu machen. Sie warf einen raschen Blick in den Spiegel und trat danach hinaus in die Küche. „Guten Morgen Schlafmütze“, begrüsste sie ihre Mutter. „Morgen“, murmelte sie. „Ich habe dir Milchkaffee gemacht. Du hast noch Zeit, du musst erst in einer halben Stunde zur Bahn.“- „Ja, ja ich weiss Mum, ich mach das jeden Tag.“ - „Ich habe ihn dir auf den Tisch gestellt“, redete ihre Mutter weiter, als hätte sie nichts gehört. Nele murmelte eine Art Danke und trank eifrig ihren Kaffee. Sie ass so gut wie nie Frühstück, sie fand es läge ihr nur auf dem Magen, wenn sie sich in der Schule später konzentrieren müsse. Nicht dass sich Nele überhaupt um die Schule kümmerte, sie hatte es nur gerne gemütlich. Nachdem sie ihren Kaffee leer getrunken hatte, huschte sie in das Badezimmer, um sich schnell die Zähne zu putzen. Sie warf einen Blick auf die Uhr, um festzustellen, dass sie sich sputen musste. Sie schnappte sich ihre Schultasche und warf sie vor die Eingangstür. Kurz darauf zog sie sich ihre Jacke und Schuhe an, schulterte ihre Schultasche wieder und stürmte aus dem Haus. Kurz bevor die Tür zuknallte rief sie noch eine kurze Verabschiedung und rannte dann zur Seilbahn. Ja, Nele wohnte auf einem Berg. Das Dorf in welchem sie zur Schule ging lag am Fusse des Berges und in dessen Schatten. Sie kam gerade noch rechtzeitig. Die Glocken bimmelten bereits. Sie sprang gerade in die Gondel, als die Türen sich schlossen. Etwas stärker atmend wegen des vorherigen Spurts, setzte sie sich auf einen der zwei Bänke in der Gondel. So früh am Morgen waren nur wenige Leute da, nur solche, die auch zur Schule mussten, aber mit denen wollte sie nicht reden. Manchmal nervte es sie sehr, dass sie auf einem Berg wohnte und jeden Tag mit der Seilbahn zur Schule musste, aber die Wohnungen hier oben waren einfach so herrlich billig, dass ihre Eltern sich das unmöglich entgehen lassen konnten. Während sie nach unten ins Dorf fuhr, beobachtete sie wie Bäume und Büsche vorbei glitten und Vögel vorbei sausten. Der Morgen wäre echt ein Traum, wenn sie nicht die ganze Zeit im Schulzimmer hocken müsste. Bald hielt die Bahn an und sie stieg aus. Als sie die Strasse entlang zur Schule lief, war sie tief in Gedanken versunken. Was würde Namara wieder erzählen? Sie hatte es ja an sich, ständig über irgendwelches Zeug zu plappern, was Nele überhaupt nicht interessierte. Hoffentlich würde sie nicht wieder die ganze Zeit über Hobbit reden. Heute hatte sie keine Nerven für Namaras neue Angewohnheit, die sie seit Anfang der 8. Klasse hatte. Eigentlich war Namara ja Neles beste Freundin, jedoch konnte sie manchmal echt nervtötend sein. Nie hatte sie gute Laune, und wenn, dann textete sie Nele mit ihren Filmen und Büchern voll. Früher war sie ganz anders…ihre Bindung war viel stärker damals… Ausserdem schien sie etwas gegen Tony und Karim zu haben. Klar, die nervten manchmal schon, aber eigentlich waren sie doch ganz süss. Wieso kapierte sie das denn nicht? Plötzlich wurden ihre Gedanken unterbrochen. „ Nele! Nele! Hast du das Buch dabei?“, Es war Ninas Stimme. Verdammt! Das hab ich doch glatt vergessen! Stimmt ja, ich wollte Nina eigentlich das neue Buch mitbringen. „Ich hab’s noch nicht gefunden“, gab sie zerknirscht zu. Nina liess enttäuscht die Schultern hängen. „Aber dass sagst du schon seit zwei Tagen!“- „Sorry, ich suche wirklich besser in Zukunft. Ich bring`s dir am Nachmittag, okay?“, versuchte Nele sich herauszureden. „Es ist Mittwoch!“- „Oh! Ähm.“ Sie überlegte hektisch. „Dann Morgen“, sagte Nele schnell. „ Das brauchst du nicht, ich frag Namara“, erwiderte Nina und trottete zu Stefanie, einer putzigen Schülerin aus der siebten. „Na toll“ schnaubte Nele. „Ich schaff es echt immer!“ Genervt schlenderte sie zum Brunnen neben dem Ping Pong Tisch. Sie hasste es, wenn so etwas passierte. Das war immer das Zeichen, das dieser Tag richtig bescheuert werden würde. Gestern Abend war sie mit Videospielen beschäftigt gewesen. Es waren ausnahmsweise mal alle ihre Online-Freunde dabei gewesen…da hatte sie doch das eine Buch glatt vergessen. Aus der Entfernung konnte sie ein gebräuntes Mädchen herlaufen sehen, und ahnte bereits was kommen würde. Tatsächlich, Namara kam angelaufen und legte ihre Schultasche ab. „Hi Nele!“, rief sie fröhlich. Ah, heute ist sie also mal wieder euphorisch drauf'. „Rat mal, was in den Top 10 der bestverkauften Filme ist“. „Lass es bitte einfach nicht Hobbit sein“, erwiderte Nele gereizt. Sie hatte gerade echt null Bock auf ihre dämlichen Schwärmereien. „Doch, er ist auf Platz 8 der beliebtesten Filmen und hat sogar-.“- „Das interessiert mich einen Scheiss“, unterbrach Nele sie aufgebracht. „Hey! Was habe ich dir denn schon wieder getan, dass du gleich so ausrastest?“ Namara verschränkte getroffen die Arme. „Es regt einfach auf, dass du über nichts anderes reden kannst, okay? Du solltest dir echt mal ein Hobby suchen“ Mit diesen Worten liess sie die sprachlose Namara stehen. Die Worte waren vielleicht ein bisschen zu hart gewesen…sie würde sich nachher entschuldigen, aber erst musste sie sich abregen. Ihr Temperament unter Kontrolle bekommen. Das solche schnell gesagten Worte ganz leicht verheerenden Schaden anrichten konnten, ahnte sie in dem Moment noch nicht. Ihrer Meinung nach, war Namara schon mit Schlimmerem fertig geworden, da würde Neles Laune sie auch nicht gross beeindrucken. Kapitel 2: Das Portal --------------------- Die Schulglocke läutete. Missmutig trabte Namara zur Tür. Die Freude die sie am Morgen verspürt hatte, war verflogen. Nicht mal das strahlende, vor Leben summende Wetter konnte sie aufheitern. Dabei schienen alle Pflanzen und Tiere bereits den Sommer willkommen zu heissen. Das kleine Dorf war umringt von Bergen, dessen Schatten auf die Dorfkirche fielen. Zwischen den Häusern schimmerte weit hinten der See. Warum konnte Nele sie nicht verstehen? Sie hatte auch Verständnis gehabt, als Nele ihre Metallica Phase gehabt hatte. Sie trottete wenig motiviert den Schulweg entlang. Da Mittwoch war, hatte sie zwar keine Hausaufgaben, aber auch keine Beschäftigung. Eigentlich zeichnete sie sehr gerne, am liebsten Motive die sie inspirierten. Dann setzte sie sich zum Beispiel an den See und versank in einer Welt voller Träume. Aber jetzt hallten Neles Worte in ihrem Kopf. ‚Such dir ein Hobby‘, hat sie gesagt. Zählte Zeichnen da nicht dazu? Was ein Schwachsinn. Was denkt Nele eigentlich zu wissen, sie hockt so oft drinnen dass sie trotz der warmen Sonne bleich ist wie ein Vampir. Das konnte Namara schon mal nicht passieren. Sie war halb Europäerin und halb Australierin. Ihr Vater war sogar Abstammender der Aborigines, auch wenn er selbst nie den Alltag in der Natur bestreiten musste, erzählte er doch immer sehr gerne vom Leben seiner Ahnen. Ausserdem behauptete er ständig er könne die Natur in seinen Venen spüren. Schwachsinn natürlich…aber seine Töchter waren anders als ihre Mutter liebend gerne draussen.  Das erinnerte Namara daran, dass sie ihrer Schwester versprochen hatte, ihr bei der Deutschprüfung zu helfen. Das hätte ihr Vater, der Sprachprofessor war und fliessend in acht Sprachen sprach, eigentlich auch machen können, aber Jenna fand, dass er es immer viel zu kompliziert erklärte. Namara war mittlerweile bei der Kreuzung angekommen, bei welcher sie rechts gehen müsste, wenn sie nach Hause wollte…aber irgendwie war es ihr trotz ihrem knurrenden Magen nicht danach. Sie wollte sich lieber zuerst selbst sammeln, ein wenig abschalten. Also ging sie geradeaus den Weg weiter. Nun gab es kaum mehr Autos auf der Strasse, alle waren bereits Zuhause und assen. Sie passierte die grosse Kirche, deren goldene Spitze wegen der Sonne blendete. Knapp neben dem Gebäude führte ein steinerner Weg hinab, hinunter zu der letzten Reihe an Häusern. Die Steine knirschten unter ihren Schritten, als sie dem vertrauten Weg folgte. Vorbei an Boots und Fischerhäusern und einem touristisch perfekt gelegenen Restaurant. Dahinter folgte eine Wiese, die unten in Felsen und danach im See mündete. Im Sommer wurde es oft als Badeort genutzt. Namara setzte ihre Schultasche ab, und setzte sich mit einem ihrer Skizzenbücher und einem abgenutzten Bleistift auf einen der Felsen. Unter ihr schwappten ruhige Wellen an die Küste. Namara beobachtete wie ein Entenpaar vor ihr vorbeipaddelte und fragte sich, ob sie vielleicht einen Nistplatz suchten. Schliesslich setzte sie nach einigem Nachdenken den Stift aufs Papier und begann zu zeichnen. Vorerst nur eine grobe Skizze, dann nach einigen geübten Strichen wurde langsam eine Axt sichtbar. Eine mit hübschen keltischen Verzierungen, beinahe Wikinger-artig. Dahinter stand ein bärtiger Mann. Seine Hände hatte er auf die Axt gestützt und blickte ihr grimmig entgegen. Die Ohren musste sie zweimal korrigieren, die sahen irgendwie schief aus. Langsam verschwanden die Ereignisse des Morgens in den Hintergrund. Namara blinzelte ein paar mal. Die Sonne schien ihr genau ins Gesicht. Sie drehte sich ein wenig, um den Strahlen zu entkommen, die hatte sie aber noch immer im Augenwinkel. Sie seufzte und sah auf, stutzte. Es war gar nicht die Sonne die sie blendete, diese stand beinahe senkrecht über ihr. Das Licht kam vom gegenüber dem See liegenden Wald. Ein Punkt aus weissem Licht, wie ein Stern leuchtete er. Namara kniff die Augen zusammen und schirmte das Licht mit ihrer Hand ab. Was ist das? Vielleicht eine Glasscheibe oder Metall, welche die Sonne reflektiert?  Sie klappte ihr kleines Büchlein zusammen und steckte es sich in die umgebundene Jacke. Sie zog ihr Smartphone hervor und überprüfte die Uhrzeit. Mittagessen gibt es um zwölf, also hatte sie noch mindestens drei Viertelstunden Zeit. Neugier kroch in ihr hoch. Wenn es eine Metallscheibe wäre…warum strahlte sie dann nicht gelblich? Der Wald war dort drüben fast unberührt, dort baute man nichts, soweit sie wusste. Soll ich oder nicht? Zeit hätte ich… Kurzerhand  schnappte sie sich ihre Schultasche und ging den Weg von vorhin weiter, der in einem anderen Wald verschwand. Sie kannte das Dorf und dessen Umgebung auswendig. Früher hatte sie oft mit ihren Freunden hier in der Nähe gespielt. Sie hatten im Wald Hütten gebaut und Königszeremonien abgehalten, als sie noch klein waren. Dabei hatten sie auch das verlassene Fischerhäuschen entdeckt, welches Namara mittlerweile erreicht hatte. Es sah heruntergekommen aus, und dort, wo dessen Pfosten im Wasser mündeten, war das Holz morsch. Fische knabberten an den Algen die sich überall am Holz gebildet hatten. Namara drückte auf die rostige Klinke und trat ein.  Die Hütte war kaum grösser als 3x4 Quadratmeter und hatte in der Mitte ein altes Boot fixiert. Also war es eigentlich ein Bootshaus, aber sie nannten es Fischerhütte, weil sie von hier aus gefischt hatten und sie mal einen Fischerhut an einem Haken entdeckt hatten. Gute alte Zeiten. Ich kling ja so, als wär ich 80, dachte sie amüsiert über sich selbst. Sie band das alte Boot los und hopste hinein. Sie war sich nicht sicher, warum sie beschlossen hatte der Sache mit dem Waldstern auf den Grund zu gehen. Vielleicht hatte sie einfach die Nase voll vom Alltag. Dazu kam, dass sie die Stimmung des Waldes mochte, es hatte etwas Magisches. Das Ruder lag zusammen mit einem Fischernetz im Boot drin. Mit dem Ruder stiess sie sich vom Minihafen ab und glitt somit auf den See hinaus. Trotz des alten Holzes, schwamm das Boot ohne Probleme und Namara ruderte fleissig auf das andere Ufer zu. Sie atmete tief die frische Seeluft ein und spürte wie ihre Lebenslust langsam wieder erwachte. Den Kurs hatte sie aufs Leuchten gerichtet, welches trotz dem neuen Winkel trotzig weiter strahlte. Das Boot schob sich träge durch die sanften Wellen, und Namara brauchte bestimmt eine halbe Stunde, bis sie es ganz nach drüben geschafft hatte. Sie zog das Boot ein Stück weit auf den grauen Sand, damit es nicht davon trieb. Danach blickte sie nach oben, wo das weisse Licht sich weiter durch die Stämme kämpfte. Es stand fest, eine Reflektion war es bestimmt nicht. Zielstrebig steuerte sie auf das Licht zu und stellte fest, dass es nicht bloss weiss war, wie angenommen, sondern eine Mischung aus mehreren Farben. Schliesslich blockierte nur noch ein Gebüsch ihr Ziel und sie kroch unter diesem hindurch. Sie richtete sich auf und erstarrte sogleich. Vor ihr schwebte eine riesige, in allen möglichen Farben schimmernde Scheibe. Es sah aus wie ein flüssiger Spiegel, wo Streifen aus Licht sich vermischten. „Was…in Gottes Namen…ist das“ murmelte sie vor sich hin. Sie liess ihre Tasche fallen und trat zögerlich näher. Ein summendes Geräusch füllte die Luft, wie von einem Generator. Namara konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was das war. Vorsichtig wie sie war, berührte sie das Ding lieber nicht. Für ein Lichtphänomen ist das zu laut, stellte sie fest. Spontan kam ihr nur ein Wort in den Sinn. Portal. Verbindung zweier Welten. Ihr Vater hatte ihr mal davon erzählt, als sie noch viel jünger war. Alte Magie, unerklärbar durch die Wissenschaft und genau deswegen nichts weiter als eine Legende. In ihrem Gehirn ratterte es. „Die Tore der Regenbogenschlange…“, wiederholte sie die Worte ihrer Urgrossmutter, die sie von ihrem Vater gehört hatte. Das kann doch gar nicht sein. Solche Dinge kann es gar nicht geben. Unschlüssig griff sie nach einem Stein und warf ihn gegen die Scheibe. Er verschwand tatsächlich. Ungläubig lief sie um das Ding herum um nachzusehen. Einfach weg. Ihre Vernunft begann sich mit der Neugier zu streiten. Da könnte wirklich eine vollkommen andere Welt dahinter verborgen sein….oder die zentrierte Energie bringt mich einfach um…und meine Familie sieht mich nie wieder. Zögerlich streckte sie ihre Hand aus. Sie verschwand im Licht, war aber auf der anderen Seite nicht mehr zu sehen. Schnell zog sie sie zurück. Sie war noch heile. Vielleicht lande ich auf Mars. Oder in Neuseeland! Oder vielleicht reise ich gar in der Zeit zurück. Es stand jedenfalls fest, dass sie es nur herausfinden würde, wenn sie es ausprobierte. Sie zögerte, war leicht nervös. Dann dachte sie einmal mehr an all die Dinge die sie erwarten könnten und erinnerte sich, dass ihrer Hand auch nichts passiert war. Und so siegte dann doch die Neugier. Wenn es funktioniert, drehe ich mich einfach wieder um, und gehe zurück. Sie sah zuerst zum Portal, liess ihren Blick über ihr Heimatdorf schweifen und dann über ihr Haus. Sie betete, dass sie diesen Schritt nicht bereuen würde.  Sie schloss die Augen und trat in das Portal. Es wurde heiss, dann eiskalt. Farbige Lichtpunkte wirbelten herum. Plötzlich wurde es dunkel. Es zischte ein Blitz und Namara fiel hinein, in eine Welt aus Licht.   Sie strauchelte und stolperte aus dem Licht. Die Temperatur wechselte schlagartig von Frühlingswärme, zu herbstlich kühl. Sie rappelte sich stöhnend auf und rieb sich das schmerzende Knie, welches sie sich an einer Wurzel gestossen hatte. Ihre Hosen waren nun mit Walderde bedreckt, was die Situation auch nicht verbesserte. Sie sah auf und liess ihren Blick erstaunt über die Bäume gleiten. Kiefern und Tannen, wie sie schnell feststellte. Zuvor waren es Laubbäume gewesen…da war sie sich sicher. Sprachlos stand sie inmitten eines grünen Dickichts. Sie hatte wirklich den Ort gewechselt. Der Gedanke war so abstrakt, dass sie es gar nicht wirklich begreifen konnte. Es war einer dieser Momente, wo man still steht und mit offenem Munde staunt. Wie damals, an ihrem ersten Konzert, man kann es kaum fassen. Die Luft roch nach Holz und es war still. Ein Bächlein rollte über Steine rechts von ihr, Bäume rauschten ihm kühlen Wind und wenige Vögel pfiffen. Aber…es fehlten Geräusche wie entfernte Autos, Motorsägen, oder auch nur Hunde, die es sonst fast überall gab. Plötzlich vernahm sie hinter sich ein Zischen und fuhr erschrocken zusammen. Sie drehte sich um. Ihr Herz zog  sich vor Schock zusammen. Das leuchtende Portal war verschwunden! Lediglich ein paar letzte Lichtfetzchen verloren sich in der Luft, wie Funken eines Feuers. „Nein…nein das kann nicht sein!“ Sie zitterte und spürte beklemmende Panik in sich hochkommen. Die Welt fing an sich zu drehen und sie musste sich zusammenreissen, um dagegen anzukämpfen. „Scheisse!!“ Sie bereute es sofort. Warum hatte sie, die sonst so vorsichtig war diese eine vollbescheuerte Idee?? Niemals hätte sie sowas ihrer Schwester geraten. Sie fand trotz hektischem Umhersehen keinen einzigen Anhaltspunkt. Sie griff nach ihrer Tasche, Handyempfang testen. Die Tasche war ebenfalls weg. Verdammt! Sie hatte sie drüben liegen gelassen. Sie war sonst nicht nahe am Wasser gebaut, aber sie fühlte Tränen der  Hilflosigkeit über ihre Wangen rinnen. Sie wimmerte, dem Weinen nahe. Aber es half nichts, die Realität verblieb bei ihrer bitteren Härte. Sie sank an einem Baum zu Boden und starrte in die dicht beieinanderstehenden Bäume. Sie umarmte sich selbst, versuchte sich zu beruhigen. Der Wind brachte sie zum Frösteln, für dieses Klima war sie nicht angezogen. Sie dachte daran, dass sie vielleicht ihre Familie nie wieder sehen würde, jetzt ganz alleine klarkommen musste. Aber einer der Gedanken der immer wieder kam, war ihr Grossvater. Er sagte einst: ‚Egal wie aussichtslos etwas erscheint, wenn du dir selbst treu bleibst, wirst du immer einen Weg hindurch finden‘. Die Worte hörten sich so schön an, wenn es das einzige war, woran man sich klammern konnte. Das Licht, dass durch den bewölkten Himmel drang und es bis zum Waldboden schaffte, liess sie auch nur vage auf die Tageszeit schliessen. Die Kälte zog ihr langsam durch ihre Kleider, was sie schlussendlich zum Aufstehen brachte. Sie zog sich ihre bedürftige Jacke an, die ihr nur kurzzeitig einen Teil des Komforts zurückgab. Sie hatte gar keine andere Wahl, als sich willkürlich in irgendeine Richtung aufzumachen.  Weinend auf dem Boden zu erfrieren, erschien ihr dann doch etwas zu jämmerlich. Der Wald sah in jeder Richtung gleich aus, wobei sich aber auf ihrem Weg mehr moosbewachsene Steine zu befinden schienen. Ausserdem wucherten da auch Brombeer-artige Büsche, denen sie ausweichen musste, wenn sie keine zerkratzten Beine wollte. Ihr war betrübt zu Mute und sie musste unweigerlich an die schönen, vergangenen Sommer denken, die sie sonst immer mit ihrer Familie verbracht hatte. Damals war sie immer gerne in den dichten Wald vorgedrungen, um zusammen mit ihrer Schwester nach Feen zu suchen.  Das war aber schon lange her. Das Gehölz wurde mit der Zeit endlich lichter und gab langsam den Blick auf eine Graslandschaft frei. Eine Landstrasse schlängelte sich zwischen den zwei Waldansätzen hindurch und führte weiter hinten hinein in eine Hügellandschaft. Namara trat auf die eher bedürftige Strasse hinaus. Hier kämen höchstens Landwirtschaftsfahrzeuge lang, für Autos wäre das viel zu holprig. Sie sah sich nach beiden Seiten um. Die Richtung die zu den offenen Hügeln führte, war ihr um einiges sympathischer. Wo ein Weg ist, ist auch ein Ziel, sagte sie sich zuversichtlich. Ein Dorf vielleicht…dann kann ich fragen wo ich hier bin. Vorausgesetzt die sprechen meine Sprache. Ich kann ja sonst wo gelandet sein. Sie folgte dem Pfad noch immer fröstelnd. Der Wind war schrecklich unbarmherzig. Sie konnte von Glück reden, dass sie wenigstens mehr oder minder passende Schuhe angezogen hatte. Weit und breit war niemand zu sehen. Sie kam sich komisch vor, so alleine in der Fremde herumzuwandern. Wer wusste schon was sich hier für Menschen herumtrieben…Dennoch trieb sie die Hoffnung immer weiter an, innerhalb dieses Tages in ein Dorf zu gelangen. Die Sonne stand nun ein wenig tiefer und die Wolken verbargen sie beinahe komplett. Namara konnte nicht sagen ob sie 30 Minuten oder drei Stunden unterwegs war. Und langsam aber sicher verlor sie den Mut. Ausser dem Wind und ihren Schritten hörte man kaum je ein Geräusch. Bis sie jedoch das Gefühl hatte, eine Art Tappen zu vernehmen. Hufschläge auf erdigem Grund. Überrascht und in verzweifelter Hoffnung drehte sie sich um. Es waren drei Männer auf Ponys unterwegs. Einer trug einen merkwürdigen Hut…Sind das Waffen welche sie auf dem Rücken haben? Namara stutzte. Die Gesichter kamen ihr viel zu bekannt vor. Entgeistert kniff sie sich in den Arm. Sie wachte nicht auf. Die drei kamen näher und machten vor ihr Halt, während Namara sprachlos zu ihnen aufsah. "Junge Dame, habt ihr euch verirrt?“, fragte der mit dem Hut. Er klang freundlich.  Er sah aus wie Mitte vierzig und seine Augen zierten Lachfältchen. Das kann doch gar nicht sein…Ich spinne doch! Der Blonde unter den Dreien lachte kurz auf. „Jetzt hast du sie erschreckt du Trottel“. Der mit dem Hut liess sich aber nicht beirren. „Was macht Ihr denn so alleine hier draussen? Das ist kein allzu sicheres Gebiet.“ Namara musste sich zusammenreissen, um ihn nicht weiterhin wie ein Fisch anzuschweigen. „Ich…ich habe einen dummen Fehler begangen und nun stecke ich hier fest“, brachte sie unsicher hervor. Die Stirn des Mannes legte sich in Falten.  Nebst dem und dem Blonden, war da noch ein weiterer, mit langen, dunklen Haaren, dessen rehbraune Augen neugierig blitzten. „Was bist du? Solche Kleidung hab ich ja noch nie gesehen“, fragte er, woraufhin er gleich den Ellbogen des Blonden zu spüren bekam. „Wo bleibt denn dein Anstand!“, wetterte er. „Aber du siehst doch selbst dass ihr Aufzug wunderlich ist“ Er gestikulierte mit seinen Händen um sich zu rechtfertigen. „Hört auf euch zu zanken! Es ist eine Dame anwesend.“ Die Ponys schnaubten und die zwei jüngeren Männer verstummten, der eine grinste aber noch immer ein wenig. „Vergib den beiden Junggesellen bitte. Ich bin Bofur, das sind Fili und Kili.“ Das beseitigte nun auch noch die letzten Zweifel in ihr, dass dies gerade wirklich passierte. Die Frage wie das Ganze aber überhaupt möglich war, liess sich allerdings nicht so leicht klären. „Ich bin Namara…“-„Freut mich. Was hältst du davon, wenn wir dich ein Stück mitnehmen? Wir sind auf dem Weg nach Bree, dort findest du bestimmt eine Unterkunft“ Namara nickte dankbar. „Das wäre wirklich grosszügig.“. Kili trottete mit seinem Pony etwas weiter nach vorne und streckte ihr mit einem charmanten Lächeln die Hand entgegen. „Bei mir ist noch genug Platz Kleine“ Er klopfte auf die Stelle hinter ihm im Sattel und zwinkerte. „Ich beiss schon nicht“. Leicht verlegen ergriff sie seine Hand und liess sich mit einem kräftigen Ruck nach oben ziehen. Fili verdrehte amüsiert die Augen, verkniff sich aber einen Kommentar. Kili schnalzte mit der Zunge und das Pony setzte sich in Bewegung. Namara wusste nicht so recht was sie von all dem halten sollte. Es war ihr alles etwas zu viel auf einmal. Sie soll hier tatsächlich in Mittelerde sein? In einer Welt, die vollkommen erfunden war? Kapitel 3: Gespräche am Feuer -----------------------------   Die Sonne zeigte sich den ganzen Tag über nicht mehr. Die Luft roch nach entferntem Regen und in der Ferne tauchten die Umrisse einer Stadt auf. Das musste also Bree sein.  Selbst im Film kam sie nur selten vor. Während sie sich langsam auf die Ortschaft zubewegten, redeten die Zwerge ständig. Vieles davon verstand Namara nicht so ganz.  Es ging um Handel in den Blauen Bergen, um Schmiedekunst und Schwertausschmückungen. Die beiden Brüder neckten sich durchgehend gegenseitig und lachten viel, was Namara mit der Zeit ansteckte. Ihre brüderlichen Streitereien erinnerten sie an ihre eigene Schwester. Sie selbst hatte kaum etwas gesagt. Was denn auch? Sie gehörte hier nicht her, sie sollte eigentlich gar nicht hier sein. Sie wusste zudem gar nicht, wie sie die drei überhaupt richtig ansprechen sollte, denn sie hatte schon zuvor bemerkt, dass sie einen anderen Wortschatz hatten als sie. „Sag mal, machen wir dir Angst, dass du immer so schweigsam bist?“, kam die neugierige Frage Kilis. Die an sie gerichtete Frage riss sie aus ihren Gedanken heraus. „Nein, nein. Überhaupt nicht, ich bin eigentlich sogar sehr erfreut darüber euch getroffen zu haben“-„Tatsächlich?“ Sie seufzte lang und tief. „Es ist nur…ich bin hier fehl am Platz. Ich will euch bei eurer Unternehmung auch gar nicht im Weg stehen.“ Kili warf seinem Bruder einen beunruhigten Blick zu. „Was meinst du?“-„Ihr wollt doch euren Berg zurückerobern, oder etwa nicht?“, kam ihre verwunderte Gegenfrage. Jedoch merkte sie an ihren Gesichtsausdrücken schnell, dass sie zu viel gesagt hatte. „Woher weisst du das?“ Kilis Stimme klang dezent misstrauisch. Mist! Bestimmt haben sie niemandem davon erzählt…ich dürfte das gar nicht wissen. Genau deswegen soll ich doch auch die Klappe halten. Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich weiss recht viel“ antwortete sie schliesslich zögerlich. Ihr erschien es kontraproduktiv sie anzulügen. Sie konnte ihre wachsende Anspannung fühlen und setzte deswegen nach. „Keine Sorge, ich werde mein Wissen nicht gegen euch verwenden. Ja, mir ist bewusst wie dämlich das klingen muss“ Wieder warfen sich die Zwerge ungute Blicke zu. Für eine Weile hörte man nur das Tappen der Hufe. „Eine Spionin bist du nicht…denn die hätte zumindest eine Waffe bei sich.“, fing Kili dann wieder an. „Und wäre dem Wetter um einiges besser angepasst“, fügte Fili hinzu. „Vielleicht bist du eine Hexe“. Jetzt klangen sie schon nicht mehr so angespannt, sondern eher  als wären sie etwas ganz Grossem auf der Spur. Namara schüttelte energisch den Kopf. „Quatsch, ich bin keine Hexe! Ich habe lediglich eine Ahnung davon was euch erwartet und-“ - „Aah, dann also ein Orakel“, behauptete Kili ziemlich stolz mit sich. „Das muss es sein!“ Namara stiess angestrengt die Luft aus. Warum sollte sie denn bitte ein Orakel sein? Auch Bofur der an der Spitze der Gruppe ritt schnaubte. „Schwachsinn. Sowas gibt es doch gar nicht. Wahrsagerei ist Elbengefasel“, meldete er sich von weiter vorn. So ging die Diskussion dann auch noch eine Weile weiter. Namara beteuerte weder Hexe, noch Elbin, noch Orakel zu sein, während Kili versuchte ihr mit Fragen ein Geständnis zu entlocken, und Fili und Bofur sich darüber lustig machten. Eine gute Stunde später erreichten sie endlich Bree. Die Leute dort erschienen Namara gestresst und misstrauisch. Möglicherweise hatten sie aber auch bloss keine Lust vom Regen überrascht zu werden, denn die Wolken sahen schwer und dunkel aus. Die Zwerge führten die Ponys zu einem Stall, wo sie diese für die Nacht unterbringen wollten. Währenddessen nahm sich Namara die Zeit sich umzusehen. Bree war eine Stadt wie jede andere, jedoch lag sie von der Technologie her Jahrzehnte zurück. Die Häuser waren alle aus Stein und Holz und es roch nach Müll und Gewürzen. Der Marktplatz hatte einen Brunnen mit einem schlafenden Hund davor und war umringt von geschlossenen Marktständen. Der Boden war eine Mischung aus Pflastersteinen und festgetretenem Dreck. Die Atmosphäre war Kulturschock der Extraklasse für jemanden der sich fliessendes Wasser und Strom gewohnt war. Tatsächlich hatte sie manchmal Ausflüge gemacht, auf denen sie selber Feuer machen musste, gekocht hatte und Karten lesen gelernt hatte. Aber jetzt wurde ihr in vollem Masse bewusst, dass dies für manche Leute Alltag war. Und dazu kam, dass es in Zukunft ihr eigener Alltag sein würde. Ihr Blick streifte eine Gruppe von Männern, die sie unangenehm anstarrten. Einer von ihnen hatte ein Messer und spielte damit herum. Schnell sah sie weg, redete sich ein, dass sie es sich nur eingebildet hatte. Jedoch fühlte sie sich weiterhin beobachtet. Ihr Puls begann sich zu beschleunigen. Sie überprüfte die Gruppe mit einem flüchtigen Blick zurück und musste mit Schrecken feststellen, dass sie auf sie zukam. Sie wich etwas zurück, ohne sie aus den Augen zu lassen. Was wollten die von ihr? Wollten sie ihr wehtun? Dann spürte sie eine Berührung auf ihrer Schulter und fuhr erschrocken zusammen. „Ganz ruhig“, vernahm sie Kilis amüsierte Stimme. Eine Hand auf ihr rasendes Herz gepresst, warf sie ihm einen ärgerlichen Blick zu. „Komm, wir haben eine Herberge gefunden“ Mit einem Arm auf ihrem Rücken, schob er sie sanft in eine bestimmte Richtung. Namara warf noch einmal einen Blick zurück. Die Männer hatten sich wieder hingesetzt. Erleichtert stiess sie die Luft aus. „Alles in Ordnung?“  Die Augen des jungen Zwergenprinzen glänzten besorgt. „Ja...ja, alles gut.“ Sie lächelte ihn schwach an. Er schien nicht ganz so überzeugt, beliess es aber dabei. Zusammen traten sie in ein grösseres Haus ein. Über  dem Eingang hing ein Schild mit der Aufschrift ‚Der hopsende Storch‘. Eine solche Wortkombination hatte sie noch nie gehört. Wenigstens mal ein kreativer Name. Kaum hatten sie die Strasse hinter sich gelassen, konnte sie auch schon hören wie dicke Regentropfen auf die Pflastersteine prasselten. Ein besseres Timing gab es wohl nicht. Drinnen roch es nach Essen und Wein. Gelächter schallte durch den mit Gaslampen und Kerzen beleuchteten Raum. Drinnen war es um einiges wärmer als draussen, wofür Namara sehr dankbar war. Kili deutete an, eine Treppe nach oben steigen zu wollen, wo sich vermutlich die Schlafzimmer befanden. Namara hielt ihn am Arm fest. Zuerst druckste sie herum, versuchte sich nicht zu blamieren. „Kili, ich habe kein Geld bei mir, ich kann mir kein Zimmer leisten“, gestand sie ihm schliesslich betreten. Wahrscheinlich würde sie auf dem Gang übernachten müssen. Zu ihrem Überraschen lächelte er ihr bloss freundlich zu. „Das dachten wir uns schon, wir drei teilen uns sowieso immer ein Zimmer, ist billiger so. Du kannst bei uns unterkommen“ Er setzte seinen Weg fort und Namara folgte ihm. „Ich hoffe du hast nichts gegen Körperkontakt“, fügte er leicht grinsend hinzu, während er den langen, braun dekorierten Gang entlang ging, an welchem sich die Zimmertüren befanden. Er öffnete die Tür mit der  Aufschrift 45 und verbeugte sich leicht. „Nach Ihnen schöne Frau“. Namaras schoss das Blut in die Wangen. Sie war sich solch höfliches Verhalten gar nicht gewohnt. „Danke“. Als sie eintrat stellte sie fest, dass Fili und Bofur auch schon da waren. Der Raum war wohl für zwei Personen gedacht, denn er hatte zwei Betten. Ausserdem war da noch ein grüner Kachelofen, der so gebaut war, dass man sich davor setzen konnte. Solche hatte sie zuletzt gesehen, als sie mit ihrer Familie eine Burg besucht hatte. Ihr Blick hellte sich auf als das Objekt ihre Erinnerungen weckte. Sie durchquerte den spärlichen Raum und setzte sich auf die Ofenbank, die aussah wie grünes Glas. Die Zwerge hatten den Ofen bereits angefeuert. Sie seufzte als die wohlige Wärme des Feuers in ihre Glieder zog. Zum ersten mal seit Stunden fühlte sie sich wieder sicher. Auch wenn  das Wissen, dass sie ihre Familie nie wieder sehen würde einen Schatten auf die Situation warf. Der Regen hämmerte gegen die Scheibe des einzigen Fensters im Raum, kreierte ein beruhigendes Hintergrundgeräusch nebst den drei Männern denen wohl nie den Gesprächsstoff ausging. Namara wandte den Kopf den Zwergen zu, um ihnen zuzuhören. Bofur erklärte den beiden anderen gerade, dass er morgen noch etwas erledigen müsse, und sie deshalb schon mal voraus gehen sollten.  Die zwei Brüder sassen auf dem Bett, während Bofur die schweren Kleider über eine hölzerne Kommode hängte. „Und was geschieht mit mir?“ fragte Namara, nachdem die drei eine Redepause eingelegt hatten. Bofur hielt inne und auch die anderen zwei sahen nun zu ihr herüber. „Das ist in der Tat eine gute Frage“, kam es von Fili, der sich mittlerweile eine Pfeife angezündet hatte. „Eigentlich müssten wir dich hierlassen.“ Sie nickte vage als Antwort. Sie hatten ja recht, warum sollten sie sie auch mitnehmen. Sie konnte nicht kämpfen und wäre bloss ein Klotz am Bein. „Aber irgendetwas sagt mir, dass wir damit einen Fehler begehen.“ Fili nahm einen tiefen Zug. Rauch schwebte durch den Raum. „Wie viel weisst du?“, fragte Fili bedacht. „Genau, vielleicht könntest du uns ja den Allerwertesten retten wenn wir im Begriff sind in die Gefahr reinzurasseln“, fügte sein Bruder hinzu. Sie seufzte und setzte sich zu dem heiteren Haufen. „Also gut. Ich bin zwar nicht wirklich begeistert davon euch solche … esoterischen Prophezeiungen zu erzählen, aber...“ Sie fuhr sich durch die lockigen Haare und fing dabei den interessierten Blick Kilis auf. „Das Ding ist, dass ich keine Kräfte habe oder sowas, es ist lediglich so, dass ich eure Geschichte kenne, bevor ihr sie erlebt habt, weil ich sie nämlich gesehen habe“-„Wie geht denn sowas?“-„Das ist jetzt nicht wichtig…was…was ich damit sagen will, ist, dass da so einige Dinge auf euch zukommen, von welchen ich euch aber nicht erzählen kann, weil ihr denen sonst ausweicht und das den Lauf des Schicksals ändert wie bei Zurück in die Zukunft und dann weiss ich nicht mehr was dann passieren könnte“ Die Worte prasselten aus ihrem Mund wie ein Schwall Wasser. Ihre Augen zuckten von Zwerg zu Zwerg, hoffend dass ihre Worte irgendwie einen Sinn ergeben hatten. Bofur kratzte sich nickend am Bart. Namara war sich nur teilweise bewusst was sie tat. Sie hatte das Gefühl den Zwergen helfen zu können. Das war das eine, aber andererseits hatte sie kein Zuhause mehr. Die drei Zwerge waren die einzigen die sie kannte, oder glaubte zu kennen. Instinktiv fühlte sie sich bei ihnen wohler als in der totalen Fremde, erst recht nach der Gruppe an Männern draussen auf der Strasse. In einer solchen Welt allein zu sein, die nicht die ihre war, erschien ihr wie ein Albtraum. „Meinetwegen kannst du gern mitkommen, jedoch wird Thorin immer das letzte Wort haben.“ Entschied Bofur schliesslich. „Und jetzt sollten wir uns alle ausruhen, morgen liegt noch ein weiterer Tagesritt vor uns, bis wir im Auenland ankommen.“   Namara drehte sich von einer Seite auf die andere. Sie fand einfach keinen Schlaf. Neben ihr schnarchte Bofur lautstark und wechselte sich dabei mit Fili ab. Sie murrte unwillig und presste sich das Kissen über die Ohren. Meine Güte! Man könnte meinen ich übernachte in einer Bärenhöhle. Sie versuchte es noch etwas länger, gab dann aber schliesslich auf. Sie setzte sich auf die Bettkante und stellte überrascht fest, dass Kili ebenfalls noch wach war. Er sass am Kachelofen und starrte in die Flammen. In seinen Händen schimmerte etwas Schwarzes. Müde, aber wissend dass sie bei dem Lärm sowieso nicht schlafen konnte, setzte sie sich neben ihn. Der junge Zwerg sah auf und rückte etwas zur Seite, um ihr Platz zu machen. „Du kannst wohl auch nicht schlafen“, stellte sie fest. „Nicht wirklich.“ Seine Finger strichen über seinen Runenstein, welchen er schon die ganze Zeit über betrachtet hatte. „Ich bin befangen wegen den kommenden Ereignissen. Morgen werden wir unseren Meisterdieb treffen, von da an gibt es kein Zurück mehr.“ Namara strich sich nachdenklich eine Strähne aus dem Gesicht. „Ihr seid die Nachfahren Durins. Auch wenn euch Grauen erwarten mag, so werdet ihr doch diejenigen sein, die siegreich heimkehren“, versuchte sie ihn aufzumuntern. Er drehte ihr den Kopf zu und ein zuversichtliches Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. Eine Weile hörte man nur das Knistern des Feuers. „Diese Welt ist gar nicht die deine, nicht wahr?“ Sie senkte den Blick wieder spielte mit ihren zarten Händen herum. „Nein…ich komme von weit, weit her.“ Das Feuer warf flackernde Schatten auf sein hübsches Gesicht. Seine langen Haare hingen ihm strähnen-weise ins Gesicht und liessen seine dunklen Augen dahinter neckisch aufblitzen. „Wie ist sie denn so…deine Welt?“ Es klang wie ein neugieriges Raunen. Sie lächelte leicht, sein ehrliches Interesse schmeichelte ihr. Sie überlegte sich, wie sie am besten anfangen könnte. „Ich bin vom Planeten Erde. Darauf gibt es mehrere Kontinenten…also Landmassen, die sich von den Ozeanen abheben.“-„Was ist ein Planet?“ Er legte fragend den Kopf schief. „Hmm…also, ein Planet das ist…eine runde, riesige Kugel, eine Welt auf der Leben gedeihen kann, wenn man so will.“ Sein fragendes Gesicht zeigte ihr schon jetzt, dass ihre Erklärungen noch weiter ins Detail gehen müssten. Stimmt ja, wenn man Tolkiens Legenden glaubt, ist Mittelerde flach. Erst jetzt, wo sie zum ersten Mal jemandem das Prinzip der Erde und Planeten erklären musste, verstand sie wie wahnsinnig komplex das alles war. Sie gab sich Mühe die Worte zu finden, die er am besten verstehen konnte. „Mein Kontinent, auf welche ich aufgewachsen bin, heisst Europa. Zusammen mit den Gebieten Russland und Asien formt er Eurasien. Aber eigentlich nennen nur Studierte, die sich mit Weltenbildungsprozessen auseinandersetzen ihn so.“ Sie pausierte um nachzudenken, während er ihr stumm und aufmerksam zuhörte. Wärme kroch ihr wohlig durch den Körper. Es war schön, dass ihr jemand zuhörte. Ihre beiden Schatten tanzten mit jeder Bewegung der Flammen. „Ich bin nicht sonderlich gut darin Grössen einzuschätzen, aber ich denke Mittelerde ist etwa so gross wie Eurasien, bloss ist das letztere auf einem Planeten, geschaffen mit anderen Gesetzen der Natur.“ Sie bewegte zart gestikulierend ihre Hände, um ihre Erklärung zu untermalen. „Wie können so viele Welten auf einer Kugel sein?“, fragte Kili, als sie eine Pause einlegte. Ihre Augen streiften durch den Raum, auf der Suche nach einem runden Gegenstand. Da sie diesen nicht fand, nahm sie zaghaft eine seiner Hände und schloss sie zur Faust. Er liess es zu und beobachtete fasziniert jede ihrer Bewegungen. „Da wäre Eurasien.“ Sie strich mit ihrem Zeigefinger über seine Haut, zeichnete die ungefähren Umrisse des Kontinents nach. „Hier Afrika…Nord-und Süd-Amerika…Australien…und die Antarktis.“ Seine Augen ruhten auf seiner Hand, welche Namara ihm soeben fiktiv bemalt hatte. „Und wie stellt ihr das an, dass ihr nicht von der Kugel fällt? Ist das nicht unangenehm wenn alles kopfüber ist?“ Namara kicherte amüsiert. „Die Erde zieht uns an wie ein Magnet, aber nicht so stark, dass wir festkleben würden. So wie du es von hier auch kennen dürftest. Und weil der Himmel uns rund herum umgibt- also nicht bloss oben an der Kugel ist- empfindet man das nie als kopfüber…man steht sozusagen aus jeder Perspektive richtig herum. Klingt unlogisch, ich weiss“-„Nein, nein. Wenn du es sagst, leuchtet es mir vollkommen ein.“ Er setzte sein charmantes Grinsen auf und stützte sein Kinn auf der Hand ab. Somit signalisierte er, dass er weiterhin zuhörte. Namara erwiderte sein Grinsen mit einem ehrlichen Lächeln und bemerkte erst jetzt, dass sie noch immer seine Hand hielt. Verlegen liess sie ihn los und versuchte ihre Scham zu überspielen indem sie trotz brennender Wangen weiterredete. „E-eure Welt ist in vielerlei Hinsicht anders. Ihr habt Fabelwesen wie Drachen und mehrere, intelligente Rassen. Während wir nur Menschen und Tiere haben. Ihr habt Magie, während unsere Welt keine kennt…zumindest dachte ich das, bis ich heute das Portal fand.“ Sie biss sich auf die Lippen. Ihr Herz schmerzte spürbar, wann immer sie daran dachte. „Ein Portal also…jetzt verstehe ich.“ Als ihre Blicke sich wieder streiften, fand sie Verständnis uns Mitgefühl in seinem. „Du hast dein Zuhause verloren…genau wie wir.“ Sie nickte schwach, der Gedanke daran war schmerzhaft und frisch. Kili setzte sich aufrecht hin und musterte sie eindringlich. „Dann musst du mit uns diese Reise bestreiten. Wir werden deine Hilfe brauchen…und als Gegenleistung kehrst du mit uns zum Erebor heim.“ So schlecht klang das Angebot nicht. Für den Fall, dass sie diese Reise tatsächlich überleben sollte, könnte sie dort vielleicht ein neues Leben anfangen. Sie betrachtete ihn schweigend, wusste nicht, was sie erwidern sollte. Trotz dessen er einen guten Kopf kleiner war als sie, hatte er dennoch eine Aura, zu der sie aufschauen wollte. „Wir Zwerge wissen was es heisst vom Zuhause abgeschnitten zu sein.“ Er liess den schwarzen Stein vorsichtig in seine Tasche zurückgleiten. „Vielleicht können wir dir ein neues bieten.“   Der nächste Morgen begrüsste sie mit kühlem Nebel, der Bree in Watte hüllte. Namara blinzelte in das matte Licht, das durch das Fenster in den Raum fiel. Bofur schlief noch neben ihr, die beiden Brüder schienen allerdings schon aus dem Haus zu sein, um etwas zu erledigen. Wahrscheinlich holten sie die Ponys. Namaras Magen knurrte. Seit gut 20 Stunden hatte sie nichts mehr gegessen. Das Mittagessen Zuhause hatte sie schliesslich nicht mehr gehabt…und würde auch nie wieder eins haben. Sie setzte sich auf und linste zum Fenster hinüber. Nieselregen. Toll, und ich hab keine Regenkleidung dabei. Am liebsten wäre sie jetzt nach unten gehuscht und hätte sich Frühstück geholt, aber sie hatte weder Geld, noch Schmuckstücke, die sie zum Zahlen verwenden könnte. Bofur regte sich neben ihr und gähnte. Er schien fast so ein Morgenmuffel zu sein wie sie. Letzte Nacht hatte sie es dann doch noch irgendwie geschafft das Schnarchen auszublenden. Ob es leicht war neben einem Kerl zu schlafen und die einzige Frau  im Raum zu sein? Nein. Aber Bofur war bedacht gewesen und hatte sie von den zwei jüngeren Kindsköpfen getrennt, nur für den Fall. Er schlurfte zu seiner Ausrüstung die auf der Kommode lag und begann sich anzuziehen.  Gerade als Bofur seinen Hut aufsetzte, schwang die schwere Holztür auf und ein motivierter Fili erschien im Türrahmen. „Kommt, wir brechen auf.“ Namara war noch etwas verschlafen, dementsprechend nicht so prima in Form. „In Ordnung, machen wir’s wie abgemacht. Nehmt das Mädchen mit und dann sehen wir uns am Abend.“ Fili nickte und signalisierte Namara, dass sie herkommen sollte. „Stellt ja keinen Blödsinn an“-„Wir doch nicht. Fili zwinkerte Bofur zu und führte die langsam erwachende Namara die Treppe hinunter. Das Gasthaus war zu so früher Stunde noch recht leer. Draussen wartete Kili bereits, je ein Strick der Ponys pro Hand. Sein Gesicht hellte sich auf als er Namara erblickte, und ihr ging es ähnlich. Er gab Fili einen Strick in die Hand und trottete dann Namara entgegen, die er fröhlich begrüsste. „Da, ich habe uns Frühstück besorgt.“ Er drückte ihr einen Beutel mit Trockenfleisch in die Hand, den sie dankbar entgegen nahm. „Danke, ich verhungere schon.“ Sie lächelte zufrieden und trat vor die flauschigen Ponys. Sie streichelte zärtlich die Köpfe der beiden welche daraufhin schnaubten. „Na meine Hübschen, bald kommen wir in fruchtbare Gegenden.“ Sie hatte schon immer einen guten Draht zu Tieren. „Ich glaube, sie mögen dich“, meinte Kili, der neben sie getreten war und die Daumen hinter seinen Gürtel gesteckt hatte. Fili schwang sich auf das braune der beiden Ponys und wendete es. Namara stimmte Kili voller Tatendrang zu. Bestimmt freuten sich die Tiere aber auch auf das kommende Grasland. Hobbingen musste wunderschön sein mit seinen grünen Hügeln und friedlichen Wiesen. Im Gegensatz zu dem gehetzten, misstrauischen Bree, kam ihr das gerade recht. Kili stieg nun ebenfalls auf sein Pony und half Namara auch diesmal hinauf. Er hatte sich ein Stück Dörrfleisch zwischen die Lippen geklemmt und hielt in einer Hand die Zügel. Sein Bruder übernahm diesmal die Führung und ritt voran. Die Hufe klackerten auf dem steinernen Boden, brachten sie aus Bree hinaus. Auch wenn es Namara fröstelte, war sie doch froh über die frische Luft. Der Rauch vom gestrigen Abend hatte unangenehm in ihrem Hals gekratzt, aber natürlich hatte sie aus Höflichkeit nichts gesagt. Sie war erleichtert, dass sie die Stadt hinter sich lassen konnten. Die gestrige Begegnung jagte ihr noch immer Schauer den Rücken hinab. Als sie die die Tore der Stadt endlich hinter sich liessen, entspannte sie sich sichtlich. Es war als könne sie all ihre negativen Gedanken in den kühlen Strassen zurücklassen. Vor ihnen lag nun Hügelland, weite, grüne Flächen, mit ein paar Bäumen und Flüssen. Namara blies kleine Dampfwölkchen in die kalte Luft und schlang die Arme enger um sich. Kili sah über seine Schulter nach hinten und runzelte die  Stirn. „Ist dir kalt?“, erkundigte er sich besorgt. „Ja, ich bin nicht gerade glänzend vorbereitet.“ Damit meine ich eigentlich gar nicht. Ich fall ja auf wie ein Kanarienvogel unter Amseln. Kurzerhand entledigte sich der Zwerg seines Mantels und gab ihn Namara, die etwas unsicher dreinschaute. „Nimm ihn nur, mir ist es ohnehin zu warm“, meinte er mit einem Zwinkern. „Danke, du bist wirklich gütig mit mir.“ Schnell schlüpfte sie in den dicken Ledermantel. Er war noch warm von ihm. Er passte ihr gerade so von der Grösse her, hatte aber eine beschützende Wirkung. Sie machte einen beinahe seligen Eindruck darin. „Das kann doch nicht wahr sein, bandelst du dir etwa schon wieder eine an“, neckte ihn Fili. „Hör nicht auf ihn, er übertreibt völlig“, meinte Kili grinsend. „Tu ich gar nicht. Mein lieber kleiner Bruder kann bloss nicht seine Finger von den hübschen Frauen lassen.“ Namara fühlte wie ihre Wangen heiss wurden. Hübsch? Kili boxte seinem Bruder in die Schulter, woraufhin der Blonde beinahe vom Pony gefallen wäre. Er ruderte mit den Armen in der Luft und schaffte es gerade noch sich festzuhalten.  Kili fing an zu lachen und steckte damit Namara an. Fili musste trotz des Beinahe-Unfalls grinsen. „Und er ist auch wahnsinnig talentiert darin es zu überspielen“-„Halt doch einfach die Klappe“, gab er lachend zurück. Die beiden Brüder starrten sich für ein paar Sekunden herausfordernd in die Augen. Namara sah zwischen den beiden hin und her. Man konnte das Knistern förmlich hören. Plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung gab Kili seinem Pony die Sporen, was es augenblicklich losstürmen liess. Namara quietschte auf und krallte sich an dem jungen Zwerg fest, um nicht abgeworfen zu werden. Dieser grinste nur verschmitzt, offenbar nicht abgeneigt davon, dass sie sich an ihm festklammern musste. Fili preschte ihnen gleich hinterher und lieferte sich ein eifriges Wettrennen mit seinem Bruder. Bäume und Gräser zogen an ihnen vorbei. Der Wind rauschte in ihren Ohren und zerrte an ihren Haaren. Das Tier schnaubte gleichmässig, während es mit grossen Sprüngen voraussetzte, dennoch holte Fili auf, sein Pony hatte auch weniger Gewicht zu tragen. Bald ritten sie auf Augenhöhe und er konnte ihnen ein süffisantes Lächeln zuwerfen. „Netter Versuch“ Die beiden verfielen zurück in den Trab und Namara blies sich die Locken aus dem Gesicht. Ihr Herz pochte angenehm, die Welt schien mit einem Mal heiterer geworden zu sein. Schmunzelnd lehnte sich gegen ihren Vordermann. „Das war witzig, das müssen wir nochmal machen“, meldete sie sich zufrieden. „Auf jeden Fall. Auch wenn mein Bruder ziemlich offensichtlich ist“, Fili grinste noch breiter als Namara. Sie fühlte sich irgendwie erlöst, war froh dass sie mit ihnen lachen konnte. Es erlaubte ihr, die düsteren Tatsachen zu verdrängen. Die beiden Brüder waren sehr gut darin, die Sicht auf das Positive zu lenken und alles mit Optimismus anzugehen. Und das schätzte sie sehr an ihnen. Kili verdrehte amüsiert die Augen. „Muss ich dich dran erinnern, dass deine liebe Angebetete beinahe meine Gefährtin geworden wäre?“-„Nein, schon gut, ich bin ja schon ruhig.“ Namara sah wieder auf, Neugier flackerte in ihren Augen. „Du hast eine Gefährtin?“-„Nein, ich habe ihr einen Korb gegeben, weil ich wusste dass Fili sie aufrichtig liebt.“ Ihr Gesichtsausdrück wurde sanft und sie drehte dem Älteren ihr Gesicht zu. „Und dann? Hast du’s ihr gestanden?“ Fili fuhr sich durch die Haare und zeigte ihr ein Paar silberne Perlen, die er in seine Haare eingeflochten hatte. Wenn sie sich nicht irrte, benutzten Zwerge Perlen anstatt Hochzeitsringe, um zu zeigen dass sie verlobt waren. „Ja, ich habe ihr den Hof gemacht.“ Sein Lächeln war warm, man sah es ihm an dass er sie gern hatte. Namara strahlte ihn aufrichtig an. „Das ist ja toll! Ich freu mich ehrlich für dich!“-„Danke. Sie ist eine wundervolle Frau.“ Das glaubte sie ihm gerne. Sie war ihm bestimmt sehr wichtig. Den Rest der Reise war sie ruhig und in Gedanken versunken. Ihr Lächeln schwand ab einem gewissen Punkt wieder, weil sie realisierte, dass Fili seine Verlobte nie wieder sehen würde. Genau so wenig wie Kili sein Versprechen an seine Mutter einhalten würde. Der Gedanke schwebte wie eine Wolke über ihnen. Namara würde sie nur zu gern davor bewahren…aber was konnte sie schon ausrichten? Kapitel 4: Das neue Mitglied ----------------------------   Das neue Mitglied     Da war sie. Die grüne, kreisrunde Tür, mit der alles begann, oder besser beginnen wird. Von jetzt an würde Namara alles wissen, was der Kompanie Thorins widerfahren würde. Heute begann die Mission der Zwerge Erebors…und heute würde sie Thorin Eichenschild persönlich kennen lernen. Ihr war auf eine Art nostalgisch zu Mute und sie sprach kaum ein Wort. Die zwei jungen Zwergenprinzen waren allerdings hochmotiviert ihr neues Abenteuer zu beginnen. „Na dann wollen wir mal.“ Fili klingelte und richtete sich auf, und sein Bruder stellte sich aus Gewohnheit gleich neben ihn. Die Tür schwang auf und ein genervter Hobbit erschien. Bilbo Beutlin…er war sogar noch kleiner als Fili es war. Ein etwas gewöhnungsbedürftiger Umstand für Namara, die jetzt plötzlich auf alle hinunterschauen konnte. „Fili“-„Und Kili“-„Zu euren Diensten.“ Namara musste wegen den Floskeln schmunzeln. Diese kannte sie gut, die Szene hatte sie etliche Male gesehen.  Es hatte etwas Surreales, sie  plötzlich wirklich zu erleben. Nach dem kurzen Gespräch, welches sie schweigend beobachtete, drängten sich die beiden Brüder an Bilbo vorbei und verhielten sich gleich so, als würden sie für die Wohnung die Miete zahlen.  Sie verdrehte die Augen und seufzte. Jemandem müssen definitiv noch Manieren beigebracht werden! „Entschuldige sie bitte, sie sind etwas ungehobelt. Ich bin Namara, verzeiht die Störung.“ Bilbo fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, vermutlich um sich selbst zu besinnen. „Was ist hier heute nur los? Zwerge, Zauberer, Menschen. So viel Volk hatte ich zu Lebzeiten nicht zu Besuch!“-„Tut mir wirklich leid.“ Sie musterte ihn bedauerlich. „Darf ich rein kommen? Ich kann dir auch gern zur Hand gehen.“ Er schien von der höflichen Frage etwas überrascht zu sein. „Ich glaube kaum dass ich eine Wahl habe. Ausserdem ziemt es sich nicht eine Dame vor der Tür stehen zu lassen.“ Sie bedankte sich und trat ein, wobei sie sich bücken musste, weil die Decke sehr niedrig war. Sie zog sich- anders als die Zwerge- die Schuhe aus und sah sich ein wenig um. Bilbo beobachtete etwas ratlos die grölenden Zwerge in seinem Esszimmer. Er war sichtlich überfordert mit der Situation. Namara liess ihren Blick über die gemütliche Einrichtung schweifen. „Echt eine hübsche Höhle“-„Danke, mein Vater hat sie gebaut.“ Sie war wirklich schön mit den alten Kommoden und hölzernen Stühlen. Die Fenster waren wie die Tür rund und warfen schwaches Mondlicht auf den mit Teppichen belegten Boden. Alles war fein säuberlich aufgeräumt und hatte seinen Platz. Die Wohnung hatte Charme, würde ihre Mutter sagen. „Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“, fragte sie höflicherweise nochmals, als wolle sie das flegelhafte Benehmen der Zwerge kompensieren. Er zupfte nachdenklich an seinen Hosenträgern herum. „Ich glaube nicht.“ Der Hobbit verdrehte die Augen als es nun schon zum vierten mal klingelte. Knurrend und vor sich hin fluchend stampfte er in Richtung Tür und verschwand aus ihrem Sichtfeld. Namara kratzte sich blinzelnd am Kopf, entschied dann aber, sich zu dem laut lachenden Haufen zu begeben. Die vier Männer bedienten sich unbeschwert an Bilbos Speisekammer als ob sie das Essen selbst gekauft hätten. Sie scherzten und lachten, dass es ihr fast in den Ohren vibrierte. Sie schob sich an den hölzernen Stühlen vorbei und hatte vor sich diskret neben Kili zu setzen. Allerdings wurde es augenblicklich ruhig als sie sich unbemerkt an den Tisch setzen wollte. Sich unauffällig unters Volk mischen? Mission fehlgeschlagen. So schnell wie der Geräuschpegel verschwunden war, fragte sie sich schon, wie wahnsinnig merkwürdig sie denn erscheinen musste. Einerseits war es offensichtlich dass sie nicht hierher gehörte, andererseits wollten die zwei Jüngeren sich wahrscheinlich nicht wie komplette Idioten benehmen wenn eine Dame bei ihnen war und waren deswegen ruhig. Sie fühlte sich unwohl bei der Aufmerksamkeit die nun allein bei ihr lag. „Wer bist du?“, fragte Dwahlin sogleich, ohne lange zu fackeln. Sein Bruder Balin runzelte besorgt die Stirn. Sie wussten beide, dass niemand ausser den 13 Zwergen und Gandalf über die Mission informiert worden waren. „Das ist Namara…sie wird uns helfen.“, erklärte Kili behutsam. Dwahlin schnaubte verärgert. „Das darf doch nicht wahr sein! Du hast es jemandem erzählt?!“, brauste er auf. Er hatte ja bekanntlich viel Temperament, aber seine donnernde Stimme liess sie trotz Vorkenntnisse zusammenfahren. „Ja…nein…also eigentlich wusste sie schon davon.“, gab Kili kleinlaut zu und heftete seinen Blick betreten auf die Tischplatte. „Bei meinem Barte! Du sollest doch wissen dass-“ Er wurde von der ankommenden Gruppe der restlichen Zwerge unterbrochen. Bilbo hatte sie wohl mittlerweile reingelassen, oder reinlassen müssen. Dwahlin warf Kili einen wütenden Blick zu. „Wir reden noch.“ Damit stand er auf, um seine gerade angekommenen Verwandten und Freunde zu begrüssen. „Nimm es ihm nicht übel mein Junge“, fügte Balin noch hinzu, ehe er es seinem Bruder gleich tat. Namara schluckte trocken. Sie hatte eine derartige Reaktion bereits befürchtet. Ihr war von Anfang an klar gewesen, dass die Integration Probleme machen würde. War ja nicht so, als hätten die Zwerge irgendwelche Gründe ihr zu trauen. Jedoch hatte sie diese Gedanken verdrängt, weil sie trotz allem gehofft hatte, sie könne dazugehören. Dass sie keine Fremde bleiben musste. Sie linste zu den beiden Brüdern herüber, die beide etwas getroffen dreinschauten und ausnahmsweise mal nichts sagten.  Sie waren die jüngsten, sie hatten den älteren Zwergen Folge zu leisten. „Es…es tut mir Leid, dass ich euch in Schwierigkeiten bringe.“, stammelte sie ungeschickt. Die zwei sahen beinahe gleichzeitig auf, als wollten sie etwas sagen, schienen aber zu zögern ob es eine gute Idee war. „Ich weiss, dass euch diese Unternehmung sehr wichtig ist. Ich weiss dass ihr euch einen Namen machen wollt…aber auch mir liegt euer Erfolg am Herzen. Ich…ich wäre wirklich froh wenn ihr euer Zuhause zurück erobern könnt.“ Sie atmete leicht nervös aus und erhob sich. „Wo willst du hin?“, fragte Kili dann doch. Er hatte einen rätselhaften Gesichtsausdruck. Ihre Worte schienen nicht spurlos an ihm vorbei gegangen zu sein. „Nach hinten…ich will euch nicht im Weg sein.“ Sie verliess den Raum ohne noch etwas weiteres zu sagen, auch wenn sie ahnte, dass er gerne noch was erwidert hätte. Sie wollte von der Bildfläche verschwunden sein, bevor noch mehr Zwerge sich über ihre Anwesenheit aufregen konnten. Sie suchte sich einen ruhigeren Ort, wo sie ungestört war. Es war schrecklich das Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein, auch wenn sie sich dadurch wenigstens nicht mit sich selbst beschäftigen musste. Sie setzte sich auf das überraschend bequeme Bett in Bilbos Schlafzimmer und stützte das Gesicht auf ihren Händen ab. Von dort aus konnte sie die Zwerge noch immer hören. Die anderen acht waren mittlerweile auch mit Abendessen beschäftigt. Ob Dwahlin nun wirklich mit Kili geredet hatte bekam sie nicht mit. Und eigentlich wollte sie es auch lieber nicht wissen. Sie hatte nun Zeit zum Nachdenken. Sie mochte es nicht hier alleine zu sein, da gab es keine Ablenkungen die sie vor ihren Gedanken schützen konnten. Sie vermisste ihre Schwester, jemanden der sie kannte und mit dem sie offen reden konnte. Sie vermisste die Süssigkeiten, die sie sich sonst jederzeit aus dem Schrank holen konnte. Aber vor allem fehlte ihr die Sicherheit ihres Hauses. Das Gefühl nicht verurteilt zu werden. Zu wissen, dass man sich nicht beweisen musste um dazu zu gehören. Ihr war bewusst, dass sie am ehesten mit dem Leben davonkäme, wenn sie einfach hier in Beutelsend bleiben würde. Und das hätte ihre Familie ihr vermutlich auch geraten. Ich könnte Bilbo fragen, ob ich in seiner Abwesenheit auf das Haus aufpassen soll. Da gäbe es keine Orks und Feuerdrachen. Aber der Gedanke an die beiden Brüder hinderte sie daran die Idee gut zu finden. Sie wollte sie nicht im Stich lassen…wollte sie leben sehen und näher kennenlernen. Vielleicht konnte sie auf der Reise einen neuen Sinn finden. Ausserdem konnte sie nicht abstreiten, dass sie Kili ganz gut leiden konnte. Seine Art gab ihr irgendwie das Gefühl lebendig zu sein. Dass nicht alles schrecklich unfair war. Ausserdem hatte er ihr angeboten, ihr ein neues Zuhause zu bieten. Und dieses hatte sie bitter nötig. Schlussendlich besiegelte das ihren inneren Tumult. Sie musste ganz einfach mit ihnen gehen, wenn sie nicht wahnsinnig werden wollte. Der Gedanke, den Rest ihres Lebens als Hausfrau zu verbringen, namenlos und ungeliebt in einem fremden Land zu sterben war absurd und erbärmlich. Da war die Reise, auf welcher sie wenigstens die Leute kannte um einiges naheliegender. Selbst wenn sie dem Kampf ums Überleben nicht gewachsen war. Da pochte es an der Tür. In der Hobbithöhle wurde es ruhig, nur leises Gemurmel war noch zu hören. Namara stand vom Bett auf, und begab sich vorsichtig zurück zum Wohnzimmer. Thorin war dort und redete mit Bilbo. Er hatte eine Aura, die einem ganz demütig stimmte. Und dies, ohne dass er sie überhaupt angesehen hatte. Er begrüsste seine Neffen mit einer väterlichen Umarmung, die beiden freuten sich sichtlich ihn wiederzusehen. Thorin schien ebenfalls ein Stück seiner Ernstheit zu verlieren, schien sogar ein wenig wärmer zu werden. Erst da, als sie ihn lächeln sah, fasste Namara ihren Mut zusammen um aus ihrer Komfortzone herauszutreten und näher zu kommen. Natürlich stach sie mit ihrer Grösse sofort zwischen den Zwergen heraus. Der König wandte sich ihr zu, woraufhin auch die anderen ihre Aufmerksam auf sie lenkten. Plötzlich hafteten 15 Augenpaare auf ihr und liessen ihren Mut schmelzen wie Schnee an der Sonne. „Und mit wem habe ich hier die Ehre?“ Seine Stimme war ruhig und bestimmt, und doch konnte man darin die Überlegenheit heraushören. „Namara…Namara Lemay“, brachte sie mit belegter Stimme hervor. Ihre Instinkte rieten ihr, sich aus dem Staub zu machen, was sie etwas verwirrte, weil rein rational gesehen ja keine Art Gefahr drohte. Thorin verschränkte gemächlich die Arme und musterte sie von oben bis unten. „Und was führt euch hierher?“ Ihm war anzuhören, dass er sie nicht hier haben wollte, was ihrem Selbstvertrauen verständlicherweise nicht gerade behilflich war. „Der selbe Grund aus welchem auch Ihr hier seid“, probierte sie es höflich. Sie war dabei sich wieder einigermassen zu fassen. Ja, sie war sogar recht stolz auf ihre elegante Antwort…was Thorin aber nicht im Geringsten zu imponieren schien. Sie konnte misstrauisches Getuschel hören, gerunzelte Stirnen sehen, die Ablehnung fühlen. „I-Ich würde euch gerne begleiten“ Seine Augen blitzten belustigt auf. „Ihr wollt uns helfen? Ich erinnere mich nicht daran nach Euch gefragt zu haben.“ Namara biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte schon befürchtet, dass so etwas kommen würde. Leicht verkrampft suchte sie nach einer guten Antwort. „Sie ist wie ein Orakel Thorin, sie weiss eine Menge ... Sie könnte uns vor Gefahren warnen“, brachte Kili den geistreichen Einwand. Er war  neben seinen Onkel getreten und sah zu ihm auf, seine Augen zuckten immer wieder zu Namara. Auch Gandalf war mittlerweile näher getreten. „Ihr habt eine wahrsagerische Gabe?“, fragte der Zauberer. Namara verkrampfte sich noch weiter. Ihr Gehirn schien auf Blackout umgeschaltet zu haben. Das kaufen sie mir niemals ab. Ich kann ihnen ja schlecht sagen, dass ich ein Buch über sie gelesen habe. Ihnen einen Film erklären brauche ich gar nicht erst versuchen…lügen bringt mich aber auch nicht weiter. Es hilft mir also auch nicht, dass Zwerge von Natur aus schon so schrecklich misstrauisch sind…Ach verdammter Mist!  „Nicht…ganz. Ich kenne eure Geschichte. Von Anfang bis Ende. Ich weiss, was euch wiederfahren wird.“ Sie ohrfeigte sich innerlich. Das klang absolut erbärmlich. Nicht einmal ein Kleinkind würde ihr diesen Käse abkaufen. „Lächerlich!“, rief Dwahlin aus und bestätigte somit ihre offensichtliche Befürchtung.  „Könnt Ihr es beweisen?“, Thorins Stimme setzte sich über das ständige Gemurmel hinweg. Es schien nicht so als würde er ihr glauben, aber überraschenderweise gab er ihr dennoch die Gelegenheit sich auszusprechen. Oder aber, er fand es lustig sie hadern zu sehen. „Ich kann es versuchen. Jedoch wird alles was ich Euch sagen kann sich erst in der Zukunft bewahrheiten. Ihr werdet also auch erst dann die Richtigkeit erkennen.“ Wie unglaublich praktisch Namara, klingt auch gar nicht so, als würdest du nach Ausreden suchen. Ihr Kopf pochte vor Anstrengung. Sie musste ihre Worte besser wählen, ansonsten konnte sie das Ganze hier gleich vergessen. Thorin war fast schon amüsiert von ihren kläglichen Versuchen. „Du sagtest von Anfang bis Ende. Was kannst du mir von der Vergangenheit sagen, dass sonst niemand weiss?“ In ihrem Kopf ratterte es. Zahlreiche Szenen geisterten durch ihren Kopf, Sprichwörter, Bilder.  Irgendwas musste es doch geben. Irgendwas Überzeugendes. Es sei denn…Sie holte tief Luft, begann bedachter zu sprechen. „Ich weiss, dass Ihr nur zwei Personen in dieser Welt wirklich hasst.  Azog, weil er Euren Grossvater auf dem Gewissen hat, und Thranduil, weil er Euch den Rücken kehrte, als Euer Volk Hilfe brauchte.“ In Thorins Gesicht änderte sich etwas. Nostalgie und Wut zeichnete sich in seinen Augen ab. Namara triumphierte innerlich, die emotionale Tour klappte. Jetzt durfte sie ja nicht nachlassen. Schön am Ball bleiben, würde Mutter sagen.  Mit neuem Selbstbewusstsein hob sie ihre Stimme an, um mit ihrer Erklärung fortzufahren. „Ihr verlort Euren Bruder, Vater und Grossvater. Nicht einmal Euer Zuhause wurde Euch gelassen…auch dies entriss man Euch. Nur Eure Schwester und ihre beiden Söhne sind Euch geblieben. Als Andenken an die alten Zeiten bestehen nur noch die Lieder und der Erebor selbst…und den werdet Ihr Euch jetzt holen.“ Der Spott war aus allen Gesichtern gewichen. Alle Zwerge erinnerten sich an den Schmerz, die Trauer. Es war ein Treffer ins Schwarze. Nur selten wurden sie von anderen Völkern verstanden oder auch nur angehört. Namara hatte einen Nerv getroffen, auch wenn die Erklärung nicht wirklich etwas aufdeckte, was niemand sonst wusste. „Aber, Gandalf hat noch das letzte was Euch fehlt…nämlich den Schlüssel zur verborgenen Tür.“ Thorins Blick zuckte zum Zauberer, die Brauen zusammengezogen im Unglauben. Gandalf nickte anerkennend. „Sie hat Recht“ Er zog den schweren Schlüssel unter seinem grauen Mantel hervor. Ein paar Zwerge raunten. Kili  grinste zufrieden und lächelte ihr aufmunternd zu.  Ihr wurde vor Freude ganz warm. Jedoch war sie vorsichtig genug, ihre Aufmerksamkeit nicht schleifen zu lassen. Thorin flüsterte laut mit Gandalf und Balin, verständlicherweise wollte er wissen warum der Zauberer seinen, beziehungsweise den Schlüssel seines Vaters besass. Solange Namara jedoch keine definitive Antwort hatte, sass sie wie auf Kohlen. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er sie endlich wieder ansah, um ihr eine widerwillige Antwort zu geben. „Also gut, ich glaube dir. Das ist aber nicht mit meinem Vertrauen gleichzustellen.“-„Sag ich ja. Das Risiko ist viel zu gross. Ausserdem würde ich meinen Bart verwetten, dass sie noch kein einziges Schwert berührt hat. Dieses Porzellanfigürchen zerbricht doch beim kleinsten Stoss!“, meldete sich Dwahlin schon wieder. Thorin hob beschwichtigend eine Hand, als Zeichen, dass er Ruhe wollte. Jedoch nahm er den Rat seines alten Freundes dennoch ernst. Namara fühlte sich in ihrem Stolz verletzt. So verweichlicht wie er sie darstellte war sie ganz bestimmt nicht! Sie käme bestimmt eine ganze Weile allein in der Wildnis klar, ihr Vater hatte ihr dazu viel beigebracht. Aber was hiess das im Vergleich zu  Zwergen schon? Da musste schon was Spektakuläreres kommen. „Welche Waffe ist die deine?“-„…keine…“ Sie wich gekränkt seinem Blick aus. War ja klar, dass er genau dort nachbohren musste, wo er ahnte dass sie nichts zu liefern hatte. Natürlich hätte sie ihn anlügen können, aber das war einfach nicht ihre Art. Thorin liess etwas ähnliches wie ein abschätzendes Schnauben verlauten, was sie noch mehr anspannte. „Das dachte ich mir“ Er wandte sich schon zum Gehen, als er überraschenderweise von einem seiner eigenen Neffen davon abgehalten wurde. „Ich kann es sie lehren“, schlug Kili vor. Thorins Gesichtszüge erhärteten sich wieder, Dwahlin schüttelte den Kopf und Fili sah auch so aus, als wäre es ihm lieber wenn sein Bruder die Klappe halten würde. „Ich bin überzeugt davon, dass sie uns nützlich sein wird. Ich kann ihr Schwertkampf beibringen... ich meine, wir nehmen schliesslich auch den Halbling mit…“, er wurde gegen Ende immer leiser, weil sein Onkel ihn scharf musterte. Das liess ihn schlussendlich schuldbewusst verstummen, den Blick demütig auf den Boden gerichtet. „Diese Entscheidung obliegt mir allein. Dir ist nicht bewusst, wie viel bei dieser Mission auf dem Spiel steht. Die damit verbundenen Risiken sind zu gross, Kili. Ich kann das Leben nicht für eine deiner  unzähligen Liebeleien aufs Spiel setzen.“ Da funkelten Kilis Augen wieder, diesmal mit Widerwillen. Aber er biss sich auf die Zunge und respektierte Thorins Entscheidung. Namara konnte gut mitfühlen, so angegriffen hatte sie sich eben gerade auch noch gefühlt. Der Zwergenkönig wandte sich wieder Namara zu, die sich mies und unwürdig fühlte. Er gab ihr das Gefühl nichts wert zu sein. „Es tut mir Leid, die Antwort ist Nein“, sagte er in ruhigem, aber bestimmtem Ton, bevor er sich endgültig abwandte. Namara schluckte hart. Die Worte waren schwer zu verdauen.  Sie stand dort, wo er sie gelassen hatte, sagte nichts. Auch nicht, als er in die Küche ging. Die aufreibenden Gedanken drückten sie zu Boden, zurück zu den Tatsachen. Sie war ein Mensch, nicht kampferprobt und verletzlich. Und hier gehörte sie ganz und gar nicht her. Sie hob ihren leicht verschleierten Blick an, stockte, streifte Kilis rehbraune Augen. Auch er fühlte sich schlecht, hatte seinen Onkel enttäuscht und der Frau der er Hilfe versprochen hatte die Chance auf ein Zuhause genommen. Sie konnte die Schuldgefühle in seinem Blick sehen. Aber das war es nicht…es war die Art wie sein Gesicht Bedauern ausdrückte. Wie seine Körperhaltung das Leid darstellte. Leid dass sie ihm nicht wünschen  würde. Und da begriff sie. Es ging hier nicht um sie, sondern um die andern. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, spürte wie die Energie zurück in ihren Körper strömte. Sie war nicht nur hier um ein Zuhause zu finden. Sie hatte eines. Aber die Zwerge…die Zwerge hatten keines. Was wenn es ihr Schicksal war, es ihnen wieder zu geben? Was, wenn sie nicht nur zufällig genau in Mittelerde gelandet war? Mit mutigen Schritten holte sie zu Thorin auf, rauschte an dem nun überraschten Kili vorbei und stellte sich dem König in den Weg. „Ich habe Euer Schicksal gesehen Thorin. Ich bin nicht meinetwegen hier, sondern euretwegen.  Ich habe gesehen was die Zukunft euch antun wird.“ Sie zitterte vor Anspannung. Aber ihre Stimme war klar und ihre Absicht stand fest. „Und ich werde nicht tatenlos dabei zusehen, wie Ihr Eure Neffen ins Verderben bringt.“ Sein Blick bohrte sich in ihre Seele wie ein heisses Stück Eisen. Aber diesmal, diesmal hielt sie stand. Erwiderte ihn mit brennendem Willen. „Es geht hier nicht um mich. Es geht um die Leben die ich bewahren muss. Leben, die auch Euch sehr am Herzen liegen dürften.“ Sie machte noch einen Schritt auf ihn zu, benutzte unbewusst ihre Grösse um sich stärker zu machen. Sie sah regelrecht auf ihn herab, konnte sehen wie die Emotionen sich in seinem Gesicht wandelten. „“Wenn Ihr glaubt, dass ich zulassen werde, dass Ihr diese jungen Leben achtlos verschwendet, dann irrt Ihr Euch.“ Sie fauchte ihn förmlich an. Woher sie den Mut dazu hatte, wusste sie nicht. Im Raum war es totenstill geworden. Niemand hatte jemals gewagt so mit dem König zu sprechen. Der Schock war spürbar. Die Luft knisterte vor Spannung. Thorin senkte den Blick. Das süsse Gefühl von Triumph breitete sich in ihr aus. „Gebt ihr den Vertrag“ Balin und Dwahlin warfen ihm einen entgeisterten Blick zu, zögerten. „Aber Thorin-“_„Tut was ich gesagt habe!“ Der Weisshaarige schluckte, haderte mit sich selbst. Doch dann händigte er ihr den Vertrag gehorsam wie er war. Namara unterschrieb ihn ohne zu Zögern, sie kannte die Risiken. Balin nahm den Vertrag wieder an sich und schwieg. Namara wandte sich zum Gehen, jedoch packte sie Thorin am Arm. „Ich werde weder für deine Sicherheit garantieren, noch wirst du bezahlt werden.“  Namara wehrte sich nicht weiter und nickte einfach. Geld kratzte sie nicht im Geringsten. Fragt sich nur was ich überhaupt unterschrieben habe wenn dem so ist. Der Vierzehntel ist dementsprechend nicht miteinbegriffen…aber wen juckt‘s. Seine Hand hielt sie noch immer eisern fest.  Er wartete anscheinend auf eine verbale Antwort. „Gut“ Sein wütendes Gesicht wurde wieder weicher, wechselte zu rätselhaften Falten. Sie hatte keinen Grund ihnen zu helfen. Sie tat es, ohne jegliche Gegenleistung zu erwarten. Es war ihm unerfindlich warum. Er wandte sich ab und begab sich ins Esszimmer, um wie zuvor geplant vom Treffen in den Ered Luin zu erzählen. Somit verzogen sich auch die schaulustigen Zwerge und der nachdenkliche Gandalf, der alles aufmerksam beobachtet hatte.  Namara konnte endlich aufatmen. Das war vielleicht ne Nummer. Sie fuhr sich durch die Haare, versuchte ihre rasenden Gedanken zu ordnen. Ihr Herz klopfte noch immer wie bei einem Wettkampf. Sie war selbst erstaunt, dass sie so mutig für sich selbst eingestanden war. Das wäre das erste Mal wo es funktionierte. Flüchtig verlor sie einen Gedanken an die zwei Jungs, die ihr Notizbuch zerrissen hatten. Diese erschienen ihr nur wie Cartoon Figuren. Sie spürte ein Tappen an ihrer Schulter und drehte sich um. Sie sah sich einem grinsenden Kili gegenüber der ihr einen Stapel Kleider in die Hand drückte. Seine Augen schienen förmlich zu strahlen. „Willkommen in der Kompanie Thorin Eichenschild.“ Kapitel 5: Trolle, Orks und andere Probleme -------------------------------------------   Trolle , Orks und andere Probleme   Die grosse Reise der Kompanie Eichenschild begann weniger aufregend als sie es sich erhofft  hatte.  Die Ponys wurden zusammengetrieben und mit Gepäck beladen. Bofur stand unter einem Ahornbaum und ging die Liste mit den Materialien durch, um sicherzugehen, dass sie nichts vergessen hatten. Selbst Namara bekam ein Pony zugeteilt, worüber sie sich eifrig freute. Die Zwerge fragten sie gar nicht erst, ob sie sich mit Reiten auskannte, sie setzten es einfach voraus. Es war wohl wichtiger, schnell unterwegs zu sein. Glücklicherweise hatte Namara in ihrer Kindheit mal auf einem Ponyhof gearbeitet. Demnach beherrschte sie die gröbsten Grundkenntnisse. Das musste reichen. Sie trug nun auch Zwergenkleidung, das  meiste in Braun- und Grautönen gehalten. Die hatte sie am vorherigen Abend von Kili bekommen. Sie waren etwas eng, aber sie kam ganz gut zurecht damit Dennoch schaffte sie es nicht ganz, das Gefühl sich verkleidet zu haben loszuwerden. Mittlerweile waren sie schon zwischen den Bäumen hindurch geritten, die sie schon von der Anreise her kannte, nur diesmal hatte sich die Richtung verändert und  Wichtigkeit der Reise sich mindestens verdreifacht. Sie galt nun offiziell als Warnsystem, nachdem Thorin und Gandalf sie vergangenen Morgens gründlich mit Fragen gelöchert hatten, auch wenn sie für diese  nicht immer eine schlagartige Antwort parat gehabt hatte. Sie hatte sich eingeredet, dass dies ja nur halb so wild sei, dass sie die Geschichte ja in und auswendig kannte. Mit dem Gedanken konnte sie ihre Sorgen unterdrücken, jedenfalls so lange, bis Thorin eine Rast ankündigte. Mitten auf einer satten Wiese, wo sie nun die Ponys grasen liessen. Das Wetter war strahlend schön, keine einzige Wolke schob sich am Himmel entlang. Das Brummen von Insekten aller Art umgab sie, schien eifrig noch die letzten sonnigen Tage des – sich dem Ende zuneigenden- Sommers geniessen zu wollen. Aber Namara fühlte sich unwohl. Von dieser Rast hatte sie nicht die leiseste Ahnung gehabt. Sie setzte sich unschlüssig ins Gras und versuchte im Licht der Sonne Trost zu finden. Das Oberteil hatte sie sich um die Hüfte gebunden, weil es ihr zu warm wurde. Sie zupfte missmutig einzelne Gräser aus, sass absichtlich etwas abseits der Zwerge. Die trauten ihr nämlich noch immer nicht und Namara nahm es ihnen nicht übel. Sie traute sich ja nicht einmal selbst.  Wenn sie aufsah, erblickte sie Gras und vereinzelte Felsen, wohl Überreste eines alten, abgetragenen Gebirges.  Meilen hinter ihnen lag der Wald in welchem sie irgendwo vor ein paar Tagen durchs Portal getreten war. Sie hatte keinen Plan wo sie war, nichts kam ihr bekannt vor, oder erinnerte sie an den  Film. Ihr dämmerte es langsam, dass  Dinge auf sie zukamen, von denen sie keine Ahnung hatte. Es beschlich sie die Angst, dass diese Reise doch nicht so ablaufen würde wie sie es zu kennen glaubte. Vielleicht hatte sie selbst den Lauf der Dinge kaputt gemacht. Sie verspürte den unangenehmen Knoten in ihrer Brust, eine Mischung aus Angst und Bitterkeit. Die Zweifel, die sie wegen ihrer Entscheidung die Zwerge zu begleiten hegte, drohten wieder zurückzufluten. Sie rupfte aufgebracht Grasbüschel aus, und merkte dabei gar nicht, dass sich jemand neben sie setzte. Die Zwerge und Ponys liefen sowieso wie die Hühner um sie herum. Ausserdem bezweifelte sie, dass irgendjemand mit ihr reden wollte.   „Na schöne Dame, solltet Ihr euch nicht auch etwas stärken?“ meinte Kili neckisch, während er sie interessiert musterte. „Oder wollt Ihr vielleicht weiterhin Gras für die Ponys ausreissen?“ Sie drehte ihm ärgerlich ihren Kopf zu. Sie war sich unsicher, ob er sie aufheitern wollte, oder sie einfach gerne aufzog. „Mir geht’s ganz toll hier. Die Sonne scheint, die Vögel pfeifen, es könnte nicht besser laufen.“, meinte sie sarkastisch, merkte aber gleich, dass er dies nicht aufgefasst hatte. „Für Spätsommer ist es in der Tat warm, aber umso besser für uns. Ausserdem glänzt euer Haar so schön, wenn das Licht darauf fällt.“ Er schmunzelte sie spielerisch an, woraufhin sie eine Augenbraue anhob. Normalerweise hätten sie solche Worte verlegen gemacht, aber gerade war ihr Gemüt nicht gerade fröhlich. „Ich bezweifle, dass Thorin begeistert sein wird wie du mit mir redest.“ Das schien dem Zwergenprinzen aber nicht davon abhalten zu können ihr schöne Augen zu machen, im Gegenteil, sein Grinsen wurde sogar noch breiter. „Man wird doch noch die Schönheit einer Frau bewundern dürfen, oder?“ Sehr geschickt eingefädelt. Jetzt fühlte sie sich doch tatsächlich geschmeichelt. Namara grummelte etwas Unverständliches, versteckte ihr Gesicht im Lockenvorhang mit einer kleinen Neigung des Kopfes. „Was machst du überhaupt hier?“ Gerade vorhin hatte er doch noch bei seinem Bruder gesessen. War sie wirklich so in ihre Gedanken versponnen, dass sie keine Leute mehr kommen und gehen sah? „Die Aussicht geniessen“ Seine rehbraunen Augen musterten sie funkelnd. Sie spürte wie ihr Gesicht gegen ihren Willen heiss wurde. Ein Kribbeln breitete sich in ihrer Magengegend aus. Elender  Charmeur. Er fing an leicht zu lachen. „Nein, natürlich nicht. Ich dachte nur, dass Ihr gerne etwas Gesellschaft gehabt hättet“-„Naja, gut abgelesen wenn  das so ist.“ Etwas beleidigt und verlegen zupfte sie an ihrem Haar herum. Der Zwergenprinz verschränkte die Arme hinter dem Kopf und legte sich auf den Rücken. „Plagt Euch etwas? Ihr seid so schweigsam heute.“ Sie wandte ihm wieder den Kopf zu. Die Worte kamen überraschend. „Normalweise gehe ich den Leuten auf die Nerven, weil ich zu viel rede, aber das hier ist wichtig…also gebe ich mir Mühe niemandem auf die Pelle zu rücken“-„Das wird nicht klappen, wir Zwerge regen uns andauernd wegen etwas auf.“ Sie schmunzelte amüsiert. „Gut, dann hätten wir schon mal eine Sache gemeinsam“ Schon komisch, wie man es niemandem recht machen kann, schlussendlich kann man doch nur auf sich selbst hören. „Ich bin mir sicher, dass es da noch weitere gibt.“-„Gut möglich…du bist doch sehr geschickt mit dem Bogen, nicht?“ Er schmunzelte  geschmeichelt. „So sagt man.“ Unbewusst drehte sie ihm interessiert ihren Oberkörper zu. Wenn ihr etwas schon immer an ihm gefallen hatte, waren es seine Bogenkünste. „Naja…ich kann nicht gerade behaupten talentiert zu sein, aber ich habe mal bei einem Kurs mitgemacht…und das war genial! Also teilen wir immerhin die Faszination. Ich wünschte nur, es würde nicht so viel kosten.“ Sein Gesicht hellte sich verschmitzt auf. Ihre Seele machte bei dem Anblick erneut einen Sprung. Er war unausgesprochen schön, wenn er strahlte. „Dann ist heute Euer Glückstag. Hier macht man sich die Waffen selbst. Im Prinzip reichen dafür ein Messer, stabiles Holz und  Tiersehnen. Natürlich wird die Qualität nur bedürftig sein wenn Ihr den Bogen unterwegs herstellt, aber um Einzusteigen ist er geeignet.“ Sie strahlte vor Aufregung. Könnten sie sich wirklich einen Bogen bauen? Damit könnte sie sich versuchen zu verteidigen. Immerhin hatte sie keine Waffe, ausgerechnet sie die eine nötig hätte. Ein Bogen erschien ihr perfekt, damit sie dem Gegner nicht zu nahe kommen musste. „Bringst du es mir bei?“, erkundigte sie sich voller Vorfreude. Sie wollte es unbedingt lernen. Es wäre kein komplettes Neuland für sie. Mal davon abgesehen, dass ein moderner Compound Bogen nicht das Gleiche war wie ein mittelalterlicher Zwergenbogen. „Es wäre mir ein Vergnügen. Bei Gelegenheit werde ich das tun, vorerst werden wir aber noch unterwegs sein. Ich brauche Zugang zu Holz um zu arbeiten und Zeit.“ Sie redeten bestimmt eine gute Weile miteinander. Kili schaffte es, ihre Gedanken auf andere Dinge zu lenken, als das fehlende Portal. Sie sagte ihm aber nicht, welche Sorgen sie wegen ihrer Wissenslücke hatte. Er war einer der Wenigen, der ihr zu vertrauen schien. Sie wollte nicht riskieren dies zu verlieren. „Ich glaube wir ziehen weiter“, informierte sie ihn. Die Zwerge sammelten sich wieder in einer Linie und stiegen auf ihre Ponys. . Von weiter vorne hörte sie seinen Bruder nach ihm rufen. Die Pause war wie im Flug vergangen. Kili streckte sich und erhob sich. „Na dann, wir haben ein Abenteuer zu bestehen“, freute er sich. Er streckte ihr eine Hand entgegen und sie nahm sie, liess sich auf die Füsse helfen. Dann bückte er sich und hinterliess einen hauchzarten Kuss auf ihrem Handrücken. „Verliert nicht den Mut.“ Sie hatte nichts zu erwidern, war nicht in der Lage Worte zu finden. Es kribbelte in ihrer Brust, flatterte wie ein junger Vogel. Ihr Blick war wie gefangen in seinen Augen. Lächelnd liess er ihre Hand los. „Kili! Komm endlich“. Er schmunzelte. „Es wird alles gut, versprochen“ Er liess von ihr ab und eilte zu Fili nach vorne. Er war einer der Frontmänner, die Thorin flankierten. Namara schluckte, merkte erst jetzt, dass sie noch immer stillstand. Schnell begab sie sich zu ihrem Pony, um den Anschluss nicht zu verpassen. Das Pony setzte sich in Bewegung, den anderen der Herde brav folgend. Namara war durcheinander. Sie glaubte noch immer seine Lippen auf ihrer Hand spüren zu können. Sie fühlte sich plötzlich so aufgeladen, hoffnungsvoll. Aber durfte sie das? War es ihr gestattet  einem Thronerben Hoffnungen zu machen, als Mensch? Als Fremde? Sie kannte die offensichtliche Antwort. Nein. Auch wenn Kili wie Schnüre an ihrem Herzen zog und zupfte. Sie durfte nicht…sie brachte alles durcheinander. Sie musste tun wofür sie hier war, Gefühle entwickeln war falsch und gefährlich. Der Tross zog weiter. Die Zeit stand nicht still, sie konntendiese nicht verschwenden. Sie wusste das, aber begriff sie es wirklich? Die Natur erschien ihr blasser als zuvor, der Wind kühler, so dass sie ihren Mantel wieder um sich wickelte. Mutter wüsste bestimmt was zu tun wäre. Sicher würde sie sagen, dass ich die Zähne zusammen beissen muss. Ihr Pony schnaubte, als könne es ihre Verkrampfung spüren. Das hier ist grösser als ich. Das hier ist wichtig. Ich muss begreifen, dass es kein Film mehr ist. Das hier ist jetzt mein Leben…nichts verbleibt ohne Konsequenzen.  Ihr Blick glitt von der Ponymähne noch vorn zu der Schlange an Zwergen. In der Ferne konnte sie Berge sehen. Sie wiesen Ähnlichkeiten auf wie diese, welche ihr Heimatdorf umringten. Die, auf denen Nele wohnte. Zuhause…Sie biss sich auf die Lippen und blinzelte die sich bildenden Tränen weg. Komm. Du schaffst das. Das Pony trabte etwas schneller, liess ihren Körper hüpfen und tätschelte so die Traurigkeit aus ihr heraus. Sie hatte gar keine andere Wahl als durchzuhalten. Sterben war keine Option. Nach einem ewig scheinenden Tag, kamen sie dann endlich an der verfallenen Hütte an. Der zweite ihr bekannte Reisepunkt auf Thorins Mission. Der erste Reisetag war nicht gerade wünschenswert verlaufen. Sie dachte, die erste Woche würde sie mit Leichtigkeit durchstehen, aber schon die ersten 24 Stunden schienen sich darüber lustig zu machen, dass sie nicht von hier war. Ihr Hintern schmerzte vom Sattel und hinter ihrer Stirn pochte es unangenehm. Sie hatte zu wenig getrunken. Mitten am Nachmittag hatte es  wie aus Eimern gegossen und sie alle bis auf die Knochen durchnässt.  Sie erinnerte sich nicht mehr, wann sie das letzte mal so gefroren hatte. Ihre Kleider waren noch immer nicht vollständig getrocknet. Wenn sie sich hier eine mittelerdische Krankheit einfing, war sie so gut wie geliefert.  Gerade lehnte sie sich an einen Felsen, schloss die Augen und versuchte sich auszuruhen. Nicht weit von ihr brannte ein Feuer und wärmte sie. Sie stellte sich vor, wie sie Zuhause im Bett lag und mit einer Wärmeflasche döste. Blendete die Realität glatt aus. Musik wäre nun schön…Kopfhörer rein und abschalten. Zusammen mit einer Kuscheldecke und einer Tasse voll dampfendem Tee…Sie dämmerte langsam weg. Die Geräusche um sie wurden verschwommener und die tiefen Stimmen der Zwerge verschmolzen zu einem angenehmen Brummen. Als sie wieder erwachte war es dunkel. Allein die Glut des Feuers erhellte die Nacht. Sie blinzelte ein paar mal, um sich an die Finsternis zu gewöhnen.  Verwundert stellte sie fest, dass sie in eine Decke gewickelt war. Wer…? Sie sah sich um. Keine Zwerge weit und breit. Sie sprang auf und huschte zu den Schlafplätzen der anderen. Leer. Eisige Klauen der Angst klammerten sich an ihr Herz als sie begriff. In der Ferne hörte sie ein Niesen, darauf gefolgt grollendes Fluchen. Ihr Herz begann unangenehm schnell zu klopfen. Da war es...das rote Licht zwischen den Bäumen. Und riesige, laute Gestalten, die mit ihren breiten Rücken das Lagerfeuer blockierten. Trolle. Die Wesen waren auch von weit weg gigantisch. Sie nahm sie sehr wohl wahr, trotzdem war sie vor Unglauben und Furcht wie festgefroren. Sie hörte sie tosen und zetern. Die Zwerge waren schon dort…und hatten sie selbst zurückgelassen. Sie konnte Dwahlin heraushören und dann wildes Durcheinander-Geschnatter ausmachen. Sie musste etwas tun! Sie musste ihnen doch helfen! Aber…Nein…nein ich kann nicht. Ich kann das nicht. Mühsam befreite sie sich aus der Starre. Sie hob einen Stock vom Boden auf, der ihr fast aus den feuchten Händen glitt. Sie machte ein paar Schritte auf das Licht zu, klammerte sich an das Holz. Was soll ich überhaupt mit dem? Irritiert warf sie den Stock weg und schlich sich näher an das Licht heran. Sie konnte sich bloss noch auf die Gefahr konzentrieren. Sie konnte die Trolle erkennen und paar Zwerge, wie sie auf einem Spiess geröstet wurden. Sie kannte dies…sie kannte diese Sequenz. Es war eine ihrer Lieblings-Szenen gewesen. Aber jetzt konnte sie den Anblick kaum ertragen. Im Geiste stellte sie sich die schlimmsten Dinge vor. Dass die Zwerge wegen ihnen zum Troll-Frühstück wurden. Dass die Trolle sie hören und holen würden. Der Gedanke, dass das Schicksal anders verlaufen könnte, machte sie kirre. Und nicht nur das, sie wusste, sie hätte Thorin bereits warnen müssen. Lange vorher. Sie schlich um das Geschehen herum, wusste gar nicht, was sie hier tat. Verriet sie die Zwerge, wenn sie ihnen nicht zu Hilfe kam? Plötzlich stach ihr ein beissender Geruch in die Nase. Ein ähnlicher kam von den Trollen, aber in entgegengesetzter Richtung war der Gestank strenger. Ohne viel zu überlegen, folgte sie dem Geruch. Mit jedem Schritt, der sie von den Zwergen wegbrachte fühlte sie sich besser. Weg von der Gefahr, bloss weg. Sie wollte eine sichere Distanz zwischen sie und die Bestien bringen, sie ausblenden. Bestimmt kam ihr ein Plan in den Sinn…bestimmt musste sie bloss etwas weiter weg um nachzudenken. Bald schon erblickte sie eine Höhle. Ein tiefes, gähnendes Loch das bis zum Himmel stank. Klar…der Trollhort. Sie erinnerte sich, ihr Gehirn funktionierte langsam wieder. Der Abstand half also. Ihr Herz schlug ihr noch immer bis zum Hals, aber immerhin konnte sie die Panik unterdrücken. Trotz des abstossenden Geruchs, betrat sie die Höhle. Warum wusste sie nicht so recht, es war eine Kurzschluss Reaktion gewesen. Sobald sie drin war, war sie sich ziemlich sicher, dass sie sich übergeben hätte, wenn das Adrenalin sie nicht daran gehindert hätte. Der Geruch betäubte ihre Nase, kroch bis in ihren Rachen herein und schien ihr fast die Luft abzustellen. Sie musste sich konzentrieren, um sich auf die Umgebung zu fokussieren. In der Höhle sah es aus, wie sie es erwartet hatte. Knochen, glibberige Kleiderknäuel und verstaubte Truhen. Sie fand ein paar Münzen auf dem Boden, die sie kurzerhand aufhob und mit zittrigen Händen einsteckte. Nur für den Fall, mit Geld überlebte man in der Wildnis sowieso nicht. Sie vernahm ein Quietschen und fuhr erschrocken herum, nur um einem Totenschädel in die leeren Augenhöhlen sehen zu müssen. Sie schaffte es gerade noch so, einen aufkommenden Schrei zu unterdrücken. Ihr Herz hatte zwei Takte ausgesetzt. Eine braune Ratte huschte vor ihren Füssen davon. Sie presste eine Hand auf ihre Brust, fühlte den Puls unter der Haut. „Reiss dich doch zusammen!“, rügte sie sich. Bei dieser Schreckhaftigkeit würde sie diese Reise niemals überleben. Sie atmete ein paar mal tief durch und bereute es gleich. Sie hustete die verpestete Luft aus und beherrschte sich, um sich nicht zu übergeben. Sie wollte raus hier. Sofort. Warum war sie hier überhaupt erst rein?! Sie machte kehrt  und stolperte sogleich über einen Metallknauf. Sie kniff die Augen zusammen und bückte sich danach. Ihre Augen wandelten sich zu Verwunderung. Es war ein Elbenschwert. Silbern und klar, jedoch mit Spinnweben bedeckt. Sie betrachtete die Klinge nur flüchtig, wollte lieber dem Gestank entfliehen. Sie hatte jedoch festgestellt, dass die Waffe aus demselben Material war, wie dem aus welchem Thorins, Gandalfs und Bilbos Schwert sein würden.  Beim Gedanken an Thorin setzten schlagartig Schuldgefühle ein. Sie hatte die Zwerge dort draussen alleine gelassen. Sie umklammerte das Schwert und hastete so schnell wie möglich aus der Höhle hinaus. Bloss raus aus diesem bedrückenden Loch. Die frische Luft draussen tat ihr gut. Der Sauerstoff liess das leichte Schwindelgefühl verschwinden. Sie wurde von mattem Morgenlicht begrüsst, dass zwischen den Baumstämmen hindurch schimmerte. Es hatte etwas Hoffnungsvolles an sich…etwas Tröstliches.  Die Gewissensbisse blieben jedoch.  Sie  war feige…verdammt feige. Ich hätte ihnen helfen müssen…ich war ein Teil von ihnen. Sie haben auf mein Wissen vertraut.  Dennoch hatte sie winzige Zweifel…oder Ausreden, je nachdem wie man es nennen wollte. Vielleicht war ihr Schweigen gar nicht so falsch. Wissen konnte eine mächtige Waffe sein, erst Recht, wenn das Schicksal der Zwerge daran hing.  Die kleinste Änderung konnte eine Menge ausmachen. Was wenn ich tatsächlich eingegriffen hätte? Selbst…selbst wenn wir gewonnen hätten…Selbst wenn ich sie gewarnt hätte, woher weiss ich, dass dies nicht bloss mehr Schaden angerichtet hätte? Was nützte ihre Gabe, wenn die Dinge anders verliefen? Wenn durch ihre Warnungen der Schmetterlingseffekt eintraf. Gandalf würde rechtzeitig erscheinen und die Zwerge retten, sie musste einfach daran festhalten.  Und daran wollte sie auch festhalten, sonst würde ihr schlechtes Gewissen sie zu Boden drücken. Sie wollte zur Lichtung zurückkehren, wollte sich aber nicht Thorin’s Zorn stellen. Sie wusste, dass ihm diese Sache hier als Grund reichen würde, um sie loszuwerden. Sie bezweifelte  dass die Entdeckung des Trollhorts als Ausrede genügen würde. Wie sollte sie denn beweisen können, dass sich der Lauf der Zeit änderte, wenn nicht alles so ablief wie es musste? Wenn überhaupt alles hier so läuft wie im Film…auch darauf gibt es keine Garantie. Sie wusste ja selbst nicht, was nun exakt geschehen würde, so gerne sie sich auch damit brüsten würde. „Wo warst du!“, knurrte Thorin wütend. Beinahe hätte Namara ihre Ausrede vergessen, so erbost funkelte er sie an. Der Zwergenkönig war zusammen mit dem Rest der Truppe zum Trollhort marschiert, da sie offenbar auch den Gestank bemerkt hatten. Sie schluckte und antwortete mit wackeliger Stimme: „Die Gegend auskundschaften.“ Thorins Blick verfinsterte sich noch mehr. Sein Zorn traf sie wie eine Wand. „Während wir um unser Leben kämpfen, kundschaftest du also die Gegend aus ja.“ Sie hasste es angeschrien zu werden, erst recht, wenn sie etwas von der Person hielt die sie anschrie. Sie hatte ihn enttäuscht, genau das getan was sie auf keinen Fall tun wollte. „Es tut mir leid, ich hielt es für besser mich rauszuhalten…ich habe meine Gründe.“ Thorin sah sie verächtlich an „Und die wären?“- „Ich habe gewusst, dass Gandalf rechtzeitig zurückkehrt. Und ich wusste auch, dass ich nicht den Hauch einer Chance habe ohne Kampferfahrung. Also habe ich mich ferngehalten und die Gegend ausgekundschaftet.“ Namara hoffte, dass ihre Ausrede plausibel genug klang. Sie war angespannt und hatte selbst schon zu wenig Vertrauen in sich. Sie musste ihm beweisen können, dass sie durchaus wichtig war. Er packte sie grob am Arm und funkelte sie böse an. „Das ist aber auch eine äusserst passende Ausrede!“, herrschte er sie an.  Sie fing an zu zittern, gab sich aber alle Mühe sich keine Blösse zu geben. Sie durfte nicht schwach wirken. Sie musste-. „Du machst grosse Versprechungen, aber wenn es zur Sache geht, löst du dich in Luft auf! Meine Männer hätten sterben können!“ Sie versuchte krampfhaft seinem Blick auszuweichen. Sie ertrug es einfach nicht. Die Reise, die Fremde, die Angst nagten täglich an ihrem Selbstbewusstsein. Und er hatte sie nun genau dort, wo ihre Verteidigung am schwächsten war. Sie konnte die misstrauischen Blicke spüren, die Ablehnung fühlen. „Sieh mich gefälligst an!“ Ihre Sicht verschwamm hinter einem Tränenschleier. Es verletzte sie, als Verräterin dargestellt zu werden. Aber die Genugtuung, dass sie ein schwaches Mädchen sei, und sich nicht wehren konnte, gab sie ihm nicht. Mit einer fahrigen Armbewegung entriss sie sich seinem Griff. Sie funkelte ihn verletzt an.  „Ihr habt doch keine Ahnung! Denkt Ihr vielleicht es ist leicht für mich, euch ins Übel rennen zu lasen?!“, sie stiess frustriert die Luft aus. „Denkt Ihr vielleicht ich begebe mich freiwillig in diese Lande, ohne Waffen, Nahrung oder Schutz!“, keifte sie. Sie konnte ihre Hoffnung schwinden sehen, den Willen brechen hören. „Was hätte ich denn tun sollen! Ich besass kein Schwert! Ich habe keine Familie, kein Recht, keinen Besitz! Ich…“ Sie liess die angehobenen Arme fallen, wusste selbst nicht mehr was zum Teufel sie sagen sollte.  Er erwiderte nichts. Es war ihr auch egal. Was wusste er schon. „Alles was mir bleibt ist die Hoffnung, dass ich euch helfen kann. So wenn Ihr denn gedenkt mir auch die zu nehmen, dann nehmt doch wenigstens mein Leben auch noch, dann muss ich dieses Elend nicht mehr ertragen!“ Stille. Scharfes Seufzen ihrerseits. Die Worte waren etwas übertrieben, aber sie wusste sich nicht anders zu helfen. Gerade schien alles aussichtslos, als ob es ihr nicht schon genug beschissen ging. Das ist doch alles Schwachsinn.  Alle warteten darauf, dass der König etwas sagte. Befehle gab…sie rauswarf oder irgendetwas. Dieser schwieg jedoch eisern. Sie konnte nicht erraten ob es ihn getroffen hatte, was sie gesagt hatte, ob er mit sich haderte, oder ob er darüber nachdachte es zu tun.  So ehrlos war Thorin jedoch nicht. Er würde keine Frau töten. Er konnte sie auch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Das war ihm bewusst. Ganz klar musste er aber auch ans Wohl seines Volkes denken. Aber wenn er entscheiden müsste, würde er sie für das Leben seiner treuen Leute sofort aufgeben. Namara hatte sich mittlerweile einigermassen beruhigt, äusserlich. Sie war verstimmt und mutlos. Sie schüttelte leicht den Kopf, als keiner etwas sagte. Dann konnte sie genau so gut die Gelegenheit nutzen und wenigstens einmal nützlich sein. „Da drin sind jeweils ein Schwert für Euch, Bilbo und Gandalf. Wenn ihr überleben wollt, holt sie euch. Ihr habt 10 Minuten bis die Orks euch eingeholt haben.“-„Orks?“ Thorin’s Wut wandelte sich zu Irritierung. Dwahlin trat nun nach vorne, dicht gefolgt von den zwei Söhnen Durins und Gandalf. „Diese Wesen sollten sich nicht hier aufhalten. Was geschieht hier?“, fragte Gandalf, der ihr offenbar glaubte. Sie atmete einmal tief durch, um normal sprechen zu können. „Vorboten aus Gundabad. Aber Euer Freund Radagast wird zuerst noch auftauchen, um Euch etwas mitzuteilen.“ Die Zwerge warfen sich unschlüssige Blicke zu. Thorin musterte sie eine Weile, überlegte wohl ob er ihr glauben wollte. „Gut, lasst uns nachsehen ob etwas wertvolles zu finden ist“, gab er dann den Befehl, ehe er von ihr abliess. Er schien ihr anscheinend zu glauben. Doch sie wusste, er würde ihr weiterhin misstrauen, bis sie etwas Gutes für seine Mannschaft getan hätte, das ihre Treue endgültig beweisen würde. Dennoch musste er ihr jetzt Glauben schenken, er hatte ganz einfach keine Wahl. Denn wenn sich ihre Warnungen bewahrheiteten, war sie unentbehrlich für diese Mission. Demnach würde sie vorläufig wohl oder übel mit von Partie sein, ob er wollte oder nicht.  Ein paar weitere Zwerge folgten ihrem König, um nachzusehen, ob es tatsächlich etwas gab, dass es wert war mitzunehmen. Ein paar weitere warteten davor, hielten Ausschau nach den Orks, vor welchen Namara sie gewarnt hatte. Sie selbst hatte sich hingesetzt, versuchte sich zu sammeln. Den Trollen war sie entkommen…nun erwarteten sie schlauere, boshaftere Wesen, von denen sie sich wünschte, sie wären nie Realität geworden. Sie hatte ein mulmiges Gefühl, hatte aber keine Energie, sich jetzt darauf einzulassen. Sie blendete den Gedanken einfach aus, dass dies ihr letzter Tag sein könnte. Bald würde sie es sowieso definitiv wissen. Sie hörte Schritte und sah auf. Sie erblickte den jungen Zwergenprinzen, den einzigen, den sie hoffte, nicht enttäuscht zu haben. Er sah bedrückt aus, hielt Abstand zu ihr. „Es tut mir Leid. Ich konnte ihn nicht daran hindern Euch anzuschreien.“ Setzte er an. „Mh…er muss ja“, antwortete sie dumpf und nervte sich sogleich ab der plumpen Antwort. „Ich hab vergessen Euch zu wecken, Ihr konntet uns gar nicht mehr warnen. Es tut mir Leid“ Sie musterte ihn überrascht. Dachte er wirklich, es sei seine Schuld? Sie zwang sich ein schmales Lächeln auf. „Mach dir keine Gedanken, es muss wohl so sein“, versuchte sie ihn zu besänftigen. Er nickte leicht, schien aber nicht vollkommen überzeugt. Er sah für eine Weile so aus. Als wolle er noch etwas sagen, entschied sich dann aber dagegen. Es juckte ihr in den Fingerspitzen danach zu fragen…aber auch sie tat es nicht. Er befeuchtete sich nachdenklich seine Lippen und begab sich zurück zu seinem Bruder, der ein Auge auf ihn hatte. „Ach…Kili“, rief sie ihm nach. Er wandte sich ihr zu. „Ja?“-„Danke, dass du an mich glaubst“ Seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. „Gern geschehen.“ Markerschütterndes Geheul verzerrte die Stille. Namara fuhr zusammen und Kili hatte in einem Sekundenbruchteil seine Waffen gezogen. Auch die anderen Zwerge waren sofort kampfbereit. Thorin kam mit Gandalf und 3 brandneuen Elbenschwertern aus der Höhle gestürmt. Die zwei Späher-Zwerge schrien alarmiert als zwei Warge aus dem Gebüsch geschossen kamen. Sie waren so gross wie Löwen, hatten ein massives Gebiss, das problemlos einen Schädel knacken konnte und boshaften Augen. „Wappnet euch!“, rief Thorin den anderen zu. Knurrend stürzten sie sich auf die ersten Lebewesen in ihrer Nähe. Thorins Gemeinschaft blieb geistesgegenwärtig und wich aus. Dwahlin liess seine Äxte auf den ersten Warg niedergehen. Von weiter hinten zischte ein Pfeil durch die Luft und blieb in der Flanke des zweiten Biests stecken. Kili. Er setzte noch einmal an und jagte dem Ungetüm  gleich noch einen zweiten hinterher. Das Biest jaulte. Einige Sekunden später machte ihm Thorin mit einem gezielten Schwerhieb den Garaus. Schockiert starrte Namara auf das dunkle Blut, das unter den toten Körpern hervorfloss. Sie fing einen Blick Thorins auf. Sie log nicht. Die Orks kamen wirklich. Die Vorhut wäre erledigt, doch der Rest würde nicht lange auf sich warten lassen. Namara wurde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Aber was nur? „Wem habt Ihr von Euer Mission erzählt?“, wandte sich Gandalf barsch an Thorin. „Niemandem!“-„Wem habt Ihr davon erzählt?!“-„Niemandem ich schwöre es!“ Namara wurde schwindelig vor Angst. Das ferne Gejaule riss nicht ab, und ihr wurde bewusst dass sie gleich zum ersten Mal Bekanntschaft mit Orks machen würde. Eine wütende Orkmeute im Fernsehen zu sehen war eine Sache. Sie bei lebendigem Leib zu spüren zu bekommen, eine komplett andere. Was tun…was machen…wir müssen hier weg! „Thorin wir müssen sofort verschwinden, irgendetwas stimmt nicht-“. Verdammte Scheisse Radagast!  Gestresst sah sie sich um. Keine Spur vom Braunen Zauberer. Die Warnung an Gandalf war weg…und noch schlimmer…ihre Ablenkung. „Thorin wir müssen weg, sofort!“, brachte sie mit mühsam unterdrückter Panik hervor. Diesmal stellte er sie nicht in Frage. Er gehorchte einfach. „Flieht!“-„Wir können nicht, die Ponys sind durchgebrannt.“ Namara hörte förmlich die Uhr ticken. Da war der Beweis. Das Schicksal war verschoben. Alles ging den Bach runter. „Dann gehen wir eben zu Fuss!“ übernahm Gandalf das Wort und stürmte sogleich voraus. Thorin stimmte zu und sofort folgten alle Zwerge ihrem König. Sie stürmten durch die Bäume, dem Zauberer nach. Namara hatte panische Angst, merkte erst, dass sie sich bewegen musste, als Bilbo sie am Arm packte und mitzerrte. Das Geheul kam näher und plötzlich funktionierten ihre Beine wieder. Die Zwerge rannten so schnell wie sie konnten. Wohin wusste keiner so richtig, bloss weg vom Feind. Namara hatte noch nie eine sonderlich gute Kondition, dennoch rannte sie mit allem was sie hatte der Gruppe hinterher, direkt neben Bilbo.  Vor ihr tat sich eine Grasebene auf. Buschland, nur wenige Felsen. Trotz fehlendem Gepäck keuchte sie, versuchte krampfhaft nicht den Anschluss zu verpassen. Sie biss die Zähne zusammen. Sie musste durchhalten, denn das hier war keine Sportübung, sondern die bittere Realität. Die metallenen Waffen klirrten. Das entsetzliche Geheul wurde energischer. Die Warge hatten sie entdeckt. „Schneller!“, kommandierte Gandalf. Die Zwerge setzten einen Zahn zu. Das kam Namara überhaupt nicht gelegen, sie war beinahe am Ende ihrer Kräfte und das schon jetzt. Keuchend hastete sie den fliehenden Zwergen hinterher. Ihre Beine brannten und drohten zu versagen. Sie riss den Kopf nach hinten. Dutzende Wargreiter. Orks mit hässlichen Fratzen. Sie brüllten Befehle. Ihr Herz nahm ungeheuer an Fahrt auf. Sie spürte ihre Schmerzen mit einem mal nicht mehr. Halb im Zickzack bewegte sich die Gruppe zwischen den zerstreuten Felsen hindurch. Sie hörte ein lautes Kläffen hinter sich. Die Warge hatten sie fast eingeholt. Adrenalin schoss durch ihren Körper. Mit einem Mal  hatte sie wieder eine ungeheure Menge an Energie, und rannte so schnell, wie sie noch nie gelaufen war. Es war als würde ihr ganzer Körper bis in die letzten Äderchen mit Lebenssaft vollgepumpt. Ihre Füsse hämmerten auf dem grasigen Boden, holten zu Bifur auf. Sie glaubte gerade etwas Distanz zum Gegner  aufgebaut zu haben, da bremste Thorin scharf ab und Namara wäre fast mit ihrem Vordermann, zusammen geprallt. Panik erfasste sie als sie erkannte, dass sie umzingelt waren. In diesem Zustand konnte sie nicht wissen, was passieren würde. Auch, wenn sie es unter normalen Umständen gewusst hätte. Ihre Augen zuckten hektisch umher, die Luft schnitt sich wie Klingen in ihre Kehle. Sie hatte auf Überlebensmodus umgeschaltet. Grässliche, verzerrte Gesichter von Orks und rasiermesserscharfe Wargzähne näherten sich. Der Kreis der Feinde um die Gruppe verkleinerte sich zusehends. „Haltet stand!“ brüllte Thorin. Waffen wurden gezogen. Leiber rückten zusammen. Ein paar der Warg-Reiter griffen an. Mit einem Kampfschrei stürzten sich die Zwerge in den Kampf. Am eifrigsten waren dabei Fili und Kili, die beinahe todesmutig auf die Feinde losgingen. Die Orks waren jedoch weit in der Überzahl. Entsetzt wich Namara zurück. Lauf weg! Lauf! schrie ihre innere Stimme. Kein Ausweg. Alles blockiert. Ich muss kämpfen!  Kämpfen oder sterben! Sie fuhr herum und konnte sehen wie ein Ork auf sie zukam. Zitternd wich sie zurück, schneller und schneller. Lass mich in Ruhe! Der Ork kam hämisch grinsend auf sie zu. Ich darf nicht sterben! Sie wich weiter zurück. Mit einem Mal spürte sie hinter sich einen Felsen. Verzweifelt presste sie sich gegen den Stein, wohl wissend, dass sie nicht mehr weiter zurück konnte. Sie ahnte dass sie das nicht überleben würde. Der Ork kam ihr immer näher und spielte dabei mit dem Schwert in seiner Hand herum. Er schien es regelrecht zu geniessen sich an ihrer Angst zu laben. Schlussendlich stand er ganz nah vor ihr und sie konnte seinen üblen Gestank nach Verwesung wahrnehmen, sein gelbes Auge wahnsinnig funkeln sehen. Er hörte auf mit dem Schwert rumzuspielen und holte aus. Ruckartig stürzte sie sich zur Seite. Schmerz lähmte ihre Gedanken.  Er zog sich von ihrer Schulter bis in den Arm. Warmes Blut strömte über ihren Arm und sie schrie. Der Ork riss erbost das Maul auf. Zisch! Ein Pfeil ragte zwischen seinen Augen hervor. Namara schrie ein zweites Mal entsetzt, rappelte sich benommen auf. Verschwommen konnte sie sehen wie die Zwerge bei einem Felsen verschwanden. Stöhnend und stolpernd kam sie auf die Beine und rannte. Kaum bei Sinnen warf sie sich in den Spalt, schürfte sich die Beine auf und kam mit einem Rumms auf dem Boden auf. Sie ächzte, klammerte sich an die pulsierende Schulter. Ihr Herz raste noch immer wie wahnsinnig. Kaum waren alle Zwerge beisammen, hörte man ein lautes Jagdhorn und Hufgetrappel. Den Atem anhaltend, warteten sie ab. Das nächste und letzte was geschah, war eine unschön verpackte Botschaft, dass die Meute zerstreut worden war. Sie kam in Form eines toten Orks.  Wie Thorin feststellte, war er durch einen Elbenpfeil gestorben. Alles Dinge die Namara wusste, aber zu sehr litt um zu begreifen. Thorin bemerkte sie glücklicherweise. Sie lehnte geschockt an der Wand und tränkte ihr Gewand mit Blut, ohne es wirklich zu bemerken. Alles fühlte sich nass an. Ihre Wangen, ihre Hände. Ihr war schlecht vor Schmerz und sie hatte die Augen geschlossen. „Versorgt sie.“ Kili kam zu ihr gestürmt. „Bei Mahal beeilt euch! Sie blutet!“ forderte er laut und riss mit einer fahrigen Bewegung einen Teil seines Mantels ab, um ihn auf die Wunde zu pressen. Oin schob sich durch die gaffenden Zwerge. Er hielt Verbandszeug in den Händen. „Aus dem Weg ihr Narren!“ meinte er bissig und kniete sich neben die fiebrige Namara. Sie spürte zwei starke Hände die Druck auf ihren Arm ausübten. Es schmerzte und brachte sie zum Wimmern. „Ganz ruhig, wir müssen die Blutung stoppen. Halt durch.“ Vernahm sie die sanfte Stimme Kilis. Sie kämpfte gegen die Ohnmacht an, biss ihre Zähne zusammen. „Sehr gut, tapferes Mädchen“, Das Pochen blieb penetrant, aber es  fühlte sich nun stabiler an. Oin hatte einen sicheren Verband angelegt.  „Danke…ich…wäre ohne euch…nicht mehr hier“, krächzte sie angestrengt. Oin nickte knapp, schien aber das Dankeschön anzunehmen. Kili reagierte mit einem warmen Lächeln. „Keine Angst, ich lasse nicht zu, dass du stirbst. Du wirst den Erebor sehen, versprochen.“ Er sah ihr direkt in die Augen. „Danke“, hauchte sie. Er sah sie noch ein paar Sekunden länger an. Seine Hand hielt die ihre und drückte sie leicht „Hier ist ein Weg… bleiben wir hier oder folgen wir ihm?“ meldete sich Dwahlin. „Wir folgen ihm natürlich“, kam es von Bofur. Auch Thorin war damit einverstanden, was hatte er denn auch für eine Wahl. Er gab Kili das Zeichen, dass dieser ihm folgen sollte und er gehorchte sogleich. Bofur war so nett und half der wackligen Namara auf die Beine. Sie war die einzige Verletzte wie sie bald feststellte. „Danke, es geht schon“, murmelte sie. „Sicher?“ Sie nickte und humpelte den Zwergen vorsichtig hinterher, welche bereits den felsigen Gang betreten hatten.  Er war eng und für die Zwerge war es mühsam voran zu kommen. Sie selbst streifte ihre Schulter manchmal an den Wänden, wobei sie jedes Mal scharf die Luft einsog. Sie hielt sich am Stein fest, um Stabilität zu haben, versuchte möglichst tapfer zu sein. Sie wollte beweisen, dass sie nicht schwächeln würde. Sie schlug sich recht wacker bis ans Ende des Pfades hindurch, auch wenn sie innerlich wünschte, dass sie kein Sturkopf wäre. Sie war tatsächlich noch am Leben…verletzt, aber am Leben. Sie hatte die Zwerge noch rechtzeitig gewarnt. Dennoch war sie sich unsicher ob sie sich Respekt verdient hatte.  Zwar hatte sie Thorin warnen können, angegriffen wurden sie aber dennoch. Ob ihm das reichen würde, um ihr zu glauben? Als sie dem Weg folgte, den Ränken und Wendungen entlang tappte, tröpfelten nach und nach die Erinnerungen zurück. Bald würden sie Bruchtal erreichen. Namara wusste, dass Thorin sie dort lassen würde. Und sie fing an sich zu fragen, ob es so nicht besser war. Sie würde vielleicht 60 Jahre leben, bevor sie sterben würde, getrennt von ihrer Familie. Aber zumindest ohne Schmerzen. Vielleicht wusste das Volk der Elben sogar etwas über Portale. Die lebten bestimmt alle schon gut 3000 Jahre oder noch mehr. Sie mussten sehr weise sein. Hoffnung keimte in ihr auf. Trotz der Erschöpfung, ging sie nun schneller. Die kühlen Steine um sie herum nahm sie nur noch am Rande wahr. Bald darauf traten sie tatsächlich aus dem Spalt heraus ins Tageslicht. In der späten Nachmittagssonne lag Bruchtal, weiss und golden schimmernd. Namara raunte staunend. Es war wirklich wunderschön wie die zahlreichen Kuppen und Brücken sich majestätisch gegen Himmel reckten. Die Stadt war eins mit den Wasserfällen die rings um die Stadt ihre Wassermengen zu Tale brachten, und zum Teil in die Marmorgebäude integriert waren. Thorin war hingegen nicht allzu begeistert und warf Gandalf vor, sie von Anfang an dorthin geführt  zu haben. Überraschenderweise wurde Namara nicht angezweifelt. Als sie seinen Blick streifte, schenkte sie ihm ein müdes Lächeln. Er nickte ihr knapp zu und folgte dann Gandalf, der bereits auf dem Weg nach unten war. Sie tat es ihm gleich und war erheitert darüber, dass er sie zum ersten mal nett angesehen hatte. Ehrfürchtig schritt Namara zwischen den riesigen Toren hindurch, die von mächtigen Statuen beschützt wurden. Schmale Wege führten über schwindelerregend hohe Schluchten. Ein falscher Tritt und man würde fliegen lernen. Namara lief deshalb vorsichtshalber in der Mitte. Sie hatte es nicht so mit hohen Dingen. Auf einer grossen, steinernen Fläche machten sie halt. Gandalf tauschte ein paar Worte mit einem Elben aus- sie glaubte er hiess Lindir-, als plötzlich wieder die Hörner zu hören waren, die sie zuvor schon vernommen hatten. Die Zwerge rückten zu einem Kreis zusammen, die schwächsten in der Mitte, die Waffen ausgestreckt. Aus der Ferne hörte man Hufgetrappel, goldene Banner näherten sich. Der König Bruchtals war zurückgekehrt. Kapitel 6: Pfade des Schicksals -------------------------------   Pfade des Schicksals   Nach einigen Verständnisproblemen und Fehlinterpretationen seitens der Zwerge, schafften sie es dann doch noch sich zu beruhigen. Der Elbenkönig Elrond war von seinem Ausritt zurück und ausserdem stellte sich heraus, dass es seine Truppe gewesen war, die die Orkschergen getötet hatte. Natürlich gaben die Zwerge nicht zu, dass ihnen dadurch das Leben gerettet worden war. Dazu waren sie zu stolz. Trotz des bekannten Hasses zwischen Zwergen und Elben, lud sie Elrond zum Abendessen ein. Namara war erschöpft und hätte sich am liebsten einfach hingelegt. Während die Zwerge schon mal zum Speiseareal gebracht worden waren, blieb sie auf Befehl des Königs vorerst zurück. Sie wurde in einen Raum geleitet, der einige Etagen höher lag als der Speisesaal, in welchen die Zwerge gebracht wurden. Er war wie alles hier luftig gebaut, mit viel Platz und freien Stellen wo man die Wasserfälle beobachten konnte. Die Wände waren zum Teil mit Efeu bedeckt. Man setzte sie auf eines der Betten dort, wo sie dann von einer Elbin versorgt wurde. Oins Verband hatte gut gehalten, jetzt ergänzten die Elben diesen mit  Kräutern und Magie. Sie seufzte dankbar, als sie eine kühlende Paste auf der Wunde spürte, die den Schmerz linderte. Irgendwie hatten sie es fertig gebracht, dass der Schnitt zusammengewachsen war, aber wohl nicht komplett, denn einen Verband musste sie trotzdem noch tragen. Das Stechen war zu einem dumpfen Pochen abgeschwollen. Sie bedankte sich aufrichtig für Elronds Grosszügigkeit. Was hätte sie gemacht, wenn sie die Wunde nicht behandelt hätten? Es war ein beängstigender Gedanke, wie schnell ihr Leben hätte vorbei sein können. Die Bilder der hässlichen Orkfratze und dem vielen Blut schauderten sie noch immer. Sie konnte froh sein, Bruchtal überhaupt erst erreicht zu haben. Die Elben sprachen kaum, wirkten aber nicht abweisend…eher scheu. Namara spielte mit dem Gedanken sie um Rat zu fragen. Sie mussten doch etwas über Portale wissen. Es brannte ihr auf der Zunge, aber sie zögerte,  denn sie wusste nicht ob es angemessen war. Die Brünette tappte zu einem Becken mit Wasser um sich die Hände zu waschen. Schliesslich verleitete die Neugier sie dazu es zu versuchen. Sie konnte die Möglichkeit ganz einfach nicht unversucht lassen. Vielleicht gab es einen Weg nach Hause. „Entschuldigen Sie…“ Die Frau wandte sich ihr wieder zu, musterte sie aufmerksam. „Das…hat jetzt vermutlich keinerlei Zusammenhang aber, haben Sie schon mal etwas von Portalen gehört?“, fragte sie hoffnungsvoll. Irgendwie fürchtete sie sich vor der Antwort. Es könnte das definitive Nein sein. Die Wahrheit dass sie niemals wieder zurück nach Hause konnte. „Das habe ich.“ Sie fühlte warme Hoffnung in ihrer Brust aufkeimen. „Können Sie mir sagen wo ich welche finde?“ Ein zartes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Ihr stellt die falsche Frage. Euer Anliegen ist nicht an einem Ort zu finden, sondern in einer Zeit.“ Nachdenklich runzelte Namara die Stirn. Wenn es nur darum ging, die richtige Zeit zu erwischen, woher wusste sie dann, wann sie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war? „Wie verhalten sie sich denn? Wie kann ich eines finden?“ Die Frau begann ein paar Blätter von einer Pflanze zu zupfen und in eine Schale zu geben. „Man kann sie nicht finden. Portale sind Tore der Zeit und der Reiche. Sie existierten schon, bevor meine Ahnen auf den Pfaden der Sterne wandelten. Portal erscheinen, wenn das Schicksal es so will, losgelöst von allen Gesetzen der Magie…jedoch…sind meine Jahre noch jung, es mag sein dass Ihr die falsche Elbe fragt.“ Namara folgte ihren Worten aufmerksam. Sie beschäftigten sie noch, während sie auf dem Weg zurück zu den Zwergen war. Das kurze Gespräch hatte mehr Fragen aufgeworfen, als es beantwortet hatte. Rein theoretisch wäre es möglich, zurück nach Hause zu gelangen. Aber sie konnte nicht danach suchen. Es nicht finden. Es musste sie finden. Vielleicht hatte sie eine Aufgabe zu erfüllen, bevor sie zurück durfte. Am besten wäre es wohl, aus der jetzigen Situation das Beste zu machen.  Abends, als Namara und die Zwerge begleitet von zarter Flötenmusik am Tisch sassen, merkte sie erst wie dankbar sie war am Leben zu sein. Wie selbstverständlich sie Sicherheit früher genommen hatte. Sie hatte etwas zu Essen auf dem Tisch, einen sicheren Unterschlupf für die Nacht. Wollte das Schicksal ihr Dankbarkeit lehren? Mut vielleicht? Allein die wenigen Tage hatten bereits Spuren hinterlassen, die sie verändert hatten. Sie sah sich um und lauschte all den Geräuschen die sie umgaben. Die Muster welche die Elben überall eingearbeitet hatten gefielen ihr. Auch wie sie überall die Natur miteinbezogen sprach sie an. Das Grünzeug auf ihrem Teller hingegen nicht so, aber weil sie halb ausgehungert war, ass sie es ohne zu murren. Durch die immer präsente Angst hatte sie gar nicht mitbekommen wie hungrig sie war. Sie hörte Elrond zu, wie er sich mit Thorin und Gandalf unterhielt, fasziniert wie filmähnlich ihre Worte waren. Dennoch mochte sie den Gedanken nicht, dass sich die Geschehnisse bereits verändert hatten. Ich muss Gandalf unbedingt noch von Dol Guldur erzählen. Warum nur ist  Radagast nicht dort gewesen?  Eine Gabel mit Salat zu ihrem Mund führend, widmete sie ihre Aufmerksamkeit den anderen Zwergen, fing nach und nach Gespräche an, um sie kennen zu lernen. Mit Bofur verstand sie sich nach wie vor am besten. Sie schätzte sehr, wie er alles mit Humor nehmen konnte. Auch mit Bilbo kam sie gut aus, er war so etwas wie ein Leidensgenosse geworden. Er vermisste ein warmes Bett so sehr wie sie es tat.  Mit den meisten anderen hatte sie inzwischen ein neutrales Verhältnis. Die Sturköpfe wie Gloin, Dwalin und Thorin waren harte Brocken, aber sie war dennoch liebenswert zu ihnen. „Ja unbedingt. Ich wollte schon immer sehen wie eure Schmiede funktioniert.“, diskutierte sie gerade mit Balin. „Das wirst du können, vorausgesetzt du überlebst bis dahin“, antwortete ihr der Alte und nickte zu ihrer Wunde. Sie seufzte, während ihre Finger unbewusst über den Verband strichen. „Es soll mir eine Lehre sein, dumm von mir zu glauben, dass ich ohne Vorbereitung unversehrt bleiben würde.“ Er lächelte etwas, schien gegenüber ihr langsam aufzutauen. „Du wirst lernen müssen dich zu verteidigen. Wir müssen auf dich zählen können“ Sie hörte an seiner Stimmlage, dass er es nur gut mit ihr meinte. „Das werde ich. Ich will…beweisen dass ich euer Vertrauen wert bin.“ , meinte sie. Ihre Augen funkelten wach und entschlossen. „Ja…die Jugend. Denkt immer alles sei so einfach.“ Bevor sie ihr Gespräch fortsetzen konnten, vernahm man klirrendes Geschirr und Gelächter. Bofur war auf den Tisch geklettert und setzte ein altes Trinklied an. Die Zwerge fingen an zu grölen und mit zu johlen. Die Elben warfen sich irritierte Blicke zu, als plötzlich Essensreste durch die Luft geworfen wurden. Namara rümpfte die Nase, nicht allzu begeistert vom Benehmen der Zwerge. Allerdings kannte sie das ja schon. Andere Länder andere Sitten. Der Abend vibrierte vor Energie und erheiterte die Laune aller, die hier beisammen waren. So schlecht war es dann doch nicht, sie wurde abgelenkt und konnte wieder lachen. Dabei konnte sie auch die düsteren Ereignisse ausblenden. Die Nacht war um einiges ruhiger. Die Zwerge hatten einen ziemlichen Rummel veranstaltet. Essen herumgeworfen und bis in den späten Abend hinein Lärm gemacht. Hatten sich generell fragwürdig verhalten, aber wie auch immer. War ja nicht ihre Verantwortung. Namara genoss die Ruhe der Nacht. Es gab ihr Zeit zum Nachdenken. Während die meisten schon dabei waren, sich schlafen zu legen, stand sie noch an einem der vielen Geländer und sah zu den Sternen hinauf. Thorin, Balin, Gandalf und Bilbo waren wohl noch mit Elrond beschäftigt. Sie wollten ja schliesslich die Karte entschlüsseln. Namara hatte zuvor Gandalf noch informiert, über Radagast und den Hexenkönig, hoffend dass dies die Geschehnisse wieder in die Bahn rücken würden. Sie seufzte  und zog die Decke enger um sich. Das Rauschen der Wasserfälle erinnerte sie an den Fluss Zuhause. Im Sommer war sie dort oft mit ihrer Familie spazieren gegangen und hatte Würstchen am Feuer grilliert. Was wohl meine Familie gerade macht? Bestimmt ist sie krank vor Sorge. Die Polizei sucht mich mit Sicherheit auch schon…nur werden sie mich nie finden.  Sie huschte die naheliegenden Treppen hinunter und streifte durch das nächtliche Bruchtal. Sie war zwar müde, aber schlafen konnte sie nicht. Zu viele Gedanken plagten sie. Sie realisierte, dass ihr Zuhause ihr entglitten war.  Ihre Hand streifte das Geländer als sie ihm folgte. Bruchtal war ein kleines Labyrinth, voll von Verzweigungen. Irgendwann kam sie an einem Teich an, in welchem kleine Leuchttierchen schwammen. Sie setzte sich und stützte den Kopf auf ihren Händen ab. Es gab keinen Weg zurück, der einzige Weg führte nach vorne. Warum musste ihr das alles passieren? Warum ihr? Ihr fielen zig Menschen ein, die besser geeignet waren als sie. Kämpfer und Magier…Helden. Es musste des Universums Ironie sein, die Schwächsten auf die Probe zu stellen. „Was plagt Euch?“, vernahm sie eine Stimme von hinten. Sie wandte den Kopf und erkannte Elrond, der seine Hände hinter dem Rücken verschränkt hatte. Einen Moment lang sagte sie nichts, musterte ihn lediglich. „Ich gehöre hier nicht her“, erwiderte sie nach flüchtigem Nachdenken. Einen Elben wie ihn konnte man nicht anlügen und das wollte sie auch nicht. Er konnte ihr bestimmt weisen Rat geben. Mal von den verwirrenden Worten abgesehen. „Dass Ihr nicht von dieser Welt seid sehe ich, aber das bedeutet nicht, dass Ihr hier nicht hergehört“. Namara runzelte die Stirn. Was bedeutet das?  Sie konnte doch wohl kaum ein Teil dieser Welt werden. „Dass Ihr hier seid, muss Schicksal sein. Nichts ist je dem Zufall überlassen. Es gibt für alles einen Grund, auch wenn er uns noch verschleiert sein mag“. Sie senkte den Blick nachdenklich. Warum sollte ausgerechnet sie in Mittelerde landen? Sie konnte noch nicht mal kämpfen. Noch nicht. „Warum ich? Ich weiss nicht was ich tun soll“, gab sie ehrlich zu. „Ich kann weder kämpfen, noch heilen. Ich bin die reinste Zielscheibe…und Thorin will mich auch gar nicht dabei haben.“ Irgendetwas in seinem Tonfall, liess sie immer weiterreden. Vermutlich weil sie spürte, dass er wusste wovon er sprach. Er lächelte schlicht. In seinem Blick lag Jahrtausende alte Weisheit…und Wohlwollen. „Was Eure Bestimmung ist, könnt nur Ihr allein ergründen. Es schlummert in Euch, Ihr müsst es lediglich wecken.“ Sie dachte lange über seine Worte nach. Schon zum zweiten Mal heute. Sie machten ihr zugleich Mut und verwirrten sie. Vielleicht waren Elben einfach so…verwirrend. Sich selbst zu finden war eine Lebensaufgabe, und ihre Bestimmung zu finden war auch nicht leichter. Aber…es musste doch einen Grund geben, warum sie ausgerechnet in Mittelerde war. Ausgerechnet in der Welt, die sie so gut kannte. Es erschien ihr als egoistisch zu glauben, dass das Portal nur ihretwegen genau dann aufgetaucht war, als sie es bemerken konnte. Dass genau sie ein einziges Mal zu neugierig gewesen war. Es war einfach absurd. Schicksal vielleicht…aber absurd dennoch. Nichts ist dem Zufall überlassen, hallte es in ihrem Kopf. Sie begriff einfach nicht, was sie hier sollte. Diese Welt dürfte es eigentlich gar nicht geben. Bedeutete das, dass es über ihre Welt auch Geschichten gab? Sie setzte sich auf den Stoffhaufen, der als Bett fungierte und bemerkte dabei etwas Hartes. Sie tastete sich durch die Schichten und fand ihre Jacke darunter. Sie schüttelte sie und hielt inne, als ein braunes, kleines Heftchen zu Boden viel. Ihr Skizzenheft. Freude sprudelte in ihr hoch. Sie hob es auf und drückte es sich ans Herz, unfassbar glücklich es wiederzuhaben. Lächelnd klappte sie es auf und begann darin zu blättern. Mal zeigte sich ein Pferd, mal ein paar Frisuren und jedes Bild trug Erinnerungen mit sich. Ihr wurde nostalgisch zu Mute. Eine Seite weiter hielt sie erneut inne. Die Zeichnung zeigte Kili, wie er sein neckisches Lächeln zeigte. Sie strich mit einem Finger darüber. Er sah so glücklich aus…Sie blickte auf, sah sich unterbewusst nach ihm um. Er sass eine Terrasse weiter auf einem Marmortisch und blies Pfeifen-Rauch in die Luft. Er alberte mit seinem Bruder herum und lachte herzlich. Es schallte bis zu ihr herüber. Ihre Brust füllte sich mit Freude, liess sie lächeln. Sehnsüchtig sah sie zu ihm hinüber, liess zu wie ihr Puls sich beschleunigte und flatterte.  Na gut…vielleicht ist nicht alles schrecklich. Er sah auf, als hätte er ihre Gedanken gehört. Schnell senkte sie ihren Blick. Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb wie wild. Dabei wusste sie nicht mal, ob er sie überhaupt bemerkt hatte. Ihr Gesicht fühlte sich heiss an. Wie dämlich. Sie kicherte ab sich selbst und hob ihren Blick wieder an. Der nächste Herzstillstand. Er sah doch zu ihr hinüber. Ein Schmunzeln zierte sein Antlitz. Ohne es kontrollieren zu können erwiderte sie dieses. Der Blickkontakt brach erst ab, als Fili seinem Bruder amüsiert in die Seite boxte. Es erfüllte sie, die beiden so unbeschwert zu sehen. Frei von Sorge und Leid. Sie wollte sie niemals leiden sehen. Ganz egal ob Kili ihr Interesse erwiderte oder nicht, sie wünschte ihm ein glückliches Leben, selbst wenn sie darin nicht enthalten war. Diese düsteren Gedanken bewölkten ihre Freude. Schlichen sich in ihr Gewissen wie Schatten. Sie wusste er würde sterben.  Sie wusste dass er für den Erebor sein Leben lassen würde, dass er das Wieder-Erblühen der alten Zeiten nie erleben würde. Dieses Wissen war grauenhaft. Sie konnte es nicht ertragen ihn umkommen zu sehen. Er verdiente das nicht. Ihr Blick senkte sich wieder auf ihr Notizbuch. Es muss nicht so enden. Die Erleuchtung kam simpel und leise. War plötzlich da, als wäre es schon immer sonnenklar gewesen. ‚Es schlummert in Euch, Ihr müsst es lediglich wecken‘. Sie konnte die Worte hören. ‚Sie ist wie ein Orakel Thorin, sie weiss eine Menge‘. „Und wie ich das tue.“ Sie sah zu den Brüdern hinüber. Sie hatten sich hingelegt und waren verstummt. Das Rauschen des Wasserfalls klang in ihren Ohren. Das war sie…ihre Bestimmung. Ist die das? Leben bewahren? Sie wandte den Kopf nach oben. Elrond schenkte ihr ein rätselhaftes Lächeln von seinem Balkon aus. Ehe sie sich wirklich wundern konnte, was er wohl dachte,  war er bereits wieder nach drinnen verschwunden. Namara sass an der Kante eines Marmorplateaus und liess ihre Füsse baumeln. Sie konnte bis zum Horizont hin die Landschaft überblicken, welche sie in den vergangen Tagen durchquert hatten. Weitreichende Wälder, silbern schimmernde Flüsse und grüne, weite Ebenen. Sie waren so weit gekommen und dennoch war noch immer nur ein Viertel des Weges, den sie zurücklegen mussten. Von nun an würde es immer schlimmer und nervenaufreibender werden. Dennoch glaubte sie mittlerweile, auch den Rest des Weges noch bewältigen zu können.  Die Wunde hatte sie zugegebenermassen etwas zurück geworfen, allerdings hatte sie nun endlich begriffen, wie real das hier war. Nun konnte sie es in Angriff nehmen und daran arbeiten. Winzige Tröpfchen des nahen Wasserfalls hafteten sich an ihre Haut. In ihrer Hand hielt sie das hübsche Kleinschwert vom Trollhort und liess ihre Fingerspitzen über das Metall gleiten. Eine Waffe zu besitzen war ein merkwürdiges, und doch ermächtigendes Gefühl. Besonders das Wissen, dass es nicht zur Dekoration diente, sondern zum Zweck. Sie kippte das Schwert von einer Seite auf die andere, sah zu wie sich die Morgensonne darin fing. Ihre Augen wanderten zum Terrassen-artigen Platz zu ihrer Rechten. Auch Marmor, diente wohl zu abendlichen Zeremonien oder als Empfangsort. Besser als Bilbo werde ich mit dem Schwert nicht umgehen können. Wildes Rumgefuchtel wäre das. Nicht sehr elegant und ausserdem gegen einen geübten Gegner wenig eindrucksvoll. Es sei denn… Sie erhob sich langsam und trat auf die geräumige Fläche hinaus. Prüfend sah sie sich um, war unwillkürlich nervös beim Gedanken, jemand könnte sie beobachten. Trotzdem machte sie einen Probeschwung mit der  Klinge. Nicht gerade begeistert, runzelte sie die Stirn. Die Waffe war schwerer als sie aussah und ausserdem extrem unhandlich. Wie bringt man denn genügend Energie auf um Schaden zu verursachen, ohne sich das Handgelenk zu verdrehen…oder die Waffe fallen zu lassen? Ein erneuter Schwung folgte sogleich, diesmal kräftiger. Die Klinge machte ein singendes Geräusch in der Luft. Sie verzog anerkennend die Lippen zu einer Schnute. Echt nicht schlecht…ausserordentlich was man aus einem Stück Metall schaffen kann. Wenn das Ding sogar Luft zerschneiden konnte, passte sie besser auf, sich nicht ausversehen einen Finger abzusäbeln. Etwas verunsichert streckte sie das Schwert vor sich aus.  Warum kam sie sich bloss so dämlich vor? Das Beste wäre doch jetzt, sich den Umgang mit Waffen beizubringen, solange sie noch die Gelegenheit dazu hatte.  Wer weiss, wie viel Zeit ihr noch blieb, bevor sie ihr Leben gegen garstige Biester verteidigen musste. Sie umklammerte den Griff enger, machte einen Schritt zurück und liess das Metall erneut singen. Ist das so richtig? Sie runzelte die Stirn. In Filmen sah das immer so wahnsinnig einfach aus. Vor allem die 3 Söhne Durins konnten diese Waffen mühelos führen. Dabei waren diese Dinger weder leicht, noch praktisch handzuhaben. Gut, die trainierten sicher schon seit sie 5 Jahre alt waren…Sie stach ein paar Mal in die Luft, schwenkte dann die Waffe vor sich hin und her, als würde sie etwas zerschneiden. Dabei wäre ihr der Griff beinahe aus der Hand geglitten. Notiz an mich, vorwärts geht besser als seitwärts. Sie schnaubte amüsiert. Wie ungeschickt das aussehen musste. Dennoch machte sie damit weiter, probierte verschiedene Bewegungen aus, als lerne sie eine Choreographie. Versuchte, dabei Spass zu haben und es nicht allzu ernst zu nehmen. Auch wenn Balins Worte und die bevorstehenden Events mehr als ernst waren. Mal stand sie still, mal sprang sie hoch, oder bewegte sich mit. Am liebsten waren ihr die Bewegungen, bei welchen sie ihren Körper mitdrehen musste. Der Schwung verlieh dem Hieb Kraft. Sie machte zwei Schritte rückwärts und holte zum nächsten Angriff aus. „Gar nicht mal so schlecht“ Namara zuckte zusammen und liess vor Schreck das Schwert fallen, welches klirrend auf dem Boden landete. Genervt und mit rasendem Puls drehte sie sich um. „Musst du dich immer so anschleichen! Eine elende Angewohnheit!“, wetterte sie dem schmunzelnden Kili entgegen. Er hatte die Daumen hinter den Gürtel geklemmt und lehnte beobachtend an einer Marmorsäule. Wie lange wohl schon? „Mag sein, aber wäre ich ein Ork gewesen, wärt Ihr nun tot.“-„Na das motiviert mich jetzt aber.“, maulte sie sarkastisch. Er lachte leicht und stiess sich von der Säule ab, um zu ihr zu schlendern. „Ich hab mich schon gefragt wo Ihr steckt“ Sie seufzte und hob das Schwert wieder auf. „Du musst mich nicht siezen, nenn mich einfach Namara.“ Er zuckte mit den Augenbrauen und sein Grinsen zog sich bis zu seinen Ohren hin. „Nun sind wir also schon beim Du?“, schäkerte er. Sie strich sich die wilden Locken aus dem Gesicht und stemmte die Hände in die Hüften. „Scheint wohl so. Ich dachte auch nicht, dass es einen grossen Unterschied machen würde.“ Sie blickten sich eine Weile schweigend in die Augen. Ein Blick konnte so viel sagen, ohne dass ein Wort gesprochen wurde. Sie hielt dem Kontakt nicht lange stand, es brachte sie ganz durcheinander. „Ich habe nicht erwartet, dass Ihr-du dich in der Schwertkunst übst.“ Sie schmunzelte und strich über die silberne Klinge. „Ich habe keine Wahl…wenn ich überleben will, werde ich kämpfen müssen.“ Sie seufzte und sah erneut auf. „Ausserdem wollte ich mehr sein als nur…warnende Worte. Mehr als…eine Last.“ Wieder versuchte er, ihren Blick aufzufangen. „Du bist keine Last Namara…nicht für mich.“ Er verstummte kurz, atmete geräuschvoll aus. Reflexartig sah er sich um, als fürchte auch er beobachtet zu werden. Dann schüttelte er den Kopf, als finde er sein eigenes Benehmen lächerlich. „Ich bin geschmeichelt, aber Thorin ist da anderer Meinung. Ich bin mir sicher es wird ihn wahnsinnig freuen mich loszuwerden.“, witzelte sie. Er runzelte die Stirn. „Sag  sowas nicht. Es ist seine Pflicht, sich Sorgen um uns machen, er trägt unser aller Verantwortung.“ Sie seufzte und wische ein Krümel von ihrer Klinge. „Ich weiss...und es ist meine Verantwortung am Leben zu bleiben, damit ich euch von den Gefahren bewahren kann.“-„Das klingt doch ermutigend. Wie fangen wir an?“ Er verschränkte abwartend die Arme. Namara konnte nicht anders als zu lächeln. Er war fast mehr motiviert sie weiter zu bringen als sie selbst es war. Aber seine Laune war ansteckend. „Wie wär’s damit?“ Sie hob das Schwert an um es ihm zu zeigen. Er lächelte spielerisch und lockerte seine Arme wieder. „Soll ich’s dir beibringen?“ Sie machte ein paar Schritte zurück und balancierte das Schwert in der Hand. „Das ist der Plan.“ Er blies sich amüsiert eine Strähne aus dem Gesicht und tat es ihr gleich. Er zog sein Zwergenschwert hervor. Dieses dürfte dem Anschein nach um einiges schwerer sein als ihres. Er liess es ein paar Mal kreisen, ehe er die Waffe stillhielt und mit der sogenannten Lektion anfing. „Das Wichtigste für einen Neuling ist die Defensive. Du musst in der Lage sein, Gegner die stärker sind als du entweder abzublocken oder auszuweichen.“ Sie nickte als Zeichen dass sie verstanden hatte. „Wir fangen damit an, dass du einen stabilen Stand hast.“ Er zeigte ihr wie sie die Beine platzieren musste. Weit auseinander und versetzt. Er erlaubte sich, ihre Körperhaltung zu korrigieren, bis er damit zufrieden war. Ihre Oberschenkel schmerzten etwas von dem straffen Stand, aber sie hörte aufmerksam zu und setzte seine Hinweise um. „Es gibt verschiedene Angriffe. Ich kann zustechen, dir einen Hieb versetzen, oder dich von oben angreifen. Und das in mehreren Variationen.“ Namara stiess ehrfürchtig die Luft aus. „Klingt nach einem Haufen Arbeit“-„Das ist es, aber die Grundschritte schaffst du bestimmt“, ermutigte er sie. Er machte Schritt für Schritt mit ihr die Bewegungen durch und sie gab sich Mühe sich diese zu merken. Es war ungewohnt für sie eine Waffe zu benutzen, vorallem in der Hinsicht, dass sie damit Feine verletzen oder gar töten musste. Aber sie gab ihr bestes. Es war schön von ihm zu lernen, denn er war unglaublich talentiert und einfallsreich. Sie lachten zusammen wenn sie Fehler machte, alberten manchmal herum. Sie hatte nicht auf die Zeit geachtet, aber nach einer guten Weile, als ihre Bewegungen selbstbewusster wurden, machte sie endlich Fortschritte. „Na schön, so viel zur Theorie.“ Er schmunzelte und seine Augen blitzten vor Eifer. „Nun kommen wir zur Praxis“ Namara atmete tief durch und klammerte sich ans Schwert. „Ich werde dich jetzt angreifen. Keine Sorge, ich halte mich zurück“ Ihr Herz begann aufgeregt zu klopfen. Eine neue Herausforderung. Sie war gewillt auch diese zu bewältigen. „Zeig mir was du kannst~“, neckte sie ihn. Ein weiteres Grinsen kräuselte seine Lippen und jagte ihr heiss-kalte Schauder den Rücken hinab. Er wusste es  doch ganz genau. Ohne weitere Vorwarnung kam er auf sie losgestürmt. Sie riss vor Schreck ihre Waffe nach oben. Diese landete mit einem Klirren auf dem Boden. Er hatte sie ihr einfach aus der Hand geschlagen. „Du wärst nun tot“, kommentierte er schäkernd. Sie sah etwas verdattert zu seinem Schwert hin, das auf ihre Kehle zeigte. Er senkte es wieder und bückte sich nach ihrem Schwert, um es ihr zurück zu geben. Sie nahm es etwas ärgerlich an sich und zog konzentriert die Brauen zusammen. „Nochmal.“ Wortlos begab er sich an seinen Platz zurück. Diesmal hielt sie den Griff fest umklammert. Ihr Handgelenk stach etwas, aber davon wurde sie sich nicht aufhalten lassen. Wieder rannte er auf sie zu. Sie konnte ihn ausholen sehen. Sie schwang ihre Klinge zur Seite. Es klirrte und die Wucht riss sie beinahe um. Die Waffen hatten sich getroffen, aber sie war nicht stark genug gewesen. Noch während sie das realisierte, zeigte seine Schwertspitze schon wieder auf sie. Er schmunzelte amüsiert. „Hör auf so doof zu grinsen! Du schlägst nicht gerade sanft zu.“, grummelte sie. „Das wird ein Ork auch nicht. Er wird sogar doppelt so stark zuschlagen.“ Sie schüttelte ihren Arm aus der schmerzte. Es nervte sie, dass sie es nicht hinbekam. Natürlich wusste sie, dass sie gerade erst anfing, trotzdem fühlte sie sich schwächlich. „Du wirst doch wohl nicht schon aufgeben?“-„Das könnte dir so passen.“ Diesmal machte sie ein paar Schritte von ihm weg. Also schön. Breiter Stand. In die Knie und Waffe nicht loslassen… Ihre Augen fixierten ihn stur und berechnend. Wo würde er als nächstes zuschlagen. Er setzte sich wieder in Bewegung. Seine rechte Schulter versetzte sich nach hinten. Sein Arm spannte sich an, hob sich. Sie stemmte ihre beiden Arme mit aller Kraft nach oben, hielt die Klinge gerade. Sein Schwert krachte mit Wucht auf ihres. Die Kraft schoss durch ihren gesamten Körper. Stechender Schmerz durchzuckte sie. Ihre Wunde war von der Kraft strapaziert worden. Sie biss die Zähne zusammen und versetzte ihm einen Tritt, woraufhin er nach hinten taumelte. Ihre Arme schmerzten und ihre Beine zitterten. Er stiess die Luft aus und musterte sie beeindruckt. Heisser Stolz schoss durch ihren Körper. Sie senkte das Schwert wieder und fauchte, weil die Bewegung wehtat. „Bei Durin- geht’s dir gut?“ Schnell kam er zu ihr herüber. „Ja…mir hat’s nur die Wunde angerissen.“ Er schob vorsichtig den Stoff nach oben, um zu prüfen ob alles in Ordnung war. „Kakhuf inbarathrag!“, fluchte er und tupfte grummelnd das kleine Rinnsal an Blut weg. Sie verstand nicht, was er sagte, aber sie erriet dass er sich wohl schuldig fühlen musste.  Er machte ein betretenes Gesicht. „Es tut mir Leid, ich wollte nicht-“ Rasch winkte sie mit ihrer Hand ab. „Mach dir nichts draus, sowas passiert eben. Lieber jetzt als nachher.“ , sagte sie tapfer. Ihre Schulter pochte noch etwas, aber es erschien ihr kaum mehr als ein kleines Leiden, wenn immer sie sein fürsorgliches Gesicht ansah. „Du bist eben kräftig.“ Er murrte und richtete ihre Kleidung wieder hin. „Ja…aber kein Grobian. Ich kann sehr wohl auch zärtlich sein.“ Süsse Worte die in ihr erneut Gefühle weckten. Sie hörte seiner Stimme an, dass es mehr als Freundlichkeit war, fürchtete sich aber davor, dass sie sich irren könnte. Sie konnte dennoch nicht ändern, dass er ein warmes Prickeln in ihrem Bauch verursachte. „Das weiss ich doch.“ Er schien mit sich zu ringen. Er fuhr sich durch die Haare, wandte sich halb ab, aber blieb dennoch, als würde ihn etwas am Gehen hindern. „Ich ertrage es nicht mich länger von dir fern zu halten“, presste er schliesslich heraus.  Er machte einen Schritt auf sie zu, während sie ihn mit verdutzten Augen musterte. Sie brachte keinen Ton heraus. Fernhalten? „Ich kenne meine Befehle. Ich würde mich doch niemals gegen meinen König stellen, aber-“Sie merkte, wie ihre Sehnsucht nach ihm wuchs. Sie hatte es verdrängt, wusste, dass sie sich keine Hoffnungen machen durfte. Nicht bei ihm…nicht beim Neffen eines Königs. Es war nicht schwer zu erraten, dass Thorin ihn daran hindern wollte sich mit ihr abzugeben. „Es fällt mir so schwer“, in seiner Stimme schwang ein Hauch von Wehmut mit. Sie atmete zittrig aus. „Ich-…du weisst dass das niemals sein kann.“ Er senkte den Blick. Wirkte verletzt durch diese Worte. Es versetzte ihrem Herzen einen Stich. „Natürlich…ja.“ Er senkte den Blick. Darauf wollte sie es nicht beruhen lassen, es tat ihr weh wenn er trauri war. „Nicht wegen mir, ich habe dich…sehr gern...es ist nur…Thorin…“, sie wurde emotional. Ihre Stimme wackelte ein bisschen und sie musste tief durchatmen. „Ja..ich weiss schon. Ich bin zu waghalsig. Ich bringe andere in Gefahr, schon klar.“ Er klang verletzt. Er wusste selbst, dass seine Taten nicht die klügsten waren. Aber er konnte einfach nicht anders. „Das meinte ich nicht. Der Pfad auf dem wir wandeln ist sehr sensibel. Was auch immer wir tun hat einen Einfluss darauf wie die Dinge geschehen. Nur schon dass du hier bist kann und vermutlich schon so vieles verändert, dass ich nicht erraten kann.“, versuchte sie es ihm zu erklären. Wenn nicht so vieles auf dem Spiel wäre…vielleicht hätten sie… „Willst du denn, dass ich gehe?“, kam seine Frage. Ihr Blick wich seinem aus. Sie konnte ihn einfach nicht anlügen.  Sie konnte nicht mal genau sagen was sie empfand, aber sie wusste dass sie ihn um jeden Preis glücklich machen wollte. „Frag mich das nicht“-„Warum?“ Er schob sich in ihr Sichtfeld und hielt ihren Blick so gefangen, dass sie das Schimmern in seinen Augen sehen konnte. „Weil ich dich nicht belügen kann.“ Der Beginn eines hoffnungsvollen Lächelns bildete sich auf seinem Gesicht. „So sag mir die Wahrheit“ Seine Hände umschlossen ihre. Ihr Herz klopfte schmerzhaft. Ich darf das doch gar nicht tun. Seine Augen waren so voller Hoffnung, voller Bitte. Ihre Vernunft wurde unweigerlich zum Schweigen gebracht. „Nein…ich will nicht, dass du gehst.“ Wie befreiend es war, dies zu sagen.  Wie schön es war zu wissen, dass er die Wahrheit kannte. Sie konnte sich kaum gegen die Gefühle wehren. Wie beklemmend es aber war zu wissen, dass sie einen Fehler machte. „Dann lass mich bleiben.“-„Du verstehst das nicht. Ich darf in dieser Geschichte nicht sein. Meine Existenz ist gefährlicher als du ahnst. Ich darf dein Schicksal nicht ändern, nicht bevor ich sicher weiss, dass du das Ende dieser Mission erleben wirst.“ Er schwieg einen Moment, musste darüber nachdenken, was ihre Worte bedeuteten. Schien zu verstehen, dass mehr als nur der Erfolg der Mission auf dem Spiel war. Er verdrängte es wohl, denn er schaffte es zu verbergen wie sehr es ihm Angst machen musste. „Du hast mein Schicksal schon verändert…was ich empfinde liegt nicht mehr in deiner Hand.“ Sie schluckte und nickte leicht. Sie hatte es also schon getan. Den Lauf der Dinge verändert. Sie hätte es wissen müssen… „Und ich würde es wieder tun.“ Ein weiterer Augenblick der Stille. Des Ringens, des dagegen Ankämpfens…aber es half nichts. Nun lächelte sie endgültig. Trotz der Sorgen. Trotz der Angst. Es war schwer dem Herzen zu verbieten, was es sich am meisten wünschte. Zögerlich legte sie ihre Arme um ihn und drückte ihn an sich. Sie spürte den erwiderten Druck um ihre Hüften. Fühlte wie er ihre Furcht milderte, die Schuldgefühle untergrub. Der Geruch von Leder stieg ihr in die Nase, nun wo er ihr so nah war. Sie schloss die Augen und kostete die warme Umarmung vollends aus. „Na gut…ich lass dich bleiben.“   Neo-Khuzdul Übersetzungen:   Kakhuf inbarathrag!= Ziegenscheisse! Kapitel 7: Räucherkaninchen ---------------------------   Räucherkaninchen   Es war früher Morgen als die Zwerge aufbrachen. Sie mussten sich beeilen, damit sie genügend Distanz zwischen sich und Bruchtal gebracht hatten, bevor die Sonne aufging. Namara musste ihre wenigen Habseligkeiten zusammenpacken und sich davonschleichen, um keinen verspäteten Aufbruch zu verursachen. Sie huschte die zahlreichen Treppen hinunter, um sich zu der Gruppe an Zwergen zu gesellen, die sich beim Eingangsbereich sammelten. Trotz der frühen Stunde fühlte sie sich überraschend erholt. Sie hatte sich letzte Nacht klugerweise  früh schlafen gelegt um heute nicht mit der Erschöpfung kämpfen zu müssen. Auch wenn ihre Glieder vom gestrigen Training schmerzten, verspürte sie doch Genugtuung wenn sie sich daran erinnerte, was sie geleistet hatte. Sie trug das Schwert mit Stolz, wenn es auch noch keinen Namen hatte. „Wir sind vollständig, lasst uns aufbrechen bevor die Dämmerung einsetzt.“, ordnete Thorin an, der soeben die Anwesenheit seiner Truppe geprüft hatte. Er bewegte sich durch die Gruppe hindurch in ihre Richtung, wobei ihm sein Gefolge folgsam Platz machte.  Überrascht stellte Namara fest, dass er direkt zu ihr herüber kam. Unruhig wechselte sie das Gewicht von einem Fuss zum anderen. Was wenn er ihr nun verbieten würde mitzukommen? Er wird mich doch nicht zurücklassen oder? Er blieb vor ihr stehen und musterte sie mit diesem eindringlichen Blick, welcher nur er hatte. „Gibt es etwas, dass wir wissen sollten, ehe wir unseren Weg fortsetzen?“ Man konnte ihr die Verwunderung vermutlich ansehen. Dass er sie dies fragen würde, hatte sie tatsächlich nicht erwartet. Das wäre das erste Mal, wo er sich aktiv auf ihre Gabe verliess. Dementsprechend  war sie auch kurz perplex, bevor sie ihre Worte wiederfand. „Nein…also…bis zu den Nebelbergen sollte es keine Probleme geben.“ Er senkte den Kopf zum Dank, eine Art angedeutetes Nicken. Dann drehte er sich wieder um und übernahm die Führung. Die Kompanie verliess offiziell die letzte sichere Ortschaft an der Grenze zur Wildnis. Das ist alles? Kein Tadel, kein Hinweis? Sie konnte es kaum glauben. Ein Lächeln erschien auf Namaras Gesicht. Er schien ihr Schritt für Schritt mehr Vertrauen entgegenzubringen. Er war misstrauisch wie die meisten Zwerge, aber Namara schrappte endlich an der Oberfläche seines Wesens. Der Gedanke spornte sie an. Vielleicht wurde sie endlich ein vollwertiges, geschätztes Mitglied der Queste…bei allen. Die Gruppe überquerte die letzte Brücke Bruchtals in der hellblauen Blässe der Dämmerung. Sie redeten wenig, und wenn sie redeten, dann leise. So leise wie Zwerge es eben konnten. Es war ihnen klar, dass sie nur diesen einen Versuch hatten. Auf keinen Fall wollten sie Zeit verlieren, oder den Elben die Möglichkeit geben sie aufzuhalten.  Den Pfad der aus dem Tal führte fanden sie schnell. Er leitete sie an den Wasserfällen entlang, schmiegte sich eng an das Gesteinsmassiv welches Bruchtal umgab. Eine Gegebenheit, welche die Zwerge zu beruhigen schien. Niemand kannte Stein und Fels besser als das Volk der Zwerge. Vielleicht waren sie aber auch einfach froh, den Elben den Rücken zu kehren. Diesmal konnte Namara ganz gut mithalten. Sie eilten alle, aber sie rannten nicht und je weiter sie vorankamen, desto lockerer wurden sie. Namara warf einen letzten Blick zurück, als die Morgenröte das Tal in zartrosa tauchte. Der Morgen erwachte und läutete ein neues Kapitel der Reise ein. Die schimmernden  Dächer Bruchtals lagen hinter ihnen, es gab kein Zurück mehr. Mit dem Morgen wurden auch die Zwerge langsam munter und begannen über ihre Pläne im Erebor zu diskutieren, Geschichten über alte Zeiten auszutauschen oder Wanderlieder zu singen. Trotz Thorins Drängen kamen sie nicht schnell voran, denn der Anfang war steil und die Luft erwärmte sich nur schleppend, während die Sonne sich über die Berge kämpfte. Namara ging neben Bilbo, mit welchem sie sich angeregt unterhielt. Irgendwie waren sie auf das Thema Essen gekommen und tauschten nun Rezepte von ihren jeweiligen Heimatsorten aus. Später gesellte sich auch Bombur noch dazu, der seine zwergischen Kochkünste miteinbringen wollte. „Es ist ehrlich bedauerlich, diese Wildnis. Wie viel würde ich für einen Apfelkuchen geben.“, seufzte Bilbo, der gerade einem Schlammloch auswich. Namara tat es ihm gleich, jedoch hüpfte sie darüber hinweg anstatt drum herum. Sie hatte schon den ganzen Morgen überschüssige Energie…was sehr wahrscheinlich an dem hübschen braunhaarigen Zwerg lag, der ein paar Meter weiter vorne sicheren Trittes den Pfad erklomm. „Kuchen wird schwierig, aber es gibt viele Dinge, die man unterwegs machen kann. Es muss ja nicht mal Eintopf sein.“-„Was ist denn gegen meinen Eintopf einzuwenden?“, fragte Bombur skeptisch. „Die Eintönigkeit.“, erwiderte Bilbo. „Was erwartest du denn? Es heisst schliesslich nicht Eintopf ohne Grund.“ Bomburs Küchenutensilien klirrten mit jedem Schritt den er machte. Bei diesen fragte sich Namara übrigens, ob er die gleichen Waffen zum Kämpfen  und Kochen verwendete…Sie fragte ihn aber lieber nicht danach. “Äh…ich bezweifle, dass es deswegen Eintopf heisst.“   Gegen Mittag wurde Namara langsam hungrig. Mittlerweile folgten sie keinem Weg mehr, sondern verliessen sich auf Balins Orientierungssinn, da dieser schon viele Jahre lang zwischen den Blauen Bergen und dem Erebor hin und her gereist war, und die Pfade auswendig kannte. Noch hatte Thorin keine Rast angekündigt; die dürfte aber bald mal fällig sein, denn die Truppe war schon seit Morgengrauen auf den Beinen. Namaras Füsse schmerzten und ihr Magen knurrte unaufhörlich vor sich hin. Es war anstrengend sich durch die momentane Graslandschaft zu schleppen. Die Gräser waren hoch, die eintönigen Wiesen übersäht mit Disteln und Steinen, die ihr das Leben schwer machten. Sie wünschte sich ihren IPod her, auf welchem sie sich wenigstens mit Musik hätte anspornen können. Musik vermisste sie nebst ihrer Familie am meisten. Frustriert stiess sie die Luft aus. Ein weiteres Mal verfing sich ihre Kleidung in den garstigen Pflanzen. Mit einer ruckartigen Bewegung befreite sie sich von den Dornen und kämpfte sich weiter voran. Sie befürchtete schon, dass sie den Rest des Tages ohne Pause überleben musste, als Thorin dann doch endlich seine Gruppe in der Nähe eines kleinen Nadelwäldchens anhalten liess. Namara glaubte vor Erleichterung schon die Engelsglocken hören zu können. Erschöpft setzte sie sich in den Schatten einer Kiefer und lehnte sich an den Stamm. Die Zwerge sammelten sich in kleineren Grüppchen zusammen und packten ihre Vorräte aus.  Ein paar Dinge hatten sie sich von den Elben mitgehen lassen, anderes waren lang haltbare Rationen. Diesmal sass sie mit ihnen zusammen, anstatt sich abseits niederzulassen. So lernte sie manchmal Fetzen von Neo-Khuzdul, der alten Zwergensprache oder erfuhr von den Familien der einzelnen. Es interessierte sie schon immer was Personen bewegte und was ihnen im Leben wichtig war. Vieles davon war Geld, Edelsteine und Geschmeide; aber auch Schnitzereien, Instrumente und Erinnerungen. Jetzt gerade war es Essen welches sie zwar nicht teilten, aber trotzdem anpriesen.  Auch wenn sich in Namara dadurch Futterneid entwickelte- besonders gegenüber Bombur, der getrocknete Würstchen dabei hatte-, hörte sie ihnen doch gerne dabei zu. Und manchmal hatte sie das Gefühl, dass es die Zwerge freute wenn sie Interesse zeigte. Namara verblieb im Gegensatz zu den meisten bei Wasser und dem Fleisch, welches die Zwerge unterwegs jagten. Sprich, dem Fleisch, das noch nicht vorhanden war. Sie zog sich ihre Schuhe und Socken aus  und seufzte erleichtert. Sie hatte ein paar Blasen von der andauernden Reibung. Sie legte ihre Füsse auf dem weichen Moos ab und verblieb so. Im Augenblick wollte sie sich einfach gar nicht bewegen und auf das Mittagessen warten, bevor die Reise sich unweigerlich fortsetzte. Sie vernahm das Geräusch von schweren Schuhen die sich näherten und stöhnte schon mal innerlich. Fili und Kili kamen prompt auf sie zu, und sahen zu ihrer Verwunderung nicht im Geringsten erschöpft aus. Sie hielten Dolch und Bogen bereit und grinsten sie erwartungsvoll an. „Wir müssen unser Mittagessen jagen gehen, kommst du mit?.“ Ein langer, angestrengter Seufzer entwich ihr. Sie hatte schon befürchtet, dass es Arbeit für sie gab. Muss das jetzt sein? „Ja ich weiss, aber wir ‚jungen Leute‘ haben anscheinend mehr Energie übrig.“, fügte Kili amüsiert hinzu.  „Wir haben immer die Ehre.“, scherzte sein Bruder. Sie schürzte angestrengt die Lippen. Sie hatte keine Lust jetzt aufzustehen. Ihre Füsse protestierten schon jetzt und flinken Tieren konnte sie in diesem Zustand ohnehin nicht hinterher laufen. Mit einem Blick zu Kilis erwartungsvollem Gesicht, überwand sie sich dann aber doch. Wenigstens konnte sie so mit ihm Zeit verbringen, ohne dass Thorin ihr dabei im Nacken sass. „Bin schon dabei.“ Sie biss die Zähne zusammen und erhob sich. Ihre Füsse taten noch immer weh. Sie liess so viel schweres Zeug zurück wie sie konnte, selbst die Schuhe. Vielleicht eine unkluge Entscheidung, aber  sich die Blasen aufzuschürfen erschien ihr schmerzhafter als Waldboden, was sich später definitiv als Fehler herausstellte, denn Tannennadeln waren überhaupt nicht bequem. „Nur damit ihr es gleich wisst, ich hab noch nie in meinem Leben gejagt. Ich kann mir denken wie es funktioniert, aber ich habe es noch nie in Real-Life gemacht.“, merkte sie an, als sie zerknirscht vor den Brüdern stand. „Real-Life?“, fragte der Jüngere verwirrt. Namara blinzelte ein paar Mal abwartend. „Ja…?“ Die Brüder warfen sich einen fragenden Blick zu. „Ach, tut mir Leid.“ Sie fasste sich an die Stirn, als sie das Problem bemerkte. „Ich meinte, in der Praxis.“, formulierte sie erneut, diesmal auf eine Art, welche die Brüder verstehen konnten. Anscheinend liess ihre Sprachbegabung bei Müdigkeit nach. Kili schmunzelte vor sich hin und Namara musterte beide erwartungsvoll. „Was stehen wir hier noch rum? Ich dachte wir sollen jagen gehen.“, meinte sie lachend. Kili schüttelte den Kopf, als wäre er gerade erst in die Realität zurückgekehrt. „Du hast Recht, wir verlieren Zeit.“, merkte auch Fili und boxte seinen Bruder in die Seite. Dieser sah etwas verlegen aus, nickte aber als Zeichen für sein Einverständnis. Fili ging voraus, ohne wirklich zu erklären wo er hin wollte. Es sah aus als wolle er vor allem tiefer in den Wald hinein. Kili war ihm dicht auf den Fersen. Die beiden Brüder bewegten sich erstaunlich flink durch das Dickicht. Namara quälte sich dagegen mit dem Waldboden ab, der mit Ästchen, Steinchen und Nadeln übersäht war. Es war ein Krampf barfuss darüber hinweg zu rennen, aber nicht ein einziger Laut der Beschwerde kam über ihre Lippen. Das war ihre Idee, jetzt würde sie diese eben ausbaden. Sie konnte von Glück reden, dass sie die einigermassen dickeren Fusssohlen ihrer Ahnen geerbt hatte. Dass sie oft draussen barfuss herumlief half ich auch, wenn auch nicht so sehr wie sie es sich gewünscht hätte. Fili duckte sich hinter einen am Boden liegenden Baumstamm und bedeutete den anderen zwei  still zu sein. Schnell duckte sich Kili ebenfalls und Namara kopierte das Verhalten unsicher. Namara unterdrückte ein Fauchen, als sich ein fieser Kieselstein in ihren Fuss bohrte. Verfluchter Waldboden! Aber sie würde es nicht wagen ihre erste Beute zu verscheuchen. Gebannt lauschten sie, während sie versuchte das Stechen zu ignorieren. Namara wagte es nicht sich zu bewegen. Fili spähte vorsichtig über den Stamm hinweg. Vor ihnen, in einer kleinen Mulde pickte etwas Federiges. Kili, der neben seinem Bruder kauerte griff langsam zu seinem Bogen. Vollkommen geräuschlos legte er einen Pfeil an die Sehne. Namara beobachtete ihn fasziniert. Er  erhob sich ein kleines Stück, gerade hoch genug um zielen zu können. Seine Augen fixierten das Tier, welches keinen Verdacht zu schöpfen schien. Die Sehne spannte sich und Zisch! Schon war es vorbei mit dem Tier. Fili sprang gelenkig über den Stamm hinweg und strahlte. „Ein perfekter Treffer!“ Namara erhob sich und staunte nicht schlecht. Der Blonde zog gerade den Pfeil aus  der Beute. Ein Fasan…und zwar ein ziemlich grosser. Kili strahlte vor Stolz, als sein Bruder ihm seinen Fang überreichte. „Der ist mindestens zwei Ellen lang! Das reicht für drei von uns.“ Der Blonde klopfte dem Jüngeren anerkennend auf die Schulter. Kili grinste vom einen Ohr zum anderen. Namara wurde von seinem Lächeln ganz warm ums Herz. Fili versenkte den Vogel in einem Jutesack den sie bei sich trugen und schulterte diesen. „Wenn wir schon so gut anfangen, kriegen wir bestimmt alle satt.“, freute sich Namara. Sie zupfte sich ein paar Blätter aus den Haaren und blickte erwartungsvoll in die Runde.  „Aber klar doch.“ Euphorisch wie sie alle waren, hatten sie ihren Hunger und die Müdigkeit schnell vergessen. Kili nahm sie überraschend bei der Hand und zog sie weiter in den Wald hinein. Sie war kurz perplex wegen des vertrauten Kontaktes, konnte aber nicht verhindern, dass sie davon hingerissen war. Sie drückte seine Hand leicht und folgte ihm. Fili runzelte die Stirn, behielt seine Gedanken aber für sich, worüber Namara froh war. „Wonach suchen wir jetzt?“ Sie sprangen über einen schmalen Flusslauf hinweg, was sie erneut zwischen zusammengebissenen Zähnen fluchen liess. Wieso habe ich bloss diese dämlichen Schuhe ausgezogen?!  „Einem Kaninchenbau. Dort gibt es genug Beute für alle.“ Nun fragte sie sich, wie er bei diesem Tempo gut versteckte Löcher im Boden entdecken konnte. Sie schob es auf seine scharfen Augen. „Da, ich hab einen“, verkündete er abrupt anhaltend. Namara kam neben ihm stolpernd zum Stillstand. Tatsächlich, unter ein paar Wurzeln tat sich ein Bowlingkugel-grosses Loch auf. Wenn man nicht explizit danach suchte, war es zwischen den knorrigen Wurzeln der Eiche kaum auszumachen. Wenn sie genauer hinsah, konnte sie auch Pfotenspuren auf dem Boden erkennen. „Und jetzt? Ich glaube kaum, dass sie uns einfach in die Arme rennen werden.“ Die beiden schmunzelten amüsiert. „Genau das werden sie. Unter normalen Umständen sollte man die folgende Technik nicht verwenden, aber wir haben 15 Mäuler satt zu kriegen.“ Namara hörte ihm stirnrunzelnd zu. Das hörte sich ja nicht gerade tierfreundlich an. „Wir teilen uns jetzt auf, um die anderen Ausgänge zu suchen und zu blockieren. Und dann zwingen wir sie heraus indem wir ihren Bau räuchern.“ Namara knirschte mit den Zähnen und nickte gezwungenermassen. Sie hatte es sich ja denken können. Sie sagte ihnen aber nichts davon. Sie teilten sich auf und suchten nach den anderen Löchern. Die jungen Zwerge schienen instinktiv zu wissen, wo sie nachsehen mussten. Namara hatte es etwas schwerer und brauchte länger. Sie wurde von Schuldgefühlen geplagt und konnte nicht aufhören an erstickende Kaninchen zu denken. Es drückte auf ihr Gemüt, so dass sie nachdem die drei Jäger sich wieder vor dem Hauptbau trafen noch immer unglücklich war. Es  nagte unaufhörlich an ihr, liess ihr aber keine Gelegenheit einen triftigen Grund zu erdenken, die Tiere zu verschonen. Es führte kein Weg daran vorbei. Fili kramte in seinen vielen Taschen herum und nahm einen Feuerstein und ein Stück Metall hervor. Sie kannte die Gegenstände, ihr Vater hatte sie manchmal beim Campen verwendet. Fili hatte ein Knäuel aus Moos und halbtrockenen Blättern gemacht, Materialien die stark rauchen würden. Kili hielt dieses vorsichtig in seinen Händen, während sein Bruder Funken erzeugte um es anzuzünden. Wieso verbrennt er sich freiwillig die Finger? Sie wartete fast darauf, dass Kili zusammenfuhr, weil ein Funke auf seiner Haut gelandet war, aber er zuckte nicht mal mit der Wimper. Auch nicht, als sich eine beträchtliche Flamme entwickelt hatte. Der Rauchgeschmack brachte sie zum Husten und kratzte in ihrem Hals. Die beiden Brüder hatten auch hier keine Probleme, was sich diesmal aber mit ihren Rauchertätigkeiten erklären liess. Kili blies mehrere Male auf die kleine Flamme ein und erzeugte damit so viel Rauch wie möglich. Wenig später schnipste er die Kugel mit einer geschickten Bewegung in das Loch, in welchem sie vollkommen verschwand. Er grinste zufrieden. „Mit dem Fell und Kot da drin brennt das wie Zunder.“ Sein Bruder stimmte ihm lachend zu. Namara verschränkte verärgert die Arme und durchstach sie beide mit einem anklagenden Blick. „Das ist nicht witzig, die schieben Panik da unten und ersticken wenn sie nicht rechtzeitig den richtigen Ausgang finden.“ Die Brüder verkniffen sich daraufhin einen weiteren Kommentar, auch wenn sie bezweifelte, dass sie ihre Worte ernst genommen hatten. Der Bau begann zu rauchen wie geplant und Namara hoffte inständig, dass sie nicht einen Waldbrand angezettelt hatten. Bei den Kaninchen brannte es nun ganz bestimmt…wie grausam. Fili seufzte ungeduldig und drückte Namara einen seiner Dolche in die Hand. „Trotzdem müssen wir es tun. Halt sich bereit, du musst es am Nacken packen und ihm die Kehle aufschlitzen.“, wies er sie an. „Du musst schnell sein und präzise, sonst leidet es.“ Sie betrachtete den kantigen Zwergendolch in ihrer Handfläche. Er war scharf wie ein Rasiermesser und besass einige Kerben die von Kämpfen zeugten. Sie schluckte bitter und kauerte sich neben den Bau. Schell und präzise…klar. So präzise wie sie langsam zu ersticken während sie in der Dunkelheit umherirren. Bald schon konnte sie das Schaben von panischen Pfoten hören. Sie klemmte sich den Dolch zwischen die Zähne und fixierte sich auf den Bau. Wenig später kam das erste braune Tier aus der Öffnung geflüchtet. Fili schnappte es sich routiniert und machte kurzen Prozess mit ihm. Seine Reflexe waren erstaunlich schnell. Der Körper erschlaffte und das weiche Fell durchtränkte sich mit Blut. Namara hatte kaum Zeit sich darauf zu konzentrieren wie grausam sie es fand, denn das nächste war dem Vorgänger dicht auf den Fersen. Sie griff danach, verpasste es aber um Haaresbreite. Genervt stiess sie die Luft aus. Kili war geistesgegenwärtig genug und packte es, bevor es ins Gebüsch entkam. Auch dieses landete auf dem wachsenden Haufen an Tierleichen. Sie musste sich zwingen, sich auf den Bau zu konzentrieren. Okay, das nächste krieg ich! Da war es auch schon. Mit Karacho kam es aus dem Loch gestürmt und rannte ihr praktisch in die Arme. Sie hielt es fest so gut sie konnte. Das war leichter gesagt als getan, denn es zappelte in wilder Angst. Seine Augen waren weit aufgerissen und sie konnte den rasenden Puls unter dem Fell spüren. Ihre Brust zog sich schmerzhaft zusammen bei dem  Anblick. Die Brüder häuften neben ihr Tier um Tier, bis aufs Letzte. Deren Hände waren rot vom Blut. Sie hielt das Kaninchen noch immer fest, welches nun in eine Schockstarre verfallen war. „Na los, du hast das Letzte.“, forderte Fili sie auf. Es sträubte sie so sehr. Warum nur muss es sterben. Es sieht so niedlich aus. Mit zittrigen Händen griff sie zum Dolch den sie von Fili erhalten hatte. Die schwarzen Kulleraugen schienen sie förmlich anzuflehen. Sie klammerte sich an den Dolch bis ihre Knöchel weiss wurden….aber… sie konnte es nicht. Sie brachte es einfach nicht übers Herz. Es tut mir so Leid Kleines. Das Kaninchen erwachte mit einem Mal zu neuem Leben und zerkratzte ihr mit den Hinterläufen die Arme, als es versuchte zu fliehen. Erschrocken liess sie es los und konnte nur noch zusehen wie es hoppelnd ins Gebüsch verschwand. Ihr Unterarm blutete leicht, nichts Schlimmes, aber dennoch unangenehm. „Was machst du denn?!“, fauchte Fili irritiert. „Das hätten wir noch gebraucht!“ Namara musterte schuldbewusst den Boden. „Schrei sie nicht so an! Ist doch nur ein Kaninchen“, verteidigte Kili sie sofort. Fili stiess genervt die Luft aus und beförderte all die Tierleichen in den Sack. Zehn insgesamt. „Ich bring sie zu Bombur.“, schnaufte er und stampfte durch den Wald davon. Was war das denn…sonst braust er doch auch nicht gleich so auf. Kili verdrehte die Augen und fuhr sich durch die Haare. „Mach dir nichts draus, er gerät manchmal etwas in einen Rausch.“ Ein Rausch? Es schauderte sie. „Es- es tut mir leid ich konnte es einfach nicht.“ Sie presste ihre Lippen zusammen und wich seinem Blick aus. Sie fühlte sich schlecht. Wegen ihr könnte jetzt jemand kein Mittagessen haben. „Ist schon gut.“ Er kam zu ihr herüber und strich ihr tröstend über den Arm. Sie liess es zu und lehnte sich leicht an seine Schulter. „Du hast wohl noch nie ein Leben genommen.“ Namara schüttelte den Kopf. Ihre Finger spielten an Filis Dolch herum, den sie vergessen hatte zurück zu geben. „Du wirst es lernen müssen.“ Sie drehte ihm den Kopf zu und musterte ihn traurig. Sie wollte das Töten nicht lernen…sie wollte sich bloss verteidigen. Es tat ihr im Herzen weh so gewaltvoll jemanden aus dem Leben zu reissen. Egal ob Tier, Mensch oder was auch immer. Wie sollte sie das denn später bei echten Gegnern anstellen? „Du musst verstehen, in dieser Welt gilt immer das Gesetz des Stärkeren. Absolut zu jeder Zeit. Entweder töten wir die Tiere, oder wir sind geschwächt für kommende Gefahren. Du hast bereits gesehen was Orks anrichten können.“ Er nickte zu ihrer bandagierten Schulter.  „Wenn du nicht bereit bist sie zu töten, dann töten sie dich.“ In seiner Stimme schwang Sorge mit. Sie wusste dass er Recht hatte. Diese Reise war vom Tod gezeichnet, er lauerte an jeder Ecke. Wenn sie sich nicht wehrte, würde sie versagen. Wieder liessen ihr die Umstände keine Wahl, aber es schmerzte sie dennoch. Das war doch nicht sie selbst…Sie mordete nicht…Sie bewahrte. „Ich versuche es, versprochen.“, versicherte sie ihm dennoch. Sie öffnete den Mund, versuchte Worte für ihre Emotionen zu finden. Sie wollte nicht wie ein Schwächling klingen. Und das war bei Zwergen schnell der Fall. Die hatten oft eine ‚Hau drauf‘ Mentalität, wenn sie es auch Kili nicht unterstellen wollte. „Ich konnte ihm einfach nicht in die Augen sehen und es umbringen. Ich konnte seine Angst sehen.“ Sie schluckte schmerzlich. „Angst wie meine.“ Ihre Augen wanderten zum Bau, der noch immer rauchte. Reute es ihn denn gar nicht? Fühlte er sich nie schlecht, wenn er einem Lebewesen das Leben nahm? Für eine Weile verfielen sie beide ins Schweigen. Er hing wohl einer Erinnerung nach…und sie, sie fragte sich warum die Welt manchmal so brutal war. Warum Kili töten konnte, weshalb ihn das Blut nicht störte. Dann gab sie sich einen Ruck und fragte ihn. „Fühlst du dich nie…schuldig wenn du andere Wesen einfach aus dem Leben reisst? Die hatten doch auch alle einen Sinn…Träume…“ Er schien etwas überrascht. Darüber musste er tatsächlich eine Weile nachdenken. „Ich weiss, dass du es tun musstest, ich bin dir nicht böse. Ich...verstehe es nur nicht.“ Er seufzte nachdenklich, den Blick auf seine verschmierten Hände gerichtet. „Nein ich…habe gar nicht darüber nachgedacht um ehrlich zu sein.“ Er sah sie mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen an. Als wisse er nicht recht, was er denken sollte. „Wir nehmen uns doch nur was wir brauchen. Und was Orks angeht…sie sind einfach böse Kreaturen. Sie kennen kein Mitgefühl und sie haben meinen Vater und viele andere meines Volkes auf dem Gewissen. Ich werde niemals damit aufhören sie zu hassen. Sie verdienen es nicht verschont zu werden.“ Je mehr er redete, desto kälter wurde seine Stimme. Und das Zögern in seinen Augen wandelte sich zu alter Wut. Er hatte seine Hände angespannt und starrte stur Löcher in den Waldboden. „Ich sage nicht, dass willenloses Schlachten erstrebenswert ist, aber ich vergesse nicht was sie getan haben. Mein Vater hätte bei uns sein sollen als wir aufwuchsen. Nichtsdestotrotz sie haben ihn mir gestohlen.“ Namara spürte wie die Kälte des Walbodens in ihre Glieder zog. Eisige Klauen beschattete ihr Herz wie Wolken die Sonne. „Und ich werde jedem einzelnen Ork dafür den Schädel spalten.“, presste er hervor. Sie hatte von alledem keine Ahnung gehabt. Ihr wurde erst jetzt bewusst wie viel Schmerz hinter der fröhlichen Fassade versteckt war. In seinen Augen schimmerten Tränen. Zaghaft legte sie ihre Arme um ihn und drückte ihn tröstend an sich. Sie strich ihm zärtlich über den Rücken, spürte wie er in ihren Armen zitterte. Aber er weinte nicht, erwiderte bloss ihre Zuneigung indem er sie an sich presste. Keiner sprach ein Wort. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis er wieder begann ruhiger zu atmen. Er sammelte sich wohl.  „Ich glaube, ich werde es eines Tages verstehen.“ Er lächelte schwach und löste sich langsam von ihr. Trotz des Blutes umschloss sie seine Hände mit ihren. Sie teilte ihm wortlos mit, dass sie für ihn da war. Sein erhärtetes Gesicht erhellte sich ein Stückchen. Die Kälte in ihrer Brust schwand dahin und sie empfand nichts als ein warmes Kribbeln. Er erhob sich wortlos und zog sie auf die Füsse zurück. Er behielt ihre Hand noch und sie liess es zu. „Ich habe eine Idee, komm.“ Flink huschte er den Weg zwischen den Bäumen zurück, gerade in einem Tempo, dem sie noch folgen konnte. Er unterdrückte seine Traurigkeit wie es schien. Vermutlich hielt er sich mit seiner Fröhlichkeit selbst auf Trab. Er brachte sie auf Umwegen zum Waldrand zurück.  Allerdings ging er nicht direkt zu den anderen, sondern blieb lediglich in Hörweite. Sie hinterfragte es gar nicht, sondern vertraute ihm einfach. „Wenn es der Kontakt mit dem Tier ist der dich hemmt, müssen wir diesen eben mindern.“ Er bückte sich nach einem kleinen Flusslauf, um sich das Blut von den Händen zu waschen. Sie sah den roten Fäden zu, wie sie flussabwärts verschwanden. Er wechselt also das Thema. Auch diesmal machte sie brav mit. Sie wollte nicht, dass es ihm unangenehm war.  „Und wie soll das gehen?“ Er richtete sich auf und schüttelte seine Hände aus. Danach griff nach seinem Kurzbogen und zog ihn hervor. Ein echter Zwergenbogen und wohl ein seltener, wenn man bedenkt, dass Zwergen eher den Nahkampf bevorzugten. „Damit“ Namara nickte langsam. Die Idee war gut. Auf die Weise musste sie nicht so nah an ihre Beute heran. Beziehungsweise baute keine Verbindung zu ihnen auf. Kili tappte zu einem der Bäume und ritzte mit deinem Messer ein Kreuz in die Rinde. „Du sagtest du hast es schon mal gemacht.“ Er steckte den Dolch weg und trat wieder vor sie hin. Er reichte ihr den Bogen und sah ihr dabei eindringlich in die Augen. „Er ist von meinem Vater.“ Von seinem Vater?  Sie wusste dass dieser  in einer Schlacht verstorben war. Wie so viele seines Volkes. Der Bogen musste ihm eine Menge bedeuten. Sie konnte kaum fassen wie viel Vertrauen er in sie setzte. „Ich werde äusserst vorsichtig sein.“, beteuerte sie ehrfürchtig. Er nickte, drückte ihr dann seinen Bogen in die Hand und machte ein paar Schritte zurück. „Na dann, zeig mir mal was du kannst.“ Nervös strich sie sich eine Locke aus dem Gesicht. Bogenschiessen hatte sie schon eine Ewigkeit nicht mehr gemacht. Dazu kam, dass sein Bogen, wenn auch für Mittelerde-Standard hervorragend gebaut, nicht so funktionierte, wie die modernen Bögen, die sie benutzt hatte. Sie spannte ihn mal um zu testen, wie es sich anfühlte. Es war auf jeden Fall anstrengender als mit einem Compound. Aber was sie am meisten störte, war das Pfeilauflegen. Es gab keine Markierung wo sie ihn ansetzen sollte, weder hinten bei den Fingern, noch vorne. Kurz gesagt, sie hatte keinen blassen Schimmer. Es lenkte sie ab, dass er ihr dabei zusah, wie sie sich demnächst auf höchstem Grade blamieren würde. Und dass es der Bogen seines Vaters war, machte es auch nicht besser. Ganz zu schweigen von ihren schmerzenden Füssen. „Was ist? Ist es dir doch zu kompliziert?“, fragte er mit seiner wiedergewonnenen neckischen Stimme. Sie unterdrückte ihre Frustration, weil sie ihn nicht anfauchen wollte. „Eben nicht…der Bogen ist so…einfach.“ Sie fuhr sich durch die Haare, entschied sich dann es ihm zu erklären. „Es hat kein Visier und keine Pfeilauflage. Das mit dem Visier geht ja noch, aber es verwirrt mich so sehr, dass da nichts ist. Wie soll ich denn den Pfeil davon abhalten sonst wo hin zu rutschen.“ In ihrer Stimme schwang Frust mit. Sie wollte doch auch etwas können um ihn zu beeindrucken. Ihre schmerzenden Füsse und die Erschöpfung halfen ihr auch nicht gerade weiter. Er trat wieder näher an sie ran und nahm den Bogen wieder an sich, zärtlich, als wolle er um jeden Preis verhindern, dass er sie verärgerte. Oder sie bildete es sich einfach nur ein und es ging nur um den Schutz des Bogens. „Ganz einfach, in der Mitte eben.“ Ohne lange zu fackeln legte er einen Pfeil an die Sehne, wusste instinktiv schon, wie er ihn halten musste. Er war in der Position verharrt, um sie ihr zu zeigen. „Siehst du?“ Sie warf einen Blick auf seine Finger. Er lächelte ihr kurz zu, ehe er den Pfeil losliess. Er zischte durch die Luft und traf haargenau in die Mitte des eingeritzten Ziels. Beeindruckt aber doch etwas eingeschnappt verschränkte sie die Arme. Kili war ausserordentlich gut darin. Was hatte sie auch anderes erwartet. Er konnte das bestimmt auch blind. Was war sie dagegen schon? Trotzdem lobte sie ihn für den perfekten Schuss, denn sie konnte nicht leugnen, dass er sehr begabt war. Er strahlte bis zu den Ohren, als gäbe es nichts schöneres, als Komplimente von ihr zu bekommen. Wieder seufzte sie und schüttelte leicht den Kopf. „Bei dir sieht das so wahnsinnig einfach aus.“-„Ach komm, du fängst doch gerade erst an.“ Versuchte er sie gutherzig aufzumuntern. „Nein, eben nicht. Ich konnte das, ich war einer der besten. Aber neben dir mach ich mich komplett zum Narren.“ Er liess die Waffe sinken und ergriff sie behutsam bei den Schultern. „Jetzt mach dich doch nicht so fertig, lass mich dir helfen.“ Ergeben stiess sie die Luft aus. Was machte sie sich auch vor, ohne ihn bekam sie es nicht hin. Und abgesehen davon konnte sie ihm sowieso keinen Wunsch abschlagen. „Na schön, zeig’s mir.“ Er schmunzelte zufrieden und gab ihr den Bogen zurück. Sie atmete einmal tief durch und setzte schon mal das um, was sie noch von früher wusste.  Sie stellte sich aufrecht hin, Arme geradlinig zum Ziel und schnappte sich einen seiner Pfeile. Sie versuchte wie er die ungefähre Mitte der Sehne zu finden, um den Pfeil anzulegen. Den linken Arm drehte sie etwas aus, um zu verhindern, dass sie sich verletzte. „Was mach ich jetzt mit der Spitze?“  Er trat neben sie und korrigierte behutsam ihre Finger. „Du legst ihn auf deinen Fingern ab.“, seine Stimme war ganz ruhig und konzentriert geworden. Aber klar! Dass ich das nicht schon vorher bemerkt habe. Fokussiert legte sie die Pfeilspitze auf den Fingern ab, wie er sie angewiesen hatte. Es war ungewohnt und irgendwie hatte sie Angst sich an der Spitze zu verletzen wenn sie losliess. Sie spürte seine Hände an ihren Armen, als er unentwegt ihre Haltung korrigierte. Sie spannte den Bogen an bis sie die Sehne an ihrem Mundwinkel hatte. Kili blieb ganz nah bei ihr, um ihr beim Zielen zu helfen. „Noch etwas tiefer…ja genau so. Der Pfeil fliegt nicht genau dorthin, wo du hinsiehst.“ Ihr rechter Arm begann wegen der Spannung zu zittern, weswegen sie den Pfeil gehen lassen musste. Er schwirrte singend durch die Luft. Sie traf den Baum, auch wenn sie das Kreuz weit verfehlt hatte. Sie schürzte ihre Lippen und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Er zuckte bloss mit den Schultern. Sie gab aber noch nicht auf. Da die Pfeile nicht kaputt gingen, konnte sie wohl noch etwas üben. Er war sehr geduldig mit ihr und scheute nicht davor zurück ihr zu sagen was sie falsch machte. Namara gab sich wirklich die grösste Mühe, nahm beinahe die Realität nicht mehr vollständig wahr, weil sie vollkommen aufs Zielen fixiert war. Sie probierte es nochmal und nochmal. Zufrieden war sie nie, aber sie redete sich ein, dass es schon besser werden würde. Sie kam dem Kreuz immer näher, traf es aber nie. Sie trottete zu dem Baum um die Pfeile zurückzuholen. „Nicht schlecht.“, kommentierte Kili. Sie lächelte ergeben und massierte ihren angespannten Oberarm.  „Ach weisst du, ich hab einen ganz tollen Lehrer.“ Sie tätschelte ihm die Schulter, was ihn zum Lachen brachte. Sie schmunzelte ihn fröhlich an. Schlussendlich machte es dann doch Spass. Mit ihm jedenfalls. Bei ihm musste sie sich nicht ständig beweisen. Mal davon abgesehen dass sie es dennoch tat, weil sie ihm gefallen wollte. „Aber deswegen brauchst du doch keine roten Ohren bekommen“, schnurrte sie amüsiert, als sie bemerkte, dass das Kompliment ihm mehr geschmeichelt hatte, als die dachte. „Neh“, machte er nur und verfiel danach wieder in leichter glucksen. Ein niedlicher Versuch seine Verlegenheit zu kaschieren. Sie setzte erneut einen Pfeil an. Dieser wird’s, komm schon. Der Pfeil schnellte von der Sehne und bohrte sich in die Rind des Baums. „Autsch!“ Eilig rieb sie sich den Unterarm. Die Sehne war ihr voll gegen die Haut geschnellt. „Jaa…du hast den Arm nicht ausgedreht.“-„Was du nicht sagst.“, lachte sie. Wegen ihrer kleinen Schäkerei hatte ihre Konzentration nachgelassen. Nun hatte sie nicht nur zerkratze Arme, sondern auch noch rote Streifen. „Naja, immerhin treffe ich den Baum.“ Sie gab ihm den Bogen mit einer kleinen Verbeugung zurück. „Das wird schon Namara. Selbst Ziegen fallen von Klippen.“ Sie runzelte leicht verwirrt die Stirn. „Welche Ziegen?“ Er blinzelte ein paar Mal. Ist das eines dieser Sprichworte? Sie konnte förmlich sehen wie sich in seinem Kopf die Zahnrädchen drehten. „Entschuldige, ich meinte, selbst Experten meistern es manchmal nicht.“ Er lachte leicht und rieb sich verlegen den Hinterkopf. Also war es tatsächlich ein Sprichwort…Die haben vielleicht merkwürdige Redewendungen. „Achso.“ Sie lächelte ebenfalls. Sie hob ihren Arm an, um den aufkommenden Wind davon abzuhalten, ihr die Haare ins Gesicht zu blasen. „Waren wir da nicht vorher schon mal?“, setzte er nach. „Ja…doch, aber da war es anders herum. Wir verwirren uns gegenseitig.“ Sie musterten sich für einen Augenblick spielerisch, ehe sie beide lachen mussten. Die Frustration war verflogen. Ihre Wangen glühten wenn sie ihn lachen hörte. „Eigentlich gefällt’s mir neue Sprachen und Redewendungen zu lernen. Ich kann mir Worte sehr gut merken.“-„Tatsächlich?“ Er trottete zu dem Baum in welchem der Pfeil steckte und entfernte diesen mit einer ruckartigen Armbewegung. Er drehte ihn ein paar Mal spielerisch in der Hand herum. Dann drehte er sich zu ihr um und schmunzelte verspielt. „Oy umral, sanakhiya yadi haggunul?“, schäkerte er, während er ganz gemächlich auf sie zukam. Dabei schien ihm vollkommen bewusst zu sein, wie er auf sie wirkte. Sein schmeichelnder Tonfall und das rollende R machten sie ganz verlegen. Natürlich verstand sie kein Wort, aber das spielte keine Rolle. Es reichte, einfach seiner Stimme zu lauschen und zu raten. „Und was heisst das?“ Ihre Augen beobachteten ihn interessiert. Er trat ganz nah an sie heran, brachte ihren Puls zum Rasen. Seine Lippen kräuselten das vertraute, charmante Grinsen, welches sie so schön fand. Sie streckte vorsichtig eine Hand aus, um ihm eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Sie hatte gar nicht darüber nachgedacht, es einfach getan. Seine Augen schimmerten mit ehrlicher Zuneigung. Ihr Herz begann wieder unberechenbar zu pochen. Hauchzart berührten seine Finger ihre Wange. Seine Nase streifte ihre, als er ihn näher kam. Sie konnte seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren… „Kili, Namara, das Essen ist parat!“ Erschrocken fuhren sie auseinander Ihr Herz klopfte wie wild. Sie wusste nicht, ob vor Schreck oder vor Aufregung. Was war das gerade? Sie sah verwirrt zwischen ihm und dem Rufenden hin und her. Es war Bofur. Kili überspielte die Situation geschickt. „Komm, ich verhungere schon.“ Er ergriff ihre Hand und zog sie mit sich. Namara folgte ihm verdutzt, mit einem nicht verschwindenden Lächeln auf den vollen Lippen. Die Zwerge sassen nun in einem unförmigen Kreis zusammen und erhielten je eine Schüssel mit Haseneintopf. Natürlich war es Eintopf, schon wieder. Vielleicht musste sie heute Abend wirklich mal das Kochen übernehmen. Trotzdem war sie erleichtert, dass sie endlich ihre Pause haben durfte. Diese Reise zehrte an ihren Kräften. Das Terrain war nicht immer leicht und Pausen waren spärlich, weil Thorin vorankommen wollte. Es blieb ihr nichts anderes, als die Zähne zusammenzubeissen, und es durch zu ziehen. Selbst bei äusserst charmanten Ablenkungen die den Namen Kili trugen. Mittlerweile musste sie sich eingestehen, dass ihr der hübsche Zwerg schon sehr ans Herz gewachsen war. Der Gedanke sich von ihm fernhalten zu müssen, erschien ihr nun beinahe unmöglich. Also half es nicht, dass Thorin genau das wollte und durchsetzen würde, sobald er von ihrer Verbindung Wind bekam. Das konnte ja noch heiter werden.   Neo-Khuzdul Übersetzungen:   Oy umral, sanakhiya yadi haggunul? = Na Süsse, bist du öfters hier? Kapitel 8: Die Pflichten eines Prinzen --------------------------------------   Mit einem zufriedenen Brummen, wischte sich Kili mit dem Ärmel über den Mund. Eine warme Mahlzeit nach einem langen Morgen war das Beste was er sich vorstellen konnte. Namara war der Meinung, dass sie mit der wenigen Abwechslung krank werden würden. Woraufhin er immer entgegnete, dass sie ja nicht immer dasselbe Fleisch verwendeten. Er erhob sich von seinem Schneidersitz und brachte seine Schüssel zu Bombur zurück, welche dieser dabei war einzusammeln. Allmählich wurde die zugegebenermassen schläfrig gewordene  Gruppe wieder munter. Thorin lehnte mit verschränkten Armen an einer Kiefer und rauchte. Vor ein paar Minuten hatte er den Befehl zum Weiterziehen gegeben und die Zwerge machten sich noch bereit. Kili lächelte ihm kurz zu und stapfte dann durch den Haufen an Zwergen zu seinem Bruder. „Na, bereit weiter zu ziehen?“, fragte er gut gelaunt.  Er gab ihm einen Klaps auf die Schulter und grinste spitzbübisch zu ihm hinunter. „Schätze schon…“, murrte dieser ungewöhnlich kühl. Kili zog besorgt die Brauen zusammen. „Was ist los?“ Der Blonde seufzte nur und kämpfte sich auf die Füsse, wo er dann begann seine Vorräte wieder zusammen zu packen. „Tu nicht so, als ob du es nicht wüsstest.“ Kili kniff die Augen zusammen und stand etwas ratlos da. Was ist dem denn über die Leber gelaufen? Fili warf ihm einen missbilligenden Blick zu. „Thorin löchert mich schon den ganzen Tag wegen deinen Spielchen.“, zischte er unruhig zwischen den Zähnen bevor, als befürchte er belauscht zu werden. Sein Blick zuckte kurz zum König. „Ich kann dich nicht ständig decken, wenn du nicht mal versuchst es zu verbergen!“ Empört verschränkte Kili die Arme. „Sag doch gleich, dass es um Namara geht.“- „Du benimmst dich zu auffällig, er schöpft Verdacht.“ Kilis Augen wanderten ebenfalls zu Thorin, der mit stechenden Augen über die Gruppe wachte. Er konnte es nicht rausgefunden haben…Kili war doch extra vorsichtig gewesen. „Du musst damit aufhören.“ Entgeistert starrte er seinen älteren Bruder an. Damit aufhören? Was soll das denn bitte heissen? Dachte er vielleicht, er könne seine Gefühle einfach mal eben abstellen? „Ich kann nicht einfach-“. Er verstummte abrupt, als Dwalin zu ihnen trat. „Wir brechen gleich auf.“, polterte er einigermassen freundlich. Die beiden Brüder nickten gehorchend. Als Kili sich umsah, bemerkte er, dass praktisch alle nun aufgestanden waren und ihre Sachen gepackt hatten. Auch Thorin schien nun definitiv weiterziehen zu wollen. Nur Namara und Bilbo waren noch beschäftigt, da sie sich bereiterklärt hatten das Geschirr zu waschen. Namara musste noch immer ein schlechtes Gewissen haben wegen dem entwischten Kaninchen… Fleissig rubbelte sie die hölzernen Schalen im nahen Fluss. Dabei fielen ihr die wilden Locken ins Gesicht, so dass er ihr Lächeln nur erahnen konnte. „Thorin will euch an seiner Seite haben“, riss Dwalins Stimme ihn aus dem Gedanken. Er kam gar nicht dazu zu antworten, denn der grimmige Zwerg war bereits weiter getrottet. Filis Kiefer verspannte sich. „Genau das meine ich! Selbst ein Blinder sieht das!“-„Sieht was?“, kam Thorins kühle Stimme von hinten. Er hatte sie schon eine Weile im Visier. Kili schluckte und traute sich gar nicht erst über seine Schulter zu blicken. „Nichts Besonderes.“, log er. Thorin hob die Augenbrauen und verschränkte langsam die Arme. Fili warf seinem Bruder noch einen warnenden Blick zu, ehe er an ihm vorbeiging, um sich zu den anderen zu begeben. Das war sein Gefecht, wenn es auch nur Worte waren. Kili machte Anstalten ihm zu folgen, wurde aber von Thorins ausgestreckter Hand zurückgehalten. Kili ahnte Schlimmes.  Er gab sein Bestes seinem Onkel nicht in die Augen zu sehen. „Denkst du vielleicht ich sei töricht?“, kam die befürchtete Frage. Er wusste es. Fili hatte mal wieder Recht behalten. Kili schüttelte vage den Kopf. „Dachtest du allen Ernstes, dass mir deine Schäkereien entgehen würden?“ Thorins stechender Blick bohrte sich in seinen Körper. Er glaubte den Stich beinahe spüren zu können. „Nein…ich…nein.“ Nervös leckte er sich über die Lippen. Er würde es gar nicht erst abstreiten.  Er hatte gewusst, dass er seinen Onkel hinterging. Trotzdem hatte er naiv gehofft, dass es klappen könnte. „Hatte ich dir nicht ausdrücklich befohlen dich von ihr fernzuhalten?“, seine Stimme wurde immer härter, so dass Kili sich beherrschen musste um nicht zusammen zu zucken. Dennoch wuchs in ihm den Drang sich und Namara zu verteidigen. Er wollte glauben, dass sie es zusammen schaffen konnten. „Doch, aber-“-„Schweig!“ Sofort zog der Jüngere den Kopf ein. „Ich meine mich klar genug ausgedrückt zu haben, wenn ich sagte, dass dein Übermut dich in den Ruin treiben wird! Dies hier ist kein Spiel. Wir könnten alle fehlschlagen und den Berg nie erreichen.“ Thorin machte eine Pause, um kurz durchzuatmen. Kili schwieg eisern. In solchen Momenten sagte man am besten gar nichts. „Ich habe deiner Mutter versprochen dich heil zurück nach Hause zu bringen, Kili. Und das werde ich bei Durin auch machen, verstanden?!“ Kili benötigte seine gesamte Willenskraft um seine Hände nicht zu Fäusten zu ballen. Er hasste es, seinen Onkel enttäuscht zu haben. Schon wieder. Wie sollte er denn jetzt jemals beweisen, was in ihm steckte? Es nervte ihn ständig wie ein Kind behandelt zu werden. Als ob er nicht wüsste, wie er sich zu verteidigen hatte. Als ob er nicht wüsste, was auf dem Spiel stand. Er glaubte es sehr wohl zu wissen. Und jetzt musste er auch noch Namara die kalte Schulter zeigen. Er wollte sich gar nicht ausmalen wie sie sich dann fühlte. „Ich habe verstanden.“, presste er hervor. „Das will ich doch schwer hoffen. Ich will mich auf dich verlassen können.“, fügte Thorin etwas weicher hinzu. Es war für ihn auch nicht leicht so hart zu sein. „Das kannst du.“ Endlich sah Kili auf und schaute seinem Onkel in die Augen.  Er war hin und her gerissen zwischen seinem Herzen und seiner Pflicht. Warum musste das auch so schwer sein? Thorin nickte ein paar Mal und versicherte sich somit, dass seine Worte angekommen waren. Dann gab er den Befehl zum Aufbruch. Den ganzen Weg über hatte Kili brav geschwiegen. Er war als Neffe des Königs sowieso ständig an seiner Seite. Auf die Weise konnte Thorin ein Auge auf ihn haben und liess ihm so gar nicht erst die Gelegenheit etwas Unsinniges zu tun. Er wollte auch gar nicht als der Kindskopf der Kompanie gelten. Immerhin war er ein Prinz der Zwerge. Bestimmt würde Namara dies verstehen…sie verstand doch immer alles. Wären seine Gedanken nicht so zerfressen von Gewissensbissen, hätte er sich wohl an der herrlichen Umgebung erfreuen können. Er war immer wieder verführt einen Blick nach hinten zu werfen, wo seine Angebetete sich die Anhöhe hinauf kämpfte. Sein Herz hüpfte bei ihrem Anblick jedes Mal, zog sich jedoch genauso schnell wieder zusammen, weil ihm wieder bewusst wurde, dass er dem Befehl des Königs unterstand.  Er richtete seinen Blick nach vorne, um sich mit etwas anderem abzulenken. Dieser wundervolle Wasserfall zum Beispiel, heiter sprudelnd aus Durins Quellen tief im Stein… Er seufzte. Er spürte wie ihm die Tröpfchen ins Gesicht wehten. Sie waren eisig kühl und kündeten das frostige Gebirge an, dessen Pass sie nun folgen würden. Der Pfad wurde immer schmaler und felsiger. Am Weg entlang sprossen vereinzelte Ginsterbüsche, ansonsten war die Landschaft, bis auf ein paar Blumen, kahl. Karger Stein, so wie es sich für Zwerge gehört. „Wenn das so weiter geht, können wir bald auf dem Pfad entlang balancieren!“, äusserte sich Fili scherzend, der stehengeblieben war, um die Aussicht zu geniessen. Er warf seinem Bruder einen aufmunternden Blick zu. Er hatte etwas Entschuldigendes an sich. Kili gesellte sich zu ihm und steckte die Daumen hinter den Gürtel. Er war noch leicht säuerlich wegen dem vergangenen Morgen, aber wollte dennoch nicht zugeben, dass Fili Recht gehabt hatte. Das wär’s ja noch. Tiefstehende Wolken verbargen die weite Landschaft die sie sonst von hier aus gesehen hätten. „Bemerkenswert, nicht? Wie lange wir schon unterwegs sind“ Kili öffnete den Mund um ihm zuzustimmen, wurde aber jäh von ihrem Hintermann unterbrochen.  „Seid ihr etwa festgewachsen? Bewegt eure Hintern!“, fuhr Dwalin die beiden an. Sie wussten, dass er es nicht böse meinte, er war nur nicht gerade der beste im freundlichen Formulieren. Kili warf dem Tal nochmals kurz einen Blick zu und schloss dann eilig zu seinem Onkel auf. Nicht dass er noch dachte er hätte sein Wort gebrochen. Der Nachmittag neigte sich langsam dem Abend zu und der Himmel verdunkelte sich immer weiter. Schwere Wolken schoben sich träge den grauen Himmel entlang. „Sieht nicht gerade ermutigend aus…“, merkte Kili an. Sein Onkel stimmte ihm wortlos zu. „Wir müssen uns beeilen, sonst erwischt uns das Unwetter mitten in den Nebelbergen.“, befahl Thorin und legte auch gleich einen Zahn zu. „Das Unwetter ist praktisch hier“, brummte Kili innerlich. Die gesamte Gemeinschaft sputete sich.  Vor ihnen lag lediglich ein schmaler Fusspfad, direkt in den Berg geschlagen. Kili hielt sich so nah an der Wand wie möglich. Rechts von ihm gähnte der Abgrund, dessen Grund er kaum erkennen konnte. Ein starker, eisiger Wind kam auf und drohte sie von den Füssen zu reissen. Wie Kili bereits befürchtet hatte, war das Gewitter schon hier. Wie zur Bestätigung rollte ein dunkles Grollen durch die Schlucht und hallte bedrohlich von allen Wänden wider. Wenig später zuckten auch schon die ersten Blitze am Himmel. Dieser war nun in kompletter Schwärze versunken. Die Sekundenlangen Erhellungen blendeten ihn und erzeugten Schwindel. Schützend erhob er einen Arm gegen den Wind. Regen peitschte ihm ins Gesicht und durchnässte ihn binnen Sekunden bis auf die Knochen. „Es hat uns eingeholt!“, rief Dwalin von hinten Thorin zu. Was du nicht sagst. Instinktiv hielt Kili nach seinem Bruder Ausschau, der einige Meter weiter vorne war, unerreichbar. „Das ist kein Donnergrollen! Das ist eine Donnerschlacht!“, schrie Balin über den Lärm hinweg. Kili spürte, wie die Furcht ihm die Brust verengte. Felsen lösten sich und stürzten mit lautem Poltern in die dunkle Tiefe. Erschrocken presste sich der junge Zwerg gegen den glitschigen Fels. Ein falscher Tritt und es war aus. „Wir müssen sofort einen Unterschlupf suchen!“, brüllte Thorin durch den tosenden Wind. „Beeilung!!“ Wie kleine Spielfigürchen tasteten sich die Zwerge den Fels entlang, versuchten der riesigen Bedrohung zu trotzen. Mühsam versuchte Kili die schwarze Tiefe neben ihm zu vergessen. Der Lärm raubte ihm jeglichen Orientierungssinn. Wieder erzitterte der Berg. Undeutlich löste sich ein schemenhaftes, gigantisches Wesen vom Stein. Es war nur durch den Kontrast zum blitzerhellten Himmel zu sehen. Kilis Augen weiteten sich, starrten wie festgefroren das Wesen an. Seine Grösse konnte locker mit dem Berg selbst mithalten. Träge und mit immenser Kraft, riss das Wesen einen Felsbrocken aus dem Stein. Als wäre es ein Laib Brot. Kilis Atem setzte aus, als der Brocken unaufhaltsam in ihre Richtung flog, als wöge er nichts.  Er zerschellte mit ohrbetäubendem Gepolter und liess Steinreste auf die Gemeinschaft niedergehen, die sich nur mit Müh und Not schützen konnte. Ein gellender Schrei zerriss die Stille. Kili riss den Kopf herum und spürte vor Schock sein Herz aussetzen. „Namara!“ Das Mädchen klammerte sich mit aller Macht am schlüpfrigen Felsen fest, während die Erde immer schlimmer bebte. Ihr Körper baumelte über dem Abgrund. In seinem Kopf legte sich ein unsichtbarer Schalter um. Ohne nachzudenken hangelte Kili sich an der Wand entlang, klammerte sich an das rutschige Gestein, das rund um ihn abbröckelte. „Kili!“, hörte er seinen Bruder hinter sich rufen. Er registrierte es gar nicht erst.  Er rutschte über den Stein, halb taub und schwankend. Er meinte Fili schreien zu hören. Mit halsbrecherischer Selbstlosigkeit hechtete er die letzten Meter zu ihr und ergriff mit rasendem Herzen ihr Handgelenk. Ein erneuter Schrei entkam ihr, als sie den Halt verlor und nun an seinem Arm hing. Sie keuchte und klammerte sich an seiner Hand fest. „Nicht loslassen!“ Er stemmte sich mit beiden Beinen gegen den Stein und ergriff sie fester. Ein weiterer Schrei erklang und liess sie beide erschrocken zur Seite sehen. Drei der Zwerge versuchten Bombur festzuhalten, der ebenfalls den Halt verloren hatte. Kili realisierte es nur am Rande.  Er biss die Zähne zusammen, sammelte seine Kraft zusammen und zog sie mit einem Ruck zurück auf den Pfad. Seine Arme brannten wie Feuer. Noch immer mit Schock in den Gliedern presste er sie gegen den Fels. Er glaubte sein Herz beinahe aus der Brust springen zu spüren. Namaras Augen waren weit aufgerissen und ihr Brustkorb hob und senkte sich panisch. Gerade als sein Puls sich zu senken begann, erreichte ihn der nächste Schreck. „BOMBUR NEIN“ Alarmiert riss er den Kopf herum, nur um Bofur, Bifur und Balin hilflos am Abgrund kauern zu sehen. Namara entfuhr ein Wimmern. Er selbst konnte nur ungläubig zu den Dreien starren. Die Zeit verlangsamte sich und sein Blut rauschte in seinen Ohren. Regen trommelte unaufhörlich in sein Gesicht. Namara neben ihm packte ihm beim Arm. „Wir müssen hier weg.“, ihre Stimme zitterte stark. Er war kaum in der Lage sich zusammen zu reissen.  Er fühlte sich als wären seine Füsse taub geworden. Als wäre sein Blut eingefroren. „Sofort!“ Sie zwängte sich weinend an ihm vorbei und zog ihn mit sich. Sein Kopf schwebte in Watte. Rund um ihn herum dröhnte es, die Umgebung verschwamm zu schwarz und blau. „Mir nach!“, befahl Namara und übernahm das Kommando. Kili konnte in der Mischung aus Blitzen, Lärm und Tränen gar nichts mehr sehen. Aber sie zog ihn immer weiter, bis er glaubte vor ihnen einen Höhleneingang auszumachen. Sie zerrte ihn hinein, raus aus dem Regen. Er triefte von Kopf bis Fuss. Er nahm wahr wie sich zitternde Hände um ihn schlangen, ihn ganz fest hielten. Die Schwammigkeit löste sich langsam auf. Er konnte Namara bei ihm sehen, die aufgewühlten Zwerge, die hereingestolpert kamen. Einer nach dem anderen. Stumm liess er seinen Blick über die Gruppe gleiten. Eins…zwei…drei.. Nach und nach fanden sich alle in der Höhle ein. Gedrungen und mit harten Gesichtern. Elf…zwölf…und der Hobbit. Ein merkwürdiges Gefühl breitete sich in ihm aus. Unglaube…und Verwirrung. Als wäre er nicht ganz bei Bewusstsein, oder aber, er war sich zum ersten Mal richtig bewusst. Draussen wütete der Sturm und kreierte ein geisterhaftes Licht in der Höhle. Namara, welche noch immer furchtbar zitterte, liess ihre Arme von ihm gleiten. Sie sah verloren aus. Müde. Er blickte zu Bifur und Bofur hinüber. Sie hatten sich zusammengekauert und vergossen stille Tränen. Es war ein so ungewohnter Anblick, einen so starken Zwerg wie Bifur bröckeln zu sehen. Kili wollte sich gar nicht ausmalen wie schrecklich es war einen Bruder zu verlieren. Er könnte Fili niemals verlieren, es würde ihn zerreissen. Er sah sich nach ihm um, plötzlich drängte es ihn zu überprüfen, ob es ihm gut ging. Namara schien dies zu spüren und strich ihm über die Schulter. Sie blickte ihn mit grossen, traurigen Iriden an und blinzelte sich die Regentropfen aus den Augen. „Geh nur“ Sie liess ihn alleine und zog sich zurück. Klitschnass und zitternd vor Kälte, kauerte sie sich in eine Ecke; versuchte wohl möglichst nicht aufzufallen. Er sah ihr kurz nach, schritt dann aber hastig zu seinem Bruder hinüber, der ihn gleich in eine enge Umarmung schloss. Sie sagten beide nichts, lagen sich einfach dankbar in den Armen.   Thorin hatte angeordnet, dass jeder der Zwerge eine Runde Schlaf bekommen sollte. Es musste mittlerweile mitten in der Nacht sein. Allerdings tat sich ein Grossteil der Zwerge verständlicherweise schwer damit. Wie sollte man schlafen, wenn einem der Bruder gestorben war? Kili hatte den Brüdern sein Beileid ausgesprochen wie es sich gehörte. Er selbst hatte Bombur nie wirklich gekannt, konnte aber den Verlust sehr wohl nachempfinden. Thorin trat in die Mitte der Höhle, den Kopf erhoben und den Blick durch die trauernden Gesichter gleitend. Ohne etwas sagen zu müssen, scharten sich die Zwerge um ihren König und lauschten ihm ehrfürchtig. Kili sah still zu ihm auf, innerlich bewundernd, äusserlich kühl. „Der Verlust von Bombur kam unerwartet und schmerzlich. Ich wünschte, ich hätte die Mittel, um ihm ein verdientes Begräbnis zu geben.“ Die Zwerge die sonst so redselig waren, waren verstummt. Überall ernste Gesichter, die versuchten den Schmerz zu verstecken, oder erschöpfte Augen, die solches Leid schon viel zu gut kannten. Nur der Hobbit liess es zu, dass man ihm seinen Schock ansah, er hatte ein warmes Herz „Ihr habt mein Wort. Sobald wir unseren Berg von der Bestie zurückerobert haben, werden wir ihm einen gebührenden Abschied gewähren. Doch solange wir noch nicht dort sind, müssen wir unsere Häupter erhoben tragen und dem Feind unerschrocken ins Gesicht blicken.“  Thorin erhob die Stimme, bestärkte seine Worte mit erhabener Haltung. „Wir sind die Zwerge Erebors. Möge uns das Schicksal noch so sehr ans Leben wollen, wir werden kämpfen. Bis zum letzten Zwerg.“ Die Zwerge pressten befürwortend ihre Fäuste gegen die Brust. Ein schmales Lächeln bildete sich auf Kilis Gesicht. Sein Onkel war ein grossartiger Mann. Trotz des Schmerzes der noch in der Luft lag, waren sie alle gewillt zu kämpfen. Keiner hier würde aufgeben. Thorin ergriff ein letztes Mal das Wort als der verdienten Anerkennung genug Tribut gezollt war. „Uns war allen bewusst, dass diese Reise kein Kinderspiel werden würde. Wir alle haben uns bereit erklärt, den Gefahren die Stirn zu bieten. Ehren wir die Gefallenen, indem wir zu Ende bringen, was wir begonnen haben.“ Schweigend grub Kili sich durch seine Ausrüstung. Er erhoffte sich, zumindest ein trockenes Teil zu finden. Ein Grossteil der Zwerge schlief nun, was sie auch nötig hatten. Er selbst musste sich unbedingt noch umziehen. Die nasse Kleidung klebte an ihm und liess ihn frösteln. So hoch oben in den Bergen war es alles andere als angenehm. Er konnte froh sein, dass der gnadenlose Wind aussen vor blieb. Erleichtert atmete er aus, als er einen Ledermantel entdeckte. Er zog ihn heraus und stellte freudig fest, dass darin eingewickelt noch ein weiteres, blaues Oberteil war, welches kaum Regen abbekommen hatte. Er entledigte sich seines Oberteils und wand das triefende Stück in einer Ecke aus. Es hatte sich ganz schön was an Wasser darin gesammelt. Er konnte von Glück reden, dass er mit winterlicher Kälte gut klarkam, sonst wäre er unter Umständen erfroren. Sein Blick glitt hinüber zu Namara, einem zitternden Häufchen Elend in einer dunklen Ecke der Höhle. Warum ist sie nicht bei den anderen?  Es machte ihn unruhig, denn er wusste instinktiv, dass es ihr nicht gut ging. Er ertappte sich dabei, wie er sich wünschte, sie wärmen zu können. Wie er sie umarmen könnte und ihr von den blauen Bergen erzählen könnte. Wie sie ihm zuhören und lächeln würde, so dass ihre sorgenvollen Augen mal kurz mit Freude aufblitzten. Er wusste, er sollte nicht…Sie hatte die Arme um sich selbst geschlungen, Tropfen rannen von ihren Haaren auf den Boden. Er konnte sie doch nicht erfrieren lassen! Er liess sein nasses Oberteil liegen, die trockenen in der Hand haltend und tappte über den kalten Boden zu ihr herüber. „Kili, was machst du da?!" Abrupt stellte sich ihm ein besorgter Fili in den Weg. Nicht schon wieder… Er hatte doch gerade erst Frieden mit ihm geschlossen. Überhaupt ging es ihn gar nichts an, was er gerade machte. Dennoch schoss ihm die Hitze der Scham ins Gesicht weil er auf frischer Tat ertappt wurde. „Ich muss sehen wie es ihr geht.“, antwortete er knapp. Diesmal wollte er sich nicht abwimmeln lassen. „Das kann doch nicht wahr sein! Es sind kaum sieben Stunden vergangen und schon brichst du wieder die Regeln. Kann ich dich denn wirklich keine Minute allein lassen?“, redete Fili mit gedrückter Stimme auf ihn ein. Stur ballte Kili die Hände zu Fäusten. „Es wäre schön wenn du das tätest. Dann würdest du nicht ständig in meinen Angelegenheiten herumschnüffeln.“ Er wollte sich nicht schon wieder mit seinem Bruder streiten, aber es brachte ihn auf die Palme, dass Fili ihn ewig bemuttern musste. Besonders jetzt, wo Namara ihn wirklich brauchte. „Jetzt sei doch nicht so dickköpfig! Du weisst doch selbst wie sehr sie deinen Geist verschleiert. Ich behaupte nicht, dass sie es mit Absicht tut, aber bloss schon diese Aktion vorher, als du wie ein Wahnsinniger über die Felsen gesprungen bist.“, versuchte Fili ihn zu Vernunft zu bringen. „Hätte ich sie fallen lassen sollen?!“ Kilis Augen glühten vor Empörung. Zorn brodelte in seinem Magen und er hatte Mühe seine Stimme gedämpft zu halten. Wie konnte er so etwas herzloses sagen! Besonders nachdem sie Bombur genau auf dieselbe Weise verloren hatten. „Natürlich nicht aber-“ Kili liess ihn gar nicht erst ausreden. „Und jetzt soll ich sie vielleicht erfrieren lassen?! Ist sie es nicht Wert gerettet zu werden? Sollen heute noch mehr sterben? Ist es das was du mir sagen willst?!“ Der Ältere verlor allmählich auch seine Geduld. „Wenn du dich selbst sehen würdest, würdest du dasselbe sagen wie ich. Ich will dir doch nur helfen.“-„Ich brauche deine Hilfe aber nicht!“ Schnaufend wandte sich Kili ab, um sich zu seiner Angebeteten zu begeben. Er hatte andere Sorgen als die Beschützerinstinkte seines Bruders. Er konnte nun mal nicht ändern was er empfand. Und was er draussen angestellt hatte ebenso wenig. Fili hielt ihn nun etwas gröber an der Schulter fest, in einem letzten Versuch ihn davon abzuhalten. „Basadlagi bidiya!“, sagte er. „ Idrib afbulab zallê!“ Mit diesen scharfen Worten riss Kili sich los und stapfte ohne zurückzusehen zu Namara hinüber, um sich neben sie zu knien. Ihre Zähne klapperten und ihre Lippen waren blau angelaufen. Dadurch fühlte er sich in seiner Entscheidung bloss bestätigt. „Du musst dir etwas Warmes anziehen.“ Seine Stimme war sofort weicher geworden, jedoch wurde er den barschen Unterton nicht ganz los. "Ich ha-hab-be nichts d-dabei.", bibberte sie. Wieder keimte ein Funken Ärger in ihm. Warum hatte ihr niemand Ersatzkleider besorgt? Ohne lange zu zögern, hielt er ihr sein eigenes, trockenes Oberteil hin. Sie schüttelte schaudernd den Kopf. „D-den brauchst du d-doch selbst.“-„Unsinn, du ziehst das jetzt an.“, sagte er. „Ich habe noch einen Mantel bei mir.“ Sie schien mit sich zu ringen. Aber sein Tonfall liess keine Widerrede zu. Er drehte sich demonstrativ um, damit sie sich umziehen konnte. Er hörte es hinter sich rascheln, wodurch er wusste, dass sie gleich in wärmerer Kleidung steckte. Da er sie nun nicht mehr ansah, konnte er direkt in Filis Gesicht blicken. Er machte ihm Vorwürfe. Kili erwiderte den Blick störrisch wie er war. Sein Bruder schüttelte den Kopf und liess von ihm ab. Der Jüngere warf einen prüfenden Blick über die Schultern, um festzustellen, dass Namara still und in seiner Kleidung auf dem Steinboden hockte. Wohlwollend nahm er ihre Hand. Sie war eiskalt, was ihn besorgte. „Du bist ja völlig unterkühlt!“  Ohne lange zu Zaudern schlang er beide Arme um sie um sie zu wärmen. Sie wehrte sich nicht dagegen. Noch sagte sie ein Wort. Er spürte ihre Handflächen auf seiner Haut. Zuerst zögerlich…dann atmete sie erlöst aus, als würde sie die Wärme spüren. Nun presste sie sich förmlich an ihn, sog seine Hitze mit ihrem ganzen Körper auf. Er legte sein Kinn auf ihren Haaren ab und schloss die Augen. Sie hörte allmählich auf zu zittern und atmete leise und gleichmässig ein und aus. Als er auf sie hinab sah, konnte er sehen, dass sie eingeschlafen war. Sie musste sehr erschöpft sein. Sie sah so friedlich aus…Zart lächelnd strich er ihr mit dem Daumen über die Wange. Seine Lippen legten sich zärtlich auf ihre Stirn. Schlaf nur meine Schöne. Ich gebe auf dich Acht.     Khuzdul Übersetzungen: Basadlagi bidiya! = Bleib weg von ihr! Idrib afbulab zallê! = (wörtlich: Hör auf mir mein Ale zu verschütten!) Bedeutung: Hör auf mir auf die Nerven zu gehen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)