Shards of Red von lunalinn (Endeavor x Hawks) ================================================================================ Kapitel 3: Fiery Red -------------------- Die nächsten Wochen sind ein ständiges Auf und Ab, das Enji das Gefühl gibt, langsam verrückt zu werden. Es ist Hawks, der es sich anscheinend zum Ziel gemacht hat, ihn in den Wahnsinn zu treiben – und wenn das so weiter geht, wird er das auch schaffen. Die ersten Tage nach ihrem gemeinsamen Abend ist der Vogel wie vom Erdboden verschluckt. Enji bekommt nicht mal eine stupide WhatsApp Nachricht, wie es sonst zwischendurch passiert. Funkstille könnte man sagen und eigentlich ist das ja auch genau das, was Enji will. Was da passiert…oder eben nicht passiert ist, ist keine Option. Gerade wenn er die Situation richtig gedeutet hat, sollte er froh sein, dass Hawks Abstand zu ihm hält. Wenn er wirklich hatte tun wollen, wonach es ausgesehen hat, ist er sich vielleicht selbst darüber klar geworden, wie absurd und…falsch es wäre. Enji ist ein verheiratetet Mann – auch wenn sich seine Frau in einer psychiatrischen Klinik befindet und seinen Anblick nicht ertragen kann. Er hat vier Kinder und eins davon ist in Hawks‘ Alter, was das Ganze irgendwie noch schlimmer macht. Enji ist doppelt so alt wie der Winged Hero und außerdem…steht er offensichtlich auf Frauen. Nicht auf junge Männer. Schon gar nicht auf einen, der ihn regelmäßig zur Weißglut treibt. Also versucht Enji, sich abzulenken, hauptsächlich mit seiner Arbeit, doch er erwischt sich immer wieder dabei, wie er auf sein Handy schielt. Es ist wirklich zum Verrücktwerden, vor allem weil er zur Untätigkeit verdammt ist. Schreibt er Hawks oder ruft ihn an, wird dieser das vielleicht als Bestätigung für was auch immer sehen – und das will Enji auf keinen Fall! Gleichzeitig fragt er sich, ob er nicht überreagiert und Hawks damit in die Hände spielt. Er ist dessen dumme Witze schon gewöhnt, warum sollte es jetzt anders sein? Hitze schießt ihm in die Wangen, wenn er sich vorstellt, wie er den Vogel konfrontiert und dieser ihn auslacht. Sich den Bauch haltend, sein großes Maul aufreißend und auf ihn zeigend. Darüber lachend, dass ein alter Mann wie Enji glaubt, so ein junger Hüpfer wie Hawks würde auf ihn stehen…und diese Vorstellung ist so demütigend, dass sie ihm die Entscheidung über sein weiteres Vorgehen abnimmt. Hawks könnte jeden haben. Mit seinem hübschen Gesicht, der schlanken Figur und seiner offenen Art, mit der er so viele Menschen um den Finger wickelt. Mit seinen zerzausten, blonden Haaren, die ihn verwegen erscheinen lassen, und diesen bernsteinfarbenen Augen mit den ungewöhnlichen Markierungen. Mit seinen scharlachroten Flügeln, die… Er bremst sich, bevor er seine Gedanken noch mehr in Richtung Schwärmerei gehen können – und er verflucht Hawks dafür. Natürlich ist es seine Schuld, dass sich Enji mit Mitte vierzig dazu genötigt fühlt, wie ein dummer Teenager zu reagieren. Gut, dass das wenigstens keiner mitbekommt. Seine Sidekicks merken zwar, dass er oft abwesend ist oder noch gereizter als sonst, aber wenigstens kennen sie den Grund nicht. Außer Burnin traut sich auch keiner, ihn danach zu fragen. Antworten tut er ihr darauf natürlich nicht. In der Woche darauf textet Hawks ihm plötzlich wieder, doch es sind kurz gehaltene Nachrichten. Teilweise Belanglosigkeiten. Hatte heute Yakitori zum Mittag. War mega lecker! *___* Noch nix neues wegen Best Jeanist. Sorry Big Guy :( Hast du diesen Artikel über Miruko in der Zeitung gesehen? Die ist ganz schön beliebt geworden! :D Was interessiert es ihn, wie beliebt dieses Karnickel ist? Will Hawks ihn verarschen? Auf seine einsilbigen Antworten kommt nichts zurück. Enji hasst sich dafür, dass er jedes Mal finster die blauen Haken anschaut, die ihm sagen, dass Hawks seine Nachricht gelesen hat. Warum kann es ihm nicht einfach egal sein? Es sollte ihm egal sein, doch seine Finger schweben nicht nur einmal über dem Handy, unsicher, ob er noch etwas hinzufügen soll, dass den Chat am Laufen hält. Er gibt dem Drang nicht nach, sondern legt das Handy weg. Immer. Als die dritte Woche anbricht, hört er zwei Tage gar nichts von dem Winged Hero – und das ist schlimmer als schwachsinnige Nachrichten. Es ist ja nicht so, dass er sich Sorgen macht…das muss er nicht, oder? Hawks ist für seine Schnelligkeit bekannt. Er ist die Nummer zwei…und seit ihrem gemeinsamen Kampf weiß er, dass er diesen Titel nicht nur seiner Beliebtheit wegen trägt. Am Abend des dritten Tages hält er es dann doch nicht länger aus und schiebt die Berichte schließlich beiseite, greift nach dem Handy. Er braucht geschlagene zehn Minuten, um einen Text zu verfassen – auch weil er ihn bestimmt achtmal gelöscht hat. Hatte heute Kuzumochi zum Mittag. Kaum hat er die Nachricht abgeschickt, ist er kurz davor, sie zu löschen. Was will er damit bezwecken, dass er Hawks so einen Unsinn schreibt? Was interessiert es den Winged Hero, was er zum Mittag gegessen hat? Davon abgesehen, dass es davon zeugt, dass der Tag stressig gewesen ist. So stressig, dass er sich bloß sein Leibgericht zwischendurch gegönnt hat, anstelle einer richtigen Mahlzeit. Wenn er so darüber nachdenkt…verspürt er Hunger. Er wirft einen erneuten Blick auf sein Handy und sieht, dass es mittlerweile 22 Uhr ist. Fuyumi hat wahrscheinlich Essen für ihn im Kühlschrank aufbewahrt – das macht sie häufig. Gedankenverloren blickt er vor sich hin, während er in seinem Büro sitzt und der Stille lauscht. Vermutlich sind die anderen schon nach Hause gegangen – nicht jeder hat so ein armseliges Privatleben wie er. Enji muss unweigerlich an den Abend im Club denken, zu dem ihn Hawks gedrängt hat. Was er da gesagt hat, stimmt schon; es ist so lange her, dass Enji sich amüsiert hat, dass er kaum noch weiß, wie sich das anfühlt. Und Hawks geht es oft genauso? Schwer zu glauben, wenig Freizeit hin oder her. Sie sind so unterschiedlich, dass es erschreckend ist, wie gut sie miteinander auskommen. Auch wenn Hawks ihn zur Weißglut bringen kann, fühlt er sich in dessen Nähe…freier. Er ist kein Mensch, der sich zurückhält oder sonderlich sensibel ist, aber Hawks scheint das nicht zu stören. Im Gegenteil…so oft wie ihn der Jüngere herausfordert, indem er ihn auf seine unverschämte Weise neckt. Es ist anders als mit All Might, der ihn schon früher mit seiner übertrieben heroischen, höflichen Art zum Kochen gebracht hat. Hawks ist dreister, viel direkter…und Enji versteht nicht, warum ihm genau das gefällt. Oder warum er sich gerade jetzt wünscht, der Winged Hero würde ihm zurückschreiben. Eine seiner zweideutigen Nachrichten schreiben, anstelle dieses unwichtigen Unsinns (abgesehen die Erwähnung von Best Jeanist). Enji hält inne, als sein Handy vibriert und Hawks‘ Name nebst Profilbild aufblinkt. Er zwinkert darauf und grinst sein dümmliches Grinsen. Mach mal die Tür auf! Wird kalt! Enji hebt eine Braue, liest die Nachricht ein zweites Mal…und dreht dann langsam den Kopf zur Balkontür. Was zur Hölle…?! Hawks steht dort, das Gesicht an die Scheibe gedrückt, während er in der einen Hand eine Tüte hält und mit der anderen gegen das Glas klopft. Das ist doch ein schlechter Scherz? Erst meldet er sich gar nicht, dann kommt nur Schwachsinn und nun…steht er da. Enji wettet, dass sich in der Tüte Yakitori oder irgendein anderes auf Hühnchen basierendes Gericht befindet. Abermals ein Klopfen und der Flame Hero seufzt, ehe er sich erhebt und mit gemischten Gefühlen die Tür öffnet. Unwillkürlich schießt ihm die Erinnerung an das letzte Mal in den Kopf…als sie hier gestanden hatten und… „Na endlich! Dachte schon, du lässt mich hier stehen, Number One!“ Hawks schnattert direkt los und betritt sein Büro, um sein Mitbringsel auf dem Couchtisch abzuladen. Es ist beinahe so, als wäre nie etwas passiert – und das beruhigt Enji ein bisschen. Vielleicht ist es ja wirklich nicht ernstgemeint gewesen. Er ignoriert den Funken in sich, den man als eine gänzlich unangebrachte Emotion auslegen könnte, und kommt näher. „…was wird das?“, fragt er skeptisch, als sich Hawks auf die Couch wirft. „Hm? Na, ich hab uns was zu futtern mitgebracht! Dein Mittagessen war ja echt erbärmlich, da kriegt man richtig Mitleid!“ „…ich esse das Zeug halt gern“, erwidert er schroff, auch wenn er weiß, dass Hawks Recht hat. Er hat ja zuvor noch genau dasselbe gedacht. Dieser wühlt nun in den Tüten und – wie könnte es anders sein – holt das Yakitori hervor, wobei er sich den ersten Spieß direkt schnappt. Irgendwie hat er das Gefühl, dass der Reis eher für ihn als für den Winged Hero ist, so wild wie der auf das Hühnchen ist. Enji zögert, setzt sich dann aber neben den Jüngeren, der ihm bedeutet, zuzugreifen. Das kommt überraschend, wenn man Hawks‘ Gier kennt. Er nimmt sich einen der Spieße und zieht das Fleisch ab, bevor ihn ein peinliches Magengrummeln verrät. Es tut so gut, endlich etwas Warmes im Magen zu haben, dass er sich das erleichterte Seufzen verkneifen muss. „Ernsthaft, du hast…wie viele Sidekicks? Und du hast ein Handy! Lass dir doch einfach was liefern?“, quatscht Hawks ihn zwischen zwei Bissen voll. „Oder war das nur ein Vorwand, weil du weißt, was für ein gutes Herz ich habe? Hehe…wenn du mich sehen willst, brauchst du doch nur lieb fragen~“ Er ist kaum fünf Minuten hier und schon verspürt Enji das Bedürfnis, ihm einen Schlag auf den Hinterkopf zu verpassen. Bei den letzten Worten bleibt ihm beinahe das Yakitori im Halse stecken, doch er schluckt es tapfer runter und begnügt sich damit, den Jüngeren finster anzusehen. „Das war bestimmt nicht der Grund!“, grollt er und hasst es, wie trotzig er klingt. Beinahe wie Natsuo während einem ihrer furchtbar erzwungenen Familienabende, kurz bevor sein Sohn aus dem Raum stürmt. „Okay, okay…wenn du es sagst, Number One…“ Hawks zwinkert ihm zu, ehe er sich einen weiteren Spieß gönnt und dabei selbstzufrieden schmatzt. Manchmal hat Enji das Gefühl, dass der Junge von Wölfen großgezogen wurde. Übermäßig sozial und keine Manieren. Er belässt es dabei und widmet sich der Schale mit Reis, während er darüber nachdenkt, ob Hawks nicht doch ein bisschen…Recht hat. Verdammt. „Uff…das war echt gut, aber jetzt bin ich voll...“ Hawks streckt sich ungeniert auf der Couch aus, während Enji die Reste zusammenräumt. Er kann Unordnung nicht leiden und davon abgesehen, dass Hawks wie ein Chaot wirkt, hat dieser schon das Essen mitgebracht. Soll er sich zurücklehnen und sich ausruhen, vielleicht hatte der Winged Hero auch einen harten Tag? „Du hast da Soße am Kinn…“, bemerkt er beiläufig und Hawks stutzt. „Oh? Wo denn? Da? Oder hier?“, fragt er, ohne sich aufzusetzen. Er reibt sich fast jede Stelle, nur nicht die, an der die Soße hängt. Macht er das mit Absicht? Enji knurrt genervt, stellt die Tüte neben dem Tisch ab und bewegt sich dann zur Couch. Hawks liegt dort auf dem Rücken, den Kopf auf der Lehne abgelegt und zu ihm aufschauend. Für zwei Sekunden fragt sich Enji, ob der andere das absichtlich macht, um ihn zu provozieren…doch dann verwirft er die Annahme. Das letztens muss er sich eingebildet haben, immerhin benimmt sich Hawks gerade normal – zumindest seinen Verhältnissen entsprechend. Seine Kommentare sind heute nicht halb so zweideutig gewesen wie sonst, was darauf schließen lässt, dass Hawks selbst weiß, dass das letzte Mal unangebracht gewesen ist. Es war eine nette Geste, ihm Essen vorbeizubringen, weiter nichts. „Da.“ Er bleibt vor ihm stehen, während er sich ein Stück runterbeugt und ihm mit dem Daumen den braunen Kleks Teriyaki-Soße vom Kinn wischt. Die Barthaare fühlen sich rau an, kratzen an seiner Fingerkuppe…und Enji erstarrt, als er Hawks‘ Blick bemerkt. Raubvogel. Er weiß nicht, was er erwartet hat, aber sicher nicht, dass Hawks plötzlich…seinen Daumen zwischen die Lippen nimmt…und daran saugt. Feucht und warm gleitet die Zunge darüber, die Lippen bewegen sich leicht. Enji wird heiß und kalt, während er dem Jüngeren fassungslos dabei zusieht, wie dieser…nein, er kann es nicht benennen. Dafür gibt es keine Worte. Dann schaltet sich sein Verstand, der anscheinend von dieser obszönen Geste bis eben gelähmt war, wieder ein und er reißt seine Hand so hastig weg, dass er Hawks‘ Zähne spürt. „Tickst du noch ganz richtig?!“, schnauzt er den Vogel an und für einen Moment lodern die Flammen in seinem roten Bart auf. Es ist schwierig, seinen Quirk zu beherrschen, wenn er wütend ist. Zu Hawks‘ Glück überwiegt hier ausnahmsweise die Scham und nicht die Wut. Dennoch wären die meisten schon panisch geworden, hätten versucht, ihn zu beschwichtigen…und was tut Hawks? Er bleibt einfach liegen und hebt langsam eine Braue, während er ihn ansieht wie die personifizierte Unschuld. „Woah, jetzt mal ganz ruhig…du fackelst noch dein Büro ab, Großer!“ „HAWKS!!“ Diesmal lodern die Flammen nicht nur aus seinem Bart und er ist froh, dass er seinen Anzug noch unter dem Hemd trägt. Obwohl er ihn anbrüllt, setzt sich Hawks in aller Seelenruhe auf und legt den Kopf schief, als wäre Enjis Verhalten nicht nachvollziehbar. Es fällt ihm wirklich schwer, nicht auszurasten, wenn er dermaßen provoziert wird. Er fühlt sich bloßgestellt…verspottet und er hasst dieses Gefühl. Er hasst es aber auch, Menschen aufgrund seines Temperaments zu verletzen, und so zwingt er sich, sein Feuer zu zähmen, bis es erlischt – zumindest äußerlich. Sein weißes Hemd weist an mehreren Stellen Brandlöcher auf, lässt den blau-orangenen Anzug hervorblitzen. „Was denn? Ich wollte die Soße nicht verschwenden…ist doch schade drum?“ Wie kann man bloß so dreist lügen?! Das tut Hawks doch? Niemals kann es hier um die Soße gehen…das ist einfach…Enji fehlen die Worte, während Hawks ihn immer noch mit schief gelegtem Kopf ansieht. Dann besitzt er den Mut, ihn anzulächeln. Die Art von Lächeln, die Enji zur Weißglut bringt. Was treibt Hawks hier für ein falsches Spiel?! Enji spürt, wie er kurz davor ist, sein weißes Hemd zu Asche zu verarbeiten, doch er reißt sich zusammen. Nein. Wut bringt hier überhaupt nichts, er muss jetzt endlich wissen, was das hier zu bedeuten hat. „Hawks. Entweder du erklärst dich jetzt oder du verschwindest!“, grollt er den Winged Hero an. Es ist ihm ernst. Das scheint auch der Jüngere zu merken, denn auch wenn er immer noch lächelt, wirkt es nun weniger neckend. Dieses Lächeln ist für Enji schwer zu deuten, doch er hat es schon mal gesehen. Damals, nach ihrem Kampf gegen den Nomu, als er im Krankenhaus gelegen und Hawks ihn besucht hat. „Du denkst, ich sollte mich erklären?“, fragt er schließlich ruhig. „Was denn sonst?!“, blafft Enji ihn an, was den anderen aber nicht aus der Fassung bringt. Stattdessen lehnt er sich auf der Couch zurück, verschränkt die Arme vor der Brust. „Wieso fängst du nicht an, hm? Was regt dich so auf, Endeavor-san?“ Hawks‘ Tonlage macht ihn skeptisch, sodass er erst nicht weiß, was er sagen soll. Fühlt sich an, als würde er in eine Falle tappen…doch dann fängt er sich und die Worte sprudeln nur so heraus. „Was mich aufregt?“, wiederholt er wütend. „Du regst mich auf! Diese bescheuerte Aktion letztens! Lotst mich in diesen Club voller Teenies, um…und dann…was zur Hölle das auch war!! Du…dann hört man gar nichts mehr von dir und dann…dann…was sollten diese sinnlosen Nachrichten über Miruko und…was auch immer, huh?!“ „Ich wollte dich bloß informieren?“ „Einen Scheiß wolltest du!!“ Dass Hawks bei seinem Ausbruch grinst, macht es nicht besser. Wirklich nicht. Er hat das Gefühl, dass Hawks ihn genau da hat, wo er ihn haben will – was auch immer das bedeutet. „Soso...“, zwitschert er und springt mit einem Satz auf die Beine, wobei sich seine Flügel spreizen. Enji muss sich beherrschen, nicht zurückzuweichen, weil die kaum vorhandene Distanz sehr plötzlich kommt. Es trennt sie bloß ein Schritt und das macht den Flame Hero nervöser, als es sollte. Wieder ist da dieser Blick, der ihm auf eine gänzlich neue Art heiß werden lässt. „Ich fasse es gern für dich zusammen, Number One“, fährt Hawks viel zu gut gelaunt fort. „Dir missfällt es, dass ich in dem Club ein bisschen getanzt und geflirtet habe. Du hast die ganze Zeit darüber nachgedacht, was letztens passiert…oder nicht passiert ist. Wette, es hat dich wahnsinnig gemacht, heh…“ Enji schnappt nach Luft…hoffentlich glüht sein Gesicht nicht so feuerrot, wie es sich anfühlt. „Du-“ „Dann melde ich mich mal eine Woche nicht und obwohl ich dich ja immer so sehr nerve, passt dir das nicht. Hat’s dir gefehlt, hm? Meine frechen Sprüche, meine Rumalberei? Gib’s ruhig zu, Endeavor-san…ich kann damit umgehen~“ Enji starrt ihn an, nicht wissend, wie er reagieren soll, denn obwohl Hawks Recht hat, bringt er nicht direkt zur Sprache, wovon genau er redet. „Bei dir bin ich mir da nicht so sicher, weißt du? Das ist dein Problem…du denkst zu viel darüber nach. Was, wenn, wie…vöööööllig unnötig! Du verkomplizierst alles damit! Dabei bist du doch eigentlich jemand, der handelt, hm?“ Enji weicht reflexartig zurück, als Hawks die Distanz überbrückt und ihm noch näher kommt. Alles, was er sagen könnte, erscheint ihm falsch. Er fühlt sich so überfordert, dass er einen regelrechten Kurzschluss hat. „Ich…ich…“ „Warum tust du nicht einfach, was du willst? Ohne Konsequenzen, ich versprech‘s~“, übergeht Hawks sein Gestammel und kommt wieder näher. Er muss sich nur vorbeugen und sie berühren sich, was Enji einen heißkalten Schauer über den Rücken jagt. Was passiert hier? Und warum? Verdammt…er kann weder vor, noch zurück. „Hawks…“ Seine Warnung klingt so dünn, dass es schon keine mehr ist. Es wirkt kein bisschen, denn Hawks blickt ihn abwartend an. „Was…treibst du hier eigentlich für ein Spiel?“, entweicht es ihm schließlich und Wut kocht in ihm hoch. „Du…verdammt noch mal, Hawks! Ich…ich bin nicht…du…was fällt dir ein…wie kannst du…ist das ein Trick?! Einer deiner dummen Scherze?!“ Er redet sich in Rage, kann seinen Zorn nur schwer kontrollieren und gibt dem Impuls nach, Hawks am Kragen zu packen. Grob zieht er ihn daran zu sich, nicht überrascht, dass der Vogel kein bisschen erschrocken wirkt. Sein Blick ist fest, als er seinen erwidert, und er wehrt sich nicht. Obwohl Enji kurz davor ist, ihn zu verletzen…so wie er immer Menschen verletzt, die ihm nahe stehen. Der Erinnerung daran lässt ihn wanken und er bereut direkt, handgreiflich geworden zu sein. So will er nicht mehr sein. Nie wieder. Hawks lässt ihn innehalten, indem er seine viel schmaleren Finger um seine Pranke schließt. Er sieht ihn dabei auf eine Weise an, auf die ihn schon sehr lange niemand mehr angesehen hat. Vielleicht noch nie. Trotzdem es ihm unangenehm ist, kann er sich dem nicht entziehen. Verdammt, Hawks ist so jung, so attraktiv, so…anders. Mit niemandem, den er kennt, vergleichbar. Seine Gedanken rasen, hinterlassen ein Chaos in ihm, das Hawks erst richtig ausbrechen lässt, indem er ruckartig seine Flügel um ihn schlingt und sich nach hinten fallen lässt. Enji keucht auf, als er mitgerissen wird, sodass sie auf der Couch landen, er über ihm. Die Federn sind unnachgiebig, trotzdem sie sich weich auf seiner Haut anfühlen – doch er kann nicht lange darüber nachdenken. Er realisiert gerade die Position, in der sie sich befinden, spürt Hawks‘ zierlichen Körper unter sich. Das ist so falsch. „Weißt du, Number One“, hört er Hawks gegen seine Brust nuscheln. „…du bist einfach viel zu verkrampft.“ Enji versucht sich eine Welt vorzustellen, in der ein solches Szenario, in dem er auf einem 22-jährigen Jüngling liegt, entspannend auf ihn wirkt. Wie soll er bitteschön nicht verkrampft sein, wenn Hawks derartige Grenzen überschreitet, um…ja…was eigentlich? Seltsamerweise…ist die Berührung an sich, diese warme Umarmung…gar nicht mal so unangenehm. Hawks Feder streichen sanft über seine Haut, die Arme sind nun locker um seine Taille geschlungen…wenn Enji wollen würde, könnte er sich lösen. Er ist viel kräftiger als Hawks. Jedoch kann Enji nicht verhindern, dass er tief ausatmet und…für wenige Sekunden erwischt er sich dabei, wie er die Umarmung sogar…genießt. Vielleicht, weil ihn sehr lange niemand mehr so berührt hat. Weil er in seinem eigenen Haus nicht mehr willkommen ist und sich sogar Fuyumis seltene Umarmungen steif und erzwungen anfühlen. Er weiß, dass er nichts anderes verdient hat, aber trotzdem…sehnt er sich manchmal danach. Dass ausgerechnet Hawks ihn so…ungehemmt umarmt, verwirrt ihn genauso, wie er sich darin verlieren will. Eine Hand ist immer noch in seinem Shirt verkrallt, die andere stützt sich an der Couchlehne ab. Und dann ist da Hawks, der sein Gesicht in seinem zerstörten Hemd vergräbt und dies in vollen Zügen zu genießen scheint. Er ist überhaupt nicht verkrampft, sondern macht den Eindruck, als sei das hier das Normalste der Welt. Ist es das? Nein…oder? „Hawks…“, sagt er nur, weil er nicht weiß, was er sonst machen soll. „Mh?“ „Lass…mich los. Sofort.“ Jedoch klingt seine Stimme nicht so harsch, wie er es gern hätte. Es erzielt keinen Effekt, würde es vermutlich auch dann nicht, wenn er ihn anschnauzen würde. So ist Hawks. Furchtlos. Dreist. Laut…und anscheinend anschmiegsam. „Das willst du doch gar nicht“, brummt der Jüngere überzeugt. „Also sei jetzt schön ruhig und knuddel mich durch! Ich bin süßer als ein Welpe!“ Was zur Hölle… „Hawks!!“, zischt er überfordert, doch er bringt es nicht über sich, das hier zu beenden. Verunsichert legt er das Kinn auf dem zausen, blonden Schopf ab, hört seinen Herzschlag in seinen Ohren dröhnen. Tatsächlich hat Hawks Recht. Er will das hier nicht beenden, aber er muss…weil sich wenigstens einer wie der Erwachsene verhalten sollte. „Genug jetzt!“, knurrt er und windet sich aus dem Gewirr aus Federn, macht einen Schritt zurück. „Was…ist in dich gefahren, verdammt?!“ Hawks raschelt einmal mit den roten Schwingen, zieht dabei eine Schnute, die ihn beleidigt aussehen lässt. Dann verschränkt er die Arme und mustert ihn von oben bis unten. „Ach komm…du hattest offensichtlich einen miesen Tag, ich hatte einen miesen Tag…und wir sind beide mit unserer Arbeit verheiratet. Nummer eins und zwei – die aktuelle Spitze! Klar, wir werden gefeiert wie sonst was, aber…wer kennt uns denn schon wirklich, hm?“ „Als würdest du mich kennen!“, zischt er zurück, obwohl ihm bewusst ist, dass Hawks viel mehr als die meisten über ihn weiß. „Na ja, es reicht jedenfalls, um zu erkennen, dass du mehr nötig hast, als nur die Bauchpinselei der Medien und Fans, hm? Gib schon zu, dass du mich gern hast. Dass ich dir gefehlt habe. Na komm, es tut gar nicht weh, das zuzugeben!“ Er neigt den Kopf, lächelt ihn dabei breit an. „…geh mir einfach aus den Augen.“ Enji wendet sich bei den Worten von ihm ab, denn er kann diesem Blick nicht standhalten. Generell kann er Hawks nicht standhalten. Wieder weiß er nicht, wie er sich verhalten soll. Worauf Hawks abzielt. „Okay, okay, ich hab mal wieder ne Grenze überschritten, ich versteh schon.“ Hawks klingt beinahe so, als würde er mit Engelsgeduld ein Kind zu beruhigen versuchen – es lässt das Feuer in Enji brodeln. Er mag es wirklich nicht, verarscht zu werden. „Ich mach dir einen Vorschlag, ja?“, plappert der Winged Hero weiter und springt dabei auf. „Ich lass dir jetzt deine wohlverdiente Ruhe und nächste Woche suchst du dir einen Tag aus, an dem wir zusammen losziehen! Deal?“ Enji dreht sich zu ihm um, nicht sicher, was er von dem Vorschlag halten soll. „Losziehen?“, wiederholt er, reagiert dann auch direkt abwehrend. „Ich gehe nicht noch mal mit dir feiern!“ Hawks schmunzelt zwar, winkt aber ab. „Das meinte ich auch nicht unbedingt. Mir ist es egal, was wir tun. Am besten suchst du dir irgendwas aus, was du…na ja, früher gern gemacht hast. Du weißt schon…ein Hobby! Als du noch jung und knackig warst, haha…“ Enjis Braue zuckt nach oben, während er nicht weiß, was er sagen soll. Hobby? Was soll er schon für ein Hobby gehabt haben? Es war immer das Ziel…oder der Weg zum Ziel. Training. Andererseits…wenn Training sein Hobby ist und Hawks meint, es ist ihm egal…das wäre dann ja sogar noch sinnvoll. Hawks Schnelligkeit ist das Einzige, wobei dieser ihn übertrumpfen kann. Vielleicht findet er einen Weg, wie er mithalten kann. Seine Gedanken verselbstständigen sich und plötzlich…findet er Gefallen an dieser Idee. So sehr, dass er Hawks ein finsteres Grinsen zukommen lässt, was diesen stutzen lässt. „Einverstanden.“ Anscheinend hat der Jüngere mehr Widerstand erwartet, so perplex, wie dieser ihn nun anschaut. Er runzelt die Stirn, mustert ihn, als würde er dadurch seine Motive erkennen können. Schließlich nickt er aber. „Na schön, dann sind wir uns ja einig, Number One!“ Da ist es wieder, das freche Grinsen, das Enji in den letzten Tagen zu oft vermisst hat. Abrupt denkt er wieder an die Umarmung und hofft, dass Hawks verschwindet, ehe sein Gesicht erneut zu glühen beginnt. Er wird das pubertäre, alberne Verhalten des Vogels in Zukunft als Unfug abtun. Als Scherz. Genau wie die Umarmung…das…hat nichts zu bedeuten. Oder wie er an seinem Finger…Scheiße. „Ja…sind wir…ich schreibe dir dann…mh.“ Hawks Grinsen wird noch etwas breiter, ehe er die Flügel spannt und ihm frech zuzwinkert. „Das hoffe ich doch, Großer!“, meint er und tapst in Richtung Balkon los. „Ich wäre sehr enttäuscht, wenn du dich nicht meldest – du weißt ja am besten, wie sowas ist, haha…“ Enji ballt die Fäuste, sieht ihm mit garantiert zornesrotem – nein, verdammt, es ist keine Scham! – Gesicht hinterher. „Verzieh dich endlich!“, bellt er ihm nach, was Hawks' Lachen allerdings nicht verstummen lässt. „Man sieht sich~“, zwitschert er und ist dann mit ein paar kräftigen Flügelschlägen verschwunden. Nur ein paar Federn erinnern noch an seine Anwesenheit – und der Geruch von Yakitori, der sich hartnäckig im Raum hält. Kopfschüttelnd will zu seinem Schreibtisch gehen, als ihm mit einem Mal etwas auffällt. Hawks und er. Zusammen losziehen. Allein. Nach all diesen Andeutungen und anzüglichen Gesten… Plötzlich beschleicht Enji das unangenehme Gefühl, dass er sich freiwillig einem Raubvogel ausgeliefert hat…einem, der sich nicht mal durch Feuer abschrecken lässt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)