For the Snow will Surely Melt von Votani (Hatori x Tohru | Arisa x Saki) ================================================================================ Kapitel 3: Über Verwandlungen und Flüche. ----------------------------------------- 7 Das alles kam Tohru noch immer fürchterlich unglaubwürdig vor. Vor gut fünfzehn Minuten war sie mit Hatori noch die verschneite Straße entlang gegangen und nun beobachtete sie das kleine Seepferdchen, in das Hatori sich verwandelt hatte, in ihrer Badewanne. Jedenfalls konnte es sich Tohru nicht anders erklären, als dass das Seepferdchen Hatori war. Neugierig bettete Tohru die Finger auf dem kalten Porzellanrand der Badewanne und beobachtete das kleine Tier, als es im Wasser lustlos auf- und abschwamm. „Hatori-san“, begann Tohru, wusste jedoch nicht genau, wie sie das bedrückende Gefühl bei seinem Anblick erklären konnte. „Es tut mir sehr leid, dass Sie sich durch mich in ein Seepferd verwandelt haben. Ich… Ich bin nicht sicher, wieso es geschehen ist. Vielleicht… vielleicht lastet ein Fluch auf mir.“ Doch woher hatte sie ihn? Für einen Moment schien das Seepferdchen durch die Wasseroberfläche zu ihr aufzusehen, während Tohru durch die geschlossene Badezimmertür Saki und Arisas dumpfe Stimmen vernahm. Hatte sie falsch reagiert? Hätte sie Saki und Arisa einweihen sollen? Aber Hatori war ihr wie ein unheimlich privater Mensch vorgekommen, der wahrscheinlich nicht gewollt hätte, das andere erfuhren, dass er von Tohru irgendwie in ein Tier verwandelt worden war. Andererseits konnte sie Hatori nicht ewig in ihrer Badewanne verstecken. Das war kein Geheimnis, welches Tohru für immer vor anderen verstecken könnte. Und was war mit Hatoris Familie? Sie würden sich fürchterlich um ihn sorgen, wenn er nicht nach Hause käme. Blitzschnell beugte sich Tohru tiefer über die Badewanne, die Finger fest um den Rand geschlossen. „Soll ich jemanden anrufen? Haben Sie Kinder, Hatori-san? Eine Frau? Einen Bruder? Sollte ich nicht irgendjemanden benachrichtigen?“ Aber natürlich konnte sie von einem Seepferd keine Antwort erwarten, jedenfalls hatte es bisher keine Reaktion von sich gegeben. Nur Hatoris Blick wirkte selbst in dieser Form so bedrückt, dass es Tohru fast das Herz vor Mitgefühl und Schuld zerriss. Tohrus Augen füllten sich gegen ihren Willen mit Tränen. Mit einer schnellen Bewegung wischte Tohru sie fort, aber sie wollten keine Ruhe geben und weitere flossen ihren Wangen hinab. Bevor sie Tohru vom Kinn tropfen konnte, gab es eine lautlose Explosion, die Tohru schockiert nach Luft schnappen ließ – und im nächsten Sekundenbruchteil befand sich vor ihr in der Wanne nicht mehr das kleine Seepferd, sondern ein äußerst nackter Hatori. Ein spitzer Schrei entwich Tohrus Kehle, als sie nach hinten stürzte und auf den harten Fliesen landete. Sofort schlug sie sich eine Hand vor die Augen. „Ein… ein Handtuch“, japste Tohru und ertastete blind eines auf dem Regal, um es in Hatoris Richtung zu halten. Sie spürte, wie Hatori es ihr abnahm. „Es gibt niemanden zu benachrichtigen“, meinte er so leise und tonlos, dass es fast in dem Rauschen von Tohrus Ohren unterging. „Tohru?!“ Abermals drang Arisa grölende Stimme durch die Tür, gefolgt von einem heftigen Hämmern, das versprach, dass die Tür eingetreten werden würde, sollte Tohru nicht innerhalb weniger Sekunden antworten. „A-Alles in Ordnung“, rief Tohru, als sie sich blind aufsetzte, die Hand weiterhin gegen die Augen gepresst. „Ich bin nur umgefallen.“ „Wie bitte?“, rief Arisa. „Wie kann das nichts sein, wenn du gefallen bist. Mach die Tür auf, damit ich dir glauben kann, dass es dir gut geht!“ „Arisa…“, mahnte Saki, während Tohru den Mut zusammennahm und ihre Hand sinken ließ. Vorsichtig blinzelte sie in Hatoris Richtung, der bewegungslos in der Wanne saß und sich wenigstens das Gesicht abgetrocknet hatte, auch wenn nasse Haarsträhnen ihm noch immer in die Stirn hingen. Sein Blick lag auf der Wasseroberfläche vor sich. Beinahe kam es Tohru so vor, als brachte er es nicht über das Herz, sie anzusehen. Er sah schuldig aus, obwohl es doch Tohru gewesen war, die ihn irgendwie in ein Tier verwandelt hatte. Tohru schluckte, als ihre Augen unwillkürlich an Hatoris nacktem Oberkörper zu ruhen kam. Hitze stieg ihr sogleich in die Wangen. „Du hast zehn Minuten, um rauszukommen, Tohru-kun“, sagte Saki inzwischen, bevor Tohru ein weiteres Mal den Schritten lauschte, die sich von der Tür entfernten. „Komm, Arisa.“ Langsam rappelte sich Tohru auf, bis sie wieder auf den Knien saß. „H-Hatori-san?“ „Ich habe gehofft, dass du das nicht zu sehen bekommst“, antwortete er und wandte das Gesicht in ihre Richtung. Tohru krabbelte auf allen Vieren auf ihn zu, bis sie direkt vor der Wanne saß und Hatori das Handtuch abnehmen konnte. Ihre Finger berührten sich, ehe Hatori seine Hand wegzog und den Stoff gänzlich freigab. „Geht es Ihnen gut, Hatori-san?“, fragte Tohru mit hochrotem Kopf. Obgleich ihres Alters hatte sie noch nie einen nackten Mann gesehen, geschweige denn war allein mit einem in ihrem Badezimmer gewesen. Sie wollte gar nicht daran denken, was Saki und Arisa denken würden, sobald sie von seiner Anwesenheit erfuhren. Doch in diesem Moment, in dem Hatori so traurig aussah, waren Tohru weder ihre Verlegenheit noch die Meinungen ihrer besten Freundinnen wichtig. „Kann ich Ihnen helfen, Hatori-san?“, fragte Tohru und streckte im gleichen Moment die Hand mit dem Handtuch aus, um es sachte an Hatoris Stirn entlang zu tupfen, da neue Tropfen von seinen Haaren an seiner Haut hinunterliefen. Hatori hielt still, aber musterte sie mit einer Intensität, die Tohrus Haut kribbeln ließ. „Erinnerst du dich?“ Sein Ton verriet, dass seine Frage eine tiefe Bedeutung in sich trug. Tohrus Augen weiteten sich. „Ich… Sie haben mir das Leben gerettet, Hatori-san“, erwiderte sie. „Daran erinnere ich mich. Ich war furchtbar unvorsichtig, aber Sie haben mich rechtzeitig von der Straße gezogen.“ Ein Lächeln breitete sich auf Tohrus Lippen aus und erneut stieg Wärme in ihr auf, die diesmal nichts mit Verlegenheit zu tun hatte. Obwohl sie sich kaum kannten, hatte Hatori sie beschützt. Er war ein unheimlich guter Mensch. „Vielen Dank, Hatori-san.“ Verwundert hob Hatori den Blick, bevor seine Mundwinkel sich ein Stückchen hoben. Er schien sich mit ihrer Antwort zufrieden zu geben oder sie zumindest zu akzeptieren. Beinahe kam es Tohru so vor, als hätte er kaum etwas anderes aus ihrem Mund erwartet. Erging es Hatori ähnlich und auch ihm kam es ein bisschen so vor, als würden sie sich schon ewig kennen? Tohrus Herz flatterte bei diesem Gedanken aufgeregt in ihrer Brust und sie presste eine Hand gegen ihren Brustkorb, als könnte sie es mit dieser Geste beruhigen. „Ich… ich habe auch Ihre Sachen.“ Hastig stand Tohru auf und holte die Kleidungsstücke, die sie in ihrer Eile auf dem Rand des Waschbeckens abgelegt hatte. „Es ist ein Fluch“, sagte Hatori, als Tohru seine Sachen heranschaffte und neben der Badewanne ordentlich auf einen Haufen zusammenlegte. Sein Augenmerk lag auch weiterhin auf ihr und abermals schlich sich Tohru die Ahnung auf, dass diese Worte eine Menge Gewicht in sich trugen. Dass sie mehr als nur die Wahrheit und ein tiefes Geheimnis beinhielten, welches Hatori ihr somit anvertraute, auch wenn sie seine Bedeutung nicht richtig verstand. Ein Fluch? „Also habe ich Sie nicht in ein…“, begann Tohru, sah jedoch wie sich Hatori Gesichtsmuskeln anspannten und brachte die restlichen Worte nicht über die Lippen. „Nein“, sagte Hatori knapp, ehe er erneut nach dem Handtuch griff. Vielleicht hatte er, ähnlich wie Tohru, den anfänglichen Schock inzwischen verarbeitet, denn er begann sich die Haare trocken zu rubbeln, bevor er auch seine Arme und seinen Brustkorb abtrocknete. Tohru schlug die Hände an die warmen Wangen, ehe sie sich umwandte, um Hatori wenigstens ein bisschen Privatsphäre zu geben. „Wenn ich die Tür öffnete—“ „—werden deine Mitbewohnerinnen wissen, dass du einen unbekleideten Mann in deinem Badezimmer versteckst“, beendete Hatori. Tohru nickte, obwohl sie nicht sicher war, ob Hatori es sah. „Es ist nichts Persönliches, Hatori-san“, entwich es ihr erstickt, als sie das Wasser hinter sich plätschern hörte, als Hatori sich aus der Wanne hievte. Sie konnte es sich leider bildlich vorstellen und Schuldgefühle erfassten sie. „Sie sind nur um mich besorgt. Manchmal sogar ein wenig zu viel, aber das macht Hana-chan und Uo-chan so besonders“, plapperte Tohru. „Sie haben große Herzen und ein Stück davon für mich reserviert.“ Es fiel Tohru einfach, über ihre beiden besten Freundinnen zu sprechen. Zudem lenkte es sie von Hatori ab, der sich dem Rascheln der Kleidung nach zu urteilen gerade anzog. „Ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde.“ „Ich bin sicher, dass sie ganz genauso über dich denken, Honda-san“, erklang Hatoris Stimme schließlich so dicht hinter ihr, dass Tohru zusammenzuckte. Sein Ton war gesenkt und beinahe sanft – und Tohru stellte sich vor, wie er direkt hinter ihr stand und sie ansah. Ihre Gedanken kehrten sogleich zu seiner Rettungsaktion zurück, zu der Umarmung, die sie unfreiwillig geteilt hatten und die dazu geführt hatte, dass Hatori sich in ein Seepferdchen verwandelt hatte. Tohru fuhr herum, die Handflächen schützend ausgestreckt und die Augen fest zusammengekniffen. „Passen Sie auf, Hatori-san. Der Fluch!“ Auf ihren Aufschrei hin herrschte für einen Moment Stille, sodass es Tohru beinahe vorkam, als wäre Hatori nicht mehr mit ihr im Badezimmer. Doch er konnte sich doch wohl kaum in Luft ausgelöst haben. Hatte er sich schon wieder verwandelt? Hatte der Fluch schon wieder zugeschlagen? „Hatori-san?“ Blind suchte sie mit ihren Händen die Luft ab, bis ein paar Finger sanft ihre berührten und ihren Herzschlag zum Beschleunigen brachten. Die Berührung löste sich wieder. „Hatori-san…“ „Du kannst die Augen wieder öffnen“, sagte Hatori und wartete, bis Tohru blinzelnd die Augen aufschlug. Ihr Blick blieb an dem inzwischen etwas zerknitterten Hemd hängen, welches Hatori angezogen und zugeknöpft hatte. Nun hob er auch das Jackett auf und zog es an, ehe sein Mantel folgte. Tohru sah ihm dabei zu und ein Lächeln zupfte unwillkürlich an ihren Mundwinkeln. „Ich bin froh, dass es Ihnen gut geht, Hatori-san“, murmelte sie und meinte ein Zögern beim Aufheben seines Mantels zu sehen. 8 Interessante Schwingungen drangen aus dem Badezimmer, die Saki während des Essens immer wieder zum Schmunzeln brachten. Die Sorge über Tohrus außergewöhnliches Verhalten bereitete Saki noch immer ein wenig Kopfzerbrechen, wenn auch nicht so viel wie Arisa, aber die starken Emotionen, die sie von Tohru zwischenzeitlich immer wieder aufschnappte, versicherten ihr, dass sie trotz allem wohl auf war. „Weißt du was, was ich nicht weiß?“, erkundigte sich Arisa, die mit sackenden Schultern auf ihrem Sitzkissen saß und mit ihrem Stäbchen in ihrem Reis herumsteuerte. Das war schon mal ein Fortschritt, da es sie mindestens fünfzehn Minuten gekostet hat, die Essenschachtel überhaupt zu öffnen, nachdem Tohrus Schrei aus dem Badezimmer gedrungen und sie zur Tür gestürmt war. Arisa wollte Tohru vor allen im Leben beschützen, obwohl man manche Dinge allein erfahren musste – und was auch immer Tohru gerade durchmachte, wollte sie trotz der tiefen Zuneigung für ihre besten Freundinnen nicht teilen und dies mussten sie akzeptieren. „Ich weiß genauso wenig wie du“, versicherte Saki ihrer Freundin und griff mit den Stäbchen nach ein wenig mehr von ihrem Reis. „Dein Essen wird kalt.“ Arisa hob den Blick. „Wie kannst du ausgerechnet jetzt ans Essen denken? Tohru hat sich im Bad verbarrikadiert!“ Sakis Mundwinkel zuckten, bevor sie jedoch zu einer Antwort ansetzen konnte, knarrten die Dielen und Tohru tauchte im Türrahmen auf. Sie hatte die Finger ihrer Hände ineinander verhakt und fest gegen ihre Brust gepresst. Ihr Gesicht war errötet und verschwitzt und die Aura, die sie ausstrahlte, strotzte vor Aufregung und Verlegenheit und Liebe und Dankbarkeit – und hinter Tohru stand ein hochgewachsener Mann mit nassen Haaren und einem feinen Wintermantel auf dem Arm. „Hana-chan, Uo-chan, das ist Hatori-san“, erklärte Tohru Arisa klappte der Mund auf. „Guten Abend“, sagte Saki an ihn gerichtet. „Es ist nett Sie kennen zu lernen, Hatori-san. Haben Sie schon gegessen?“ „Ich sollte mich wirklich auf den Heimweg machen“, erwiderte er, bevor er an Tohru vorbeiging und die Tür ansteuerte. Tohru eilte hinter ihm her, während Arisa sie mit dem Blick verfolgte. „Jemand anzustarren ist nicht besonders höflich, Arisa“, erinnerte Saki sie, als Tohru den Mann, mit dem sie fast eine halbe Stunde allein im Badezimmer verbracht hatte, verabschiedete. „Glaubst du, dass sie…?“, begann Arisa. Saki belächelte die Zaghaftigkeit in ihrer Stimme, obwohl Arisa sich sonst furchtbar direkt und manchmal auch etwas ungehobelt ausdrückte. Diese Wendung ihres Abends hatte aber selbst ihr die Sprache verschlagen, was eigentlich nur unheimlich selten geschah. „Es würde jedenfalls die Schwingungen erklären, die ich aufgefangen habe“, witzelte Saki, woraufhin Arisa beinahe theatralisch die Stäbchen aus der Hand fielen. „Im Badezimmer?!“ „Du solltest am besten wissen, was man alles in einem Badezimmer tun kann.“ Jedenfalls konnte sich Saki an so einige aufregende Minuten erinnern, die sie dort gemeinsam verbracht hatten, wenn Tohru mal wieder länger fortgewesen war. Sie erinnerte sich an lange, heiße Duschen und an eine zwischen ihre Beine kniende Arisa, als Saki auf dem geschlossenen Toilettendecke gesessen und ihren Rock ihre langen Beinen hinaufgezogen hatte. Dem nachdenklichen Blick nach zu urteilen, erinnerte sich auch Arisa an diese gemeinsamen Momente. Arisa räusperte sich. „Aber wir sind auch verdorben. Tohru ist so unschuldig.“ Ihr Blick ging zum Flur und somit in Tohrus Richtung hinüber. „Und dann der Kerl da. Wer ist er? Und warum kennen wir ihn nicht?“ Wirsch fuhr sich Arisa durch das lange Haar und ein Seufzen glitt über ihre Lippen. Natürlich hatte sie nicht unrecht, aber Saki vertraute ihrer Intuition. Die Gefühle, die sie von Tohru gespürt hatte, waren so aufrichtig und rein gewesen, dass sie ihr dies nicht ruinieren wollte. Doch sollte Hatori ihr auch nur in irgendeiner Art und Weise das Herz brechen, würde sie ihm den schlimmsten Fluch auf den Hals hexen, der ihr einfallen würde. Hatori würde sein Lebtag nicht mehr froh werden, wenn sie mit ihm fertig war. Mit diesem Gedanken aß Saki genüsslich weiter, wohl wissend, dass sich das fehlende Puzzleteil in Tohrus Herzen hinzugefügt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)