Marinesoldatin von Votani (Sanji x Nojiko) ================================================================================ Kapitel 1: Marinesoldatin ------------------------- Schiffe, die der Marine angehörig sind, wecken in Sanji grundsätzlich kein großes Interesse. Sämtliche Soldaten, die ihren Weg durch die Türen des Baraties finden, ähneln sich fürchterlich. Die Mehrheit von ihnen besteht aus Männern, aber selbst die wenigen Frauen in der Marine tragen die gepressten, langweiligen Uniformen, die ihnen sämtliche Konturen rauben. Viel eher interessieren ihn die Reichen und Schönen, zumindest so lange diese von weiblicher Natur sind. Sanji steckt sich eine Zigarette an und verfolgt mit gelangweiltem Blick den schmalen Rauchfaden, der sich zur Decke hinaufschlängelt. Hinter ihm klappert Geschirr und die Rufe der Jungs liegen in der Luft, während Öl in den Pfannen zischt und Gemüse geschnitten wird. Sanji steht genau im Türrahmen zwischen der Großküche und dem geläufigen Speisesaal, in dem es vor Kunden wimmelt. Viele sind angereist, um die kämpfenden Köche persönlich zu sehen, da sie sich in diesen Gewässern einen Namen gemacht haben. Andere Kunden sind zufällig über ihr schwimmendes Restaurant gestolpert, doch das macht keinen Unterschied, so lange alle ihre Gerichte genießen und zufrieden wieder gehen. Als er den Blick wieder von der Decke auf die breiten Doppeltüren des Baraties richtet, treten die ersten Soldaten bereits ein. Ihr Schiff hat erst vor wenigen Minuten bei ihnen angelegt, wie Sanji durch eines der Fenster beobachtet hat, aber scheinbar können sie es kaum abwarten. Mit selbstbewussten Schritten und hochgetragenen Nasen lassen sie sich von Patty die freien Tische zeigen und die Menükarten reichen. Patty zieht eine Grimasse hinter ihren Rücken, bevor er breit und furchtbar künstlich grinst, als ein Soldat sich zu ihm umdreht. Sanji beobachtet es unbeeindruckt. Sein Herz setzt erst einen Schlag aus, als er die einzige Frau in der kleinen Gruppe an Marinesoldaten bemerkt. Die Gleichgültigkeit in seiner Brust schmilzt und hinterlässt ein vertrautes Flattern, als seine Füße ihn eigenständig zu dem Tisch tragen. „Was würden Sie empfehlen?“, fragt sie Patty, als dieser ihr eine Karte reicht. Ihr violettes Haar ist von einem roten Band zurückgehalten und so kurz, dass es gerade mal über ihr Kinn reicht. Die ersten Knöpfe ihrer Uniform sind geöffnet und geben die verschnörkelte Tätowierung auf ihrem Schlüsselbein preis, welche sich zu ihren Schultern zieht, da sie ein Hemd ohne Ärmel trägt. Auch den unteren Stoff des Oberteils hat sie zu einem Knoten gebunden, so dass man ihren flachen, trainierten Bauch sehen kann. Sanji hat noch nie jemanden gesehen, der es schafft, in der Uniform eines Marinesoldaten attraktiv auszusehen. Elegant schiebt sich Sanji zwischen Patty und die junge Frau, die höchstens ein paar Jahre älter als er sein kann. „Zu empfehlen ist eigentlich alles hier, Miss“, sagt Sanji, bevor er Patty eine weitere Karte aus der Hand nimmt und diese aufschlägt. „Aber besonders das Schnitzel oder der Haussalat ist empfehlenswert. Gemüse ist gut für die Haut, aber das brauchen Sie sicherlich nicht.“ Aus großen, dunklen Augen sieht sie zu ihm auf und ihre gebräunte Haut färbt sich ein wenig dunkler. Diese Reaktion steht im vollkommenen Kontrast mit der schmalen Augenbraue, die sich skeptisch hebt. Ihre Kollegen lachen. Einer von ihnen stößt ihr den Ellenbogen unbarmherzig in die Seite, als er sich ein wenig zu dicht herüberlehnt. „Er steht auf dich, Nojiko.“ „Ich nehme das Schnitzel“, sagt sie knapp an Sanji gewandt, bevor sie bedeutungsschwer die Karte schließt. „Kommt sofort!“, verspricht Sanji, bevor er bereits auf dem Weg zurück zur Küche ist. Im Vorbeilaufen drückt er die Zigarette in einem der Aschenbecher an einem freien Tisch aus, Pattys Blick im Rücken kaum wahrnehmend, als dieser Zettel und Stift hervorzieht, um die restlichen Bestellungen aufzunehmen. Er summt, als er eine neue Pfanne herauszieht und das Fleisch zubereitet. Carne beobachtet ihn über den Herd hinweg und selbst durch die dunkle Sonnenbrille ist sein durchdringender Blick durch die zusammengezogenen Augenbrauen erkenntlich. „Gerade eben warst du aber noch nicht so gut drauf“, stellt Carne fest. Sanji schnauft, sagt aber nichts dazu. „Hast du dich schon wieder in eine Kundin verguckt?“, tadelt Carne. „Mann, Sanji, wir wollen nicht schon wieder Ärger haben. Jeff ist immer noch angepisst, seit du das Pärchen vor einer Woche dazu gebracht hast, ihre Verlobung abzubrechen und der Kerl nicht bezahlen wollte, weil er dachte, du hast eine Affäre mit seiner Freundin.“ „Der Kerl war sowieso nicht gut genug für sie“, kommentiert Sanji, denn dies hat er auf den ersten Blick gesehen. Er hat sie bevormundet und— „Das ist nichts, was du zu entscheiden hast“, mault Carne und schwingt den Esslöffel. Doch Sanji ist schneller und weicht dem Utensil aus, bevor er das Fleisch hochwirft und es in der Pfanne auffängt. Er stellt sie auf die Herdplatte und das Öl beginnt zu zischen – und Schmerz explodiert in Sanjis Hinterkopf, als ihm jemand eine Kopfnuss verpasst. Sein Kopf ruckt herum und er starrt Patty an, das Ende der Zigarette zwischen den Zähnen zusammengepresst. „Ey, was soll der Scheiß?“ „Was der Scheiß soll? Was glaubst du denn? Du sollst gefälligst die Pfoten von den Kundinnen lassen!“, brüllt Patty so laut, dass auch die letzten Köche sich ihrer Unterhaltung zuwenden. „Besonders, wenn’s Marinesoldaten sind. Willst du uns ‘nen Admiral auf den Hals hetzen?“ „Ich helf‘ dir nur“, antwortet Sanji gereizt, die Augen wieder auf die Pfanne gerichtet, um das Schnitzel auch perfekt anzubraten. Er will Nojiko schließlich nur das Beste präsentieren. „Als ob du sie allein zufrieden stellen könntest.“ „Wie bitte?“, raunt Patty und er steht so dicht hinter Sanji, dass dieser seinen stinkenden Atem förmlich im Nacken spüren kann. „Als ob du—“ Zwei Jungs packen Patty unter den Achseln und zerren ihn fort, damit er sich abreagieren kann, denn verglichen mit Sanji, hat er sich nie besonders gut unter Kontrolle, lächerlich. Carne seufzt auf der anderen Seite der Anrichte. „Also echt, Sanji...“ Unruhe lauert unter Nojikos Oberfläche, die ihre Hände schwitzig macht und ihre Haut zum Kribbeln bringt. Sie ist noch nicht lange ein Mitglied der Marine, aber es ist das erste Mal, dass die Jungs sie zum Essen einladen. Dass sie wie eine von ihnen behandelt wird. Das will sie sich nicht vermasseln, weshalb die Unterbrechung von diesem Koch mit seinen billigen Anmachsprüchen alles verkompliziert. Ihre Augen huschen gegen ihren Willen immer mal wieder zu den Schwingtüren, die zur Küche des Restaurants führen. Dort hat es gerade noch eine Auseinandersetzung gegeben. Die Stimmen sind selbst bis zu ihrem Tisch hinübergedrungen, auch wenn sie unverständlich geblieben sind. Doch selbst von der Unterhaltung ihrer Kollegen schnappt Nojiko nur die Hälfte auf, da sie mit ihrem Gedanken woanders ist. Vielleicht sind ihr die Gespräche aber auch einfach zu oberflächlich und dumm. Dies kann sich Nojiko zumindest gedanklich eingestehen, auch wenn sie sich hütet, dies auszusprechen. Für gewöhnlich nimmt sie selten ein Blatt vor den Mund, aber sie ist nur eine Matrosin und sie will sich selbst keine Steine in den Weg legen. Die meisten, die hier mit ihr am Tisch sitzen, verstehen sich gut mit Nojikos Vorgesetzten und es sind diese Leute, die sie hoffentlich irgendwann befördern werden. Nojiko nimmt einen Schluck aus ihrem Wasserglas, von dem der stämmige Koch mit dem verrückten Grinsen ihnen allen eines gebracht hat. „Was denkst du, Nojiko?“, fragt Lann, der direkt neben ihr sitzt. „Huh?“ „Hast du nicht zugehört?“, fragt Charlie. Lann schüttelt amüsiert den Kopf. „Kaye meinte, dass der Leutnant garantiert zum Hauptquartier gerufen wird, nach dem er die Strohhutpiraten einfach hat entwischen lassen. Gerade nach der Sache mit Arlong“, erklärte Lann. Nojiko setzt sich aufrechter hin und jeder Muskel spannt sich in ihrem Körper an, als Arlong erwähnt wird. Es ist eine eintrainierte Reaktion, nach dem sie all diese Jahre in Gefangenschaft gelebt haben und erst vor ein paar Monaten von Luffy und seiner Mannschaft befreit worden sind. Sie sind unter anderem der Grund, weshalb Nojiko an diesem Tisch sitzt und diese Uniform trägt. Nami... Nojiko grinst schief. „Bestimmt wird er das. Die Strohhutpiraten waren einfach zu schnell für uns.“ „Ach ja“, schnappt Kaye auf und streicht sich den bauschigen Bart glatt. „Du bist ja mit der Navigatorin der Strohhüte in einem Dorf aufgewachsen, nicht?“ Nojiko lehnt sich zurück. „Sie ist meine kleine Schwester.“ Charlie verstummt, doch Lann lacht auf. „Würde mich nicht wundern, wenn du auch gleich mit zum Hauptquartier bestellt wirst.“ Doch das bezweifelt Nojiko, denn sie hat nur das unterste Deck geschruppt, als der Ruf, dass man die Strohhut-Piraten gesichtet hat, über das Schiff gehallt ist. Bis sie endlich auch nur einen Blick auf die kleine Karavelle hat werfen können, sind diese schon wieder von der untergehenden Sonne verschluckt worden. Zu sehr in ihre eigenen Erinnerungen vertieft, bemerkt sie den Koch mit den blonden Haaren und der schleimigen Art erst, als dieser ihr Tisch erreicht. Elegant und mit einer Verbeugung stellt er ihr den Teller vor die Nase. „Voilà!“ Der Duft von dem goldbraun gebratenen Fleisch steigt Nojiko sofort in die Nase und erinnert sie erst daran, dass sie heute noch nichts zu sich genommen hat. Auch die Kartoffeln und das Gemüse regen sofort ihren Appetit an, weil alles einfach einladend aussieht. „Danke“, murmelt Nojiko und die Augen des Kochs scheinen zu leuchten, als hätte er irgendetwas auf ihrem Gesicht gesehen, was ihm gefallen hat. Auch ihre Verwunderung scheint er aufzuschnappen, da er sich geheimnistuerisch zu ihr hinüberlehnt, als säße sie nicht mit einer Gruppe an Kollegen an einem Tisch, die gespannt diese Geschehnisse beobachten. Bevor Nojiko ihn jedoch von sich schieben oder Sanji etwas sagen kann, wird er von dem anderen Koch, der sich als Patty vorgestellt hat, beiseite gerempelt. Patty trägt ein Tablett mit den restlichen Bestellungen auf dem Arm, die er nun mit zu breitem Grinsen verteilt, während Sanji sich aufrappelt und sich den Dreck vom Anzug klopft. „Bitte sehr, bitte sehr“, flötet Patty. „Nur das Beste für die Gentlemen und der Dame von der Marine, denn die Marine ist unser Freund und Helfer. Nicht, dass wir den brauchen, da wir um einiges besser kämpfen können, aber egal.“ Er lacht rau. Nojiko zieht die Augenbrauen zusammen und greift nach dem Besteck. „Eigenartiges Restaurant“, murmelt Kaye, als Patty von dannen zieht und Sanji am Arm hinter sich her schleift. Charlie schnauft. „Du meinst, freche Köche, die man hier arbeiten lässt.“ Sobald die Schwingtüren zur Küche hinter den beiden zufallen, poltert es dort so heftig, dass die Wände förmlich wackeln. „Kämpfende Köche halt“, sagt Lann neben Nojiko. „Nur kämpfen die halt mit sich selbst.“ Hinter seinen Schläfen pocht es, denn die Kopfnüsse, die Patty ihm verpasst hat, haben gesessen und ihre Spuren hinterlassen, auch wenn sie ganz sicher nicht an Jeff und seine Tritte heranreichen. Doch eine Zigarette schafft es immer, Sanji zu beruhigen und die Wut in seinem Bauch zu stillen. Sie hilft ihm, seine Gedanken zu klären. Sanji beugt sich nach vorn, so dass er die Unterarme auf der Reling betten kann, während er den Rauch zur See hinauspustet. Der Wellengang ist ruhig und auch keine weiteren Schiffe sind in Sicht. Kein weiteres Marineschiff, was auch gut so ist. Die Türscharnieren quietschen und kündigen Gesellschaft an, aber Sanji dreht sich nicht um. Er hat keine Lust auf eine sinnlose Diskussion mit einen der Jungs, noch weniger auf eine mit Jeff, sollte dieser inzwischen Wind von den Geschehnissen in der Küche bekommen haben. Daher hebt Sanji bloß die Zigarette an seine Lippen und zieht den Rauch in seine Lungen. „Du hast nicht zu viel versprochen“, sagt eine helle Stimme hinter Sanji und seine Augen weiten sich, als er sie erkennt. Es ist die Stimme der Marinesoldatin. „Das Schnitzel war tatsächlich ausgezeichnet“, sagt sie und das Flattern in seiner Brust ist zurück, die Aufregung, die ihn immer in der Anwesenheit einer hübschen Frau ergreift. Diesmal ist es jedoch anders, denn er muss ihr nicht hinterherjagen, da sie zu ihm gekommen ist. Aus den Augenwinkeln beobachtet er, wie Nojiko zu ihm an das hölzerne Geländer tritt und die Hände übereinander ablegt. Auf den ersten Blick bemerkt er, dass ihre Hände kräftig und rau von harter Arbeit sind. Sie ist keine dieser feinen Damen aus gutem Hause, die ihr ganzes Leben in Luxus leben können, ohne auch nur einen Finger zu rühren. „Das Baratie hat die besten Köche“, erwidert er und dreht sich ein wenig in ihre Richtung, um ihr ein schmales Grinsen zu schenken. Als er sie ansieht, kann er erkennen, dass sie ihn noch immer mit Skepsis gegenübersteht, aber gleichzeitig sieht er mehr in den dunklen Augen. Er erkennt eine Neugierde, die zuvor nicht existiert hat. „Geht es bei euch immer so ab?“, erkundigt sie sich und ihre Augenbraue zuckt wieder, diesmal provokativ und fast amüsiert. „Habt ihr euch die Köpfe in der Küche eingeschlagen?“ „Da muss Patty sich aber um einiges mehr anstrengen, um mir den Kopf einschlagen zu können“, antwortet Sanji mit einem abwertenden Laut und ascht über die Reling. „Ach ja?“ Nojiko schmunzelt. Sanji kann die Belustigung ganz genau von ihren vollen Lippen ablesen, als sie die Hand nach ihm ausstreckt und ihm ein paar blonde Haarsträhnen beiseite streicht. „Und was ist das hier?“ Fingerkuppen streifen seine gekräuselte Augenbraue und die angeschwollene Beule auf seiner Stirn, die eine weitere Welle an Schmerz durch seinen Kopf schickt. „Habt ihr euch über mich gestritten?“, fragt Nojiko, als Sanji nicht sofort antwortet. Unsicherheit flackert in ihren dunklen Augen, obwohl es dafür überhaupt keinen Grund gibt, denn er würde sich jeden Tag und jede Minute mit Patty streiten, wenn er mit Momenten wie diesen belohnt werden würde. All das und mehr möchte er ihr sagen, aber bevor er das tun kann, gibt die Tür ein weiteres Quietschen von sich. Nojiko zieht die Hand zurück, als ein Haarschopf im Türspalt auftaucht. „Hey, Nojiko“, ruft einer ihrer Matrosenfreunde. „Unsere Pause ist gleich vorbei. Wir sollten zurück aufs Schiff, außer wir wollen zum Putzdienst verdonnert werden.“ „Kein weiteres Mal“, antwortet Nojiko bestimmt und wendet sich ab. Der Mann zieht den Kopf zurück und lässt die Tür zufallen – und bevor Nojiko sie erreicht und wieder öffnet, lehnt sich Sanji mit dem Rücken gegen die Reling, die vergessene Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger haltend. „Ja“, presst er als verspätete Antwort hervor, fast atemlos in der plötzlichen Panik, dass sie ohne ein weiteres Wort gehen und er sie nie wiedersehen wird. Nojiko grinst schief und neckisch, denn irgendwie schafft sie es, zurückhaltend und selbstsicher zugleich zu wirken. „Lügner“, sagt sie und ihre Hand ruht auf dem Türknauf. „Danke“, fügt sie hinzu und klingt dabei fast nachdenklich. „Es passiert nicht oft, dass sich jemand bemüht. Die Jungs könnten sich ruhig eine Scheibe von dir abschneiden.“ Sie lacht leise, bevor sie ins Innere des Baraties verschwindet, um mit ihren Kollegen aufzuschließen und auf ihr Schiff zurückzukehren. Sanji beobachtet sie durch das Fenster und zieht an seiner Zigarette, die plötzlich bittersüß schmeckt. Er hat das Gefühl, dass diese Marinesoldatin ihm noch eine ganze Weile im Gedächtnis bleiben wird, selbst wenn sie und ihre Kameraden nicht noch einmal vorbeikommen sollten. Trotzdem möchte Sanji daran glauben, dass es möglich ist und er weiß schon jetzt, dass er die Ankunft der nächsten Marineschiffe mit einem anderen Gefühl miterleben wird. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)