Abgelenkt von FreeWolf ================================================================================ Kapitel 2: 2 ------------ From: hiwatari.k@wbba.com To: ivanov.y@wbba.com Subject: FW: I solemnly swear that I am up to no good Attached: fisika-02-solved.pdf   - Forwarded message - From: saien.m@wbba.com To: hiwatari.k@wbba.com Subject: I solemnly swear that I am up to no good Attached: fisika-02.pdf   Kai, der Lösungsweg bei Aufgabe zwei geht auch einfacher, ich habe das ergänzt. Bei Aufgabe fünf lagst du daneben. Sonst war alles richtig. Ich dachte, du hättest kein Physik mehr? Manabu     Hiromi seufzte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, während sie darauf wartete, dass ihr altersschwacher Laptop den Anhang lud. Das Gerät summte gefährlich laut, was ihren Blick automatisch zu ihm wandern ließ. „Alles gut“, beschwor sie den Laptop. Das Gerät war schwer, umständlich, mühsam, aber notwendig für die Arbeit als Teammanagerin, und sie hatte leider kein Geld, um sich einen moderneren Laptop zu kaufen. Der Computer stammte von Kyoujou, ein älteres Modell, das er liebevoll „Dizzy die erste“ getauft hatte. „Okay, Dizzy, nicht aufgeben“, redete sie dem Gerät gut zu, als könne es ihr antworten. Ihr fiel auf, dass Manabu-kun dasselbe tat und schüttelte resigniert den Kopf über sich. Sie verbrachte wirklich zu viel Zeit mit ihren Jungs. Aber immerhin war der Anhand nun hochgeladen und Dizzy die erste war dabei nicht abgestürzt!   From: tatibana.h@wbba.com To: bbarev@lists.wbba.com Subject: slight change of (training) schedules Attachment: schedule-v2.pdf   Liebe alle,   ich habe den Trainingsplan nochmal modifiziert und Lernzeit für Daichi mit eingeplant, damit er mit uns bladen kann (ihr wollt nicht wissen, wie das Telefonat mit seiner Mutter war). Wenn jeder von uns ein Fach mit ihm wiederholt sollten wir hinkriegen, dass der Lernstoff in Daichis Sturschädel geht. Die Überlegungen dazu sind im Plan.   Hiromi   p.s. Nicht vergessen, wir treffen uns morgen am Strand! Genaue Location ist im Trainingsplan! p.p.s. Pünktlich! (Looking at you, Takao und Daichi)   Hiromis Blick fiel auf die Uhr. Es war kurz nach elf: Sie hatte die letzten zwei Stunden damit zugebracht, die Änderungen, die sie mit Kai besprochen hatte, und zu hoffen, dass der Speichervorgang Dizzy nicht würde abstürzen lassen. Hiromi lehnte sich zurück, nahm ihr weitaus weniger altersschwaches Smartphone zur Hand und scrollte durch ihr Feed, während sie darauf wartete, dass der Laptop tat, was sie wollte. Mao und Rei waren wohl gerade in Tokio Narita angekommen, wie sie Maos Story entnahm. Sie hatte das Flughafenschild fotografiert und gepostet. Hiromi schickte ihr ein Herzchen-reiches „Tadaima!“ in Romanji, das Mao sofort mit einem Like und ähnlich vielen Herzen beantwortete. Hiromi lächelte und tippte eine Nachricht in den Instagram-Chat.   23:08 hi_romi: Wie war die Reise?   23:09 maow: Soooo langweilig! maow: Aber jetzt sind wir da!   23:10 hi_romi: Ich freu mich so! hi_romi: Ich habe Rei die Locations für die Woche geschickt!   Hiromi kehrte zurück zu ihrem Feed, nachdem Mao nicht antwortete. Vermutlich waren sie auf dem Weg in ihre Unterkunft. In ihrem Feed tauchte ein Bild von Giulia auf. Es zeigte über dem Hashtag #oldschoolcamping einen VW-Bus irgendwo in der Ebene. Das Bild war am Abend aufgenommen worden, und vor einem atemberaubenden Abendrot leuchteten kleine Windlichter rund um Giulia und ihre Begleitung. Giulia hatte das Selfie gemacht. Sie hatte den freien Arm um Mathilda geschlungen, die Hand zeigte ein Peace-Zeichen. Neben ihr winkte Mathilda mit einem fröhlichen Lächeln in die Kamera. Sie sahen glücklich aus. Hiromi tippte das Bild doppelt an, um den beiden ein Herz zu schicken, und grinste. Instagram verriet ihr, dass sie in Andalusien unterwegs waren. Die beiden mussten Spaß auf ihrem Roadtrip haben. Ob Giulias Bruder im Endeffekt zum Camping-Trip mitgekommen war? Hiromi beschloss, die Spanierin bei ihrem nächsten Telefonat danach zu fragen.   23:55 maow: Grad im Hotel angekommen. maow: Sie haben eine HOTELKATZE! I am in kitten heaven! maow: (Foto einer grau-schwarz getigerten Katze)   Emily postete Bilder von ihrem letzten Tennis-Turnier. War das Johnny McGregor mit Vollbart? Raoul postete bunte Stoffbahnen, die Hiromi entfernt an einen Bazar erinnerten. Ob er wieder Kostüme schneiderte oder irgendwelche obskuren Läden gefunden hatte? Sie hoffte auf mehr Bilder. Zugleich beantwortete das ihre Frage von vorher. Also waren Giulia und Mathilda tatsächlich ohne männliche Begleitung gefahren. Sie grinste. Hiromi verteilte Likes an ihre Freunde und bedauerte, dass sie gerade kein Bild posten konnte. Sie kehrte zurück an die Spitze ihres Newsfeeds und wollte mit einem Seitenblick auf die Uhr, die sich auf Mitternacht zubewegte, gerade die App schließen, da fiel ihr ein vorgeschlagenes Profil ins Auge: bokuz. Das helle Haar im Profilbild kam ihr seltsam bekannt vor. Hatte nicht ein Mitglied von Neoborg so helles Haar gehabt? Die Profilbeschreibung, „iiiiiit Boris“, klang nicht nach dem Blader, den sie auf der Bank des Teams Neoborg beobachtet hatte. Andererseits hatten sie während der letzten Weltmeisterschaft keine drei Worte miteinander gewechselt. Was wusste sie schon über den russischen Blader? Bilder konnte sie keine sehen: Das Profil war privat. „Ach verdammt, musst du geschützt sein?“, brummte sie und schickte ihm ohne weiter darüber nachzudenken eine Follower-Anfrage. Dann gab ihr Handy einen Ton von sich, dass eine neue Nachricht eingegangen war.   00:00 Rei: Liebe Hiromi, wir kommen morgen zum Strand! Der Trainingsplan sieht gut aus, nur glaube ich nicht, dass ich Daichi Biologie erklären kann. Hochachtungsvoll, Rei   Hiromi schmunzelte, während sie Reis Nachricht las. Der Chinese hatte sich sehr lange von Handys und, bedingt durch die Abgelegenheit seines Heimatdorfes, auch vom Internet ferngehalten. Er schrieb Kurznachrichten wie ihre Großmutter und hatte von Memes keine Ahnung. Mao hingegen war Teil der Spezies digital native: Ihr Instagram-Profil war voll mit Katzen, Natur und Selfies. Dizzy die erste gab ein summendes Geräusch von sich, das Hiromis Aufmerksamkeit auf sich zog: Wie es aussah war auch ihre Mail ohne Probleme an die Mitglieder ihrer Mailingliste – das Team – versandt worden, und das schon vor einer Weile. Jetzt war der Laptop aus irgendeinem Grund heißgelaufen. Hiromi seufzte, streichelte gewohnheitsmäßig über Dizzys Tastatur und schloss die Programme, bevor sie den Rechner herunterfuhr. Sie musste sich dringend eine Alternative suchen. Vielleicht ein Tablet, wie Kyoujou? Sie streckte sich, rollte ihre Schultern nach hinten und legte sich nun endlich – wie immer viel zu spät – ins Bett. Sie warf noch einen letzten Blick aufs Handy, gepaart mit dem festen Vorsatz, gleich wirklich zu schlafen. Da zog eine Instagram-Benachrichtigung ihre Aufmerksamkeit auf sich: bokuz hatte ihre Anfrage angenommen. Hiromi stieß einen erfreuten Laut aus, als sie sah, dass es tatsächlich Boris Kuznetsov war. Das erste Bild im Feed zeigte das eindeutig: Unter einem kyrillischen Text und dem Hashtag #borgzeroslavsquat posierte Team Neoborg im Squat auf einem Panzer. Hiromi schmunzelte und tappte doppelt auf das Bild.   00:49 Yuriy: Danke. Yuriy: Aufgabe 5 hatte ich von Anfang an richtig. :P   00:53 Kai: Mach dich ruhig über mich lustig. :P   01:25 Yuriy: Nachtschicht ist langweilig. Yuriy: (Selfie aus der schlecht beleuchteten Kaffeeküche. Yuriy hält eine Kaffeetasse mit Nosferatu-Motiv ins Bild, aus der es dampft. Vor ihm auf dem Tisch, an dem er sitzt, liegt ein aufgeschlagenes Buch)   01:30 Kai: Die Ähnlichkeit ist verblüffend Kai: Nosferatu braucht nur noch rote Haare Kai: Sonst kann er nicht anständig Seelen klauen   01:32 Yuriy: Haha, sehr witzig. Yuriy: Den habe ich noch nie gehört. :P   01:40 Kai: Shush, you. Du liebst ihn insgeheim.   01:57 Yuriy: Solltest du nicht schlafen?   „Wer ist ein liebes Baby?“, Max hob Charlotte über sich in die Luft, was seiner kleinen Schwester ein erfreutes Gurgeln entlockte. Charlotte zappelte mit ihren Ärmchen und Beinchen und streckte sich. Max setzte sie sich auf den Schoß, schnitt eine Grimasse, die ihm ein erneutes erfreutes Quietschen einbrachte. Judy ließ sich ihm gegenüber nieder und seufzte schwer in ihre Tasse. Sie hatte Augenringe und sah einen Moment lang so müde aus wie noch nie. Als sie Charlotte und Max ansah, hellte sich ihr Gesicht jedoch auf. „Hat sie wieder nicht geschlafen?“, erkundigte sich Max vorsorglich, während er Charlotte auf seinen Knien wippen ließ. Er war im letzten Jahr in den Dachboden gezogen, hatte sein altes Zimmer für das Baby – dieses blonde, quietschende Bündel Freude auf seinem Schoß – geräumt. Er hatte jetzt mehr Platz als vorher, und mehr Privatsphäre – vom Rest der Familie bekam er nicht viel mit, wenn er nicht genau hinhörte. Judy gähnte verhalten und rieb sich die Augen. Taro lachte. „Nicht geschlafen ist gar kein Ausdruck“, seufzte er, während er Milch und Cornflakes vor Max platzierte. Dann stupste er Charlottes Nase an, die sogleich nach seinem Finger fasste und festhielt. Taro lachte. „Dieser kleine Frechdachs hat beschlossen, dass sie alle zwei Stunden ganz unbedingt einen Spaziergang machen muss, um weiterschlafen zu können“, erklärte Taro mit breitem Grinsen. „Aber das kriegen wir schon wieder in den Griff, nicht wahr, Schatz?“ Judy lächelte matt und nickte. „Nichts, was wir nicht schon mit Max erlebt hätten“, sie zwinkerte Max zu. Dieser bließ beleidigt die Backen auf. „Hey“, protestierte er. „Das ist das erste Mal, dass ich von sowas höre!“ „Zum Glück vergisst man diese Dinge wieder“, scherzte Taro. Er bemerkte Judys sehnsüchtigen Blick auf seine Kaffeetasse, schob sie in ihre Richtung. Judy hob sie an ihr Gesicht, schloss die Augen und roch genießerisch daran. „Ach, wie sehr ich Kaffee vermisse“, seufzte sie. Dies brachte Max und seinen Vater zum Lachen. Da fiel Max‘ Blick auf die Uhr des Backofens. „Oh shit, I’m already late!“, rief er aus und erhob sich vorsichtig, um Charlotte nicht zu erstrecken, die ihn interessiert anblickte. Er reichte sie an seinen Vater weiter und küsste seine Mutter auf die Wange. „Ich muss zum Training!“ Wie ein Wirbelwind stürmte er ein Stockwerk nach oben, um seinen Beyblade und seinen Starter zu holen, kam herunter, schlüpfte in seine Turnschuhe und in eine dünne Jacke. Dann nahm er die Stufen ins Erdgeschoss, ging an der Tür, die in den Beyblade Shop seines Vaters führte, vorbei und nahm sein Fahrrad, das er strategisch im Flur platziert hatte, mit nach draußen. Wenn er eine grüne Welle erwischte, würde er es noch halbwegs pünktlich schaffen, kalkulierte er und schwang sich aufs Rad.   06:52 Kai: Aufstehen ist scheiße. Kai: Aufstehen ohne dich ist noch ein bisschen mehr scheiße.   Er kam zu spät. Takao und Daichi saßen im Sand, lehnten aneinander und sahen aus als würden sie gleich einschlafen. Kai stand daneben, die Arme verschränkt. Er hatte bis eben noch konzentriert auf sein Smartphone geblickt, steckte es nun jedoch ein und blickte ihn mit einem missbilligendem Blick an. Max zog unter dem bösen Blick des Halbrussen den Kopf ein. „Sorry, ich hab’ den Weg unterschätzt“, entschuldigte er sich. Kai seuzte nur, wischte sich übers Gesicht. „Sei nächstes Mal einfach pünktlich“, grummelte er, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er zu wenig geschlafen hatte. Kai war genauso wenig ein Morgenmensch wie Takao oder Daichi, nur äußerte dies sich bei ihm anstatt in Trägheit in Mikroaggressionen. Max lächelte bemüht freundlich. „Kommt nie wieder vor“, versprach er. Kai rollte nur mit den Augen, sah erneut auf sein Handy und tippte etwas, bevor er sich ihnen zuwandte.   08:16 Kai: Warum sage ich immer Ja dazu, dass wir morgens trainieren? Kai: Ich lerne nicht dazu.   „Hiromi und Kyoujou kommen ein wenig später, sie kümmern sich noch um Snacks“, informierte er den Rest des Teams. Takao und Daichi horchten auf und sahen ihn erwartungsvoll an. „Wann gibt’s essen?“, fragte der Rotschopf, nun etwas wacher. Max gluckste, während Kai nur geschlagen seufzte. „Erstmal gibt’s Training“, wies er sie an. „Wir fangen mit ein paar Aufwärmübungen an, dann machen wir Krafttraining.“ Takao und Daichi stöhnten kollektiv. Kai bedachte sie mit einem seiner berühmten ‚Don’t you dare fuck with me‘-Blicke, was sie ruhig stellte. Sie begannen mit Dehnübungen und arbeiteten sich langsam zum Krafttraining vor. Sie machten gerade keuchend Liegestütze – Max hatte nicht mitgezählt, aber es waren viel zu viele für seinen Geschmack – als endlich Hiromi und Kyoujou ankamen. „Und jetzt halten!“, wies Kai sie an und sie gingen von Liegestützen fließend in einen Plank über. Max‘ Arme zitterten vor Anstrengung, er blickte starr auf den Sand unter sich, während er versuchte, mit angehaltenem Atem so lange durchzuhalten, bis Kai das Signal gab, aufzuhören. Er knirschte konzentriert mit den Zähnen, Daichi neben ihm stöhnte gequält. Der Rothaarige schwankte, wohl weil er die Spannung im Core nicht halten konnte. Max spannte seinen Hintern an und versuchte, sich wieder auf sich selbst zu konzentrieren. Ein Schweißtropfen tropfte von seiner Nase in den Sand. Da fühlte er eine Präsenz neben sich. Als jemand auf seine Schulter klopfte, ließen seine Arme nach und er plumpste mit einem Stöhnen in den Sand. Max schöpfte einen Moment lang Atem, während er über sich ein amüsiertes Lachen hörte. „Sieht so aus als müssten wir in die Muckibude, Maxie“, drang an sein Ohr. Max kniff die Augen zusammen. Halluzinierte er schon? Eine zweite Stimme gesellte sich kichernd dazu. „Ihr seht total nach Boot-Camp aus!“, diese Stimme identifizierte Max eindeutig als weiblich. Er drehte sich halb auf den Rücken und setzte sich auf. Er überzeugte sich mit einem langen Blick, dass er sich den chinesischen Teamkollegen nicht gerade im Trainingsdelirium einbildete. „Rei!“, ein Strahlen zog sich über sein Gesicht und er sprang auf, um mit dem Chinesen einzuschlagen und ihn in eine kurze Umarmung zu ziehen. „Mao! Was macht ihr denn hier?“ Rei steckte die Hände in die Hosentaschen als Max wieder von ihm abließ, blickte grinsend zu Mao. Die Pinkhaarige zwinkerte Rei zu. „Wir dachten wir kommen euch besuchen“ Kai gab endlich das Signal zum Aufhören und Takao und Daichi ließen sich mit erleichterten Seufzern in den Sand fallen. „Du elender Sklaventreiber!“, kam es gedämpft von Takao. Hiromi trat zu ihm und stellte je eine Wasserflasche neben seinen Kopf. „Hör auf dich zu beschweren, du Weichei“, gab sie zurück. Kai schnaubte amüsiert und erhob sich, die Hände in den Hosentaschen. „Hiromi hat sich den Trainingsplan überlegt. Ich bin nur die Exekutive“, wandte er schulterzuckend ein. Er und Rei reichten einander die Hand. „Willkommen zurück im Team“, sprach der Halbrusse aus, der wohl wieder einmal informierter war als der Rest des Teams. Max fiel auf, wie Kais undeutbarer Blick auf Mao fiel. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich kurz, dann schien er wieder wie immer. Max konnte nicht einschätzen, was in Kai vorging. Hiromi lenkte ihn davon ab, weiter darüber nachzudenken. Die Brünette lachte und wandte sich den Neuankömmlingen zu. „Schön, dass ihr da seid“, begrüßte sie sie nun auch und umarmte Mao, ehe sie sich dem Team zuwandte. Max schmunzelte. Während Takao Rei und Mao auf dieselbe Weise begrüßte wie Max, wirkte Daichi als wüsste er nicht so recht, wohin mit sich. Als Rei ihm die Hand hinhielt, hellte sich sein Gesicht auf. Sie schlugen ein, nickten einander zu. Max grinste breit. „Great!“, er schlug erfreut die Hände zusammen. „Wir sind wieder vollständig!“ Max fiel auf, dass Kai Mao immer noch ansah, nur war sein Blick grimmiger geworden. Dies schien niemand außer ihm zu bemerken. „Es war nicht geplant, dass Rei noch jemand mitbringt“, wandte sich Kai unterkühlt an Mao. Er verschränkte die Arme vor der Brust, schien augenblicklich um ein paar Zentimeter anzuwachsen. Doch Mao ließ sich nicht beirren. Sie straffte die Schultern, reckte trotzig das Kinn und erwiderte stur den Blick des Silberhaarigen. „Ich weiß“, erklärte sie. „Es war ein spontaner Entschluss, dass ich mitkomme“ Rei musste sie gebrieft haben, mutmaßte Max, während er das Blickduell zwischen Mao und Kai beobachtete. Er hielt unwillkürlich den Atem an. Rei neben ihm regte sich, wohl nervös wegen der Konfrontation. Er wollte sich in Bewegung setzen und öffnete den Mund, um sich einzuschalten, doch weiter als „Kai-“ kam er nicht. Der Angesprochene hob die Hand und schnitt ihm das Wort ab. „Kein Wort“, wies er ihn an, ohne sich von Mao abzuwenden, die die Hände zu Fäusten geballt hatte und ihn kampfeslustig anblickte. Kai sah sie noch einen Moment lang an, lockerte dann jedoch seine Haltung. „Du wirst nicht ein Wort darüber verlieren, was du hier siehst, klar?“, stellte der Halbrusse drohend klar. Max schluckte. Oh fuck, Kai war nicht gut drauf. Mao machte den Mund auf, um etwas zu sagen, da schaltete sich Hiromi ein. „Jetzt reicht’s aber“, die Braunhaarige trat zwischen Kai und Mao. Sie stemmte die Hände in die Hüften, begegnete Kais Blick und schien alles andere als amused über dessen Verhalten zu sein. „Wir haben schon darüber gesprochen, Kai“, beschwor ihre Managerin den Halbrussen. „Mao weiß Bescheid“ Ihr Gegenüber verschränkte defensiv die Arme vor der Brust und sah sie so lange an, dass Max fast glaubte, er wolle sie mit einem Laserblick töten. Doch Hiromi hatte Übung im Umgang mit Kai und focht die Diskussion in Blicken aus, ohne mit der Wimper zu zucken. Max war nicht wenig beeindruckt von ihrer Team-Managerin. „Pure freakin‘ badassery“, murmelte Max beeindruckt. Rei neben ihm schien ihn gehört zu haben und schlug ihm verhalten lachend auf die Schulter. Max grinste ihn an. Zeitgleich ließ Kai ein Seufzen hören. Er murmelte etwas von „Sicher ist sicher“ und brachte ein paar Schritte zwischen sich und den Rest ihrer Gruppe, wohl um durchzuatmen. Max sah, wie er sein Smartphone aus der Hosentasche zog, wohl etwas las, was ihm nicht gefiel, und genervt die Augen verdrehte.   09:25 Yuriy: Wer gut sein will muss leiden, malish ;)   Max schmunzelte; zugleich kam ihm der Anblick von Kai mit einem Handy beim Training komisch vor. Sonst war er derjenige, der die Smartphones einsammelte, um Ablenkung zu vermeiden. Max runzelte die Stirn. Seit wann verwendete Kai sein Handy überhaupt? Sonst war er doch kaum zu erreichen, weil er es immer irgendwo lautlos herumliegen ließ, wenn er nicht gerade Musik hörte. Hiromi schüttelte seufzend den Kopf und fing Max‘ Blick ein, der nur mit den Schultern zuckte. Er machte ein ahnungsloses Gesicht und formte die Worte „Kai being Kai“ mit dem Mund. Die junge Frau grinste. „Wir haben abgesprochen, dass Mao mit uns trainieren kann, aber nur unter der Bedingung, dass sie nichts von unserem Trainingsprogramm weitererzählt“, klärte sie nun auch den Rest des Teams auf, die das Schauspiel interessiert beobachtet hatten. Mao neben ihr nickte. „Mein Bruder glaubt nicht, dass ich genauso gut blade wie er“, erklärte sie entschlossen. „Ich will es ihm zeigen! Das kann ich nicht, wenn ich nur mit Baihuzu trainiere.“ „Yeah!“, Daichi sprang auf, angesteckt von Maos Motivation, und holte seinen Starter hervor. „Lasst uns endlich richtig trainieren!“ Die Gruppe lachte, und Hiromi klatschte in die Hände. „Also dann! Los geht’s!“, sie blickte zu Kai, der sich beruhigt zu haben schien, sein Handy wieder einsteckte und mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck hinübersah. Sie scharten sich zunächst um Manabu, der ihnen mithilfe seines Tablets die Trainings-Routine für die nächsten Tage visualisiert auseinandersetzte. Max fiel auf, dass Kai noch etwas mehr Distanz als sonst zum Rest der Gruppe hielt. Ansonsten schien er sich wieder beruhigt zu haben. Der Blonde machte ihm keinen Vorwurf; Kai war kein Morgenmensch und offensichtlich müde. „Okay, wir brauchen zwei Parcours. Hiromi-chan und ich haben ein paar Hindernisse mitgebracht, wir müssen es nur noch aufbauen!“, beschloss Kyoujou seine Ausführungen. „Rei und Daichi, stellt ihr den am Meer drüben auf? Achtet darauf, dass ihr nicht zu nah ans Wasser kommt, sonst wird etwas weggeschwemmt. Takao und Mao, ihr seid für den Parcours da drüben zuständig. Grabt die Stöcke am besten ein bisschen ein, damit sie richtig halten. Der Sand ist ziemlich locker!“ Max lächelte Mao zu, die nun aufgeregt darauf zu warten schien, endlich zu bladen. Sie drückte Reis Hand, die sie hielt, einmal, ehe sie ihn losließ, um sich zu Takao zu gesellen. Sie zerstreuten sich, machten sich daran, mit dem mitgebrachten Material kleine Hindernisparcours aufzustellen. Max trat zu Kai, der mit verschränkten Armen da stand und Mao skeptisch beobachtete. „Not your kind of morning?“, erkundigte er sich und erwartete eigentlich nicht mehr als ein Brummen. Kai sah ihn einen Moment lang nur an, ehe er reagierte. „Wubba, lubba, dub, dub”, zitierte Kai Rick Sanchez trocken zur Antwort. „Sieht man nicht, dass mir die Sonne aus dem Arsch scheint?“ Max grinste und überging Kais abweisende Haltung. „Ich hab‘ gestern Abend erst die neue Staffel Rick & Morty runtergeladen“, erzählte er. „Ich bring’ sie am Sonntag mit!“ Kai nickte, schien etwas besänftigt und wandte endlich den Blick von Mao ab, um Max anzusehen. „Deal“, bestätigte er ihre Verabredung. Max grinste ihn an. „Die Spoiler im Internet sehen echt vielversprechend aus. Ich glaub das wird richtig cool“, erzählte er. Kai schüttelte den Kopf, nun jedoch mit einem leisen Lächeln im Gesicht. „Wann hast du Zeit für Spoiler? Ich mach‘ beim Training wohl noch was falsch“, murmelte er vor sich hin, und Max gab einen erschreckten Laut von sich. Er entdeckte ein Grinsen auf Kais Gesicht und streckte dem Halbrussen gegenüber die Zunge heraus. „Über sowas darfst du echt keine Witze machen!“, gab er peinlich berührt zurück. Kai zuckte mit den Schultern und brummte nur. Er zog sein Smartphone aus der Hosentasche, blickte kurz darauf und seufzte. Max erhaschte einen Blick auf den Screensaver: Boris, Kai und Yuriy posierten vor dem Lenin-Denkmal, ahmten die Haltung des Standbildes nach. Max schmunzelte und wandte sich schnell ab als Kai sich ihm zuwandte. „Wir sollten weitermachen“, meinte der Halbrusse, steckte das Gerät wieder ein. Max grinste ihn an und holte seinen Beyblade heraus. Er hatte es gewusst! In Kai steckte ein goof! „Let’s wipe the floor with them!“, rief er enthusiastisch aus. Er kannte die Antwort, die Frage war rhetorisch; Kai nickte, ein selbstsicheres Grinsen auf den Lippen, während er Dranzer aus seiner Tasche zog.   15:32 Kai: Du vielleicht. :p Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)