Stürmische Nächte von Daedun ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Also wenn du mich fragt, ist das so was von unnötig.“ George schob mit missmutiger Miene die Brille zurück auf die Nasenwurzel, wo sie wie immer nicht allzu lange verweilen würde. Dazu wackelte sein unruhiger Kopf einfach zu oft hin und zu her, während er dabei war sich das vierte überbackende Käsetoast in den hungrigen Schlund zu schieben. Er brauchte dafür keine drei Bissen und man fühlte sich unvermittelt an eine Boa erinnert, die ihre Beute in ähnlicher Art und Weise zu verschlingen vermochte nur mit besseren Tischmanieren. Der verstörende Anblick sorgte jedenfalls dafür das ich keine weitere Lust mehr verspürte mir ebenfalls noch eine Portion zu holen. Statt dessen stand ich auf, um meinen Teller zur Spüle zu tragen und ihn mit samt den klebrigen Töpfen vom Vortag abzuwaschen. Während das warme Wasser über meine Hände lief und kleine Schaumblasen zu aufstiegen, ließ ich die Ereignisse der letzten Nächte vor meinem geistigen Auge Revue passieren. Unsere Agentur konnte sich über mangelnde Aufträge nicht beschweren. Wir waren in den vergangenen vier Nächten in ganz London unterwegs gewesen um verirrte Streuner, lästige Wandler und nervige Kreische rauzutreiben. Das unsere Operationen dabei natürlich immer von Erfolg gekrönt waren, brauch ich wohl nicht extra zu erwähnen. Wir waren nicht nur gute Agenten mit überdurchschnittlich entwickelt Gaben. Wir waren die Besten. Jedenfalls konnte man den diesen Eindruck gewinnen, wen man Lockwood mit unseren Klienten reden hörte. Jeder der den Weg in die Portland Row 35 fand und durch die schwarzgestrichene Holztür in unsere kühle Eingangshalle mit den Regalen voller merkwürdig anmutenden Krimskrams stolperte, machte zunächst ein staunendes Gesicht, wenn er sich zwischen grotesken afrikanischen Masken und der morbiden Kristallschädellampe ins Büro geführt wurde. Dort wartete Lockwood schon mit Kuchen und Tee. Auch wenn unser Ruf mittlerweile landesweit Bekannt war, musterte uns jeder Erwachsene dennoch mit einer Mischung aus Skepsis und Besorgnis. Schließlich waren wir alle noch keine Achtzehnjahre alt. Auch wenn Anthony Lockwood in seinem schwarzen Anzug mit dem steht‘s sauber gebügelten Hemd und den tadellosen Manieren immer erfahren professionell wirkte. Georg und mir sah man allerdings nicht auf den ersten Blick an, dass wir unseren Lebensunterhalt damit verdienten unser Leben zu riskieren. Bei Georg lag es daran, das schon allein seine äußere Erscheinung erhebliche Zweifel darüber aufkommen ließ, dass er überhaupt die Ambition hegte sich körperlich in irgendeiner Art und Weise zu bewegen und ich machte wohl in meiner steht’s in schwarz gehaltenen Kleidung bestehend aus Rock, Legens und schlabber Pulli den Eindruck, als wäre ich ein Mädchen das zu wenig an die frische Luft kam. Das zumindest stimmte, aber wer überwiegend nachts auf den Beinen ist, hat tagsüber wenig Lust und Zeit sich von der Sonne eine gesunde Gesichtsfarbe verpassen zu lassen. Meine schwarzen, mittlerweile wieder Schulterlangen Haare, unterstrichen meinen blassen Teint zusätzlich. Aber all diese Äußerlichkeiten täuschten gewaltig! Hinter Georg fettiger Stirn in die sein unzähmbarer rotblonder Haarschopf fiel, verbarg sich ein Genie, vor dessen grenzenloser Neugier und verbissener Ehrgeiz kein geschriebenes Geheimnis sicher war. Ihm verdankte die Agentur Lockwood seine gute Vorbereitung auf jeden Fall um das Austreiben kümmerten sich dann Lockwood und ich. Er setzte dazu seine Gabe des Sehens ein, ich meine Fähigkeit des Hörens und zusammen mit unseren Degenkünsten war es uns bisher immer gelungen als Sieger vom Platz zu gehen und lebend nach Hause in die Portland Row 35 zurück zu kehren. Zugegeben selten kamen wir in dem Zustand wieder, in dem wir zuvor ausgezogen waren, aber das war Kollateralschaden den wir jedes Mal mit einberechneten. Gestern Nacht hatte mir ein Poltergeist eine üble Beule am Hinterkopf verpasst, als er mich unerwartet durchs Zimmer katapultiert hatte. Meine Revanche hatte das Haus, in dem der Geist gewütet hatte, zwar das halbe Treppengeländer gekostet, aber auch das gehörte zu den einkalkulierten Kollateralschäden. Die kleine runde Stelle tat allerdings immer noch höllisch weh, wenn ich sie ausversehen beim Haare bürsten berührte. „Es ist ja nur, weil ich ganz sicher gehen will, das bei unserem nächsten Zusammentreffen mit Barnes nichts übersehen haben, womit er uns noch im letzten Moment ausbremsen kann.“ Hörte ich Lockwood eindringliche Stimme sagen. Er trommelte mit seinen langen schlanken Finger auf der vollgekritzelten Tischdecke unseres Küchentischs herum. Seine dunklen Augen fixierten Georg wie eine Katze die Maus. Der hatte angefangen auf seinem Stuhl unruhig hin und her zu rutschen. Nicht nur das quietschende Geräusch das er dabei mit seiner vollgekleckerten Hose erzeugte war unangenehm, auch das seine auf Spannung stehende Hemdsknöpfe mehr von seiner Leibesfülle preisgaben als sie sollten ließ meinen Blick schnell wieder zum Spülbecken zurück gleiten. „Na gut, aber nur weil ich dabei e noch am Pier vorbei komme.“ Gab er grummeln klein bei und wuchtete seinen Hintern vom Stuhl um danach mit offenen Schnürsenkeln aus der Küche zu schlurfen. Ich wusste was er damit meinte. Am Pier würde er sicher auf Floh stoßen und bestimmt würde sie aus den untiefen ihres schlammbeschmierten Jutesacks etwas zu Tage fördern, was ein strahlendes Lächeln auf Georgs breites Gesicht zauberte. Danach würde der Flur allerdings wieder tagelang nach totem Fisch stinken. „Danke,“ seufzte Lockwood erleichtert. „Dafür hast du was gut bei mir.“ „Ja, ja konnte man noch leise vom Flur aus hören, nur ein paar Sekunden später fiel die Haustür mit einem dumpfen Knall ins Schloss. Ich drehte mich erneut um. Lockwood sah mit zufriedener Miene aus dem Küchenfenster hinaus. „Hast du doch noch deinen Willen bekommen was?“ Er wandte sich mir zu, wie immer wenn er seinen Mund zu diesem schiefen Grinsen verzog, machte mein Magen den doofen Versuch einen Purzelbaum zu schlagen. „Einen Moment lang dachte ich schon, ich müsste schwerere Geschütze auffahren.“ „Zum Beispiel?“ „Die Aussicht auf zwei Wochen Freistellung vom Küchendienst.“ Ich lachte „Unter drei Wochen, hätte er dich nicht davon kommen lassen.“ „Ich weiß“ Er machte Anstalten aufzustehen und kam zu mir herüber, den leergefressenen Teller von Georg in den Händen, den ich ihm kommentarlos abnahm um ihn ebenfalls sauber zu machen. Ich hatte erwartet, dass er sich abwenden und wie Georg nur um Längen eleganter aus dem Raum spazieren würde, doch stattdessen blieb er neben mir stehen und griff sich ein Handtuch. Keine Ahnung warum ich plötzlich anfing nervös zu werden. Vielleicht weil er so dicht an mich heran getreten war, dass sich unsere Schultern fast berührten, vielleicht auch weil mir dabei bewusst wurde, dass erneut der seltene Moment eingetreten war, dass wir ganz alleine im Haus waren. Abgesehen, von dem lästigen Schädel, der in meinem Zimmer unter dem Dach schmollend in seinem Glas saß. Nach dem ich schon am frühen Morgen keine Lust mehr auf seine andauernden Stichelleihen bezüglich Lockwood gehabt hatte, war ich gezwungen gewesen den Hebel am Glas umzulegen, was sein dummes Dauergeplapper schlagartig zum Verstummen gebracht hatte. Mit Grauen dachte ich daran das ich, sobald ich wieder nach oben kam, erst seine finstersten Grimassen ertragen musste und dann sollte ich den Schalter erneut benutzen, noch allerlei Beschimpfungen folgen würden. Dafür hatte ich jetzt keine Nerven. Stattdessen genoss ich die Anwesenheit des Jungen der mit konzentrierter Miene den tropfenden Teller abtrocknete, den ich ihm reichte. Eine schwarze Haarsträhne fiel ihm dabei in die Stirn, die ihn selbst bei dieser subtilen Tätigkeit verwegen aussehen ließ. Mein Magen schien an einer neuen Akrobaten Nummer zu arbeiten, jedenfalls war mir dieses Gefühl das dabei raus kam völlig neu. „Hast du eigentlich heute Abend noch was Besonderes vor Luc?“fragte er mich auf einmal unvermittelt. Fast wäre mir der Spülschwamm, den ich grade auswringen wollte, aus den Händen geglitten. „Nö,“ meine Schmutzwäsche, die im Keller schon seit einer Woche darauf wartete sortiert und gewaschen zu werden, konnte auch noch länger warten. Ging es um einen Auftrag, zu dem er noch aufbrechen wollte? Egal ich würde auf jeden Fall und überall mit ihm hingehen. Lockward schien plötzlich nervös zu sein, denn er bemühte sich schon zum zweiten Mal das Handtuch zusammen zu falten. „Nun wenn das so ist, hättest du dann vielleicht Lust mir zu helfen?“ Irrte ich mich oder sah er jetzt tatsächlich ein klein wenig unsicher aus? Ich blinzelte irritiert. „Natürlich, bei was kann ich dir denn behilflich sein?“ Der immer Selbstsichere, nie um eine Antwort verlegende Anthony Lockwood biss sich nun auf die Unterlippe, dann warf er mir einen verschmitzten Blick durch die Haarsträhne hindurch zu. Mein Herzschlag setzte kurz aus um dann plötzlich Fahrt aufzunehmen. Was war denn bloß auf einmal mit mir los? Okay etwas in diesem Blick mit dem er mich jetzt ansah war seltsam. Naja seltsam war vielleicht der falsche Ausdruck, aber was anderes fiel mir in diesem Moment nicht ein. Gewiss wäre mir der passendere Ausdruck dafür noch in den Sinn gekommen, wenn er sich in diesem Moment nicht unvermittelt nach vorne gebeugt hätte. Wie in Zeitlupe sah ich die Unterseite seines Gesichts auf mich zu kommen. Sah seine schön geschwungenen Lippen die sich öffneten. „Weißt du es gibt da ein paar Dinge, die hab ich noch nie zuvor gemacht,“ konnte ich ihn flüstern hören. Mein Herz hatte sich mittlerweile wohl vorgenommen anstatt in meiner Brust in meinen Ohren weiter zu schlagen. Jedenfalls ließ die Intensität mit denen ich es hören konnte das vermuten. Meine Kehle schien mit einem Schlag wie ausgedörrt, trotzdem gelang es mir irgendwie ein Wort raus zubekommen, auch wenn es sich ziemlich kratzig anhörte. „Tatsächlich?“ „Ja und darum weiß ich nicht genau wie man sie am besten macht.“ Sein Mund schwebte über meinem. „Ich hab mir sagen lassen, dass es eigentlich ganz einfach sein soll.“ Meine Knie wurden weich, ich glaube ich hatte aufgehört Luft zu holen. „Was ist schon einfach.“ „Du hast Recht…“ Dann spürte ich, wie er mich berührte. Weich und ganz vorsichtig verbanden sich unsere Lippen und mit einem Schlag schien sich die Welt um mich herum aufzulösen. Das was von meinem Gehirn noch im Stande war, so etwas wie einen Gedanken zu fassen unternahm den verzweifelten Versuch einen zu kreieren. Stand ich hier grade wirklich in unserer Küche am Spülbecken und küsste ich dabei tatsächlich Anthony Lockwood? Ja zugegeben in meiner Phantasie hatte ich das bereits mehrmals schon getan, jedenfalls hatte ich mir versucht vorzustellen wie es wohl sein müsste, doch die Wirklichkeit schlug meine lächerlichen Träumereien um Längen, ach was sage ich! Es gab keinen Vergleich mit irgendetwas was ich je zuvor gefühlt hatte mit dem was sein Kuss nun in mir erzeugte. Erst allmählich wurde mir bewusst, dass er mittlerweile mein Gesicht in seinen Händen hielt. Seine langen Finger streichelten meine erhitzten Wangen und ich musste mich regelrecht an ihn krallen damit ich nicht umfiel so weich waren meine Beine mittlerweile. Für eine Sekunde lösten wir uns von einander. „Wenn ich geahnt hätte, wie sich das anfühlt, hätte ich das schon viel früher getan.“ Hörte ich ihn leise lachen und auch ich musste kichern. Unter seinen halbgeschlossenen Lidern konnte ich seine Pupillen Augen erkennen, sie strahlten als hätte man dahinter ein Licht entzündet. Ob ich wohl genauso aussah? Plötzlich schlug die Haustür zu und als hätte uns das Geräusch beiden einen Stromschlag verpasst, sprangen wir wie gleichgepolte Magnete auseinander. „Meine Güte ist das da draußen ein Sauwetter!“ Nass wie ein begossener Pudel steckte Georg seinen Kopf zur Tür herein. Seine Brillengläser waren zum Glück so mit Regentropfen besprenkelt, dass er uns unmöglich dadurch sehen konnte. Sonst wäre ihm bestimmt unser desolater Gemütszustand aufgefallen. So verschwand sein missmutiges Gesicht augenblicklich wieder ohne auch nur im Mindesten zu Ahnen, bei was er uns gerade fast erwischt hätte. „Mich kriegt keiner so schnell mehr auf die Straße. Den Kram den du unbedingt haben wolltest liegt im Büro Lockwood. Ich gehe jetzt duschen und dann ins Bett. Ach ja Lucy kann ich mir heute Abend vielleicht den Schädel ausleihen? Ich würde da gerne mal was ausprobieren.“ Ich nickte rasch. „Klar hol ihn dir. Ich bin ganz froh, wenn ich sein beleidigtes Gesicht heuten nicht mehr sehen muss.“ Damit hörten wir ihn nach oben verschwinden. Anthony warf mir einen entschuldigenden Blick zu. „Ich bin gleich wieder da.“ Ich wusste, dass trotz allem was grade zwischen uns passiert war, er nicht so schnell zurück kommen würde. Wenn er sich erst mal mit einem Fall beschäftigt, dann vergaß er alles um sich herum. Außerdem kam mir dieser Umstand grade Recht. Es würde mir Zeit geben selbst in Ruhe über das nachzudenken, was vor wenigen Augenblicken meine bis dato heile Welt aus den Angeln gehoben hatte. „Schon gut. Ich gehe ebenfalls ins Bett.“ Ohne eine Antwort seiner Seits abzuwarten verließ ich die Küche, allerdings auf ziemlich wackeligen Beinen. Als ich wenig später auch frisch geduscht in die Dachkammer schlüpfte, stellte ich erfreut fest, dass Georg den Schädel bereits geholt hatte. Zuvor hatte mir das grüne Gesicht unentwegt wütend entweder die Zunge rausgestreckt oder mir seine größte Nummer präsentiert. „Den explodierenden Scheißhaufen“ wie er sie nannte. Nun war der Platz am Fenster leer und ich schloss erleichtert die Vorhänge. Draußen hatte der Regen an stärke Zugenommen und ein regelrechtes Trommelfeuer erfüllte die Kleine Kammer. In der Ferne konnte man Donnergrollen hören, anscheinend gab es heute Nacht ein stürmisches Gewitter. Während ich mir noch das nasse Haar kämmte, dachte ich zurück an die Küche und an das was ich darin vor einer halben Stunde erleben durfte. Jetzt wo es vorbei war, fiel es mir schon wieder schwer es überhaupt zu glauben. War das wirklich grade passiert? Oder hatte mir die Beule am Hinterkopf doch eine Gehirnerschütterung beschert, deren Auswirkungen jetzt erst zum Tragen kam? Ich schlüpfte unter die Bettdecke und sah zur niedrigen Zimmerdecke hinauf. Gesetz dem Fall ich hatte nicht unter einer Wahnvorstellung gelitten. Wie würde es dann weiter gehen? Wie würden sich Lockwood und ich uns morgen begegnen? Sollten wir so tun als wäre nichts passiert? Was würden die anderen sagen, wenn sie es wüssten? All diese unbeantworteten Fragen kreisten durch meinen surrenden Kopf und ich war heilfroh, dass der Schädel mich so nicht sah. Er hätte sofort gewusst, das was nicht stimmte und so wie ich ihn kannte in Null Komma nichts erraten, was mir den Schlaf raubte. Keine Ahnung wie lange ich mich so unruhig hin und her warf, als es plötzlich vorsichtig an der Tür pochte. Fast hatte ich es durch den Lärm den der Regen auf dem Dach erzeugte nicht gehört. Ich hob den Kopf. Hatte Georg genug von dem nervigen Geist? „Herein“ rief ich, doch anstatt Georgs unförmige Gestalt, erschien ein anderer Schatten im Türrahmen. Ich setzte mich unvermittelt auf, als Lockwood lautlos wie ein Raubtier hereingeglitten kam. Er hatte kein Licht gemacht, so dass nur der blasse Schein der Geisterlaterne von der Straße ihn durch den schmalen Streifen der offenen Gardine erhellte. Trotzdem konnte ich seine Züge erkennen, die hohen Wangenknochen, das stolze Kinn. Jetzt kam er zu mir und dem Bett hinüber. „Entschuldige bitte wenn ich dich geweckt habe Luc, aber ich…“ er stand jetzt seitlich von mir und ich räusperte mich. „Schon gut, ich hab noch gar nicht geschlafen.“ Und wenn das so weiter geht, werde ich das wohl heute auch nicht mehr. Ich konnte sehen wie er nickte, dann musste ich plötzlich über die ganze Absurdität der Situation lachen. Es war immer noch Lockwood der da vor mir stand und kein Fremder. Ich klopfte einladend auf die Bettdecke. „Komm setz dich.“ Er folgte meiner Aufforderung nach kurzem Zögern. Ich konnte erkennen, dass er seinen Morgenmantel trug und seinen feuchten Haaren nach zu urteilen, hatte auch er grade geduscht. Vor dem Fenster zuckte nun ein Blitz und kurz danach donnerte es. Lockwoods Blick huschte kurz von mir weg zur Tür hinüber. „Ich wollte nicht einfach so, ich meine bevor Georg unvermittelt aufgetaucht ist da. Also was ich eigentlich sagen wollte ist. Ich fand es sehr schön.“ Er hatte während des letzten Satzes immer noch die Tür angestarrt und auch jetzt machte er keine Anstalten mich anzusehen, doch ich konnte das nachvollziehen. Mir hätte komplett der Mut gefehlt das zu sagen, obwohl ich genau so empfand. Ich fasste im Dunkeln nach seiner Hand und fand sie. Unsere Finger verschränkten sich und als sein Daumen über meinen Handrücken glitt wusste ich was ich jetzt am besten machen sollte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ließ ich mich nach hinten fallen und zog ihn so mit mir. Keine Ahnung ob ihn mein Handeln überraschte oder nicht, jedenfalls gab ich ihm keine Gelegenheit mehr irgendetwas zu sagen. Stattdessen küssten wir uns erneut und was sich in der Küche bereits unvorstellbar gut angefühlt hatte, wurde mit jeder Sekunde die verging noch besser. Was daran liegen mochte, das wir im liegen entschieden mehr Möglichkeiten hatten als im stehen. Während unsere Münder immer mutiger wurden, galt selbiges auch für unsere Hände. Erst berührten wir nur gegenseitig unsere Gesichter. Zeichneten vorsichtig mit den Fingerspitzen die Züge und Linien des anderen nach, doch schon bald erkundeten wir auch alles was sich unterhalb unserer Hälse befand. Anthonys Brust hob und senkte sich unter meinen Händen, während er seinerseits vorsichtig dabei war unter den Stoff meines T-Shirts zu gleiten. Über uns Blitze und Donnerte es mittlerweile ohne Unterlass. Als ich seine Hände ihr Ziel gefunden hatte entfuhr mir ein unschöner kehliger Laut. Anthony hielt erschrocken inne. „Hab ich dir weh getan?“ Zum Glück war es so dunkel im Raum, dass er unmöglich meine Gesichtsfarbe sehen konnte. Höchstens das Glühen das meine Wagen zweifellos ausstrahlen mussten, konnte mich verraten. „Nein hast du nicht.“ Er lag halb auf mir und ich konnte spüren wie er mich zärtlich auf die Stirn küsste. „Ich würde dir niemals weh tun wollen.“ Ich suchte erneut seinen Mund, bevor ich ihm antwortete. „Das würdest du auch nicht überleben.“ Er lachte leise. Dann begannen unsere Hände wie selbstverständlich und einem inneren Drehbuch folgend den jeweils andern von dem Stoff zu befreien der uns von einander trennte. Anthonys nackter Oberkörper schwebte nach einer Weile über mir und ich war mir sicher, dass es doch alles ein Traum sein musste. Aber ich hatte beschlossen dass es mir egal war, nur eins durfte nicht geschehen, dass mich einer daraus aufweckte. Nicht bevor… Schon immer hatte ich die Eleganz, Anmut und Geschmeidigkeit bewundert die Lockwood ausstrahlte und mit der er sich bewegte. Mit der er seinen Degen führte und durch die Luft wirbelte, wenn es darum ging einen Geist zu vernichten. Genau diese Attribute waren es jetzt auch mit denen er nun unsere beiden Körper miteinander verband. Ich ließ mich einfach von ihm führen, folgte seinem Rhythmus bis ich das Gefühl hatte vollkommen eins mit ihm zu werden. Wir verschmolzen zu einem Wesen, das nichts und niemanden mehr auf dieser Welt trennen konnte und während ich glaubte mich endgültig zu verlieren hörte ich, wie er meinen Namen rief. Im selben Moment schlug krachend ein Blitz in das Dach des Nachbarhauses ein. Als ich am nächsten Morgen blinzelnd die Augen aufschlug, dachte ich zuerst wirklich dass es ein Traum gewesen war. Ich war allein und nichts um mich herum ließ den Schluss zu, dass das was gestern Nacht geschehen war der Wirklichkeit entsprach. Erst als ich mich aufsetzte und feststellte das mein T-Shirt und meine Hose auf dem Stuhl lagen, anstatt das ich sie anhatte, schwante mir, dass ich eventuell doch nicht geträumt hatte. Bevor ich jedoch weiter grübeln konnte fiel mein Blick auf meinen Nachttisch. Dort lag ein loses Blatt Papier auf dem in Lockwoods anmutiger Handschrift nur ein Satz stand. „Frühstück ist fertig.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)