Endlessly von Linchen-86 (Michi-Woche) ================================================================================ Kapitel 1: Endlessly -------------------- Endlessly -Jeder Augenblick ist so schön wie man ihn sieht, jeder Moment so einzigartig wie man ihn empfindet und jeder Mensch so wichtig wie man ihn im Herzen hat.- Imrana Malik.   Ich kann nicht glauben, dass ich nun an diesem Punkt angelangt bin. So viele Jahre sind vergangen. So viele Träume haben wir uns erfüllt. Wir haben nicht alle ausleben können, aber die wichtigsten, diese, die in unserem Herzen ruhten, diese sind alle in Erfüllung gegangen und nicht, weil der Zufall es so wollte oder wir unglaublich viel Glück hatten, sondern weil wir immer hart für unsere Träume gearbeitet haben. Wobei, das mit dem Glück muss ich zurücknehmen, denn du, Taichi Yagami, warst immer mein Glücksstern gewesen. Worte könnten gar nicht ausdrücken, wie dankbar ich dir für jeden einzelnen Tag war, den ich an deiner Seite verbringen durfte. Als deine Freundin, als deine Geliebte, als deine Ehefrau und als die Mutter deiner Kinder. Ja, ich kann mich glücklich schätzen, denn die Liebe meines Lebens hatte ich immer an meiner Seite und wer kann das schon von sich behaupten? Nun sitze ich hier, stehe auf der Veranda und schaue in den Nachthimmel. Dort oben, wo die Sterne tanzen. Dort oben, wo du jetzt bist. Dort oben, wo es mir verbogen bleibt, dich zu besuchen. Aber reden wir nicht von der Gegenwart, die mag ich nämlich nicht, die ist mir viel zu trüb, reden wir von der Vergangenheit, reden wir von unserer Vergangenheit, denn ich denke so gerne an diese Zeit zurück. Ich denke so gerne an uns und immer wenn ich das tue, fällt mir wieder aufs neue ein, warum ich mich so sehr in dich verliebt hatte und warum ich dich immer lieben werde. – „Und eines Tages, werde ich auch heiraten“, strahle ich und schaue auf meine alten Barbiepuppen, die ich unter einem Baum vergrabe. Früher habe ich so gerne Hochzeit gespielt und stellte mir dabei gerne vor, wie ich irgendwann meinen Märchenprinzen heirate. „Was spielst du denn da?“, fragte Taichi mich, der auf einmal hinter mir auftaucht. Taichi, was kann man nicht alles über Taichi Yagami sagen. Irgendwie sind wir Freunde und irgendwie auch nicht. Meistens nervt er mich, aber ich werde ihn auch nicht los. Er ist einfach immer da. Ich weiß nicht wie er das macht. „Was geht es dich an?“, gifte ich ihn an. „Bist du nicht zu alt um mit Puppen zu spielen?“, grinst er und kickt seinen Ball zwischen Knie und Fuß hin und her. „Bist du nicht zu alt um mit deinem blöden Ball zu spielen?“ „Tzz, dafür kann man nie zu alt sein. Eines Tages werde ich Fußballprofi und dafür muss ich schließlich trainieren.“ „Du und Fußballprofi? Na wenn du dich da mal nicht übernimmst ...“ zischte ich und nehme mir meine alten Puppen, um sie in die Erde zu legen und zu begraben. Es waren zwei Puppen, die einzigen beiden Puppen die ich mir aufbewahrt habe und zwar genau für diesen Moment und jetzt kommt Taichi und macht es mir kaputt. Idiot! „Das ist ein Brauch, an seinem 13ten Geburtstag nimmt man seine alten Barbiepuppen und vergräbt sie unter einem Baum. Das ist sozusagen der Abschied von der Kindheit. Man wünscht sich etwas und wenn man ganz fest daran glaubt, dann geht der Wunsch auch in Erfüllung“, versuche ich zu erklären. Schallendes Gelächter ertönt und ich richte meinen Blick auf den kickenden Idioten. „Was ist denn jetzt bei dir kaputt?“, frage ich Taichi gereizt. „Oh man, in was für einer Fantasiewelt lebst du denn? Dir kann man auch verkaufen, dass die Erde eine Scheibe ist, oder?“ „Wie bitte? Ich lebe in gar keiner Fantasiewelt! In einer halben Stunde werde ich 13 Jahre alt und Mitternacht vergräbt man die Puppen. So ist das eben und mein Wunsch wird wahr werden, so! Ich frage mich, warum ich dich überhaupt zu meinem Geburtstag eingeladen habe.“ Wie dumm von mir. Ich hätte mir doch denken können, dass er es auch heute nicht sein lassen würde, mich zu ärgern. „Weil du unmöglich auf meine tolle Persönlichkeit verzichten konntest … Außerdem hätten die Anderen mich sowieso mitgeschleppt und das weißt du so gut wie ich ...“ Ich rolle mit den Augen. Er ist ja so ein Idiot. „Und was hast du dir gewünscht?“ „Tzz, als ob ich das ausgerechnet dir sagen würde. Niemals.“ Es war mein peinlicher Wunsch, mein kindischer Traum und meine blöde Fantasie und Taichi würde sicher keine Rolle darin spielen. Soviel war ja mal klar. „Wird eh was albernes gewesen sein, sowas wie: Ich wünsche mir, dass ich mal ein Einhorn fliegen kann“, scherzte Taichi und lachte über seinen blöden Witz. „Du bist ja sooo lustig, nicht. Ich gehe jetzt zu meinen richtigen Freunden und du bist ein dämlicher Idiot.“ „Eingebildete Prinzessin“, konterte Taichi und sah mir trotzig hinter her. Erst viel später hat er mir verraten, dass er die Puppen wieder ausgegraben hatte um nachzulesen, welchen Wunsch ich mit dazu gelegt hatte … >Ich wünsche mir, dass ich eines Tages die Liebe meines Lebens heirate. Nicht des heiraten wegens, sondern weil ich auch für jemanden die Liebe des Lebens sein will. Ein Leben lang Liebe, die alles überdauert. Ich hoffe, es ist nicht zu viel verlangt.< -- Immer wieder, wenn ich an diesen Wunsch aus einer früheren Zeit zurückdenke muss ich lächeln, denn mein allergrößer Wunsch wurde war. Die Liebe meines Lebens durfte ich heiraten und was haben wir über die Zeit nicht alles überdauert? Eine Ehe ist ein ständiger Kampf, eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Mal nimmt es an schwindelerregender Höhen an und man ist überglücklich und mal stürzt man in die Tiefe und fragt sich, ob man da je wieder heraus kommt. Es wäre eine Lüge, wenn ich sagen würde, dass wir immer nur glücklich waren und nur schöne Zeiten gehabt hatten. So funktioniert das Leben auch nicht. Wir hatten viele Schreckensmomente erlebt. Wir haben viel gearbeitet, alleine Taichi war beruflich bedingt immer sehr viel auf Reisen gewesen, als Diplomat ist man nur auf Reise, ständiger Umzugswechsel war auch für uns an der Tagesordnung. Irgendwann als unsere Jungs acht und sechs Jahre alt waren und keine Lust mehr hatten umzuziehen, war es so richtig eskaliert zwischen uns, denn so konnte es nicht weiter gehen und auch Taichi hatte eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung, die alles ändern würde. -- „Wieder Überstunden?“ zische ich und stemme wütend meine Hände an die Hüfte. Schon zum dritten Mal in dieser Woche kam er zwei Stunden später nach Hause. Das Essen war kalt und die Kids im Bett. Ich muss ja nicht extra erwähnen, dass es gerade einmal Mittwoch war. „Es tut mir leid, es gab ein wichtiges Meeting und ich ...“ Zack, ich höre gar nicht mehr richtig zu. Ich kann es nicht mehr hören. Immer gibt es ein wichtiges Meeting, ein überaus wichtiges Gespräch, ein wahnsinnig dringender Besuch oder er selber muss ganz eilig verreisen. Es ist immer dasselbe. Sein Beruf bestimmt unser Leben, unser Leben als Familie. „Die Jungs haben dich die ganze Woche nicht gesehen. Makoto hatte heute ein Fußballspiel, seine Mannschaft hat verloren und er hat drei Zweikämpfe verloren. Er war ganz schön niedergeschlagen“, erwidere ich nur und hoffe, dass er versteht. „Ach, war das heute?“ „Ja Tai und du kannst mir nicht sagen, dass du das nicht mehr weißt. Ich habe deinen Terminkalender mit meinem synchronisiert. Du warst diese Session nicht bei einem einzigen Spiel dabei“, sage ich vorwurfsvoll und sehe immer noch das traurige Gesicht meines Sohnes vor mir, wie er wieder mal erwartungsvoll zur Tribüne sah, ob Daddy es diesmal nicht doch schaffen würde. „Ach Mist, ich hatte alles stumm gestellt. Mimi Schatz, du weißt doch wie wichtig ihr mir seid, aber ich habe eine 60 Stunden Woche und irgendwie wird mir gerade alles zu viel. Ich werde morgen mit Makoto reden.“ „Du meinst, wenn du nicht wieder zwei Stunden später nach Hause kommst?“ „Mimi, was willst du denn jetzt? Meinst du, ich sitze freiwillig lieber in stickigen Büros anstatt meine Zeit mit meiner Familie zu verbringen? Ich habe keine Wahl!“ „Und genau da liegt der Fehler. Man hat immer eine Wahl und wenn du dir nicht bald mehr Zeit für deine Familie nimmst, dann nimmt dir die Zeit deine Familie. Ich fühle mich wie eine alleinerziehende Mutter, selbst am Wochenende bist du kaum da. Ich weiß, dass du hart arbeiten musst und deine Arbeit uns viele Möglichkeiten beschert, aber Geld ist nicht alles und die Jungs brauchen ihren Papa. Ich verlange, dass du kürzer tritts. Es ist mir egal, wie du das Ganze anstellst, aber sieh zu, dass du wieder mehr zuhause bist und dass ich meinen Ehemann wieder bekomme, sonst wird deine Ehefrau abends nicht mehr auf dich warten!“ Damit ist die Diskussion für mich beendet. Ich drehe mich um, gehe ins Badezimmer um mich anschließend ins Bett zu legen. Erst eine Stunde später war Taichi mir gefolgt. Es vergeht eine Woche und eines Abends, als ich kaum noch damit rechne, geht die Haustür pünktlich um sechs Uhr auf. Sofort spitzen die Jungs ihre Ohren und können kaum ihren Augen trauen, als sie ihre Vater sehen, der durch den Flur ins Esszimmer kommt. „Papa!“ ruft Kaito und springt von seinem Stuhl auf, um seinen Papa zu umarmen. Gleich hebt Taichi seinen jüngsten Sohn hoch und dreht sich mit ihm im Kreis. „Wie cool, dass du schon zuhause bist. Mama hat was ganz tolles gekocht“, strahlt Kaito und zieht an der Hand seines Vaters, um ihn zu seinem gewohnten Platz zu bugsieren. „Ach ist das so?“, fragt er lächelnd und betrachtet schon den dampfenden Reis. Ich hatte es sein gelassen, sein Essen warm zu halten. Es muss für ihn also wirklich etwas besonderes sein. „Oh ja, das sieht auch gut aus. Na Makoto, wie war die Schule heute?“, will er von seinem ältesten Sohn wissen und begrüßt auch mich mit einem Kuss auf die Stirn. Irgendwie ist das alles komisch und auch Makoto weiß nicht, wie er mit der Situation umgehen soll. „Sicher dass du nichts vergessen hast oder gleich wieder los musst?“, fragte Makoto genervt und kaut, ohne zu seinem Vater zu sehen, weiter. Kurz sieht Taichi zu mir, aber was soll ich ihm sagen? Seine Abwesenheit hinterlässt eben Spuren. „Ich … ich weiß, ich war in den letzten Monaten nicht soviel zuhause.“ „Das kann man so sagen“, spricht Makoto und nimmt mir damit meine Worte aus dem Mund. „Und deshalb habe ich eine Überraschung für euch ...“ „Eine Überraschung?“, frage nun auch ich verwundert nach. „Ja, eure Mutter und ich hatten letzte Woche ein Gespräch und ich habe mir viele Gedanken dazu gemacht und ich … ich habe eine Entscheidung getroffen.“ „Eine Entscheidung?“, hakt Makoto nach. Er hat bereits mit dem Essen aufgehört und sah seinen Vater jetzt erwartungsvoll? an. „Ja. Ich habe heute gekündigt.“ Sofort verschlucke ich mich an meinem Schluck Wasser. Ich huste und klopfe mir auf die Brust. „Du hast gekündigt? Ohne das mit mir abzusprechen?“ Soll mich diese Nachricht jetzt glücklich machen. Immerhin ist Taichi unser Hauptverdiener und seine Absicht ist ja edel, aber ich hatte an etwas anderes gedacht. „Moment lass mich erst einmal ausreden. Ich habe meinen Job aufgegeben, aber ich bin nicht arbeitslos. Ich habe mich schon vor Monaten als Umweltminister beworben und heute habe ich die Zusage bekommen.“ „Umweltminister? Und was genau bedeutet das?“ „Es bedeutet, dass wir deffinitiv die nächsten vier Jahre hier bleiben werden. Ich muss nicht mehr soviel mit anderen Außenpolitikern sprechen, weil ich von nun an die Innenpolitik leite. Weniger Arbeit, zugegeben auch etwas weniger Lohn, aber dafür mehr Zeit. Sogar viel mehr Zeit.“ Ich kann es nicht glauben. „Du bist wieder mehr zuhause?“ „Ja, viel mehr. Mimi, du und unsere Kinder, ihr seid mir das Wichtigste. Ich mache all das doch auch für euch, weil ich möchte, dass es euch gut geht und an nichts fehlt, aber wenn es euch damit nicht gut geht, dann wird es Zeit etwas zu verändern. Ihr seid alles, was ich brauche, um glücklich zu sein. Unsere Liebe, unsere Verbindung ist so kostbar. Ich könnte niemals damit leben, wenn ich euch nicht mehr hätte.“ „Ach Tai ...“ Da ist er wieder. Der Mann, in den ich mich so hoffnungslos verliebt hatte. Diesmal springe ich von meinem Stuhl auf, setze mich auf seinem Schoß und küsse ihn hingebungsvoll. „Oh nein, jetzt geht das Geknutschte wieder los“, rollt Kaito mit den Augen. „Lieber so als anders“, erwidert Makoto und strahlt. „Bist du dann auch wieder bei meinen nächsten Fußballspielen dabei?“ „Ja, nächste Woche Samstag, 15 Uhr, Heimspiel. Ganz fest notiert.“ „Oh wie cool.“ Makoto klatscht begeistert in die Hände und scheint auf einmal völlig motiviert zu sein, auf den Platz zu gehen und seinem Vater zu zeigen, was er drauf hat. – Oh ja, damals hatte er als Innenminister mehr Zeit für die Familie gehabt. Auch wenn er gelegentlich dort Überstunden machen musste. So war es immerhin maximal einmal die Woche und nicht mehr so gut wie immer. Am Wochenende war er fast immer zuhause und hatte kein Fußballspiel mehr von Makoto verpasst. Auch zu den Konzerten von Kaito war er dann regelmäßig mit mir gegangen. Es war so schön, meinen Mann wieder bei mir zu haben und je älter Taichi wurde, desto mehr trat er auf die Bremse. Er kürzte immer öfter seine Stunden, während ich bei meinem Halbtagsjob geblieben war. Es fehlte uns zum Glück nie an Geld, aber auch die Zeit für die Familie haben wir immer intensiver verbringen können. Es war unser Jungbrunnen und unsere goldene Zeit. Während ich weiter zu den Sternen blicke und mir einbilde, dass einer ganz besonders hell leuchtet, merke ich, wie müde ich werde. Nicht nur, weil es mittlerweile spät geworden ist. Ich bin müde vom Leben. Ich bin ausgelaugt. Die Tränen und das viele Weinen um dich machen mich müde. Ich vermisse dich jeden einzelnen Tag und ich würde so gerne wissen, ob es dir gut geht. Wie oft schaue ich nach oben in den Himmel und bilde mir ein, du siehst zu mir nach unten? Ich schiebe die Terrassentür auf, trete hinein in das Wohnzimmer und blicke mich um. Das Haus ist so groß und gleichzeitig leer. Makoto und Kaito sind schon vor vielen Jahren ausgezogen. Sie haben beide bereits geheiratet und Makoto ist sogar schon Vater von einer kleinen Mila geworden. Die 5-Jährige ist unser ganzer Stolz und hält unser Leben auf Trapp. Taichi war immer ganz vernarrt in seine Enkelin gewesen. Wie immer kommen mir die Tränen, wenn ich mich umgucke, wenn ich zur Fotowand gehe und mein Leben darin sehe. Mein Mann, meine Kinder, mein Enkelkind. Ich sollte nicht traurig sein, um das was ich verloren habe, sondern mich viel mehr an dem erfreuen, was das Leben mir geschenkt hat und dennoch überkommt es mich in Momenten wie diesen und ich beginne zu weinen. Ich schaue auf meinen goldenen Ehering. Ich lasse ihn regelmäßig polieren und versuche so auch die Liebe stets zu pflegen. Taichi hat seinen auch noch. Ich brachte es nicht übers Herz, ihn ihm wegzunehmen. Er gehört zu ihm, wie dieser Ring zu mir gehört und er ist das Einzige was übrig geblieben ist. Mit Ausnahme unserer Kinder versteht sich. Dieser Ring bedeutet so viel, er steht für unsere Liebe und für ein ganz besonderes Versprechen. -- „Es gibt so viele Ringe. Für welchen solle ich mich da nur entscheiden?“ „Du meinst wir?“, grinst Taichi und sieht zu dem Samtkissen, auf dem verschiedene Modelle bereit liegen. „Natürlich Schatz.“ Am Ende würde er sich ja doch von mir überzeugen lassen. Seit sechs Monaten sind wie bereits verlobt und in drei Monaten würden wir heiraten. Es ist also höchste Zeit die Ringe auszuwählen, die wir ein Leben lang tragen werden. „Wie findest du den?“, fragt Taichi mich und zeigt auf einen Ring, der komplett golden und mit einem Stein in der Mitte abgerundet ist. „Langweilig“, brumme ich. Ich will etwas besonderes. Ein Ring, der so besonders ist, wie unsere Liebe. Ob es so einen Ring überhaupt gab? „Ich glaube, ich werde noch ganz schnell Schmuckdesignerin“, überlege ich. „Na dafür ist es jetzt zu spät. Haben Sie vielleicht noch etwas anderes?“, richtet Taichi die Frage an die Verkäuferin. Diese nickt, tritt zurück und kommt mit einem neuen Samtkissen wieder. Ringe, Ringe, Ringe. Ja, sie sind schön, aber irgendwie ist immer noch keiner dabei, der mich umhaut. Ich beschließe aufzustehen und mir den Laden genau anzusehen. Vielleicht finde ich ja etwas oder es gibt hier einfach nichts. Jedoch ist dies bereits unser dritter Versuch und alle guten Dinge sind doch drei, oder? Es zieht mich zu den weißgoldenen Ringen. „Was hältst du hiervon?“ Taichi kommt zu mir und betrachtet die Ringe. „Ich dachte, du willst Gelbgold?“ „Ja, vielleicht auch doch nicht.“ Taichi unterdrückt ein Seufzen. Er kennt mich ja schließlich gut genug und weiß, wie schnell ich meine Meinung ändern kann. „Ich finde, es sieht auch gut aus“, sagt er schließlich. Ich glaube, Taichi würde eh zu allem ja sagen. Hauptsache, ich würde mich mal so langsam für einen Ring entscheiden. Ja, so ist er. Mir zuliebe würde er auch noch zehn weitere Juweliere aufsuchen. „Ich glaube, ein Mix auf Weißgold und Gelbgold würde mir gefallen“, erwidere ich und deute auf einen Ring, der mich tatsächlich gleich anspricht. Es ist wie eine magische Verbindung. Der Ring ist außenherum Weißgold und in der Mitte Gelbgold, zusätzlich hat der Ring für die Frau noch einen weißen Diamanten in der Mitte. Er funkelt mich an und ich lächel zurück. „Der Ring flirtet mir mir“, gebe ich überheblich an. „Findest du den Ring schön?“, fragt Taichi mich und mustert den Ring für den Mann. Er segnet ihn ab. „Ja und du?“ „Mir gefällt er auch.“ Ich kann nicht anders als breit zu lächeln. Kann es sein, dass wir unserer Ringe gefunden haben? Die Verkäuferin holt die Ringe aus dem Glaskasten heraus und reicht sie uns. „Uhh, darf ich ihn dir an den Finger stecken?“, frage ich Taichi aufgeregt und will schon mal für den großen Tag üben. „Wenn es dich glücklich macht“, antwortet er und hält mir seine Hand hin. „Überglücklich sogar.“ Ich nehme den Ring vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger und stecke ihn Taichi an den Ringfinger. Ich muss etwas drücken, bis er ganz unten ankommt. Taichi verzieht etwas das Gesicht. „Ich glaube, der ist zu klein“, meint er schließlich. „Kein Problem, ich messe nach“, erklärt die Verkäuferin und holte das Maßband hervor. Taichi braucht genau eine Größer größer. „Jetzt musst du ihn mir anstecken“, sage ich aufgeregt. Sanft nimmt Taichi meine Hand in seine. Er streichelt erst ein paar Mal mit seinem Daumen über meinen Handrücken und lächelt mir zu. Er nimmt mir so die Aufregung und ich atme wieder ruhig ein und aus. Er hat immer diese Wirkung auf mich. Er steckt mir den Ring an den Ringfinger und diesmal gibt es keine Probleme beim draufstecken, denn mir wiederum ist der Ring zu groß. „Okay, bei Ihnen eine Nummer kleiner. Möchten Sie eine Widmung im Ring haben?“ „Ja“, antworten wir beide wie aus der Pistole geschossen. Ich sehe verwundert zu Taichi. Wir hatten gar nicht darüber gesprochen. „Ich dachte an unsere Namen und unser Hochzeitsdatum?“, schlug ich zuerst vor. „Wie langweilig“, erwidert Taichi und küsst nun meine Hand. „Ich dachte an: Liebe meines Lebens - Mimi. Das soll in meinem stehen.“ „Liebe meines Lebens?“, hauche ich ergriffen. Mein Herzenswunsch, für den er mich früher ausgelacht hatte und meinte, ich würde in einer Fantasiewelt leben. „Finde ich besser. Ich möchte:Liebe meines Lebens - Taichi“, sage ich glücklich und die Verkäuferin notiert sich die Bestellung. „Unser Versprechen wird mit diesem Ring besiegelt, ein Ring der sagt, ich gehöre zu dir.“ Ich kann gar nicht anders als zu lächeln. Ich konnte gar nicht anders als immer nur zu lächeln, solange Taichi bei mir war. Er machte jeden einzelnen Tag zu etwas ganz besonderem. -- Ich seufze und lächel müde den Ring an. Ich streichle darüber, nehme ihn ab und lese mir die Gravur durch. So ein schöner Ring und so ein schönes Versprechen welches wir uns damals gegeben hatten. Ich halte mich am Treppengeländer fest und ziehe mich so langsam nach oben. Es ist mühselig, die vielen Treppenstufen zu gehen. Ich hätte mir natürlich einen Treppenlift einbauen können, aber ich wäre viel zu stolz gewesen, diesen auch zu benutzen. Ich weiß, dir ging es da genauso wie mir. Wir beide konnten sehr stur und stolz sein. Schwer atmend komme ich schließlich oben an. Ich gehe ins Schlafzimmer. Wusstest du, dass ich hier gar nicht mehr drin war, seit du nicht mehr bist? Es fühlt sich so fremd an, so als wäre es nicht richtig, so ohne dich. Heute jedoch ist mir danach. Ich lege mich auf deine Seite, dein Geruch ist schon lange weg. Ich würde ihn so gerne nochmal in mir aufnehmen, noch einmal dein Hand halten, noch einmal deine Lippen küssen, aber es ist zu spät. Nur die Erinnerung ist das, was mir bleibt. Ich lege mich mit den Kopf auf das Kissen und blicke zur Decke. Auch hier sind Fotos von dir. Es ist bestimmt zehn Jahre her, dass wir das Schlafzimmer renoviert haben. Ich dachte nicht, dass es das letzte Mal sein würde. Die Wände sind in einem Erdton gestrichen, es war eine Eigen Kreation von mir. Du mochtest es nie, du meintest immer, er sähe aus wie Hundekacke. Ich lache auch jetzt noch über diesen Vergleich und obwohl es dir nicht gefiel, hattest du es so gelassen, weil es mir gefallen hatte. Erneut steigen mir die Tränen in die Augen. Wie viel du für mich gemacht hattest, nur weil es mich zufrieden stellte. Hatte ich das auch für dich getan? Oder hatte ich mich daran gewöhnt, dass du sowieso alles für mich tust? Ich kann nur hoffen, dass ich dir das Gleiche zurückgegeben habe. Jetzt liege ich also hier in unserem Bett und denke wie so oft an dich. Vor fünf Monaten bist du gegangen, hast mich hier zurück gelassen und ganz sicher hast du einen Teil von mir mitgenommen. Seitdem du weg bist, fühle ich mich nicht mehr komplett. Du meintest eines Tages mal zu mir, du würdest in keiner Welt leben wollen in der ich nicht mehr bin, aber du hattest mich nie gefragt, ob ich in einer Welt leben möchte in der du nicht mehr bist und soll ich dir etwas verraten? Ich möchte in keiner Welt leben, in der du nicht mehr bist. Ich möchte nur in einer Welt leben, in der wir zusammen sind. Mir ist es egal wie dieses Leben aussieht. Ich bin müde, so unendlich müde. Mein Herz ist schwer und ich fühle mich so einsam ohne dich. Ich bin nun eine alte Dame. Ich habe mein Leben gelebt, ich habe dich kennen lernen und lieben dürfen. Wir hatten ein wundervolles Leben zusammen, wir haben geheiratet und gründeten eine Familie. Wir bekamen Makoto und nur ein Jahr und zehn Monate später Kaito. Es war damals ziemlich überraschend gewesen und ich wusste nicht, ob ich das schaffen würde, aber du hattest mir gesagt, dass wir alles schaffen können und du solltest Recht behalten. Zusammen haben wir immer alles erreichen können. Wir sind oft umgezogen, bis wir uns schließlich unser endgültiges Zuhause in Osaka gefunden haben. Hier haben wir ein wunderschönes Haus gekauft und bis heute ist es mein Zuhause, aber ich bin bereit. Bereit all das hinter mir zu lassen. Ich bin bereit für den letzten großen Schritt. Ich habe keine Angst davor, weil ich davon überzeugt bin, dass du auf der anderen Seite auf mich wartest. Das stimmt doch, oder? Ich glaube ganz fest daran. Ich glaube daran, dass du mir die Hand hältst und mich beruhigst, sowie du es immer getan hast. Vielleicht musstest du vorgehen, um sicher zu gehen das es auch wirklich sicher für mich ist. Es würde so zu dir passen, aber ich wäre diesen Schritt auch gemeinsam mit dir gegangen. Ich habe hier alles geregelt, ich habe mich verabschiedet. Du musst dir also keine Sorgen machen, dass sich unserer Jungs mit irgendwelchen Anwälten herumschlagen müssen, obwohl sie das ohne Probleme könnten. Sie sind nämlich traumhafte Männer geworden. Ich bin so müde und merke wie auch meine Lider immer schwerer werden, aber ich habe keine Angst, wenn ich das Licht sehe. Es beruhigt mich. Ich habe das Gefühl, dass ich deine Aura spüren kann. Ist das möglich? Ich bin so unendlich müde. Mein Herzschlag wird langsamer, es ist friedlich. Ich schließe meine Augen und auch wenn ich sie nicht mehr öffne, ist es nicht schlimm für mich. Denn ich kann mich wirklich nicht beschweren. Mein Leben war wundervoll, jede Hürde, jeder Rückschlag und jedes Hindernis nahm ich dankend an, denn es machte aus mir den Menschen der ich heute geworden bin. Du machtest aus mir diesen Menschen. Für diese unendliche Liebe danke ich dir. Denn die Liebe endet nicht mit dem Leben. Sie existiert weiter in der Unendlichkeit des Seins. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)