Heldentum von Norrsken (Nicht zum Helden geboren) ================================================================================ Prolog: Teaser -------------- Yagami!« Es riss ihn aus seiner Starre und er wandte sich der Richtung zu aus der die Stimme kam. Sein Blick ging den Damm hinunter zur Straße, an der ein schwarzer Jeep gehalten hatte. Daneben stand sein Lehrer Nishijima, ungewohnt ordentlich im Anzug gekleidet. In einem anderen Moment wäre Taichi wohl ein Kommentar dazu über die Lippen gekommen, aber im Augenblick ergab das alles für ihn einfach keinen Sinn. »Herr Nishijima?« »Steig ein!«, forderte ihn sein Lehrer auf. Er wartete keine Antwort ab, als er schon wieder auf der Fahrerseite Platz nahm. Für ausführliche Erklärungen war keine Zeit und er war sich sicher, seinen Schüler gut genug zu kennen, um zu wissen, dass er sich zu ihm ins Auto setzen würde. Immer noch verwirrt über die Gesamtsituation, die sich vor wenigen Momenten zugetragen hatte, lief Taichi den Damm hinunter und folgte der Anweisung, sich in das ihm unbekannte Fahrzeug zu setzen. Kaum hatte er den Gurt geschlossen, ließ Herr Nishjima den Motor anspringen und fuhr los. Es blieb still zwischen den beiden, während ihr Weg sie immer weiter raus aus der Stadt führte. Sie konzentrierten sich auf den Funk über den verschlüsselte Nachrichten kamen, die von der aktuellen Lage berichteten. Da Taichi nichts mit Begriffen wie einem ›Code 19‹ anfangen konnte, schaltete Herr Nishijima schließlich den Bordcomputer ein, der eine Liveübertragung der Geschehnisse am Flughafen zeigte. Taichi blickte auf den Bildschirm, der zeigte wie Greymon und Kuwagamon miteinander rangen. Die beiden Digimon, die eben noch mit ihm gemeinsam am Fluss waren, befanden sich auf einmal Kilometerweit entfernt. Und sein Klassenlehrer zeigte ihm nun, wohin sie verschwunden waren. Nur langsam wandte er den Blick ab, um seinen Lehrer von der Seite anzusehen. »Wer sind Sie, Herr Nishijima?« Eine Frage auf die Daigo Nishijima seinem Schüler keine einfache Antwort geben konnte. Wer ich war ----------- Das Erste, was Daigo wahrnahm, war ein stetiges Sirren. Es erinnerte ihn an Zikaden, wie er sie häufig bei seinen Großeltern hören konnten, und das verwirrte ihn, denn solche hatte er beim Spielplatz noch nie gehört. Langsam öffneten sich seine Augen und er blinzelte gegen das Licht, welches grell durch die Bäume schien. Wieso war es auf einmal so hell? Vorhin hatte es doch zu dämmern begonnen, weshalb ein paar andere Kinder schon auf den Heimweg waren. Und wieso lag er auf dem Boden? Schwerfällig setzte Daigo sich auf und strich sich durch das dunkle Haar. Er hatte keine Beule und keine Kopfschmerzen. Wie er umgefallen war, konnte er sich nicht erklären. Seine letzte Erinnerung war, dass er gemeinsam mit seinen Freunden das Geschehen auf Hayatos neuem Gameboy verfolgte, bis dieser seltsam piepte und dann … Konzentriert zogen sich seine Augenbrauen zusammen und kleine Fältchen zeichneten sich auf seiner Stirn ab. Der Gameboy hatte seltsam gepiept und Hayato war ähnlich verwirrt gewesen, wie die anderen. Das war offenbar keine gewöhnliche Reaktion des Gerätes. Aus einem Bauchgefühl heraus, glaubte Daigo sich daran zu erinnern, dass Hanako etwas sagen wollte. Vielleicht war das der Moment in dem er umgekippt war? Mit hängenden Schultern gab er es auf. Inzwischen ließ Daigo den Blick schweifen. Die Schaukeln und die Rutsche vom Spielplatz waren weg. Wenn er sich weiter umsah, konnte er auch keine Häuser oder gar deren Umrisse erkennen. Nur ein paar Sträucher und Bäume, die er noch nie gesehen hatte. Die naheliegende Verkehrsstraße war ebenfalls nicht da und der Sandboden war fester Erde gewichen. Nichts aus seiner näheren Umgebung kam ihm irgendwie bekannt vor und ließ darauf schließen, dass er sich nicht mehr in der Nähe vom Spielplatz befand. Er rappelte sich auf die Beine. Das Sirren in der Luft wurde vom Rauschen in seinen Ohren übertönt. Die fremde Umgebung gab keinerlei Hinweis darauf, wo er sich gerade befand. Es gab nicht einmal Straßenschilder und andere Menschen sah er weit und breit keine. Wo waren überhaupt seine Freunde? Probeweise rief er nach ihnen, mit wenig Hoffnung in der Stimme, aber vielleicht waren sie in der Nähe. Eine Reaktion blieb aus. Unschlüssig blickte Daigo umher. Seine Eltern hatten immer gesagt, er solle warten, falls sie sich einmal in einer Menschenmenge aus den Augen verlieren. Aber seine Eltern dachten, er wäre auf dem Spielplatz (wo er bis eben war), weshalb er bezweifelte, dass sie in der nächsten Zeit sein Verschwinden bemerken würden. In seinem Hals bildete sich ein Kloß und die Augen brannten ihm ganz schrecklich. Mit den Fäusten rieb er sich über die Lieder und den aufkommenden Schluchzer erstickte er indem er ihn herunterschluckte. Er wollte nicht weinen. Sein älterer Bruder hatte ihm einmal erklärt, wenn man immer gleich bei Problemen zu weinen begann, gab man auf. Außerdem wurde er schon einige Male von Mitschülern als Heulsuse bezeichnet und weil er die nicht mochte, wollte er sie nicht darin bestätigen, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend waren. Einen Augenblick harrte er aus, bis seine Atmung gleichmäßiger wurde. Das Rauschen in den Ohren klang ab und so konnte er ein Rascheln und Knacken hinter sich hören. Da bewegte sich etwas – jemand! Vielleicht Hayato oder Maki oder jemand anders. Irgendjemand. Die Hoffnung, nicht mehr alleine an diesem fremden Ort zu sein, brachte ihn dazu einen Fuß vor den anderen zu setzen und sich auf die neuen Geräusche zuzubewegen. »Hayato? Maki?«, versuchte er es erneut ohne eine Reaktion zu erhalten. Er schob die Äste eines widerspenstigen Gebüschs zur Seite und traf schließlich auf den Urheber der Unruhen. Große Augen blickten ihm entgegen und er selbst starrte mit ebenso großen Augen zurück. Vor ihm stand ein Wesen mit grüner Haut. Sein Kopf schien zu groß für den unförmigen Körper und seine Zähne zu spitz, um einen vertrauenswürdigen Eindruck zu machen. In den großen Händen, die eher Pranken glichen, hielt es eine Keule mit Nägeln, die auch nicht dazu beitrug – im Gegenteil. Daigo wollte schnell weg und bevor er sich für eine Richtung entscheiden konnte, hatten seine Beine sich schon in Bewegung gesetzt und rannte durch die Büsche. Er wusste nicht, was das für ein Ding war, aber er wollte es nicht herausfinden. Sein Gesicht schützte er mit den Händen vor Ästen und er bemühte sich, über keine Wurzel zu stolpern, was es erschwerte, das Tempo zu halten. Trotzdem glaubte er, einen gewissen Abstand zwischen sich und das Ungetüm gebracht zu haben, bis er wieder das Knacken von Holz hören konnte. Ein kurzer Blick über die Schulter verriet ihm, dass er von dem Ding verfolgt wurde. Es schwang die Keule und grinste, sodass die vielen Zähne gut sichtbar wurden. Sein Nacken kribbelte und so weit es ihm möglich war, versuchte Daigo noch schneller zu laufen. Es kam ihm dabei zu Gute, dass er in der Schule den Fussball-Club besuchte. Die vielen Stunden auf dem Feld hatten seine Kondition ausreichend trainiert, um diesen Sprint ohne Schnappatmung durchzuhalten. Allerdings gelang es ihm trotzdem nicht, den Abstand zwischen sich und dem Ding zu vergrößern, obwohl er meinte, dass das Wesen recht kurze Beine hatte. Die Verfolgung fand ihr jähes Ende, als sich vor Daigo eine Wand aus Felsen hochzog. In der Hektik hatte er vergessen auf den Weg zu achten. Fieberhaft versuchte er einen Ausweg zu finden. Ein Spalt im Felsen, ein guter Kletterpfad, aber nichts dergleichen fiel ihm ins Auge. Hilflos tastete er mit den Händen über das Gestein, während ihm bewusst war, dass das unheimliche Wesen immer näher kam. Seine Atmung wurde unregelmäßig. Nicht, weil er ausgelaugt war vom Laufen, sondern weil sich in ihm die Angst davor, was als nächstes passieren würde, breit machte. Das Ding verfolgte ihn sicher nicht, um ihm den Weg zu zeigen und die Keule benutzte es wohl kaum zum Baseballspielen. Soviel war für Daigo sicher. Wieder ertönte das Knacken von brechenden Ästen und kündigte ihm die Ankunft seines Verfolgers an. Diesmal hörte er das tiefe Schnaufen, zudem sich ein leises Grollen gesellte. Mit zitternden Knien hielt Daigo sich auf den Beinen und wagte es nicht, sich umzusehen. Unerwartet spürte er einen Luftzug in den Haaren und ein Schatten huschte von der Felswand über ihn hinweg. Kurz darauf ertönten ein dumpfes Geräusch und ein kläglicher Aufschrei. Nun wandte er sich doch dem Geschehen zu, um zu sehen, was sich hinter seinem Rücken abspielte und vielleicht eine neue Chance zur Flucht zu entdecken. Das grünliche Wesen lag am Boden und hatte seine Keule aus der Pranke fallen lassen. Auf ihm stand ein vierbeiniges Wesen mit gelbgoldenen Fell, dessen Gestalt Daigo an eine Raubkatze erinnerte. Es hielt das Ding, von dem er verfolgt wurde, am Boden fixiert und ein bedrohliches Knurren ging von dem neuen Wesen aus. Es war ein guter Moment, um die Umgebung auf einen Fluchtweg zu sondieren. Diese komischen Gestalten schienen ihn zu ignorieren, was ihm Zeit verschaffte. So konnte er einen Vorsprung entwickeln und vielleicht seine Spuren verwischen. Stattdessen starrte er wie gebannt auf die verkeilten Wesen und wartete darauf, was als nächstes passieren würde. Mit einem tiefen Grollen bäumte sich der Grüne auf und die Raubkatze musste von ihrem Platz weichen. Es hob seine Keule auf und wandte sich dem Gegenüber zu. Das Katzenwesen fletschte die spitzen Reißzähne und ließ abermals ein bedrohliches Knurren von sich hören, das Daigo erstarren ließ. Dem koboldähnlichen Wesen schien das weniger zu beeindrucken. Schwerfällig holte es mit der Keule aus und stampfte auf seinen Gegner zu. Das Katzenwesen war jedoch agil und konnte dem plumpen Angriff einfach ausweichen. Mit einer schnellen Bewegung kratzte es mit seiner Tatze über das grüne Gesicht und ein lautes Jaulen hallte an der Felswand entlang. Mit einer Pranke hielt es sich das geschundene Gesicht und trat den Rückzug an. In Daigos Körper löste sich die Anspannung und für einen Augenblick drohten seine Beine nachzugeben. Rechtzeitig ließ er den Rücken gegen die Wand fallen und hielt sich so aufrecht. Erst in diesem Augenblick fiel ihm auf, wie kräftig sein Herz gegen seine Brust schlug. Das Ungetüm war fort. Die Erleichterung ließ ihn vergessen, dass sich in seiner Nähe nun ein Raubtier aufhielt. Das Wesen mit dem gelbgoldenen Fell leckte sich die Tatze, mit der es eben seinen Gegner in die Flucht geschlagen hatte, sauber und wandte sich nach getaner Arbeit zum Gehen. Es hielt in seiner Bewegung inne, als es Daigos Anwesenheit bemerkte. Aus großen blauen Augen starrte es den Jungen an. Die feinen Härchen um seine Schnauze vibrierten in der Luft, witterten jedoch keine Gefahr. Argwöhnisch lief es in einem Bogen um ihn und behielt ihn dabei genau im Blick. Daigo war bewusst, dass sich seine Situation nicht verbessert hatte. Der Kobold war einer Raubkatze gewichen. Es erinnerte ihn an einen Löwen. Genau genommen an einen jungen Löwen, denn statt einer prächtigen Mähne trug das Wesen nur rötlichen Flaum auf seinem Kopf. Dafür hatte es ganz imposant einen goldenen Ring mit einem grünen Juwel um den Hals. Vielleicht war das der Grund, weshalb Daigos nicht so viel Angst hatte. Es wirkte wie ein Halsband und diese trugen seiner Erfahrung nach zahme Tiere. Trotzdem drückte er sich gegen die Felswand, als könnte ihn diese aufsaugen und somit aus der Situation befreien. Nachdem die Raubkatze zwei Mal um ihn herumgeschritten war und ihn von allen Seiten taxiert hatte, blieb sie gegenüber von ihm stehen und neigte den Kopf. In den Augen lag etwas forschendes, was er so noch nie bei einem Tier gesehen hatte. »Was bist du?« Daigo blinzelte und schaute umher. Woher war die Frage gekommen? Er konnte niemanden zwischen den Bäumen und Büschen erkennen und war sich sicher nach wie vor alleine zu sein. Nur das Katzenwesen vor ihm war da und betrachtete ihn weiter aus wachen Augen. Er blickte lange zurück in die blauen Augen bis er zögerlich den Mund öffnete und seine Stimme wiederfand. »Warst du das?« Der goldene Löwe neigte den Kopf in die andere Richtung. Es blieb still und Daigo wollte sich schon selbst dafür verrückt erklären, dass er für einen Moment geglaubt hatte, dass dieses Tier sprechen könnte. »War ich was?« Die Kinderaugen wurden größer als sie es sowieso schon waren. Die Katze sprach! Mit ihm! Er blieb dem Wesen auch auf die zweite Frage eine Antwort schuldig. Unzufriedenheit spiegelte sich auf dem Gesicht wieder. Es verzichtete auf seine Deckung und bewegte sich bedacht auf den Jungen zu. Direkt vor ihm kam es zum Stehen und Daigo konnte auf seinen Armen den Atem der Raubkatze spüren. Ob es nun an seiner Kleidung, seinen Armen oder den Beinen schnüffelte, es konnte keine Gefahr wittern. »Harmlos«, sprach es seinen Gedanken aus und wandte sich von ihm ab. Verblüfft beobachtete Daigo wie es sich von der Felswand und ihm entfernte. Als habe es jegliches Interesse an ihm verloren, weil es ihn als ›harmlos‹ bewertet hatte. Dies ließ ihn mutiger werden, als er es selbst von sich kannte. Er schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter. Seine Beine wollten sich nicht gleich bewegen, also stieß er sich von der Felswand ab und setzte mit dem gewonnen Schwung einen Fuß vor den anderen, um die Verfolgung aufzunehmen. Die gelbgoldenen Ohren des sprechenden Löwenwesens zuckten, als es die hastigen Schritte hören konnte. Um sich zu vergewissern, blieb es stehen und warf einen Blick zurück. Tatsächlich kam der Junge auf es zugelaufen, auch wenn in seinem Gesicht eine gewisse Ängstlichkeit stand. Es wartete ab, bis er zu ihm aufgeschlossen hatte und hob skeptisch den Kopf. »Was willst du?« Als Daigo ihm wieder gegenüberstand, kamen in ihm Zweifel auf und für einen Augenblick schien ihm die Stimme zu versagen. Wenn er zum dritten Mal keine Antwort gab, würde es ihm sicher keine Beachtung mehr schenken – das befürchtete er zumindest. Also nahm er sein bisschen Hoffnung zusammen und fragte: »Kannst du mich zum Spielplatz zurückbringen?« Nachdem es auf seine Frage eine Weile lang still blieb und das Löwenwesen den Kopf nur wieder schief legte, setzte er ein kleinlautes ›Bitte‹ hinzu. Trotzdem blieb es ihm eine Antwort schuldig. Erst als eine ganze Weile verging entgegnete es ihm: »Was ist ein Spielplatz?« »Oh«, war der geistreiche Gedanke, der Daigo laut entwich. »Da war ich, bevor …«, begann er einen Satz, doch ließ ihn unvollendet. »Da spielen Kinder«, versuchte er einen anderen Ansatz. »Kinder?«, echote das Wesen und Daigo meinte in den blauen Augen eine Verwirrung aufkommen zu sehen. »Und was sind das?« Ungläubig schüttelte Daigo den Kopf, dass ihn einige seiner dunklen Strähnen ins Gesicht fielen, die von seiner Fliegerbrille nicht zurückgehalten wurden. »Ich bin ein Kind«, erklärte er und klopfte sich mit der Hand auf die Brust, um seine Aussage zu untermalen. »Du bist also ein Kind«, erfasste es und nickte zufrieden, da es nun endlich eine Antwort auf seine erste Frage bekommen hatte. Nun, da sich dieses Kind entschlossen hatte auf seine Fragen zu antworten, setzte sich das Löwenwesen auf seine Hinterbeine und wollte ihm Gehör schenken. Sein Schwanz schlängelte dabei über den Boden, um die unruhigen Energien im seinem Körper zu katalysieren. Das Bild erinnerte ihn an die Hauskatze, die er häufig in ihrem Viertel traf. Sie saß häufig an einer Straßenecke und beobachtete das Geschehen um sich herum. Wenn man sich langsam zu ihr hockte, neigte sie einem das Köpfchen entgehen, als Einladung zum Kraulen. Dieses Löwenwesen ging ihm jedoch sitzend bis zur Brust, was ihm genügend Respekt einflößte, um das mit dem Kraulen nicht bei ihm auszuprobieren. Während es ihn so anblickte, fragte er sich, was es nun eigentlich war. Richtige Löwen konnten nicht sprechen und trugen keinen Schmuck. »Und was bist du?«, stellte er die Frage laut. »Ich bin Leormon«, antwortete es und neigte den Kopf wie zu einer höflichen Begrüßung. Er tat es dem Wesen gleich und stellte sich seinerseits vor. »Mein Name ist Daigo.« »Daigo? Aber du sagtest, du bist ein Kind?« Die Irritation stand Leormon ins Gesicht. Er verstand das zwar nicht, aber er versuchte trotzdem, sich zu erklären. »Ich bin ein Kind, aber ich heiße Daigo. So werde ich gerufen.« »Also nenne ich dich Daigo, das Kind«, überlegte das Löwenwesen. »Daigo reicht vollkommen«, meinte er und zum ersten Mal seit dem er in dieser seltsamen Situation feststeckte zeichnete sich ein Lächeln auf seinen Lippen ab. »Dich nenn ich Leormon.« »So werde ich genannt«, stimmte es ihm zu. Von der Friedlichkeit des Wesens beflügelt, keimte die Neugier in ihm auf. »Und was genau bist du? Doch kein normaler Löwe, oder?« Die konnten schließlich nicht sprechen. Von dem Wesen fasziniert, vergaß er für den Augenblick auch sein Vorhaben, zum Spielplatz zurückzufinden. Leormon aber schien seine Frage überhaupt nicht zu hören. Die Ohren waren gespitzt und zuckten leicht in verschiedene Richtungen. Kurz darauf erhob es sich und wirkte beunruhigt. Sein Blick schweifte durch die umliegenden Büsche, doch es war nichts zu erkennen. Witternd reckte es seine Schnauze in die Luft. Die plötzliche Veränderung in seinem Verhalten, ließ Daigo nervös werden. Ohne zu wissen, wonach er suchen sollte, blickte auch er sich um. Versuchte so eine Erklärung zu erhalten. »Wir müssen hier verschwinden«, erklärte Leormon bedeutungsvoll und setzte seinen Weg wieder fort, den es für Daigo unterbrochen hatte. Er lief dem Wesen nach, obwohl er nicht verstand, warum es das sagte. »Was ist denn?« »Es wird hier gleich gefährlich«, erklärte es und erhöhte sein Tempo, sodass Daigo nur im Laufschritt mithalten konnte. »Goblimon hat sich Verstärkung gesucht.« Der Name sagte ihm zwar nichts, aber er vermutete, dass es damit den grünen Kobold meinte. Dem wollte er kein zweites Mal begegnen und schloss zu Leormon auf. Er konnte nicht wissen, wohin es ging, und er hatte immer noch keine Ahnung davon, wo er sich befand und wo der Spielplatz oder seine Freunde waren. Trotzdem folgte er dem Löwenwesen im guten Glauben. ▽ Ein Stück Abseits vom Geschehen, suchte sich Daigo einen Ort zum Nachdenken. Er ging um ein paar zerfallene Gebäude herum und nahm eine steinerne Treppe, die nicht einsturzgefährdet aussah, um auf die Dächer zu gelangen. Von dort oben hatte er einen Ausblick auf die Klippen hinter der Ruine. Dahinter erstreckte sich bis zum Horizont das Meer. Schon im Wald hatte ihn das Gefühl beschlichen, dass etwas seltsam war. Nun sickerte die Erkenntnis langsam in sein Bewusstsein. Nichts hier war wie zu Hause. Diese alten Gemäuer waren die ersten Gebäude, die er sah. Ansonsten war weit und breit alles Natur, als befände er sich in der Wildnis. Aber die Pflanzen, die hier wuchsen, hatte er auch noch nie gesehen. Es gab keine Straßen, keinen Verkehrslärm, keine Spielplätze. Nachdem er Leormon zu erklären versuchte, wohin er wollte, hatte dieses ihm bedauernd mitgeteilt, dass es einen derartigen Ort nicht kannte. Auch jemanden wie ihn hatte es zum ersten Mal gesehen. Daigo stand kurz vorm Heulen, als er befürchtete, alleine an diesem Ort zu sein, da berichtete ein dinoärtiges Wesen, vorhin erst etwas gesehen zu haben, was Ähnlichkeit mit ihm hatte. Leormon machte sich mit zwei weiteren Digimon – so, hatten sie ihm erklärt, hieß ihre Art – auf den Weg und verließ die Ruine, um dieser Spur nachzugehen. Die Digimon, die mit Daigo in der Ruine blieben, waren bemüht, ihn aufzumuntern. Ein paar, die wie übergroße Vögel aussahen und viel zu kleine Flügel hatten, um damit fliegen zu können, begannen ein Tänzchen, während froschartige Digimon ihm Wasser und diverse Beeren brachten. Die Gastfreundlichkeit ließ ihn für den Moment seinen Kummer vergessen und das mulmige Gefühl, das ihm diese ungeheuerlichen Wesen bereiteten, verschwand in Gänze. Leormon kehrten erst kurz vor Dämmerung zurück. Begleitet wurde es von Daigos Freunden Hayato, Hanako, Maki und Takeo. Erleichterung kam in allen Kindern auf, als die Gruppe sich wieder vereint sah. Das Gefühl hielt jedoch nicht lange vor, denn das offensichtliche holte sie gleich wieder ein. Keiner von ihnen konnte sagen, wo sie sich im Augenblick befanden. »Wenn wir ziellos umherlaufen, verirren wir uns«, stellte Maki fest. Keiner der anderen wollte ihr zustimmen, obwohl ihnen bewusst war, dass sie die Wahrheit sprach. »Und im Dunkel sehen wir nichts mehr«, setzte sie hinzu. Daigo war erschüttert, wie gelassen diese Worte von ihr kamen. Manches Mal hatte er das Gefühl, Maki sei schon richtig erwachsen und dafür bewunderte er sie im Stillen. Dass sie ruhig und besonnen blieb, gab ihm Halt, um selbst nicht in Panik zu verfallen. »Der Wald wird mit der Dunkelheit gefährlich«, informierte ein Digimon, das an eine Kaulquappe erinnerte. Es hatte sich auf Hanakos Schoß niedergelassen, nachdem sie sich alle gemeinsam um die zentrale Feuerstelle gesetzt hatten. »Was heißt gefährlich?«, wollte Hanako es genauer wissen. »Digimon legen sich im Schutz der Dunkelheit auf die Lauer. Starke Digimon«, erklärte Leormon mit gesenktem Haupt als schäme es sich. »Wir sind für sie keine Gegner, deshalb verlassen wir nach Dämmerung die Ruinen nicht mehr.« »Dann werden wir das heute auch nicht mehr«, beschloss Takeo. Seine Augenbrauen waren tief zusammengezogen und er verschränkte die Arme vor der Brust, als gefiele ihm seine eigene Entscheidung nicht. »Wir bleiben vorläufig hier, wo es sicher ist.« Keines der Kinder widersprach und so war es beschlossene Sache. Nun beobachtete Daigo von den Dächern der Ruine aus die Sonne, wie sie langsam am Horizont versank. Der Himmel war bereits tiefblau und nur noch ein schmaler orangefarbener Streifen zog sich am Meer entlang, während er sich in Gedanken verlor. Seine Eltern wurden wütend, wenn er nicht vor Einbruch der Nacht zuhause war. Wenn er gar nicht Heim kam, würden sie sich Sorgen machen. Er würde sicher ärger bekommen, sobald er wieder daheim war. Falls wir nach Hause finden, ergänzte ein leises Stimmchen und es fühlte sich an, als legte sich eine eiskalte Hand mit festem Griff um sein Herz. Zitternd atmete er ein und rieb sich über die Augen. Mit einem Blick über die Schulter konnte er die Feuerstelle sehen. Hayato und Hanako saßen dort und lachten, weil einige Digimon vor ihren Augen Faxen anstellten. Seine Lippen verzogen sich zitternd zu einem Lächeln als mehrere kleine gelbe Bälle sich stapelten, das Gleichgewicht verloren und auseinanderkugelten. Aus dem Augenwinkel sah Daigo, wie Maki die Treppe hinaufstieg, und wandte ihr schnell den Rücken zu. Er stülpte sich sein Shirt übers Gesicht und jede verräterische Spur zu vernichten, bevor sie bei ihm war. »Hab' ich dich«, kündigte sie ihre Ankunft an. Zögerlich drehte er sich in die Richtung, aus der ihre Stimme kam. Prüfend lag ihr Blick auf ihm und schien die Tränen zu suchen, die er auf keinen Fall zeigen wollte. »Was machst du hier?«, fragte sie unschuldig und versuchte ahnungslos zu wirken, obwohl er wusste, dass sie ihn besser kannte. »Nichts«, murmelte er leise und setzte etwas lauter hinzu, »man kann schon viele Sterne sehen.« Er ließ den Kopf in den Nacken fallen, um sich besagte Sterne einmal anzusehen. Durch die schwindende Röte der Sonne wurden nach und nach immer mehr sichtbar. Maki trat die letzten Schritte an seine Seite und setzte sich zu ihm. Die Beine ließ sie über den Rand des Daches baumeln. Mit den Armen stützte sie sich ab und tat es Daigo gleich. »Die sind so hell«, bemerkte sie. Er verstand, wie sie das meinte. Selbst der Himmel schien ein ganz anderer zu sein als bei ihnen zu Hause. So viele Sterne hatte er von seinem Zimmerfenster aus nicht betrachten können. »Irgendwie schön.« Sein Blick huschte zaghaft zur Seite, in der Hoffnung, dass Maki nicht bemerkte, wie er sie ansah. Sie lächelte und für einen Moment glaubte Daigo, die Sterne spiegelten sich in ihren Augen. Schnell blickte er zurück gen Himmel, als sie wieder eine gerade Haltung einnahm und aufs Meer hinausschaute. So konnte er nur auf ihren Rücken schauen und rätseln, was ihr gerade durch den Kopf ging. Als er ihrem Blick folgte, merkte er erst, wie sich das klamme Gefühl in seiner Brust verflüchtigt hatte. Der Wind frischte auf und blies ihnen salzige Meeresluft ins Gesicht. An seine Ohren drang das Rauschen von Wellen. Das fühlte sich sehr vertraut an. »Danke, Maki.« Sie blickte ihm über die Schulter hinweg an, die Stirn leicht gekräuselt. »Danke wofür?« Statt einer Antwort kam nur ein herzhaftes Gähnen von Daigo. Er streckte alle Gliedmaßen von sich und schüttelte das letzte Bisschen Anspannung von sich ab. »Ich bin echt müde«, kommentierte er unnötigerweise und untermalte dies mit einem zweiten Gähnen. Maki ließ es auf sich beruhen und schüttelte sacht den Kopf. Langsam rutschte sie vom Rand des Daches weg und stand auf. »Hyokomon hat angeboten, dass wir bei ihm und den Chicchimon schlafen können.« »Oh, das ist ja nett.« Die Digimon waren wirklich freundliche Wesen. In der kurzen Zeit, die er bisher mit ihnen verbringen durfte, hatten sie sich sehr um ihn bemüht, obwohl er für sie fremd war. Erst teilten sie ihr Essen, jetzt ihren Schlafplatz. »Ich glaube, die Digimon hier sind aufeinander angewiesen und deshalb so hilfsbereit«, meinte Maki als hätte sie Daigos Gedanken gelesen. Manchmal passierte das. Dabei sah sie ihn nicht an, während er ganz verblüfft zu starren anfing. Es bereitete ihm zwar Unbehagen, doch er versuchte, dies zu überspielen. Ihn beschlich das Gefühl, dass es ihr auch unangenehm war und er wollte nicht, dass sie sich so fühlte. »Eine richtige Gemeinschaft also?«, durchbrach er den kurzen Augenblick der Stille mit heiterem Ton. Maki nickte zaghaft und wandte sich ihm wieder zu. »Kommst du mit runter?« Daigo ließ den Blick zu seinen Freunden am Feuer schweifen. Die Stimmung war ruhiger. Alle schienen sich für die Nachtruhe fertigzumachen. »Ich bleib noch ein bisschen«, vertröstete er sie. Es bereitete ihm Probleme sie anzusehen, ohne nervös zu werden. Er hatte Angst davor, dass sie nachfragte, denn dann würde sie ihn ohne ein Wort von ihm gleich durchschauen. Seine stummen Gebete schienen sie erreicht zu haben, denn sie verzichtete darauf, etwas zu sagen. Sie nickte ihm einmal knapp zu und wandte sich zum Gehen, um sich wieder zu den anderen zu begeben. Ihr rötliches Haar verschwand langsam hinter den Mauern. Als sie schon längst das untere Ende der Treppe erreicht hatte, sah er immer noch in die Richtung, in die sie gegangen war, ohne einen tiefer gehenden Gedanken dabei zu haben. Gemächlich drehte er dem unbekannten Meer zu. Das Licht der Abendsonne war ein schmaler Streifen am Horizont, sodass die Sterne sich inzwischen auf der tiefdunklen Wasseroberfläche spiegelten. Er erinnerte sich an die Male, die er zusammen mit seinem Bruder bei ihren Großeltern auf dem Land zu Besuch waren. Dort hatten sie sich in den milden Sommernächten in den Garten geschlichen und die Sterne beobachtet. Es war ein ganz anderes Gefühl als auf dem Dach ihres Mietshauses. Die Sterne hatten sich so viel näher angefühlt und das, obwohl sie das Teleskop zuhause gelassen hatten. Daigo ließ den Blick gen Himmel schweifen. Zu Hause hatten sie die Sternbilder, die sie erkannten, aufgesagt. Hier konnte er keine einzige Konstellation erkennen. Während er seinen Gedanken nachging, bemerkte Daigo nicht, wie Leormon die Treppe zum Dach hinausgekommen war. Als die meisten sich langsam für die Nachtruhe fertigmachten, war ihm aufgefallen, dass eines der Kinder außer Sichtweite war. Von Maki hatte es erfahren, dass der Junge sich auf einem Dach weiter hinten in den Ruinen befand. Da es ihn als Ersten mit in die Basis gebracht hatte, fühlte Leormon sich für das Kind verantwortlich und entschloss sich dazu, nach ihm zu sehen. Wie er da saß und den Kopf zum Himmel reckte, hielt Leormon einen Augenblick inne. Es zögerte, sich bemerkbar zu machen. Stattdessen setzte es bedacht eine Pfote vor die Andere, bis es zur Rechten von Daigo Platz nahm. Es folgte seinem Blick und versuchte zu erkennen, was er dort sah. Diesen leuchtenden Punkten hatte es bisher wenig Beachtung geschenkt. Trotz seiner leisen Schritte blieb der Neuankömmling nicht unbemerkt. Nachdem es sich neben Daigo setzte, überragte es ihn in sitzender Position. Er konnte gar nicht anders, als seinen Blick auf das Digimon zu heften. Obwohl es wie ein Junglöwe aussah, machte es einen erhabenen Eindruck wie der König der Tiere. Ein Kribbeln in seinen Wangen verleitete ihn dazu, die Lippen zu einem Lächeln zu verziehen. Als Leormon dies aus dem Augenwinkel bemerkte, wandte es sich ihm zu und neigte den Kopf, wie es das bereits an der Klippe getan hatte. »Was hast du?« „Vorhin hatte ich Angst vor dir«, gestand er und merkte, wie seine Wangen warm wurden. Ihm war nicht bewusst, was ihn zu diesem Geständnis verleitete und wie das Digimon darauf reagieren würde. Es war nicht gerade ein Kompliment jemanden so etwas zu sagen. »Du hast dieses …« »Goblimon«, half es ihm kurz aus und zuckte mit den Ohren, als wollte es zeigen, dass es ihm aufmerksam zuhörte. »Genau«, stimmte er zu. »Du hast es direkt in die Flucht geschlagen.« Daigo holte mit der Hand aus und vollführte eine schwungvolle Bewegung. »Mit einem Schlag.« So stellte er es sich vor, ohne es gesehen zu haben. »Es kam den Ruinen zu nahe«, erklärte es nüchtern. »Aber es hätte auch dich attackieren können«, stellte er fest und blickte zu dem Wesen mit großen Augen auf. »Mit der Keule. Das hätte bestimmt gesessen. Das hat dir keine Angst gemacht, oder?« »Ich hatte den Überraschungsmoment auf meiner Seite, da es auf dich fixiert war«, erklärte Leormon. Es hob die Tatze und fuhr sich mit ihr über Ohr und Schnauze. Auf Daigo macht es den Anschein, als würde es seine Tat aus Verlegenheit herunterspielen. Für ihn war es trotzdem beeindruckend, mit welcher Furchtlosigkeit es Goblimon entgegengetreten war. Es erinnerte ihn an Takeo, der sich in der Schule oft denen entgegen stellte, die sich daneben benahmen, während er selbst noch dabei war, die Situation zu beobachten. Manchmal sagte er sich, Takeo war einfach schneller als er, aber insgeheim zweifelte er daran, dass er jemals den nötigen Mut dafür aufbringt, um so zu handeln wie sein Freund oder Leormon. »Gibt es dort etwas zu sehen?« Die Frage kam für ihn so unerwartet, dass er das Digimon einige Male anblinzelte und nicht wusste, worauf sich die Frage bezog. Sein vorangegangener Gedankengang war durch die Überraschung verloren. Er folgte schließlich seinem Blick, der, wie sein eigener zuvor, zum Himmel ging. »Meinst du die Sterne?« »Was ist das wieder für ein Wort?« Es klang ungehalten. Das Kind neigte dazu, von Dingen wie selbstverständlich zu sprechen, von denen es nie etwas gehört hatte. Er selbst war auch so ein Ding. Diese vielen Fragen, die es stellen musste, gaben ihm das Gefühl, viel zu wenig zu wissen. Das war frustrierend. Daigo überhörte es, denn inzwischen war ihm aufgefallen, dass er und die Digimon wenig übereinander wussten. Er streckte die Hand aus und deutete hinauf. »Die Lichter«, erklärte er kurz. »Die nennen wir Sterne.« Das Löwenwesen neigte den Kopf und studierte eingehend den Himmel als betrachte es ihn zum ersten Mal. Es dachte darüber nach, wieso man etwas so Unbedeutendes benennen musste. »Die sind doch immer da«, bemerkte es. Das musste doch langweilig sein, immer auf das Gleiche zu schauen. »Das stimmt«, erwiderte er als hätte dies etwas Tröstliches. Daigo heftete den Blick an die Sterne. Auch wenn es nicht der Gleiche Himmel war, so konnte er sich darüber sicher sein, dass die Sterne auch hier jede Nacht zu sehen waren. Für Leormon schien er in diesem Moment ganz weit weg. Das alles ergab für das Digimon keinen Sinn. Die Kinder waren ihm ein einziges Rätsel, seit es auf sie getroffen war. Ihre Hilflosigkeit hatte in ihm den Instinkt zu beschützen geweckt. Seit sie in den Ruinen waren, wurden sie lebhafter. Die anderen Digimon hatten sich sehr darum bemüht. Nur Daigo hatte ihm weiter das Gefühl gegeben, dass er sich nicht sicher fühlte. Es war sich nicht sicher, wieso es ihm zusetzte, doch das war der Grund dafür, wieso es hier saß und ihn beobachtete, in der Hoffnung, das alles zu verstehen. »Bist du nicht müde?« »Doch«, antwortete er peinlich berührt. Es frischte auf und der Wind wehte durch sein Shirt. Auf seiner Haut zeichnete sich ein Schaudern ab. Wieso ging er nicht zu den anderen? Leormon bezweifelte, dass er darauf eine Antwort finden würde. Es war sich allerdings sicher, dass es selbst nicht zur Ruhe fand, solange Daigo sich auf dem Dach aufhielt. Gut, dass es heute nicht den Wachdienst hatte. Ein leises Brummen rollte seine Kehle hinauf, als es sich der Situation ergab. Gemächlich erhob es sich auf seine vier Pfoten, um sich eine bequemere Position zu suchen. Es schmiegte sich am Rücken des Kindes entlang und rollte sich auf den Boden ein. Verdutzt heftete er den Blick auf den jungen Löwen, der eher die Größe eines ausgewachsenen Berna Sennen hatte. Mit großen Kinderaugen starrte Daigo auf das entspannte Gesicht, als wäre das Digimon bereits eingeschlafen. Schließlich öffnete es die Augen und erwiderte den Blick. »Erzähl mir noch etwas über diese Sterne«, bat es und ließ die Ohren zucken. Er war sich nicht sicher, ob es an seiner Müdigkeit lag oder der zutraulichen Geste des Digimons, dass ihn dazu veranlasste, die Hand nach ihm auszustrecken. Behutsam strich Daigo über den Kopf von Leormon und kraulte es hinter seinem Ohr. Das leise Brummen erinnerte ihn an das Schnurren einer Katze. Behutsam lehnte er sich zurück in das weiche Fell. Es war warm und ließ ihn aufhören zu frieren. Ein Gefühl von Geborgenheit machte sich in ihm breit und es fühlte sich an, als löste sich ein Knoten in seinem Bauch. Für den Augenblick war nicht alles so schrecklich, wie es bis eben noch erschien und er begann Leormon alles über die Sterne zu erzählen, was er von seinem Bruder gelernt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)