Remember Your Heartbeat von blackNunSadako ================================================================================ Kapitel 1: The scarred Heart and The confused One ------------------------------------------------- „Die Bevölkerung ist in panischer Aufruhr. Ein kaltblütiger Mörder versetzt die Menschen in Angst und Schrecken“, ertönte die aufgeregte Stimme des Nachrichtensprechers durch unseren Fernseher, auf welchen Shachi und ich vom Sofa aus blickten. Mein bester Freund verfolgte die Eilmeldung mit höchstem Interesse, während ich gelangweilt gähnte. Letztlich riss Shachi die Fernbedienung an sich und malträtierte die Taste für das Erhöhen der Lautstärke, als ob sein Leben davon abhängen würde. „Der Killer ist ein Enigma. Er hinterlässt keine Hinweise auf seine wahre Identität. Nur einen einzigen Buchstaben: K. ...Die Polizei bittet um Ihre Mithilfe. Sollten Sie eine auffällige Person sehen, rufen Sie den polizeilichen Notruf und bringen Sie sich sofort in Sicherheit.“   Alles nur Schwarzmalerei um sinnlos Panik zu verbreiten... Die Medien lassen sich auch immer wieder was Neues einfallen...   Beinahe wäre ich eingeschlafen, hätte Shachi die Lautstärke vor Angespanntheit nicht auf vollstes Volumen gestellt. Wodurch aus den Boxen des TV-Geräts vorwiegend ein verzerrtes Dröhnen drang, direkt in mein Trommelfell hämmernd. Schläfrig knurrend schnipste ich einen Bierdeckel in Richtung Fernseher, gezielt den Ausschalt-Knopf treffend, sodass der Bildschirm augenblicklich schwarz wurde. Geschockt drehte Shachi seinen Kopf langsam zu mir, sein Mund war fassungslos geöffnet. Die kurzzeitige Ruhe abgelöst von seiner vorwurfsvollen Stimme, deren Farbe kräftig hell und unüberhörbar schrill klang.   „Wie konntest du das tun, Peng?!“, fragte er mich aufgebracht, mit der Fernbedienung anklagend auf mich zeigend, was mich dazu brachte, grinsend den Schirm meiner Kappe über meine geschlossenen Augen zu ziehen. Schulterzuckend antwortete ich ihm in gedämmt dösigem Ton; „`Wie´...? Mit einem Fingerschnippen und einem Bierdeckel.“   Daraufhin zog Shachi beleidigt einen Schmollmund, mir seine Ballonmütze mit wenig Kraft entgegen pfeffernd, mich jedoch um eine Armlänge verfehlend. Im Flug fing ich seine Kopfbedeckung blind mit einer Hand ab und setzte sie ihm leise lachend wieder auf seinen gesenkten Kopf.   „Hey, die brauchst du noch“, sagte ich in gespielt tadelndem Stimmton und klopfte ihm locker mit meiner flachen Hand auf seine hellgrüne Mütze, meine Lippen beim Sprechen in ein neckisches Grinsen übergehend. „Wie willst du sonst deine zerstreute Mähne bändigen?“   Shachis vollkommen von sich selbst überzeugtes Lächeln begleitete hörbar seine überflüssige Antwort.   „Spucke und Zuckerwasser!“, rief er sein scheiterndes Erfolgsrezept stolz aus, zur Verdeutlichung seiner Aussage an seinem Daumen leckend, und wischte sich dann eine seiner wirren, orangenen Haarsträhnen von seiner Stirn. Bis heute wusste er nicht, dass ich seine selbst zusammengemischte Gel-Tube – mit einem Mix aus 80% Zucker und 20% Wasser – durch eine geruchsneutrale Haarkur ausgetauscht hatte. Seine Ballonmütze war wirklich das einzige Mittel, welches seine abstehenden Haare im Zaum halten konnte.   Shachi glaubte nur an das, was er glauben wollte. Dennoch trug er seine Mütze stets, seitdem er Law mit der unsymmetrischen Form seiner Frisur fast wahnsinnig gemacht hatte. An jenem Tag vor vielen Jahren, noch zu unserer Studentenzeit, hielt der Chirurg in Lehre einen wichtigen Vortrag. Wurde jedoch immerzu von Shachis auffälligen Haaren abgelenkt, deren grelle Farbe aus der Schülermasse herausstach. Da ich meine Kappe damals bereits trug, lieh ich sie meinem besten Freund für die Zeit des Referats aus. Sie war ihm zu groß, sodass Shachi eher einer versteckten Schildkröte unter dem dunkelblauen Stoff ähnelte. Bei der Erinnerung zierte ein resigniertes Schmunzeln meine Lippen. Bis Shachis Stimme mich ins Hier und Jetzt zurückholte.   „Schläfst du schon?“, fragte er mich, seinen Redefluss unterbrechend, welchem ich nicht zugehört hatte. Er pikste mich mit seinem Zeigefinger mehrmals an meiner Schulter an, woraufhin ich ihm mit einem murrenden; „Ja“, antwortete.   „Ach so...“, klang er beinahe enttäuscht und erhob sich vom Sofa, leisen Schrittes aus unserem Wohnzimmer gehend, bevor er mir abwinkte, seine helle Stimme einen warmen und freundlichen Klang annehmend. „Schlaf gut, Peng.“   Kurz darauf schloss er vorsichtig die Tür hinter sich, ehe ich ebenso seine Schlafzimmertür ins Schloss fallen hörte. Zwar war es erst später Nachmittag, aber war die morgendliche Schicht in unserer Klinik sehr kräftezehrend gewesen, sodass mein Körper nach einem kurzen Dämmerschlaf begehrte. Wenige Augenblicke später war ich eingenickt.     Doch wachte ich nur 2 Stunden später schweißgebadet auf. Irritiert schreckte ich hoch, mich an meinen Armen nach oben stützend, bevor ich mich hektisch in unserem Wohnzimmer umsah.   Ein Traum...?, fragte ich mich verschlafen und schüttelte meinen Kopf, sodass mir meine locker sitzende Kappe von dem selbigen rutschte. Nur... wovon genau habe ich geträumt?   Keines der Bilder kehrte zurück. Alles, woran ich mich erinnern konnte, waren die Farben Rot – Blutrot – und Violett... Sowie die spürbare Traumkälte. Mein unterbewusstes Unwohlsein hatte mich schließlich unsanft aufgeweckt. Bin ich etwa im Traum gestorben...?   Ich habe wohl einfach zu viel Kaffee vor dem Schlafen getrunken..., dachte ich mir und stand langsam vom Sofa auf, mein Handy und meine Kappe im Vorbeigehen an mich nehmend. Ein Spaziergang wird mir gut tun...   Warme Herbstluft empfing mich auf der verdunkelten Straße. Nur wenige Menschen waren an diesem Abend unterwegs, sodass mich eine angenehme Ruhe auf meinem unbestimmten Weg begleitete. An einem geschlossenen Geschäft vorbeigehend, fuhr mir ein einzelnes Auto entgegen, dessen Scheinwerfer mich kurz blendeten. Den Schirm meiner Kappe tiefer über meine Augen ziehend, merkte ich zunächst nicht, dass das Fahrzeug direkt hinter mir am Bürgersteig anhielt. Erst, als der Fahrer das Autofenster herunterließ und mich ansprach, realisierte ich es.   „Die heutige Nacht ist von Bedrohen gezeichnet“, sagte er, seine murmelnde Stimmfarbe ausdruckslos und eintönig klingend. Als ich mich zu dem Taxi umdrehte, erkannte ich die gelangweilte Mimik des blondhaarigen Mannes, dessen abwesenden Augen eine gezackte Tätowierung trugen und beim Sprechen durch mich hindurch zu sehen schienen. „Drehe um. Dein Schicksal liegt noch in deinen Händen. Wenn du weitergehst... wird das Schicksal über mehrere Leben bestimmen, mitsamt dem Deinigen“, fuhr er sich mit seiner Hand beim eintönigen Sprechen dramatisch durch seine langen Haare, ehe er eine Taro-Karte zückte, auf die sein leerer Blick starrte. „Die Wahrscheinlichkeit einer unerfreulichen Begegnung liegt bei achtundsiebzig Prozent, die Chancen einer angenehmen nur bei zweiundzwanzig...“   Diese `unerfreuliche Begegnung´, von der er spricht, ist allenfalls der Spinner selbst..., dachte ich mir, meine verdeckten Augen rollend, bevor ich ihm desinteressiert abwinkte. „Danke für die Warnung, doch glaube ich nicht an Wahrsager-Spinnereien.“   Damit ging ich weiter, sein gemurmeltes: „Diesen Ausgang habe ich vorhergesehen“, absichtlich ignorierend. Daraufhin fuhr der ominöse Taxifahrer weg, womit ich wieder völlig allein auf der unbelebten Straße war. Und dann lief alles schief, was schief gehen konnte.   Das leise Heulen einer Eule verfolgte meine Schritte. Jeden verdammten Tritt hörte ich das durch die Dunkelheit hallende `Huhu, Huhu´. Gleichzeitig spürte ich die fixierenden Augen des Nachtvogels auf mir. Es machte mich regelrecht paranoid.   Meine Beine beschleunigten ihre Bewegung wie von selbst, während meine Muskeln sich anspannten und mein Körper unter alarmiertem Strom stand. Auf jedes Geräusch und die kleinste Regung in meinem stark eingeschränkten Blickfeld achtend, sah ich mich fieberhaft um, meine Augen in jede dunkle Straßenecke zweimal schauend. Plötzlich ertönte ein animalischer Schrei, der mich heftig zusammenzucken ließ. ...Bevor eine schwarze Katze aus einer der linken Seitengassen heraussprang.   Jetzt wird’s wirklich lächerlich..., seufzte ich genervt, frustriert über meine eigene Schreckhaftigkeit, und verfolgte mit meinem Blick das über die Straße rennende Tier. Reiß dich zusammen, Penguin!   „Der Schwarzseher hat mich verflucht“, knurrte ich zu mir selbst und lief weiter, mich weigernd an Aberglaube zu glauben. Um mein Glück noch weiter herauszufordern, ging ich direkt unter einer aufgestellten Leiter hindurch.   Na also, nichts ist passiert..., redete ich mir in Gedanken neuen Mut zu und lief in Richtung des verdunkelten Parks, den ich aus der Entfernung sehen konnte. Das alles geschieht nur in meiner Einbildung...   Selbstbewusst schritt ich durch den eisernen Torbogen, der zu dem hellen Kiespfad des Park-Geländes führte. Die Kieselsteine knirschten geräuschvoll unter meinen Schritten, das einzige Geräusch der still gewordenen Nacht darstellend, während ich mich näher umsah. Dabei schob ich den Schirm meiner Kappe mit meinem Zeigefinger nach oben.   Ein riesiges Areal erstreckte sich vor mir. Vereinzelte, schwarze Parklaternen beleuchteten den Weg und tauchten ihn in eine dämmerige Orangefärbung, welche einen leichten Kontrast zu der nachtblauen Umgebung erzeugte. Links und Rechts am Wegrand reihten sich zahllose Herbstbäume auf, ihr dünner Stamm ein dunkles Braun-Schwarz tragend, ihre Äste volle Blätter in intensiven Rottönen zierend. An der angrenzenden Wiese dekorierten einige Rundbeete den makellosen Rasen. Eine Vielzahl an violetten Blumen, die von weißen Dekor-Steinen umrahmt wurden, waren dort zu sehen. Vor mir, direkt am Kiespfad übergehend, über welchen ich langsam weiterlief, spaltete sich der Weg für einen großen, runden Steinbrunnen aus dunklem Marmor.   Fasziniert blieb ich vor ihm stehen, mit meinen Fingern den kalten Stein des Rahmens berührend, ehe ich meinen Blick über das lichtlose Wasser schweifen ließ, an dessen Oberfläche mehrere Seerosen, mitsamt ihren breiten Blättern trieben. In der Mitte des Brunnens war eine erhöhte Rundplattform eingesetzt, auf der die Skulptur eines chinesischen Drachens stand. Sein langer Körper Richtung Himmel gereckt, zeigte sein Kopf nach unten, zum Brunnenwasser. Aus seinem geöffneten Mund floss ein dünner Wasserstrahl heraus, womit er ein kaum wahrnehmbares Quell-Geräusch erzeugte.   Meine rechte Hand unter den fließenden Strahl haltend, zog ich mit der anderen meine Kappe vom Kopf, bevor ich mir das kühle Wasser in mein Gesicht strich. Die warme Nachtluft wehte mir um meine kurzen Haare, trocknete die Wasserspritzer auf meinen Wangen und meiner Stirn, über die ich sogleich wieder meine Kopfbedeckung zog. Ich spürte die innere Ruhe, welche mir dieser Ort gab. Die Andacht und der Friede, die er vermittelte.   Mit einem unbeschwerten Grinsen auf meinen Lippen ging ich schließlich weiter. Nicht wissend, dass die Stille Täuschung barg.   Langsam folgte ich dem Kiesweg, der mich zu einem offen-flächigen Bereich für Parkbesucher brachte. Hier gab es weniger Gewächs und ebenso wenig Licht, dafür mehrere Holz-Parkbänke mit metallisch schwarzem Gestell, neben denen moderne Mülleimer standen. Mich auf eine von den Bänken setzend, lehnte ich mich zurück in die hölzerne Lehne, meinen Kopf Richtung klarem Himmel gehoben, an welchem sich von meinem Blickpunkt kein Mond, doch zig tausende Sterne abzeichneten.   Wann habe ich zuletzt eine solche Ruhe verspürt?, fragte ich mich selbst, die frische Herbstluft tief einatmend und meinen verträumten Blick weiter über die leuchtenden Punkte schweifen lassend. Im Leben gibt es viel zu wenige Momente, in denen man den Augenblick wahrnimmt...   Ich bin ein Träumer... Allein in meiner eigenen Welt existierend...   Eine sorglose Welt, ohne das Leid, dem ich tagtäglich entgegenblicke..., dachte ich an meine Berufung als Arzt und die vielen Verluste, welche dieser Beruf mit sich brachte. An die Gesichter der Familien, denen ich eine erschütternde Nachricht übermitteln musste... An die der Patienten, denen ich eine endgültige Diagnose stellte... Und an meine eigenen Augen, die ich nach solch einem Tag hinter meiner Kappe versteckte. Trauer, Schuld und Mitgefühl spiegelten sie wider. All die Last, welche ich in mir trug. In solchen Momenten wünschte ich mir, eine emotionslose Person zu sein. Wünschte mir, dass ich stärker wäre... Dass ich mein Herz davor verschließen könnte...   Selbst das immer währende Lächeln meines besten Freundes barg den Schwermut unserer Lebensaufgabe. Nur Law und ich sahen die Wahrheit hinter Shachis aufgebauten Mauer aus Fröhlichkeit und Unbeschwertheit. Er lächelte, nicht nur seiner selbst Willen, sondern anderer Menschen wegen. Ein Lächeln für jeden Abschied... Eines für jeden Leidenden... Und unzählige für uns, der wir zu dritt dem Schatten des Todes gegenüberstanden. Seite an Seite kämpften wir gemeinsam in dieser aussichtslosen Schlacht.   Doch jedes gerettete Leben ist es wert, dafür zu kämpfen..., erinnerte ich mich an unsere Siege und die neue Hoffnung, die wir Menschen gaben. An das stille `Danke´, das die Freudentränen der Angehörigen begleitete, deren Ehepartner, Eltern und Kinder wir retteten. Wir sind bei weitem nicht fehlerlos, sind keine `besseren´ Menschen, weil wir anderen helfen...   Jedoch stärkt es uns in dem, was wir tun... Es gibt uns die Stärke, die wir für unseren täglichen Kampf brauchen...   Mit einem letzten Seufzen auf meinen Lippen, fand ich aus meinem Gedankenkreis heraus, stieß die negativen Emotionen und Erinnerungen von mir und verschloss mein Herz abermals vor ihnen. Ich zwang mich dazu. Stattdessen versuchte ich den Geräuschen der Nacht zu lauschen und mich auf diese zu konzentrieren. Meinen Blick dabei von dem Sternenhimmel abwendend und meine Augen schließend. Abermals kehrte die Ruhe in mich ein... die Stille-   Was ist das für ein Geräusch?, fragte ich mich, aufmerksamer auf den gedämmten Klang achtend, der dumpf hinter mir erschallte. Dauerhaft, in unregelmäßigen Abständen war er entfernt zu hören. Ein... Schlag? Ein Aufprall von etwas Metallischem...?   Meine Neugier siegte über meine Vernunft. Weswegen ich dem Geräusch nun lautlos über das Gras schleichend folgte.   Zunächst erkannte ich lediglich die dichten Bäume, die das Park-Areal umringten und einen lichtlosen Schatten um den anliegenden Rasen warfen. Unmittelbar ging ich auf die Dunkelheit zu. Meine Augen gewöhnten sich nur langsam an die neuen Lichtverhältnisse. Meine Schritte verlangsamten sich, während dar dumpfe Ton immer und immer lauter wurde, je näher ich der Geräuschquelle kam.   Plötzlich sah ich das Aufblitzen einer geschwungenen Klinge. Zeitgleich gefror mir das Blut.   Mein Körper reagierte schneller, als mein Verstand. Reflexartig setzten meine Beine zum Sprint an, hinter einen der dicken Baumstämme rennend, hinter dem ich mich versteckte. Meinen Rücken an die harte Rinde gepresst, überschlug sich mein Herzschlag, den ich vergebens zu beruhigen versuchte.   Erneut folgte der dröhnende Aufschlag, knappe drei Meter hinter meinem Versteck. Die messerscharfe Klinge sein Ziel treffend, geräuschvoll in einen der robusten Bäume einschlagend.   Beruhige dich Penguin, beruhige dich, verdammt!, zwang ich mich zur Ruhe, krampfhaft versuchend, meinen gehetzten Atem so leise, wie möglich zu halten, mich währenddessen weiter an die Rinde hinter mir drückend. Er hat dich nicht gesehen... Er weiß nicht, dass du hier bist...   Oder...?, drängte sich der Zweifel in meinen erstarrten Verstand, sich dort einnistend und wie ein tödlicher Virus rasend schnell ausbreitend. Wo... ist das Aufprall-Geräusch geblieben?, bemerkte ich die plötzliche Stille, welche mir ganz und gar nicht behagte.Verdammt... Ich will nicht nachsehen... Ich will... nicht...   Und doch tat ich es, bevor mich der Mut dazu verließ. Einen flüchtigen Blick hinter den dicken Baumstamm werfend, beobachtete ich die schemenhafte Figur mit der Klinge in ihrer Hand, die ich nun als Sichel erkannte. Mit einem flinken Salto-Sprung rückwärts, eine Geschwindigkeit, für Augen beinahe unkenntlich, entfernte er sich von seinem Ziel. Seine langen, blonden Haare bei seinem Sprung wild durch die Luft wirbelnd, bevor er gekonnt mit seinen Füßen auf dem Boden aufkam. Sich im gleichen Atemzug vom Rasen abstoßend und erneut blitzschnell nach vorne schnellend.   Ein lauter Aufschlag... Dann wiederholte er seine Angriffsbewegung. Einmal... Zweimal... Bis er plötzlich mitten im Sprint anhielt, seinen Kopf ruckartig in meine Richtung drehend. Wodurch ich das violette Halstuch über seiner unteren Gesichtshälfte erblickte. Die obere wurde von seinem blonden Pony vollkommen überdeckt. Keine Sekunde später ging er langsam auf mich zu, sich meinem Versteck wie ein lautloser Löwe nähernd. In dem Moment geriet ich in Panik.   Und da segelt mein Selbstbewusstsein dahin... wie das Ahornblatt, das langsam vor mir zu Boden fällt...   Ich muss hier weg!, stieß ich mich mit meinen Händen an der Baumrinde ab und rannte los. Rannte, als ob mein Leben davon abhinge – Was ich nicht hoffe... Verdammt, der Kerl trägt eine tödliche Waffe bei sich!   Ist er... dieser Mörder, über den die Medien berichtet haben?   Er verfolgt mich nicht..., redete ich mir ein, ohne es wirklich zu wissen, ohne mich umzudrehen. Mein Körper einzig auf Flucht fixiert, während ich den Park in einem rasenden Tempo durchquerte. Als ich bereits den Torbogen des Eingangs sah, wollte ich aufatmen, doch merkte ich zeitgleich, wie ein kräftiger Windstoß meine Kappe von meinem Kopf riss. Wodurch ich augenblicklich bremste.   Verdammt! Ohne meine Kappe werde ich nicht weitergehen...   Wie eine Steinstatue stand ich dort, mitten auf dem Rasen, zögernd, mich zu bewegen. Ich musste mich umdrehen, etwas anderes blieb mir nicht übrig. Also raufte ich mich zusammen, meinen Körper wie in Zeitlupe drehend, dabei kniff ich meine Augen zusammen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich... niemanden.   Ich war allein. Keine Spur von dem Mann, welcher in der Nacht verschwunden war.   Erleichtert seufzend fuhr ich mir mit meiner Hand durch mein kurzes Haar, ehe ich mich zu Boden beugte und meine Kappe aufhob, sie anschließend wieder aufsetzend. Daraufhin begab ich mich auf direktem Weg zurück nach Hause, meine Schritte schnell bleibend, sowie meine Sinne geschärft und angespannt waren. Erst, als ich meine Wohnungstür erreichte, ließ ich das Gefühl der Sicherheit zu.   In dieser Nacht versuchte ich zu vergessen... Und fand keine Minute Schlaf.     --     Am nächsten Morgen war ich erschöpft, sowohl nervlich, als auch körperlich. Shachi und ich hatten Frühdienst in der Klinik, wodurch die Nacht ohnehin von kurzer Dauer war. Nur durch genügend Koffein konnte ich mich wachhalten, sodass ich bereits vor Dienstbeginn mehrere Tassen Espresso getrunken hatte. Den fragenden Blick meines besten Freundes am Frühstückstisch merkte ich sehr wohl. Doch wollte ich ihn nicht beunruhigen, sodass ich meine nächtliche Begegnung für mich behielt. Auch auf seine permanente Nachfrage bekam er von mir keine deutlichere Antwort.   „Hast du einen Albtraum gehabt, Peng? Hast du wieder die ganze Nacht durchgelesen? Oder hast du-?“   „Nein“, war meine genervte Antwort, die ich nun bereits zum zehnten Mal wiederholte. Ich konnte und wollte meinen besten Freund nicht anlügen, sodass ich auch keine Ausrede erfand, seine falschen Vermutungen lediglich verneinend. Den ganzen Weg zum Krankenhaus über löcherte er mich mit Fragen. Umso froher war ich, als wir das schneeweiße Gebäude endlich erreichten.   Zu zweit gingen wir durch die gläserne Doppeltür, die beiden Türen sich automatisch vor uns zur Seite schiebend, was bedeutete, dass Law sie bereits für uns aufgeschlossen hatte. Law war immer als Erster in der Klinik, lange vor Arbeitsbeginn. Oft übernachtete er hier in den Ruheräumen und ging gar nicht erst Nachhause. Sein Ziehvater war sein einziger, engerer Kontakt, neben uns. Falls ein Notfall eingeliefert wurde, war er stets zur Stelle. Und wenn er uns brauchte, konnte er uns jederzeit rufen. Unsere Wohnung lag in unmittelbarer Nähe von hier.   In der Umkleide legten Shachi und ich unsere Freizeitklamotten ab, stattdessen unsere weißen Overalls anziehend, deren linke Brust das Logo unserer Klinik zierte: Ein grinsender Smiley. Als wir anschließend den Besprechungsraum betraten, saß Law bereits mit einer dampfenden Kaffeetasse und mehreren Dokumenten am Tisch, auf uns wartend. Mit einem leichten Nicken begrüßte er uns, ich es erwidernd, während Shachi fröhlich sein: „Guten Morgen, Law~!“, heraus posaunte. Was Laws und meine Kopfschmerzen nur verschlimmerte. Wo Shachi um vier Uhr morgens diese vitale Energie hernahm, blieb uns bis heute ein Rätsel.   Seufzend setzte ich mich Law gegenüber an den Tisch, den prüfenden Blick seiner silbernen Augen auf mir spürend, mit welchen er meine aufgelöste Erscheinung akribisch musterte. Seine optische Untersuchung über mich ergehen lassend, griff ich nach der Kaffeekanne – die eine von seinen starken Mischungen beinhaltete – und goss mir die beinahe schwarze Flüssigkeit in meine Tasse.   Law bemerkte meinen erschöpften Zustand augenblicklich, doch ließ er ihn kommentarlos. Er wusste, dass ich von mir aus auf ihn zukommen würde, wenn ich es wollte, und respektierte mein Schweigen. Shachi neben mir, stapelte zwischenzeitlich mehrere Zuckerwürfel auf dem Tisch übereinander. Kaffee trank er nicht, dafür belebte er seinen Geist mit zuckerhaltigen Süßigkeiten, die er mit seinem Zeigefinger und Daumen zu seinem lächelnden Mund führte. Schließlich begann Law die morgendliche Besprechung, seine charakterfeste Stimme ruhig und beruflich klingend.   „Keine nächtlichen Zwischenfälle, zwei unkomplizierte Eingriffe und keinen Todesfall“, erklärte er uns in einem nüchternen Ton, einen jeden von uns ansehend, ehe seine Stimme eine autoritäre Klangfarbe annahm. „Shachi, du bist heute für Station 1 und 2 zuständig. Jean Beard befindet sich auf Station 3 und 4. Penguin, deine Aufgabe ist vorerst der Empfang. Bleibe auf Abruf bereit. Ich selbst muss wichtige Vorbereitungen für anstehende Operationen treffen und möchte ausschließlich im äußersten Notfall gestört werden.“   Damit beendete er seine Anweisungen, knapp und gründlich. „Verstanden“, entgegneten Shachi und ich ihm synchron, bevor sich unsere Wege trennten, jeder seinem Aufgabenbereich nachgehend. Meine Kaffeetasse nahm ich mit, als ich mich zum Empfangsbereich begab.   Die große Räumlichkeit war nur spärlich beleuchtet, früh morgens war hier keine Menschenseele. Vom Empfangstresen aus konnte ich direkt auf die gegenüberliegende Eingangstür sehen, hinter der es noch dunkel war. Vor mir war die Sicherheitsscheibe des Tresens, unter ihr der Schreibtisch, auf dem das Schaltpult für Notrufsignale stand – sowohl für innerhalb, als auch außerhalb der Klinik. Jeder Anruf wurde sofort zu mir durchgestellt, sowie ich den Überblick über jegliche Rufklingel der Patientenzimmer und der Angestellten hatte. Von hier aus konnte ich alles organisieren und hatte die absolute Kontrolle.   Meine Kappe legte ich hinter mir auf dem schmalen Aktenschrank ab, der in der Ecke stand, ehe ich mich mit der Tasse in meiner Hand auf den Drehstuhl vor den Schreibtisch setzte. Nun hieß es warten, bis- Doch genau in dem Moment, als mein Gesäß das dunkle Polster berührte, stürmte jemand durch die Eingangstür. Ein Mann, um genau zu sein... mit feuerrotem Haar.   Ich ahne Schlimmes... Dem Typen steht das Wort `Problem´ regelrecht auf seiner Stirn geschrieben...   Hart kamen seine Springerstiefel auf dem laminierten Boden auf, über den er geräuschvoll trampelte. Sein Muskelbepackter Körper war übersät mit Verletzungen aller Formen und Farben, seine markanten Gesichtszüge einen streitsüchtigen Ausdruck von `komm mir bloß nicht zu nahe´ tragend. Die starke Alkoholfahne, welche an ihm haftete, konnte ich auf die fünf Meter riechen, die mich von ihm trennten.   I-Ist das ein Messer in seiner Schulter?!   Wie kann der Kerl mit den vielen Wunden überhaupt noch gerade stehen, geschweige denn laufen? Er müsste vor Schmerzen längst ohnmächtig geworden sein...   Wild drehte der Hüne seinen Kopf, seine roten Haarsträhnen bei der hektischen Bewegung leicht wippend, bevor seine leuchtend goldenen Augen auf mich fielen. Und ich schwer schluckte.   Warum muss ausgerechnet ich heute am Empfang sitzen?, fragte ich mich leise fluchend, seine näher kommende, breite Figur verfolgend, während seine aufstampfenden Schritte immer lauter wurden. Hinter der Panzerglasscheibe sollte ich eigentlich sicher sein... oder-?   Lautstark donnerte seine Faust gegen die Scheibe, sie dabei stark zum Vibrieren bringend, während frisches Blut seinen Unterarm herablief und von seinem Ellenbogen auf die andere Seite des Tresens tropfte. Der Alkohol verflüssigte es zusätzlich, weswegen seine Schnittverletzungen sich nicht schließen konnten. Auf den ersten Blick sah es so aus, als ob er eine Glasflasche in seiner Pranke zerbrochen hätte. Ich musste ihn schnellstens verarzten, doch brauchte ich zuerst vorschriftsmäßig seine Personalien. Mir meine innere Zerstreutheit nicht anmerken lassend, weil er weiterhin wie ein Irrer gegen die Scheibe hämmerte, sprach ich ihn mit neutraler Stimme an.   „Name?“, fragte ich ihn, mich innerlich für meinen schwankenden Stimmton verfluchend, bevor seine einschüchternden Augen mich noch wütender fixierten. Seine blutende Faust blieb gehoben, während ich seinen bohrenden Blick mit dem Meinen standhielt. Genervt wiederholte ich meine Frage, damit sie zu seinem alkoholisierten Verstand durchdrang. „Ihr Name?“   Er gab mir keine Antwort. Stattdessen zischte er ein herablassendes: „Tzz“, bevor er mich ignorierte und wieder abstampfte. Danke für das Gespräch, Arschloch! Wankend stiefelte der Hüne direkt auf die Tür zu Laws Station zu, die er mit Wucht aufstieß und schwankend durchquerte. Ich darf ihn nicht zu Law lassen!   Sofort sprang ich auf, ihn im Gang abpassend, ehe ich mich ihm mit verschränkten Armen in den Weg stellte. „Sie müssen mit mir kommen, damit ich Sie behandeln kann“, bohrte ich meinen entschlossenen Blick in den goldenen Seinen. Der Hüne war um einiges größer als ich, wodurch ich weit zu ihm aufsehen musste.   Wenn Blicke töten könnten, hätte er mich längst zweimal unter die Erde geschickt...   Wir standen direkt vor Laws Behandlungszimmer, in das er wollte, ich ihn aber nicht gehen ließ. Wie ein Kampfhund knurrte er mich aus tiefster Brust an, seine roten Lippen wutverzerrt. Es war seine letzte Warnung an mich, der ich kein Gehör schenkte. Im nächsten Moment stieß er mich grob zur Seite, sein Stoß verdammt hart, wodurch ich unsanft auf dem Flurboden landete, während er durch Laws Tür preschte.   Keine Sekunde später hörte ich Laws gereizte Stimme, mitsamt der tiefen des Hünen. Daraufhin erschien Law vor mir, eins und eins zusammenzählend, ehe er stumm seufzend seinen Nasenrücken massierte.   „Ich werde mich um den Choleriker kümmern“, sagte er in bestimmendem Ton und schloss die Tür hinter sich, vor der ich noch immer auf dem Boden saß. Seufzend fuhr ich mir durch mein kurzes Haar, mein Scheitern mir zeitgleich ein schlechtes Gewissen gebend. Meine schuldbewussten Augen blickten lange auf den Fußboden... Bis plötzlich eine Hand in meinem Blickfeld auftauchte.   Irritiert, weil ich keinerlei Schritte gehört hatte, sah ich verwirrt auf. Folgte der mir angebotenen Hand, über den gepunkteten Ärmel, zu der breiten Schulter und der offenen Bluse... bis zu dem violetten Halstuch und dem blonden Pony seiner langen Haare. Schlagartig weiteten sich meine Augen, zeitgleich rutschte ich reflexartig nach hinten, mit meinem Rücken gegen die Flurwand stoßend. Was ihn seinen Kopf fragend schief legen ließ.   Verdammt, verdammt, verdammt!, erkannte ich den unheimlichen Kerl augenblicklich wieder, ihn mit rasendem Puls kreidebleich anstarrend. Wie hat er mich gefunden?!   Will er zu Ende bringen, was er nachts nicht getan hat? Er... wird mich doch nicht hier und jetzt umlegen, oder?   Ihn nicht aus den Augen lassend, beobachtete ich jede seiner Bewegungen, mein Herz dabei hektisch gegen die Innenseite meines Brustkorbs hämmernd. Der Palituchträger kniete noch immer leicht gebeugt vor mir, auf sicherem Abstand, den ich zwischen uns geschaffen hatte. Seine weiterhin ausgestreckte Hand zog er nun unter meinem misstrauischen Blick zurück, sich mit ihr langsam über seinen Nacken streichend. Dabei erhob er seine leicht gedämmte Stimme, ihr Klang kristallen und rein klingend.   „Verzeih...“, begann er ruhig zu sprechen, seine folgenden Worte mich zutiefst überraschend, während ich meine Augenbrauen irritiert zusammenzog. „Kid ist unberechenbar, wenn er getrunken hat.“   `Kid´? Wer ist Kid...?   Doch nicht etwa-?, ging mir ein Licht auf, sodass ich mehrmals blinzelte. Den Blonden vor mir nochmals genauestens betrachtend, bemerkte ich den leichten Geruch nach Rotwein, den ihn umgab. Er war wohl ebenfalls angetrunken, doch noch lange nicht so zugeschüttet, wie sein aufbrausender Kumpel. Dass er sich im Namen seines Freundes bei mir entschuldigte, rechnete ich ihm hoch an, doch blieb ich äußerst skeptisch ihm gegenüber.   Er ist es... definitiv..., dachte ich abermals an die Begegnung mit ihm, gleichzeitig fiel mir etwas Entscheidendes ein: Er kann mich gar nicht wiedererkennen, weil ich weder meine gestrige Kleidung, noch meine Kappe trage...   Für ihn muss ich wie ein vollkommener Idiot aussehen... Wie ich hier auf dem Boden sitze und vor ihm zurückgeschreckt bin...   Verdammt... Jetzt nur nichts anmerken lassen...   Ruhig stand ich auf, mir den Staub von meinem weißen Overall klopfend, bevor ich meinen Blick hob, an seinem verdeckten Gesicht vorbeischauend, da ich ihn nicht direkt ansehen konnte.   „Schon Okay“, sagte ich leise, mich für meinen festen Stimmklang lobend, ehe ich mich von ihm abwandte und Richtung Wartezimmer ging. „Ich zeige dir, wo du auf ihn warten kannst.“   Seine beherrschten Schritte hinter mir waren lautlos. Den kurzen Weg über schweigen wir, bis wir den angrenzenden Wartebereich erreichten und er erneut seine tief-klare Stimme an mich richtete.   „Wie steht es um ihn?“, fragte er mich, ein leicht sorgenvoller Ton seine Worte begleitend, welcher von der Monotonie seiner klaren Stimmfarbe überdeckt wurde. Mit einem halben Grinsen auf meinen Lippen antwortete ich ihm: „Solange er toben kann, wird’s nicht allzu schlecht um ihn stehen.“   Doch verschwand mein Grinsen augenblicklich, gewandelt in puren Schock, als der Blonde sich erleichtert zu mir nach Vorne sacken ließ und seine Stirn auf meiner linken Schulter ablegte. Sofort erstarrte mein gesamter Körper, während mein Herzschlag abrupt aussetzte.   W-Was?!   Sein Wispern, direkt neben meinem linken Ohr, war leise, doch hörte ich es mehr als deutlich. Ein wahrnehmbarer Rotweingeruch es begleitend.   „Ich bin... so froh...“   Viel zu nah war er mir, jedoch war ich unfähig dazu, ihn von mir wegzustoßen. Seine langen Haarsträhnen streiften meine linke Wange, mein Mund weiterhin in Schock geöffnet bleibend. Zu atmen wagte ich nicht, geschweige denn irgendeinen Muskel zu bewegen, so fassungslos war ich über seine spontane Handlung. Völlig aufgelöst brachte ich nur ein abgehacktes Stottern über meine Lippen.   „I-Ich...“, weigerte sich mein überforderter Verstand einen Satz zu formen, welcher keinerlei Sinn besessen hätte. Ich fühlte mich wie ein Lamm, dessen Hals die Zähne einer Raubkatze berührten. Den blonden Palituchträger umgab stets eine spürbare Atmosphäre der Gefahr, die mich schaudern ließ.   Er wird mich umbringen... Er wird mich umbringen... Wenn nicht jetzt... dann irgendwann...   Oder... täusche ich mich etwa in ihm...?   Die Sekunden verstrichen wie in Zeitlupe, die Welt schien angehalten, bis er seinen Kopf wieder hob. Das verlorene Gewicht meiner Schulter spürend, sackte sie zeitgleich entspannend herunter, doch hielt meine Erleichterung nicht lange an. Statt sich von mir zu entfernen, blieb er genau vor mir stehen. Seine versteckten Augen auf den Meinen spürte ich deutlich, sowie ich seinen plötzlichen Stimmungswandel bemerkte. Seine zuvor monotone Stimme wurde von einem hörbaren Schmunzeln untermalt. Seine geflüsterten Worte ließen es mir kalt den Rücken herunterlaufen.   „Mache ich dich... nervös?“, wisperte er mir diebisch schmunzelnd zu, sein Gesicht sich dem Meinigen auf einen knappen Zentimeter nähernd, sodass ich beinahe hinter seinen blonden Pony sehen konnte. Kurz, für einen nicht greifbaren Augenblick, blitzten seine Augen hinter seinen Haarsträhnen auf. Ihre Farbe unkenntlich, doch ein jedes von ihnen einen andere Färbung besitzend. Zeitgleich wurde sein kristallenes Flüstern einige Intervallen tiefer. „Wenn du mich weiterhin so anblickst... weckst du meinen Killerinstinkt...“   Im gleichen Moment, als mein Herz seine Schläge verweigerte, hallte ein lautes Brüllen über den Klinikflur.   „Killer!“   ...Was meine innere Zerstreutheit zu blankem Horror werden ließ.     ...Sein Name ist `Killer´?!...           ###           `Killer-Instinkt´... welch amüsierendes Wortspiel..., rühmte ich mich gedanklich selbst, mein verstecktes Schmunzeln einen dünkelhaften Ausdruck annehmend, indessen ich interessiert beobachtete, wie sich die Pupillen in den giftgrünen Augen des jungen Mannes vor mir weiteten. Seine Mimik war überaus ausdrucksvoll. Jeden seiner Gedanken konnte ich ablesen, wie aus einem offenen Buch. Und es amüsierte mich gänzlich...   „Killer!“   Dies war mein Stichwort. Doch bevor ich dem Rufen meines besten Freundes folgte, schnellte meine rechte Hand blitzschnell zu der Hosentasche des weißen Overalls meines Gegenübers. Mit einer flinken Fingerbewegung sein Handy unbemerkt an mich nehmend, ehe ich meine Hände in die Taschen meiner gefransten, hellblauen Jeans vergrub, dort das Mobiltelefon verschwinden lassend. Ohne ein weiteres Wort schlenderte ich lässig an ihm vorbei, den Gang des Krankenhauses ansteuernd, von dem Kids Brüllen erklang.   Ich bin ein wahrlich schlimmer Langfinger..., dachte ich mir diebisch schmunzelnd, an meine Jugend zurückdenkend, als Kid und ich zusammen durch die Straßen zogen und ich mir mein räuberisches Geschick aneignete. Mein bester Freund war die Ablenkung; laut, aufbrausend, schlagfertig. Ich der Dieb, welcher unsere Gegner unbeachtet um ihre Wertsachen erleichterte. Wir waren eine unschlagbare Ganoven-Kombination.   Auf dem Flur traf ich Kid, der eher einer bandagierten Mumie glich. Sein Oberkörper, einschließlich seiner Arme und Hände waren von weißen Verbänden umwickelt. Über ihnen trug er locker seinen Nieten-verzierten Fellmantel. Von seinen Verletzungen, die er sich in der unfairen Schlägerei mit Scratchmen Apoo und seiner Gefolgschaft zugezogen hatte, war nichts mehr zu sehen. Kid war als deutlicher Sieger hervorgegangen. Danach stand er vor meiner Wohnungstür. Und ich musste ihn zwingen, ein Krankenhaus aufzusuchen. Er hasste Krankenhäuser.   Dabei begann unser Trinkabend wahrlich harmlos. Kid, Heat, Wire und meine Wenigkeit trafen uns im Park, um dort ungestört unseren letzten Werkstattauftrag zu feiern, der unserem wachsenden Betrieb zum ersten Mal eine Menge Geld eingebracht hatte. Heat und Wire waren die Ersten, die sich von uns verabschiedeten, folgend von meinem besten Freund, der noch eine Zeit lang allein um die Häuser und Bars ziehen wollte. Somit blieb ich zurück – Dies war die perfekte Gelegenheit, um meine neue Sichelklinge zu testen und mit ihr zu trainieren. Sie war meine Trophäe, die ich mir von dem Extra-Lohn geleistet hatte.   Doch wurde ich bei meinem Training gestört. Von einem Typen, der eine Kappe mit der Aufschrift `Penguin´ trug. Ihr weißer Hintergrund war das Einzige, was ich in der dunklen Umgebung deutlich erkennen konnte. Meine Konzentration gänzlich unterbrochen, steuerte ich unmittelbar den Weg zu meiner Wohnung an. Wo ich meinen verletzten, besten Freund vorfand.   „Ich hab Scheiße gebaut“, waren Kids Worte, als er wankend vor meiner Tür stand, an die er mit seinem bunt gefärbten Unterarm lehnte. Meine entsetzten Augen blieben an seinem blutüberströmten Körper, an dem das Blut herunter, auf meine Fußmatte tropfte. „Ich hab's den Scheißkerlen gezeigt... Aber... Fuck, ich fühl mich echt beschissen, Kira.“   Er nannte mich bei meinem richtigen Namen, was er überaus selten tat. Es ließ mich sofort panisch werden.   Kids raues Lachen klang schwach. Ein Ton, den ich noch nie zuvor von ihm gehört hatte. `Schwach´ war das letzte Wort, das ich mit ihm in Verbindung bringen würde. Das verblassende Gold seiner Augen rief ein Gefühl von Todesangst in mir aus.   Ich wusste, dass ich Kid verlieren konnte... hier und jetzt. Für immer.   Vollkommen gegensätzlich zu meiner ruhigen Natur wurde ich laut. Meine klare Stimme nahm einen mir fremden Klang von intensivster Intensität an, keine meiner Emotionen zurückhalten.   „Fuck! Du wirst sofort in ein fucking Krankenhaus gehen, Kid!“, schrie ich ihm zu, vor Emotionalität am ganzen Körper zitternd. Erstmals meine Stimme gegen ihn erhebend, ihm befehligen. Mein Puls raste, als meine Gefühle unkontrollierbar wurden. „Ich werde dich dorthin bringen, ob du willst, oder nicht.“   Erst, als ich in der Klinik die Nachricht über Kids Wohlergehen erhielt, ließ die unbändige Emotion der Sorge von mir ab. Zu behaupten, ich wäre erleichtert gewesen, war vollends untertrieben. Hätte mich der Kappenträger nicht bei meinem nächtlichen Training unterbrochen, hätte ich Kid erst viel später gefunden... Wahrscheinlich leblos vor meiner Wohnungstür liegend. Allein der Gedanke wühlte mich abermals innerlich auf.   Ich schulde dem Kappenträger meinen Dank... Nur... weiß ich nicht, ob ich ihn je wiedersehe-   „Hey, Killer, red ich hier mit 'ner Wand, oder was?!“, stieß mich Kid schnaufend mit seinem bandagierten Ellenbogen in meine Seite, woraufhin ich meinen Kopf beim Laufen zu ihm drehte. Momentan liefen wir über den langen Klinikflur zum Eingangsbereich, indessen ich Kid stützte und er pausenlos redete, nur ein einziges Thema kennend: `Trafalgar Law´ Oder mit seinen Worten; `Der verboten gutaussehende Chirurg mit dem fucking sexy Pracht-Arsch´   Wer kann es mir verdenken, dass ich dabei gedanklich abschweife...?   Leise seufzend schüttelte ich meinen Kopf, ein Schmunzeln auf meinen verdeckten Lippen tragend.   „Du bist betrunken, Kid“, entgegnete ich ihm amüsiert, dabei das geraubte Handy aus meiner Hosentasche holend, bevor ich durch die gespeicherten Kontakte scrollte. Mein eigenes Handy in meiner anderen Hand haltend, speicherte ich die Nummer des Unbekannten unter dem Namen `Wanted´ ein. Anschließend legte ich das geliehene Telefon auf den Empfangstresen, an dem wir vorbeigingen.   Kids raues Lachen begleitete seine Antwort auf meine Aussage.   „Hell yeah, ich bin fucking besoffen!“, lachte er und fuhr sich mit seiner Hand durch seine rote Mähne, sein hämisches Grinsen dabei in einen gänzlich obszönen Ausdruck übergehend. „Und verfickt rattig dazu!“   Dies ist eine Information, die ich nicht unbedingt gebraucht hätte...   „Jetzt hab dich nicht so, Killer! Und hör auf, mit deinen Augen zu rollen“, wusste Kid meinen versteckten Gesichtsausdruck zu deuten und klopfte mir dreckig lachend auf meine rechte Schulter. „Du siehst echt untervögelt aus. Wird mal wieder Zeit, dass du jemanden flachlegst.“   Seine unnötige Bemerkung ignorierend, stützte ich ihn weiterhin mit seinem Arm um meiner Schulter und zog es dann vor, den restlichen Heimweg über zu schweigen. Zu meinem Bedauern, war dieser ziemlich lang, und das Thema `Chirurg´ für Kid noch lange nicht beendet. Wenn er sich einmal etwas in seinen Sturkopf gesetzt hatte, war er nicht mehr davon abzubringen.   Warum habe ich nie Ohrenstöpsel dabei, wenn ich sie benötige...?   Nun... zumindest ist Kid wieder der Alte...     --     Als ich meine Wohnungstür hinter mir schloss, atmete ich erleichtert aus. Noch ein Wort über Kids neue Obsession und ich hätte mir freiwillig die Klinge gegeben. Und so, wie ich meinen besten Freund kannte, hatte seine Jagd gerade erst begonnen.   Endlich Ruhe... endlich allein..., genoss ich das Gefühl der Einsamkeit in meinem eigenen Reich und betätigte blind den Lichtschalter zu meiner Linken, damit die Räumlichkeit erhellend. Meine Wohnung umfasste lediglich ein Zimmer, ein Bad und eine Küche, von der Tür aus direkt in letzteren Raum gelangend. Doch blieb ich abrupt stehen, als meine Pony-verdeckten Augen auf den gegenüberliegenden Kühlschrank fielen. Er war weit geöffnet. In ihm der Kopf eines unangemeldeten Besuchers steckend.   „Jo, Killer!“, schaute Heats Rastalocken-Kopf hinter der Kühlschranktür hervor, in seinem kauenden Mund eine lange Nudel hängend, die er schlurfend in den Untiefen seines Schlundes verschwinden ließ. Mein gestriges Pasta wäre damit wohl Geschichte. Genauso, wie die kurzweilige Ruhe.   Wie ist er hier rein gekommen-?   „Deine Tür stand offen, also hab ich's deine Einladung angenommen“, beantwortete er mir meine unausgesprochene Frage, dabei leicht lispelnd, und nahm sich den letzten Teller mit Pasta, ehe er die Kühlschranktür mit seinem Fuß zuschmiss. „Einer muss ja auf deine Wohnung aufpassen, wenn du nicht da bist.“   ...Und meinen Kühlschrank ausbeuten..., fügte ich gedanklich hinzu und schüttelte seufzend meinen Kopf, dabei meine Hand an meine Pony-bedeckte Stirn haltend. Als ich Kid zum Krankenhaus brachte, hatte ich an nichts anderes gedacht, meine Wohnungstür dabei völlig vergessend – Ein fahrlässiger Fehler, der sich nicht wiederholen würde.   Seufzend fragte ich Heat; „Und Wire hat dich um fünf Uhr morgens aus eurer Wohnung geworfen... weil?“   „Ich zu laut geschnarcht hab und er irgend so 'nen Seifenoper-Porno gucken wollte... `Fifty Shades of... Gay?´ ...oder sowas in der Art“, nuschelte Heat schmatzend und ließ sich auf meine hellviolette Eckcouch im Schlafzimmer fallen, während ich mich auf mein Bett setzte, über dem meine Sichelklinge hing. Daraufhin nahm seine Bass-tiefe Stimme einen gar flehenden Ton an, den seine huskyblauen Augen gleichermaßen widerspiegelten. „Du schmeißt mich doch nicht raus, Kumpel? Kann ich bei dir pennen?“   „Gewiss...“, antwortete ich ihm, meine versteckten Lippen ein dunkles Schmunzeln formend, das ihn schwer schlucken ließ. „Jedoch schuldest du mir dafür einen Gefallen.... den ich zu jeglicher Zeit einfordern kann.“   Kurz wägte Heat seine Optionen ab, dabei schnaubend seine Arme vor seiner Brust verschränkend und mit verzogen nachdenklichem Gesicht hin und her schwankend, ehe er unzufrieden brummte.   „Geht klar“, murmelte er, sein Nuscheln in ein beinahe unkenntliches Murren übergehend, während er sich eine seiner blauen Rastalocken aus seinem Gesicht pustete. „Scheiß Sadist.“   Das bin ich..., schmunzelte ich zu mir selbst und legte mich auf mein Bett, dabei mein rechtes Bein anwinkelnd und einen Arm hinter meinem Kopf verschränkend. Ich hätte ihn ohnehin hier schlafen lassen... doch wo wäre da mein Vergnügen geblieben?   Auch Heat machte es sich auf meiner Couch gemütlich, sich laut gähnend ausstreckend, sodass ein hörbares Knacken seiner Glieder durch das stille Schlafzimmer tönte. Dann klammerte er seine Arme um das schwarze Sofakissen, auf das er seinen Rasta-Kopf legte, seine müde Stimme mit geschlossenen Augen an mich richtend.   „Wie geht’s dem Boss?“, fragte Heat mich dösig, bereits halb schlafend, woraufhin ihn meine unverzügliche Antwort abrupt seine Augen wieder aufreißen ließ; „Kid ist unheilbar krank.“   Der perplexe Blick, den Heat mir zuwarf, war es mir wert gewesen. Doch war ich kein Unmensch, weswegen ich noch beifügte; „Ihn hat der Virus namens `obsessiver Vernarrtheit´ erwischt. Er ist wieder auf Jagd gegangen.“   Erleichtert atmete Heat aus; „Und warum freust'e dich dann nicht für ihn?“   Nun... ebendies frage ich mich selbst seit geraumer Zeit...   „Liegt's daran, dass du-?“ „Nein.“   Nein... Diese Begründung lehne ich vehement ab..., nahmen meine Gesichtszüge einen gekränkten Ausdruck an, der hinter meinem blonden Pony und meinem violetten Halstuch verborgen blieb. Es ist so lange her... seitdem...   Daraufhin schwieg ich, Heat damit deutlich mitteilend, dass ich keinerlei Interesse an einem weiteren Gespräch hatte, was er respektierte. Selbst nachdem sein Schnarchen erklang, blieb ich noch lange wach, nachdenkend. Sowie meine Mimik verbittert verzogen und meine Augen ausdrucksleer blieben.     --     Den Tag gab Kid uns frei. Unsere Werkstatt war geschlossen, dennoch ging ich zu ihr, um mich mit Arbeit zu beschäftigen. Einen aktiven Auftrag besaßen wir derzeit nicht, kein Auto stand dort, dafür hatten sich genügend Dokumente von Kundenanfragen angesammelt, welche ich abarbeitete. Momentan saß ich an dem Schreibtisch im Hinterzimmer der Garage, ein Telefonhörer in meiner einen Hand haltend, ein schriftlicher Antrag in meiner anderen. Zwei Verhandlungen verliefen erfolgreich. Ich konnte eine hohe Summe für uns herausschlagen und die beiden Verträge abschließen. Der dritte Kunde allerdings, war einer der unerfreulichen Sorte.   Seine Stimme strotzte vor Arroganz, sein Charakter war maßlos narzisstisch. Auf keine meiner Kompromisse ließ er sich ein. Er wusste alles besser und hatte von allem die meiste Ahnung. Warum repariert er sein Auto dann nicht selbst?   Über fünfzehn Minuten diskutierte ich nun bereits mit dem Kerl, ohne Erfolg. Ich war ein überaus geduldiger Mensch, die Ruhe in Person. Selbst wenn mein bester Freund explodierte, blieb ich beherrscht. Ich war Kids Ruhepol. Außer dem gestrigen Vorfall, war ich gar nie vernunftwidrig geworden. Doch es gab Momente, in denen ich mir wünschte, meinen Emotionen Ausdruck verleihen zu können. Dies konnte ich nicht. Wodurch ich auf andere distanziert und emotionslos wirkte.   Auch jetzt blieb meine Stimme gänzlich gefasst, doch verfestigte sich mein Griff um den Telefonhörer merklich.   „Hören Sie-“, begann ich langsam sprechend, wurde jedoch zum fünften Mal infolge von meinem Gesprächspartner unterbrochen, der sich mittlerweile in Rage geredet hatte.   „Weißt du eigentlich, wer ich bin?!“, brüllte er ins Telefon, weswegen ich es von meinem Ohr weghielt. „Ich bin Leutnant Full Body! Einer der angesehensten Männer des Militärs!“   Und wenn du der Kaiser persönlich wärst, würde es mich nicht weniger interessieren..., rollte ich mit meinen Augen, dabei fuhr ich mir mit meiner Hand stumm seufzend durch meinen langen Pony, den ich mir im gleichen Moment hinter mein Ohr strich. Weil ich nicht reagierte, wie er es sich erhoffte – mit falscher Bewunderung und Unterwürfigkeit – wurde seine laute Stimme verächtlich und prahlerisch.   „Ich besitze mehr Geld, als ihr wertlose Unterschicht-Menschen euch je erträumen könnt. Der Ring an meinem Finger ist mehr wert, als eure armselige Schrotthalle.“   Einmal tief durchatmend schloss ich meine Augen. Ein einziger Satz über meine Lippen kommend, ihn leise, ruhig und deutlich sprechend; „Wiederhole dies.“   „Bist du taub?! Ich kann euren heruntergekommenen Laden mit einem Fingerschnippen schließen lassen. Dann wärt ihr erledigt. Ich bin mächtig, ihr seid nichts gegen mich!“, wurde seine arrogante Stimme von einem ebenso hässlichen Grinsen begleitet. „Aber habe ich Mitleid mit dem finanzschwachen Volk... Bettel um Vergebung und ich werde eure Baracke vielleicht verschonen.“   `Baracke´...?   Ebendieses Wort legte einen Schalter in meinem Inneren um. Stille. Stille, in welcher meine Mundwinkel langsam, wie in Zeitlupe nach oben glitten. Ein dämonisches Schmunzeln formend, das meine Augen und meine Stimme gleichermaßen mit Düsternis füllten. Die ruhige Monotonie in meinen Worten war tückisch und überaus gefährlich.   „Welchen Nutzen besitzt dein Geld... wenn du es nicht mehr ausgeben kannst?“, begann ich, meine charakterfeste Stimme niemals schwankend, die beherrschte Kälte sie prägend. Meine versteckte Botschaft war deutlich. „`Full Body´ war der Name...? Und der Wohnort ist...“, las ich die Daten langsam von dem Antragsformular ab, mein dunkler Stimmklang geschärft von unerschütterlicher Gefährlichkeit. „Es wäre doch überaus tragisch... wenn du deine Finger durch einen Unglücksfall verlieren würdest, die dein schmutziges Geld halten... nicht?“   „I-Ist das eine Drohung?!“   „Gewiss nicht... Es ist eine Möglichkeit von vielen. Empfinde es als ein Versprechen. Halte dich von uns fern, sonst werde ich es wahr machen. Zudem rate ich dir; Sehe dich ab nun zweimal um, bevor du dein Haus verlässt.“   Damit trennte ich die Verbindung, das Schlottern seiner Stimme war das Letzte, was ich von ihm hören sollte. Den Telefonhörer mit einem geräuschvollen Klicken zurück in seine Halterung legend, zerriss ich anschließend den Antrag des Typen, bevor das geteilte Schriftstück im Papierkorb landete. Für heute hatte ich genug von Kundenverhandlungen. Jede weitere wäre in meinem mental unausgeglichenen Zustand sinnlos.   Ich benötigte frische Luft, um wieder zu klarem Verstand zu kommen. Unterbewusst hörte ich das stetige Trommeln von Tropfen auf dem Werkstattdach über mir. Es hatte angefangen zu regnen. Für mich das perfekte Wetter, welches mir gedankliche Beruhigung verschaffen konnte. Einen blau-weiß gestreiften Regenschirm aus der Vorratskammer nehmend, verließ ich die Werkstatt, sie hinter mir abschließend.   Draußen spannte ich den großen Schirm auf, meine spitzen Absatzschuhe auf den nassen Bordstein tretend, bevor ich den Weg zum Nudel-Imbiss einige Straßen weiter antrat. Der nachmittägliche Himmel war wolkenverhangen und grau, die Straßen überfüllt von gehetzten Figuren, die nach Arbeitsende schnellstens Nachhause wollten. Unter ihnen war ich, der geruhsam an ihnen vorbei schritt. Bei meinen ruhigen Schritten wehten meine langen, blonden Haare leicht hinter mir her. Meine Augen und Ohren waren überall. Stumm lauschte ich dem Leben und der Natur, dadurch inneren Frieden findend. Doch wurde er alsbald gestört, getrübt von dem negativen Schleier farbloser Gesichter.   „Ja, ja- ...Tut mir leid, Liebling. Ich weiß, was ich dir versprochen habe... Aber heute ist in der Firma die Hölle los. Ich werde nicht vor heute Nacht zurück sein“, hörte ich den Geschäftsmann neben mir telefonieren. Seinen Arm um die Schultern einer deutlich jüngeren Frau geschlungen.   Hinter mir liefen zwei flüsternde Damen, sich ihre Hände vor ihre lasterhaften Münder haltend, während sie sich angeregt über ihre Mitmenschen ausließen. „Hast du gesehen, wie die sich anzieht? Ihr Minirock verdeckt nichts. Sie sieht so billig aus... wie eine Nutte. Das Knochengerippe ist selbst Schuld, wenn sie dem Falschen über den Weg läuft...“ „Siehst du die Dicke da hinten? Wie kann die sich bloß in die Öffentlichkeit trauen... Pfui, Teufel! Was für eine Beleidigung für meine Augen.“ „Und die alte Schabracke da vorne. Kann die nicht schneller machen? Das Klappergestell stirbt doch beim Laufen... wegen der kommen wir noch zu spät zu unserer Maniküre!“ „Mach dir nichts draus, Babe. Wir sind so oder so wunderschön.“   Was ich sehe, ohne euch anschauen zu müssen, ist eure Hässlichkeit... Den Neid und die Missgunst, die euch charakterlos machen...   Ihr ergötzt euch über die Fehler anderer, um euch besser zu fühlen... Es ist widerwärtig und abstoßend...   Dies waren mitnichten die einzigen Begegnungen, welche ich auf meinem Weg hatte. Immer und immer wieder sah ich die Schattenseite der Gesellschaft, die mir abermals vor Augen geführt wurde. Ich wusste, warum ich den menschlichen Kontakt mied und mich selbst isolierte.   Menschen sind falsch... Sie lügen und betrügen, sind selbstsüchtig und heuchlerisch...   Ich blicke hinter sie alle, sehe ihre Täuschung und ihren verfälschten Charakter... Es macht mich krank...   Wer definiert das Wort `Menschlichkeit´...? Wenn Mensch-Sein bedeutet, so, wie diese Scheinheiligen zu sein... Will ich weder menschlich, noch emotionsgesteuert werden...   Als ich den Imbissstand erreichte, regnete es weiterhin, doch konnte selbst dies meine innere Unausgeglichenheit nicht besänftigen. Zumindest war ich derzeit der einzige Gast hier, was mich minder entspannte. `Okta´, wie der Imbissbesitzer mit gebleichter Stachelfrisur hieß, erkannte mich sofort und bereitete unverzüglich meine übliche Bestellung zu, die er längst auswendig kannte. Wenige Augenblicke später hielt ich eine Nudelbox in meiner Hand, sie dankend und schweigend bezahlend.   Eigentlich habe ich keinerlei Appetit mehr..., dachte ich mir seufzend und verabschiedete mich lässig winkend von dem Besitzer, bevor ich meinen abgestellten Schirm wieder an mich nahm. Das leise Trommeln der Regentropfen auf dem wasserfesten Stoff begleitete meine lautlosen Schritte, indessen ich mich erneut in Richtung Stadt begab. Meine Ohren zwang ich dazu wegzuhören, meine Gedanken sich auf etwas Belangloses zu fokussieren, mein Blick war stur geradeaus gerichtet.   Warum sind aufrichtige Menschen so schwer zu finden? Über die Jahre habe ich lediglich einige wenige von ihnen getroffen...   Kid, Heat und Wire...   Mein bester Freund ist immer ehrlich und direkt... Eine der Eigenschaften, die ich an ihm schätze...   Denke ich zu viel nach...? Vielleicht... Doch kenne ich mich nicht anders...   Denken, statt fühlen, dies ist mein Charakter...   Ich kann nicht aufhören zu sinnieren... Nicht aufhören Menschen zu analysieren...   Nur vor mir selbst fürchte ich mich...   Vor dem Dämon, der in mir lauert... Vor meinem vernarbten Charakter...   Und den Narben, mit denen ein Mediziner mein Gesicht einst absichtlich verunstaltet hat-   Plötzlich stieß ich mit jemandem zusammen. Mich gleichzeitig aus meinen Gedanken reißend. Abrupt ließ ich den Griff meines Regenschirms los, sodass er zwischen mir und der Person auf dem nassen Bordsteinpflaster aufkam und dort liegen blieb. Als ich mich nach unten beugte, um ihn wieder aufzuheben, griffen wir beinahe zeitgleich nach ihm, meine Hand die Seine am hölzernen Schirmgriff treffend.   „'Tschuldige!“, zog mein Gegenüber seinen Arm ruckartig zurück, weswegen ich nun zu ihm aufsah. Vor mir stand der Kappenträger von letzter Nacht. Seine unverkennbare Kappe hatte er tief über seine Augen gezogen. Seine dunkle Lederjacke, mitsamt all seiner Kleidung war zudem vollends durchnässt. Er war wohl ohne Schirm durch den strömenden Regen gesprintet, seine Umgebung dabei unbeachtet lassend.   „Nicht der Rede wert“, nahm ich seine Entschuldigung an. Unbewusst hielt den großen Regenschirm nun über uns beide. Eine unangenehme Stille folgte meinen Worten, keiner von uns zum Weitergehen ansetzend. Einzelne Regentropfen rannen den gelben Schirm seiner gesenkten Kappe hinab, geräuschlos zwischen uns fallend, während er mit seinem Daumen und Zeigefinger den Rand seiner Kopfbedeckung verkrampft festhielt. Sie damit so tief, wie nur möglich über sein Gesicht ziehend. Unwillkürlich schweiften meine verdeckten Augen über ihre Aufschrift.   „`Penguin´“, sprach ich gedankenlos die Buchstaben in einem Flüsterton aus, was ihn merkbar zusammenzucken ließ. Diese Reaktion verwunderte mich, doch ließ ich sie kommentarlos. Stattdessen hielt ich ihm nun die unberührte Imbissbox entgegen, dabei ein leichtes Schmunzeln auf meinen Lippen tragend, während er irritiert seinen Kopf hob. „Nimm sie. Sie ist ein Zeichen meines Dankes.“   Dafür, dass du Kid vor Schlimmerem bewahrt hast...   Nur zögerlich nahm er sie, den Sinn meiner Dankesschuld nicht verstehend, was er auch nicht brauchte. Es blieb mein Geheimnis. Selbst mein bester Freund wusste nichts davon. Der Kappenträger murmelte ein leises: `Danke, aber eigentlich bin ich kein Fan von Nudelgerichten...´, ehe er zum Gehen ansetzten wollte. Doch hielt ich ihn mit meiner einschneidenden Stimme davon ab.   „Warte“, fällte ich meine Entscheidung, die ich ihm im gleichen Atemzug mitteilte. „Ich werde dich begleiten.“   „W-Warum?“, schwankte seine leise Frage zwischen Unglaube und Fassungslosigkeit. Was mein unkenntliches Schmunzeln nur breiter werden ließ. „Weil... der Regen sonst die Imbissbox durchweicht.“   `Weil ich es möchte´... Einen anderen Grund brauche ich nicht...   Es ist eine willkommene Ablenkung für meinen unruhigen Geist...   Ein grollendes Donnern erklang aus der Entfernung, das nahende Unwetter ankündigend, während ich meine linke Hand in meine gefranste Hosentasche schob – mit der Rechten den Schirm haltend – und mich dann in Bewegung setzte. Ohne Widerwort lief er schweigend neben mir. Das rhythmische Klopfen der Regentropfen über uns unsere Schritte auf nassem Asphalt begleitend. Die Melodie der Natur ließ eine angenehmere Ruhe zwischen uns entstehen. Einzig durch das Niesen des Kappenträgers wurde sie gestört. Zeitgleich schoss mir ein frevelhafter Gedanke durch den Sinn, den ich in Begleitung eines diebischen Schmunzelns aussprach.   „Zu mir oder zu dir?“, fragte ich ihn in einem unmissverständlichen Ton, bei dem meine Stimme einen hörbar tieferen Klang annahm. Meine Augen blieben nach Vorne gerichtet, doch sah ich aus dem Augenwinkel den vollends fassungslosen Blick, den er mir aus dem Schatten seiner Kappe zuwarf. Worte aus seinem geöffneten Mund zu formen schien ihm unmöglich, sodass ich weitersprach, meine hinter Halstuch versteckten Mundwinkel dabei weiter nach oben gehend. „Je nachdem, welche Wohnung näher ist... müsstest du dir trockene Kleidung anziehen, wenn du eine Erkältung vermeiden willst.“   Ein beleidigtes Knurren, mitsamt einem genuschelten; „Als ob ich das nicht selbst wüsste“, war seine Antwort, während er seine Arme vor seiner dunklen Lederjacke verschränkte. Seine übervorsichtige Abwehrhaltung mir gegenüber schien minder zu zerbrechen, als er mir eine Information über sich anvertraute.   „Ich wohne am anderen Ende der Stadt... Aber es macht mir nichts aus, bis dahin allein zu lauf-“   „Also zu mir“, nahm ich ihm die Entscheidung ab, mich kurz über mich selbst wundernd, weil ich ihn ohne Zweitgedanken einlud. Schulterzuckend schlug ich den gewohnten Weg zu meiner Wohnung ein, zu der er mir nach kurzem Zögern folgte. Beim Laufen aß der Kappenträger stumm die Nudelbox, währenddessen jeder von uns in seinen eigenen Gedanken versank.   Das schlimmstmögliche Szenario wäre eine Begegnung mit Kid... Sein zweideutiges Grinsen, wenn er mich mit jemand Unbekanntem vor meiner Wohnungstür sieht, kann ich mir bildlich vorstellen... Zusammen mit einem Spruch, den er mir um nichts in der Welt vorenthalten würde...   Dabei handele ich nur aus dem Gefühl- Okay, seit wann lasse ich mich von meinen Emotionen leiten? Emotionen, die ich nicht einmal zu besitzen geglaubt habe...   Kira, irgendetwas stimmt ganz und gar nicht mit dir...   Glücklicherweise trafen wir Kid nicht, sodass wir nun allein vor meiner Tür standen, die ich aufschloss. Doch verkrampfte sich die Körperhaltung des Kappenträgers mit jedem verstrichenen Moment. Er blieb in äußerster Alarmbereitschaft und folgte mir nur zögerlich in meine Wohnung.   Rechtzeitig fanden wir Schutz vor dem stürmischen Unwetter. Der Himmel hatte sich merkbar verfinstert, zeitgleich wurde das Gewitter deutlich lauter, selbst vom Inneren war es unüberhörbar. Wie angewurzelt stand der Kappenträger in meiner Küche, sich sichtlich unwohl fühlend. Was ich mitunter an dem Herunterziehen seines Kappenschirms erkannte – Ein Zeichen von Nervosität und Unruhe, wie ich feststellte. Nachdem ich den Regenschirm weggelegt hatte, ging ich zielbewusst in Richtung meines Zimmers.   „Warte hier“, sagte ich in ruhigem Ton zu ihm und ließ die Schlafzimmertür einen Spalt offen, bevor ich in meinem Schrank nach einem Hemd und einem Handtuch für ihn suchte. Ich nahm ein hellblaues Shirt, mit einem Totenkopf und zwei überkreuzten Sicheln, sowie ein schlichtes Handtuch. Beides warf ich ihm locker entgegen, sodass er es mühelos auffing.   Das Rascheln von Kleidung folgte. Als er sich umzog und abtrocknete, ging ich zu meinem Kühlschrank und nahm mir eine gekühlte Getränkedose. Absichtlich länger in den beinahe leeren Fächern suchend, um ihm mehr Zeit zu lassen und ihm mehrere Blicke hinter blonden Haaren zuzuwerfen. Seine Kappe behielt er stets auf, obwohl sie eines seiner nassesten Kleidungsstücke sein musste. Auf seiner linken Schulter konnte ich eine lange Schnittnarbe erkennen. Sein Körper war durchtrainiert, sichtliche Muskeln sich an seinem Oberkörper abzeichnend. Mitsamt einer langen Tribal-Tätowierung, die von seiner rechten Brust, an seiner Seite herunter, bis zu seinen dunkelblauen Boxershorts verlief. An den geschwungenen Spitzen des Tribals waren einzelne Revolver-Patronen in seine Haut eingraviert. Kurz darauf wurde seine Körperzeichnung von meinem hellblauen Hemd überdeckt, das ihm viel zu groß war und ihm bis über seine Hüfte reichte, seine Oberschenkel bedeckend.   Geräuschvoll öffnete ich die Dose, ehe ich einen Strohhalm in sie steckte und ihn zu meinen schmunzelnden Lippen führte, die hinter meinem violetten Tuch versteckt blieben.   „Es steht dir“, sprach ich meinen Gedanken laut aus, seine Erscheinung nun offensichtlich musternd, indessen ich mich lässig gegen die Küchenzeile lehnte. Er zupfte mehrmals an dem Ende des hellblauen Hemds; „Tut es nicht“, murrte er unzufrieden, mir einen giftigen Blick hinter seinem Kappenschirm zuwerfend. Doch verstummten wir beide mit meinem nächsten Kommentar, das mir ohne nachzudenken über meine Lippen kam.   „Von mir aus kannst du auch gänzlich nackt herumlaufen.“   Das... habe ich nicht wirklich laut ausgesprochen, oder? Fucking... Warum muss ich gerade jetzt scharf werden...?   Bin ich tatsächlich... untervögelt?   Ein Schlürf-Geräusch folgte meinen gedankenlosen Worten, sie damit offensichtlich überspielend, sowie ich die unangenehme Atmosphäre abzuschwächen versuchte, die ich erschaffen hatte. Meine versteckten Augen waren auf die Dose in meiner Hand gerichtet, was er jedoch nicht erkennen konnte, während der Seinige auf seinen Händen blieb, mit denen er weiterhin unruhig an dem hellblauen Stoff herum zupfte.   Das lockere Hemd war von seiner rechten Schulter gerutscht, damit mehr Haut zeigend, als es sollte. Schwer schluckte ich das sprudelnde Getränk herunter, als ich an etwas äußerst Verwerfliches dachte. Um mich von meinen unmoralischen Gedanken abzulenken, holte ich mein Handy aus meiner Hosentasche, indessen ein unregelmäßiges Donnern von Draußen die angespannte Ruhe untermalte. Dass der Kappenträger bei jedem Rumpeln kurz zusammenzuckte, merkte ich nicht.   Desinteressiert scrollte ich durch das Menü meines Handys, las alte Nachrichten meines besten Freundes und gelangte dann zu meinen Kontakten, die ich ebenso gelangweilt durchging. Bis ich auf den Namen `Wanted´ stieß und an die Begegnung mit dem jungen Mann im Krankenhaus zurückdachte. Bisher hatte ich ihn nicht wiedergesehen.   Kid war heute Morgen allein zur Klinik gegangen, um seiner neuen Beute einen Besuch abzustatten, über den sich der Chirurg mit Gewissheit sehr freute. Sein Angebot, ihn zu begleiten, hatte ich abgelehnt, doch hinterfragte ich nun meine Entscheidung.   Wäre ich mit ihm gegangen, hätte ich jedoch den Kappenträger nicht getroffen... Dies bereue ich keinesfalls... Aber vielleicht hätte ich so den richtigen Namen des jungen Manns erfahren können... Er hat mein Interesse geweckt...     `Wanted´   Mehrere Augenblicke blieb mein Blick auf den Buchstaben... Bevor mein Finger unbeabsichtigt auf die Anruf-Taste drückte.   Der ohrenbetäubende Blitz, der direkt in unserem Wohnhaus einschlug, trug die Schuld... Die Schuld, an dem starken Impuls meines Herzschlags, der durch meinen gesamten Körper fuhr.   ...BA-DUMM...   Plötzlich fiel das Licht aus. Die Dunkelheit uns umgebend.   Zeitgleich erklang ein Klingelton...   Mitsamt dem aufblinkenden Handy-Display, das der Kappenträger in seinen Händen hielt. Kapitel 2: Still Waters run deep... ----------------------------------- „Waaaas?! Du hast den Killer getroffen, Peng?!“ „Danke. Geht's vielleicht noch lauter?“ „DU HAST-“   Mit einem Zuckerwürfel, den ich Shachi in seinen geschockten Mund steckte, brachte ich ihn zum Schweigen. Eifrig zerkaute er die Süßigkeit, schluckte sie hörbar herunter und versuchte dann vergeblich in einer leiseren Lautstärke zu sprechen. Seine honigfarbenen Augen fingen dabei verdächtig an zu leuchten.   „Meinst du ich bekomme ein Autogramm-?“ „Nein!“   Warum habe ich Shachi noch gleich davon erzählt? Das ist eine echte Schnapsidee gewesen...   Vor zehn Minuten war ich noch im leeren Wartezimmer, wo der blonde Psychopath mich zurückließ. Selbst nachdem er und seine rothaarige Mumie unsere Klinik verlassen hatten, verharrte ich reglos dort. Wie versteinert im Raum stehend und ins Leere schauend.   `Mache ich dich... nervös?´, hörte ich Killers Worte immer und immer wieder in meinen Gedanken widerhallen. `Wenn du mich weiterhin so anblickst... weckst du meinen Killerinstinkt.´   Mein Leben zog gedanklich an mir vorbei. All die Jahre, die noch vor mir lagen, schrieb ich ab. Plötzlich tippte mich jemand an meiner Schulter an, sodass ich erschrocken zusammenzuckte. Mich in einer kampfbereiten Karate-Haltung umdrehend, schaute ich in Shachis fragendes Gesicht. Was mich seufzend meine Muskeln wieder entspannen ließ. Nun war ich ihm wohl oder Übel – eher Übel – eine Erklärung schuldig.   Shachi zog mich mit besorgtem Blick beiseite, zum Besprechungsraum, in dem wir uns gegenüber an den kleinen Tisch setzten. Abwartend faltete er seine Hände ineinander – wie Law es bei ernsten Besprechungen immer tat – und sah mich durch seine getönten Gläser aufmerksam an. Währenddessen ich mir seelenruhig eine halbe Tasse lauwarmen Kaffee aus Laws vergessenen Kanne goss.   Nach meinem ersten Schluck sprach ich schließlich: „Killer hat es auf mich abgesehen.“ Woraufhin mein bester Freund mich mit einem zusammengekniffenen Auge und einem `Hä?´-Blick anschaute, was mich deutlicher werden ließ. „Ich hab so einen blonden Kerl mit 'ner Todessense getroffen. Sein Name ist Killer.“   „Waaaas?!“   ...So verpasste mir Shachi meinen kurzweiligen Tinnitus. Das Beunruhigende dabei: Ich hatte ihm nichts von meiner Vermutung erzählt, dass es sich um den Killer aus den Nachrichten handelte. Doch auch er kam sofort zu diesem Schluss.   Mein bester Freund war schon immer ein Horror- und Thriller-Fanatiker gewesen. Er mochte die Schurken aus Comics lieber, als die Superhelden. Sein Idol war der Joker. Weswegen Shachi sofort Feuer und Flamme war, als ich von einem `Bösewicht´ sprach. Dass die Realität anders aussah, als die Fiktion blendete er dabei gekonnt aus.   „Ist Killer genauso ein super cooler Schurke?“, fragte er mich aufgeregt, dabei unruhig auf seinem Stuhl herum rutschend. Die freudige Neugier deutlich aus seiner höher werdenden Stimme hörbar. Beinahe überschlugen sich seine Worte beim Sprechen, weil seine Lippen sie nicht schnell genug bilden konnten. „Ist er auch so schlau? Sieht er ultraböse aus? Und- Und trägt er genauso viel Schminke?“   Seine letzte Frage brachte mich dazu, leise auflachend gegen den Tassenrand zu schmunzeln. „Na ja, sein rothaariger Komplize schon...“   Shachis Frohnatur nahm mir wie so oft die innere Unruhe, welche ich bis eben noch verspürte. Während er munter weiterredete – ohne Luftholen – formten meine Lippen ein ungetrübtes Grinsen. Genau so und nicht anders, liebte ich meinen Bruder.   „Oh nein, Peng! Mir fällt gerade ein, dass ich Bepo heute Morgen nicht gefüttert habe!“, wechselte er das Thema, wie seine stündliche Lieblingssüßigkeit, was mein Schmunzeln breiter werden ließ. Unser überfütterter Angora-Hamster war der Letzte, der dem Hungertod nah war. Bald konnte er durch seinen Käfig rollen. Das Besondere an ihm: Sein fiepsiges Niesen klang oftmals wie ein `Entschuldigung´.   „Bepo wird verhungern, wenn ich nicht-!“   „Shachi... Bepo schläft in seinem Futterbunker. Er braucht zum Fressen nicht mal aufstehen-“, wurde ich von der lautstark aufgestoßenen Tür neben uns unterbrochen, die mich sofort verstummen ließ.   Shachi und ich schreckten zeitgleich zusammen. Wir spürten ihn, ohne hinzusehen. Seinen Blick. Unsere Köpfe drehten sich synchron, wie in Zeitlupe zu dem silbernen Augenpaar. Es fixierte uns Skalpell-scharf. Mit einem `Ich sehe Nichtstuer´-Blick.   Law blieb völlig stumm. Doch verfinsterten sich seine Augen gefährlich. Von ihnen war sein Befehl ablesbar: `Geht zurück an die Arbeit!´   Woraufhin Shachi und ich binnen einer Sekunde aufsprangen. Ehe wir links und rechts an Law vorbei aus der Tür rannten, zurück zu unseren Arbeitsplätzen sprintend. Laws stechender Blick folgte uns, sich in unsere Rücken bohrend, sodass wir seine Warnung deutlich verstanden. Seitdem Law Bekanntschaft mit dem rothaarigen Fürst der Finsternis machen durfte, war er noch mieser gelaunt, als sonst. Aber würde ich den Teufel tun und ihm das ins Gesicht sagen. Ich bin doch nicht lebensmüde...   Schließlich hänge ich an meinem kurzen Leben... Das Wenige, was mir noch bleibt, bis der blonde Psychopath mich dran kriegt...     Acht Arbeitsstunden, inklusive drei Überstunden später befanden Shachi und ich uns im Umkleideraum. Wo wir unsere weißen Overalls auszogen, bevor wir unbekleidet nebeneinander in der Gemeinschaftsdusche standen. Wir waren miteinander aufgewachsen, saßen als Kinder zusammen in einer Badewanne. Von uns brauchte keiner Angst davor zu haben, die Seife fallen zu lassen. Wovor ich mich wirklich fürchten musste, war Shachis schiefer Walgesang unter der Dusche. Heute 'sang' er das Lied: `Yellow Submarine´ Dem Rauschen des Duschkopfs hörte ich echt lieber zu.   Nach unserer körperlichen Erfrischung rubbelte sich Shachi seine tropfenden, orangenen Haare, die nach dem Waschen noch widerspenstiger waren. Getrocknet sahen sie aus, als ob er in eine Steckdose gepackt hätte. Ich zog zeitgleich den Reißverschluss meiner dunklen Jeans nach oben, mir anschließend mein dunkelblaues Muskelshirt überziehend. Doch als ich meine Lederjacke anziehen wollte, brachte mich Shachis verdächtig leise Stimme dazu, über meine Schulter zu ihm zu schauen. Das Handtuch auf seinem Kopf tragend, blickten seine honigfarbenen Augen mich hinter dem Stoff an. Sein gedämmter Stimmton völlig fremd zu seinem sonst so frohen Gemüt klingend.   „Es tut mir leid“, flüsterte er, die Enden des Handtuchs mit beiden Händen umklammernd, sodass er das Tuch über seine Stirn zog und damit seine Augen verdeckte. Seinen kurzen Blick auf meine linke Schulter bemerkte ich sehr wohl. Was mich ebenso auf meine verblasste Schnittnarbe schauen ließ. Shachi gab sich selbst heute noch, viele Jahre danach die Schuld dafür.   Warum versteht er es nicht? Diese Narbe ist mein Schatz...   Sanft legte ich meine rechte Hand auf seinen gesenkten Kopf, meine Finger das feuchte Handtuch leicht berührend. Woraufhin Shachi im Schatten des Stoffes zu mir aufblickte. Meine Stimme einen mild brüderlichen Klang annehmend, verpasste ich ihm mit meiner lockeren Faust eine kraftlose Kopfnuss.   „Dummkopf“, schmunzelte ich ihn an, während er sich gespielt beleidigt seinen Kopf rieb. Meine dunkelgrünen Augen schweiften zu Shachis Schulter. Wo sich an der selben Seite wie der Meinen eine identische Narbe befand. Er hatte sie sich nach dem Unfall selbst mit dem Küchenmesser zugefügt. Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken.   „Dummkopf...“, wiederholte ich mit leiser werdender Stimme, mein Blick Verbundenheit widerspiegelnd. Ehe meine Augen unter dem gelben Schirm meiner aufgezogenen Kappe verschwanden. Was Shachi zum Lächeln brachte; „Ich hab dich auch gern, Peng.“   Muss er immer das aussprechen, was er denkt?, fragte ich mich seufzend, peinlich berührt von seinen direkten Worten. Kurz darauf bemerkte ich das stetige Prasseln von Draußen und nahm meinen gelben Regenschirm, den ich Shachi an seine bekleidete Brust drückte.   „Geh schon mal vor. Ich muss noch was erledigen“, erklärte ich ihm, während wir zusammen von der Umkleide zur Eingangstür der Klinik liefen. Noch bevor er protestieren konnte – weil ich ihm meinen einzigen Schirm überließ – fügte ich neckend hinzu: „Im Gegensatz zu dir, bestehe ich nicht zu neunzig Prozent aus Zucker.“   „Aber was, wenn es anfängt zu gewittern?“, fragte er mich besorgt, dabei den Regenschirm unter dem Vordach der Klinik aufspannend. „Du hast doch Angst vor Gew-“   „Sieh mal, ein Orca!“, rief ich ihm dazwischen, sodass er seinen Kopf sofort in die gezeigte Richtung drehte. Zeitgleich rannte ich los.   „Hey, Peng, da ist gar kein...“   Über meine Schulter winkend sprintete ich durch den Regen, Shachi meiner rennenden Figur beleidigt nachsehend. Doch war ich wenige Sekunden später längst außer Sichtweite.   Wer braucht schon einen Regenschirm, wenn er einen Schirm an seiner Kappe hat?, dachte ich mir und zog beim Rennen meinen gelben Kappenschirm tiefer über meine Stirn. So blieb mein Gesicht trocken und mein Sichtfeld uneingeschränkt. Meine Kopfbedeckung war in vielen Lebenslagen wirklich praktisch.   ...Wie auch in dem Augenblick, als ich plötzlich gegen jemanden stieß. Einen jemand, mit blonden Haaren und violettem Halstuch, den ich bis dahin erfolgreich aus meinen Gedanken verdrängt hatte: Killer. Mein Albtraum mit stahlharten Muskeln. Deren Robustheit man verdammt hart spürt, wenn man gegen sie knallt...   „Verfluchter Mist“, fluchte ich flüsternd, von dem Rauschen des Regens übertönt werdend. Zeitgleich war ich froh über meine tarnende Kappe, durch die er mein Gesicht nicht erkennen konnte. Gedanklich überschlug ich meine Möglichkeiten einer schnellen Flucht. Mein Blick dabei gesenkt bleibend, sodass ich den Blick des Psychopathen auf mir nicht bemerkte... Nicht bemerken wollte.   Ja, verdammt; Er macht mich nervös!   Als ich in Gedanken bei Fluchtplan Nummer Acht angekommen war, vernahm ich plötzlich seine tiefe Stimme, mit welcher er alle meine gedanklichen Entwürfe zerschlug. Ich vergaß sie allesamt sofort wieder.   „Penguin“, war es sein kristallen klarer Stimmklang, der als Einziges in meinem Kopf zurückblieb. Wie eine wohlklingende Melodie – das heimtückische Hypnotisieren einer Sirene – wirkte mein Name unter seinem melodischen Tonfall, der durch sein violettes Halstuch gedämmt wurde. Mit seiner Stimme ließ Killer selbst die Geräusche des Regens verblassen.   Meinen Kopf leicht anhebend, im Schatten meines Kappenschirms zu ihm aufschauend, reichte mein versteckter Blick gerade bis zu seiner Brust. Seine schwarz-weiß gepunktete Bluse trug er offen, ein einziger Knopf sie geschlossen haltend.   „Danke“, hörte ich nur dieses Wort aus seinen gesprochenen Silben heraus. Es klang aufrichtig. Doch konnte ich mir dessen Bedeutung nicht erklären. Warum bedankt er sich bei mir?   Weil... ich ihn nicht an die Polizei verraten habe-?   Ein entferntes Donnern ließ mich innerlich zusammenzucken. Gewitter löste stets Unbehagen in mir aus. Killers Stimme lenkte mich jedoch ab. Mich mit seiner Frage vor eine Wahl stellend, die ich nicht treffen wollte.   „Zu mir oder zu dir?“   Also überlässt er mir die Entscheidung, wo er mich killen wird? Wie freundlich von ihm...   Wie stehen meine Chancen, dass ich ihn in meiner Wohnung in eine Falle locken kann? Shachi müsste bereits dort sein... Er könnte ihn ablenken, während ich meinen Revolver hole...   Ich bewahre die ungeladene Magnum unter meinem Kissen auf, jederzeit griffbereit... Ob ich Killer dazu bringen kann, mir bis Nachhause zu folgen...?   Ich musste lediglich die unterlegene Opferrolle spielen, damit er sich überlegener fühlte. Weswegen ich selbstsicher, doch mit gespielt unsicher werdendem Ton sagte: „Ich wohne am anderen Ende der Stadt... Aber es macht mir nichts aus, bis dahin allein zu lauf-“, betonte ich das Lockwort, in der Hoffnung, er würde darauf anspringen und mich um jeden Preis begleiten wollen. Seine Reaktion war allerdings eine völlig andere.   „Also zu mir.“   ...Und damit hat sich mein Plan gerade von mir verabschiedet...   Hat er ihn etwa durchschaut? Ich glaube kaum, dass er aus reiner Höflichkeit den kürzeren Weg gewählt hat...   Das Donnern wurde mit jeder Sekunde lauter, womit auch meine innere Unruhe stieg. Es war lächerlich; Ein Einundzwanzigjähriger, der sich vor Gewitter fürchtete... Doch nicht ohne Grund. In Kindertagen war ein Blitz in Shachis und meinem Baumhaus eingeschlagen. Der Voltstoß hatte das Holzhaus in Brand gesetzt, in welchem ich saß. Nur knapp schaffte ich es dort heraus. An dem Tag war ich für mein Leben von Blitzen gezeichnet worden. Wie absurd, dass ich mehr Furcht vor dem Wetter, als vor dem blonden Killer hatte.   Seltsamerweise strahlt Killer momentan keine Gefahr aus... Oder trügt mich mein Gefühl?   So trat ich also mit ihm zusammen den Henkersweg zu seiner Wohnung an. Killers Schweigen machte den Weg noch schwerer und länger, als er mir ohnehin schon erschien. Zwischendurch kaute ich einen Pfefferminz-Kaugummi mit Schokoladen-Füllung zur Beruhigung. Was absolut nichts brachte, außer dem erfrischenden Geschmack in meinem Mund.   Den verdunkelten Abendhimmel über uns – welcher am Horizont von dünnen Blitzen erhellt wurde – blendete ich aus. Stattdessen den Schirm meiner Kappe tiefer ziehend, damit ich das Wetterspektakel nicht sehen musste. Mein Blick blieb auf meinen dunkelbraunen Stiefeln neben Killers schwarzen, spitzen Kurzabsatz-Schuhen. Ich beobachtete den nassen Bordstein und die erzeugten Tropfen der Pfützen, durch die wir liefen. Bis Killer vor einem großen Wohnhaus anhielt.   Das betonierte Gebäude war brüchig, vergilbt und sah nicht bewohnbar aus. Ein klarer Fall von einem geldgeilen Vermieter, dem das Wohl seiner Mieter egal war. Eine Haustür war nicht vorhanden, hier konnte jeder ein und ausgehen, wie er wollte. Das Treppenhaus verziert von den verschiedensten Graffitis, die Treppenstufen klebend und stark nach Alkohol riechend. Von den oberen Geschossen drang lauter Lärm zu uns, der durch das ganze Haus hallte.   Wie kann man hier freiwillig wohnen wollen...?   Killer deutete mir mit einem lockeren Handschwenken an, ihm Richtung der Kellertreppe zu folgen, die wir kurz darauf hinabgingen. Durch eine rostige Feuerschutztür hindurch, gelangten wir zu einer Art Kellerflur. Auf der einen Seite sich diverse Kellerräume befindend, auf der anderen zwei Wohnungstüren. Die Hintere zierte ein Jolly Roger mit feuerrotem Haar und Fliegerbrille, die Vordere einen mit zwei geschwungenen Sicheln und Maskenschädel. Es war nicht schwer zu erraten, zu welcher Tür Killer gehen würde.   Selbst sein Wohnungsschlüssel hatte die Form eines Messers, wie mir aus dem Augenwinkel auffiel. Ich fragte mich, wie besessen der Kerl von Klingen wirklich war.   Er ging vor, in seine überraschend geräumige Wohnung. Ich blieb kurz zögernd vor der Türschwelle stehen. Erst der laute Donnerschlag ließ mich den letzten Schritt gehen, etwas eiliger als beabsichtigt. Killer zog die Tür neben mir zu, sodass sie leise ins Schloss fiel. Dann ging er mit einem; „Warte hier“, in eines der anderen Zimmer.   Will er nun seine Mordwaffe holen?, fragte ich mich und schluckte, Ich bin noch gar nicht darauf vorbereitet-   Überraschenderweise kam er mit einem hellblauen Hemd und einem Handtuch zurück, mir beides zuwerfend. Erst dann fühlte ich meine vom Regen durchnässte Kleidung.   Was hat er davon, mich erst einzukleiden, bevor er mich abmurkst? Ist das eines seiner perversen Spiele?   Widerwillig zog ich mich um, das übergroße Zelt anziehend, welches sich Shirt nannte und deutlich nach ihm roch. Meine nasse Kappe jederzeit anbehaltend, die seinen laminierten Küchenboden mit kleinen Tropfen schmückte. Meine Tarnung würde ich um keinen Preis der Welt freiwillig aufgeben.   Aus dem Kühlschrank holte Killer eine Dose `Killer-Cherry´-Energy. Was mich meine verdeckten Augen rollen ließ. Wie selbstverliebt kann jemand sein? An Ego mangelte es dem Kerl jedenfalls nicht. Es musste wohl von seinem aufbrausenden Kumpel – das wandelnde Ego auf zwei Springerstiefeln – abgefärbt sein.   Was tue ich hier eigentlich?, seufzte ich innerlich und zweifelte an meinem Verstand, der nicht zu existieren schien. Ich muss verrückt sein-   „Es steht dir“, kommentierte er plötzlich meine Erscheinung. Wodurch ich an mir heruntersah. Das hellblaue Hemd mit dem Klingen-Jolly war mir viel zu groß. Ich sah aus wie ein Lumpenträger. Kurz: Es stand mir nicht.   Kann es jetzt noch schlimmer werden-?   „Von mir aus kannst du auch gänzlich nackt herumlaufen.“   Stille. Was wie eine beiläufige Bemerkung klang, war in Wirklichkeit wie einer der Blitze, welcher lautstark in der Nähe einschlug; intensiv und effektiv. Meinen Puls in die Höhe treibend. Meine Ohren begannen zu glühen, von dem Seitenstoff meiner Kappe verdeckt werdend, während ich ihn mit geweiteten Augen fassungslos ansah.   Ich stand noch immer vor der geschlossenen Wohnungstür. Er am anderen Raumende an der Küchenzeile gelehnt. Seelenruhig schlürfte er seine Getränkedose, als ob er nie was gesagt hätte. Als ob er mir nicht gerade ein sehr deutliches Angebot gemacht hätte... Seine Aufmerksamkeit widmete Killer stattdessen seinem Handy.   Wenigstens hat er mich nicht erkannt..., versuchte ich mich an den letzten Halm zu klammern, der meine Nervosität minder beruhigte. Zumindest weiß er nicht, dass-   Ein erschütternder Blitzeinschlag. Das Gefrieren meines Blutes. Und die Dunkelheit. ...Folgend von dem lauten Klingeln meines Handys.   Alles passierte so verdammt schnell, dass ich es nicht begreifen konnte.   Mit leicht zittrigen Händen hielt ich mein aufblinkendes Handy, die einzige Lichtquelle neben dem Seinen. Der Display zeigte mir einen unbekannten Anrufer. Langsam, wie in Zeitlupe hob ich meinen Blick. Zu Killer schauend, der verdächtig ruhig dort hinten stand. Im nächsten Augenblick ließ er das Licht seines Handys erlöschen... womit auch mein Klingelton verstummte.   Ein Auflachen. Tief, ausgelassen und verdammt beunruhigend. Es war leise, doch in meinen Ohren deutlich hörbar. Meine Nackenhaare alarmiert stehen lassend. Ich hatte Killer zuvor noch nie lachen gehört. Es war absolut kein gutes Zeichen.   Zeitgleich ließ mich der Akku meines Handys im Stich. Natürlich genau jetzt! Womit mich nichts, außer die unheildrohende Schwärze der Dunkelheit umgab. In ihr mein Jäger lauernd, dem ich schutzlos ausgeliefert war.   Ewig anfühlende Sekunden verstrichen, in denen ich mich wie gelähmt fühlte. Mein Fluchtinstinkt mit jedem anhaltenden Moment stärker werdend, sowie mein gefrorener Herzschlag seine Impulse rapide beschleunigte. Im gleichen Augenblick traf mich die Erkenntnis.   Er weiß es... Er hat mich erkannt... Er hat mich erkannt!   Ich hörte seine Schritte. Leise, langsam, immer näher kommend. Aus Reflex wich ich zurück, mit meinem Rücken gegen die Tür stoßend, gegen die ich mich presste. Meine rechte Hand streckte ich blind in einer ungeschickten Bewegung in Richtung Türklinke, die ich so klanglos, wie möglich herunterdrückte... mehrmals. Doch war sie verschlossen.   Wann hat er...?, fragte ich mich und schluckte schwer, dabei den vergessenen Kaugummi herunter, als ich mir meiner Situation bewusst wurde. Ich stehe halbnackt in seiner Wohnung... und habe keinerlei Fluchtmöglichkeit...   Warum bin ich mit ihm gegangen, verdammt?! Warte... Ich höre seine Schritte nicht mehr-   Stattdessen spürte ich Killers blitzschnelle Handbewegung. Seine flinken Finger den Schirm meiner Kappe greifend und sie mir im selben Atemzug von meinem Kopf ziehend. Er war in meiner Nähe. Ich fühlte seine bedrohliche Präsenz in der Dunkelheit.   Mit meiner Kappe hatte er mir meinen letzten Schutz genommen. Ohne sie fühlte ich mich vollkommen hüllenlos. Anspannung und Nervosität beherrschten meinen Körper, mich völlig bewegungsunfähig machend. Wie unter Strom fühlte ich mich, meine gesamte Haut elektrisch prickelnd, ohne von Killer berührt zu werden.   Es war die Vorstellung vor dem Ungewissen, die mich wahnsinnig machte. Die Düsternis, welche mir meinen Verstand raubte. Und das grollende Donnern des Unwetters, das die Stille nur gefahrvoller werden ließ.   Es ist... verdammt aufregend...   Wie die Aufregung, welche ich verspürte, als ich zum ersten Mal den Abzug meines Revolvers drückte. Ich fühlte mich zu der Gefahr hingezogen. Deswegen war ich hier. Deswegen war ich mit ihm gegangen: Wegen dem Nervenkitzel. Wegen Killer. ...Weil er diese Emotionen in mir weckte.   Meine Stimme war das Einzige, was mir gehorchte, sodass ich sie nun zum Sprechen zwang. In die Dunkelheit flüsternd, in der Lautlosigkeit überdeutlich hörbar. Dabei verzog ich meine Lippen zu einem düsteren Grinsen.   „Hol mich...“,wisperte ich fordernd, „wenn du dich traust.“   Ein Blitz schlug geräuschvoll in der Nähe ein, zeitgleich den Raum für einen nicht greifbaren Augenblick stark erhellend. Killer stand direkt vor mir. Meine giftgrünen Augen trafen auf die verschiedenfarbigen Seinen – Eisblau und Amethyst-hellviolett – während das dämonische Schmunzeln seiner Lippen sich verfinsterte, in dunkle Begierde übergehend. Sein Halstuch war verschwunden, sowie das kurzlebige Licht, abgelöst von Dunkelheit.   Ich spürte Killers rauen Finger an meinem Hals. Langsam über meine stark pulsierende Halsschlagader fahrend, in einer fließenden Bewegung bis zu meinem Nacken streichend. Reglos verharrte ich in meiner Position, im Dunklen zu ihm aufschauend. Als ob unsere Blicke noch immer aneinander fixiert wären. Das Nähern seines Gesichts spürte ich an seinen blonden Haaren, die auf meine rechte Schulter fielen. Folgend von dem Gefühl seines Atems, welcher warm gegen meine erkalteten Lippen hauchte.   „Hast du Angst?“   Sein tiefes Flüstern ließ meinen Körper schaudernd erbeben, schickte Adrenalin durch mein Blut und berauschte meine Sinne.   „Nein“, antwortete ich düster grinsend. „Ich bin verdammt erregt.“           ###           Fucking... Penguins aggressive Direktheit macht mich gänzlich scharf...   Teuflisch schmunzelnd sah ich in der Dunkelheit zu ihm herab. Zeitgleich seine vor Erregung zitternden Finger an meiner gepunkteten Bluse spürend. Ungeduldig versuchte Penguin ihren geschlossenen Knopf zu öffnen, scheiterte mehrmals und tastete sich dann an dem eng anliegenden Stoff nach oben. Zu meinem weiten Kragen, in den er seine rechte Hand fordernd krallte.   Penguin atmete hörbar schneller, sein von milder Schokolade und überwiegend Pfefferminz umgebener Atem sich mit dem Meinigen verbindend, der von dem getrunkenen Energy ein leicht würziges Kirsch-Aroma angenommen hatte. Unsere Lippen trennten wenige Zentimeter, dem Größenunterschied wegen einige mehr, ihre Grenze einzig mein langer Pony darstellend.   Langsam strich seine linke Hand meine blonden Haare aus meinem Gesicht, hinter mein Ohr. Ehe seine Finger eine einzelne, lange Strähne locker umgriffen und sie nach unten entlangfuhren. Bis sie mühelos aus seiner Hand glitt. In einer einzigen Bewegung, ruckartig und ungeschickt, zog Penguin mich an meinem Kragen zu sich herunter, sich zeitgleich leicht auf seine Zehenspitzen stellend. Ohne Zögern überbrückte er den letzten Abstand, seine bebenden Lippen auf die schmunzelnden Meinen treffend. In einem überstürzten und impulsiven Kuss.   Ich fühlte Penguins Aufregung, seine Ungeduld und sein Verlangen über die Berührung. Federleicht, doch eng aufeinander lagen unsere Lippen. Das merkbare Zittern der Seinigen spürte ich deutlich. Mit meinen rauen Fingern seinen Nacken umgreifend, hauchte ich flüsternd gegen seine Lippen, dabei meine Mundwinkel schmunzelnd nach oben ziehend.   „Das nennst du einen Kuss...?“, fragte ich ihn amüsiert, mein tiefes Flüstern einige Tonfarben dunkler werdend, in einen dominierenden Klang übergehend. Zeitgleich hob ich mit meinem Zeigefinger Penguins Kinn leicht an. „Meine Lippen werden dir beibringen, wie man das Wort Leidenschaft buchstabiert.“   Einen Schritt nach vorne gehend, drängte ich Penguin weiter gegen die Tür. Mein rechtes Bein zwischen die Seinen platzierend, sodass der raue Stoff meiner hellblauen Jeans gegen den dünnen seiner Boxershorts rieb. Zur gleichen Zeit mit meinen Fingern blind seinen Unterarm herunter tastend, bis zu seinem Handgelenk, das ich fest umgriff, ehe ich es geräuschvoll über seinen Kopf pinnte. Mit meiner Hand in seinem Nacken drehte ich seinen Kopf leicht seitlich, den Winkel unserer Lippen ändernd, wodurch sie überkreuzt lagen. Meine Zungenspitze fuhr die Konturen seiner schmalen Oberlippe entlang, spielerisch bis zu seinem linken Mundwinkel, dabei zeitgleich meine eigenen Lippen anfeuchtend.   Erst dann ließ ich Penguin meine Begierde spüren. Sinnlich und hingebungsvoll, doch ebenso wild und hungrig. Ein Kuss, der meinem Namen alle Ehre machte: Killer; räuberisch, ruchlos, sündig. Ohne Hemmungen und Schauer erregend.   Alle Lichter pustete ich Penguin aus, ein merkbares Zittern seinen Körper durchfahrend, während der Meinige von elektrisierenden Hitzewellen durchströmt wurde. Mir wurde im Sekundentakt heiß und kalt, mein Blut gar leidenschaftlich brennend, direkt in südliche Richtung fahrend. Meinen Schwanz härtend, ihn erregt zucken lassend.   Unbewusst rieb ich meinen Oberschenkel zügellos gegen die Mitte seiner Boxershorts, durch den hellblauen Stoff meiner Hose Penguins Schwellung spürend, indessen ich den Rhythmus unserer Lippenbewegung dirigierte. Stürmisch und ungleichmäßig berührten sich unsere Lippen, die Seinen bemüht mit Meinen mitzuhalten. Sich für nicht greifbare Augenblicke voneinander trennend, bevor sie wieder miteinander verschmolzen.   Ich raubte Penguin den Atem, wie er den Meinigen. Die Luft zwischen uns von Lust erfüllt. Unsere Zungen den Tanz der Verführung tanzend, unsere Körper dabei schamlos aneinander reibend, unser Hautkontakt nur durch unsere Kleidung gestört werdend. Atemlos und gehetzt klangen die Worte, die ich Penguin im Kuss zuraunte.   „Zieh dich- für mich aus“, forderte ich ihn auf. Dunkle Dominanz meine Silben befehlend klingen lassend, indessen ich mich kurz von seinen Lippen löste, um meine gepunktete Bluse aufzuknöpfen und sie mir in der gleichen Bewegung über meine breiten Schultern abzustreifen. Mit einem sanften, doch spürbaren Biss in seine Unterlippe verdeutlichte ich mein Begehr. Dabei mit meinen unruhigen Fingern verlangend über den Stoff seiner Seiten streichend. „Ich will deinen nackten Körper spüren, Penguin.“   Vollends neben sich, schien er meine Aufforderung zu überhören. Weswegen ich im Dunklen rechts von uns nach der Kommode tastete, in deren Schublade ich eines meiner Messer versteckte. Nach kurzem Suchen bekam ich es zu greifen, klemmte mir die Klinge bestimmend zwischen meine Zähne und wartete den nächsten Gewitterblitz ab, der die Umgebung erhellen würde. Meine freien Hände nutzte ich unterdessen, um das rote Tuch um meine Hüfte zu lockern und achtlos Richtung Küchenzeile zu werfen.   „Bewege dich nicht“, war meine einzige Warnung an ihn, die er mit einem abwesenden Summen der Zustimmung erwiderte. Meine nächste Handlung war ein Vertrauenstest. Penguins leichtes Nicken konnte ich nicht erkennen, dafür hörte ich sein selbstsicheres Flüstern. „Tu es, Killer.“   In der Sekunde, als der grollende Blitzschlag ertönte, begleitet von kurzer Helligkeit, sah ich Penguins verschleierten Blick auf mir fixiert. Das Grün seiner Augen war dunkler, in sinnliche Lust getaucht. Exakt zeitgleich schwang ich meine Klinge, das hellblaue Shirt mit einem gezielten Schnitt in der Mitte teilend, ein reißendes Geräusch dabei entstehend. Im Umgang mit Klingenwaffen war ich ein Perfektionist.   Indessen ich das Messer zurück in die Schublade legte, vernahm ich das überhastete Rascheln von Stoff. Penguin entledigte sich dem zerschnittenen Hemd, meiner Anweisung Folge leistend. Im nächsten Augenblick trafen unsere freien Oberkörper aufeinander. Unsere von aufgeheizter Kälte gehärteten Nippel sich dabei kurz streifend.   Wie ausgewechselt ging Penguin in die Offensive über, seine Hemmungen vollends verbannend. Mir eine Seite von sich zeigend, die ich fucking erotisch fand. In Begleitung eines erregten Knurrens schlang Penguin seine Arme um meinen Hals, eine Hand in meine blonde Mähne krallend, während er mit einem gekonnten Sprung seine Beine um meine Hüfte klammerte.   Mein Stand kurz schwankend, stützte ich ihn mit meinem rechten Unterarm. Meine Hand dabei seinen Arsch fest greifend, der dünne Stoff seiner Unterwäsche nichts verbergend. Penguins Härte drückte gegen meine Bauchmuskeln, die Meine zwängend gegen die Innenseite meiner Jeans pressend.   Wir küssten uns unbändig, ohne Rhythmus, einzig den Rausch der Sinne auskostend. Meine freie Hand strich langsam Penguins Rücken hinab, dabei über die längliche Schnittnarbe an seinem linken Schulterblatt fahrend. Was ihn dazu brachte, leise in den Kuss zu keuchen. Zeitgleich zog er locker an meinen langen Haaren, meinen Kopf damit mühelos zur Seite ziehend. Bevor seine schmalen Lippen sich einen Weg von meinem Kinn zu meinem Hals bahnten, sanft hungrige Küsse auf meiner Haut verteilend. Sein Gesicht in meinen blonden Haarsträhnen vergraben, die wirr auf meiner Schulter lagen, wisperte Penguin mir mit lustbetonter Stimme heiser zu.   „Ich will es versaut“, hauchte er leise knurrend, in mein linkes Ohrläppchen beißend, womit er einen Stromschlag durch meinen Körper schickte. Ein lüsterner und provozierender Klang seine Worte begleitend. „Sei wild... gib mir alles, was du hast, Killer.“   Penguins Verlangen weckte den Sadist in mir. Ich war fucking pervers und stand dazu.   Er will es dreckig...?, verzogen sich meine Mundwinkel zu einem dämonischen Schmunzeln. Diesen Wunsch werde ich ihm mit Freuden erfüllen...   Ruckartig drehte ich mich mit ihm um, ihn mit einem Arm weiterhin stützend, ehe ich uns blind durch meine finstere Wohnung führte. Mit schnellen Schritten Richtung Küchentisch gehend, dessen Standort ich mit wenigen Metern erreichte. Scheppernd fielen Geschirr und leere Bierflaschen zu Boden, als ich mit meinem freien Arm die Tischplatte grob abräumte. Penguin sich währenddessen fester um meinen Hals klammernd, unsere Zungen sich fordernder umkreisend, bevor ich meine Lippen von ihm löste und seinen Körper auf den Tisch beförderte.   Ein dumpfer Aufprall folgte dem lauten Rumpeln, zusammen mit Penguins scharf gezischtem Luftholen. Teuflisch schmunzelnd stand ich vor seiner liegenden Figur, zwischen seinen Beinen platziert, im Dunklen gierig auf ihn herabblickend. Das Geräusch meines langsam öffnenden Reißverschluss' erfüllte die Stille. Meine gefranste Hose durch meine Hand verschwindend. Nur meine Boxershorts hielt meinen halb-steifen Schwanz noch zurück.   Meine Finger ertasteten Penguins Körper in der Dunkelheit. Von seinen Schultern, bis zu seinen leicht hervorstehenden Hüftknochen streichend, in einer leicht kratzenden Berührung. Meine Lippen an die Haut neben seinen Bauchnabel schmiegend, fuhr meine erhitzte Zunge langsam seinen Oberkörper herauf, über die leichten Wellen seiner Brustmuskeln. Ehe meine Zungenspitze in einer kreisenden Bewegung seinen rechten Nippel liebkoste.   Penguins Reaktion war ein lustvolles Knurren, dabei seinen Rücken leicht krümmend und mit voller Absicht seine Beule gegen die Meinige stoßend. Meine Zähne vergruben sich neckend in seiner Brustwarze, was ihn lauter Aufzischen ließ. Seine Hand zog leicht an meinen Haaren, sodass meine saugenden Lippen sich von seiner Brust lösten. Stattdessen mit gehauchten Küssen zu seinem Hals wandernd.   Sein auffälliges Verhalten brachte mich zu einer Erkenntnis, deren Gewissheit ich wollte. Mir über meine Zähne leckend, biss ich ihm mit etwas mehr Kraft in seine rechte Halsbeuge, beinahe sein Fleisch durchdringend. Ohne Blut, dafür einen länger bleibenden Abdruck hinterlassend.   Wie interessant...   Das erregte Zucken seines unter mir liegenden Körpers deutlich spürend, bestätigte er mir meine Vermutung. Sanft drückte ich meine Lippen auf die brennende Hautstelle, ehe ich ihm dunkel schmunzelnd in sein Ohr raunte.   „Du bist ein Masochist“, sprach ich meine Erkenntnis im Flüsterton aus, sadistische Begierde meine Sinne übermannend. Meine Augen blitzten gefährlich auf. Vor Erregtheit schwankte meine tiefe Stimme leicht, untermalt von düsterer Vorfreude. „Lass mich dein Begehr stillen...“   Gedanklich ging ich die Möglichkeiten durch, die sich mir durch seine sexuelle Neigung boten. Ich hatte noch nie jemanden getroffen, der meine erotische Vorliebe teilte... mit dem ich meine Sex-Phantasien ausleben konnte.   Meine schmunzelnden Mundwinkel glitten weiter nach oben. Beim alleinigen Gedanken wurde ich verfickt scharf. Mich zu beherrschen fiel mir mit jeder perversen Phantasie immer schwerer. Doch brauchte ich zunächst seine Zustimmung, sie war bedeutend für mein Vorhaben.   Penguins beschleunigter Atem zeigte mir, dass er selbst ebenso an unzüchtige Bilder dachte. Allerdings wollte ich eine Antwort aus seinem Mund hören. Kurz darauf wurde das Zimmer von einem erneuten Blitz durchleuchtet. Sein dunkles Grinsen, mitsamt dem Lustfunken seiner grünen Augen auf Meine hungrigen treffend.   „Mein Körper gehört dir.“   Sein verführerisch williger Ton war getränkt von Erotik, zugleich einen provozierenden Klang besitzend, der meine sündig-sadistische Lust anheizte.   „Sage mir, Penguin... wie sehr kannst du dich mir hingeben?“           ###           Ob ich ihm vertrauen kann...?, wiederholte ich Killers Frage in Gedanken, sie mir mehrmals durch den Kopf gehen lassend. Wenige Momente später erhielt ich meine Antwort... Ich fühlte sie.   Die Dunkelheit verlieh Killers Stimme eine ausdrucksvolle Klangfarbe der Gefahr. Meinen Sehsinn konnte ich nicht nutzen, wohingegen meine anderen Sinne verstärkt waren. Seinen Geruch nahm ich überdeutlich wahr, sowie ich jedes Geräusch lauter hörte. Jede einzelne seiner Berührungen spürte ich intensiver.   Killers raue Hände waren überall an meinem Körper. Nur kurz, seine Finger sich auf meiner Haut einbrennend, ehe sie plötzlich verschwanden. Ich wusste nicht, was er als nächstes tun würde. Die Unwissenheit war verdammt reizvoll.   Seine kaum wahrnehmbaren Schritte hallten über den glatten Fußboden, sich von meiner liegenden Position entfernend und wenige Sekunden später wieder nähernd. Einzig Killers Stimme meine Sinne ergreifend. „Ich werde dich fesseln.“ Mein Körper erschauderte unter seiner sündig-süßen Drohung.   Bestimmend umgriff er mit einer Hand meine Handgelenke, sie mit seinem Hüfttuch zusammenbindend und an einem der Tischbeine befestigend. Mit einem Ruck brachte er meinen Körper in eine diagonale Position auf der Tischplatte. Auf der oberen Ecke meine verbundenen Hände liegend, über der unteren meine gespreizten Beine.   Ich hörte das Öffnen einer Schublade. Weswegen ich meinen liegenden Kopf nach links, zur Geräuschquelle drehte. Ein leises Zischen ertönte daraufhin, die Flamme eines Streichholz' spärliches Licht erzeugend, ehe Killer den Docht der schwarzen Kerze entzündete. Er hielt sie nah vor seinem Gesicht. Seine blass narbigen Gesichtszüge umhüllt von einem dämonischen Leuchtspiel aus Halbdunkelheit und Bedrohlichkeit, sein diebisches Schmunzeln schattenhaft wirkend. Doch seine verschiedenfarbigen Augen einen gefühlvollen Kontrast erschaffend.   Killer betrachtete mich wie eine seiner Sichel-Klingen; Liebevoll, fasziniert und voller Hingabe. Als würde er mich niemand anderem überlassen wollen... Als wäre ich verdammt wertvoll für ihn. Sein Blick erfüllte meine rechte Brustseite mit spürbarer Wärme.   Meine Augen nicht von ihm abwendend, schweiften sie gedankenverloren von den mich fixierenden Seinigen, zu seiner unteren Gesichtshälfte. Das Muster seiner unsauber genähten Narben erinnerte an ein verworfenes Kunstwerk. Ein Gemälde, welches absichtlich erbarmungslos verunstaltet wurde.   Wer hat dir das angetan?, wollte ich fragen. Meine Lippen jedoch versiegelt bleibend, da ich verbittert auf sie biss. Welcher Mensch ist zu so etwas fähig...?   Killer brauchte mir keine Antwort zu geben. Ich konnte sie von seinen Augen ablesen. In ihnen seine Verwundbarkeit verborgen liegend. Seine Narben waren tiefer gezeichnet, als auf seine Haut.   Es war das Handwerk eines Arztes, der Killers Gesicht verstümmelte und sein Leben ruinierte. Wahrscheinlich bloß zum eigenen Vergnügen. Oder aus krankem Zeitvertreib heraus.   Als Killer die Kerze auf der Küchenzeile hinter sich abstellte, in den Schatten des flackernden Lichtes tretend und auf mich zugehend, beugte ich mich liegend zu ihm nach oben. Weil meine Hände gefesselt waren, stützte ich mich mit meinen Füßen auf dem Tisch hoch und streckte mein Gesicht zu dem Seinigen. Wortlos berührten meine Lippen seine verblassten Hautstellen, jede einzelne von ihnen. Langsam die empfindlichen Wundmale um Killers Wangen und seinem Kinn entlang küssend, fühlte ich das sanftmütige Schmunzeln, welches seine geschundenen Gesichtszüge formten.   Ich verstand ihn – Er verstand mich.   Ich weiß es... Weiß, wie es sich anfühlt, sein Gesicht zu verstecken...   Es bringt den Schmerz der Einsamkeit mit sich...   Letztlich trafen meine Lippen auf die Seinen. Der seelenvolle Kuss fühlte sich an, als wäre es unser Erster. Er war erfüllt von Verbundenheit, bewirkte Vertrauen und besaß Innigkeit. In diesem Augenblick wurden unsere Herzen eins. Das Gefühl der Vervollständigung erschaffend, durch Schicksalsketten verankert werdend.   „Kira“, hörte ich seine kristallene Stimme gegen meine Lippen flüstern. „Nenne mich Kira.“   Seine Hand strich mir durch meine kurzen Haare, mit der Anderen meinen Brustkorb berührend und mich mit wenig Nachdruck wieder Richtung Tisch drückend. Unsere Köpfe entfernten sich voneinander, sodass wir uns tief in die Augen sahen. Killers Blick wurde dunkler, sowie sein Stimmklang merkbar tiefer wurde.   „Dies ist der Name, den ich dich im Tenor singen lassen werde.“   Beim Sprechen griff er nach der Kerze, an deren Kopf sich zwischenzeitlich genügend flüssiges Wachs gebildet hatte. Ich wusste genau, wofür er sie benutzen wollte. Es war keine gewöhnliche Kerze... sondern eine speziell für sexuelle Vorspiele. Der Gedanke daran schickte einen warmen Schauer über meine Haut.   Killers Augen schweiften langsam über meinen Körper. In einer Hand die Kerze haltend, fuhr er mit den Fingern seiner anderen von meinem Hals herunter, bis zu meinem Bauch. Vom flackernden Schein der Kerzenflamme umgeben, erhellte sie nur ihn und mich, sich wie eine Lichtkuppel um uns legend und uns von der Außenwelt abschirmend. In diesem Augenblick existierten nur wir beide. Sein selbstbewusster Blick traf den Meinen, als er seine bestimmende Stimme erhob.   „Nenne mir zwei Worte“, forderte er mich auf, sich mit seiner Hand am Tisch abstützend und mich eindringlich ansehend. „Zwei gegensätzliche Worte, an die du dich jederzeit erinnern kannst.“   Zwei Worte...?, dachte ich kurz nach, sie willkürlich aussuchend. Nickte ihm dann leicht zu und sprach sie aus; „Sonne und Mond.“   „Welches von ihnen ist positiv, welches negativ?“, fragte er mich weiter, mir daraufhin den Sinn von ihnen erklärend. „Es sind Sicherheits-Worte, mit denen du mich leiten kannst.“   Also so etwas, wie ein `Ja´ und `Nein´? Ich verstehe... So bietet er mir eine Möglichkeit, ihm mitzuteilen, ob es mir gefällt und wann er aufhören soll...   „Sonne für `Ja´, Mond für `Nein´“, teilte ich ihm meine Entscheidung mit, ein verstehendes Summen seinerseits erhaltend. Die Ungeduld mich zeitgleich ergreifend, sodass ich nachdrücklich an dem Stoff meiner Fesseln zog. „Ich will es! Tu es, Kira- ...Ahnn!“   Fiel der erste Wachstropfen auf meine Haut, was mich zischend knurren ließ. Meine rechte Schulter berührte er, eine Temperatur zwischen warm und heiß besitzend, ein leichtes Brennen verursachend. Das Wachs trocknete nicht. Es bestand aus einer öligen Substanz, Massageöl ähnelnd. Langsam lief der einzelne, grau-schwarze Tropfen meine Schulter herab, über meine Brust, bis zu meiner rechten Brustwarze. Dabei eine leicht glänzende Spur auf meiner Haut hinterlassend. Killer verfolgte die dunkle Wachsperle gar fasziniert, sowie er meine Reaktionen genauestens beobachtete.   Lustvoll knurrend wandte ich mich auf dem Tisch, meinen Rücken gegen die glatt-raue Oberfläche drückend. Zeitgleich das neuartige Gefühl auf mich wirken lassend, welches verdammt erotisierend war.   „Gefällt es dir?“ „Verdammt, ja!“   Der nächste Tropfen traf meine linke Brustknospe, die bei der heißen Berührung spürbar härter wurde. Killers Finger strichen sanft über sie, das ölige Wachs auf meiner Haut leicht massierend verteilend. Die Substanz ließ meine Hautpartien noch empfindlicher werden, regelrecht glühen, sodass ich mehr von dem Gefühl spüren wollte.   „`Sonne´!“   Sofort kam Killer meinem Verlangen nach. Wie einen Pinsel hielt er die Kerze in seiner Hand, führte sie wie ein malerischer Künstler, dessen Meisterwerk ich war. Wachsstrich um Wachsstrich folgte, meinen Oberkörper in brennende Lust verwandelnd. Es fühlte sich an, als würden kleine Flammen auf meiner Haut tanzen.   Immer heftiger wandte ich mich vor ihm. Meine Lippen und Augen waren aufeinander gepresst. Zurückhaltende Knurrlaute meinen Mund verlassend, während ich mehrmals ruckartig an dem fesselnden Tuch zog. Wodurch ich es lockerte und eine meiner Hände befreite.   Flüchtig sah ich mit seitlich gelegtem Kopf zu Killers Körper, mein verschleierter Blick seine deutlichen Muskeln herab wandernd, ehe meine Augen sich auf die erhobene Mitte seiner hellgrünen Boxershorts fixierten. Meine Hand fand wie von selbst zu ihrem Ziel, meine Finger sich um seine steife Männlichkeit legend und sie durch den dünnen Stoff bestimmend reibend.   „Fuck!“, stieß Killer zwischen zusammengebissenen Zähnen aus. Mein Handgelenk dabei blitzartig grob umfassend und es von seiner Mitte wegziehend. Zeitgleich unbeabsichtigt mehrere Wachstopfen auf meine rechte Brustseite träufeln lassend, welche die empfindliche Hautstelle unangenehm röteten.   „Mond!“, benutzte ich das negative Sicherheits-Wort, welches Killer augenblicklich aufhören ließ. Die heruntergebrannte Kerze stellte er neben mir auf dem Tisch ab, beugte sich zu mir herunter und küsste mich entschuldigend. Seine beiden Hände sanft und vorsichtig über meine minder gerötete Haut streichend, sodass der kurze Schmerz langsam verblasste.   Im Kerzenschein sahen wir uns in die Augen. Die wenigen Sekunden sich wie Minuten anfühlend, in welchen wir in die Seele des anderen blickten. Ich vertraute ihm. Er hatte mich nicht mit Absicht verletzen wollen, dem war ich mir absolut sicher. In den liebevollen Kuss nickend, gab ich ihm zu verstehen, dass ich okay war.   Kurz darauf fuhren seine Fingerkuppen meine Brust nach unten, zu meiner dunkelblauen Boxershorts, deren Bund seine Finger umgriffen. Stück für Stück zog er sie mir aus. Ich mein Becken leicht anhebend, ihm freies Geleit lassend. Als er sich aufrichtete, lag ich vollkommen nackt vor ihm. Meine pulsierende Erektion seitlich neben meinem Hüftknochen liegend.   Schmunzelnd pustete Killer die Kerze aus. Womit uns abermals die völlige Dunkelheit umgab. Was hat er vor-?   Ich spürte Killers Haarsträhnen an meinem Unterkörper, ihre Spitzen langsam immer weiter auf meine Haut fallend, je tiefer er seinen Kopf senkte. Seine lange Mähne lag teils auf meinem Unterbauch, teils links und rechts auf meinen Oberschenkeln. Als mir bewusst wurde, was er tun wollte, weiteten sich meine Augen.   E-Er will... E-Er wird...   „Ich werde dich zum Kommen bringen, Penguin... und es gibt nichts, was du dagegen tun kannst.“   Verdammt-!   Unfähig dazu einen klaren Gedanken zu formen, ballten sich meine neben mir liegenden Fäuste, als ich es fühlte. Ihn fühlte. An der empfindlichsten Stelle meines Körpers.   Killers erhitzte Zunge leckte den herunterlaufenden Lusttropfen von meinem stehenden Glied, in gegensätzlicher Richtung meinen Schaft herauf, bis zur Penisspitze. Sanft schmiegten sich seine kühlen Lippen um meine Eichel, leicht an ihr saugend und spielerisch seine Zunge gegen sie stoßend. Seine warme Zungenspitze und seine eisigen Lippen den Kontrast von Hitze und Kälte erzeugend, der mich meiner Sinne beraubte. Mit einem kräftigen Biss auf meine Unterlippe versuchte ich vergeblich mein atemloses Aufstöhnen zu unterdrücken.   Meine Finger suchten verloren Halt. Mit meiner linken Hand umgriff ich krampfhaft den Rand der Tischplatte, zeitgleich meine Rechte in die Haare seines Hinterkopfs krallend. Schamlos bewegte Killer seinen Kopf auf und ab, seine benässten Lippen dabei verengend und lockernd. Sein Speichel eine heiße Spur auf meinem Penis hinterlassend. Feuchte Geräusche füllten die dunkle Stille, in meinen Ohren immer lauter werdend. Die ruchlosen Klänge brachten mich um meinen letzten Verstand.   Unterbewusst nahm ich das klickende Öffnen eines Verschluss' wahr. Doch wusste ich es erst zu deuten, als ich seinen öligen Finger an meinem Eingang spürte. Langsam umkreiste er ihn, zärtlich meine Eichel leckend, mich damit ablenkend. Dann senkte Killer abrupt seinen Kopf, meine Erektion vollständig in seinen feucht-warmen Mund aufnehmend. Zeitgleich drang sein Finger langsam in mich ein.   Ich drückte meinen Rücken keuchend durch, krallte meine Hand fester in seine Haare und legte meinen Kopf ruckartig in meinen Nacken, dabei mit meinem Hinterkopf unmerklich gegen die Tischplatte stoßend. Meine geschwollene Mitte wurde härter, empfindlicher, zwischen Killers Lippen zur vollen Größe wachsend. Die Grenze meiner Selbstbeherrschung war endgültig erreicht. Mir war es egal geworden, ob er mich hörte. Weswegen ich nun schamlos meiner Lust Ausdruck verlieh.   Killers Finger war vollkommen in mir eingedrungen. Nach kurzem Gewöhnen an das neuartige Zwicken entspannte ich mich mit mehrmaligen, tiefen Atemzügen. Die muskulöse Entspannung auch für ihn spürbar, sodass er seinen Finger langsam, in einer lockenden Bewegung in mir krümmte. Zeitgleich wurde Killers Kopfbewegung schneller, seine Lippenberührung hungriger und sein Saugen intensiver.   Verflucht, wenn er nicht aufhört-, fand er meinen Lustpunkt, meinen Gedanken sofort wegfegend. „Hör verdammt nochmal nicht auf, Kira!“   Mit der doppelten Stimulierung brachte er mich zur lustvollen Ekstase. Mich rapide zum Höhepunkt treibend. Pure Gelüste spiegelten sich in meinen Augen wider, die in der Dunkelheit an meinem liegenden Körper herab, zu ihm blickten. Im gleichen Moment erhellte ein entfernter Lichtblitz die Räumlichkeit. Killers animalischer Blick fixierte mich. Bedingungslos auf mir ruhend. Seine verschiedenen Augenfarben von einer dunkleren Nuance gezeichnet werdend; Eisblau übergehend in winterliches Nachtblau, Hellviolett mystisches Lila reflektierend.   Selbst als das kurzlebige Leuchten erblasste, spürte ich Killers ausdrucksvollen Blick noch immer. Wie in Trance nahm ich alles wahr, einzig seine leidenschaftlichen Berührungen fühlend, welche mich einen intensiven Lustrausch verspüren ließen. Das zwängende Drücken meines Glieds in seinem bewegenden Mund war gar unerträglich. Ein prickelndes Brennen sich über meine gespannte Haut ziehend, am intensivsten auf meiner Eichel fühlbar. Zeitgleich stieß sein Finger immer und immer wieder gegen meinen Lustpunkt.   Ich wollte ihn warnen. Wollte es ihm sagen. Doch brachte nichts, als unverständliche Worte hervor. Einzig die vier Buchstaben seines Namens erkenntlich zwischen meinen geöffneten Lippen hörbar. Killer ignorierte mein gröberes Ziehen an seinen Haaren, mich hemmungslos weiter befriedigend.   Er hörte mit seiner sündigen Folter nicht auf. Ich hatte keine Chance mich dagegen zu wehren. Letztlich kam ich zwischen Killers schmunzelnden Lippen.   Vollkommen in meinem Höhepunkt gefangen, entlud ich mich heftig zuckend in seinem Mund, sein eingedrungener Finger von meinen sich verengenden Wänden umschlossen werdend. Schwer nach Atem ringend, waren meine Gedanken von Glücksgefühlen berauscht, sodass ich nur unterbewusst wahrnahm, wie Killer langsam von mir abließ und sich von mir entfernte. Sein Schlucken, das Nachspülen mit Energy, sowie seine Worte hörte ich ebenso gedämmt, meine Sinne verschleiert von sexueller Erfüllung bleibend.   „Du siehst fucking sexy aus, wenn du kommst“, raunte Killer mir mit erregt tiefer Stimme zu, was mich mit halb geschlossenen Augen zu ihm aufsehen ließ. Mein zerstreuter Verstand nicht realisierend, dass der Stromausfall vorüber war und ich in vollster Helligkeit vor ihm lag. Das Licht blendete meine Augen, weshalb ich sie wieder schloss. Stattdessen seinem dominierend dunklen Stimmklang lauschend.   „Nun... werden unsere Körper Eins werden.“           ###           Beherrsche dich, Kira... Nur noch etwas länger...   Atemlos keuchend lag Penguin vor mir, seine Augen mit seinem Unterarm bedeckend. Seine Lippen waren leicht geöffnet, seine zerbissene Unterlippe rötlich geschwollen. Ein hauchdünner Schweißschimmer matt glänzend auf seiner Haut abgezeichnet, sein Brustkorb sich schnell hebend und senkend.   Wie der Blick eines Jägers prägte ich mir jeden Muskel seines nackten Körpers ein. Zu seiner Tätowierung schweifend, deren Blitz-ähnelnde Tribal-Musterung ich verfolgte. Vom Licht glanzvoll untermalt, wirkten die vereinzelten Patronen der Tribal-Spitzen Silberfarben. Beginnend bei seiner linken Rippenseite, verliefen die schwarzen Linien seitlich zu seinem Unterbauch. Grenzend an seinen Hüftknochen, endend bei seinem rasierten Intimbereich, neben dem sein halb-erschlaffter Penis lag.   Als meine Fingerkuppen die schwarzen Konturen federleicht entlang strichen, durchfuhr ein merkbares Zittern Penguins Körper, der durch seinen Orgasmus überempfindlich geworden war. Ich besaß die vollkommene Kontrolle über ihn. Er mir Macht über sich gebend. Bedingungsloses Vertrauen uns verbindend.   Wir waren wie die Gegensätzlichkeit einer zweischneidigen Klinge; Ihr Schliff an einer Seite rau, gezeichnet vom Leben. Die andere glatt, geprägt von ungetrübter Reinheit. Sie waren Eins. Ohne sie beide würde die Klinge zerbrechen.   Meine Unterarme griffen unter Penguin, seine Schulter und seine Knie umfassend, ehe ich ihn hochhob. Locker lag er in meinen Armen, ich ihn nah an meiner trainierten Brust haltend, während ich ihn langsamen Schrittes Richtung Schlafzimmer trug.   Meine Lippen die Seinen berührend, in einem rauen Kuss, ließ ich seinen Rücken auf mein Bett gleiten. Ihm einen letzten Blick zuwerfend, entfernte ich mich daraufhin vom Bett. Zwischenzeitlich fand Penguin seine Stimme wieder, die leicht kratzig klang.   „Wohin...?“, wurde seine leise Stimmfarbe undeutlicher, seine Frage in einem nuschelnden Ton untergehend. Mit verschleiertem Blick verfolgte er meine Schritte, während ich um das Einzelbett herumging, zum Bettende.   Mich auf den Boden kniend, zog ich die dunkel-holzige Truhe unter dem Bett hervor, deren Schlüssel ich an einem sicheren Ort aufbewahrte; in einer winzigen Einkerbung unter einer leicht angehobenen Holzdiele im Fußboden. Niemand wusste von der Truhe. Niemand sollte von ihr erfahren. Sie war mein dunkelstes Geheimnis, welches ich mit Penguin teilen würde.   Mit einem Klicken schloss ich die beinahe verstaubte Holzkiste auf, ihren Deckel in Begleitung eines leisen Quietschen anhebend, bevor ich über den Bettrand schmunzelnd zu Penguin aufsah.   „Was hältst du von Intimschmuck?“, fragte ich ihn ruchlos und direkt, den Türkisfarbenen Penisring in meinen Fingern haltend und ihm zeigend. Woraufhin Penguins Gesichtszüge aufglühten und er seinen Kopf seitlich drehte, meinen Blick meidend.   „I-Ich weiß nicht...“, war seine gewisperte Antwort kaum hörbar, ehe er aus seinen Augenwinkeln erneut zu mir sah, ein leichtes Grinsen seine Lippen zierend. „Aber einen Versuch ist es wert.“   Er ist also experimentierfreudig?, stellte ich amüsiert fest, einen letzten Blick auf den vielfältigen Inhalt der Truhe werfend, den ich nach und nach zusammen mit ihm austesten konnte. All die Möglichkeiten, welche er mir bietet...   Fuck... Die alleinige Vorstellung lässt mich stahlhart werden...   Meine zuvor leicht abgesenkte Härte wurde plötzlich steifer, denn je. Ich war schmerzhaft hart, konnte nicht länger warten, brauchte Erlösung. Hier und jetzt wollte ich Penguin nehmen.   Schritt für Schritt näherte ich mich ihm. Meine Augen nicht von ihm ablassend, wie ein Löwe seine Beute fixierend. Mit einer Bewegung verschwand meine beengende Boxershorts, mein zuckender Schwanz hervorspringend, auf den Penguins Blick fiel. Mit der nächsten Bewegung kletterte ich zu ihm aufs Bett, mich kniend zwischen seinen gespreizten Beinen platzierend, schmunzelnd auf ihn herabblickend.   Meine Fingerrücken strichen seinen rechten Oberschenkel nach oben, ehe ich sein rechtes Bein leicht anhob und spielerisch in die Innenseite seines Oberschenkels biss. Meine Hand umgriff Penguins erwachendes Glied, ihm mit der anderen den Penisring langsam überstreifend. Bis das biegsame Schmuckstück seinen Platz am Ende seines Schafts fand. Wachsam beobachtete ich dabei seine Reaktion.   „Wie fühlt es sich an?“, wollte ich wissen. Penguins Antwort ein widerwillig zugegebenes; „Nicht schlecht...“   Schmunzelnd beugte ich mich zu ihm herunter; „Gut...“, hauchte ich gegen seine Lippen, die ich hungrig küsste. Dann sah ich an Penguins Körper herab, langsam wieder zu seinem Gesicht schweifend.   „Wie kannst du nur so erotisch sein?“, flüsterte ich zu mir selbst sprechend, während ich versunken in seine giftgrünen Augen blickte. „So... fucking... sexy.“   „Dito“, grinste Penguin mich verträumt an, sein sanfter Blick meine verblassten Wundmale betrachtend. Sein Handrücken strich behutsam über die Narben an meinem gefühlsarmen Kinn. Mir mit seiner Wertschätzung zeitgleich eine Kugel in meine linke Brustseite setzend.   Peng – Ein Schuss; Ein Volltreffer. Penguin zwang mein Herz in die Knie.   Ich will ihn... will ihn besitzen... ihn festhalten... ihn beschützen... Nur er kann es sein...   Aus meinen Gedanken gerissen, zog ich die Luft scharf ein, als seine kühlen Finger sich um meine erhitzte Männlichkeit legten. Provokant grinsend sah Penguin mich an, langsam mit wenig Druck seine Hand auf und ab bewegend, meine unstillbare Lust entfachend. Gleichzeitig gab er mir damit das Zeichen, dass er bereit für mich war.   Penguin rieb meine Härte weiter, indessen ich ihn auf mich vorbereitete. Diesmal mehr Gleitgel und mehr Finger verwendend, einen nach dem anderen in ihn eindringen lassend. Sein Penis wuchs erneut zur vollen Größe an, von dem Silikonring um sein Schaft-Ende zurückgehalten werdend, sodass er zischend aufatmete und er seinen Griff um meinen Schwanz verfestigte. Seine Lustlaute, mitsamt seiner beschleunigten Reibung schickte heiße Stromwellen durch meinen Körper. Von Sündengefühlen überschwemmt, sah ich ihn verlangend an.   „Dreh dich um.“ „Wa-?“ „Knie vor mir!“   Animalische Dominanz verfinsterte meinen Befehl. Meine tief raunende Stimme ihn willenlos werden lassend, sodass er meine Anweisung ohne Zögern ausführte. Während Penguin seine Position änderte, griff ich nach der Kondompackung, die ich mit einem reißenden Geräusch gehetzt öffnete. Mir die Latex-Hülle über meine Länge rollend, rieb ich sie mit genügend Gleitgel ein, ehe ich zu meiner Lustbeute aufschaute. Penguin bot mir einen fucking erotischen Anblick, der verboten gehörte.   Beherrsche dich... Beherrsche dich...   Lüstern sah Penguin über seine Schulter zu mir, mit einer Hand seine Arschbacke spreizend, absolut nichts verhüllend. Willig streckte er mir seinen Hintern entgegen, auf dessen rechte Hälfte ich kräftig schlug, ehe ich meine Finger in sein Fleisch krallte. Was ihn knurrend keuchen ließ.   Beherrsche dich, Kira...   Von hinten beugte ich mich über ihn, seine Lippen suchend und sie stürmisch mit den Meinen angreifend. Wild tanzten unsere Zungen in der Luft, unser brennender Atem sich verbindend, Adrenalin durch unsere Körper schießend. Ich wurde süchtig nach ihm. Musste meine Sucht stillen. Augenblicklich.   Beherrsche d- Fucking! Mein Limit ist endgültig erreicht!   Mich wieder langsam aufrichtend, nahm ich meinen erwartungsvollen Schwanz in meine Hand und positionierte meine Spitze von hinten an seinem geweiteten Eingang. Nun wird Penguin Mein werden...   Mein Blick fiel auf die längliche Narbe an seinem linken Schulterblatt, über die ich kurz und langsam nach oben leckte. Eine brennende Spur auf seiner Haut hinterlassend, bevor ich ihm sanft in seinen Hals biss. Meine letzten Worte waren ein zahmes Knurren, liebevoll und leidenschaftlich aus tiefster Brust gesprochen.   „Spüre die Gier...“, atmete ich ihm flüsternd in sein Ohr. „Meine Gier nach dir...“   Zeitgleich drang ich in ihn ein. Rücksichtsvoll, Millimeter für Millimeter, tiefer in ihm versinkend. Erst nur meine Schwanzspitze, dann jeden Zentimeter meiner Länge, bis meine Eier seinen Arsch berührten.   „Verd-! / Fuck!“   Hemmungslos verliehen wir unserer Lust Ausdruck; Unser beider Fluchen mit einem Biss erstickt werdend. Er auf seine Unterlippe beißend, ich in sein Fleisch.   Mich nur mühevoll zurückhalten könnend, bohrten sich meine Zähne in Penguins rechte Schulter, ihn mit dem lustvoll brennenden Biss-Schmerz ablenkend. Seine warme Enge nahm mich langsam in sich auf. Von seinem vorherigen Höhepunkt war er entspannter und sensibler. Wohingegen ich durch meine lange Zurückhaltung das süß-sündige Gefühl fucking intensiv spürte. Einmal zuckte mein Schwanz heftig in ihm. Ehe unsere Körper vollends verschmolzen waren.   Entschuldigend leckte ich ihm über die sichtbare Bisswunde, schwer atmend gegen sie hauchend.   „Alles... okay?“, brachte ich die beiden Worte atemlos erregt über meine Lippen. Ein leichtes Nicken seinerseits erhaltend. Er zeitgleich seinen Kopf seitlich legend, über seine Schulter zu mir schauend, sein sinnlich blitzender Blick den triebhaften Meinigen findend. „Lass mich- ...deine Leidenschaft spüren, Kira.“   Penguins begehrenden Worte waren es, mit denen er meinen Körper in Ketten der erotischen Ekstase fesselte. Ein intensiver Stromschlag mich zeitgleich zum sofortigen Handeln zwingend. Langsam zog ich mich aus ihm heraus, im selben Atemzug wieder tief in ihn stoßend.   Penguins Hände krallten sich in das Bettlaken, die Meinen links und rechts in seine Arschbacken, die ich spreizte, damit ich noch tiefer in ihn eindringen konnte. Seinen Lustpunkt treffend, ließ ich ihn meinen Namen immer und immer lauter rufen.   Im Rhythmus des wilden Verlangens fickte ich ihn. Erst langsam, dann schneller, dann wieder langsamer. Meine Triebe den Takt angebend.   Mit einer Hand hielt ich seine Schulter, die andere seinen Arsch umfassend, in den ich meinen Schwanz versenkte. Unter uns das schmale Bett quietschend bebend, unsere Körper es hin und her bewegend, sodass der Kopfteil des Bettes mehrfach geräuschvoll gegen die Wand stieß.   ...Doch durch das heftige Wackeln löste sich plötzlich die Sichel über meinem Bett. Rapide raste ihre scharfe Klinge herab zu Penguins Nacken, der die Gefahr nicht bemerkte. Es geschah im Bruchteil einer Sekunde. Meine geübten Reflexe schneller, als mein Verstand reagierend. Blitzartig legte ich meinen rechten Arm von hinten um Penguins Brust, ihn ruckartig zu mir hochziehend und seinen Rücken nah an meinen Oberkörper pressend.   Die Klinge glitt haarscharf an Penguin vorbei, dabei einige meiner Haarspitzen in der Luft durchtrennend. Ehe sie mit einer Rotations-Bewegung über die Matratze schwang und ihre Spitze mit einem dumpfen Aufprall im Dielenboden stecken blieb. Aus dem Augenwinkel sah Penguin kurz zu der geschwungenen Sichel, ihr jedoch keine weitere Beachtung schenkend. Zu sehr waren wir beide vom Rausch der Erregung ergriffen, als dass wir die Gefahrensituation begriffen hätten. Die sexuelle Spannung zwischen uns war unerschütterlich.   Penguin war nicht mehr Herr seiner Sinne, zu oft hatte ich seinen Lustpunkt getroffen, ihn mich spüren lassen. Seine zitternden Beine gaben nach, während ich seinen Rücken weiter gegen meine Brustmuskeln drückte. Sein Körper einzig von mir gehalten werdend. Halt suchend krallten sich seine Finger in meinen Unterarm, bevor ich ihm betont in sein Ohr atmete. Perverse Nichtigkeiten zuflüsternd, während ich gierig seinem Stöhnen lauschte.   „Mir gefällt, wie du klingst, wenn ich dich ficke.“   Meine blonden Haare bewegten sich im Takt meiner Stöße. Einzelne Strähnen an meinem Rücken klebend, Andere über Penguins Schulter liegend und an seiner Wachs geölten Brust haftend. Seinen Hinterkopf drückte er keuchend gegen meinen Oberkörper, sodass ich seine Lust erfüllte Mimik beobachten konnte. Mit ihr brachte er mich beinahe zum Abspritzen.   Mein Stoß-Rhythmus schwankte, wurde unkontrollierbar. Ich durfte nicht nach unten schauen. Durfte nicht sehen, wie ich in ihm eintauchte. Besessen vor Lust, hätte es mich meiner letzten Fassung beraubt. Die feuchten Geräusche, von unseren ungehemmten Stimmen übertönt werdend, mitsamt dem Gefühl, wie ich in ihn eindrang, brachten mich bereits um meinen Willen. Ich wollte nur noch Eines. Und nur er konnte es mir geben.   Penguin weiter an mir haltend, sah ich zu seiner Männlichkeit, die durch den Penisring deutlich härter als zuvor war. Der Schmuck staute sein Blut, zögerte seine Erlösung heraus und ließ sie ihn letztlich noch intensiver spüren. Ich besaß die alleinige Macht über seinen Orgasmus.   „Sag es...“, raunte ich ihm dominierend zu, dabei meine Stöße verlangsamend. „Sag mir, wem du gehörst, Penguin.“   „I-Ich-“ „Lauter!“ „Dir! Ich- ...Gnnr... gehöre dir, Kira!“   „Verdammt richtig!“, knurrte ich ihm zu, härter in ihn stoßend, immer und immer schneller. Nur durch meinen Schwanz wollte ich ihn kommen lassen. Nur durch meine Stöße. Gänzlich durch seinen Lustpunkt.   Doch Penguin rieb sich selbst. Hektisch und lüstern. Dabei zog er mehrmals scharf die Luft ein. Mit einem tiefen Knurren nahm ich seine Hand, die ich fest in die Matratze drückte. Unsere Finger waren ineinander gelegt, mein Griff unerschütterlich.   „Komm durch mich“, flüsterte ich ihm knurrend in sein Ohr. „Dies ist der einzige Weg, es zu beenden...“   Ich zog mich vollends aus ihm heraus, Penguin in die Augen sehend, ehe ich meine volle Länge in ihn stieß. Im gleichen Moment riss er seine Augen auf, drückte seinen Rücken gegen mich und rief meinen Namen. Seine Stimme zitterte vor Lust.   Zu spät bemerkte ich, wie er sich enger um mich schloss. Seinen zweiten Orgasmus erfahrend. Und mich mit sich riss. Meine Selbstkontrolle zersplitterte. Die sexuelle Erfüllung mich bezwingend. „Fuuuck, Pen- guin! “   Zwei letzte Stöße, dann sprang ich über die Klinge. Mich schubweise in ihm ergießend. Das Zucken seiner Wände um meine pulsierende Größe spürte ich überdeutlich. Seine bebende Enge eine noch intensivere Lustwelle in mir erzeugend, sowie der Penisring sie ihm verpasste. Zitternd befleckte Penguin mein Kissen, weniger weiße Tropfen spritzend, indessen sich meine warmen Samen in dem Kondom verteilten.   Gefangen im beglückenden Rausch, durchfuhren heiße Schockwellen meinen Körper, der den Seinen kaum aufrecht halten konnte. Ruckartig erschlafften meine Muskeln hinter Penguins bebenden Figur, ihn langsam loslassend. Wodurch er kraftlos mit seiner Körper-Vorderseite in die weiche Matratze fiel. Durch die abrupte Bewegung rutschte mein absinkendes Glied langsam aus ihm heraus, ehe es mit einem nassen Geräusch gänzlich hervor geglitten war. Das benutzte Kondom entsorgte ich im Mülleimer, bevor ich Penguin den Penisring auszog.     Unsere hektischen Atemlaute durchfluteten den Raum, dessen Luft nach dem Sündenspiel unserer Körper roch. Beide ließen wir das Gefühl der Euphorie auf uns wirken, versuchten zeitgleich unsere Atmung zu normalisieren und genossen den Augenblick der Zweisamkeit. Hinter Penguin kniend, legte ich meine Arme erschöpft um seinen liegenden Körper. Seine Wärme spürend, sowie ich ihn die Meinige fühlen ließ.   Mehrere Minuten verstrichen. Ein gar ewig anhaltender Moment, der nur uns allein gehörte.   Die plötzliche Stille wirkte überaus befremdlich auf mich. Jedoch war sie nicht unangenehm. Schmunzelnd sah ich Penguin an, ihm einen Kuss auf seine Stirn hauchend, an der vereinzelte Strähnen seines kurzen Ponys hafteten.   Er ist braunhaarig..., stellte ich in Gedanken versunken fest, zuvor nicht auf Äußerlichkeiten geachtet habend. Er ist genau mein Typ...   Doch... habe ich bisher nicht einmal gewusst, dass ich einen Typ besitze...   Penguin war der Erste, der die Stille durchbrach. Seine leise Stimme besaß einen überraschend schuldbewussten Ton.   „Ich... muss dir etwas sagen“, begann er zurückhaltend, seine Worte nichts Gutes verheißend. Fragend sah ich ihn an, geduldig darauf wartend, dass er weitersprach. „Deine Narben... Es war ein Arzt, oder?“, biss er sich auf seine Unterlippe, während ich zustimmend nickte. „Du... hasst Mediziner“, schlussfolgerte er richtig, mich zeitgleich an meine Abneigung zu dem Chirurgen meines besten Freundes erinnernd. Aber was hat das mit Penguin zu tun? Er ist doch ein Krankenpfleg-   „Ich bin Arzt.“ Verwundert sah ich ihn an. Er meinen Blick meidend. „Ich saß bloß zufällig am Empfang, als du in der Klinik warst...“   Ein... Arzt?   Meine Finger drückten sich fester in seine Brust. Nicht der veralteten Verbitterung wegen. Nein, diese Emotion empfand ich nicht mehr. Sondern weil ich ihn näher an mir halten wollte.   „Es ist mir gleichgültig“, sprach ich schließlich meinen Gedanken aus, sodass Penguin die angehaltene Luft wieder ausatmete. Erneut hüllte sich das Schweigen um uns, während ich meine Lippen zu einem gefühlvollen Schmunzeln verzog.   „Penguin?“, wisperte ich sanft seinen Namen, woraufhin er seine geschlossenen Augen leicht öffnete. Das Grün seiner verdunkelten Augenfarbe in seelenvolles Smaragdgrün übergehend. `Wirst du Mein werden?´, wollte ich ihn fragen, meine Lippen die Buchstaben wortlos formend, sodass er die Frage von ihnen ablesen konnte.   Stille. Ewig anhaltend, mit jeder Sekunde schwerer werdend. Nur zögernd öffnete Penguin seinen Mund, Unsicherheit seinen Blick tränkend. Meine linke Brustseite zog sich schmerzlich zusammen. Der Schmerz sich gleichermaßen in meinen Augen widerspiegelnd. Jeder meiner Herzschläge schnürte mir weiter die Luft ab, bis Penguin letztlich zum Sprechen ansetzte.   „Ich-“   Seine Antwort sollte ich niemals hören. Ein lautes Hämmern an meiner Haustür ihn unterbrechend und uns beide synchron zusammenfahren lassend. Unser intimer Moment war augenblicklich zerstört.   Immer lauter wurde das Klopfen, nicht aufhörend, sodass ich reagieren musste. Ein letztes Mal küsste ich Penguin auf seine verstummten Lippen, er sich nicht dagegen wehrend, bevor ich aufstand. Meine Boxershorts vor dem Bett einsammelnd, zog ich sie schnell an, schloss die Schlafzimmertür hinter mir und ging dann Richtung Wohnungstür.   Ich war fucking angepisst. Meine Laune am tiefsten Tiefpunkt angelangt. Weswegen ich die Tür ohne Rücksicht aufriss.   „Jo, Killer! Kann ich mein Handy bei dir aufl-?“, wollte ich Heat die Tür vor der Nase sofort wieder zuschlagen. Doch klammerten sich rot lackierte Finger zwischen Tür und Rahmen, sie kraftvoll wieder aufreißend.   Kids dreckigstes Grinsen präsentierte er mir auf seinen roten Lippen. Seinen Unterarm gegen den Türrahmen stützend, musterte er mich von oben bis unten. Er konnte sich seinen überflüssigen Kommentar ja doch nicht verkneifen.   „Du siehst durchgevögelt aus“, lachte Kid dreckig, seine grinsenden Mundwinkel sich weiter auseinander ziehend. Meine Haare standen tatsächlich wild in alle Richtungen, was ich nun auch bemerkte. Natürlich reichte ihm das nicht. Er wäre nicht Kid, wenn er nicht noch eins draufsetzen würde. „Die Wände unserer getrennten Schlafzimmer müssten echt Mal erneuert werden...“   Danke für diese wichtige Information... Und du bist nur hergekommen, um mir das zu sagen?   Bis jetzt bist du nicht mal Zuhause gewesen... Du riechst nach Desinfektionsmittel...   Rau auflachend hielt Kid die mitgebrachte Rumflasche in die Luft. „Killer hat sein Kriegsschiff versenkt! Das muss gefeiert werden!“   Kid ignorierend, teilte ich Heat mit meinen stummen Lippen mit: `Bring ihn weg von hier!´ Und löste so meinen Gefallen von ihm ein.   In dem Augenblick, als Kid seinen Arm vom Türrahmen nahm um den Korken der Flasche zu öffnen, schlug ich die Tür geräuschvoll zu. Meine beiden Besucher vor ihr stehen lassend. Heats enttäuschtes: „Alles klar, Kumpel... Aber was ist mit meinem Handy?“, überhörte ich dabei bewusst.   Mir meine Hand seufzend an meine Stirn haltend, ging ich zurück zu meinem Schlafzimmer. ...Doch gefror ich in der Schlafzimmertür, als ich das leere Bett entdeckte. Neben ihm mein durchwühlter Kleiderschrank und ein benutztes Handtuch. Über ihm das weit offen stehende Fenster, das zum Hof des Wohnhauses führte.   Penguin ist abgehauen..., erkannte ich verbittert, die Situation verstehend. Er ist... vor meiner Frage geflohen...   Langsam ging ich auf das zerwühlte Bett zu, mich auf die Matratze sinken lassend und mir mit meiner Hand abwesend durch mein wildes Haar fahrend. Fuck! Krallten sich meine Finger in meine Mähne. Ich Idiot! Ich hätte ihn nicht allein lassen sollen...   Doch welches Recht besitze ich? Ich werde ihn nicht zwingen, bei mir zu bleiben...   Grob ließ ich mich nach hinten, in die Matratze fallen. Nachdenklich zur Decke starrend. Minutenlang. ...Bis ich den weichen Gegenstand unter meinem aufliegenden Hinterkopf bemerkte. Augenblicklich zog ich das Objekt hervor. Meine rechte Hand in den Stoff greifend, der ein dunkles Marineblau trug. Es war Penguins Kappe.   Fest hielt ich sie in meinen Händen über mich. Auf ihrem Schriftzug ruhte mein abwesender Blick. Meine Gedanken indessen durch meinen erschöpften Geist rasend. Zig Fragen, die ich mir selbst stellte. Eine Antwort fand ich auf keine.   Habe ich ihn verschreckt? ...Ihn verletzt? Bin ich zu weit gegangen?   Was... habe ich falsch gemacht?   Alle Fragen waren nichtig. Nur auf eine einzige wollte ich eine Antwort.   `Wirst du Mein werden?´   Penguins Antwort sollte ich niemals hören... Doch sollte ich sie lesen.   Sie stand auf dem Notizzettel, der in der Innenseite seiner Kappe klebte.   Zwei Buchstaben, deren Wert für mich gänzlich unschätzbar waren.   . . .   `Ja´           ###           . . .   Nein! Bleib mir vom Leib, du Irrer!   Au- ...verdammt- ...Au- ...verdammt-   Halb hinkend, halb rennend bewegte ich mich durch die verlassene Straße. Weg von dem rothaarigen Irren, dessen Teufelslachen ich bis ins Schlafzimmer gehört hatte. Eustass Kid wollte ich unter keinen Umständen nochmal begegnen.   Tut mir leid, Kira...   Nur in einer gepunkteten Bluse und zu großen Boxershorts bekleidet, die ich beim Laufen festhalten musste, wanderte ich irrend umher. Hier in der Gegend kannte ich mich ganz und gar nicht aus. Zwischenzeitlich legte ich eine Pause ein, mich mit meiner Hand an einer Häuserwand abstützend, weil mich meine körperliche Erschöpfung einholte. Kurz überlegend, ob ich mich von Law abholen lassen sollte, merkte ich das Zurücklassen meines Handys und meiner Kleidung. Zurückgehen würde ich auf keinen Fall.   Ob ich einfach hier auf dem Boden schlafen s-?   Ein lautes Hupen ließ mich zu dem Taxi sehen, das neben mir gehalten hatte. Das ausdruckslose Gesicht des blonden Fahrers zeigte keinerlei Emotionen, doch winkte er mich schweigend zu sich. Mich bittend, einzusteigen. Skeptisch sah ich ihn lange an, ehe ich mit meinen Schultern zuckte.   Was soll's..., dachte ich mir und stieg in das Taxi, auf dessen Rückbank ich es mir gemütlich machte. Hätte ich meine Kappe mitgenommen, hätte ich sie mir nun über meine Augen gezogen. So griff ich aus Reflex ins Leere und zog stattdessen den weiten, gepunkteten Kragen über meine untere Gesichtshälfte.   Auf dem Taxifahrer-Schild las ich flüchtig seinen Namen und schloss dann grinsend meine müden Augen. „Danke, Hawkins.“   Unterbewusst bemerkte ich das entfernte Gewitter, welches mir nichts mehr ausmachte. Bemerkte die Stimme des Nachrichtensprechers aus dem Radio, der nach neuesten Erkenntnissen über den `Kannibalen-Killer´ sprach. Und auch das leise Murmeln Hawkins', was nach meiner Adresse klang, vernahm mein Unterbewusstsein.   Doch nur ein Gesicht, nur eine Stimme blieb in meinem Kopf erhalten; Die meines eigenen Killers.   Langsam driftete ich weg, während Hawkins eine einzige Tarotkarte zog.   „Eine neunundneunzig prozentige Wahrscheinlichkeit...“   Als er sie sah, offenbarte Hawkins' Mimik erstmals eine Emotion; Ein wissendes Schmunzeln, mitsamt dem Aufblitzen seiner dämonisch roten Augen.     ...Die Karte zeigte die Liebenden...     Hosted by Animexx e.V. 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