Lasst die Toten ruhn von Hotepneith (Der 31. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 5: Neue Aussagen ------------------------ Takeru Watabe sah lieber zu Boden. „Nun ja, Euer Lordschaft ... Seiichi wollte am Morgen Isamu beim Ankleiden helfen, fand aber die Tür verriegelt vor. Er rief, aber bekam keine Antwort. Er kam daher zu mir, ich habe ja das Zimmer nebenan, und klopfte, ehe er hereinkam. Ich hatte den Riegel nicht vorgeschoben, fühle ich mich doch im Schloss unseres Daimyo sehr gut bewacht. Jedenfalls sagte er, dass er noch immer nicht in den Raum käme, aber eben Isamu auch nicht antworte. So gingen wir gemeinsam hinüber.“ Er warf einen Blick seitwärts. „Der Leutnant bekam ja einige Aussagen, die das bestätigen können. Der Riegel war in der Tat noch immer vorgelegt, das konnte man an einem Spalt erkennen. Ich holte einen Brieföffner und versuchte den Riegel durch den Spalt zu entfernen, als noch immer keine Antwort kam. Das misslang. So drückten Seiichi und ich gemeinsam gegen die Tür und … nun ja. Nicht nur der Riegel brach, sondern gleich die gesamte Schiebetür. Daimyo Kunamoto war nicht sehr erbaut, sah aber die Notwendigkeit ein. - Mein Bruder lag auf dem Boden, auf dem Bauch. Man sah deutlich in seinem Rücken Blut. Seiichi rannte sofort zu ihm, während ich mich auf die Suche nach dem Täter machte und in das Bad lief.“ „War Wasser eingelassen?“ unterbrach der Dämonenprinz prompt. „Äh, ja, wie bei allen, kaltes Wasser, natürlich, immer zur Verfügung.“ Kaltes Wasser? Der Hundeprinz schüttelte sich innerlich. Und er hatte gedacht wenigstens dabei seien Menschen zivilisiert. Unwillkürlich warf er einen Blick auf Sakura. Irrte er sich, oder hatte sie gestutzt? Warum? Das musste er nachfragen, wenn dieser parfümierte Trottel draußen war. „Weiter.“ „Es war niemand da, und so kehrte ich zu Seiichi … also, zu den Beiden zurück. Seiichi hielt Isamu und sagte, er sei tot.“ „Du warst sicher, dass es kein Unfall gewesen war?“ „Ich bin Krieger, Lord Sesshoumaru.“ Das klang durchaus stolz. „Ich erkenne natürlich eine Stichwunde. Und es konnte kein Selbstmord gewesen sein. Isamu war Krieger, wenn, hätte er das nach allen alten Riten getan, in der Öffentlichkeit mit Helfer. Und es war im Rücken. Ich gebe zu, im ersten Moment war ich auf Seiichi ….nun ja.“ Ach. Täter frei Haus? „Du hast es im ersten Moment für möglich gehalten, dass er der Täter ist?“ „Es war außer ihm und mir, und natürlich meinem toten Bruder, ja niemand im Zimmer.“ „Dein Bruder war, wenngleich ein kleiner, Fürst. Das bist du dann?“ „Oh nein, mein Ältester, Takeo. Ihn hatte Isamu schon vor Jahren zum Nachfolger bestimmt. Er war sehr stolz auf ihn, denn Takeo ist ein wahrer Krieger, so nannte es mein Bruder immer. Ich bin da eher ein Verwalter, wenngleich ich in Fehden natürlich stets meine Pflicht getan habe. Taiki, mein jüngerer Sohn, kommt da eher nach mir.“ „Du hast nur diese beiden Kinder?“ „Ja, von Ima, das ist meine Ehefrau. - Ehe Ihr fragt: Isamu war verheiratet, aber seine Frau starb nur drei Jahre nach der Heirat kinderlos. Er hat nie wieder geheiratet, da er so um sie trauerte. Er wurde da auch … nun, sagen wir, härter zu sich und allen anderen. Es war eine Tragödie für ihn. - Er wusste ja, dass ich da schon zwei Söhne hatte, die das Erbe antreten könnten.“ „Keine Töchter?“ „Nein, nach zwei Söhnen sah ich meine Verpflichtung gegenüber der Familie erfüllt.“ Takeru klang sachlich.   DAS, dachte Sakura, konnte sie sich lebhaft vorstellen. Und Taiki kam nach seinem Vater, der älteste Sohn hatte eine Frau geheiratet, die allen Grund hatte ihn zu hassen. Für sie sah das so aus, als ob die Familie Watabe noch mit dieser Generation aussterben würde.   Sesshoumaru dachte ähnlich, aber ihn interessierte das wenig. „Du bist jetzt also der Verwalter deines Ältesten? Weiß der bereits von seinem Amtsantritt?“ „Ähm, Euer Lordschaft, das weiß ich nicht.“ Takeru Watabe sah zu dem Leutnant. „Unser Daimyo und Herr sagte nichts dazu.“ „Es wurde Nachrichtensperre verhängt, Lord Sesshoumaru,“ erklärte Isamu Sato eilig, den es noch immer ein wenig störte, dass ein Toter seinen Namen trug. Aber gut, es gab eben auch modische Namen nach berühmten Zeitgenossen, Väter orientierten sich gern nach Vorbildern, wenn sie ihre Kinder anerkannten. „Geh.“ Nur raus mit diesem parfümierten Menschen, der seine arme Hundenase bei jedem Atemzug beleidigte. „Sato, bring den Diener. Und diesen Wächter des Daimyo.“ Hoffentlich stank der Diener nicht genauso. Wie der Herr so das Gescherr, gab es da kein menschliches Sprichwort? Alleingelassen mit einem der wenigen vernünftigen Menschen, den er je kennengelernt hatte, meinte er nur: „Sakura?“ Sie neigte sich eilig vor. Sie kannte mittlerweile die stummen Anzeichen der Stimmung des jungen Herrn. Und darauf wieder an einem Pfosten an der Wand zu landen, konnte sie wahrlich verzichten. „Euer Befehl?“ Das war Benehmen und Diskretion, jawohl. Immerhin. „Was soll das mit dem kalten Wasser?“ Sie richtete sich etwas auf und wagte es zu seiner Boa aufzusehen. „Ich vermute, Lord Sesshoumaru, dass die Bäder in den einzelnen Zimmern gegen Abend zwar mit warmem Wasser gefüllt werden, aber dann eben morgens kalt sind. Durch den Befehl zur Audienz kam Isamu Watabe kaum mehr dazu morgens zu baden, sondern erledigte das gewiss am Abend. Überdies ist warmes Wasser deutlich angenehmer bei Rückenschmerzen. Kaltes ist eher – schädlich.“ Hm. „Es wäre also töricht von dem Toten gewesen mit seinen Schmerzen im kalten Wasser zu baden.“ „Ja.“ Nun ja, außer der war Masochist gewesen, aber nach allem, was sie bislang gehört hatte, eher Sadist. Es hatte bestimmt eine Menge Leute gegeben, die ihm gern ein Messer reingerammt hätten – in dem aufrichtigen Bedauern nicht mehr für ihn tun zu können. Angefangen bei der Ehefrau seines Neffen. Die war zwar nicht hier, dafür aber einige Leute ihrer Familie, noch dazu in höchsten Kreisen. Kein Wunder, dass sich der arme Leutnant so schwer tat. Warum also hatte der Narr das dann behauptet? Oder hatte gar der Diener gelogen? Es half alles nichts, er musste unbedingt mit diesem Seiichi reden. Hoffentlich war der wenigstens mit einem Hauch Anstand ausgestattet und trug kein Parfüm.   Diese Besorgnis hätte Seine Eisigkeit kaum haben müssen. Der Mann um die Fünfzig, den der Leutnant hereinbrachte, und der sich vorsorglich flach zu Boden warf, trug einfaches, grau-braunes Hemd und Hose, die dunklen, schon grau gesträhnten Haare zu einem Zopf zusammengebunden. „Seiichi, Euer Lordschaft,“ meldete Sato, ehe er sich höflich neben dem zitternden Mann, aber vor dem dämonischen Ermittler zu Boden ließ. „Seiichi.“ Sesshoumaru betrachtete etwas missgestimmt das Häufchen Elend. Trauerte der so um seinen Fürsten oder was war los? „Richte dich etwas auf. Du bist der Diener der Brüder Watabe gewesen?“ „Ja, ja, Euer Lordschaft.“ Der Diener gehorchte und versuchte sich mit einem Seitenblick zu orientieren, wie sehr sich der Leutnant verneigt hielt. Das war ein Anhaltspunkt, wie viel tiefer er bleiben musste. „Hat Isamu Watabe am Abend vor seinem Todestag gebadet?“ „Ja, Euer Lordschaft. Er genoss warmes Wasser immer.“ „Du hast ihm geholfen.“ „Ja, Euer Lordschaft.“ „Hatte er da schon Schmerzen?“ „Ja. Er hatte immer Schmerzen seit diesem unseligen Sturz, obwohl unser Heiler sagte, die Rippen seien wieder geheilt.“ Schön, das würde wieder eine Frage an Sakura ergeben. Eigentlich praktisch, dass sie dabei war. Wahrlich, Vater wusste, was er tat. „Wie lief der Todestag ab? Du kamst, um den beiden Herren zu helfen.“ „Ja, ich half ihnen beiden in diese steife Hofkleidung und so, Euer Lordschaft.“ Seiichi hörte selbst, dass seine Stimme zitterte. Aber war ihm schon ein Leutnant der kaiserlichen Wache bedrohlich erschienen, um wie viel mehr ein Dämon, so mehr oder weniger direkt neben dem Schlafzimmer des göttlichen Kaisers, der dieses Monster bestimmt gezähmt hatte. Hoffte der Diener jedenfalls inständig. „Dann gingen sie. Und du?“ „Ich ordnete noch die Decken, ehe ich frühstücken ging.“ Das klang, als habe er irgendwelche Pflichten vernachlässigt, aber es war doch die Wahrheit. „Und das Wasser in den Badewanne blieb.“ „Ja. Es kommen erst gegen Abend Diener des mächtigen Daimyo die sie auskippen und neu mit heißem Wasser füllen, damit sich die Herren für den Abend bereit machen können. - Nach meinem Frühstück wartete ich im Schatten auf meine Herren. Als sie kamen ...“ „Du hast gesehen, dass Takeru Isamu auf die Schulter schlug?“ „Oh ja. Ich meine, es war töricht, zumal der Herr ja schon so steif ging … Natürlich wusste Lord Takeru nicht, was er tat. Er ist manchmal impulsiv,“ versuchte er hastig seinen Patzer auszugleichen, machte dadurch die Sache allerdings nicht besser. Sesshoumaru dachte kurz nach. „Sie gingen dann in ihre Räume. Du hast einen Moment gewartet, ehe du zu deinem Fürsten gingst, um ihm beim Auskleiden zu helfen.“ „Ja, genau, ich meine, ja, Euer Lordschaft. Die Tür war jedoch verriegelt und so klopfte ich höflich, aber Fürst Isamu sagte mir, ich solle verschwinden, er kleide sich ohne Hilfe aus und werde allein baden.“ „Und du erkanntest seine Stimme.“ „Ja, Lord … Sesshoumaru. Er klang schmerzgeplagt, so kenne, kannte, ich ihn. Da wünschte er lieber allein zu sein, um sich nicht vor jemandem Unwürdigen zu blamieren.“ Der widerwillige Ermittler bemerkte, dass Sakura erneut stutzte, wusste allerdings diesmal warum. „Und du warst froh, dass er dich nicht eingelassen hat.“ Seichii hätte um ein Haar geseufzt. „Ihr wisst, was Herren dürfen, Lord Sesshoumaru. Sagen wir, Herr Isamu war unter Schmerz oft nicht … nicht sehr freundlich. Ja. Und so ging ich lieber zu Lord Takeru, als noch einmal um Einlass zu bitten und Zorn herauf zu beschwören.“ „An diesem Tag trug Isamu keine Bandage. Was war das gewöhnlich?“ „Das Rezept hat mir unser Heiler gegeben. Es ist eine feste Bandage aus eng gewebter Baumwolle. Ich muss sie morgens in eine bestimmte Mischung aus Wasser und Gips einlegen, dann Fürst Isamu umlegen und sie trocknet an ihm. So hat er weniger Schmerzen. Niemand merkte etwas, das war ihm sehr wichtig.“ „Du hast also Takeru geholfen. Dann?“ „Ging ich in das Dienerzimmer und wartete. Erst kurz vor dem Abendessen, als alle gingen, ging ich auch, aber Fürst Isamu hatte noch immer den Riegel vor und antwortete mir nicht.“ „Das kam dir nicht seltsam vor?“ „Oh nein, Euer Lordschaft. Wenn es dem Herrn gelang trotz der Schmerzen einzuschlafen, schlief er stets sehr tief. Ich war eigentlich froh und ging zu Lord Takeru, der seinen Bruder ja auch als krank bei dem mächtigen Daimyo entschuldigte. Wirklich, ich dachte, er schlafe. Das dachten wir alle.“ „Du wurdest erst am Morgen stutzig?“ „Ja, Euer Lordschaft, das war doch noch nie vorgekommen. Trotz allem wollte der Herr ja stets die Bandage haben und erfüllte seine Pflichten. Sei es die Audienzen zuhause oder auch hier gegenüber dem Daimyo.“ „Berichte diesen Morgen, genau.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)