Sintflut von Nordsee ================================================================================ Kapitel 6: Du klingst wie eine kleine Stalkerin, Madame... ---------------------------------------------------------- "Du klingst wie eine kleine Stalkerin, Madame..." Durch vibrieren ihres Handys – welches noch immer in ihrer Hand liegt – wird Annabell aus ihrem Schlaf gerissen und sie blinzelt erst einen Moment verwirrt, bis sie checkt, was genau sie geweckt hat. Sie sieht nur noch das Licht ihres Handys erlöschen, dann ist alles wieder so, als wäre nie etwas geschehen. Müde stöhnend lässt sie es los bevor sie sich über die Augen reibt und ignoriert für einige Sekunden ihr Mobiltelefon. So wirklich will sie die Augen noch nicht aufbekommen und auch wenn sie neugierig ist, wer sie denn aus ihrem wohlverdienten Schlaf gerissen hat, die Kraft und Koordination bekommt sie dafür einfach noch nicht hin. Gähnend beschließt Annabell sich noch ein paar Minuten zu geben, bevor sie sich in den Tag stürzt. Aus ein paar Minuten sind am Ende über zwei Stunden geworden und Annabell ist doch ziemlich über sich selbst erschrocken als sie das nächste Mal auf die Uhr schaut. Kurz nach elf Uhr zeigt ihr Wecker in leuchtenden Lettern an und das veranlasst sie dazu mit einem beherzten Sprung aus dem Bett zu hopsen. Nun wird es aber langsam mal Zeit in die Gänge zu kommen. Zwar hat sie ihren Termin erst am Nachmittag, aber deswegen kann sie es sich nicht erlauben den ganzen Tagen auf der faulen Haut zu liegen und sich auszuruhen. Keine halbe Stunde später ist sie geduscht und angezogen und sie sitzt mit einer vollen Schüssel Müsli am Tisch. Genüsslich schaufelt sie einen Löffel nach dem anderen in sich hinein, während sie gleichzeitig überlegt, was sie denn heute zu ihrem Bewerbungsgespräch anziehen soll. Sie will nicht zu formell gehen, das macht dann eher den Eindruck, dass sie sich zu fein ist und nicht die Finger dreckig machen will. Zu leger möchte sie sich aber auch nicht kleiden, da es dann wieder so rüber kommen könnte, dass sie alles zu locker nimmt und den Kindern keine Grenzen bietet. Annabell hält mitten in ihrer Bewegung inne sich einen weiteren Löffel Müsli in den Mund zu stopfen, als ihr einfällt, dass sie früher am Morgen ihr Handy doch in der Hand hatte und es sie sogar geweckt hat. Den vollen Löffel lässt sie zurück in ihre Schale sinken und sie springt auf und schlittert in ihr Schlafzimmer, wo sie das kleine mobile Teil erst mal aus der Bettdecke wühlen muss. Mittlerweile leuchtet ihr nicht nur eine Nachricht entgegen, sondern es sind schon zwei. Eine von Toni und eine von Óskar, weswegen ihr Herz gleich wieder ein bisschen schneller schlägt Annabell zwingt sich zuerst auf Toni zu antworten. Die wünscht ihr wie immer einen guten Morgen und einen schönen Start in den Tag. Gut, der war bis jetzt recht chaotisch, aber deswegen noch lange nicht schlecht. Sie wünscht ihr schlicht das Gleiche, bevor sie mit zitternden Fingern die nächste Nachricht öffnet. Ihr kommt es nach wie vor so vor, als hätte sie den gestrigen Abend geträumt, aber wenn sie den Chatverlauf der letzten Nacht betrachtet, dann ist es definitiv kein Traum, sondern nichts als die Wahrheit. Eine sehr tolle und wirklich aufregende Wahrheit, wenn sie ehrlich zu sich selbst ist. Óskar: Guten Morgen Annabell. Ich hoffe du bist gut in den Tag gestartet und viel Erfolg heute bei deinem Vorstellungsgespräch. Zeig was du kannst und gib Bescheid, wie es gelaufen ist! Es sind wirklich nicht viele Worte, aber sie zaubern ihr sofort ein breites Lächeln aufs Gesicht und sie spürt von ganz alleine die Wärme in ihre Wangen schießen. Schon verrückt, was ein paar einfache Worte alles so anrichten können. Annabell: Guten Morgen oder sollte ich eher Mittag sagen? Ich habe ein bisschen verschlafen und hänge nun ganz schön bei meinem Tagesplan hinterher. Bei dir ist es sicher besser gelaufen. Danke, ich gebe mir alle Mühe.]/i] Tippt sie ihm zurück, bevor sie ihr Handy in die Hosentasche verstaut und sich wieder in die Küche begibt, wo sie ihr Frühstück beendet. Danach macht sie sich daran ihren Haushalt zu schmeißen und die Wäsche zu waschen. Eigentlich wollte sie vor ihrem Termin noch einkaufen gehen, aber das kann sie sich jetzt abschminken. Vielleicht macht sie es danach noch, die Läden haben ja alle lang genug offen, da dürfte das kein Problem sein. Gerade als Annabell sich für ihr Gespräch fertig machen will, meldet sich ihr Handy wieder zu Wort. Schnell zieht sie es aus ihrer Hosentasche und öffnet die Nachricht, die von Óskar eingetroffen ist. Óskar: Oh, da habe ich dich gestern wohl zu sehr von deinem Schlaf abgehalten? Da will ich dich mal nicht weiter aufhalten, nicht, dass du wegen mir noch vollends in Verzug kommst. Annabell: Keine Sorge, es ist nichts, was von wirklicher Bedeutung ist und nicht auch auf morgen verschoben werden kann. Außerdem hältst du mich nicht auf, die versüßt mir höchstens die Pausen dazwischen. Oh Gott, hat sie das gerade wirklich geschrieben? Sie muss doch nicht ganz knusper im Kopf sein. Aber jetzt ist es eh zu spät und die blauen Häkchen deuten daraufhin, dass Óskar die Nachricht auch schon längst gelesen hat. Sofort spürt sie wieder diese hibbelige Aufregung in sich, welche sie nicht mehr ruhig sitzen lässt. Óskar: Na wenn das so ist, da muss ich mich ja nicht zurückhalten, da bin ich doch gerne dafür verantwortlich, dass du mal eine Pause mehr machen kannst. Annabell: Was ist eigentlich mit dir? Hast du gerade Pause oder bist du gar nicht arbeiten, hab dich sonst nie am Handy stehen sehe? Óskar: Du klingst wie eine kleine Stalkerin, Madame, soll ich dir das mal sagen? Aber ich bin arbeiten, ist aber gerade sehr ruhig, weswegen ich mal ab und an einen Blick auf mein Handy werfen kann. Ach du scheiße, darüber hat sie gar nicht nachgedacht, wie das rüber kommen könnte. Selbstverständlich hat sie ihn nie gestalkt. Allerdings kann sie nicht abstreiten, dass ihre Augen vielleicht immer ein bisschen zu lange auf ihm geklebt haben, wenn er an ihr vorbei gegangen ist oder irgendwas an seiner Bar zusammen gestellt hat. Annabell: Oh Gott nein, so war das nicht gemeint! Also es ist nicht so, dass ich dich nicht gerne anschaue und vielleicht auch manchmal etwas länger als nötig, aber gestalkt habe ich dich definitiv nicht. Das hättest du früher oder später gemerkt, da ich mich mit irgendwas selbst verraten hätte. Oh weh, Annabell. Warum erzählst du ihm das denn jetzt bitte? Ihr kennt euch einen Tag. Nein, das ist schon viel zu übertrieben. Eine Nacht und nicht mal einen halben Tag und du knallst dem Kerl solche Dinge an den Kopf. Bevor sie sich noch weiter hineinreitet, legt sie das kleine Ding erst mal zur Seite und zieht sich endlich passend für ihr Vorstellungsgespräch an. Mit einer engen, dunklen Jeans und einer lockeren, nicht zu formellen Bluse an ihrem Körper wandert sie ins Bad und legt da ein wenig Makeup auf, bevor sie ihren zerwuschelten blonden Bob ein wenig bändigt, damit sie nicht ganz so wild damit aussieht. Das dauert nicht wirklich lang, was gut ist, da sie durch das Schreiben mit Óskar schon wieder ein bisschen in Zeitverzug gekommen ist. Sie schnappt sich noch ihre Handtasche und alles Mögliche, was da rein gehört, dann verlässt sie auch schon mit dem passenden Schuhwerk ihre Wohnung. Dabei versucht sie sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, dass Óskar noch nicht auf ihre verrückte Nachricht geantwortet hat. Der Kerl wird sicherlich gerade mit seinen Gästen zu tun haben und kann nicht alle zwei Minuten auf sein Handy schauen, das ist schließlich nicht gerade Kundenfreundlich. Das Gefühl, dass es wegen ihrer Nachricht sein könnte, das versucht sie gar nicht erst an sich heran zu lassen. Durch das Gespräch in der Kindertagesstätte wird sie dann aber recht schnell von ihren Gedanken um Óskar abgelenkt und sie konzentriert sich voll und ganz darauf. Eine knappe Stunde später ist sie dann schon wieder entlassen. Sie wurde anschließend noch durch die Kinderstätte geführt und Annabell konnte sich schon einen ersten Eindruck machen. Ab Montag darf sie drei Tage Probearbeiten kommen, damit die Leiterin sehen kann, wie gut sie mit den Kindern agieren kann und wie oder ob sie in das hiesige Team passt. Besser hätte es nicht laufen können, da ist sich Annabell sicher. Glücklich tritt sie wieder den Heimweg an. Dort schnappt sie sich ihren großen Rucksack und noch eine große Tragetasche, dann macht Annabell schon wieder kehrt und sie verlässt erneut ihre Wohnung, um den nächstgelegenen Supermarkt anzusteuern. Auf dem Weg checkt sie noch mal ihr Handy, doch Óskar hat nach wie vor nicht geschrieben. Das verpasst ihrer Freude schon wieder einen kleinen Dämpfer, aber sie ist weiterhin davon überzeugt, dass er im Moment einfach viel zu viel zu tun hat. Trotz allem kommt sie ihrer Abmachung nach und sie tippt ihm, das alles gut gelaufen ist und sie Probearbeiten darf. Erneut eine Stunde später keucht sie vollbepackt ihre wenigen Treppenstufen hoch. Mit gefühlt allerletzter Kraft steckt sie den Schlüssel ins dazugehörige Loch und kaum springt die Tür auf, lässt Annabell zunächst alle Einkaufe im Flur liegen. Am liebsten würde sie sich dazulegen und sie fragt sich zum zehnten Mal – seit dem sie den Supermarkt verlassen hat – warum sie nicht mit dem Auto gefahren ist? Klar, der Laden ist zu Fuß gerade mal zehn Minuten entfernt und somit nicht weit weg, aber die Lebensmittel haben ja trotzdem alle Gewicht und genau das vergisst sie jedes Mal aufs neue, wenn sie aus dem Haus geht, mit der Mission Lebensmittel zu erwerben. Irgendwann hat sie aber wieder genug Puste um sich aufzurappeln und alles wegzuräumen. Danach macht sie es sich mit einem heißen Tee in ihrem Wintergarten gemütlich, während sie ein dickes Buch auf ihrem Schoß drapiert. Das Handy liegt immer in griffnähe, damit sie ja nichts verpasst, was wichtig sein könnte. Dabei ignoriert sie die Tatsache, dass sie sich immer dämlicher vorkommt, umso öfter sie auf das Handy schaut. Es gleicht schon beinahe nach einer Sucht und das sagt sie schon nach solch einer kurzen Zeit. Lange hält diese Rüge an sich selbst allerdings nicht an, denn sobald ihr Handy vibriert und Annabell den bekannten Namen liest, ist alles andere vergessen. Erst recht, als Óskar ihren frechen Spruch auch nicht unmöglich einstuft, sondern sich eher darüber amüsiert. So verfliegen auch die restlichen Stunden des Tages und man kann wirklich sagen, ihr Handy glüht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)