Le Carrousel du Louvre von Flokati ================================================================================ Le Carrousel du Louvre ---------------------- Es hat geklappt. Chris und ich stehen gerade dümmlich grinsend in der Métro und fahren in Richtung Musée du Louvre. Es schüttet wie aus Kübeln und eigentlich wollten wir auf den Eiffelturm, aber angesichts der Wetterlage haben wir uns spontan umentschieden. Im Louvre ist es trocken, warm und wir kommen umsonst rein. Abgesehen davon wäre es der letzte Ort an dem Yakov und Gérard uns suchen würden. Chris und ich haben uns seit den Grand Prix-Vorentscheid in Peking nicht mehr gesehen und es gibt viel zu erzählen. Als ich Chris bei den Europameisterschaften letztes Jahr zum ersten Mal gesehen habe, war er ein junger Läufer unter vielen für mich. Seit Peking denke ich anders, denn wir haben viele Gemeinsamkeiten. Zwar auch große Unterschiede, aber die Gemeinsamkeiten überwiegen. Chris kommt aus einem kleinen Dorf im französischen Teil der Schweiz; seine Mutter spricht Französisch, sein Vater Italienisch. In der Nähe von Chris' Elternhaus liegt eine Alm und er kann von seinem Zimmer aus den Kühen beim Weiden zusehen. Wenn er davon erzählt, erinnert mich das immer an die Schafe meines Onkels, die ich von meinem Zimmer aus beobachten konnte. Meine Familie wohnt auch in einem winzig kleinen Dorf etwa zwei Stunden von St. Petersburg entfernt und wir reden dort Dialekt, also kein normales Russisch. Das sind also schon mal zwei Gemeinsamkeiten zwischen uns: Wir sind beide Landeier mit etwas Talent fürs Eiskunstlaufen. Im Gegensatz zu Chris aber, der den Kühen immer nur zugeschaut hat, war ich bei unseren Schafen viel lieber mittendrin statt nur dabei. Kühe hätte ich vielleicht nicht so gemocht. Schafe sind mir eindeutig lieber, vor allem sind sie flauschiger und lustiger im Charakter. Chris sagt natürlich, Kühe sind besser. Sie geben Milch und daraus kann man Käse machen und Käse scheint wichtig für die Schweizer zu sein. Das hat Chris mir in einem seiner Comicheften schon gezeigt und das Beste in dem Heft ist in der Tat das Käsefondue – für Chris, weil es lecker ist und für mich, weil es die lustigste Stelle der ganzen Handlung darstellt. Jedenfalls kommen wir gut miteinander aus, können über das Gleiche von zwei Gesichtspunkten aus reden, Witze machen und darüber lachen. Normalerweise fällt es mir schwer, mich mit Gleichaltrigen oder gar Jüngeren zu unterhalten, aber mit Chris klappt es sehr gut. Vielleicht, weil wir beide ein bisschen komischer sind als der Rest. Zumindest in den Augen der Anderen, wir empfinden uns natürlich als völlig normal. Es ist vielleicht die ausschlaggebende Gemeinsamkeit bei uns: Chris und ich interessieren uns beide für Männer. Chris geht mit seiner Sexualität sehr offen um, auch wenn er zwei Jahre jünger ist als ich. Was ich doppelt bemerkenswert finde, denn abgesehen von seinen jungen 16 Jahren hat er zudem noch keinen Freund gehabt, scheint sich aber seiner Präferenzen bereits sehr sicher zu sein. Er träumt viel vor sich hin und fragt sich die ganze Zeit, wie es wohl wäre, einen Freund zu haben. Im Moment tröstet es mich zu hören, dass auch er keine Beziehung führt. Chris hat mir zwar erzählt, dass er verliebt ist, aber nicht weiß, ob er seine Gefühle gestehen soll. Auch wenn ich es Chris natürlich wünschen würde, wenn er den Freund bekäme, den er sich wünscht, so kann ich nicht umhin froh zu sein, dass er mir gerade nicht erzählt, wie glücklich er ist, weil die Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhen. Meine erste Beziehung zu meinem Tanzlehrer Michal ist erst vor zwei Wochen in die Brüche gegangen und zu hören, dass andere ähnliche Probleme mit der Liebe haben, stimmt mich etwas hoffnungsvoller, dass der Schmerz bald vorüber geht. Obwohl Michal mir gestanden hatte, dass er mich liebte, hatte er mich mit Trainingspartnerin Estefania betrogen und umgekehrt. Nachdem es in der Tanzschule zum Streit gekommen und ich vor den beiden weggelaufen war, ist Michal verschwunden. Estefania bin ich zwei Tage später noch einmal begegnet, weil mein Trainer Yakov sie sprechen wollte, ob sie den Tanzunterricht mit mir auch ohne Michal fortführen würde. Yakov tat dies ohne zu wissen, inwiefern Estefania in die Geschehnisse verwickelt war und vielleicht ist es auch besser, dass er es nie erfahren hat. Estefania hat wie zu erwarten abgelehnt, aber ihre gelegentlichen, scheuen Blicke in meine Richtung haben mir deutlich zu verstehen gegeben, dass sie inzwischen wusste, keine „blonde Tussi“ in Michals Armen gesehen zu haben, sondern mich. Nachdem Yakov kurz den Raum verlassen hatte, um unserem Sekretär mitzuteilen, dass Estefania mich nicht weiter trainieren würde und sie und ich alleine im Raum waren, hat sie mich schließlich doch noch angesprochen: „Deine neue Frisur steht dir.“ „Danke.“ Dann hat sie in ihre Tasche gegriffen und eine Lederjacke herausgezogen. „Die gehört dir“, sagte sie, ohne mir dabei ins Gesicht zu blicken. „Es tut mir so furchtbar Leid, was ich gesagt habe, Viktor. Du bist keine Tussi. Du bist auch keine Schlampe.“ Dann hat sie den Kopf doch angehoben und mich mit wässrigen Augen angesehen. „Es ist nicht deine Schuld. Michal ist der Einzige, den eine Schuld trifft.“ „Ich brauche die Jacke nicht“, gab ich tonlos zurück. Als ob ich die Jacke hätte behalten wollen, die letztendlich zu dieser Verwechslung geführt hat. Mir war zum Heulen zumute und der Gedanke, dass Michal mich belogen hatte, tat immer noch so schrecklich weh. „Wenn du sie nicht brauchst, dann sollten wir sie vielleicht zusammen wegwerfen. Was meinst du?“ Ich nickte ihr nur stumm zu. Wir haben zusammen nach dem Gespräch mit Yakov die Jacke in einen Plastiksack gesteckt und zur Kleiderspende gegeben. So konnten Estefania und ich Michal in die Tonne verabschieden und jemand anders könnte sich über eine ziemlich teure, neue Lederjacke freuen. Deswegen will ich zur Zeit nicht über Liebe oder Beziehungen nachdenken. Ich will einfach nur Zeit mit einem Freund verbringen und keine Gedanken an Morgen verschwenden. Das ist für mich gerade das Allerbeste. Die Gesellschaft von Chris tut mir gut, wir hechten schnellen Schrittes durch den sintflutartigen Regen in den Louvre und lachen darüber, dass wir unseren Trainern so leicht entwischt sind. Es hat etwas sehr Befreiendes an sich, zusammen zu lachen. Ich habe nicht viele Möglichkeiten, abseits des Trainings und der Wettkämpfe einmal raus zu kommen und etwas Verrücktes zu machen. Für mich ist es viel mehr als nur Rauskommen. Es ist Atmen; meine Seele atmet. Auch wenn es nachher eine Standpauke bedeutet, nehme ich es gerne in Kauf. Es ist allemal besser als mit Georgi im Zimmer zu sitzen und mir seine neuen Eroberungen anzuhören. Er wird sich heute jemand anderen suchen müssen, dem er von „Ivanas Titten“ erzählen kann. Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn sie ihn endlich ranlassen würde. Dann wären es ja „seine Ivanas Titten“ und er würde nicht mehr jedem damit in den Ohren liegen. Obwohl ich es natürlich absolut nachvollziehen kann, warum nicht. Als wir schließlich im Louvre anstehen, sind wir ordentlich durchnässt und der Dreck vom Vorplatz klebt an unseren Schuhen. Umso angenehmer ist die Wärme, die uns in dem Gebäude empfängt. Allein deswegen war es schon gut, hierher gekommen zu sein. Man lässt uns ohne Probleme passieren und Chris steuert zielgerichtet die Wendeltreppe nach unten an, während ich noch kurz stehen bleibe und einen Blick von unten durch die Glaspyramide werfe. Es fühlt sich ein bisschen so an wie in der Höhle von der kleinen Meerjungfrau. Überall irgendwelcher Klimbim, der was wert sein soll, ein Loch in der Decke, durch das Licht fällt und an dem Wasser nach unten rinnt... und am Ende der Treppe rennt Fabius mit seinen gelb-blonden Haaren aufgedreht im Kreis und ruft mir zu, dass ich nicht mehr gedankenverloren in das Innere der Pyramide starren, sondern endlich runter kommen soll. Nach ein paar weiteren Sekunden wende ich den Blick ab und folge Chris. „Hast du da oben was gesucht?“, fragt er direkt. „Entschuldige, ich hab mich nur an was erinnert gefühlt.“ Er hebt eine Augenbraue. „Alles gut?“ „Ja.“ Irgendwo da oben ist jemand besseres. Jemand, der mich und meine Welt verstehen kann. „Alors, dann schau'n wir mal.“ Er ist eindeutig zu aufgedreht. Vielleicht würde Scuttle besser passen? Unwillkürlich muss ich mir vorstellen, wie Chris sich mit einer Gabel die Haare frisiert. Besser noch mit Käse an der Gabel. Vielleicht sind deswegen die Haare so gekräuselt und so unnatürlich gelb? Ich muss mich beherrschen, nicht zu lachen, während ich ihm hinterher laufe. „Mit der Schule ist sowas immer totlangweilig“, beginnt Chris und schaut sich skeptisch um, „Hätte nicht gedacht, dass ich freiwillig mal einen Fuß in ein Museum setze.“ „Okay“, sage ich einfach. „Macht ihr das in Russland auch?“ „Was?“ „Klassenfahrten und so.“ „Ich habe Privatunterricht.“ Er schaut mich ehrfürchtig an: „Cool.“ „Schön wär's“, widerspreche ich. Es hört sich immer erst mal cool an. Aber alleine mit einem Lehrer in einem Raum zu sitzen, zehrt mehr an meiner Konzentration, als dass es hilft. Aber mit zwanzig anderen in einem Klassenzimmer zu sitzen ist auch nicht besser. Das Einzige, was besser ist, seit ich Privatunterricht bekomme, ist dass die Hexe endlich aufgehört hat, sich in meine Schulnoten einzumischen. Als ich nach St. Petersburg kam, wollte mich die Hexe zuerst in ein Internat schicken, aber als das nicht so geklappt hat, wie sie sich das vorgestellte hatte, gab es einen Riesenaufriss. Yakov sollte mich zurück zu meiner Mutter geben, weil ich angeblich völlig verzogen war. Ein bisschen Talent könnte die mangelnde Disziplin niemals kompensieren und abgesehen davon würden meine Noten keinesfalls den Erwartungen entsprechen, sodass „der Bengel am Besten wieder genau dahin verschwindet, wo er hergekommen ist“, um ihr vernichtendes Urteil zu zitieren. Yakov war damals noch mit der Hexe verheiratet und der Streit sehr unangenehm für ihn. An diesem Tag war ich zum ersten Mal zu Jelena in die Schneiderei gerannt, weil ich nicht mehr wusste, wo ich sonst hin sollte. Ich war elf und Jelena die einzige Person, von der ich wusste, dass sie mich nicht wegschicken würde. Sie ist die beste Frau, die ich kenne. Für den Rest des Sommers hat sie sich viel Zeit für mich genommen und mit mir gelernt. Weil ich so der Hexe nicht mehr jeden Tag über die Füße lief, entspannte sich die Situation zunehmend und auch meine Noten wurden besser. Yakov war Jelena dafür überaus dankbar, allerdings konnte es auch kein Dauerzustand bleiben. Um Jelena wieder zu entlasten und ihr nicht meine schulische Erziehung aufzubürden, hat Yakov im folgenden Jahr verschiedene Sponsoren kontaktiert und Fördermittel für mich beantragt, unter anderem einen Privatlehrer. Dafür musste ich natürlich auf dem Eis beweisen, die Gelder wert zu sein und die Hexe dachte sich wohl, mir bei der Gelegenheit ein Programm aufhalsen zu können, dass nicht unmöglich, aber so schwer sein würde, dass ich quasi ganz von alleine scheitern und sich ihr Problem von selbst erledigen würde. Sie ließ mich in besagtem Jahr zu Tschaikowsky’s Schwanensee als die auftretende Schwanenprinzessin Odette in der Kür laufen, einer der anspruchsvollsten Rollen für eine Prima Ballerina überhaupt. Abgesehen von den technischen Schwierigkeiten innerhalb meiner Kür, ist die Rolle der Odette auch künstlerische eine große Herausforderung. Da die Vorstellungen von mir und der Hexe oft weit auseinander lagen, habe ich Jelena heimlich überredet, den Stoff des Kostüms oberhalb der Taille nicht blickdicht wie die Hose zu gestalten, sondern einen eng anliegenden, halbtransparenten Stoff dafür zu verwenden. Diese kleine Änderung am Kostüm hatte ich der Hexe nur ganz zufällig vergessen mitzuteilen und entsprechend groß war das Geschrei, als ich damit 2000 im Bofrost Cup auftrat. Das Kostüm war nach diesem ersten Auftritt bei den GP-Junior-Vorentscheiden als zu sexistisch für einen Zwölfjährigen beschimpft worden und hat besonders in Ballettkreisen hohe Wellen geschlagen. Angeblich implizierte es, dass die auftretende Schwanenprinzessin halbnackt und mit entblößten Brüsten dargestellt werden würde. Und unter alledem stand der Name Lilia Baranovskaya, Primadonna des Bolshoi-Ballets. Die Hexe hat verbissen versucht, die „Sache zu entschuldigen“ und es gab großen Ärger für Jelena, dabei hätte man nichts entschuldigen, sondern einfach nur mit mir reden müssen. Ich war weder halbnackt, noch hatte ich weibliche Brüste oder die Absicht, eine so triviale Darstellung zu zeigen. Man hat nur sehen sollen, dass unter dem Kostüm noch ein Mensch war – ein lebender Mensch. So wie sich unter den Federn des Schwans auch immer noch eine menschliche Prinzessin verbarg. Erst als ich nach dem Grand Prix-Finale ein Interview führte, bei dem die Hexe nicht anwesend war, erklärte ich meine Absichten hinter meiner Interpretation des Kostüms von Odette. Auch heute muss ich noch grinsen, wenn ich mir die Schlagzeile der Zeitungen am darauffolgenden Morgen in Erinnerung rufe: „Twelve-Year-Old Victor Nikiforov wins Junior’s Silver at GPF – the boy’s interpretation of Swanlake resembles the ‘stroke of a genius’” Was war die Hexe angepisst. Letztendlich musste sie entschuldigen, warum sie nicht mit mir über meine Vorstellungen gesprochen hatte, statt zu erklären, warum die Odette in einem für jede Ballerina unmöglichen Kostüm dargestellt worden war. Yakov hatte noch am selben Tag des Zeitungsartikel alle beantragten Förderleistungen zugesprochen bekommen, damit sich das „Wunderkind“ bestmöglich entwickeln und komplett auf die sportliche Zukunft konzentrieren könne. Also hatte ich in dieser Saison das letzte Mal ein Klassenzimmer von innen gesehen und seitdem die Sommermonate mit Privatunterricht verbracht. „Naja, immerhin wirst du dann nicht ständig dumm angelabert“, erklärt mir Chris, warum er Privatunterricht dennoch bevorzugen würde. Wir schlendern durch die ersten Räume mit Statuen und Büsten aus der Antike. Ich muss lachen. „Du glaubst nicht wie oft ich dumm angelabert werde. Georgi schafft das jedes Mal, wenn er den Mund aufmacht.“ „Nicht so“, entgegnet Chris. „Die Leute mögen dich.“ Ich muss mehr lachen. „Ach, meinst du? Für die Hexe bin ich immer noch ein Paradebeispiel gescheiterter Erziehung.“ Chris schaut mich entsetzt an. „Welche Laus ist der denn über die Leber gelaufen? Aber so hab ich das auch nicht gemeint.“ Ich bin verwirrt. „Wie dann?“ „Naja, du bist normal eben. Also...“, druckst er herum und wendet die Augen ab. Sein Blick fällt auf eine Statue, um die viele andere Besucher stehen und sie bewundern: Amor und Psyche, ein Liebespaar aus der griechischen Mythologie. „Tu sais, ich bin anders...“, bemerkt er schließlich. Zuerst will ich grinsen, aber dann macht es mich schlagartig traurig. Ich muss unwillkürlich an Michal denken... „Können wir das Thema wechseln?“, frage ich und klinge dabei vielleicht einen Tick zu unwirsch. Er schaut mich irritiert an. „Ah, oui, kein Problem, aber bisher hat dich das nicht gestört...?“ „Chris. Es hat nichts mit dir zu tun.“ Die Irritation bei Chris wächst. Irgendwie fühle ich, als wäre ich ihm die Wahrheit schuldig... Er weiß nichts davon. Er weiß nicht um unsere größte Gemeinsamkeit. Ich weiß es, weil er damit lockerer umgeht, aber ich habe ihm in Peking nur so viel erzählt, als dass ich vergeben wäre. An wen und ob es sich um Mann oder Frau handelt, habe ich nicht erwähnt. „Ich bin seit zwei Wochen von meinem Geliebten getrennt.“ Ich drücke es mal nett aus. „Dein Geliebter...?“ „Ich bin genauso anders wie du, Chris“, lasse ich ihn wissen. Für die nächsten Minuten herrscht eine gespenstische Stille zwischen uns. Ich beobachte Chris, der mich mit großen Augen anstarrt und versucht zu begreifen, was ich gerade gesagt habe. Dass er dabei in einen inneren Konflikt geraten ist, sehe ich. Ich weiß nur nicht, wo er herrührt. Wenn er auch auf Männer steht, dann dürfte ihn das doch nicht so irritieren? „Ich dachte, du hast eine Freundin...?“, fragt er ungläubig. „Nein“, antworte ich. „Überrascht dich das?“ „Oh, non“, erwidert er schnell und weicht meinem Blick aus. Vielleicht war er nur deswegen so locker und redselig mit mir, weil er dachte, es würde mich nicht betreffen, was er sagt? Und ich habe ihm diese Illusion gerade ziemlich unvorbereitet genommen... Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich jetzt dazu sagen soll. Ihn aber weiter erzählen zu lassen hätte ich genauso wenig ertragen können. „Chris, es hat nichts mit dir zu tun. Bitte nimm' das nicht persönlich“, versuche ich die Situation irgendwie zu retten, aber meine Worte verfehlen ihren Zweck. „Warum sagst du mir das jetzt erst?“ Er ist sauer. Wahrscheinlich zu recht. „... Es gab noch keinen passenden Moment.“ „Und das war er oder was?!“ „Nein... ich konnte keinen passenden Moment finden und jetzt ist es vorbei“, sage ich. Ich kann mit solchen Situationen nicht umgehen. Es ist ein Grund, warum ich Konfrontationen zu vermeiden versuche. „Du kannst nichts dafür. In Russland darf ich nicht darüber reden und manchmal wird mir das einfach zu viel. Ganz ehrlich, ich beneide dich, damit so offen umzugehen. Und es auch zu können. Weil ich kann es nicht.“ Wieder herrscht Stille zwischen uns. Chris starrt weiter, ich starre zurück und die Sekunden ziehen sich endlos dahin. Mein Herz schlägt unangenehm gegen meine Brust, weil ich nicht vorhersehen kann, wie Chris mit der Information umgehen wird. Nach einer gefühlten Ewigkeit spricht er mich dann doch wieder an: „Hast du dich deswegen mit mir abgegeben?“ „Nicht wissentlich. Du hast mir ja erst beim Grand Prix davon erzählt“, sage ich ehrlich, dann halte ich ihm meine Hand hin und frage etwas unsicher: „Trotzdem Freunde?“ Chris beobachtet mich noch einen kurzen Moment mit suspektem Blick, bevor er ein leichtes Grinsen in die Mundwinkel bekommt und meine Hand nimmt. „Alles klar, Freunde. Aber ich geb' dir einen Rat: Freunde hören sich Probleme an. Also wenn du Probleme hast, dann solltest du mit einem Freund darüber reden.“ Ich muss lachen. „Das wäre bei deiner Neugier wohl nur von Vorteil, was?“ Er grinst. „Sagen wir, es wäre einfach eine gute Lösung. Und dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.“ „Danke, Chris.“ ~ENDE~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)