Nachtgespräche von Malignitas (Dachschäden sind ansteckend) ================================================================================ Kapitel 1: Nachtgespräche I --------------------------- Nachtgespräche Boruto hob leicht seinen Kopf an und schielte hinüber zu Mitsuki, der glücklicher zu sein schien als er sollte. Er wusste schon lange, dass dieser irgendwo einen Dachschaden hatte, konnte sich aber noch nicht ganz erklären, wieso der blauhaarige Genin grinsend auf die Decke starrte. Boruto wendete seinen Blick wieder ab und konzentrierte sich erneut auf sein geliebtes Spiel, „Ninja Super Warriors 2“. In letzter Zeit machte sich ein eigenartiges Gefühl in seiner Magengegend breit, wenn er Mitsuki länger ansah. Zuerst dachte er es lag daran, dass die blaue Farbe seiner Haare ihn an den neuen, blauen Burger aus ihrem lokalen Fastfood-Laden erinnerte, der in ihm bis heute einen Würgreiz hervorrief, aber das war es nicht. Es war irgendetwas anderes. Aber was? Boruto merkte wie seine Augen wieder vom Bildschirm wanderten und an Mitsuki kleben blieben. Irgendwie- „Boruto“, rief auf einmal eine Stimme von draußen, „Braucht ihr noch irgendwas? Möchte Mitsuki vielleicht noch etwas essen?“ Boruto seufzte laut auf. Nur einen Moment nicht aufgepasst und Game Over. Fluchend warf er die Konsole auf seinen Nachttisch. „Willst du noch was essen?“, fragte der Blondschopf Mitsuki, der neben seinem Bett zufrieden auf einem auf einem dem Boden ausgelegten Futon lag und nur seinen Kopf schüttelte. „Ne, ist schon gut, Mom“, schrie Boruto zurück und hörte noch wie Hinata die Treppe hinab ging. Dann stand er auf, tapste vorsichtig über Mitsuki hinüber, schaltete das Licht in seinem Zimmer aus und bahnte sich den Weg zurück in sein Bett. Ein Streifen Straßenlicht fiel zwischen den Vorhängen hindurch, jedoch ein Stück zu weit links, sodass es nicht Mitsukis Gesicht traf. Vom Boden kam ein Rascheln, wahrscheinlich drehte sich Mitsuki gerade auf die Seite. Zudem noch diese peinliche Stille, von der Boruto nicht wusste, wieso sie seit Kurzem auftauchte. Aber vielleicht merkte es Mitsuki ja auch gar nicht. Vielleicht war für ihn alles wie immer, nur Boruto kam alles zurzeit irgendwas komisch vor. Wie dieser unbegründete Frust, dass der Lichtstreif zu weit links war. Genervt rieb er sich seine Augen und fasste sich wieder. „Ehm, also, Gute Na-“, wollte er noch sagen, als Mitsuki ihn pötzlich unterbrach. „Weißt du, das ist das erste Mal, dass ich bei einem Freund übernachte.“ Überrascht hob Boruto im Dunkeln eine Augenbraue. Es kam nicht oft vor, dass er etwas über sich selbst erzählte. „Tja, dann weißt du’s jetzt, wie es so ist“, erwiderte der Sohn des Hokage neckisch, „Eigentlich teilt man sich nur ein Zimmer. Nur, dass einer den Boden bekommt und einer das Bett.“ „Ich find es genial“, meinte Mitsuki leise, „Vor Allem, weil es mit dir ist.“ Es begann also wieder. Boruto fühlte wie Hitze in seine Wangen stieg. Verlegen zog er seine Bettdecke höher, in der Hoffnung, dass falls sein Gesicht rot zu leuchten beginnt, der andere nichts merken würde . „Sag sowas nicht. Das klingt voll seltsam“, nuschelte Boruto in die Decke. „Was meinst du mit sowas?“ „Ach, du weißt schon, wenn du so Dinge redest, wie ich sei deine Sonne oder dass du mir überall hin folgen würdest.“ „Ist dir das unangenehm?“, fragte Mitsuki weiter. Seine Stimme klang wie immer klar und sanft, fließend und weich, so wie sich Boruto die Oberfläche des Mondes vorstellte. Schnell zwang er diesen absurden Gedanken von sich. Boruto wusste selbst nicht mehr, was er denken sollte. „Ja- Nein- Ich weiß nicht. Überhaupt verstehe ich generell das ganze Sonnenzeug nicht. Ich…“, fuhr Boruto fort, doch irgendwie fand er nicht die richtigen Worte. Am Liebsten wäre er einfach in ein Loch versunken um das Gespräch nicht mehr fortführen zu müssen. „Ich habe es gewusst, als ich dich zum ersten Mal sah“, begann Mitsuki ohne jegliche Hemmung, “Du strahlst aus dem Inneren. Du hast die Fähigkeit mit vielen Leuten Freundschaften zu schließen. Sie sind wie Planeten, die von deinem Glänzen angezogen werden und ihre Flugbahn um dich herumziehen und ich bin einer davon. Menschen mögen dich wegen deiner Wärme und endlosen Energie. Ich glaube, darum beneide ich dich. Aber zur selben Zeit bin ich dennoch trotzdem einfach nur glücklich in deiner Nähe zu sein.“ Boruto lies die Worte für einen Atemzug auf sich wirken, dann antwortete er: „Ich verstehe ja, dass ich irgendwo nen Draht zu Leuten hab. Aber du formulierst das alles… so komisch. Als wäre ich für dich, ich weiß nicht, etwas Besonderes.“ „Du bist ja auch etwas Besonderes, Boruto“, erwiderte Mitsuki mit einem Lächeln, dass deutlich in seiner Stimmlage zu hören war. Doch Boruto schwieg weiterhin, obwohl ihm die nächste Frage direkt auf der Zunge lag. Er schluckte schwer. Die Unterhaltung verlief in eine Richtung, von der Boruto lieber nichts wusste. Es war wie eine Art Angst, aber wovor? War es eine Art der Endgültigkeit? Würde der Bolndhaarige fragen, was Mitsuki mit „Besonderes“ meinte, würde er endlich das Geheimnis seines mysteriösen Verhaltens verstehen. Aber wieso fürchtete er sich überhaupt davor? Es war ja nicht so, dass er sich eine bestimmte Antwort erhoffte, oder etwa doch? „Und du? Was denkst du über mich, Boruto?“, unterbrach Mitsuki die Stille, diesmal mit Ernst. Boruto rutschte näher an den Bettrand und sah nur Finsternis auf dem Futon. Wenn doch nur dieser dumme Lichtstreifen weiter rechts wäre. „Das ist doch ganz klar“, versuchte Boruto zu erklären, bis ihm auffiel, dass es so gar nicht glasklar für ihn selber war. Genau. Was bedeute Mitsuki ihm eigentlich? Seit der Ninja aus Otogakure hier nach Konoha kam, hat dieser kaum seine Seite verlassen. Er musste zugeben, anfangs war er etwas gereizt, aber in der Zwischenzeit war er ihm sehr ans Herz gewachsen. Damals hätte er wohl ohne Zögern gesagt, dass Shikadai sein bester Freund war. Jedoch verbrachte dieser nun viel mehr Zeit mit seinem Team, besonders Inojin, und war oft beschäftigt. Boruto erwischte sich selbst immer mehr, wie er Mitsuki seine Sorgen anvertraute statt Shikadai. Wie die Sache an seinem Geburtstag. Insgeheim hatte er natürlich gehofft, dass sein Vater kommen würde, aber dass er stattdessen gearbeitet hatte, hatte ihn nicht gewundert. Dafür kam Mitsuki mit seinem spitzen Partyhut. Boruto musste grinsen. Der blauhaarige Genin sah darin ziemlich bescheurert aus und weigerte sich vehement ihn auszuziehen, selbst als man ihm erklärte, dass sowas mehr für Kinderpartys ist. „Ich mein“, fuhr Boruto ein wenig unsicher fort, „Du bist mein bester Freund, oder?“ „Findest du?“, hackte Mitsuki weiter nach. Schritte erklangen vom Haus und eine Tür wurde irgendwo geschlossen. Hinata hatte wohl Himawari ins Bett gebracht und ging nun selbst schlafen. Für einen kurzen Augenblick wurde Mitsukis Futon erhellt, als draußen ein Fahrrad vorbeifuhr. Mitsuki war Boruto zugewendet und sein Haar umspielte sein sanftes Gesicht. Er schien warm und bequem in seine weiße Decke eingerollt zu sein. Nur seine bernsteinfarbenen Augen funkelten ihn erwartungsvoll an. Dann verschluckte die Finsternis den Jungen wieder. Mitsuki war immer für ihn da und die Vorstellung, dass dieser plötzlich verschwinden könnte, schien auf einmal greifbar nah. Stille hing schwer und träge im Raum und ein leichtes Gefühl der Panik schlich sich in Borutos Verstand ein. War Mitsuki noch tatsächlich überhaupt bei ihm? Trockenheit machte sich in seinem Mund breit. „Du, Mitsuki“, flüstere Boruto in die Dunkelheit hinein und atme kaum hörbar erleichtert aus, als er ein einfach „Ja?“ zurückbekam. Er war noch da. „Kann ich vielleicht… Also… Kannst du mir deine Hand geben?“ Ohne Antzuworten spürte der Blondhaarige wie etwas seine ausgestreckte Hand streifte. Dann schlossen sich Mitsukis kühle Finger um seinen Handrücken und eine Welle von Frieden schwall über Boruto. Ihr Hände baumelten kurz vor dem Holzboden in der Luft und der Raum zwischen ihren Handflächen wurde warm. Borutos Hände waren um Einiges rauer und er wunderte sich über die Zärte von Mitsukis blasser Haut. Beinahe holte ihn der Schlaf ein, da seine Augen sich immer mehr schlossen, als Mitsuki wieder sprach: „Ist das etwas, was beste Freunde machen?“ Müde öffnete Boruto wieder seine Augen. Normalerweise war er zu schläfrig um jetzt noch nachdenken zu wollen, aber da ihm gerade eine Erinnerung vorschwebte, wie er und Shikadai mit 5 oft Händchen hielten, antwortete er: „Natürlich…“, er gab Mitsukis Hand einen festen Druck, „Schließlich sind wir nicht nur beste Freunde sondern auch Kameraden. Wir sind ein Team.“ Ungewöhnlich für ihn zögerte Mitsuki etwas, bis er endlich fortfuhr: „Kann ich bei dir schlafen?“ „Hä?“, nuschelte Boruto im Halbschlaf. Er war doch bereits bei ihm übernachten. „Mein Arm fängt an einzuschlafen“, erklärte Mitsuki weiter, jedoch klang es eigenartig gezwungen nüchtern. Mit einem Schlag war Boruto wieder hellwach. Er verstand worauf sein Teampartner hinaus wollte und diese verdammte Verlegenheit kam zurück. Boruto wünschte sich, dass er sich selbst einen ordentlichen Tritt in den Hintern verpassen könnte um sich endlich zusammenreißen zu können. Etwas stimmte eindeutig nicht mit ihm. Es war doch nichts dabei, sie waren doch beste Freunde. Aber das Bett teilen? Ging das nicht zu weit? Und wieso also fühlte sich der junge Shinobi so, als ob er sich vor Mitsuki verstecken müsste? „Eh- Ehm“, stotterte er. Super, nun verlor er auch noch seine Sprachkenntnisse. „J-ja, kein Thema.“ Moment einmal, kein Thema? Was hatte er gerade gesagt? Bevor Boruto sich korrigieren konnte, bemerkte er schon wie Mitsuki aufstand und sein Kissen auflas ohne dabei seine Hand loszulassen. Widerwillig machte Boruto Platz. Er spürte wie die Materatze leicht einsank, als sich Mitsuki hinlegte und danach unter Borutos Decke kroch. So ein Einzelbett war wirklich suboptimal. Mitsuki war so nah, dass er seinen süßen Traubenatem auf seinem Gesicht spürte. Nach dem Abendessen hatten sie noch heimlich ein paar Kaubonbons genascht, die Boruto aus dem Küchenschrank stibitzt hatte. Boruto bemerkte wie seine Hand unkontrolliert zu schwitzen begann und ihm wurde unglaublich warm. Er streckte ein Bein unter der Decke heraus um sich etwas abzukühlen aber viel half es auch nicht. Und dann war da noch sein Herz, dass ihm plötzlich aus dem Hals zu springen wollte. Es pochte so laut, dass er überzeugt war, dass Mitsuki es unmöglich überhören könnte. Doch Mitsukis Atem flachte langsam ab und schien allmählich in das Land der Träume zu entkommen. Wie konnte der Andere in dieser Situation nur seelenruhig schlafen? Boruto konnte unmöglich ein Auge zukriegen. Eine Weile lag er nur da und hörte dem regelmäßigen Atmen zu. Er und Mitsuki. Mitsuki und er. Boruto griff unbewusst mit seiner freien Hand nach einer Haarsträhne. Sie war weicher als er sich es ausgemalt hatte. Dann fuhr er mit seinem Zeigefinger über Mitsukis Wange bis er realisierte, was er überhaupt tat. Relfexartig zog er seine Hand wieder zurück, als ob er sich verbrannt hätte. Nun war Boruto an der Reihe zu fragen, ob beste Freunde so etwas tun.  War es normal, dass der beste Freund ein solches Herzklopfen in einem auslöste? Boruto war sich nicht wirklich sicher. Mitsukis Hand lag nun ganz schlaff in Seiner. Ein friedlicher Gesichtsausdruck war auf Boruto gerichtet, den er in der Dunkelheit sah, wenn er seine Augen anstrengte. Mitsuki sagte einst, er würde immer überall mit ihm hingehen und nie seine Seite verlassen. Aber war das wirklich wahr? Und selbst wenn, wieso kümmerte es Boruto oder wünschte er sich etwa, dass es wahr wäre? Versunken in Gedanken bemerkte Boruto zunächst nicht, dass Mitsuki geschickt seinen Arm aus Borutos Griff herauszog und ihn daraufhin über Borutos Taille legte, bis er schlussendlich ungeniert an ihn gekuschelt war. Boruto gefror wie ein Kaninchen in den Fängen einer Boa Constrictor. Das hatte ihm noch gefehlt. Ein Geruch von Schwarztee klebte an der Haut des blauhaarigen Genin vermischt mit einem Hauch von Zitrone. Es war ein angenehmer Geruch. Mitsuki kannte wohl nicht viel Wärme in seinem Leben. Boruto wusste zwar wenig über Mitsukis Elternteil, aber so wie sich der Andere verhielt, verriet es viel, dass er üblicherweise nicht an die Gesellschaft anderer Menschen gewohnt war. Boruto wollte Mitsuki auf keinen Fall verletzten. Es war eigentlich plausibel, dass Mitsuki schonungslos seltsame Dinge sagte. Er war direkt und ehrlich und verstand wohl noch nicht ganz, wie Freundschaften funktionierten. So war der Blauhaarige nun einmal. Boruto erwiderte Mitsukis Umarmung und schloss ihn in die Arme. Für Mitsuki war das wohl alles nur ein Teil ihrer Freundschaft. Boruto war für ihn nur besonders, weil er sein bester Freund war, korrekt? Ein betrübtes Gefühl schnürte sich um Borutos Brust. Irgendetwas daran gefiel ihm überhaupt nicht. Aber solange er Mitsukis einziger bester Freund wäre, wäre es eventuell gar nicht so schlimm. Dass Mitsuki für immer bei ihm wäre, den Gedanken mochte er lieber. Er musste sich nur in der Gegenwart von Mitsuki wieder fassen, aber wie? Shikadai würde nur so etwas sagen wie „Hör einfach auf zu denken, das ist zu anstrengend.“ Sarada schätzte er nicht gerade als Expertin in Freundschaften ein. Vielleicht könnte Chouchou ihm helfen. Das wäre eigentlich keine so schlechte Idee. Boruto warf einen letzten Blick auf Mitsuki. Seine Nase war ziemlich süß, fand Boruto. Jap, es war eindeutig. Aus irgendeinem Grund war Mitsukis Dachschaden ansteckend und Boruto brauchte dringendst professionellen Rat. „Das wird noch eine lange Nacht“, murmelte der Blonde zu sich selbst und versuchte erfolgslos einzuschlafen.   Kapitel 2: Nachtgespräche II ---------------------------- Nachtgespräche II Boruto seufzte laut auf und wälzte sich frustriert in seinem Bett. Es waren einige Tage vergangen, seitdem Mitsuki bei ihm übernachtet hatte. Die Erinnerung daran erfüllte den Blondschopf sowohl mit einem eigenartigen Gefühl aus Freude gleich platzen zu können als auch mit purem Terror. Zwar hatte er es in jener Nacht geschafft ein paar Stunden wohlverdienten Schlaf zu finden, doch der morgen darauf war ein Spektakel der Peinlichkeiten. Zum Glück war er früher als Mitsuki aufgewacht oder zumindest dachte er das, da dieser friedlich an ihn angekuschelt schnarchte, was Boruto aus irgendeinem Grund mit einem Entenküken assoziierte. Vorsichtig war er zwischen Mitsukis leblosen Armen durchgeschlüpft und zog sich klammheimlich um. Dann weckte er seinen Teamkameraden auf, laberte ihn nervös mit Ninjakarten voll und schleppte ihn zum Frühstück. Wenn er genauer darüber nachdachte, wusste er gar nicht so recht, ob Mitsuki an dem Morgen überhaupt etwas gesagt hatte. Nur Mitsukis Worte beim Abschied waren wie in sein Gedächtnis gebrannt. „Wir sollten das mal wiederholen“, hatte er mit einem breiten Lächeln gesagt. Aufgeregt drückte Boruto seine Decke näher an sich und grinste verschmitzt. Wieder eine Übernachtung mit Mitsuki. Doch seine gute Laune verflog, so schnell wie sie gekommen war. Genau. Mitsuki sagte mal wiederholen. Aber nicht wann wiederholen. Genervt klatschte sich Boruto auf seine Stirn. Wirklich. Was nur los mit ihm in letzter Zeit? Klar, die Übernachtungsgeschichte war ganz lustig, aber davon hing jetzt sein Leben nicht ab. Statt sich darüber Sorgen zu machen, wann Mitsuki ihn deswegen wieder ansprechen würde, sollte er sich generell erst mal zusammenreißen. Seine Probleme waren weitaus größer als das. Chouchou konnte er erst mal nicht um Rat fragen, da sie ab dieser Woche eine Trainingsreise mit ihrem Vater unternahm. Aber Boruto schwor, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis Shikadai etwas bemerken würde. Dass Boruto ständig Mitsukis Blicken auswich oder dass seine Stimme bei den ersten paar Worten wackelte, wenn der blauhaarige Junge ihn etwas fragte. Er musste sofort etwas unternehmen, aber was nur? Die ganze Situation war zum Haare ausreißen. Mit einem Mal öffnete sich seine Zimmertür und grelles Licht blendete Boruto. Reflexartig schloss er seine Augenlieder und hielt seinen Arm über das Gesicht, während die Tür wieder zufiel. Na super, er hatte Himawari so oft gesagt, dass er so spät nicht mehr spielen möchte. Boruto rieb sich die Augen. Aber es war nicht ihre Stimme, die heiter in die Dunkelheit sprach: „Hey, Boruto, deine Mutter hat mich reingelassen. Ich hoffe, ich stör nicht.“ Mitsuki. Verschwommen sah der Sohn des Hokage die zierliche Gestalt an, die einen Rucksack abzog und auf den Boden abstellte. Geisterhaft schwankten lange Kimonoärmel in der Luft hin und her. „Ich dachte, ich komme wieder übernachten. Ich mein, wenn das in Ordnung ist“, fuhr der Genin aus Otogakure fort. Einen Moment lang starrte Boruto ihn ungläubig an, dann räusperte er sich: „Klar, klar, bin nur etwas… überrascht. Immerhin ists recht spät und so.“ „Ich weiß, aber ich muss dir unbedingt etwas sagen“, meinte Mitsuki ernst. Boruto erstarrte zu Stein. Ihm etwas sagen? Etwas Wichtiges? Ging es dabei womöglich um ihn selbst? Vergeblich versuchte er diesen Gedanken abzustreifen und merkte, wie sich sein Puls erhöhte. Dabei half es auch nicht gerade, dass Mitsuki seinen Pyjama aus dem Rucksack fischte und nun gerade ungehemmt im Begriff war sich umzuziehen. Boruto sah mit tomatenroten Kopf zu wie die dunkle Silhouette den Kimono abstreifte und ein übergroßes Schlafhemd überzog. Er konnte seinen Blick nicht abwenden. Lautlos wie Mitsuki war, schritt er mühelos zu Borutos Bettrand. Für eine Sekunde erhellte das Straßenlicht die karitkaturhafte Zeichnung einer grünen Schlange auf Mitsukis Shirt und er stieg in Borutos Bett. Eigentlich wollte Boruto vorschlagen das zusammengelegte Futon aus seinem Schrank zu holen und für den Blauschopf auszulegen, aber dafür war Mitsuki zu schnell, der das zweite Kissen neben Boruto wohl als Einladung verstand. Verlegen rutsche Boruto näher an die Wand. Er hatte Mitsukis Kissen von der letzten Übernachtung nicht weggeräumt. Etwas an dem Geruch von Schwarztee und Zitrone beruhigte ihn. Mitsukis wahrhaftige Präsenz jedoch hatte den gegenteiligen Effekt von zehn Energiedrinks. Angespannt verkrampften sich Borutos Finger in der Bettdecke. „Es geht um Folgendes“, begann Mitsuki. Ein seltsamer Schimmer Hoffnung breitete sich in Boruto aus. Aber eine Hoffnung auf was? Er erwartete etwas. Das war es. Etwas mehr als nur Freunde, mehr als beste Freunde. Seelenverwandschaft? Eventuell. Wahrscheinlich war dies alles sowieso nur ein Traum. Jetzt würde er es endlich hören, den Satz, der seinen unruhigen Geist in Frieden versetzen würde. Boruto hörte das Blut in seinem Kopf rauschen, das sein Herz ruhelos pumpte. Einen Moment mal, er wusste, was dieses Gefühl war. Es war rund ein Jahr her, dass er über den ersten Band der Icha-Icha Serie stolperte, als Kakashi zu Besuch war. Er konnte nur eine Seite lesen, bis ihm seine Mutter das Buch panisch aus der Hand riss, woraufhin sich Kakashi endlose Male entschuldigt hatte. Boruto verstand nicht wirklich, was an dem Buch so schlimm war, aber die einseitige Szene hatte er noch im Kopf. Herzrasen? Check. Hitzegfühl in den Wangen? Check. Erwartungsvolles Warten? Check. Jeden Augenblick würde er Mitsukis Liebeserklärung hören. Geschockt schnappte Boruto nach Luft und versuchte Mitsukis Gesichtsausdruck in der Dunkelheit auszumachen. „Mh?“, meldete sich Mitsuki etwas verwirrt zu Wort, doch Boruto fügte schnell ein „Nichts, nichts“ hinzu und verstummte gespannt. Es war soweit. „Jedenfall“, setzte Mitsuki fort, „Die nächsten Chunin-Prüfungen finden wieder in Konoha statt. In zwei Monaten. Hat mir mein Vater gesteckt. Denkst du, wir werden zugelassen?“ „Ich dich-“, platzte aus Boruto heraus, bis er plötzlich still wurde, als er registrierte, was der andere erzählt hatte, „Hä?“ „Zuerst dachte man an Suna, aber sie sanieren anscheinend gerade ihre Prüfungsstätte. Deswegen fiel die Wahl auf Konoha. Es soll einige starke Genin dieses Jahr geben“, erklärte Mitsuki zusätzlich. „Ach… Ach so“, krächzte der blondhaarige Junge heraus. Jedoch fehlte jegliche Begeisterung und Energie in seiner Stimme. „Natürlich werden wir teilnehmen. Ich sorg schon dafür, dass Onkel Konohamaru uns reinlässt.“ Boruto fühlte sich, als ob jemand einen großen Becher Enttäuschung über ihn ausgeschüttet hatte. „Alles in Ordnung, Boruto? Wenn du nicht willst, können wir auch erst nächstes Jahr an die Prüfung gehen“, meinte Mitsuki sanft. „Doch, ich will da hin“, überspielte Boruto miserabel, der sein Gesicht tiefer in sein Kissen presste. Wofür war er vorher überhaupt so aufgeregt? Eine Liebeserklärung von Mitsuki? Also jetzt bitte, wozu will er schon überhaupt eine Liebeserklärung von seinem besten Freund. Das war ja lächerlich. Sie waren zudem noch beide Jungs. Das lag sicher nur alles an dem Schafmangel in der letzten Zeit. Boruto hörte wie die schwere Federkerndecke raschelte und spürte wie sich eine kühle, weiche Hand um seine schloss. „Dann ist die Sache abgemacht“, verkündete der blauhaarige Genin sonnig. Boruto brauchte kein Straßenlicht um sich Mitsukis strahlendes Lächeln auszumalen oder seine Bernsteinaugen, die mit kleinen sternenartigen, hellen Flecken besprenkelt, oder seine feinen Gesichtszüge, die ihm die Erhabenheit einer Geisha verliehen. Und plötzlich schlug ihm metaphorisch Shikadai mit flacher Hand auf den Hinterkopf und Boruto erkannte entgeistert das kleine Detail, das ihm entgangen war. Er war verliebt in seinen besten Freund. Er war verliebt in Mitsuki. Boruto zwang sich nicht laut los zu prusten. Verdammt. Hier war er, die handhaltend seines Teamkameraden, zu zweit in einem Bett. Teamkameraden. Was würde sein Gruppenleiter nur dazu sagen, wenn er herausfinden würde, dass Boruto eine zu starke Vorliebe für Mitsuki hatte? Würden sie beide trennen und die Gruppen neu aufstellen? Immerhin war es nicht unbekannt, dass die Konzentration eines Shinobi beeinflussbar war, falls ein Schwarm in der Nähe ist. Das Wort klebte „Schwarm“ klebte Boruto unangenehm auf der Zunge. Seine Gefühle hatten ihm gerade die dümmsten Umstände seines Lebens bereitet. Das einzige Positive an der Sache war, dass er damit sicher seinem Vater eins auswischen konnte. Der Sohn des Hokage rennt einem Ninja aus Otogakure hinterher? Nicht gerade gute Publicity. Etwas entspannter drückte Boruto leicht Mitsukis Hand. Sie waren ein gutes Team. Sie auseinanderzunehmen wäre mehr Verlust als Gewinn. Aber… „Boruto“, durchbrach Mitsukis klare, schläfrige Stimme die Stille, „Gute Nacht.“ „Warte“, stieß Boruto unerwartet aus und wollte etwas sagen, doch seine Worte blieben ihm im Hals stecken. Er hatte das größte Hindernis übersehen. Mitsukis Gefühle. Es war gar nicht gesagt, dass er dasselbe empfand. Soweit wie es Boruto einschätzen konnte, war Mitsuki bloß ein Junge mit zu wenig Feingefühl für soziale Beziehungen mit einer guten Prise von zu viel Ehrlichkeit. „Ich-“ Boruto musste vorsichtig sein. Extrem vorsichtig. Ein falsches Wort und ihre ganze Freundschaft wäre nur noch ein Trümmerhaufen von Erinnerungsscherben. Über die anderen Dinge konnte er sich auch erst später sorgen. Aber wenn seine Gefühle nicht erwidert wurden, dann… Er schluckte schwer. Das eintönige Ticken seines Weckers schnitt tief in die drückende Atmosphäre. „Etwas Besonderes“, fiel Boruto auf einmal wieder ein. Er hatte den Weg gefunden sich langsam an Mitsukis Gedanken zu tasten. „Du sagtest, ich sei etwas Besonderes. Was meintest du damit?“ „Darüber hast du nachgedacht?“, äußerte sich Mitsuki wundernd und rückte näher an den Blondschopf heran. Da war er wieder, dieser Teegeruch, in dem Boruto versinken könnte. Unbewusst nutzte Boruto die Chance und vergrub sein Gesicht in dessen seidenes, himmelblaues Haar. Ein Ton von Seife mischte sich hinunter. Dann fuhr Mitsuki unbekümmert fort: „Ich würde dir überall hin folgen. Überall.“ „Selbst, wenn ich ein Nukenin wäre?“, hakte Boruto flüsternde nach. „Selbst, wenn du ein Nukenin wärst. Wieso? Planst du, deinen Alten im Schlaf zu ermorden?“, erwiderte Mitsuki amüsiert. Boruto verdrückte sich ein Lachen. Mitsuki verstand ihn wirklich gut. „Nein, das nicht. Aber wieso würdest du mir überall hin folgen?“ „Weil du etwas Besonderes bist“, antwortete Mitsuki belanglos. Frustriert schielte Boruto nach unten und sah schemenhaft wie der blauhaarige lächelte. So war das also. Mitsuki verstand seine Frage schon, bevorzugte aber das Gespräch im Kreis zu drehen. „Was wäre, wenn ich mich vom Kaminarimon Turm stürzen würde? Würdest du hinterherspringen?“, versuchte Boruto weiterzubohren. „Sei doch nicht albern, natürlich nicht“, konterte Mitsuki, „Weil ich es verhindern würde bevor es soweit kommt.“ Er löste seine Hand aus Borutos Griff und schloss seine Arme um Borutos Oberkörper. „Du stellst aber heute viele Fragen, Boruto.“ Nervös pustete der blonde Junge eine blaue Haarsträhne weg, die ihm an der Nasenspitze kitzelte, und genoss kurz die kuschlige Wärme. „Nur aus Interesse“, fing an sich Boruto dann herauszureden. Seine nächste Frage müsste er unauffälliger stellen, doch Mitsuki kam ihm zuvor. „Wie sieht es umgekehrt aus? Würdest du mir folgen?“ „Ja“, antwortete Boruto automatisch. Darüber musste er nicht nachdenken. Verdutzt blickte Mitsuki zu dem anderem hinauf. Er hatte wohl nicht mit dieser Antwort gerechnet und für einen kurzen Moment schien er nicht zu wissen, was er sagen sollte. „Weil du etwas Besonderes bist“, beendete Boruto und merkte wie seine Wangen wieder erröteten. Wenn Mitsuki immer so komische Sachen von sich ließ, dann durfte er es ja doch auch. „Ach ja?“, sprach Mitsuki weiter. Etwas schien seine Aufmerksamkeit erregt zu haben, jedoch wanderte sein Blick weg von Boruto. Konnte es sein… „Bis ans Ende der Welt“, fuhr Boruto diesmal selbstbewusst mit einem Grinsen fort. Er hatte soeben etwas Neues gelernt. Etwas, das ihm gerade wirklich gelegen kam. „Wenn ich deine Sonne bin, dann bist du mein Mond. Ganz klar. Ohne den Mond wäre die Nacht für immer dunkel und du hast mir schon oft aus brenzligen Situationen geholfen. Wie der Mondschein den Weg in der finstersten Nacht einem den Weg erhellt.“ Ein wenig schadenfroh sah Boruto zu wie Mitsuki vergeblich versuchte sein Gesicht unter seinen Händen zu verstecken. Das passierte also, wenn man den Spieß umkehrte. Mitsuki wurde schüchtern, wenn man über ihn sprach. Irgendwie süß. Seine Offensive war schon immer überragend doch seine Defensive ließ zu wünschen übrig. Aber warte, würde das nicht heißen… „Ähm“, räusperte sich Boruto wieder und wurde ernst. Es war jetzt oder nie und im schlimmsten Fall, konnte er Mitsuki noch immer einreden, dass er das alles nur geträumt hatte. War zwar kein besonders guter Plan, aber genug um Boruto über die Planke gehen zu lassen. „Mitsuki. Ich… Ich mag dich. So richtig, richtig.“ Er spürte wie seine Hände leicht anfingen zu schwitzen. Das Ticken der Uhr. Zitronenduft. „Ich…“, begann Mitsuki langsam, dessen Stimme seinen gewöhnlich heiteren Tonfall wieder annahm, „Ich mag dich auch, Boruto.“ „Nein, aber ich mein so richtig. Verstehst du?“, versuchte der Blondschopf zu erklären. „Ich dich auch so richtig“, wiederholte Mitsuki im Singsang. „Nein, ich mein-“, versuchte es Boruto weiter, aber er wusste nicht wie er es formulieren sollte. Hätte er nur damals noch die zweite Seite des Icha-Icha Geschichte lesen können, dann würde er jetzt vielleicht wissen, was er sagen sollte. Aber wieso etwas sagen, wenn er einfach machen könnte? Er sah zurück runter zu Mitsuki, der sich viel zu gemütlich an Boruto rangeknuddelt hatte. Boruto konnte sich nicht mehr im Zaun halten. Die Schlange neben ihm war zu niedlich um sie jemals jemanden anderen überlassen zu können. Sein Entschluss war gefasst. Behutsam nahm er Mitsukis Gesicht in die Hände und blickte in die weiten, erstaunten, goldgelben Augen. Und dann geschah es. Es war nur von kurzer Dauer, gerade mal Zeit für einen einzigen Flügelschlag eines Schmetterlings, und Borutos Lippen streiften sanft über Mitsukis. Sie waren zart wie die Schale eines Pfirsichs und schmeckten doch nach Minze. Ein leises Geräusch erklang, als Boruto den Kuss wieder beendete. „I-ich mein diese- eh- Richtung von Mögen“, stotterte Boruto und versuchte eine Reaktion in Mitsukis Gesichtszügen ablesen zu können. Doch dieser zog blitzartig die Decke über den Kopf. „Ich…“, begann Mitsuki mit gedämpfter Stimme, „Ich auch. Ich bin gerade sehr glücklich, Boruto, ich…“ Und als nichts mehr zu hören war, schob Boruto die Decke leicht beiseite. Mitsuki war vor Freude eingeschlafen und lächelte kaum merklich im Schlaf. Die Menschen in Borutos Umfeld hatten alle Recht. Er hatte schon ein verdammtes Glück. Er drückte den schlummernden Genin näher an sich und grinste still in sich hinein. Das Volk von Konoha würde noch ihr blaues Wunder erleben, aber die Meinung der anderen hatte ihn noch nie so wirklich gekümmert. Mitsuki würde für immer bei ihm bleiben. Das war das Einzige, was im Moment zählte.   Hosted by Animexx e.V. 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