Paul von Fara_ThoRn ================================================================================ Kapitel 7: 06. -------------- Morgen! Heute kommt das Kapitel ziemlich früh. Keine Ahnung warum, aber ich war schon um halb 5 hellwach. Das kommt davon, wenn man immer früh aufstehen muss und man mal ausschlafen kann. Na ja, wenigstens kann ich jetzt in Ruhe am letzten Kapitel schreiben xD Derweil ich das tue, wünsche ich euch viel Spaß mit diesem Kapitel und einen schönen Kafreitag ^^ Eure Fara 06. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Die Worte meiner Mutter gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Paul fühlt sich zu mir hingezogen … Ich bekomme jedes Mal Herzrasen, wenn ich daran denke. Und seid gestern denke ich verdammt oft daran. Wie könnte ich jetzt auch nur noch einen Gedanken daran verschwenden, heute nicht zu meiner Mutter zu fahren? Ich MUSS zu ihr, zu Paul, und dem auf den Grund gehen. Wie ich das anstellen will? Fragt mich etwas Leichteres. Ich werde schauen, was sich ergibt. Wie auch immer das gehen soll, obwohl ich gestehen muss, schon einen groben Plan zu haben. Einen noch sehr unausgereiften, aber ob ich den auch umsetzen werde? Keine Ahnung, ob ich die Eier dazu habe. Wir werden sehen. Wenigstens in einer Sache bin ich mir sicher: Mein Outfit. Sehr eng und figurbetont soll es sein. Nicht zu sexy aber auch nicht zu bieder. Ein wenig leger, aber gleichzeitig soll es rufen: Hey! Hier bin ich! Schau mich an! Nur muss ich das erst einmal in meinem Kleiderschrank finden. Am Ende wird es eine schwarze Jeans, ein cremefarbenes Shirt mit tiefen V-Ausschnitt und darüber ein rot-schwarz kartiertes Hemd, das ich natürlich offen lasse. Dazu rote Chucks. Fertig. Ich glaube, so kann ich gehen, ohne zu aufgetakelt zu wirken. Ich schaue auf die Uhr. Um zehn soll ich bei meiner Mutter sein, damit ich ihr bei den Vorbereitungen helfen kann. Es ist kurz nach neun. Am besten, ich mache mich auf den Weg. Unten im Bistro hole ich noch schnell die Kräuter für die Grüne Soße und ein paar Muffins aus der Kühlung und düse dann los. Ich werde immer nervöser, je näher ich meinem Ziel komme. Zwar wird Paul noch nicht da sein, trotzdem tobt ein kleiner Sturm in meinem Bauch vor Aufregung. Hoffentlich wird das nachher besser, sonst kann ich meinen kleinen, noch unfertigen Plan gleich in die Tonne kloppen. Unterwegs begegnen mir nur wenige Autos. Deshalb bin ich auch recht zügig unterwegs und dementsprechend schnell bei meiner Mutter. Ich parke am Bordstein, schnappe mir den Korb mit den Lebensmitteln und schlängle mich durch das kleine Gartentor. Innerlich aufgewühlt warte ich, bis man mir öffnet. "Ole! Du bist aber früh." "Soll ich wieder gehen?", kontere ich, grinse aber. "Wenn du Paul immer noch aus dem Weg gehen willst, kannst du das ruhig tun." Sie wartet gar nicht auf eine Antwort sondern schnappt sich meinen Korb und verschwindet wieder nach drinnen. Ich dackle brav hinterher. Ma hat in der Küche schon ganz schön herumgewerkelt. "Hast du gebacken?" Erstaunt spähe ich in den Ofen. Ein Streuselkuchen. "Ja. Ich wollte es mal probieren und das Rezept ist super einfach." "Na da bin ich aber mal gespannt." Mama und backen. Ob das eine gute Kombi ist? "Ich bin gerade am Kartoffeln schälen. Willst du die Kräuter kleinhacken?" "Mach ich", erwidere ich und packe die Kräuter aus. Eine Weile arbeiten wir still nebeneinander her. Nur das Radio berieselt uns mit leisen Tönen. "Du bist tatsächlich aufgeregt wegen nachher, nicht?" Meine Mutter klopft mir im Vorbeigehen auf die Schulter. "Wie kommst du darauf?" "Sonst bist du nie so still." Bin ich nicht? "Am Sonntag warst du auch so." "Wenn du das meinst", seufze ich und gebe die kleingehackten Kräuter in eine Schüssel. "Ja. Meine ich. Wenn du fertig bist, mach dich an die Eier. Sie sind schon gekocht und liegen neben der Spüle." "Oky." Also ist jetzt Eierschälen angesagt. "Guck mal. Hat Paul mir vorhin geschrieben." Ihr Handy schiebt sich vor meine Nase. "Paul hat Whats App?" "Klar. Hast du das noch nicht gemerkt?" "Habs noch nicht auf meinem neuen Handy." Ich zucke mit den Schultern. Ma verpasst mir einen Klaps auf den Hintern. "Ey!" "Nix ey. Installiere dir das Programm. Dann kannst du auch mit ihm schreiben. Hast du es gelesen?" "Wie denn, wenn du so wackelst?" Ich schnappe mir ihr Handgelenk und halte es fest, damit ich lesen kann, was ich ihrer Meinung nach lesen soll. 'Ist Ole schon da? Kann ich schon vorbeikommen oder lieber etwas später? ^_^“' "Er ist auch aufgeregt", kichert Mal. "Genau wie du." "Paul verwendet Smilies? So hätte ich ihn gar nicht eingeschätzt." Ich lasse ihre Hand wieder los. Zugegeben. Irgendwie ist diese Nachricht putzig, aber ist er auch aufgeregt wegen heute? So ganz kann ich mir das nicht vorstellen. "Das ist das Einzige, das dir auffällt?", werde ich angeblafft. "Ma", seufze ich. "Meinst du, mir jetzt mit dem zeigen seiner Nachricht geholfen zu haben?" Ich kann jetzt schon kaum noch das Messer zum schneiden der Eier halten. "Hatten wir nicht mal einen Eierschneider? Wo ist der?" Ich lasse alles stehen und liegen und gehe auf die Suche nach dem Eierschneider. Natürlich bemerkt meine Mutter sofort, dass ich ihr und dem Gespräch damit aus dem Weg gehen will. "Ole?" Meine Mutter klingt einen Hauch besorgt. "Können wir bitte über etwas anderes reden?", bitte ich sie und knie auf dem Boden um im unteren Schrank nach dem Eierschneider zu suchen. "Fein. Wenn du das willst." "Ja. Will ich." Ich mag nicht weiter über Paul reden, oder über das, was er meiner Mutter schreibt. Das macht mich nur noch konfuser und das kann ich ganz und gar nicht gebrauchen. Ich brauche einen klaren Kopf. Leider habe ich den schon seit Tagen nicht mehr … Es wundert mich, doch meine Mutter hält tatsächlich ihren Mund und erwähnt Paul mit keiner einzigen Silbe mehr. Vielleicht spürt sie ja, dass es mir ernst damit ist, nicht weiter darüber zu diskutieren. Wie auch immer, ich kann dem Thema Paul sowieso nicht mehr lange aus dem Weg gehen. Das wird mir spätestens klar, als es um kurz nach halb zwölf an der Tür klingelt. Ma eilt zur Haustür und wirft mir im Vorbeigehen noch einen merkwürdigen Blick zu. Hat sie gerade gezwinkert? Ich wische mir die Hände an einem Geschirrhandtuch ab, checke kurz mein Spiegelbild im reflektierenden Ofenfenster und gehe ebenfalls vor in den Flur. Dort steht Ma auch schon mit Paul im Arm. "Wie gut das bei euch duftet! Mein Bauch knurrt schon vor Hunger", staunt Paul und hängt seine Jacke auf. "Das ist gut", lacht Mama. "Wir haben genug für weitere fünf Personen gemacht, nicht wahr Schatz?" Sie sieht mich an. Ich nicke einfach. Keine Ahnung, wie viele Personen wir mit dem satt bekommen könnten, was wir vorbereitet haben. Als Paul mich sieht, lächelt er. Wie immer. Doch diesmal ist irgendwas anders an seinem Lächeln. Irre ich mich, oder wirkt er unsicher? "Hey Ole", begrüßt er mich und scheint nicht zu wissen, wie er sich mir gegenüber verhalten soll. "Hallo Pauli", erwidere ich grinsend und schließe ihn kurzerhand in die Arme. Sonst begrüßen wir uns doch auch immer so. Nur letztes Mal nicht, fällt mir ein. Bei unserer Verabschiedung. Nach dem Kuss ist Paul regelrecht geflüchtet, obwohl er so locker rüberkam. Das fällt mir erst jetzt richtig auf. Zögerlich erwidert er die Umarmung. Sagen tut er nichts. Auch nicht, als wir uns wieder loslassen und meiner Mutter in die Küche folgen. "Ole? Deckst du den Tisch?" "Mach ich Ma." Ich lasse Paul nicht aus den Augen während ich die Teller aus dem Schrank hole. Er steht da, als wüsste er nicht wohin mit sich. Vielleicht ist es gemein, aber mich beruhigt und erleichtert das irgendwie. Es hilft mir, ein wenig gelassener zu werden, denn seine Unsicherheit bedeutet, dass es ihn genauso geht wie mir. "Hier." Ich drücke Paul die Teller in die Hand. "Mach dich mal nützlich." Frech grinse ich ihn an und lasse es mir nicht nehmen, ihn bei dieser Gelegenheit über die Finger zu streichen. Paul scheint zu perplex, um reagieren zu können, murmelt nur ein "Okay" und stellt dann die Teller auf den Tisch. Ich kümmere mich derweil ums Besteck, mit dem ich genauso verfahre, wie mit den Tellern. Ma beobachtet dies alles amüsiert, sagt aber nichts. "Toll macht ihr das Jungs", lobt sie uns am Ende, als wir fertig sind. "Könnte einer von euch noch den Kuchen aus den Ofen holen, bevor wir essen?" "Klar." Paul prescht vor. Als er vor dem offenen Ofen steht, runzelt er die Stirn. "Suchst du die hier?" Topflappen. Ich halte sie ihm vors Gesicht. Endlich hat er sein Lächeln wiedergefunden. "Danke." Er greift sie sich, mitsamt meiner Hand. "Vielen, vielen Dank", murmelt er noch einmal und lässt mich dann los. Die Topflappen rutschen mir aus der Hand, genau wie Herz, das flatternd gen Hosenboden trudelt. Um mich abzulenken helfe ich meiner Mutter die Kartoffeln abzuschütten. Nachdem endlich alles auf dem Tisch steht, können wir uns setzen. "Ich wünsche euch einen guten Appetit", sagt meine Mutter zu uns. "Danke, ebenfalls." *** "Edith? Das hat wirklich hervorragend geschmeckt!" Ich pflichte Paul bei. "Wirklich gut. Selbst der Kuchen." Ohne Flachs! "Du kannst vielleicht nicht sehr gut Kochen, bis auf Curry und Grüne Soße, aber backen kannst du offensichtlich." "Wenigstens etwas, das ich in der Küche kann", lacht sie und steht auf. "Lassen wir das alles so stehen und gehen rüber ins Wohnzimmer. Dort ist es gemütlicher." "Wehe, du packst wieder Kindervideos von mir aus!", warne ich sie. "So etwas würde ich niemals machen!" Lügnerin! Lachend stiefelt sie davon. Bevor Paul es ihr gleichmachen kann, halte ich ihn schnell auf. "Paul? Warte mal kurz." Jetzt ist die Gelegenheit, sprich, meine Mutter ist nicht mit im Raum. "Ja?" Paul hat während des Essens seine Verlegenheit weitgehend abgelegt, doch jetzt kommt sie abermals ein wenig durch, was mir zum Glück wieder etwas mehr Sicherheit gibt. Zeit, meinen Plan umzusetzen. "Hier." Ich halte ihm den hundert Euro Schein hin. Paul runzelt die Stirn. "Was will ich damit." "Dein Geld. Ich habe gesagt, ich will es nicht. Und daran hat auch dein Ablenkungsmanöver mit dem Kuss nichts geändert." Paul schluckt und weicht meinem Blick aus. "Nimm!" "Behalte es." "Paul!" "Wirklich Ole. Ich habe dein Bistro gemietet, also muss ich auch dafür bezahlen." "Falsch", brumme ich ihn an. "Ich habe das Bistro von dir gemietet. Vergessen?" "Wie könnte ich?", schmunzelt er. Ich lege den Kopf schief. "Ich sage es nur noch einmal: Nimm das Geld wieder zurück." "Und ich sage es dir zum letzten Mal: Ich will es nicht." Alter Sturkopf! Aber darauf habe ich gehofft. "Okay", zische ich. "Du lässt mir keine andere Wahl." Pauls Augenbrauen ziehen sich zusammen und er möchte anscheinend etwas erwidern, doch ich gebe ihm keine Chance dazu, auch nur noch einen weiteren Ton von sich zu geben. Ich packe ihn am Kragen, strecke mich ein wenig und dann tue ich es. Als sich unsere Lippen treffen, durchbricht mein Herz die Schallmauer. Meine Knie werden weich wie Watte und mein Bauch scheint sich in seine Bestandteile aufzulösen. Erst befühle ich Pauls Lippen nur vorsichtig, doch als ich spüre, dass Paul auf meinen Kuss anspringt, werde ich mutiger und fange an, verspielt an seiner Unterlippe zu saugen. Blind und nur mit größter Anstrengung kann ich noch ein paar meiner Gehirnregionen dazu auffordern, Paul den Geldschein zurück in seine Hosentasche zu stecken. Aber nicht klammheimlich, so wie er es bei mir getan hat. Näh! Ich schiebe ihn den gefalteten Schein in seine Gesäßtasche. Sehr, sehr langsam und so tief es geht, wobei ihn ihn ganz genau spüren lasse, was ich da tue. Paul gibt ein Knurren von sich, das ich sofort unterbinde, indem ich mit meiner Zunge zwischen seine Lippen fahre. Bereitwillig teilen sie sich für mich. Seufzend dringe ich in das mir noch fremde Reich ein. Pauls Zunge begrüßt mich vorsichtig, stupst meine leicht an, lädt sie zum Spielen ein. Ich glaube, der Raum beginnt sich gerade um uns herum zu drehen … Meine Hand steckt immer noch in seiner Gesäßtasche und ich habe auch nicht vor, sie so schnell wieder dort hervorzuziehen. "Leute? Wo bleibt ihr de… Oh!" Ma! Paul zuckt von mir weg, aber ich bleibe gelassen. "Siehst du? SO küsst man jemanden richtig", grinse ich Paul an, lecke mir über die Lippen, während ich seinen Hintern leicht kneife. Erst dann ziehe ich meine Hand wieder aus seiner Hosentasche, drehe mich zu meiner Mutter um und verlasse die Küche. Vergnügt zwinkere ich ihr im Vorbeigehen zu. Mein armes Herz will sich gar nicht mehr beruhigen, aber ich war noch nie so euphorisch wie in diesem Moment. Immer noch mit weichen Knien lasse ich mich auf die Couch fallen. Meine Gedanken wirbeln im Kopf wild herum und auf meinen Lippen kann ich immer noch Paul schmecken. Was er jetzt tun wird? Gespannt warte ich darauf, dass Paul und Ma zu mir kommen. Einen kleinen Moment wird das noch dauern, fürchte ich. Ich kann beide leise in der Küche miteinander reden hören, doch ich widerstehe dem Drang, ihnen zu lauschen. Sollen sie reden. Ich lehne mich derweil zurück und … Was ist das? Auf dem Wohnzimmertisch ist unser altes Monopoly Spiel aufgebaut. Das haben wir damals immer zusammen gespielt. Paul und ich gegen Ma. Ich fasse es nicht, dass sie es hervorgeholt hat! Schmunzelnd fische ich mir das kleine Auto aus der Schachtel. Das hatten Paul und ich immer. Meine Mutter wollte immer den Fingerhut. Einmal habe ich in einem unbeobachteten Moment eins der Hotels gemopst und auf die Schlossallee gestellt. Ma hat es nicht mitbekommen. Oder nur so getan, als ob. Paul dagegen schon, doch er hat geschwiegen, auch wenn er mir stumm zu verstehen geben hat, dass das nicht richtig war. Gewonnen haben wir trotzdem nicht. Paul musste mich trösten. Ich war schon immer ein schlechter Verlierer. Deshalb spielen andere auch nicht gern mit mir Karten oder andere Gesellschaftsspiele. Nur meine Mutter hält sich dabei tapfer. Und Paul natürlich. Mit ihm war verlieren immer nur noch halb so schlimm. Als ich Schritte höre, richte ich mich auf und schaue zur Wohnzimmertür. Ma erscheint als erste. Danach Paul. Sein Blick ist durchdringend und starr auf mich gerichtet. Ist er etwa sauer wegen des Kusses? Meiner Mutter ist nichts dergleichen anzusehen. Sie rückt sich den Sessel zurecht und Paul setzt sich neben mich. Genau wie früher. Immer noch hält mich sein Blick gefangen. Langsam wird mir unwohl. Hat meine Mutter etwa was damit zu tun? Plötzlich ein leiser Schlag. Paul hat mit der geschlossenen Faust mitten aufs Spielbrett geschlagen. Nicht fest, aber deutlich hörbar. Er öffnet seine Hand. Zum Vorschein kommt der hundert Euro Schein. "Wer gewinnt, bekommt ihn", erklärt er und lässt den Schein dort liegen. "Okay", sage ich verwundert. "Und noch was", fügt er an. "Hättest du letztens nicht dagestanden wie eine erstarrte Salzsäule, hätte ich dich auch ordentlich geküsst." Eh … Was? Noch während ich dabei bin, Pauls Worte zu analysieren, packt er mich im Nacken, zieht mich zu sich und presst seinen Mund auf meinen. Erst bin ich so überrumpelt, dass ich nur dasitze. Doch dann kommt mein langsam arbeitendes Hirn endlich hinter Pauls Worte. Er will also nicht, dass ich Salzsäule spiele? Fein! Das kann er haben. Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken und schiebe mich halb auf seinen Schoß. Schräg hinter mir fängt Ma an, komische Quietschlaute von sich zu geben. Sie scheint sogar in die Hände zu klatschen. Höchst irritierend, aber ich kümmere mich nicht weiter darum. Soll sie halt quietschen und klatschen. Mein oberstes Ziel ist es, bei unserem Kuss die Oberhand zu gewinnen und Paul so zu zeigen, dass er mich nicht mehr so leicht aus der Bahn werfen kann. Das dürfte ab dieser Sekunde vorbei sein. Aber das ist gar nicht so leicht, denn Paul hat überzeugende Mittel auf Lager … Gut. Ich gebe mich geschlagen. Und wirklich verlieren tue ich ja dabei auch nicht … Wir kippen ein wenig zur Seite, bis wir gegen die Rückenpolster der Couch lehnen. Seufzend lasse ich eine Hand über Pauls Brust wandern, der sich ein Stück auf mich schiebt. Da er ein Hemd mit Knöpfen trägt, kann ich mit meinen Fingern zwischen die seitlichen Öffnungen tauchen, aber bedauerlicherweise fühle ich den Stoff eines Unterhemdes und kann die warme Haut darunter nur erahnen. Vielleicht weiter unten … Dann könnte ich beide Stoffe einfach nach oben schieben, und … Unser Kuss endet. Verwirrt öffne ich die Augen und schaue geradewegs in Pauls. Sie sind braun. Wie dunkle Schokolade … "Fang nichts an, was du auch nicht zu Ende bringen kannst", raunt er mir zu und geht plötzlich auf Abstand. Ich soll was nicht? Jemand räuspert sich. "Soll ich vielleicht für ein paar Stunden von hier verschwinden?" Ma! Die habe ich ja total vergessen! Ich glaube, meine Hautfarbe nähert sich dem Ton einer vollreifen Tomate, als ich mich wieder aufsetze. "Tschuldigung", murmle ich und wische mir übers Gesicht. "Dafür nicht, mein Schatz", lacht meine Mutter. "Können wir jetzt anfangen? Die Hundert Euro könnte ich echt gut gebrauchen." *** "Es war so schön, dass ihr beide da wart." Ma drückt mir fast die Luft aus den Lungen und wiegt mich hin und her. "Vor allem wegen dem hier." Hinter mir höre ich Papier in der Luft flattern. Der Hunderter. Sie hat mal wieder gewonnen. "Ja. Es war schön", krächze ich. "Ma! Du schnürst mir die Luft ab!" Meine Mutter lässt mich endlich wieder los. Sie sieht so glücklich und stolz aus. Schon den ganzen Tag lang und ich glaube, ich kenne auch den Grund dafür. Der Grund steht neben mir und ist nach mir dran, von Ma halb erwürgt zu werden. "Tschüsschen Paul", murmelt sie an dessen Schulter. "Und lass bald mal wieder etwas von dir hören." "Mache ich auf jeden Fall." Sie lässt ihn los und sieht uns abwechselnd an. Gleich kommt noch was. Irgendwas peinliches. Ich höre es schon. Gleich … Einen Moment noch … Dauert nicht mehr lang … "Machts gut ihr zwei. Und treibt es heute Abend nicht zu bunt, ja? Es ist schließlich Karfreitag." Innerlich schlage ich die Hände über den Kopf zusammen. "Tschau, Ma. Auf nimmer Wiedersehen." Ich gehe flüchten. Paul ist vorhin mit dem Taxi gekommen, weshalb ich ihm angeboten habe, ihn nach Hause zu fahren. Meine Mutter ist schier ausgeflippt. Aus Freude. Ich mag gar nicht wissen, was die jetzt denkt. "Ihr beide wärt ein so süßes Paar! Und scheißt auf den Altersunterschied! Ihr passt perfekt zusammen. Schon immer", frohlockte sie vorhin während des Spiels. Was will man darauf erwidern? Mal ganz abgesehen davon, dass Paul und ich noch kein einziges Wort über alles verloren haben - wann auch? - ist es noch ein bisschen zu früh, um über irgendwelche Partnerschaften zu mutmaßen. Ma guckt definitiv zu viele Schnulzenfilme. Das färbt ab. "Wohin?", frage ich Paul, als wir in meinem Auto sitzen. "Vorn an der Hauptstraße rechts. Dann erstmal immer gerade aus." "Oki doki." Ich fahre los. Mein Griff ums Lenkrad ist leicht verkrampft. Jetzt allein mit Paul zu sein, macht mich doch wieder nervös. Will er denn gar nicht mit mir über heute reden? Ich schiele heimlich zu ihm rüber. Er schaut ungerührt durch die Frontscheibe. Okay, dann muss ich eben anfangen. "Paul?" "Hm?" "Wegen dem Kuss …" "Welchen?" "Was?" Wie, welchen? Tut er jetzt so, als wäre das nie passiert? "Na wegen welchem Kuss. Der, der von dir aus ging, oder meinen?" Er grinst. Idiot! Er hat mich wieder erwischt! Dennoch fällt mir ein Stein vom Herzen. "Wegen beiden", murre ich und biege auf die Hauptstraße ab. "Was ist damit? Waren sie nicht gut?" Leises Lachen. Der stellt Fragen! "Sie waren ganz passabel", antworte ich grinsend. "Ausbaufähig." "Ausbaufähig?! Das hat mir noch niemand gesagt." "Damit meine ich, wir könnten noch mehr Übung gebrauchen." Versteht er den Wink? Falls nicht, sage ich es besser noch ein bisschen deutlicher. "Zu dir immer weiter geradeaus, richtig?" "Richtig." Keine Ahnung, ob das jetzt verstanden hat. "Üben hört sich nicht schlecht an", greift er das Thema – zum Glück! - wieder auf. "Ganz meine Rede", freue ich mich, allerdings kommt sonst weiter nichts mehr von ihm aus dieser Richtung. Paul lotst mich bis vor seine Wohnung. "Schöne Gegend", merke ich an und stelle den Motor aus. "Und hier wohnt Anton?" "Ja. Da drüben. Ganz oben." Er deutet an mir vorbei aus dem Fahrerseitenfenster. "Schick." So wohnt der Boss des Velvets also. Eine riesige Terrasse zieht sich ums Haus. Nobel, nobel. "Also dann …", reißt Paul mich aus meinen Betrachtungen. "Also dann …", plappere ich ihm nach. "Der Tag war wirklich schön." "Fand ich auch." "Ja …" Paul lehnt sich zu mir rüber. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Der Kuss, der folgt, ist ganz anders, als die paar Male zuvor. Er ist zärtlicher, beinahe schüchtern. Er ruft eindeutig nach mehr. Nach erforschen, fühlen und noch so vielen anderen Dingen die es zu entdecken gibt … Zu meinem Bedauern beendet Paul den Kuss nach kurzer Zeit wieder. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass wir das gleich weiterführen werden. Vorzugsweise in seiner Wohnung und nicht in meinem Auto. "Also dann …" Schon wieder? Okay. Ich spiele wieder mit. "Also dann", grinse ich und beiße mir auf die Unterlippe. "Schlaf gut. Und fahr vorsichtig." Ähm … Soll das ein Scherz sein? Anscheinend nicht. Paul streichelt mir sanft über die Wange, lächelt mich an und … steigt aus! Sprachlos schaue ich ihm nach, sehe zu, wie er die kurze Einfahrt hinaufläuft und dann vor der Haustür stehen bleibt, anscheinend um seinen Schlüssel aus der Jacke zu fischen. Habe ich irgendwas verpasst, oder wieso flüchtet Paul einfach, obwohl doch alles darauf hingedeutet hat, dass wir zusammen …? Oder habe ich was falsch verstanden? Was zum Teufel ist hier gerade passiert? ****** Ohje. Schon wieder ein ungeplanter Cliffhänger. I am sooooo sorry. Aber morgen früh geht es wieder weiter. Versprochen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)