We're Damaged, But Not Dead von RizaElizabethHawkeye (Roy's Aufstieg an die Spitze des Landes) ================================================================================ Kapitel 1: Where it starts again -------------------------------- 1922. Kaum zu glauben, dass bereits 7 Jahre seit dem wohl furchterregendsten Kampf in der Geschichte von Amestris vergangen waren. Als ‘Vater’ damals mit seinem Plan ‘Gott’ zu werden, beinahe die gesamte Bevölkerung des Landes ausgelöscht hatte, war es nur der ungewöhnlichen Allianz an mutigen Alchemisten, Kämpfern, Ishvariern, den Soldaten aus Briggs und Roy’s Trupp und Greed zu verdanken, dass dieses Unheil verhindert werden konnte. Einer von diesen Kämpfern war Edward Elric gewesen, der, mit dem Opfer seines Bruders, den Finalen Schlag gegen den ersten Homunculus ausführen konnte und somit den blutigen Kampf beendet hatte. Seit dem hatte sich viel für den inzwischen 23 jährigen verändert. Ed hatte um Winry’s Hand angehalten, noch bevor er und sein Bruder zu ihrer großen Reise aufgebrochen waren. Und im Jahr 1917 hatten Winry und er schließlich geheiratet. Nur kurz darauf bekamen sie schon ihr erstes Kind. Ihren Sohn, Aiden Yuriy und ein weiteres Jahr später ihre Tochter Sara Trisha. Sie waren sich dahingehend einig sie nach ihren Eltern zu benennen. Als Andenken. Ed könnte kaum stolzer als Vater sein. Aber trotz dessen, konnte er nicht für immer still sitzen bleiben, das wusste wohl auch Winry. So sehr er seine Familie auch liebte, so sehr reizte ihn auch selbst nach seiner großen Reise die weite Welt noch immer. Und er war froh, dass Winry ihn nicht aufhielt. Wie sie immer sagte, mit ihm war es nicht langweilig. Daher war Ed im Frühsommer 1922 ein weiteres Mal in den Zug gestiegen, wenn auch nur zu einer eigentlich kurzen Reise. Doch hätte er gewusst, was ihn diese Reise bringen würde... Der Freitagmorgen nach seiner Ankunft in Tahdu, hatten wirklich wunderbar angefangen. Es war erst 9 Uhr morgens und bereits jetzt hatte Edward Elric die Schnauze voll. Erst wurde er um kurz nach 5 von einem lauten Pärchen aus dem Nachbarzimmer des Hotels geweckt, die wohl zu viel und definitiv zu früh ihren Spaß hatten. Dann wollte ihn ein anhänglicher Verkäufer auf der Hauptstraße des kleinen Dorfes nicht loslassen, und kurz darauf hatte er eine halbe Stunde damit zugebracht sein Portemonnaie zu suchen, was im Endeffekt eben jener Verkäufer aus seiner Tasche gestohlen hatte. Tja, und nun? Nun saß er nach einer 3 Stündigen Fahrt mit einem in Fotcett gemieteten Auto mitten in der Pampa, irgendwo zwischen Tahdu und Dameno fest. Rauch stieg in dicken Schwaden aus der Motorhaube des dunkelgrauen Fahrzeugs, während Ed davor stand, die Arme vor der Brust verschränkt hatte und mit einem Fuß ein paar Mal gegen den gummierten Reifen trat. Der Tag konnte ja wohl kaum schlimmer werden. “Ich hätte es wissen müssen! Dieser verdammte Händler...!” knurrte Ed wütend, wohl auch zum Teil auf sich selbst und rieb sich die Nasenwurzel. “Natürlich musste der Motor abschmieren...und natürlich irgendwo im nirgendwo…” murrte Edward mit endloser Frustration in der Stimme, während er auf den qualmenden Motor des Wagens vor sich starrte. Ein kleiner Teil in ihm hoffte, es würde sich damit von selbst reparieren, je länger er es anstarrte, doch es war ihm klar, dass das vergebene Mühe war. Wenn er doch nur Alchemie nutzen könnte, dann wäre das in wenigen Sekunden erledigt, doch so? So stand er da, mitten in einer Einöde im Grenzgebiet zu Creta, ohne Wagen, ohne Karte und ohne Zivilisation für weitere 50 Meilen, wenn nicht sogar mehr. Wenn Winry da wäre, würde sie das ganze in wenigen Minuten wieder zum Laufen bringen. Ein leiser Seufzer entfuhr ihm, bevor er seinen Blick über seine Umgebung schweifen lies. Es gab nicht viel woran man sich hier orientieren konnte. Um ihn herum erstreckte sich eine weitläufige Tundra. Einige Felsformationen waren überall verteilt, während in der Ferne hier und dort größere Berg in den Himmel ragten und selbst die Vegetation ließ arg zu wünschen übrig. Von ein paar kniehohen Sträuchern einmal ganz abgesehen. Eigentlich hatte er einen Besuch in Milos geplant gehabt. Er war seit ihrem letzten, ungewollten Abenteuer nicht mehr dort gewesen und wollte sehen wie es Julia in ihrer frei gekämpften Heimat erging. Und wenn man schon mal an der Grenze zu Creta war, wollte er gleich die Randregionen erkunden. Es gab nicht viele Städte in der Nähe, wenig Zivilisation und viel offenes Gelände. Als er vor wenigen Jahren seine Reise in den Westen gewagt hatte, während Alphonse in den Osten ging, war er zwar bereits in Creta gewesen, doch nicht so weit ab vom Schuss, wie er es jetzt war. Aber seit dem hatte es ihn gereizt auch abgelegene Regionen aufzusuchen, in der Hoffnung auf etwas Neues zu stoßen. Der Grenzkrieg zwischen Amestris und Creta war so gut wie ausgefochten und nur noch wenige Soldaten waren in Pendleton stationiert. Daher gab es auch weiter südlich Gebiete, in denen schon lange keine Kämpfe mehr stattfanden und die wollte Ed erkunden. Vielleicht hatte es Leute dorthin gezogen, die versuchten den Kämpfen im Westen aus dem Weg zu gehen und vielleicht konnte er helfen. Er hatte am eigenen Leib erfahren, wie verzweifelt Menschen waren, die vom Krieg gebeutelt wurden. Immerhin hatte er bereits genug Ishvarier kennen gelernt, um das zu wissen. Aber wenn er jetzt so darüber nachdachte, war der Gedanke, alleine abgelegene Gebiete nahe eines immer noch feindseligen Landes zu erkunden, kein sonderlich guter gewesen. Nur Winry wusste wohin er für diese eigentlich kurz Reise aufgebrochen war. “Ahh, verdammt!” Ed fuhr sich durch seine goldenen Haare. “Hilft ja alles nichts.” Er schnappte sich seinen Koffer, der noch im inneren des Wagens lag und machte sich zu Fuß daran weiter zu kommen. Es brachte ihm nichts dumm rum zu stehen und auf irgendetwas zu hoffen oder zurück zu gehen. So etwas kam für ihn nicht in Frage. In Bewegung zu bleiben und vorwärts zu gehen, war schon immer sein Motto gewesen und vielleicht hatte er ja Glück und stieß auf die Bahngleise, die ihn Richtung Milos führen würden. Es dauerte jedoch nicht all zu lange, da bereute Ed seine Entscheidung auch schon. Der Wagen war bereits weit außer Sicht und ganz gleich wohin er blickte, es gab nur steinige Pampa. Langsam zweifelte er daran, dass er es bei Tageslicht schaffen würde überhaupt etwas belebtes zu erreichen, geschweige denn seinen Zielort. Ein weiteres Mal blieb Edward stehen und sah sich um. Es gab weit und breit keine Zivilisation, darüber hatte er sich im Vorfeld bereits informiert gehabt. Zumindest keine, die irgendwo registriert war. Ob er doch zurück gehen sollte? Nein! Auf keinen Fall. Auf seiner Reise vor einigen Jahren hatte er noch weit schlimmere Situationen gemeistert in denen er irgendwo festsaß, da war das hier ein Klacks. Mit neuer Entschlossenheit setzte Ed seinen Weg fort, in der Hoffnung, überhaupt in die richtige Richtung zu gehen. Ein Kompass und eine Karte wären vielleicht nicht verkehrt gewesen… ___________ Wie lange war er nun schon unterwegs? Minuten? Stunden? Ja, es mussten definitiv Stunden sein. Immerhin kam es ihm vor als laufe er bereits seit einer halben Ewigkeit durch diese Einöde. Wo war er eigentlich? War er schon über der Grenze zu Creta? Es sah nicht so aus. Leise vor sich hin grummelnd, blieb Ed bei einer kleinen Felsformation stehen und lehnte sich gegen den angenehm kühlen Stein. Ein langgestreckter Seufzer entwich seiner inzwischen trockenen Kehle. “Winry bringt mich um, wenn ich mich ausgerechnet jetzt verlaufe und dadurch zu spät komme…” raunte er leise, was man beinahe als frustriert härte definieren können, wenn nicht dieses sehnsüchtige, sanfte Lächeln auf seinen Lippen läge. Er hatte ihr versprochen innerhalb von zwei Wochen zurück zu kommen, rechtzeitig zu Sara’s Geburtstag. Doch wenn er sich hier jetzt verlaufen würde...er wollte gar nicht daran denken. Langsam ließ sich Ed auf den Boden sinken, der Fels hinter ihm diente als stütze. Er zog seinen Koffer heran und mit flinken Händen wühlte er seine Wasserflasche und eine kleine Schachtel hervor, die er sich auf den Schoß stellte. Die Wasserflasche setzte er sofort an seine Lippen und nach ein paar hastigen Zügen, stellte er sie neben sich ab, bevor er sich der Schachtel widmete. Winry hatte ihm vor seinem Aufbruch einen selbstgebackenen Apfelkuchen mitgegeben, für den er gerade äußerst dankbar war. Freudig nahm er sich ein Stück, schob es zwischen die Zähne und verstaute den Rest wieder in dem kleinen Schächtelchen in seinen Koffer, bevor er sich dem wunderbaren Geschmack in seinem Mund hingab. Doch lange schien er es nicht genießen zu können. Ein seltsames Geräusch ließ den ehemaligen Alchemisten abrupt aufhorchen und prompt hob er den Kopf. Eine ungewollte Anspannung erfasste instinktiv seinen Körper und kaum, dass er das Stück Kuchen runter geschlungen hatte - man wollte ja nichts verkommen lassen - schob er sich dicht an den Felsen gedrückt nach oben, um über ihn hinweg spähen zu können. Gespannt lauschte er, doch für unruhige Sekunde erklang nichts in dieser trostlose Einöde. Und gerade als Ed glaubte sich das ganze eingebildet zu haben, ertönte jedoch erneut das Geräusch. Nun konnte er es deutlicher hören und es klang als würde Metall mit großer Wucht auf Metall treffen. Aber hier dürfte doch nichts sein. Es hätte irgendwo ein Verzeichnis gegeben, wenn es hier Mienen oder Bergwerke gab und er war sich sicher, dass er noch nicht in Creta war. Also was war es? Seine goldenen Augen suchten das Gebiet vor ihm ab, aus dessen Richtung er das Geräusch vernommen hatte, welches nach kurzen Intervallen immer wieder zu hören war. War es Neugierde? Oder eher ein ungutes Gefühl, was ihn antrieb nachsehen zu wollen? Er konnte es nicht sagen und dennoch trat er geduckt hinter dem Felsen hervor. Seinen Koffer und die Wasserflasche hatte er völlig verdrängt, zu sehr schien ihn dieser Moment gefesselt zu haben. Ohne lange zu zögern, folgte er dem Geräusch. Warum er dabei immer wieder von Deckung zu Deckung hechtete, wusste Ed nicht einmal selbst, doch je näher er kam, desto unwohler fühlte er sich. Irgendetwas stimmte nicht, das wurde ihm immer deutlicher bewusst und nun wollte er wissen, was es war. Gut 30 Meter hatte er bereits zurückgelegt, als endlich die Ursache des Geräusches in sein Blickfeld rückte. Und er konnte nicht fassen, was er sah. Ein gewaltiges Soldatenlager in einer großen Senke. So schnell er konnte, duckte er sich hinter einen mittelgroßen Felsen, der groß genug war um ihn zu decken, bevor er vorsichtig über den Rand hinweg lugte. Es war kein festes Lager, nein, überall waren große Zelte gespannt und Soldaten huschten hier und dort zwischen ihn umher. Allesamt schwer bewaffnet. Und es waren keine Amestrier, das konnte Ed sofort ausmachen. Es waren Creta-Soldaten. Aber was wollten die hier? Und in dieser Menge? Er war sich ziemlich sicher, dass er die Grenze zu Creta noch nicht überschritten hatte, also war es noch das Gebiet von Amestris. Schnell versuchte Ed eine grobe Zahl festzulegen, doch es waren mit Sicherheit über 300 Männer, wenn nicht sogar weit mehr. Immerhin erstreckte sich das Lager noch viel weiter gen Westen, als er sehen konnte. Das sah gar nicht gut aus und das flaue Gefühl von eben war inzwischen zu einem inneren Aufschrei geworden. Das hier sah nicht nach einem simplen Grenz-Zwist aus. Das hier wirkte viel eher wie die Vorbereitung auf einen groß angelegten Angriff. Der Grenzkrieg zwischen den beiden Ländern spielte sich eigentlich viel weiter nördlich in Pendleton ab...wenn hier also eine so große Armee stationiert war und sie aus dem Hinterhalt Amestris angriffen...es würde fatal Enden. Bis die Einheiten des West Hauptquartiers hier eintrafen, hätten die Creta-Soldaten bereits große Teile des Gebietes überrannt und viel Städte zerstört. Ed bis sich auf die Unterlippe. Er musste etwas tun. Wenn das hier wirklich ein geplanter Angriff werden sollte, konnte er nicht tatenlos herumsitzen. Auch wenn er keine Alchemie mehr benutzen konnte...unfähig zu handeln war er noch lange nicht. Und er würde sein Land, so verkorkst ihr Ursprung auch sein mochte, beschützen. Aber er wusste, dass er nichts gegen diese Streitmacht ausrichten konnte. Selbst mit Alchemie wäre es eine unmögliche Aufgabe geworden, sich alleine dieser Armee zu stellen...was also sollte er tun? Damit ihm jemand glaubte, was hier vor sich ging, brauchte er Beweise...Beweise in Form von… Mit fokussiertem Blick beobachtete Ed die Soldaten nacheinander, bis ihm jemand ins Auge fiel. Er schien ein hochrangiger Soldat zu sein. Er kannte die Ränge der cretarischen Armee zwar nicht, aber er würde schätzen vielleicht ein Generalmajor und wenn er seiner brillenlosen Sehstärke trauen konnte, schien der Mann irgendetwas in der Hand zu halten, was stark nach schriftlichen Befehlen aussah. Ein verschmitztes Grinsen schlich sich auf Edwards Miene, während er in Gedanken bereits einen Plan zusammen schmiedete. Was wäre besser für einen Beweis, als die Marschbefehle der feindlichen Armee? Jetzt musste er nur noch zusehen, dass er sie irgendwie in die Finger bekam ohne bemerkt zu werden...ach verdammt, wenn er etwas kleiner wäre, würde es ihm definitiv leichter fallen unbemerkt in dieses Zeltlager zu schleichen. Ein leises, selbstironisches Lachen entkam ihm bei dem Gedanken, bevor er ihn jedoch schnell wieder verdrängte um sich auf das, was vor ihm lag zu konzentrieren. Er war noch gut 10 Meter von den ersten Zelten entfernt, die er in kürzester Zeit überwand indem er sich von Deckung zu Deckung vor schlängelte. Er musste darauf acht geben, keinen passierenden Soldaten zu übersehen, der ihn womöglich entdecken könnte, doch allmählich kam er dem Zelt, in welches der hochrangige Soldat zuvor verschwunden war, immer näher. Solange niemand damit rechnete, dass irgendjemand Fremdes in dem Lager war, würde man auch nicht unbedingt auf ihn achten. So hoffte Edward zumindest. Vorsichtig tastete sich Ed immer weiter voran, bis er die Rückseite des Zeltes erreicht hatte. Zum Glück war es eines, das recht weit Außen lag und er somit nicht Gefahr lief, dass ihn jemand von hinten überraschte. Mit Bedacht lehnte er sein Ohr an die Zeltplane, die den Innenraum von der Außenseite trennte und lauschte. Er hörte jemanden im Gespräch, aber schien er nicht vor ihm zu sein, sondern auf der anderen Seite, am Eingang. Doch Edward zögerte. War es wirklich eine gute Idee? Tja...ein zurück gab es nicht mehr und er musste irgendetwas tun. Das Militär im Westen musste Bescheid wissen, dass ein groß geplanter Angriff bevorstand und er war der einzige, der derzeit davon wusste. Er musste sie warnen, irgendwie. “Ich hoffe du kannst mir verzeihen, wenn ich mich etwas verspäten werde, Winry…” hauchte Ed, ein wehmütiger Ausdruck auf seinem Gesicht. Ihm war bewusst, wenn er das hier aufklären würde, wäre er mit Sicherheit länger als 2 Wochen weg. Aber diese Gedanken musste er in eine hintere Ecke seines Bewusstseins schieben und sich auf seinen Plan fixieren. Mit der größten Vorsicht, zupfte Ed einen der Heringe aus dem Boden um die Spannung der Plane zu mindern, bevor er den unteren Teil ein kleines Stück nach oben zog. Nur so weit, dass er - flach auf dem Bauch liegend - durch den Spalt in das Innere des Zeltes schauen konnte. Ein alter Klapptisch stand direkt in seinem Sichtfeld nur etwas 2 Meter von ihm entfernt und er konnte die schwarzen Stiefel der zwei Männer sehen, die sich noch immer im Eingang des Zeltes unterhielten. Links von ihm, an der langen Seite des Zeltes stand ein herkömmliches Feldbett, auf der anderen eine leichte, hölzerne Bank und so wie es aussah eine art Truhe. Ansonsten wirkte das Zelt erstaunlich leer und rustikal, was bedeutete, er hatte keine sonderbaren Versteckmöglichkeiten. Verdammt, das war nicht hilfreich. Edward schnaubte leise, kaum hörbar und versuchte sich den bestmöglichsten Weg das ganze durchzuziehen einzuprägen. Er wartete, bis die Fersen der Soldaten in seine Richtung zeigten, was bedeutete, dass sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Dann erst hob er die Plane so weit an, dass er hindurch schlüpfen konnte und hoffte, dass niemand den ungewöhnlichen Faltenwurf oder das leise rascheln des Stoffes bemerken würde. Geduckt machte er sich so klein wie möglich - er hätte nie gedacht, das wirklich mal tun zu müssen - und hielt inne. Lauschend, wartete er einen Augenblick ob ihn jemand bemerkt hatte, doch zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass die Männer noch immer in ihr Gespräch vertieft waren. Ed stieß leise den Atem aus, den er bis eben noch angehalten hatte, bevor er auf allen Vieren und so leise wie es ihm seine Kleidung möglich machte, zu dem Klapptisch hinüber kroch. Zum Glück war dieser nicht sonderlich hoch, also konnte Ed in der Hocke sich ein wenig lang strecken um auf die zerkratzte Tischplatte zu schauen. Und da lag er. Der Marschbefehl. Ein schneller Blick zu den beiden Männern hinüber um sicher zu gehen, dass sie ihn noch nicht bemerkt hatten und schon angelte Ed nach dem Blatt Papier auf dem Tisch. Er tat es halb Blind, hatte er sich bereits wieder in die Hocke begeben um nicht aufzufallen, aber er wusste ja nun wo der Wisch lag. Mit flinken Fingern schnappte er es sich, doch kaum, dass er das Blatt angehoben hatte, hörte er ein Geräusch das ihm die Nackenhaare abstehen ließ, trotz das es nur leise war. Das Rollen eines Stiftes. //Oh nein...// schoss es ihm abrupt durch den Kopf, denn er wusste, würde er jetzt versuchen von oben danach zu greifen, würde er zu viel Lärm veranstalten, also blieb nur eins. Ungewollt mit etwas zu viel Schwung warf sich Ed unter dem Tisch nach vorne, den Arm in einer dramatischen Geste ausgestreckt um den Stift noch aufzufangen, bevor er auf den Boden klapperte. Doch gerade, als der Stift mit einem leisen ‘tock’ in seiner offenen Handfläche landete und er schon durchatmen wollte, spürte er den Tisch über sich gefährlich nach vorne kippen. Er hatte aus versehen eines der ohnehin nicht gerade stabilen Tischbeine mit seinem Knie angestoßen und ihn somit in Schieflage gebracht. Es ließ sich nicht mehr aufhalten und Ed konnte nun nur noch die Augen zusammen kneifen als es laut schepperte, der Tisch gänzlich umkippte und alles was auf der Platte lag verteilte sich auf dem Boden. Er brauchte nicht einmal auf zusehen um zu wissen, dass die zwei Soldaten ihn überrascht anstarrten. “Eh...hehehe…” stieß Edward mit einem unsicheren Lachen hervor und sah angespannt zu den Creta-Soldaten hoch. Das war gar nicht gut. Bedacht, ohne allzu viele Bewegungen, rappelte sich Ed auf, blieb aber in der Hocke. Die Männer wirkten noch zu verwirrt, zu schockiert, als dass sie gleich reagierten, aber Ed wusste, es waren nur noch Sekunden die ihm blieben. “Tut mir leid für die Störung, ich bin auch schon weg.” So schnell er konnte warf er sich herum und schmiss sich förmlich in Richtung der Öffnung die er in der Plane hinterlassen hatte, bevor irgendjemand der Beiden noch etwas hätte sagen können. Er hechtete gerade mit dem Kopf voran unter der Plane drunter weg, da hörte er schon hinter sich den Kommandanten brüllen. “EINDRINGLING!! FASST IHN!!” Und kaum, dass er außerhalb des Zeltes war, schossen bereits die ersten Kugeln nur haarscharf an ihm vorbei und schlugen in den staubigen Boden ein. Der Dreck und die Steinchen die dadurch in die Luft befördert wurden, regneten wie kleine Schauer auf ihn herab wodurch er Schwierigkeiten hatte die Augen offen zu halten. Dennoch hievte er sich zurück auf die Beine. Das Zelt des Kommandanten war am Rande des Lagers gelegen, weshalb er nicht erst zwischen weitere Zeltreihen hindurch musste. Doch einfacher machte es das jetzt nun nicht. Er wurde entdeckt und nun würde vermutlich die halbe Streitkraft versuchen ihn aufzuhalten...oder gar erschießen. Hätte ja nicht schlimmer laufen können. Doch für diese Gedanken hatte er jetzt keine Zeit. Er musste sich beeilen und außer Reichweite kommen. Hoffentlich hatten die keine schnellen Fahrzeuge, sonst war er wirklich erledigt. Mit einem großen Satz sprang Ed die kleine Anhöhe hinauf und heraus aus der Senke, über die ersten kleinen Büsche und Felsen, die den Rand des Lagers säumten und setzte prompt in einen Sprint über, so schnell ihn seine Beine trugen. Doch der Untergrund war uneben. Es war schwer darauf zu rennen ohne das Gleichgewicht zu verlieren, wenn man immer wieder über lose Steine stolperte die man nicht gesehen hatte. Aber nichts desto trotz kämpfte er sich weiter durch das Gelände. Die lauten Rufe der Soldaten und die schnellen Schritte der schweren Stiefel hinter ihm hätten kein besserer Ansporn sein können um ihn anzutreiben. Aber wo lief er eigentlich hin? Ed hatte völlig die Orientierung verloren. Lief er gerade gen Osten? Weiter gen Westen? Er hoffte nicht. Wenn er nach Creta kommen würde, wäre das sein Untergang. Hektisch sah der ehemalige Alchemist sich um, in der Hoffnung in dieser Einöde von Tundra etwas zu finden, was ihm helfen könnte. Sein Herz schlug immer schneller. Es gab nichts wo er sich verstecken konnte, nichts was er als Waffe zur Verteidigung nutzen konnte. Wobei, gegen eine ganze Gruppe an schwer bewaffneten Soldaten zu kämpfen, ohne selber Schusswaffen einzusetzen...oder Alchemie war ohnehin reiner Selbstmord. Er konnte den plötzlichen Schuss hinter sich hören und für den Bruchteil einer Sekunde hoffte Ed, er würde ihn verfehlen, doch die leise Hoffnung wurde harsch zunichte gemacht. Der Einschlag in seinem linken Bein war deutlich zu spüren, was ihn sofort aus dem Tritt brachte. Unbeholfen stolperte Ed nach vorne und selbst der Versuch sich mit den Armen abzufedern schlug kläglich fehl als er ungebremst auf den steinernen Boden schlug. Sofort rang er nach Luft und biss die Zähne so stark zusammen dass er es knirschen hören konnte. “Verdammt!” der Fluch kam ihm schneller über die Lippen als ihm lieb war, als er sich versuchte mit den aufgeschürften Händen vom Untergrund wegzudrücken. Es war kein Schmerz in seinem Bein, hatte die Kugel zum Glück nur seine Automail getroffen...doch er wusste sofort, dass einer der Kolben beschädigt worden war, die die Beweglichkeit der Prothese ermöglichte und somit seine Chance auf eine Flucht noch weiter schmälerte. Er kniff für einen Moment die Augen zusammen. Ed war sich bewusst, dass er nicht sitzen bleiben durfte. Er musste weiter, die Soldaten hatten schon viel zu dicht aufgeholt und wenn er bereits jetzt schon in Schussweite war, würden die nächsten Schüsse vielleicht richtige Vitalpunkte treffen. Obwohl es eher so schien, als versuchten sie ihn nur bewegungsunfähig zu machen und nicht zu töten. Aber darauf konnte er nicht hoffen. Mit aller Mühe kämpfte sich Edward zurück auf seine Beine, testete einen kurzen Augenblick aus inwieweit er seine Automail bewegen konnte, bevor er ohne noch länger zu zögern erneut los lief. Wobei laufen in seinem Falle nicht einmal mehr zutraf. “Jetzt könnte ich Mustangs Hilfe gut gebrauchen…Der Mistkerl ist immer gut für eine Ablenkung...mist das darf er echt nicht hören.” knurrte Ed, mehr zu sich selbst, nicht zuletzt um seinen klaren Verstand zu behalten. Wenn er jetzt komplett in Panik verfiel, würde er den Soldaten ein nur noch leichteres Ziel abgeben. Aber nichts desto trotz hatte er ein neues Problem, wie er zu seinem Leidwesen feststellen musste. Er wusste nicht wohin er noch laufen sollte. Viel weiter würde er mit seiner beschädigten Automail nicht kommen und wenn er nicht bald irgendeinen Ausweg fand, wars das. Und das wollte er eigentlich vermeiden. Doch wie es schien, wurde ihm seine Entscheidung ohnehin viel zu abrupt abgenommen. Aus der Ferne hatte er es nicht recht wahrgenommen, doch nun, wo er nur noch wenige Meter davon entfernt war, drehte sie ihm der Magen um. Eine Schlucht...eine Sackgasse…und das direkt vor ihm. Die Schlucht schien sich über eine große Fläche links und rechts von ihm zu erstrecken und direkt hinter ihm rückten die Soldaten immer näher. Er hatte keine Fluchtmöglichkeit mehr. Was sollte er tun? Ed hasste es zuzugeben, doch langsam bekam er tatsächlich Panik. Die Creta-Soldaten hatten bereits auf ihn geschossen, wenn sie ihn eingeholt hatten, würden sie ihn definitiv töten. Das durfte nicht passieren. Nicht, wenn er eine Familie hatte zu der er zurück wollte. Doch nun stand er mit dem Rücken zur Wand...oder in diesem Falle mit dem Rücken zum Abgrund. Er war noch nicht nahe genug zum Rand um zu wissen was unten war, aber eigentlich wollte er es auch gar nicht so genau herausfinden. 10 Meter...7 Meter...5 Meter...2 Meter...Ed blieb stehen. 1 1/2 Meter von der Kante entfernt, bevor er sich herum wandte. Creta’s Soldaten hatten inzwischen zu ihm aufgeschlossen und versperrten ihm nun völlig jegliche Möglichkeit zu fliehen. Ed schluckte hart bei dem Anblick. Nach einem kurzen Moment des Schweigens und stillen Anstarrens, trat der Kommandant der Creta-Soldaten vor und streckte seine Hand fordernd in Edwards Richtung aus. “Gib uns die Papiere, dann werden wir davon absehen dich auf der Stelle hinzurichten.” Die dunkle Stimme hallte durch die scheinbar endlos tiefe Schlucht. Ed jedoch, setzte einen Schritt zurück. Er spürte bereits wie sich unter seinem Fuß die ersten Steine lösten und hinter ihm in den Abgrund rieselten. Noch ein-zwei Schritte und er würde ihnen folgen. Er saß wirklich in der Klemme und das nicht zu knapp. Außer Atem und mit hektischen Blick sah Ed sich erneut um. Es musste doch etwas geben was er tun konnte um aus dieser Sache wieder raus zu kommen. Mit Alchemie wäre das kein Problem gewesen...naja, vielleicht doch, aber es wäre definitiv einfacher lebend zu entkommen. Vielleicht wenn er auf Zeit spielte um nachdenken zu können? Das hatte schon mehr als einmal funktioniert. Edward fixierte seinen Blick auf den Kommandanten, während sich seine Hand in seiner Manteltasche um den gestohlenen Marschbefehl enger schloss. “Und was wird danach, wenn ich es euch gebe? Ihr werdet Amestris angreifen und unzählige, unschuldige Zivilisten werden mit reingezogen.” rief Ed stur zurück mit vielleicht ein wenig zu viel trotz in seiner Stimme als im Moment gut für ihn wäre. Doch anstatt darauf einzugehen, wie Edward erhofft hatte, schnaubte der Heerführer nur verächtlich. “Wenn du die Befehle nicht freiwillig rausrücken willst, holen wir uns die Papiere von deiner Leiche, Junge.” Der Kommandant hob einen Arm in die Höhe und prompt setzten die Soldaten neben ihm ihre Gewehre an. Ed biss sich auf die Lippe, sein gesamter Körper war bis aufs Äußerste gespannt. Zitterte er etwa? Verflucht noch eins. Er hasste es in den Lauf einer Waffe zu blicken und noch mehr hasste er es, wenn er nichts tun konnte um das zu verhindern. Aber so einfach würde er sicher nicht klein beigeben! “Ich werde nicht-!” weiter kam er gar nicht erst. Die Schüsse fielen schneller als Ed überhaupt reagieren konnte und bevor er seinen Satz hätte zu Ende sprechen können, war es ein sengend heißer Schmerz der ihn abrupt zum Schweigen brachte. Er brauchte einige Sekunden um wirklich zu begreifen dass er gerade tatsächlich getroffen wurde, doch die Wucht, mit der die Projektile seine rechte Schulter, seinen Oberschenkel und seinen Unterbauch durchschlugen, ließen keine Zweifel daran offen. Er taumelte nach hinten, bis ein erstickter Aufschrei seiner Kehle entwich als sein Fuß plötzlich ins Leere trat. Wild ruderte Ed mit seinem linken Arm in der Hoffnung seinen Fall noch irgendwie auszugleichen oder irgendwo halt zu finden, doch es war nichts in seiner Reichweite. Nichts, das ihn hätte vor dem Absturz retten können. Auf einmal fühlte sich alles wie in Zeitlupe an. Das Blut begann seine Kleidung um die Eintrittswunden herum dunkelrot zu färben, während die Soldaten immer weiter hinter der Kante verschwanden. Dann war Ed im freien Fall. Viel zu viel auf einmal schoss ihm in diesen kurzen Sekunden durch den Kopf, bis er ein Bild seiner Familie vor Augen hatte. Winry...Aiden...Sara...Alphonse…Würde er sie jetzt nie wieder sehen? Nein! So durfte es doch nicht enden. Nicht hier, nicht jetzt, er-! Der plötzliche Aufprall presste ihm sämtliche Luft aus den Lungen, doch anstatt dass er reflexartig Sauerstoff einatmete, drangen nur Massen an eiskaltem Wasser in seinen Mund, was ihm das lebenspendende Atmen so brutal verwehrte. Er japste und spuckte Wasser, während sein Gehirn versuchte mit dem Rest Sauerstoff irgendwie die Situation zu analysieren. Er musste in einen Fluss gestürzt sein. Ein Wunder, dass er bei dem Aufprall aus der Höhe nicht trotzdem drauf gegangen war, aber das hieß alles nichts. Er konnte nicht atmen und immer wieder wurde er durch die starke Strömung unter Wasser gedrückt und mitgezerrt. Sein rechter Arm und sein Oberschenkel fühlten sich erschreckend taub an und jedes Mal, wenn es ihm irgendwie gelang die Augen zu öffnen, sah er nur rot um sich. Er verlor zu schnell zu viel Blut. Sein Kopf war wie leer gefegt und nur noch Furcht schien seinen Körper kontrollieren zu wollen. Er ruderte unkontrolliert mit seinem linken Arm um irgendwie über Wasser zu bleiben, doch auch durch seine Automail wurde er stetig weiter in die Tiefen gezogen. “Shit!!” keuchte Ed atemlos, bevor ihm langsam Schwarz vor Augen wurde und ihm die Sinne schwanden. Kapitel 2: Pawn to E4 --------------------- -Central City, zur selben Zeit- Wie jeden Morgen ging Riza vor der Arbeit mit Black Hayate spazieren. Es war ein schöner Sommermorgen und auf den Straße war schon einiges los. Es war Markttag wie jeden Freitag. Es roch nach frischem Brot und der Geruch von Fleisch- und Käsewaren kam ihr in die Nase, während die Marktschreier alle durcheinander ihre Ware anpriesen. Doch etwas war komisch. Kaum stand sie mittig vom Platz, gab es erstes Getuschel und sie wurde angestarrt. Vereinzelt hörte sie nur: “Bist du dir sicher…” oder “Das erklärt einiges.” Sie sah sich um. Doch als sie sich zu dem Gespräch drehte, wurde nur angestrengt weggeschaut. Sie dachte erst, es liege an ihrer Uniform, die sie schon trug. Dann hörte sie vom Zeitungsstand nur “Ob der General es vorher schon wusste? Das würde einiges erklären. Vielleicht stimmen die Gerüchte, dass er und sie…” Sie drehte sich ruckartig zum Stand und sah den großen Artikel auf dem Titelblatt. Das konnte nicht wahr sein. Das hatte er nicht wirklich getan! Gnade ihm Gott. Das würde er nicht überleben. Schnell war vergessen, dass sie Hayate weg bringen müsste und ging mit dem Hund schnurstracks zur Zentrale. Sie ließ sich aber dennoch nicht nehmen vorher noch eine Zeitung zu holen um den Schuldigen damit zu verprügeln. Oberstleutnant Hawkeye konnte ja schlecht den Generalfeldmarschall erschießen… Im Hauptquartier von Central City herrschte seit langem mal wieder Ruhe für eine entspannte Besprechung in Kombination eines Schachspiels. Roy, der jetzt unter Grumman als General arbeitete, stellte gerade mit aller Ruhe seine weißen Schachfiguren auf. Zum Schluss seine geliebte Dame mit aller Vorsicht die seine rechte Hand aufbringen konnte. “Es ist lange her, dass wir Zeit hatten zu spielen.”, sagte Grumman und ging zu seinem Schreibtisch um sich einen guten Schluck Whisky ein zu schenken. “Darf ich Ihnen auch etwas anbieten?” Grumman hielt sein gefülltes Glas hoch. “Sir, wollen Sie das Oberstleutnant mich erschießt? Es ist 9 Uhr!” Der Generalfeldmarschall lachte auf. “Sie wird sich leider nie ändern.”, schmunzelte er und sah zu seinem Regal. Dort stand ein altes Bild von seiner Frau, seiner Tochter und von Riza. Sie war damals noch 3. Eins der letzten Bilder die es von ihnen zusammen gab. Grumman seufzte: “Ob sie irgendwann die Alte wird?” Das fragte er offenbar eher sich selbst, aber Roy senkte schuldbewusst das Haupt, so dass seine Haare seine Augen verdeckten. Er sah es immer noch nicht ein die Haare streng nach hinten zu kämmen. Das machte seine charmante Art aus. “Sir, ich hole sie nur ungern aus ihren Erinnerungen, aber wir sind nicht hier um über meinen Oberstleutnant zu reden…” Roy nahm seinen Bauer von E2 auf E4. Das Oberhaupt des Militärs ignorierte seinen strengen Ton und drehte sich zu ihm um. “Tut mir leid Mustang. Fangen wir an.”, sagte er und machte seinen ersten Zug bereits bevor er sich wieder zu ihm gesellte. Grumman setzte den Springer von G8 auf F6. Roy zog die rechte Augenbraue nach oben. Sehr gewagt. Wird der gute Mann doch schon alt? Er lächelte kaum merklich und setzte den Bauern dann noch weiter auf E5. Grumman reagierte sofort und nahm seinen Springer auf D5. Der Flame Alchemist war Feuer und Flamme. Dieses Mal könnte er tatsächlich gewinnen und er wettete seine Handschuhe darauf, dass er dann in Grumman’s Augen bereit dazu war sein Amt zu übernehmen. Die Schachpartie lief weiter und sie fingen endlich an über die wichtigen Dinge zu reden. “Major Falman ist wieder im Norden angekommen, Sir.” begann Roy, der seinen Blick nicht vom Schachbrett gehoben hatte. “Erinnern sie mich nicht daran Mustang. General Armstrong hat mich schon um 8:00Uhr angerufen um mir mitzuteilen, dass sie Hawkeye haben wollte. Die Frau Generalin macht mich eines Tages noch fertig.“ Roy schmunzelte bei der Bemerkung. “Sie hat doch nicht ernsthaft gedacht, dass ich ihr Hawkeye überlasse. Die Nordschanze hat den gleichen Rang wie ich. Das kann sie vergessen.” Er setzte seinen Läufer ein paar Felder weiter und sah mit einem sicheren Lächeln auf zu seinem Gegenüber. “Wer weiß, wer weiß. Ich denke aber, dass Falman von allen die beste Wahl für den Norden ist. Er war gezwungenermaßen schon dort.” Grumman setzte als Antwort zu Roy’s Zug einen seiner Bauern. “2. Leutnant Fuery ist ebenso in East City angekommen. Keine Probleme soweit ich weiß.” Fuhr Roy mit seinem indirekten Bericht fort und zog die Brauen zusammen, während er den ungewöhnlichen Zug des Älteren betrachtete. “Gehe ich richtig in der Annahme das es auch nicht grundlos war, dass Sie Captain Havoc als kampferfahrenen Soldaten in den Süden und Captain Breda als meinen intelligentesten Strategen in den Westen geschickt haben?” Ohne Umschweife setzte der Dunkelhaarige seinen Läufer und schlug den Turm des Generalfeldmarschalls. “Nein Mustang. Ich weiß, es fällt ihnen nicht leicht ihr treues Team aufzugeben, aber wir brauchen sie im Land, wenn wir weiterkommen wollen. Wegen Captain Breda und Major Falman. Nun, das Gute ist, dass Drachma relativ ruhig ist und Creta’s Angriffe immer weiter zurückgehen. Sie haben bisher zwar unsere Demokratisierung dazu genutzt, ständig wiederholte Angriffe zu starten, doch auch das scheint drastisch nachgelassen zu haben. Aber das Parlament macht sich immer noch Sorgen. Die haben sogar überlegt jemanden wegen Verhandlungen hin zu schicken.” Grumman’s Worte ließen den Flame Alchemisten aufhorchen. “Lassen Sie mich raten. Sie wollen eine Frau schicken, weil das besser ist?”, Roy lachte und schlug sich die Hand an die Stirn, “Wenn sie wenigstens vom Militär wäre, aber einfach so eine Frau aus dem Parlament hinzuschicken? Ich glaube die Demokratisierung war nicht überall erfolgreich. Immer öfter kommen jetzt die Gleichberechtigungs-Idioten hoch.”, seufzte Roy und schüttelte den Kopf. “Wir wussten was das alles mit sich bringt, Mustang. Alle Gesetze mussten angepasst oder geändert werden. Sogar die Militärgesetze. Ich wäre fast wahnsinnig geworden, aber immerhin hast du deinen Willen bekommen.” Grumman machte eine kurze Pause und ein amüsiertes Funkeln lag in den Augen des älteren Mannes. “Es gibt jetzt Röcke in verschiedenen Längen beim Militär. Freiwillig zu tragen natürlich!” “Sir, ich war nicht der Einzige, der dafür gestimmt hat und das Parlament hang uns auch im Nacken wegen Gleichberechtigung und die Frauen brauchen jetzt im Sommer nicht mehr vor Hitze zu sterben.”, versuchte sich der General mit unterdrückter Begeisterung zu rechtfertigen. “Ist ja schon gut.”, sagte der Generalfeldmarschall mit einer abschließenden Handbewegung und fuhr fort, “Wie siehts in Ishval aus?” Roy vergrub sein Gesicht bei der Frage in seinen Händen bevor er antwortete: “Ishval ist fertig, Sir. Sie können mit Miles einen Termin für die Verhandlung ausmachen. Aber bitte nehmen sie mich alleine mit. Armstrong hat doch den Kampf verweigert und Hawkeye war noch ein Kind. Sie war 19. Das war alles schon schlimm genug für sie.” Roy rieb sich mit den Händen durch die Haare und zerstörte seine ohnehin nicht existierende Frisur nur noch mehr. “Ich habe schon versucht sie da rauszuhalten, aber es ging nicht. Sie würde sich notfalls für ihren Vorgesetzten opfern, das wissen Sie…” Roy’s Blick wanderte nach unten zu seiner Spielfeldseite, auf der seine Königin noch immer geschützt vor allen Angriffen stand. “Ich weiß und das macht mir Sorgen…” Für eine kurze Zeit war es still zwischen ihnen. Roy war Mitten in seinen Gedanken versunken, als er nur ein triumphierendes “Matt” von Grumman hörte und überrascht aufsah. Hatte er gerade wirklich so schnell verloren? Der General konnte es nicht glauben. “Ist nicht wahr und das ohne ihre Dame?” Ein leises Lachen war von Grumman zu hören, ehe er ein verschmitztes Grinsen unter seinem Bart zum Besten gab. “Du hast noch viel zu lernen General Roy Mustang.”, langsam stand der Generalfeldmarschall auf und ging rüber zu seinen Schreibtisch, wo er eine dicke Akte hervor holte. “Ich habe lange nachgedacht. Wenn du deine Königin wirklich zu würdigen weißt, dann gehe ich in Pension.” Gerade als er noch was ergänzen wollte, hörte man nur das Knallen einer Tür aus dem Vorzimmer. Grumman und Roy drehten sich ruckartig herum und starrten die Doppeltür erwartungsvoll an. Riza war aufgebracht ins Empfangszimmer des Generalfeldmarschall gestürmt, wobei die Tür mit einem gewaltigen Krach gegen die Wand knallte. Rebecca sah sie überrascht mit großen Augen an, blieb jedoch auf ihrem Platz am Schreibtisch sitzen. “Morgen Riza… Was verschafft mir die Ehre?”, sagte sie leicht schockiert. Es lag definitiv schlechte Laune in der Luft. “Hier hast du die angeblich so besonderen Unterlagen von meinem Großvater wieder. Ich sag ihm meine Meinung selber dazu!”, sagte sie harsch und machte schon Anstalten in die Richtung der Doppeltür des großen Anführers zu gehen. “Aber Riza du kannst da jetzt nicht rein, da ist doch-” Riza würgte ihre Freundin nur mit einer einzigen Handbewegung ab und sah sie mit einem Todesblick an. Rebecca fühlte sich gleich ganz klein mit Hut, dass sie sich am Liebsten hinter den Schreibtisch verstecken wollte. “Im Gegensatz zu meinem Vorgesetzten, kenne ich seine Termine, aber danke für die Auskunft!” Ruckartig öffnete sie die Tür so stark, dass sie entgeistert von 2 Herren angestarrt wurde. “Fürs Protokoll: Das ist gerade eine Familienangelegenheit.”, sagte sie in strengem Ton noch, was ihren Unmut deutlich machte, bevor sie sich direkt an Grumman wandte. “Und jetzt zu Ihnen, Sir!" Ihr Blick, den sie ihrem Großvater zuwarf könnte kaum finsterer sein. "Was glauben Sie eigentlich, was Sie da tun? Ich dachte wir haben oft genug darüber gesprochen!”, bellte Sie forsch dem Generalfeldmarschall entgegen. Äußerlich mochte Riza im ersten Moment vielleicht ruhig erscheinen, doch ihr harscher Ton und ihre flammenden Augen bewiesen das Gegenteil. Jedoch war die einzige Reaktion die sie in Grumman’s Miene erkennen konnte, dass er nicht zu wissen schien, worum es ihr ging. Sie schnaubte leise. Wütend hielt sie ihm die Zeitung hin und packte sich an die Schläfen um sich zur Besinnung zu rufen. Das waren zu viele Emotionen für die nächsten 4 Wochen. Sprachlos sah Grumman seine Enkelin an. Seit Jahren hatte sie nicht mehr einen solchen Gefühlsausbruch gehabt. Natürlich hätte er sich lieber ein Lachen oder ein Weinen vor Glück gewünscht, aber immerhin hatte sie irgendeine Emotion gezeigt. Aber bevor er einen Kommentar abgeben konnte, sah er sich ihr Problem erstmal an. Er schlug die Zeitung vom 24.06.1922 auf seinem Schreibtisch auf und dann sprang ihm auch sofort der Grund ihrer schlechten Stimmung ins Auge. Ganz groß auf der Titelseite war sein Interview mit der Zeitung in dem er Riza Hawkeye als Familienangehörige bekannt gegeben hatte. “Oberstleutnant.” Grumman sollte jetzt nichts Falsches sagen, das war ihm bewusst. Sie hatte ihm zuvor schon gesagt, dass sie unter keinen Umständen durch irgendetwas Privates in der Zeitung landen wollte. Und doch hatte er es ungewollt ausgeplaudert. In der Zwischenzeit hatte die Scharfschützin ihre Hände von den Schläfen genommen, um diese einfach zur Faust geballt an ihren Seiten hängen zu lassen. Sie sah ihn mit festen Blick an, doch er konnte einen Hauch Enttäuschung in ihren haselnussbraunen Augen sehen. Er hatte ihr Vertrauen missbraucht. “Sir, ich habe nein gesagt, weil ich wusste was das auslösen wird...” Er sah wie sie tief durch die Nase einatmete, bevor sie mit zitternder Hand die Zeitung nahm und weiter blätterte. Für einen Augenblick wusste er nicht, worauf sie hinaus wollte, begriff dann aber den Inhalt des Artikels. Er sah sie schockiert an und beugte sich über die Zeitung. “Oje…” Er überflog die Überschriften. Zusammengefasst waren es einige Bilder vom General und Hawkeye. Dabei interessierte es niemanden, dass das einzige, etwas private Bild nur das Richten seines Kragens vor einer Pressekonferenz war. Dazu kamen noch einige Sachen unter der Gürtellinie und obwohl sie am Anfang behaupteten, dass Hawkeye dem General versprochen wäre, fand man unten links noch eine Sammlung von Heiratskandidaten für Hawkeye mit Bildern und Kurzbeschreibungen. Logischerweise alle vom Militär, weil sie laut der Zeitung ‘zu gefährlich und zu kalt für Zivilisten wäre’. Trotzdem war es für Grumman noch kein Grund, dem General etwas anzuhängen oder zu behaupten, dass Riza ihren Großvater dazu überredet hätte, dass ihr Vorgesetzter der nächste Generalfeldmarschall werden würde. Grumman sah etwas schockiert zu Mustang rüber, der aufgrund von Riza’s Reaktion schon aufgestanden war. Riza indes hatte sich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch abgestützt, sodass ihre Haare ihr unweigerlich ins Gesicht fielen. Wie konnte ihr Großvater sowas tun. Natürlich kamen all die Jahre immer so kleine Gerüchte hoch. Immerhin war sie die einzige Frau im Team Mustang und jeder wusste, dass er von einem Date zum anderen schlenderte. Nur sie wusste, dass es eine Masche war, damit er nicht so gefährlich wirkte und das es alle Informantinnen waren. Ob er jemals eine berührt hatte, wollte sie gar nicht wissen. Sie hatte sich immer mühe gegeben noch kühler zu werden, wenn wieder ein neuer Mustang Gegner irgendein Gerücht aufflammen ließ. Sie tat dies alles für ihn und der Generalfeldmarschall hatte das alles mit einem einzigen Interview in der Zeitung zunichte gemacht. Sie sah nur wie der General neben ihr auftauchte. Ihr Blick glitt zu ihm hinüber, als er die Zeitung vom Tisch hob und ein paar Schritte durch das Büro ging. Er drehte sich zu Grumman und ihr um und hob die rechte Augenbraue nachdenklich hoch. Dann fing er an zu sprechen: “Also ehrlich gesagt sehe ich hier nur ein Haufen Bilder vom Oberstleutnant bei der Arbeit. Das ist fast schon traurig, dass die Central Times so schlechte Bilder hat.” Riza folgte seinen Schritten mit den Augen, während er wieder auf sie zukam. “Außerdem möchte ich nur mal anmerken, dass die Auswahl auch zu wünschen übrig lässt. Ich meine, Oberstleutnant, die Presse ist wohl nicht sonderlich gut informiert. Oberstleutnant Colt und Nash wären ein Schlupfloch im Gesetz, aber Herr Hawking ist General und Herr Stamp ist Oberst. Da ist ja in jeder Version ein Gesetzesverstoß dabei und das nur, weil Sie irgendwann mal mit einem von ihnen einen gemeinsamen Termin hatten. In Sachen Märchen erfinden sind die echt gut.” Der General zupfte die Doppelseiten über Riza aus der Zeitung heraus, schlug den Rest zu, zerknüllte die Doppelseiten rasch und schmiss sie auf einen Teller auf Grumman’s Schreibtisch. Mit einer Selbstverständlichkeit zündete er sie an, als würden sich alle Probleme somit in Rauch auflösen. Riza musterte ihn zweifelnd. “Oberstleutnant, sie sollten nach Hause gehen.” Raunte Roy, woraufhin Riza nur seufzend die Arme vor der Brust verschränkte. “Ihre Sorge ehrt mich, Sir, aber der Weg hierher war schon anstrengend genug. Ich verzichte. Bis Dato hat die Presse noch nicht herausgefunden wo ich wohne. Nachher sind meine Chancen besser unbemerkt nach Hause zu kommen.”, sie wandte sich herum, blieb jedoch noch stehen. “Generalfeldmarschall ich lasse Hayate hier. Ich hole ihn nachher wieder ab und wenn ich noch einmal Mitarbeiterakten auf meinem Platz zur ‘besonderen Durchsicht’ bekomme-” Riza brach den Satz ab und ließ einen kurzen, mahnenden Blick über ihre Schulter für sie sprechen. Daraufhin wandte sie sich von ihm ab, um vorwurfsvoll auf ihren Vorgesetzten zu zu gehen. Direkt vor ihm erhob sie den Zeigefinger. “General, sie haben in 10 Minuten einen Termin. Kommen Sie nicht wieder zu spät. Ich will mir nicht schon wieder eine Ausrede ausdenken müssen.” Nachdem sie alles losgeworden war, wollte sie nur noch weg und setzte sich schnellen Schrittes in Bewegung. Grumman seufzte. “Riza?” Eigentlich benutzte er nie ihren Vornamen während der Anwesenheit von Dritten und er wusste, dass sie ihn zurechtweisen würde. Aber er wollte irgendwie zeigen, dass es ihm auch als Großvater leid tat, dass er so eine Diskussion ausgelöst hatte. Immerhin schätzte sie ihre Privatsphäre. Schützte sie förmlich vor Allem. In den letzten Jahren hatte er es nicht geschafft, dass sie sich bei ihren regelmäßigen Großvater-Enkelkind-Treffen ein bisschen öffnete. Sie erzählte nicht wirklich was. Dabei wollte er irgendwie ein Teil ihres Lebens werden. Immerhin hatten sie nur noch Einander, nachdem Berthold verstorben war. Plötzlich riss Riza ihn aus den Gedanken: “Sir, sie sollen mich nicht mit Vornamen ansprechen.” Ihr verärgerter Unterton ließ ihn aufschauen, doch anstatt dass ihr kalter Blick ihn traf, hatte sie sich nicht mal umgedreht. “Es tut mir leid. Kommst du trotzdem heute Abend?” Er starrte erwartungsvoll ihren Rücken an, trotz angespannten Situation. Er bereute es sie mit Vornamen angesprochen zu haben. Er wollte ihr damit zwar sagen, dass es ihm persönlich leid tat, aber im Endeffekt hatte er nur dafür gesorgt, dass er sie noch wütender machte. Er verdiente das nicht, doch ihre Antwort war überraschend und unerwartet. “19 Uhr, wie jeden ersten Freitag im Monat.”, sagte sie nur trocken und ging schnurstracks aus seinem Büro. Grumman atmete erleichtert aus und sah zu Roy, der da eigentlich nur unnütz wie ein Weihnachtsbaum an Ostern rumstand. “Mustang, haben sie vielleicht eine Gebrauchsanweisung für Hawkeye? Ich verstehe sie nach knapp 7 Jahren genauso wenig wie zu Anfang.” Erneut seufzte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Roy musste auflachen. Grumman am Ende seiner Weisheiten war ein zu amüsanter Anblick. Er konnte sich ein leicht belustigtes Lächeln nicht verkneifen. “Generalfeldmarschall, meine Regel ist einfach. Die Papiere unterschreiben, wenn sie mir mit ihrer Waffe droht. Aber wenn sie meinen Rat wollen, dann bedrängen Sie sie nicht so sehr. Sie geht sonst eher einen Schritt zurück, als auf Sie zu.”, er lächelte erneut, “Aber wenn ich es mir so überlege...Ich wäre erschossen worden, wenn ich sie Riza genannt hätte auch wenn kein Dritter anwesend gewesen wäre. So schlimm ist es also gar nicht für Sie ausgegangen.” Grumman schaute über seine Brillengläser hinweg direkt zu ihm herüber. “Das war eine 50-50 Chance getötet zu werden. Entweder konnte ich ein bisschen an das Enkelkind in ihr appellieren oder ich sterbe heute Abend. Man weiß es nicht.” Der General schüttelte den Kopf. “Soll ich Sie zur Sicherheit um 20 Uhr anrufen?” Grumman winkte Roy nur ab und er beobachtete wie der Generalfeldmarschall wieder etwas entspannter zum Schachtisch ging. “Wenn, war es wohl Schicksal.”, sagte er zum Schwarzhaarigen und griff nach seinem kleinen schwarzen Buch. Roy sah, dass er das neuste Schachergebnis notierte und kurz darauf den neuen Stand vorlas. “Also eine Niederlage, 131 Siege und 16 Unentschieden. So wird das nie was. Wollen Sie erst mit 45 Generalfeldmarschall werden?” Der ehemalige Mentor sah den Alchemisten mit herausfordernden Blick an. Es machte ihm offenbar Spaß seinen Untergebenen ein bisschen aus der Reserve zu locken. Das klatschende Geräusch des Buches auf dem Schreibtisch sorgte dafür, dass Grumman wieder seine volle Aufmerksamkeit bekam. Seinem Vorgesetzten schien etwas eingefallen zu sein, denn er wunk Roy wieder näher zu sich. “Nun wieder zu wichtigeren Themen!”, Grumman hob wieder die dicke Akte auf, die mittig auf seinem Schreibtisch lag. “Ich habe im Auftrag des Parlaments alle Militärgesetze überarbeitet. Lies dir alle genau durch und unterzeichne sie zügig. Hawkeye sollte sie vorerst nicht sehen und übrigens, mein Angebot dahingehend steht immer noch.” Vertrauensvoll legte das Oberhaupt die wichtigen Unterlagen in Roys Hände. Doch mit so einen schweren Stapel hatte er wohl nicht gerechnet. Er hörte nur ein “Uff” des Jüngeren und sah, wie Roy mit dem ganzen Stapel ein ganzes Stück einsackte. Sein Gegenüber sah ihn nur verwirrt an. Grumman wollte zwar eigentlich nicht so direkt sein, aber half dann nur mit einem “Angebot - Hand - Enkeltochter.” nach. Es sah jedoch nicht so aus als würde bei dem Flame Alchemisten der Funke überspringen. Leicht genervt rollte er mit den Augen. Roy würde es schon merken, wenn er die Unterlagen richtig lesen würde. Verschmitzt lächelnd ging das Oberhaupt mit den Armen hinterm Rücken zu seinem Platz und setzte sich entspannt ausatmend auf den Stuhl. Endlich ging alles langsam aber sicher seinen Weg. Zufrieden mit sich und seinem vielleicht etwas listigen Plan stützte er seine Ellenbogen auf den Tisch um daraufhin sein Gesicht mit den Händen abzustützen. “Mustang?”, sein Gesprächspartner schien noch immer in Gedanken zu sein. “Ich glaube sie werden noch vor der Mittagspause erschossen. 10 Minuten sind schon etwas länger vorbei.” Er sah Panik in dem Blick seines sonst so furchtlosen Untergebenen aufkeimen und hörte nur den panischen Aufschrei “Verdammt!”, den er ihn ausnahmsweise mal durchgehen ließ. Und schon war Mustang erstaunlich schnell aus dem Büro verschwunden. “Hach ja, die junge Liebe. Lang ist’s her.”, raunte Grumman leise und sah auf das alte Bild mit seiner Frau, das auf dem Schreibtisch stand, die leider schon vor vielen Jahren von dieser Welt gehen musste. Sein Blick wurde weich. Kapitel 3: Patience ------------------- Ein leises, kaum wahrnehmbares Stöhnen rollte über Edward’s ausgedörrte Lippen, als allmählich sein Bewusstsein in seinen viel zu schweren Körper zurückkehrte und mit ihm leider auch die Schmerzen, die ihn praktisch als Erstes begrüßten. Er fühlte sich elend...wirklich elend...und das sollte bei ihm schon etwas heißen. Es gab kaum ein Körperteil, dass ihm nicht weh tat, so als hätte ihn Alex Louis Armstrong über gemangelt...und zwar mehrfach. Sein Kopf dröhnte unnachgiebig, seine rechte Schulter und sein Oberschenkel brannten wie Feuer und irgendetwas schmerzte und stach zusätzlich in seinem Unterbauch. Auch sein linkes Bein schien viel schwerer zu bewegen zu sein als sonst. Winry würde ihn töten, wenn seine Automail beschädigt wäre… Aber selbst sein Rücken, auf dem er zu seinem Leidwesen lag, schien von irgendetwas getroffen worden zu sein. Aber von was tat ihm alles so weh? Mist verdammter!! Was war passiert? Und wo war er eigentlich? Er lebte immerhin, das war ja schon ein gutes Zeichen, und dennoch konnte er sich an Nichts richtig erinnern. Ed wagte es nicht seine Augen zu öffnen. Er konnte nicht sicher sein, ob er sich irgendwie in Gefahr befand, trotz das er noch am Leben war und versuchte daher vorerst nur zu lauschen. Alles um ihn herum wirkte still. War er also alleine? //Verflucht...was zum Geier ist passiert?// Nur bruchstückhaft schien ihn sein Gehirn mit Informationen versorgen zu wollen, aber ihm fehlten Details um irgendetwas Schlüssiges daraus zu machen. Er erinnerte sich daran, geflohen zu sein und an Wasser. Viel Wasser, aber welchen Zusammenhang hatte das alles? Nichtsdestotrotz schien etwas an den hintersten Ecken seines Bewusstseins zu nagen. Als wenn er etwas Dringendes erledigen musste, was keinen Aufschub duldete. Aber was in Flamels Namen war es? Irgendetwas, was sich so dringlich anfühlte...wie konnte er das vergessen? Aber selbst mit diesem nagenden Gefühl, fühlte Ed sich einfach zu müde, zu erschöpft und definitiv mit zu vielen Schmerzen beglückt, als dass er sich sofort weiter angestrengt Gedanken machen konnte. Schweigend lag der junge Mann einige weitere Minuten einfach da. Nach und nach schienen seine Sinne immer weiter zu erwachen und er wurde sich seinem Umfeld mehr und mehr bewusst. Das weiche Bett auf dem er lag, trug leider nicht viel zur Linderung seines schmerzenden Rückens bei, doch die lockere Decke, die man ihm über gelegt hatte, war angenehm und hielt ihn warm. Er fror nicht wirklich, doch irgendwie fühlte er sich… durchgeweicht… ja… das war die passende Beschreibung. Seine Wahrnehmung stoppte jedoch nicht nur dort. Er konnte in seiner Nähe das leise rascheln von Stoff hören, welcher wohl von einem Windhauch angestoßen wurde. Vorhänge vielleicht? Er spürte sogar die angenehme, warme Brise auf seinem Gesicht und ein leichter, süßlicher Geruch - einem Parfüm gleich - strömte ihm in die Nase. Es war angenehm, ganz dezent und beinahe schon beruhigend. Er musste in irgendjemandes Zimmer liegen, der sich um ihn gekümmert hatte. Nach ein paar weiteren Minuten des stillen lauschens und nachdem das Pochen in seinem Kopf ein wenig nachgelassen hatte, beschloss Ed schlussendlich doch die Augen zu öffnen. Neugierde obsiegte offenbar der Müdigkeit und dem Verlangen einfach weiter zu schlafen. Vorsichtig begann der junge Mann zu blinzeln, in der Hoffnung einen kurzen Eindruck seiner Umgebung zu erhaschen, kniff jedoch abrupt die Augen wieder zu als grelles Licht seine empfindliche Netzhaut traf und ihn sofort blendete. “Urg…” keuchte er leise. Er war erschrocken über seine eigene, schwache Stimme, die ihm kaum mehr wie ein leises Krächzen vorkam. Er wollte instinktiv seinen rechten Arm über sein Gesicht schlagen um dem Licht zu entkommen, doch zuckte er nur unbeholfen als ein stechender Schmerz durch seinen ganzen Arm fuhr. “Du bist endlich wach! Ein Glück!” der plötzliche Ausruf vom Fußende des Bettes, in dem er lag, ließ den ehemaligen Alchemist abrupt anspannen, was er allerdings sofort bereute als eine weitere Welle an Schmerzen dieses Mal durch seinen gesamten Körper schoss und ihn reflexartig zusammen zucken ließ. Er konnte nicht sehen wer die Person war, doch irgendwie kam ihm die Stimme bekannt vor. Sie war weiblich, das war deutlich zu hören und sie klang erleichtert. Von ihr musste also auch der süßliche Geruch kommen. Also war er doch nicht alleine gewesen. “Ich hab mir wirklich Sorgen um dich gemacht, Ed…” ihre Stimme war voller Besorgnis, aber dennoch irgendwie kräftig in ihrem Ton. Edward stutzte einen Moment. Woher kannte sie seinen Namen?? Hatte sie seine Sachen durchwühlt? Obwohl… Nein… Die Stimme kam ihm erschreckend vertraut vor. AH! Jetzt fiel es ihm wieder ein woher er sie kannte, auch wenn er sie seit Jahren nicht mehr gehört hatte. “Julia?” krächzte er fast tonlos und wagte einen erneuten Versuch die Augen zu öffnen. Wie es schien, hatte sie die Vorhänge des Fensters zugezogen, die bis eben noch das helle Tageslicht hinein gelassen hatten, wodurch er nun gefahrlos blinzeln konnte, bis sich seine Umgebung endlich fokussiert hatte. Dann kam auch schon die junge Alchemistin in sein Sichtfeld. Und tatsächlich. Es war Julia Crichton. Was hieß, er musste in Milos sein. Und wie es aussah in einem Krankenzimmer. Aber... “Wie bin ich hierher gekommen?” es war nicht mehr als ein heiseres Raunen, welches Ed von sich gab und er konnte an Julia’s Blick erkennen, wie furchtbar er eigentlich aussehen musste, so wie sie ihn musterte. Wahrscheinlich sah er genauso grottig aus, wie er sich im Moment fühlte. “Freunde von mir haben dich bewusstlos unten im Fluss treiben sehen und haben dich raus geangelt.” Julia hatte ein sanftes, ruhiges Lächeln auf den Lippen, als sie sich neben Edward auf einen kleinen Hocker nieder ließ. Behutsam strich sie ihm ein paar seiner goldenen Strähnen aus dem Gesicht, bevor sie zur Seite auf den Nachtisch in eine Schale kühlen Wassers griff und einen Lappen heraus holte, den sie aus wrang und dann auf Ed’s Stirn platzierte. “Ich weiß nicht, was dir widerfahren ist, aber du hast wirklich Glück gehabt, Ed. Um ein Haar wärst du uns hier verblutet. Ich glaube, wenn das Wasser im Fluss nicht so eiskalt sein würde, wärst du das wohl auch schon vorher.” sie schürzte die Lippen und legte die Brauen in Falten. “Was ist passiert, Ed? Du hast schwere Schusswunden und starke Prellungen am Rücken.” “Schusswunden??” Edward hielt einen Augenblick inne. Diese Information schien etwas in seinem Gedächtnis wach zu rütteln. Oh, verdammt, Ja! Das versteckte Soldaten-Lager der Creta-Armee! Der bevorstehender Angriff!! ...Die Marschbefehle!!! Abrupt riss Edward die Augen auf, als es ihn wie einen Blitz traf. Jetzt wusste er wieder, was er tun musste!! So ruckartig, dass ihm der kühlende Lappen von der Stirn flog und über das Fußende hinweg segelte, schoss Ed in die Senkrechte. “Wo ist mein Mantel?? Ich muss das West Hauptquartier warnen!” schrie er schon fast abrupt in Julia’s Richtung, zuckte jedoch nur Sekunden später zusammen als die Schmerzen in seinem Körper die Oberhand gewannen. Er krümmte und verkrampfte sich heftig, eine Hand an seinen Unterbauch gepresst, während er versuchte seine stockende Atmung zwischen zusammengepressten Zähnen hervor zu bringen. “Woah, ganz ruhig, Ed! Du bist immer noch schwer verwundet, du musst liegen bleiben.” prompt war Julia aufgesprungen und versuchte den Jüngeren zu besänftigen. Doch Ed, der wieder zu Atem gekommen war, schüttelte vehement den Kopf. “Dafür hab ich keine Zeit. Wenn ich jetzt nicht nach West City komme, wird Amestris ein neuer Krieg bevorstehen und viele unschuldige Menschen werden sterben!” knurrte er zwischen seinen Zähnen hindurch und war schon drauf und dran seine bleischweren Beine aus dem Bett zu schwingen, als er plötzlich zwei Hände spürte, die ihn forsch zurück auf die Matratze drückten. Er zischte bei der rüden Behandlung und kniff die Augen zusammen, jegliche Gegenwehr erstarb sofort. “Egal wie wichtig das ist, die Gefahr, dass deine Wunden aufreißen und du vielleicht sogar innerlich verblutest ist noch viel zu hoch, als dass du jetzt zurück nach Amestris kannst.” Der ernste Ausdruck in Julia’s Augen ließen keinen Widerspruch zu und prompt wurde Edward still. Er musste zugeben, in den Jahren, in denen er sie nicht gesehen hatte, war sie noch herrischer geworden als zuvor. Ihren Anweisungen etwas mürrisch folgend, lehnte sich Ed wieder ein wenig zurück, bis er zumindest halbwegs aufrecht an die Kissen gelehnt im Bett saß. Als dann auch die Schmerzen langsam abebbten, atmete Ed so tief durch, wie es ihm derzeit möglich war und schloss für einen Moment die Augen. Ihm war bewusst, dass sie Recht hatte. In seinem jetzigen Zustand würde er niemals nach Amestris zurückkommen, geschweige denn nach West City gelangen. Aber er musste etwas tun. Er musste die Armee warnen, sonst könnte es vielleicht zu spät sein bis er wieder fit war. “Habt ihr ein Telefon hier?” seine Frage war erstaunlich leise und ruhig, was Julia zu irritieren schien nach dem Ausbruch von eben. Doch gleichzeitig lag eine Dringlichkeit in seinem Ton, die nicht zu überhören war. Die Kupferhaarige nickte knapp. “Ja, aber was genau ist eigentlich los? Vielleicht kann ich dir helfen? Und was meinst du mit Krieg ausbrechen?” Für einen Moment sah Ed zu der Älteren hoch, bevor er seinen Blick stur auf seine Faust richtete, die auf dem Bettlaken ruhte. Er schluckte. “Creta hat südlich von hier ein geheimes Soldaten-Lager auf Amestris’ Seite der Grenze eingerichtet und sie wollen einen Angriff aus dem Hinterhalt starten. Da die amestrische Armee derzeit damit beschäftigt ist Pendleton zu verteidigen um den dortigen Grenzkrieg unter Kontrolle zu bekommen, ahnt keiner was da kommt. Außer mir weiß im Moment noch niemand in der Armee davon. Ich muss sie warnen, sonst werden hunderte, wenn nicht sogar tausende von unschuldigen Zivilisten bei dem Angriff sterben.” Seine Faust ballte sich bei dem was er sagte so sehr zusammen, das die Knöchel weiß hervortraten. Er wusste, das auch Julia lange genug von den Soldaten beider Länder unterdrückt wurde und viele ihrer Freunde und ihre Familie durch den Krieg um Milos sterben mussten, doch er wusste auch, dass sie genau deswegen nachvollziehen konnte, wie dringend es für ihn war. Julia sog neben ihm scharf die Luft ein. “Das kann nicht wahr sein!” kreidebleich sank sie zurück auf den Hocker und presste ihre Hände an ihre Brust. “Wann hört das unnötige Blutvergießen endlich auf?” ihre Frage war nicht wirklich an Ed gerichtet, dass wusste er, doch fragen tat er sich dasselbe. “Wo ist mein Mantel?” Die scheinbar völlig kontextlose Frage riss Julia abrupt aus den Gedanken und sie musste sich wohl erst selber umsehen. “Ah, Moment.” ein weiteres Mal von dem kleinen Holzhocker aufgesprungen, hechtete sie zu einem Stuhl in einer Ecke des Krankenzimmers, schnappte sich den schweren Stoffmantel, der noch immer ein wenig feucht zu sein schien und brachte ihn zu Ed, der ihn ein wenig umständlich entgegen nahm, ohne seinen rechten Arm zu benutzen. Schnell wühlte er in der Tasche, bis er endlich das gefunden hatte, was er suchte. Den Marschbefehl. Er zog das Stück Papier vorsichtig heraus und war positiv überrascht, dass es sich im Fluss nicht in wohlgefallen aufgelöst hatte. Auch wenn die Tinte an einigen Stellen verschwommen war, war noch über die Hälfte deutlich lesbar. Erleichtert atmete Ed aus, während Julia versuchte einen Blick auf den Zettel zu erhaschen. “Das sind die Marschbefehle der Creta-Armee, die ich…” Ed zögerte kurz. “...entwendet habe.” ein knappes Räuspern entwich ihm. Er musste Julia nicht einmal ansehen um zu wissen, dass sie ihm gerade einen äußerst skeptischen Blick zu warf, doch er tat es mit einem entschuldigenden Lächeln ab, bevor seine Miene wieder ernst wurde. Er berichtete ihr in allen Einzelheiten, an die er sich wieder Erinnern konnte, wie er in diese ganze Lage gekommen war. Über den Diebstahl aus dem entdeckten Soldaten-Lager, bis zu seinem unfreiwilligen Freiflug in den Fluss. Eigentlich konnte er ja froh sein, dass er überhaupt noch am Leben war. Wenn er darüber nachdachte wie schnell eine der Gewehrkugeln einen Vitalpunkt hätte treffen können oder ein falscher Aufprallwinkel auf dem Wasser ihm das Genick hätte brechen können...da schauderte es ihm. Julia indes schien auf einmal still geworden zu sein. Ihr Blick ruhte stur auf ihren Händen, die sie in ihren Schoss zusammengefaltet hatte und Sorge lag unmissverständlich auf ihren sonst so weichen Zügen. “Ich weiß nicht, ob ich dir hierbei helfen kann, Ed. Ich würde es gerne, aber…” sie biss sich auf die Unterlippe und Ed verstand sofort was sie sagen wollte. Er hob vorsichtig seine linke Hand und lächelte verständnisvoll. “Ich weiß. Wenn ihr euch jetzt gegen Creta auflehnen würdet, würde auch hier ein erneuter Kampf ausbrechen, hab ich Recht?” Sie nickte, offenbar immer noch bedrückt. So sehr sie ihm wohl auch helfen wollte, so sehr wollte sie auch ihre geliebte Stadt Milos beschützen. Ed stieß ein knappes Lachen aus, zuckte dabei allerdings etwas zusammen und presste eine Hand auf seine Seite bei dem kurzen Stechen der Wunde. “Du hast mir doch schon geholfen, Julia. Ohne dich und die Anderen hier wäre ich jetzt sicher nicht mehr am Leben. Mehr kann ich nicht von euch verlangen.” Bei seinen Worten ruckte ihr Kopf hoch und sie sah Edward überrascht an doch schnell breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Er hatte sich kein Stück verändert, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Immer war er darauf bedacht seine eigenen Probleme nicht auf andere abzuladen, die selber mit ihrem eigenen Schicksal zu kämpfen hatten, egal wie sehr er die Hilfe selber gebrauchen könnte. “Aber ich werde dir trotzdem unter die Arme greifen, zumindest, bis es dir wieder besser geht. Sonst bist du ja völlig nutzlos im Moment.” ein leicht schelmisches Grinsen zierte ihre Lippen, als sie zum Fußende des Bettes ging um den Lappen wieder aufzuheben, der dort immer noch von Ed’s hektischen hochschrecken lag. Der Jüngere schnaubte leise und sah zur Seite in Richtung des verdunkelten Fensters. So harsch hatte sie es auch nicht ausdrücken müssen, dass er jetzt mehr oder weniger ans Bett gefesselt war. Es war eigentlich schon sehr lange her, seit er das letzte Mal als Patient im Krankenhaus lag und wenn er ehrlich war, hätte er auch gut und gerne darauf verzichten können. Ein leiser Seufzer entwich ihn, während Julia neben ihm den runtergefallenen Lappen durch einen neuen tauschte, den sie in die Wasserschale legte. Schweigend beobachtete er ihr Tun eine weile, bis er anfing unschlüssig mit dem Bettdeck zu spielen. Er hasste es fragen zu müssen aber… “Ehm...Julia? Kann ich vielleicht jetzt schon um Hilfe bitten? Ich muss dringend das West Hauptquartier kontaktieren, bevor es zu spät ist.” Er konnte nicht anders, als seinen Blick bei der Frage abzuwenden, immerhin war es ihm peinlich auf eine gewisse weise bei so einer lappalie auf Hilfe angewiesen zu sein, auch wenn sie sie ihm zuvor bereits angeboten hatte. Julia lachte leise, nickte dann aber. “Ich hole dir einen Rollstuhl, warte hier einen Moment.” Und schon rannte sie aus dem Zimmer. “Haha, sehr witzig, wo soll ich denn sonst hin?” rief Ed ihr scherzend hinterher, ein dezentes Schmunzeln auf seinem Gesicht. Kurze Zeit später saß Ed in einem älteren, beinahe klapprig anmutenden Rollstuhl auch schon vor dem Telefon, das an der Wand befestigt auf einem langen Flur hing. Er hatte feststellen müssen, dass das Krankenhaus in Milos nicht wirklich groß zu sein schien. Wenn er ehrlich war, hatte er bei seinem letzten Besuch mit seinem Bruder nicht einmal mitbekommen, dass es überhaupt eines hier gab, aber es schien ausreichend zu sein. Nun hielt er den Hörer ans Ohr, während er ungeduldig die teils verwaschene Nummer des West Hauptquartiers wählte, die er sich vor Jahren schon auf ein kleines Notizbuch geschrieben hatte und praktisch immer mit sich herum trug. Erstaunlicherweise war auch dieses im Fluss nicht gänzlich zerstört worden, auch wenn kaum noch etwas lesbar war was er hinein geschrieben hatte. So auch leider die Nummer von Roy Mustang’s Büro in Central City, nachdem er General geworden war. “Kommt schon...geht ran…” murmelte Ed leise, während der fast unerträglich laute Freizeichenton an seinem Ohr nur noch mehr die Kopfschmerzen entfachte. Unruhig tippte er mit dem Finger nervös auf die Armlehne des Rollstuhls. Er hoffte inständig, dass er die verwischten Nummern überhaupt richtig entziffert hatte, sonst hätte er nun ein richtig großes Problem. Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, schien die Verbindung zu stehen. “West Hauptquartier.” Erleichterung ließ Ed sofort seinen Körper entspannen, als er endlich die Stimme einer jungen Frau am anderen Ende vernahm. “Ah, ja. Edward Elric hier. Ich muss dringend Captain Breda sprechen, es ist wichtig.” “Wie lautet ihr Code?” Ed blieb einen Moment der Atem weg. Er rief beim Militär an… was hatte er erwartet. Auch damals, als er noch Staatsalchemist war, hatte er einen Sicherheitscode für jedwede Anrufe die nicht über gesicherter, militärische Leitungen liefen. Und jetzt war er sogar nicht einmal mehr in Amestris. Er ballte seine freie Hand zur Faust. “Ich hab keinen Code. Hören Sie, es ist wirklich dringend, die Sicherheit des Landes könnte auf dem Spiel stehen!” Ungewollt wurde er lauter, drängender. Im Hintergrund konnte er hören wie einige Blatt Papier hin und her geschoben wurden, als suche jemand etwas, bevor sich die Stimme der jungen Frau erneut meldete. “Tut mir leid, Sir, wir dürfen keine Telefonate von außerhalb Amestris und ohne Sicherheitscode durchstellen.” Er hatte das Gefühl irgendjemand hätte ihm einen Eimer eiskalten Wassers über den Kopf geschüttet. “Wie oft soll ich das noch sagen. Es geht um die nationale Sicherheit! Ich bin Edward Elric, früherer Staatsalchemist unter General Roy Mustang. Kontaktieren sie ihn, wenn sie wollen, aber ich muss umgehend mit Captain Breda sprechen!” inzwischen brüllte Ed bereits in den Hörer, auch wenn er wusste, dass die Frau am anderen Ende nur ihren Job machte. Sie konnte nichts für die aufgestellten Regelungen. Aber dennoch frustrierte es Ed. Wieso nahm man ihn nicht ernst? Dabei war es so dringend was er zu sagen hatte. Schweigen... “Captain Breda ist derzeit nicht anwesend.” die beinahe verängstigte Stimme ertönte auf einmal erschrocken leise durch den Hörer, was in Ed prompt Schuldgefühle aufkeimen ließ. Er hatte sie doch nicht etwa wirklich eingeschüchtert? Innerlich scholt er sich für seine ungehobelte Art, doch im Endeffekt hatte es seinen Zweck wohl erfüllt. Doch kaum, dass ihm ihre Worte bewusst geworden waren, stockte Edward plötzlich. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Breda war nicht einmal da? Ed versuchte seine ins Stocken geratene Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen, bis er seinen Rhythmus wieder gefunden hatte. “Wissen Sie, wann er wieder da ist??” Erneutes Rascheln von Papier erklang, bevor die junge Frau sich wieder zu Worte meldete. “Er ist auf einer Kontroll Patrouille in Pendleton. Ich weiß es nicht...” raunte sie leise, so als versuche sie zu verhindern, dass irgendjemand mitbekam dass sie solch wichtige Informationen einfach an jemand für sie Fremdes weiter gab. Glaubte sie ihm etwa doch? Aber es brachte nun auch nichts. Breda war seine Hoffnung gewesen das Militär zu warnen und selbst wenn er jetzt alles der Dame am anderen Ende erzählte, konnte er nicht sicher sein, ob sie ihm tatsächlich glaubte, geschweige denn ob IHR dann jemand glauben würde, wenn sie es weiter gab. Und die Nummer vom West Hauptquartier war zu seinem Leidwesen die einzige Nummer aus seinem Notizbuch gewesen, die man noch hatte ansatzweise lesen können. Was sollte er jetzt tun? “Ah...Vielen Dank für die Auskunft…” raunte Ed leise, wesentlich sanfter in seinem Ton. “Es tut mir leid für meinen harschen Ausfall eben, bitte verzeihen Sie mir.” Dann legte er auf. Das konnte ja kaum schlimmer laufen… obwohl. Einen Anruf hatte er noch vor sich und vor dem hatte er mehr Angst, als vor...eigentlich als vor allem anderen. Minuten lang, starrte Edward in völliger Konzentration den Hörer an, den er zuvor wieder an das Telefongerät an der Wand gehängt hatte, so als befürchtete er jeden Moment dass das Teil ihn anfallen würde. Er hatte ein unbeschreiblich flaues Gefühl im Magen und er wusste ganz genau, woher das kam. Seine Hand verkrampfte sich unbewusst um das stählerne Kniegelenk seines linken Beines und er schluckte hard. Er musste sie anrufen, das war ihm bewusst...und er war sich sicher, sie würde ihm den Kopf abreißen. Nicht nur, weil er seine Automail beschädigt hatte, sondern auch weil er ja versprochen hatte rechtzeitig wieder zu Hause zu sein um Sara’s Geburtstag zu feiern, was sich ja nun mit größter Wahrscheinlichkeit erledigt hatte. Aber ohne eine voll funktionsfähige Automail, hatte er keine Chance nach West City zu gelangen, wenn er sein Bein nicht richtig bewegen konnte. Auch wenn einer der hiesigen Automail Ingenieure ein wenig ausgeholfen hatte um notdürftige Reparaturen durchzuführen, reichte es bei weitem nicht aus um sein Bein als völlig tauglich einzustufen. Vorsichtig, ja beinahe ehrfürchtig, hob Ed den Hörer ab und wählte die Nummer, die er bereits im Schlaf auswendig konnte. Es war nervenaufreibend zu warten, das sie endlich abnahm. Auch wenn er mit ihr seit Jahren glücklich verheiratet war, konnte Winry noch immer furchterregend sein, wenn es um ihre Automails ging. Insbesondere wenn er sie in seiner Ungestümheit und dem Drang sich irgendwo einzumischen, wo er besser die Nase raus gehalten hätte, irgendwie beschädigte...was in diesem Falle ja leider auf Beides zutraf. Dann hörte er auch schon das leise Klacken am anderen Ende und Winry’s Stimme erklang prompt in einem fröhlichen, ausgelassenen Ton. “Hier bei den Elrics, Winry am Apparat?” Ed stockte leicht, schluckte erneut und räusperte sich. “Eh...hey...Schatz.” er versuchte so unschuldig zu klingen wie es ihm irgendwie möglich war, doch scheinbar war genau das sein Fehler, wie er bei dem plötzlichen Wandel in ihrem Ton hören konnte, der auf einmal wesentlich harscher wurde. “Ed? Was ist los? Was hast du wieder angestellt?” er konnte sie schnauben hören und er musste kein Hellseher sein um zu wissen, dass sie wohl mit den Augen rollte. “W-was soll das denn jetzt wieder bedeuten??” murrte Ed unweigerlich empört als Reaktion, auf so eine - seiner Meinung nach - haltlose Anschuldigung, seufzte dann aber leise und rieb sich mit seiner linken Hand über die Augen. “Hör mal, Winry...eh...könntest du einen kurzen Ausflug nach Milos machen?” er wartete einen Moment, doch da Winry keinen Mucks von sich gab, fuhr er fort. “Meine...Automail ist...nun ja...beschädigt worden und...eh...ich komme gerade nicht weg.” Kaum hatte er es ausgesprochen, wappnete sich Ed bereits für den Sturm an Beschimpfungen die sie ihm sicher entgegen schmettern würde. Wäre ja nicht das erste Mal. Doch zu seiner großen Überraschung blieb es still. Zu still. “Eh...Winry? Bist du noch dran?” fragte er beinahe schon unsicher und zog die Brauen zusammen. “Du liegst wieder im Krankenhaus, nicht wahr?” Ihre leise, fast zaghafte Stimme überforderte Ed für einen kurzen Augenblick, bis er ihre Frage realisierte. Und da war sie hin, die Hoffnung sie würde sich keine Sorgen machen, wenn er es ihr nicht erzählen würde. Ed biss sich auf die Unterlippe und seufzte leise. “Ich, eh-...Ja…Im Milos´ Krankenhaus.” raunte er mit gedrückter Stimme und wandte den Blick gen Boden. “Geht es dir gut? Bist du schwer verletzt?” Ihre Sorge war deutlich zu hören und selbst wenn er sie gerade nicht sah, konnte Ed sich nur zu gut ihr sorgenvolles Gesicht vorstellen. “Alles in Ordnung, mach dir keine Gedanken, das heilt alles wieder ab.” Mit einem knappen Lachen versuchte er die Anspannung zu lösen, doch ihm war bewusst, dass es nicht all zu viel brachte. Winry hatte ihn bereits einmal im Krankenhaus gesehen, schwer verwundet, ohne das er ihr vorher Bescheid gesagt hatte und vermutlich musste sie nun genau daran denken. Aber konnte er es ihr verübeln? Er räusperte sich dezent, bevor er weiter sprach. “Könntest du möglichst schnell hier sein? Es ist wirklich wichtig.” auch wenn er ruhig klang, Winry schien zu hören, dass mehr dahinter steckte. Für einen Moment herrschte ein weiteres Mal Stille zwischen ihnen, doch dieses Mal wusste Edward, dass Winry nachzudenken schien. Dann hörte er ein leises Seufzen. “Nagut, ich werde so schnell wie möglich da sein...” sie schien zu zögern, bevor sie weitersprach. “Aber sag mir eins, Ed...Du bist nicht wieder in irgendetwas Gefährliches verwickelt, oder? Du bist kein Alchemist mehr, das darfst du nicht vergessen.” sie klang ernst, besorgt und wenn er richtig hörte konnte er sogar einen Hauch von Furcht in ihrer Stimme erkennen. Dennoch zog sich irgendetwas in ihm zusammen bei ihren Worten, obwohl ihm bewusst war, dass sie Recht hatte. Für einen kurzen, ganz kurzen Moment schwieg Ed, bevor er ein leises Lachen von sich gab und mit seiner freien Hand wedelte, auch wenn er wusste, dass sie das nicht sehen konnte. “Ich werde das dem Militär überlassen, keine Sorge. Aber dafür muss ich nach West City und das möglichst dringend. Wie schnell kannst du hier sein?” Ed kannte Winry und ebenso kannte auch sie ihn, wenn es um gewisse Angewohnheiten ging, die an den Tag gelegt wurden. Und so schien auch Winry bemerkt zu haben, dass viel mehr hinter dem plötzlichen, heiteren Lachen und den lockeren Worten Edwards steckte, als dieser zugeben wollte. Aber selbst wenn sie es bemerkte, ließ sie es sich nur durch ihren leicht veränderten Tonfall anmerken. “Hm, Na schön...Ich denke ich brauche ungefähr 2 Tage wenn ich keinen der Anschlusszüge verpasse.” Edward überlegte einen Augenblick, nickte dann aber mehr zu sich selbst als an Winry gerichtet. “In Ordnung, danke dir…” für einen Moment haderte er, schielte dabei links und rechts neben sich den Gang runter ob jemand in seiner Nähe war, dann presste er den Hörer ganz dicht an seine Wange. “Liebe dich, Winry.” raunte er leise. Warum, wusste er selbst nicht einmal, doch als ein ‘Ich dich auch’ ohne Umschweife als Antwort kam, konnte er nicht anders, als zu Grinsen. “Also, bis dann.” und schon legte Ed auf und hing den Hörer zurück an die Station. Er hielt sich noch für einen kurzen Moment an dem Hörer fest, ließ seine Hand dann aber fast leblos auf seinen Schoß fallen. Viel zu schnell verflog sein eben noch so aufrichtiges Grinsen und ein getrübter Blick überschattete seine Miene. //»Du bist kein Alchemist mehr, das darfst du nicht vergessen«// Selbst jetzt hallten Winry’s Worte noch immer in seinem Kopf nach und er konnte nichts dagegen tun. Er ließ sich mit einem langgezogenen Seufzer zurück gegen die Lehne des Rollstuhls sinken und legte den Kopf in den Nacken, einen beinahe wehmütigen Blick starr an die Decke gerichtet. “...Das weiß ich doch…” wie konnte er das auch Vergessen, wenn er immer wieder aufs Neue daran erinnert wurde? Und wenn er ehrlich war...allmählich tat es weh. Er bereute es nicht eine Sekunde seine Alchemie für seinen Bruder aufgegeben zu haben und dennoch schien es so, als ob die Welt ihn damit nicht zufrieden lassen wollte. “Hast du mit deiner Frau gesprochen? Sie ist deine Mechanikerin, nicht wahr?” Die plötzlichen Worte rissen Edward viel zu abrupt aus seinen Gedanken und erschrak so heftig auf, dass er nicht einmal einen überraschten Aufschrei unterdrücken konnte. “J-julia? W-woher-?!” keuchte er, zuckte dann aber auch schon wieder zusammen und presste beide Hände auf die Schusswunde an seinem Unterbauch. “Autsch…” Die Kupferhaarige lachte leise auf seine Reaktion hin und kam näher, bis sie hinter dem Jüngeren stand und sich auf die Griffe des Rollstuhls lehnte. “Der Ring an deinem Finger ist nicht zu übersehen, Ed. Und dein leises ‘Liebe dich’ hab ich auch mitbekommen, da brauchte ich nur eins und eins zusammenzählen. ” Sie knuffte dem Anderen spielerisch von hinten gegen den Kopf, dass Ed aus Reflex sich leicht nach vorne lehnte. “Und wann kann sie hier sein?” Ed räusperte sich, ein leichter Rotschimmer auf seinen Wangen. “Ah, ja. Eh, sie ist in etwa 2 Tagen hier, dann fahre ich auch direkt nach West City.” Julia zog besorgt die Brauen zusammen als sie sich leicht über Edward’s Schulter lehnte um ihn anzusehen. “2 Tage ist bei weitem nicht genug Zeit damit deine Wunden heilen können.” Doch Ed schnaubte nur und wedelte mit seiner linken Hand. “Wird reichen müssen.” Immerhin fiel es ihm so oder so bereits schwer genug diese 2 Tage hier herum zu sitzen, während er wusste, dass Creta kurz davor stand einen neuen Krieg anzuzetteln. Julia stieß einen deutlich entnervten Seufzer aus, was Ed ein entschuldigendes Lachen entlockte. Dass er völlig unvernünftig mit seiner Einstellung war, musste man ihm nicht erst sagen, das wusste er bereits selber zur genüge. Doch es war ein Notfall...auch wenn er diese Ausrede sich selbst schon oft gesagt hatte. Aber jetzt hieß es trotzdem warten. Nachdem Julia ihn schließlich zurück in das Krankenzimmer gebracht und ihm geholfen hatte sich auf das Bett zu setzen, ließ Ed sich langsam wieder nach hinten auf die weichen Kissen sinken. Dank der Schmerzmittel hatte das unerträgliche Brennen der Wunden zwar nachgelassen, aber das stete Pochen war beinahe genauso nervenaufreibend. Jede Anspannung seiner Bauchmuskeln verursachte einen neuen Reiz des nur langsam heilenden Gewebes in seinem Unterbauch und bei jedem Versuch seinen Arm und sein Bein mehr als nur ansatzweise zu bewegen, war als stieße man ihm eine brennende Nadel in die Schusswunden. Noch nie zuvor hatte er sich so gehandicapt gefühlt. Selbst als seine Automail von Scar zerstört worden war, oder nach dem Kampf im 5. Forschungsinstitut hatte er sich ja noch anderweitig frei bewegen können, aber nun war er tatsächlich zwangsweise ans Bett gefesselt. Und er hasste es. Er konnte früher schon nicht lange still liegen bleiben und das war mit den Jahren auch nicht viel besser geworden. “Du scheinst dein Ziel ja tatsächlich erreicht zu haben, was?” Die scheinbar völlig kontextlose Frage von Julia, riss Edward komplett aus den Gedanken und ließ ihn überrascht aufschauen. “Eh?” Er brauchte einen Moment, ehe er den Inhalt ihrer Worte wirklich verstanden hatte. “Ja. Al hat auch seinen Körper zurück.” ein leises, stolzes Lachen entwich dem Jüngeren. Er hatte fast schon vergessen, dass Julia über ihn und seinen Bruder Bescheid wusste und da er seinen Arm zurück hatte, musste sie wohl darauf geschlossen haben. “Wirklich? Das ist ja großartig, herzlichen Glückwunsch.” Julia grinste erleichtert, doch es verschwand schnell und an dessen Stelle trat ein eher verwirrter Ausdruck. “Aber was ist mit deinem Bein? Konntest du das nicht zurückholen?” sie neigte leicht den Kopf, doch auch dieses Mal lachte Ed nur leicht und legte seine Hand locker auf sein linkes Bein. “Ich will es als Mahnung an mich selbst behalten. Als Erinnerung an unsere Abenteuer und unsere Fehler.” er hielt kurz inne als sei ihm etwas eingefallen, bevor er schmunzelnd hinzu fügte, “Außerdem würde Winry nur rumjammern, wenn ich keine Automail mehr hätte.” Er zog die Schultern beinahe beiläufig an. Nun war es aber Ed, der ein wenig neugierig wurde. “Wo wir gerade bei Zielen sind. Eigentlich wollte ich ja hierher kommen um zu wissen, wie es euch ergangen ist. Konntet ihr euch gegen Creta und Amestris durchsetzen?” Auf seine Frage hin grinste Julia schon fast stolz. Sie stand auf und ging zur Fensterfront hinüber, wo sie sich gegen den Fenstersims lehnte und auf ihre blühende Stadt hinunter blickte. “Wir haben Milos wieder zu seinem alten Glanz verholfen. Auch wenn vieles nicht mehr so sein kann wie früher, aber es ist endlich wieder eine Heimat für uns geworden. Mit Creta und Amestris haben wir inzwischen Abkommen geschlossen, dass, solange wir uns nicht in die politischen Gegebenheiten der beiden Länder einmischen, sie uns im Gegenzug in Frieden lassen. Das Wissen über den Stern von Milos ist auch nun endgültig verloren, also hat das Land hier keinen Nutzen mehr für Creta und Amestris. Daher lassen sie uns in Ruhe.” Sie drehte sich schwungvoll zu Ed um und er konnte deutlich die grenzenlose Erleichterung in ihrem Blick erkennen, was er nur allzu gut nachvollziehen konnte. Er hatte gesehen wie sehr die Menschen von Milos im Tal zwischen den Grenzen zu leiden hatten, wie furchtbar sie behandelt wurden und es war unbeschreiblich zu sagen wie sehr er sich für sie freute ihre Heimat zurück zu haben. “Das klingt ja wunderbar.” “Ist es auch...aber…” Julia stockte abrupt und verstummte einen Moment lang. Das eben noch so heitere Lächeln auf ihrem Gesicht verschwand auf einmal viel zu schnell, als dass Ed die Richtung gefallen könnte, in die das Gespräch wohl gehen würde. Er zog besorgt die Brauen zusammen. “Was ist los?” Julia biss sich auf die Unterlippe, als würde sie mit sich hadern und ihr Blick wanderte für einen Moment gen Boden. “Weißt du...als ich vorhin von dir gehört hatte, das Creta einen Krieg mit Amestris anstrebt…ich glaube, da steckt noch mehr dahinter.” ihre Finger verkrampften sich, als sie den Saum ihres Oberteils umklammerte. Sofort wurde Ed hellhörig, als ihn Julias Worte auf einen Gedanke brachten, der ihm absolut nicht gefiel. “Sie würden keinen Angriff aus dem Nichts starten, wenn sie nicht sicher wären, dass sie auch Gewinnen können.“ murmelte Ed beinahe tonlos, als ihm die Tragweite dieser Tatsache bewusst wurde. Kein Land, das bislang in militärischer Hinsicht unterlegen war, würde einfach einen neuen Krieg anzetteln. Es sei denn, sie hätten etwas in der Hinterhand, was ihren Sieg gewährleisten würde. “Ich habe ein ganz übles Gefühl, Ed. Seit einiger Zeit kommen immer wieder seltsame Gerüchte über Creta auf, das irgendetwas Unheilvolles im Militär dort vor sich gehen soll. Keiner weiß was genaues, aber es kann nichts Gutes sein.” Julia sah mit besorgtem Blick zu Ed hinüber, der wie vom Blitz getroffen auf seinem Bett saß und angestrengt auf das Bettlaken starrte. Seine ganze Körperhaltung spannte sich so sehr an, dass er fast schon anfing zu zittern. Edward ballte seine Hände zu Fäusten. “Es wäre ein zu großer Zufall, wenn diese Gerüchte und der bevorstehende Angriff nichts miteinander zu tun hätten.” stimmte Ed mit finsterer Miene zu. Was steckte dahinter? Verdammt, wenn er vorsichtiger gewesen wäre, hätte er vielleicht mehr herausfinden können. Was sollte er jetzt machen? So sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, bemerkte Ed nicht einmal, dass sich Julia vom Fenster entfernt und sich neben ihn aufs Bett setzte. Erst, als er ihre Hand auf seiner spürte, sah er überrascht auf. “Es sind bisher nur Gerüchte und keiner weiß mehr darüber…” sie strich mit dem Daumen über seinen Handrücken, was den ehemaligen Alchemisten langsam wieder aus seiner völlig angespannten Haltung löste. Ed atmete einmal tief ein, soweit es seine Prellungen zu ließen, bevor er seinen Atem in einem langgestreckten Seufzer wieder ausstieß. “Auch wenn es nur Gerüchte sind...das kann einfach kein Zufall sein…” er schüttelte den Kopf noch bevor er seinen Satz beendet hatte. “Aber es bringt nichts mir jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen. Wenn ich zurück im West Hauptquartier in Amestris bin, kann ich Breda zumindest warnen.” Er lehnte sich vorsichtig zurück in seine Kissen und schloss einen Moment die Augen, bevor er an die Decke sah. “Ich muss es einfach rechtzeitig schaffen.” raunte er leise und wandte seinen Blick zu Julia, ein sanftes Lächeln auf den Lippen. “Danke.” Verwirrt starrte sie ihn bei dem knappen Wort an. “Danke? Wofür?” Ed stieß ein leises Lachen aus. “Für heute. Allgemein.” Julia erwiderte das knappe Lachen und schnippte dem Jüngeren gegen die Stirn. “Genug geredet jetzt. Du brauchst Ruhe, damit deine Wunden heilen können.” Sie stand auf, zog die Vorhänge wieder zu, hinter denen die Sonne bereits am Untergehen war und ging schließlich zur Tür wo sie kurz stehen blieb. “Es ist schön dich mal wieder zu sehen Ed. Du bist erstaunlich groß geworden.” Sie schenkte ihm ein amüsiertes, neckisches Grinsen und verschwand aus dem Raum, sodass Ed nun alleine zurück blieb. Er konnte nicht anders als auf ihre Stichelei mit einem knappen Lachen zu reagieren. Es war schon lange vorbei, dass er sich wegen einer Anspielung auf seine damals noch wirklich...geringe...Größe…so aufgeregt hatte. Ein leiser Seufzer entkam ihm dann aber doch, als er zurück in eine liegende Position rutschte und den Blick zur Decke gehoben hatte. Auch wenn er zuvor gesagt hatte, dass er sich keinen Kopf mehr darüber machen sollte, konnte er nicht verhindern, dass seine Gedanken automatisch zurück zu dem Gespräch flogen. Was hatte Creta, das sie so sicher waren, dass ihr Angriff gelingen würde? Es musste etwas sein, womit Amestris’ Militär nicht rechnen würde...oder nicht kontern konnte. Etwas unbekanntes? Oder neu entwickeltes? Es gab zu viele Möglichkeiten und zu wenig Fakten, als das Ed auch nur erahnen könnte, was es war. Ed schüttelte innerlich den Kopf. Mist...es brachte wohl wirklich nichts sich noch weiter darüber Gedanken zu machen und außerdem hatte Julia Recht. Er war wirklich erschöpft und brauchte die Ruhe dringend. Vor allem wenn er in zwei Tagen wieder los wollte. Er zog die weiche Bettdecke weiter über seinen Körper und es dauerte wirklich nicht lange, bis er eingeschlafen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)