Nachtgespräche von Malignitas (Dachschäden sind ansteckend) ================================================================================ Kapitel 2: Nachtgespräche II ---------------------------- Nachtgespräche II Boruto seufzte laut auf und wälzte sich frustriert in seinem Bett. Es waren einige Tage vergangen, seitdem Mitsuki bei ihm übernachtet hatte. Die Erinnerung daran erfüllte den Blondschopf sowohl mit einem eigenartigen Gefühl aus Freude gleich platzen zu können als auch mit purem Terror. Zwar hatte er es in jener Nacht geschafft ein paar Stunden wohlverdienten Schlaf zu finden, doch der morgen darauf war ein Spektakel der Peinlichkeiten. Zum Glück war er früher als Mitsuki aufgewacht oder zumindest dachte er das, da dieser friedlich an ihn angekuschelt schnarchte, was Boruto aus irgendeinem Grund mit einem Entenküken assoziierte. Vorsichtig war er zwischen Mitsukis leblosen Armen durchgeschlüpft und zog sich klammheimlich um. Dann weckte er seinen Teamkameraden auf, laberte ihn nervös mit Ninjakarten voll und schleppte ihn zum Frühstück. Wenn er genauer darüber nachdachte, wusste er gar nicht so recht, ob Mitsuki an dem Morgen überhaupt etwas gesagt hatte. Nur Mitsukis Worte beim Abschied waren wie in sein Gedächtnis gebrannt. „Wir sollten das mal wiederholen“, hatte er mit einem breiten Lächeln gesagt. Aufgeregt drückte Boruto seine Decke näher an sich und grinste verschmitzt. Wieder eine Übernachtung mit Mitsuki. Doch seine gute Laune verflog, so schnell wie sie gekommen war. Genau. Mitsuki sagte mal wiederholen. Aber nicht wann wiederholen. Genervt klatschte sich Boruto auf seine Stirn. Wirklich. Was nur los mit ihm in letzter Zeit? Klar, die Übernachtungsgeschichte war ganz lustig, aber davon hing jetzt sein Leben nicht ab. Statt sich darüber Sorgen zu machen, wann Mitsuki ihn deswegen wieder ansprechen würde, sollte er sich generell erst mal zusammenreißen. Seine Probleme waren weitaus größer als das. Chouchou konnte er erst mal nicht um Rat fragen, da sie ab dieser Woche eine Trainingsreise mit ihrem Vater unternahm. Aber Boruto schwor, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis Shikadai etwas bemerken würde. Dass Boruto ständig Mitsukis Blicken auswich oder dass seine Stimme bei den ersten paar Worten wackelte, wenn der blauhaarige Junge ihn etwas fragte. Er musste sofort etwas unternehmen, aber was nur? Die ganze Situation war zum Haare ausreißen. Mit einem Mal öffnete sich seine Zimmertür und grelles Licht blendete Boruto. Reflexartig schloss er seine Augenlieder und hielt seinen Arm über das Gesicht, während die Tür wieder zufiel. Na super, er hatte Himawari so oft gesagt, dass er so spät nicht mehr spielen möchte. Boruto rieb sich die Augen. Aber es war nicht ihre Stimme, die heiter in die Dunkelheit sprach: „Hey, Boruto, deine Mutter hat mich reingelassen. Ich hoffe, ich stör nicht.“ Mitsuki. Verschwommen sah der Sohn des Hokage die zierliche Gestalt an, die einen Rucksack abzog und auf den Boden abstellte. Geisterhaft schwankten lange Kimonoärmel in der Luft hin und her. „Ich dachte, ich komme wieder übernachten. Ich mein, wenn das in Ordnung ist“, fuhr der Genin aus Otogakure fort. Einen Moment lang starrte Boruto ihn ungläubig an, dann räusperte er sich: „Klar, klar, bin nur etwas… überrascht. Immerhin ists recht spät und so.“ „Ich weiß, aber ich muss dir unbedingt etwas sagen“, meinte Mitsuki ernst. Boruto erstarrte zu Stein. Ihm etwas sagen? Etwas Wichtiges? Ging es dabei womöglich um ihn selbst? Vergeblich versuchte er diesen Gedanken abzustreifen und merkte, wie sich sein Puls erhöhte. Dabei half es auch nicht gerade, dass Mitsuki seinen Pyjama aus dem Rucksack fischte und nun gerade ungehemmt im Begriff war sich umzuziehen. Boruto sah mit tomatenroten Kopf zu wie die dunkle Silhouette den Kimono abstreifte und ein übergroßes Schlafhemd überzog. Er konnte seinen Blick nicht abwenden. Lautlos wie Mitsuki war, schritt er mühelos zu Borutos Bettrand. Für eine Sekunde erhellte das Straßenlicht die karitkaturhafte Zeichnung einer grünen Schlange auf Mitsukis Shirt und er stieg in Borutos Bett. Eigentlich wollte Boruto vorschlagen das zusammengelegte Futon aus seinem Schrank zu holen und für den Blauschopf auszulegen, aber dafür war Mitsuki zu schnell, der das zweite Kissen neben Boruto wohl als Einladung verstand. Verlegen rutsche Boruto näher an die Wand. Er hatte Mitsukis Kissen von der letzten Übernachtung nicht weggeräumt. Etwas an dem Geruch von Schwarztee und Zitrone beruhigte ihn. Mitsukis wahrhaftige Präsenz jedoch hatte den gegenteiligen Effekt von zehn Energiedrinks. Angespannt verkrampften sich Borutos Finger in der Bettdecke. „Es geht um Folgendes“, begann Mitsuki. Ein seltsamer Schimmer Hoffnung breitete sich in Boruto aus. Aber eine Hoffnung auf was? Er erwartete etwas. Das war es. Etwas mehr als nur Freunde, mehr als beste Freunde. Seelenverwandschaft? Eventuell. Wahrscheinlich war dies alles sowieso nur ein Traum. Jetzt würde er es endlich hören, den Satz, der seinen unruhigen Geist in Frieden versetzen würde. Boruto hörte das Blut in seinem Kopf rauschen, das sein Herz ruhelos pumpte. Einen Moment mal, er wusste, was dieses Gefühl war. Es war rund ein Jahr her, dass er über den ersten Band der Icha-Icha Serie stolperte, als Kakashi zu Besuch war. Er konnte nur eine Seite lesen, bis ihm seine Mutter das Buch panisch aus der Hand riss, woraufhin sich Kakashi endlose Male entschuldigt hatte. Boruto verstand nicht wirklich, was an dem Buch so schlimm war, aber die einseitige Szene hatte er noch im Kopf. Herzrasen? Check. Hitzegfühl in den Wangen? Check. Erwartungsvolles Warten? Check. Jeden Augenblick würde er Mitsukis Liebeserklärung hören. Geschockt schnappte Boruto nach Luft und versuchte Mitsukis Gesichtsausdruck in der Dunkelheit auszumachen. „Mh?“, meldete sich Mitsuki etwas verwirrt zu Wort, doch Boruto fügte schnell ein „Nichts, nichts“ hinzu und verstummte gespannt. Es war soweit. „Jedenfall“, setzte Mitsuki fort, „Die nächsten Chunin-Prüfungen finden wieder in Konoha statt. In zwei Monaten. Hat mir mein Vater gesteckt. Denkst du, wir werden zugelassen?“ „Ich dich-“, platzte aus Boruto heraus, bis er plötzlich still wurde, als er registrierte, was der andere erzählt hatte, „Hä?“ „Zuerst dachte man an Suna, aber sie sanieren anscheinend gerade ihre Prüfungsstätte. Deswegen fiel die Wahl auf Konoha. Es soll einige starke Genin dieses Jahr geben“, erklärte Mitsuki zusätzlich. „Ach… Ach so“, krächzte der blondhaarige Junge heraus. Jedoch fehlte jegliche Begeisterung und Energie in seiner Stimme. „Natürlich werden wir teilnehmen. Ich sorg schon dafür, dass Onkel Konohamaru uns reinlässt.“ Boruto fühlte sich, als ob jemand einen großen Becher Enttäuschung über ihn ausgeschüttet hatte. „Alles in Ordnung, Boruto? Wenn du nicht willst, können wir auch erst nächstes Jahr an die Prüfung gehen“, meinte Mitsuki sanft. „Doch, ich will da hin“, überspielte Boruto miserabel, der sein Gesicht tiefer in sein Kissen presste. Wofür war er vorher überhaupt so aufgeregt? Eine Liebeserklärung von Mitsuki? Also jetzt bitte, wozu will er schon überhaupt eine Liebeserklärung von seinem besten Freund. Das war ja lächerlich. Sie waren zudem noch beide Jungs. Das lag sicher nur alles an dem Schafmangel in der letzten Zeit. Boruto hörte wie die schwere Federkerndecke raschelte und spürte wie sich eine kühle, weiche Hand um seine schloss. „Dann ist die Sache abgemacht“, verkündete der blauhaarige Genin sonnig. Boruto brauchte kein Straßenlicht um sich Mitsukis strahlendes Lächeln auszumalen oder seine Bernsteinaugen, die mit kleinen sternenartigen, hellen Flecken besprenkelt, oder seine feinen Gesichtszüge, die ihm die Erhabenheit einer Geisha verliehen. Und plötzlich schlug ihm metaphorisch Shikadai mit flacher Hand auf den Hinterkopf und Boruto erkannte entgeistert das kleine Detail, das ihm entgangen war. Er war verliebt in seinen besten Freund. Er war verliebt in Mitsuki. Boruto zwang sich nicht laut los zu prusten. Verdammt. Hier war er, die handhaltend seines Teamkameraden, zu zweit in einem Bett. Teamkameraden. Was würde sein Gruppenleiter nur dazu sagen, wenn er herausfinden würde, dass Boruto eine zu starke Vorliebe für Mitsuki hatte? Würden sie beide trennen und die Gruppen neu aufstellen? Immerhin war es nicht unbekannt, dass die Konzentration eines Shinobi beeinflussbar war, falls ein Schwarm in der Nähe ist. Das Wort klebte „Schwarm“ klebte Boruto unangenehm auf der Zunge. Seine Gefühle hatten ihm gerade die dümmsten Umstände seines Lebens bereitet. Das einzige Positive an der Sache war, dass er damit sicher seinem Vater eins auswischen konnte. Der Sohn des Hokage rennt einem Ninja aus Otogakure hinterher? Nicht gerade gute Publicity. Etwas entspannter drückte Boruto leicht Mitsukis Hand. Sie waren ein gutes Team. Sie auseinanderzunehmen wäre mehr Verlust als Gewinn. Aber… „Boruto“, durchbrach Mitsukis klare, schläfrige Stimme die Stille, „Gute Nacht.“ „Warte“, stieß Boruto unerwartet aus und wollte etwas sagen, doch seine Worte blieben ihm im Hals stecken. Er hatte das größte Hindernis übersehen. Mitsukis Gefühle. Es war gar nicht gesagt, dass er dasselbe empfand. Soweit wie es Boruto einschätzen konnte, war Mitsuki bloß ein Junge mit zu wenig Feingefühl für soziale Beziehungen mit einer guten Prise von zu viel Ehrlichkeit. „Ich-“ Boruto musste vorsichtig sein. Extrem vorsichtig. Ein falsches Wort und ihre ganze Freundschaft wäre nur noch ein Trümmerhaufen von Erinnerungsscherben. Über die anderen Dinge konnte er sich auch erst später sorgen. Aber wenn seine Gefühle nicht erwidert wurden, dann… Er schluckte schwer. Das eintönige Ticken seines Weckers schnitt tief in die drückende Atmosphäre. „Etwas Besonderes“, fiel Boruto auf einmal wieder ein. Er hatte den Weg gefunden sich langsam an Mitsukis Gedanken zu tasten. „Du sagtest, ich sei etwas Besonderes. Was meintest du damit?“ „Darüber hast du nachgedacht?“, äußerte sich Mitsuki wundernd und rückte näher an den Blondschopf heran. Da war er wieder, dieser Teegeruch, in dem Boruto versinken könnte. Unbewusst nutzte Boruto die Chance und vergrub sein Gesicht in dessen seidenes, himmelblaues Haar. Ein Ton von Seife mischte sich hinunter. Dann fuhr Mitsuki unbekümmert fort: „Ich würde dir überall hin folgen. Überall.“ „Selbst, wenn ich ein Nukenin wäre?“, hakte Boruto flüsternde nach. „Selbst, wenn du ein Nukenin wärst. Wieso? Planst du, deinen Alten im Schlaf zu ermorden?“, erwiderte Mitsuki amüsiert. Boruto verdrückte sich ein Lachen. Mitsuki verstand ihn wirklich gut. „Nein, das nicht. Aber wieso würdest du mir überall hin folgen?“ „Weil du etwas Besonderes bist“, antwortete Mitsuki belanglos. Frustriert schielte Boruto nach unten und sah schemenhaft wie der blauhaarige lächelte. So war das also. Mitsuki verstand seine Frage schon, bevorzugte aber das Gespräch im Kreis zu drehen. „Was wäre, wenn ich mich vom Kaminarimon Turm stürzen würde? Würdest du hinterherspringen?“, versuchte Boruto weiterzubohren. „Sei doch nicht albern, natürlich nicht“, konterte Mitsuki, „Weil ich es verhindern würde bevor es soweit kommt.“ Er löste seine Hand aus Borutos Griff und schloss seine Arme um Borutos Oberkörper. „Du stellst aber heute viele Fragen, Boruto.“ Nervös pustete der blonde Junge eine blaue Haarsträhne weg, die ihm an der Nasenspitze kitzelte, und genoss kurz die kuschlige Wärme. „Nur aus Interesse“, fing an sich Boruto dann herauszureden. Seine nächste Frage müsste er unauffälliger stellen, doch Mitsuki kam ihm zuvor. „Wie sieht es umgekehrt aus? Würdest du mir folgen?“ „Ja“, antwortete Boruto automatisch. Darüber musste er nicht nachdenken. Verdutzt blickte Mitsuki zu dem anderem hinauf. Er hatte wohl nicht mit dieser Antwort gerechnet und für einen kurzen Moment schien er nicht zu wissen, was er sagen sollte. „Weil du etwas Besonderes bist“, beendete Boruto und merkte wie seine Wangen wieder erröteten. Wenn Mitsuki immer so komische Sachen von sich ließ, dann durfte er es ja doch auch. „Ach ja?“, sprach Mitsuki weiter. Etwas schien seine Aufmerksamkeit erregt zu haben, jedoch wanderte sein Blick weg von Boruto. Konnte es sein… „Bis ans Ende der Welt“, fuhr Boruto diesmal selbstbewusst mit einem Grinsen fort. Er hatte soeben etwas Neues gelernt. Etwas, das ihm gerade wirklich gelegen kam. „Wenn ich deine Sonne bin, dann bist du mein Mond. Ganz klar. Ohne den Mond wäre die Nacht für immer dunkel und du hast mir schon oft aus brenzligen Situationen geholfen. Wie der Mondschein den Weg in der finstersten Nacht einem den Weg erhellt.“ Ein wenig schadenfroh sah Boruto zu wie Mitsuki vergeblich versuchte sein Gesicht unter seinen Händen zu verstecken. Das passierte also, wenn man den Spieß umkehrte. Mitsuki wurde schüchtern, wenn man über ihn sprach. Irgendwie süß. Seine Offensive war schon immer überragend doch seine Defensive ließ zu wünschen übrig. Aber warte, würde das nicht heißen… „Ähm“, räusperte sich Boruto wieder und wurde ernst. Es war jetzt oder nie und im schlimmsten Fall, konnte er Mitsuki noch immer einreden, dass er das alles nur geträumt hatte. War zwar kein besonders guter Plan, aber genug um Boruto über die Planke gehen zu lassen. „Mitsuki. Ich… Ich mag dich. So richtig, richtig.“ Er spürte wie seine Hände leicht anfingen zu schwitzen. Das Ticken der Uhr. Zitronenduft. „Ich…“, begann Mitsuki langsam, dessen Stimme seinen gewöhnlich heiteren Tonfall wieder annahm, „Ich mag dich auch, Boruto.“ „Nein, aber ich mein so richtig. Verstehst du?“, versuchte der Blondschopf zu erklären. „Ich dich auch so richtig“, wiederholte Mitsuki im Singsang. „Nein, ich mein-“, versuchte es Boruto weiter, aber er wusste nicht wie er es formulieren sollte. Hätte er nur damals noch die zweite Seite des Icha-Icha Geschichte lesen können, dann würde er jetzt vielleicht wissen, was er sagen sollte. Aber wieso etwas sagen, wenn er einfach machen könnte? Er sah zurück runter zu Mitsuki, der sich viel zu gemütlich an Boruto rangeknuddelt hatte. Boruto konnte sich nicht mehr im Zaun halten. Die Schlange neben ihm war zu niedlich um sie jemals jemanden anderen überlassen zu können. Sein Entschluss war gefasst. Behutsam nahm er Mitsukis Gesicht in die Hände und blickte in die weiten, erstaunten, goldgelben Augen. Und dann geschah es. Es war nur von kurzer Dauer, gerade mal Zeit für einen einzigen Flügelschlag eines Schmetterlings, und Borutos Lippen streiften sanft über Mitsukis. Sie waren zart wie die Schale eines Pfirsichs und schmeckten doch nach Minze. Ein leises Geräusch erklang, als Boruto den Kuss wieder beendete. „I-ich mein diese- eh- Richtung von Mögen“, stotterte Boruto und versuchte eine Reaktion in Mitsukis Gesichtszügen ablesen zu können. Doch dieser zog blitzartig die Decke über den Kopf. „Ich…“, begann Mitsuki mit gedämpfter Stimme, „Ich auch. Ich bin gerade sehr glücklich, Boruto, ich…“ Und als nichts mehr zu hören war, schob Boruto die Decke leicht beiseite. Mitsuki war vor Freude eingeschlafen und lächelte kaum merklich im Schlaf. Die Menschen in Borutos Umfeld hatten alle Recht. Er hatte schon ein verdammtes Glück. Er drückte den schlummernden Genin näher an sich und grinste still in sich hinein. Das Volk von Konoha würde noch ihr blaues Wunder erleben, aber die Meinung der anderen hatte ihn noch nie so wirklich gekümmert. Mitsuki würde für immer bei ihm bleiben. Das war das Einzige, was im Moment zählte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)