Bis du mein bist... von Lady_Shanaee (- edited version -) ================================================================================ Prolog: In der Fremde --------------------- Er hätte nicht herkommen dürfen. Diese Erkenntnis verfolgte Saladir schon seit einiger Zeit. Was hatte ihn nur dazu getrieben, ausgerechnet hier – an der Grenze – aufzutauchen? War es die Tatsache, dass sein Vater, der König der Lythari, schwer krank und er, der zweite Prinz, auf der Suche nach einem Heilmittel war? Einem, das vielleicht gar nicht mehr existierte? Vielleicht. Dennoch spürte der junge Lythari, dass er in Lebensgefahr war, wenn man ihn hier entdeckte. Er musste komplett wahnsinnig sein. Wahnsinnig vor Verzweiflung und Sorge. Dass er inzwischen der Letzte war, der von seiner Eskorte noch lebte, half da auch nicht weiter. Zu Beginn waren sie fünfzehn Leute gewesen, doch alle seine Kameraden waren entweder der unbarmherzigen Natur oder den Wesen von Kerui zum Opfer gefallen. Saladir erinnerte sich sehr genau an die Wüste, die sie durchquert hatten, wo zwei seiner Männer von einem Sandsturm einfach spurlos verschluckt worden waren. Einige Tage später hatten sie sich durch einen Dschungel gekämpft, wo sie von fleischfressenden Pflanzen angegriffen worden waren. Es war reines Glück gewesen, dass sie dort nur jenen Lythari verloren hatten, der sich schützend über Saladir geworfen hatte, als die Pflanze mit ihren Wurzeln nach ihm griff. Die Erinnerung an die Schmerzensschreie des Mannes, der im Inneren einer riesigen gelben Orchideenblüte allmählich verdaut wurde, hallte immer noch in den Ohren des jungen Prinzen wider. Dieser Umstand und die unerwarteten Gefahren der Suche entbehrten nicht einer gewissen Ironie, denn eigentlich hätte er gar nicht mitreisen sollen. Doch als zweiter Prinz hatte Saladir es als seine Aufgabe angesehen, die Truppe anzuführen, obwohl ihn sein älterer Bruder Athavar und zuvor schon der gesamte Ministerrat davon hatten abhalten wollen. Kurz bevor die Männer aufgebrochen waren und Saladir angekündigt hatte, sie zu begleiten, war es deswegen zwischen den beiden Brüder zu einem heftigen Streit gekommen. „Du kannst nicht gehen! Dein Platz ist hier an Vaters Seite, während ich als Kronprinz die Amtsgeschäfte für ihn übernehme.“ „Nein! Ich kann hier nicht herumsitzen und nichts tun!“ „Saladir...“ „Nein!“ „Deine Gesellschaft wird Vater Kraft geben, bis die Soldaten mit den Nachtrosen zurück sind...“ „Ich werde hier nicht tatenlos herumsitzen! Ich werde den Trupp anführen!“ Er schüttelte den Kopf, um die unangenehmen Gedanken zu verbannen. So geräuschlos wie möglich schlich der junge Elf weiter, nachdem er sich erneut umgeschaut hatte. Es war beinahe Mitternacht... eine Zeit die ihm, so glaubte er nun, nichts Gutes verheißen konnte. Der Wind frischte auf, und der Lythari blieb kurz stehen, um sich eine Strähne seiner hellblauen Haare aus dem Gesicht zu streichen, die inzwischen unangenehm lang geworden waren. Er durfte sich nicht ablenken lassen. Saladir hatte fast acht Tage gebraucht, um die Stelle zu finden, an der er sich jetzt befand. Die Bergkette vor ihm zu erklimmen, war nicht das Problem gewesen. Das Problem ergab sich auf der anderen Seite, wo ein Abstieg nur in einer Lawine von Geröll endete, die ihn gnadenlos verschütten würde. Schon das versehentliche Lostreten kleinerer Kiesel einige Tage vorher hatte zu einem einschüchternden Resultat geführt, das der junge Elf nicht wiederholen wollte. Also hatte er gesucht, um eine Lösung zu finden, die ihn nicht das Leben kosten würde. Eine weniger steile, flacher abfallende Stelle, ein mit Bäumen bewachsener Abhang... irgendetwas, durch das er lebend auf der anderen Seite ankam, selbst wenn er abstürzen sollte. Saladir war nicht wählerisch und schließlich hatte Glück er gehabt: Vor ihm lag nun – hinter einer schmalen Felsspalte verborgen – ein Durchgang in das von Bergen regelrecht umschlossene Reich der Naralfir. Die Naralfir waren Dämonen, die in ganz Kerui für ihre Grausamkeit und Blutrünstigkeit gefürchtet waren. Sie waren der Inbegriff für alles Böse und schreckten vor nichts zurück, um dies jedem zu beweisen, der ihr Missfallen erregte. Die Geschichtsbücher erzählten, dass ihr Reich entstanden war, als nach einem gewaltigen Erdbeben ein Vulkan explodiert war und das umliegende Land mit seiner Lava völlig bedeckt hatte. Unzählige Tausend waren bei dieser Katastrophe umgekommen – und seitdem galt das Land als verflucht. Die Naralfir hielten sich andere Rassen als Sklaven oder Nahrung, hieß es weiter, und ihre Magie war so dunkel, dass selbst die Gesetze der Natur von ihr aus den Angeln gehoben wurden. Außerdem war es bei ihnen Brauch, denjenigen zum König zu machen, der den herrschenden König umbrachte. Schon seit Anbeginn der Zeit waren die Lythari und die Naralfir verfeindet, auch wenn der Grund für diese Feindschaft im Lauf der Geschichte verlorengegangen war. Von den Ministern und Generälen seines Vaters hatte Saladir gehört, dass es an der Grenze immer wieder zu Gefechten kam, bei denen Lytharis grausam hingemetzelt wurden. Wenn die Naralfir also ihn, einen Abkömmling der Herrscherlinie ihrer Erzfeinde, an der Grenze des Reiches erwischten, würde er auch sterben. Zumindest wenn er Glück hatte... Der Lythari musterte die unscheinbare Felsspalte, durch die er sich quetschen musste. Keine Soldaten oder Wachtürme weit und breit… seltsam. Die silbergrauen Augen Saladirs verengten sich. Fühlten sich die Dämonen dermaßen sicher, dass niemand freiwillig herkommen würde? Die gesamte Gegend, so weit er sehen konnte, war verlassen. Gras wuchs nur in kleinen, halbverdorrten Büscheln, die Bäume waren windschief und morsch. Kleine Käfer und Eidechsen huschten über den ausgetrockneten Boden. Dem Ängstlichen schien es, als habe selbst die Natur Furcht vor dem, was sich am anderen Ende des Tunnels verbarg. Nun, in dem Punkt hatten die Naralfir Recht: Keiner, der noch ganz bei Trost war, wagte sich auch nur in die Nähe dieses unheiligen Ortes und seiner barbarischen Bewohner. Keiner... bis auf einen jungen Lythari, dem in seiner Ratlosigkeit nur noch der Feind Heilung für seinen Vater versprach. Wenn Rarya wüsste, was er im Begriff war zu tun, hätte sie ihn vor Zorn über seinen Leichtsinn geschüttelt. Rarya... seine geliebte Rarya... Sie hatte ihn begleiten wollen, doch das hatte Saladir entschieden abgelehnt. Obwohl er zugeben musste, dass er die Dauer seiner Suche unterschätzt hatte, genauso wie die Gefahren, denen er begegnet war – hätte Rarya ihn in den letzten drei Monaten begleitet, hätte Saladir sich wohl kaum noch auf diese selbst auferlegte Aufgabe konzentrieren können... Der Lythari streckte noch einmal schnell den Rücken durch, spannte die Muskeln an und atmete tief ein, dann presste er sich durch den schmalen Eingang... ... und atmete erleichtert auf, als er am anderen Ende der Felsspalte angekommen war. Das schroffe Gestein hatte ihm den Reisemantel an Schulter und Ärmeln zerrissen; kurz vor dem Ausgang hatte er sogar fürchten müssen, steckenzubleiben. Nun nahm er einen fauligen Geruch wahr, den er zuerst nicht zuordnen konnte. Als er einen Schritt nach vorn machte und es unter seinem Stiefel knacken hörte, erkannte er den Ursprung: Aas... Er hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht angewidert aufzuschreien und den Brechreiz zu unterdrücken. Der Drang umzukehren wurde so stark, dass Saladir tatsächlich beinahe kehrtgemacht hätte. Der Wind fegte mit einem seltsam jaulenden Heulen über das Land und zerriss die dunklen Wolken in Fetzen, die wie Leichentücher über den blutroten Mond flatterten. Der größere Mond, der ein wenig mehr Licht hätte spenden können, blieb in einer Nacht wie dieser hinter seinem kleineren Bruder verborgen, als fürchte er sich, hinab auf die Erde zu schauen. Saladir konnte es ihm nicht verübeln. Kein Nachtgetier und kein Vogel war zu hören und die Schatten, die das spärliche Licht noch zu erzeugen vermochte, wirkten wie Schatten aus der Unterwelt, die ein unheimliches Eigenleben führten. Der Lythari schauderte und spürte seinen Herzschlag im Hals. Er konnte nur hoffen, dass er hier fand, wonach er suchte: Die Nachtrose. Sie war unglaublich selten und während seiner Odyssee durch Kerui hatte Saladir niemanden gefunden, der mehr als ein paar Gerüchte über sie gehört hatte, die teilweise sogar einander widersprachen. Nur in einem Punkt hatten alle übereingestimmt, nämlich dem, dass die Nachtrose nur noch in dieser Gegend zu finden war. Ihre heilende Wirkung war legendär – was beinah zur völligen Ausrottung der Pflanze geführt hatte – und viele hatten auf der Suche nach ihr entweder ihren Verstand oder ihr Leben verloren. Doch nur sie würde das vollbringen, woran alle anderen Mittel gescheitert waren: Den alten König der Lythari zu heilen. Er musste überleben. Die Felsspalte hinter sich lassend, drang Saladir immer weiter in das Reich der Naralfir vor. Links von ihm verlor sich die Landschaft in der Dunkelheit, was ihn vermuten ließ, dass es dort steil bergab ging. Vor ihm erstreckte sich eine trockene, felsige Steppe, die rechts in einen tiefen pechschwarzen Wald mündete und auf den jungen Elf furchteinflößend wirkte. Doch alles Zögern und Zaudern brachten nichts, und so schlich der heimliche Besucher langsam auf den Waldrand zu, während er immer wieder zögernd innehielt, sich umschaute und horchte. Dabei hatte er das Gefühl, man könnte ihn bereits meilenweit riechen, denn die matschigen Überreste an seinem Stiefel hatte Saladir nur notdürftig entfernen können, weil kein Fluss in der Nähe war. Anfassen wollte er den stinkenden Brei auf keinen Fall... Jede Faser seines Körpers war zum Zerreißen gespannt. Die Abgeschiedenheit und absolute Einsamkeit machten ihn immer nervöser und auch die Abwesenheit von Grenzposten bereitete ihm immer größere Sorgen. Wo waren sie? Hatten sie den Eindringling vielleicht schon entdeckt und beobachteten ihn jetzt, jederzeit bereit anzugreifen? Nein, dann wäre er schon tot. Aber der junge Prinz klammerte sich verzweifelt an die Hoffnung, dass er bald fand, wonach er suchte und unbemerkt umkehren konnte. Es dauerte eine Weile, bis er den Waldrand erreicht hatte. Die Bäume schienen sich endlos in Richtung Himmel zu erstrecken. Saladir wagte es nicht, eine kleine Flamme zu entzünden, aus Angst entdeckt zu werden und verließ sich auf den unregelmäßig auftauchenden Mond, der diese tintengleiche Finsternis mit etwas Licht erhellte. Je weiter er voranschritt, desto dichter wurde der Wald, und oft musste er sein Schwert benutzen, um einen schmalen Weg durch Bäume und Gestrüpp zu schlagen. Das Rascheln der Blätter und das gelegentliche Knacken eines Astes trugen nicht gerade dazu bei, dass er sich beruhigte. Angespannt blickte der Lythari sich immer wieder um und befürchtete jeden Augenblick, von einer der Kreaturen, die in diesem Wald lebten, angefallen zu werden. Seine Nervosität wuchs ins Unerträgliche, als ihm seine verlorenen Kameraden wieder in den Sinn kamen. Tonadier hatte am längsten von allen durchgehalten, doch nachdem ihm ein fliegendes Ungetüm die Brust durch die Rüstung bis auf den Knochen aufgerissen hatte, hatte Saladir auch auf die Begleitung seines Hauptmannes verzichten müssen. „Bitte, Hoheit... Ihr dürft... nicht weiter“, hatte er keuchend gefleht und seine blutverschmierten Finger in Saladirs Oberarm gekrallt. „Ihr habt... es versucht und seid... gescheitert... Werft Euer Leben... nicht weg, sondern kehrt um... Helft eurem Bruder bei... der schweren Aufgabe, die... vor ihm liegt... Steht ihm bei.“ Die folgenden Worte waren Saladir schwergefallen, schienen sie ihm doch wie ein Verrat am Tod seiner Gefährten. „Ich kann nicht umkehren, Hauptmann. Nicht so kurz vor dem Ziel.“ „Aber die Naralfir...“ „Ich werde keinem von ihnen lebend in die Hände fallen.“ „Königliche Hoheit... Das ist Wahnsinn...“ „Ich werde gehen, Tonadir. Ich bin aufgebrochen, um ein Heilmittel für meinen Vater zu finden und werde kurz vor dem Ziel meiner Suche nicht aufgeben...“ Flügelschlagen und ein dröhnendes Kreischen brachten Saladirs abschweifende Gedanken in die Wirklichkeit zurück. Irgendetwas knackte unweit von ihm Gehölz, etwas Großes – doch in der Dunkelheit war nichts zu entdecken. Das Geräusch kam näher und das kurz darauf folgende Aufjaulen bescherte ihm eine Gänsehaut. Hektisch und fast blind stolperte der junge Prinz nach vorn, um dem zu entkommen, was auch immer da seine Fährte aufgenommen haben mochte. Doch gerade, als er begann, die Nerven zu verlieren, bemerkte er ein schwaches, rötliches Licht. Saladirs taumelnde Schritte wurden schneller. Eine Lichtung! Wieder erscholl dieses schauerliche Kreischen, dieses Mal direkt hinter ihm. Der junge Lythari wirbelte herum und starrte kurz in zwei goldglühende Augen, dann stürzte das Wesen auf ihn herab. Von den Geschehnissen der Reise geprägt handelte Saladir rein instinktiv und warf sich gerade noch rechtzeitig zu Boden. Etwas zischte direkt über ihm durch die Luft. Er hob den Blick und erkannte eine dunkle Silhouette. Ein gewaltiger Uhu schlug drohend mit seinen Flügeln, wobei er ein enttäuschtes Kreischen von sich gab. Dann flog das Tier einen engen Bogen über die Lichtung und stürzte wieder auf Saladir herab. Doch ehe es diesen erreichte, krachte es zu Boden, überschlug sich und blieb schließlich reglos liegen. Verblüfft und erschrocken taumelte der Lythari ein paar Schritte zurück, die Faust auf sein rasendes Herz gepresst. Hektisch schaute er sich um, bevor er mitten auf der Lichtung etwas entdeckte, das ihn erleichtert aufatmen lies: Blühende Nachtrosensträucher. Einen, zwei, fünf... viel mehr als er brauchte. Staunend trat Saladir näher. Er war am Ziel seiner Reise angekommen. Nun verstand er auch, woher diese Blume ihren Namen hatte. Sie hatte das Aussehen einer pechschwarzen Rose, deren Blütenblätter nach innen hin blutrot wurden und in der Dunkelheit schwach leuchteten. Dass eine solche Schönheit in einem so finsteren Reich blühte, faszinierte den Lythari ungemein. Behutsam ging er neben einer der Nachtrosen in die Knie, zückte einen kleinen, scharfen Dolch und schnitt die Blüte vorsichtig am Stiel ab. Diese Prozedur wiederholte er noch bei zwei weiteren Rosen, ehe er den Dolch wieder zurücksteckte und seine Beute ehrfürchtig zwischen den Fingern drehte, um sie zu bewundern. „Sieh an, sieh an, was haben wir denn da? Einen Eindringling, der glaubt, er könnte uns bestehlen“, ertönte hinter ihm eine Stimme, und Saladir riss sein Schwert mit der freien Hand aus der Scheide. Kapitel 1: In Gefangenschaft ---------------------------- Er wirbelte herum und fand sich plötzlich umzingelt von fünf Gestalten, die mit geladenen Armbrüsten auf ihn zielten. „Ein Mondelf. Du scheinst ja mit deinem Leben bereits abgeschlossen zu haben“, sagte jener hämisch, der bereits eben gesprochen hatte, und ein kaltes Lächeln trat in sein finsteres Gesicht. „Ihr macht mir keine Angst“, erwiderte Saladir mit fester Stimme und mutiger, als er sich fühlte. „Ich bin Saladir, zweiter Sohn Rateshvars, des Königs der Lythari, und werde jeden von euch zur Hölle schicken, der es wagt, mir zu nahe zu kommen.“ „Ein Lügner ist er auch noch“, zischte ein anderer. „Wohin willst du den Pfeil haben? Kopf oder Herz?“ „Können wir ihn essen?“, fragte ein dritter. „Wie schmeckt denn Mondelf, Kylaf?“ „Vergiss es Tradui, der stinkt. So was ess‘ ich nicht...“ „Ich will sein Schwert, wenn er tot ist!“ „Ich seinen Mantel!“ „Du spinnst wohl, Akal! Ich hab‘ mehr Anrecht darauf!“ „Ach, und wieso?“, widersprach dieser und stieß mit der Armbrust nach seinem neben ihm stehenden Gefährten. „Akal, Fenach! Genug!“, erklang eine neue Stimme. Aus dem Dunkel der Nacht erschien ein weiterer Mann, der einen flackernden Ball aus Feuer in der Hand hielt. Saladir erkannte sofort, dass dieser zwar ein Naralfir, aber anders als die restlichen Dämonen war: Kaum war seine Stimme erklungen, wichen die anderen ehrfürchtig ein wenig zur Seite, ohne dabei ihre Waffen zu senken. Saladir erkannte entsetzt, dass er offenbar in eine Falle getappt war. Der Neuankömmling hatte längeres, purpurfarbenes Haar als der Rest seiner Begleiter, das ihm bis über die Schultern fiel. Sein fein geschnittenes Gesicht wurde wie bei den anderen von hellroten Augen dominiert und an seinen spitzen Ohren – die nur etwas kürzer als die eines Lythari waren – glänzten unzählige silberne Ringe. Im Gegensatz zu den knielangen, mit Pelz besetzten Ledermänteln der Umstehenden trug er einen langen, schwarzen Mantel aus einem Samt ähnlichem Stoff, auf den mit Silberfäden geheimnisvolle Muster gestickt waren, sowie schwarze Hosen und Stiefel. An seiner Seite hing ein kostbar aussehendes Langschwert. Außerdem war er der Einzige auf einem Kissard, einer abscheulichen Mischung aus Pferd und Eidechse. Das kühle Lächeln im Gesicht dieses Naralfirs verhieß allerdings nichts Gutes. Alles in Saladir schrie danach, sofort wegzurennen und erst stehenzubleiben, wenn er seine sichere Heimat wieder erreicht hatte, doch er konnte sich nicht bewegen. Für scheinbar endlose Momente blickten sich die beiden Erzfeinde direkt in die Augen, dann stieg der Reiter ab und kam auf Saladir zu. Er tat es mit einer Selbstverständlichkeit, die ihresgleichen suchte, gerade so, als würde ihm das auf ihn gerichtete Schwert nicht das Geringste anhaben können. Direkt vor dem jungen Elf blieb er stehen und ließ seinen Blick über diesen wandern. Der Prinz fühlte sich wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange. „Was hat denn ein Prinz hier ganz allein verloren? Sollte ein solcher es nicht eigentlich besser wissen, als Feinden zu verraten, wer er ist? Falls es wirklich stimmt, natürlich.“ Die Stimme war nicht sehr tief, aber sie hatte etwas zutiefst Beunruhigendes an sich. Saladir schaffte es nicht, etwas zu antworten: Er war zu sehr in seiner Starre gefangen, als etwas anderes tun zu können, als haltlos zu zittern. Der Naralfir seufzte kopfschüttelnd, ehe er nach dem Lythari griff und dessen Hand mit den Rosenblüten nachdenklich musterte. Saladir fröstelte unter der Berührung. „Du sagst vermutlich tatsächlich die Wahrheit“, riss ihn die Stimme des Naralfirs in die Wirklichkeit zurück. „Ein Ring mit dem königlichen Siegel – oder bist du nur ein sehr geschickter Dieb?“ Immer noch lag das kühle Lächeln auf seinen Lippen, doch nun wurde es breiter. Die Panik des Prinzen nahm zu. Mochte sein Verstand ihm auch befehlen, sofort zu flüchten – seine Füße schienen mit dem Boden verwachsen zu sein. „Gut... Ich bin Azul, König der Naralfir. Sag‘ mir, kleiner Dieb... Was mache ich jetzt mit dir? Was denkst du, wird dein Vater, der "König", mir wohl im Austausch für dich geben?“ „I-ich we-weiß nicht... Was wo-wollt Ihr de-denn haben?“, stammelte Saladir heiser. „Das ist eine sehr gute Frage. Ich habe mehr Gold, Juwelen und Sklaven, als ich zählen kann... Aber ich bin sicher, mir wird noch etwas einfallen.“ Damit ließ Azul den Feuerball zum Schwert des Lytharis fliegen. Kaum hatte dieser die Klinge berührt, schmolz es und ließ nur einen unbrauchbaren Klumpen Metall zurück. Mit einem leisen Fluch ließ Saladir es fallen und schüttelte die verbrannte Hand, bevor er ungeschickt seine Feldflasche vom Gürtel zerrte und das Wasser daraus über die Handfläche goss. Der König der Naralfir hingegen drehte sich um, ging zu seinem Kissard und stieg auf. „Nehmt ihn gefangen!“, befahl er noch und ritt davon. Saladir versuchte gar nicht erst, sich zu wehren. Sein Dolch würde den Naralfir nichts anhaben können. Zudem waren sie in der Überzahl und bedrohten ihn noch immer mit ihren Armbrüsten. Widerstandslos ließ er zu, dass ihm die Nachtrosen, sein Reisegepäck und seine übrigen Waffen abgenommen wurden. Dann fesselten ihm die Soldaten die Hände hinter seinem Rücken und führten ihn hinaus aus dem Wald, einem unbekannten Schicksal entgegen... Der Weg führte über eine endlos weite, grüne Ebene, an einem Fluss entlang, den die Händler den „Strom der Verdammten“ nannten, weil aufgewirbelter roter Lehm vom Grund das Wasser nach heftigen Regenfällen blutig erscheinen ließ. Es schmeckte ledrig, nach altem Gras und aufgeweichten Blättern, wenn Saladir die Gelegenheit bekam, etwas zu trinken... wofür er sich bäuchlings in das Gras am Ufer legen musste, weil die Naralfir sich weigerten, ihm etwas aus ihren Feldflaschen zu geben. Der Boden selbst war karg, und unter einer dünnen Schicht Erde befand sich oft harter Fels, erkannte der Lythari, der die üppige Farbenpracht von Wildblumen und sanft im Wind rauschende Bäume gewohnt war, die so manches verborgene Plätzchen für vertrauliche Zweisamkeit boten. Im Reich der Naralfir gab es nichts als Gras und einschüchternd hohe Felsvorsprünge, die sich spitz zulaufend wie Zähne über das Land erhoben, als befände sich die kleine Gruppe im Rachen eines riesigen, toten Tieres. Mächtige Wolkenberge warfen oft dunkle Schatten auf den Boden wie vor einem Gewitter, gegen die sich die Sonne nur schwer durchsetzen konnte. Den Naralfir in der Begleitung ihres Königs schien es nichts auszumachen, stumpfsinnig hinter diesem herzutrotten und dabei ein riesiges, allmählich stinkendes Ungetüm mit sich zu schleppen. Saladir hingegen war tagelange Fußmärsche nicht gewohnt. Ihm tat alles weh, nicht nur die Füße, sondern auch seine inzwischen tauben Hände und die überdehnten Schultern. Seine Handgelenke und Unterarme waren von den trockenen Lederbändern wundgescheuert, und seine Muskeln brannten von der verkrampften Schlafstellung, in die ihn die Fesselung zwang. Saladirs Rücken hatte blaue Flecken von den Stößen mit den Armbrüsten der Männer, wenn er ihrer Meinung nach wieder zu langsam lief. Durch die Fetzen seines Reisemantels hindurch waren seine Oberarme zerschnitten und mit Blut verkrustet, weil er bereits mehrfach gestürzt und der Stoff dort gerissen war. König Azul schien ihn vergessen zu haben, denn er schaute nach vorn, den Blick der roten Augen immer in die Ferne gerichtet. Hoch aufgerichtet saß er auf dem Kissard, und wenn der Saladir ihn nicht für jemanden hätte halten müssen, dem er auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war, hätte er seine edle Haltung bewundert. Frauen mussten sich darum reißen, das Bett dieses Mannes zu teilen... ein Bett, das ihm nachts in einem Zelt auf Fellen bereitet wurde, während Saladir ohne Decke und immer noch gefesselt mit dem nackten Boden vorlieb nehmen musste. Die scharfen Grashalme schnitten in sein Gesicht, und der Hunger hielt den Prinzen wach, bis ihn schließlich die pure Erschöpfung in einen kurzen Schlaf zwang... Wieder bekam Saladir einen Tritt in den Rücken und taumelte, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Wann hatte er das letzte Mal etwas gegessen? Richtig, am Morgen bevor er in dieses verfluchte Reich gegangen war. Die Naralfir schleppten zwar den riesigen Vogelkadaver, den sie im Wald erlegt hatten, mit sich, aber Saladir war sich nicht sicher, ob als Wegzehrung oder als Jagdtrophäe. Ob sie ihn wohl eher verhungern lassen oder ihn zu Tode foltern würden? Der Lythari vermutete Letztes, auch als sein Magen vernehmlich knurrte. „Majestät, der Dieb stinkt erbärmlich! Sollten wir ihn nicht wenigstens mal kurz ins Wasser schmeißen, bevor wir ankommen?“, fragte plötzlich einer der Jagdgesellschaft hinter ihm. „Genau, sonst verpestet er das ganze Schloss!“, rief ein anderer, und Saladir spürte am Rucken seiner Fesseln, wie dieser die Arme nach oben riss. Azul hielt blickte nur kurz nach hinten über seine Schulter. „Warum sollte es mich interessieren, wie ein Dieb riecht, wenn er sowieso im Kerker landet?“, fragte er kalt, und Saladir zuckte zusammen. „Na jaaa... der Wind weht grad‘ von vorne, und wir kriegen den ganzen Gestank ab, weil wir hinter Euch und ihm her laufen...“ Wieder bewegten sich die Fesseln, als der Sprecher heftig gestikulierte. „Das Ding riecht furchtbar nach Aas und auf unserem Weg liegt doch ein See, wo wir auch die Wasserflaschen auffüllen könnten...“ „Iiih, Akal. Du willst Wasser trinken, in dem ein Mondelf war? Du bist ja pervers!“ „Halt' die Schnauze, Fenach! Natürlich füll‘ ich die Flaschen vorher auf, du verblödeter Idiot!“ Saladir wagte es nicht, sich zu rühren. Auch als die beiden Soldaten anfingen, sich zu prügeln und Akal ihn nach hinten umriss, weil er seinen Gegenüber ansprang, ohne die Fesseln loszulassen. Der Schmerz des Aufpralls presste ihm die Luft aus den Lungen, doch er biss die Zähne zusammen. Er wusste nichts über den Herrscher der Naralfir, doch er wusste, dass er sich hier keine Schwächen erlauben durfte. „Und wenn er wegläuft?“, hörte er Fenachs wutentbrannte Stimme. „Willst du ihn etwa dann wieder einfangen? Seine Majestät wird dich kaltmachen!“ „Der vollgeschissene Elf kommt sowieso nicht weit!“, entgegnete Akal fauchend. „Wo soll er denn hin?“ „Was weiß denn ich? Wir sollten ihm wenigstens die Achillessehnen durchschneiden!“ „Damit er im See absäuft? Oder willst du den Bastard den ganzen Rückweg lang tragen? Ist dir der Kauz auf den Kopf gefallen?“ Saladir lief es eiskalt den Rücken herunter, und er bemühte sich, sein Zittern zu unterdrücken, damit die Naralfir nicht merkten, wie viel Angst ihm ihre Worte machten. Besonders Akal und Fenach waren schlimmer als jedes Gerücht, das er bisher gehört hatte. „Möchtest du ein Bad nehmen bevor wir ankommen, kleiner Dieb?“, war auf einmal Azuls Stimme trügerisch sanft zu hören. Entsetzt und erschrocken riss Saladir den Kopf herum, und sein Blick traf auf rote Augen, deren Intensität ihn zu erstechen schien. Was sollte er darauf erwidern? War nicht jede Antwort ein Fehler? Wenn er sowieso sterben würde, war es doch egal, ob er schmutzig war oder nicht. Aber der Gedanke an Wasser erschien ihm wie das Paradies: Die vor Dreck starrenden Kleider ausziehen, die brennenden Wunden kühlen und den Schmutz abwaschen... etwas trinken, in das nicht vorher jemand hineingespuckt hatte oder absichtlich Dreck aufgewirbelt hatte, der zwischen den Zähnen knirschte... Azul lachte, als hätte er seine Gedanken gelesen, und Saladir verkniff sich eine bissige Bemerkung. Mit Fesseln würde er sicher nicht ins Wasser steigen: Die Naralfir würden ihn losmachen müssen. Ein See bot vielleicht eine Möglichkeit zur Flucht... Im nächsten Moment krachte ein Stiefeltritt in seine Seite. Noch bevor dem jungen Elf klar wurde, wie ihm geschah, stürzte eiskaltes Wasser über ihm zusammen. Strampelnd und keuchend kam er nur mit Mühe wieder an die Oberfläche. Glücklicherweise war das Wasser nur so tief, dass es bis an seine Hüften reichte und er stehen konnte. Saladir hustete, während sein Herz vor Schreck raste. „Ugrui, das war geil!“ „Aber jetzt sind deine Stiefel verseucht.“ Akal und Fenach hatten aufgehört sich zu streiten und starrten ihren Kameraden bewundernd an. Ugrui zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Wenigstens stinkt er jetzt nich‘ mehr“, sagte er nur und machte sich daran, an einer seichten Stelle die Wasserflaschen aufzufüllen. „Kylaf, mach‘ ihm die Fesseln ab und hilf ihm!“, erklang Azuls Stimme, und Saladir sah, wie ein weiterer der Gruppe auf ihn zu kam. Es war jener, der ihn hatte essen wollen, fiel ihm ein. Als er sah, wie der Naralfir ausholte und seine Fingernägel zu langen Krallen wurden, zog er den Kopf zwischen die Schultern und kniff die Augen zusammen. Gleich darauf spürte er, wie seine Arme an den Seiten herabfielen. Der Schmerz war höllisch als seine Muskeln nicht nur gegen das kalte Wasser, sondern auch gegen die ungewohnte Freiheit rebellierten. „Soll ich dich auch noch ausziehen, oder schaffst du das alleine?“ „A-alleine“, stotterte Saladir, doch es dauerte eine Weile, bis es ihm gelang, die Knöpfe seines Mantels zu öffnen. Langsam und frierend zog er sich aus und verfluchte Ugrui innerlich, als er seine zerschlissene Kleidung auf das trockene Ufer legen musste. Wenn er fertig damit war, sich und seine Wunden zu reinigen, würde er sie nass wieder anziehen müssen... Kylaf hingegen kletterte ans Ufer, als wäre nasse Kleidung kurz nach dem Winter nichts, worüber man sich Sorgen machen musste. „Meine Fresse, so weiße Haut“, staunte er stattdessen. „Kein Wunder, dass man Lythari auch „Mondelfen“ nennt...“ „Ja, sein Arsch strahlt wie der große Mond!“, spottete Akal und hockte sich neben ihn. „Er ist ja schon ein Hübscher... aber sein Gehänge ist nicht besonders groß. Gilt sowas bei den Mondelfen schon als Mann oder noch als Jüngling?" Saladir wusste inzwischen auch, wie dieser Lythari hieß: Tradui. Er hatte in den Nächten immer die letzte Wache an seiner Seite gehalten. „Ich will ihn immer noch essen“, entgegnete Kylaf. „Kurz angebraten mit Zitrone.“ „Alter, das ist ein Lythari, kein Fisch!“, kam es von Akal. „Ich will ihn aber vorher noch ficken“, warf Tradui ein, der Saladir nicht aus den Augen ließ. „Das ist echt ekelhaft“, meinte Fenach. „Selbst für deine Verhältnisse. Der hat doch nichts zu bieten.“ „Das hängt ganz davon ab, was man mit ihm machen will“, entgegnete Tradui, in dessen Gesicht man erkennen konnte, dass ihm bereits einige Ideen gekommen waren. „Na klar, wenn Kylaf ihn gefressen hat, is' ja auch nix mehr von ihm übrig!“, entfuhr es Ugrui, und die Männer lachten. Saladir gefror das Blut in den Adern – und das lag nicht am Wasser. Aber schlimmer als diese Sprüche waren die Blicke des Königs, die jeder seiner Bewegungen mit unergründlichem Gesichtsausdruck folgten und den Lythari genau musterten, als ob Azul sich jedes Detail seines Körpers genau einprägen wollte. Sie schienen über seine Haut zu streichen wie heißes Eisen... Schnell tauchte Saladir bis zu den Schultern in die eisigen Fluten und schwamm in tiefere Gefilde. „Auch ohne Fesseln solltest du nicht versuchen zu fliehen, kleiner Dieb“, sagte Azul dunkel, während er gelassen von seinem Kissard abstieg. Saladir biss sich auf die Lippen, bis er blutete, damit ihm keine bissige Bemerkung entschlüpfen konnte: Glaubten die Naralfir etwa, er wäre ein Idiot? Er mochte in der Mitte des Flusses schwimmen können und die Strömung mochte ihn mit sich treiben, aber die Pfeile der Armbrüste oder die Kälte des Wassers würden ihn töten, noch bevor er irgendwo eine sichere Stelle am Ufer erreicht hätte. Plötzlich horchte er auf. Der Lythari drehte sich nach der Quelle des Geräusches um. Ugrui war fertig damit, die Wasserflaschen aufzufüllen und Tradui nun dabei, sich in den See zu erleichtern. Wieder lachten alle hämisch... bis auf Azul, dessen Blick gerade Steine zu schmelzen schien. Im nächsten Augenblick trat der König seinem Soldaten mit aller Kraft in den Rücken. Der Unglückselige schrie kurz auf und stürzte mit einem lauten Klatschen in den Fluss. Völlig verblüfft beobachtete Saladir, wie der Kopf des Naralfir hustend wieder an die Oberfläche kam. Er musste ein Kichern unterdrücken und wandte sich ab, damit es keiner bemerkte. Aber es war nicht schnell genug, denn Tradui hatte es gesehen. Einen Augenblick später war er bei Saladir und schlang seine Finger um dessen Hals. „Du willst, dass ich in meiner eigenen Pisse ersaufe?“, zischte er und drückte den Lythari unter Wasser. Doch schon im nächsten Moment lösten sich seine Finger und als Saladir wieder verstand, was sich vorging, war Azul neben ihm und drückte den Kopf des heftig strampelnden Naralfir unter Wasser. Hastig hervorgebrachte Worte der Entschuldigung trafen auf taube Ohren, als der König den Soldaten mit unbewegter Miene ertränkte. Saladirs Verstand wurde leer vor Entsetzen: Er war noch nie einem Herrscher begegnet, der derartig mit seinem Volk umging, und für einen Lythari im Besonderen war ein solches Verhalten undenkbar. Wie konnte man seine eigenen Untertanen einem so qualvollen Tod aussetzen? Wie konnte man überhaupt jemanden so gnadenlos töten? Akal und Fenach waren ihre Sprüche im Hals steckengeblieben. Kylaf beobachtete alle interessiert. Saladir blieb, wo er war. „Du willst nicht, dass ich dich aus dem Wasser hole, kleiner Dieb. Also komm.“ Langsam stieg der Lythari mit zitternden Knien aus dem Wasser. Er wollte nach seiner Kleidung greifen, doch nach einem kurzen Befehl von Azul warf Ugrui ihm missmutig seinen eigenen Reisemantel zu. „Danke“, murmelte Saladir und nickte mit einem kleinen erleichterten Lächeln in dessen Richtung. Azuls Augen verengten sich gefährlich. „Was?“, fauchte der immer noch schockierte Elf. „Ich habe meine gute Erziehung nicht vergessen, auch wenn ich ein Gefangener bin!“ „Bedankst du dich dann auch bei mir?“, fragte Azul, und in seine Augen trat ein belustigtes Funkeln. „Wofür?“ „Ach, hätte ich dich Tradui überlassen sollen?“ Azuls Stimme bekam einen Unterton, der Saladir gar nicht gefiel. „Oder willst du Kylaf noch weiter in Versuchung führen mit Kleidung, die mehr enthüllt als verbirgt?“ Röte schoss in Saladirs Wangen und widerwillig musste er einsehen, dass ihm wohl keine andere Wahl blieb. „Ich danke Euch für Eure Hilfe“, sagte er schließlich kühl und schlüpfte in den trockenen Mantel, doch Azul lachte nur. „Warum denn nicht gleich so? Und jetzt weiter. Mit deinen Allüren hast du uns lange genug aufgehalten.“ „Lauft Ihr mal tagelang mit solchen Fesseln und den Tritten eures Gefolges, ohne etwas gegessen zu haben!“ Der Satz war heraus, bevor Saladir ihn zurückhalten konnte. Azul blickte kurz drein, als hätte man ihm ins Gesicht geschlagen, doch dann trat wieder das Glitzern in seine Augen. Schon wurden dem Lythari erneut die Arme nach hinten verschränkt und seine Hände gefesselt. Es war Akal, der ihn auf eine Handbewegung Azuls bäuchlings quer auf den Rücken des Reittieres warf wie eine Puppe. „Ob es seinen Geschmack verdirbt, wenn er so durchgeschüttelt wird?“, überlegte Kylaf laut. „Näh, der wird davon massiert wie gutes Rindfleisch!“, feixte Fenach. „Hast du schon mal Lythari gegessen? Richtig zubereitet könnte er ein Festmahl abgeben.“ „Hinterschinken“, hörte man Ugrui leise. Saladir wurde von so vielen Gefühlen überschwemmt, dass es ihm schwerfiel, diese einzuordnen. Da war die Angst vor den Naralfir und seinem zukünftigen Schicksal, die Verlegenheit über die Position, in die man ihn gezwungen hatte und die Scham über die Schande, dass sich seine Pläne als derart anmaßend, naiv und undurchführbar entpuppt hatten. Nie hatte er sich so wertlos gefühlt, so unbedeutend, unfähig... und so hilflos. Er zappelte, doch dann spürte er Azuls Hand auf seinem Rücken: Der König stieg auf und hielt den Lythari in Position. Ein kurzer Ruck an den Zügeln, und das Tier setzte sich schaukelnd in Bewegung. Kapitel 2: Im Kerker -------------------- Es war bereits Nacht, als sich das trockene Gras unter den Hufen des Kissard in Pflastersteine verwandelte. Die Soldaten des Königs waren in einen raschen Laufschritt gefallen, wodurch der junge Lythari einsehen musste, dass er sie tatsächlich aufgehalten hatte. Fremde Naralfir näherten nun plötzlich mit Fackeln, und auch von seiner Position aus erkannte Saladir lange Kais aus grobem Holz, an denen kleine Boote vertäut waren. Der Fluss, in den man ihn heute Morgen geworfen hatte, war inzwischen zu einem breiten Strom geworden, dessen Brandung an nasse, schwarze Felsen klatschte. Sie hatten die Hauptstadt erreicht, vermutete der Lythari, denn die Händler hatten berichtet, dass sich der Talkessel zum Meer hin öffnen würde und die Hauptstadt in einer Bucht an diesem lag. Auch der Geruch, der nun in der Luft hing, bestärkte diese Vermutung: Es roch nach gekochtem Essen, was seinen Magen wieder heftig zum Knurren brachte, sowie nach Salz, Seetang und Fisch... ungewohnt für einen, der in einer bewaldeten Hügellandschaft ausgewachsen war. Das Meer auf der einen Seite und eine karge Ebene, die von einem riesigen Gebirge umschlossen war, auf der anderen: Saladir stellte fest, dass eine Flucht aus diesem Land sehr schwierig sein würde. Stimmen ertönten. Der Gefangene hob mühsam den Kopf und erblickte mehrere Naralfir, die mit offensichtlicher Verwunderung auf ihn deuteten. Eine Traube aus Leuten hatte sich um sie gebildet, und Azul durchritt sie mit schweigender Selbstverständlichkeit, als begrüßten ihn seine Untertanen mit einem Spalier und hätten nur auf seine Rückkehr gewartet. Das Kissard drängte einfach jeden beiseite, der im Weg stand. „Wer ist das, Euer Majestät?", fragte eine alt klingende Frauenstimme. „Entweder ein Dieb oder eine Trophäe", antwortete Ugrui. „Das wird sich noch herausstellen." „Mama, der Mann hat Haut, die aussieht wie Milch!" Es war ein Kind, was da gesprochen hatte und genau dieses zog nun heftig an Saladirs Haar, als es unter Kylafs Arm hindurch schlüpfen konnte. Der Lythari biss die Zähne zusammen. „Fass das nicht an!", rief die Mutter entsetzt, als Akal das Kleine auch schon zu fassen bekam und zurück in ihre Arme schleuderte. „Du wirst sonst krank!" „Mama, das Haar ist ganz weich!", erzählte der Junge aufgeregt. „Wie die Federn von meinem Küken!" „Ich hab' mir Lythari immer ganz anders vorgestellt...", hörte Saladir eine andere, diesmal männliche Stimme. „Irgendwie größer... und mit mehr Muskeln." „Er ist viel zu hübsch für einen Mann!", zischte eine weitere Frauenstimme. Saladirs Kopf wurde an seinen Haaren nach oben gerissen, bis er in die wütenden Augen einer Naralfir blickte, die – ihrer Aufmachung nach zu schließen – ganz offensichtlich eine Kurtisane sein musste. Ihr Gesicht war auffällig mit Kohlestift um die Augen und mit Karmin auf dem Mund bemalt, und an ihren Unterarmen blinkten zu viele Schmuckreifen, die weder zu ihren zahlreichen Halsketten, noch zu dem überlangen Ohrschmuck passten, der bis auf ein üppiges Dekolleté reichte. In den Augen des Lythari war das weder Eleganz noch Stil, doch vielleicht hatten die Naralfir auch hier andere Maßstäbe und die Frau war nur eine edle, reiche Dame... Plötzlich ertönte ein schrilles Kreischen, und der Zug an Saladirs Haaren ließ schlagartig nach: Azul hatte ihr die Hand abgeschlagen, und silbern glitzernde Armreifen fielen klirrend zu Boden. „Hat dieses Ding Euch etwa jetzt schon in seinen Bann geschlagen?", kreischte die Frau tränenüberströmt, während in Saladir das Entsetzen aufstieg wie eine Spinne, die sein Rückgrat hinauf krabbelte. „Schnauze, du Schlampe!", fauchte Fenach die Frau an und stieß sie unter dem rauen Gelächter einiger Männer in die Menge zurück, in der sie verschwand. Auf eine Handbewegung von Ugrui hin gingen Akal und Fenach nun voran durch das Volk, um eine schmale Gasse zu formen, während Kylaf und er die Nachhut bildeten. Saladir sah die Anspannung in ihren Gesichtern und spürte den Druck von Azuls Hand in seinem Rücken, der sehr fest geworden war. Er musste das Gesicht des Königs nicht sehen, um ahnen zu können, wie finster es aussehen musste, und der Gedanke an die eiskalte Miene bei Traduis Tod stieg in ihm auf wie eine dunkle Vorahnung. Das Getuschel der Umstehenden verfolgte die Gruppe den ganzen Weg über durch die verwinkelten, steinernen Gassen der Stadt. Immer mehr Naralfir kamen hinzu und jeder schien etwas zu sagen oder Erwartungen an das weitere Schicksal des gefangenen Diebes zu haben. Saladir ließ den Kopf hängen, in einem vergeblichen Versuch, all die Beleidigungen und Morddrohungen auszublenden und Tränen der Wut zurückzuhalten. Immer schlimmere Vorstellungen nahmen in seinem Kopf Gestalt an, als sein Verstand ihn mit Schreckensbildern überflutete. Wäre er doch niemals hier hergekommen... Hätte er doch die Felsen als Schutzwall akzeptiert und niemals einen Fuß auf diesen verfluchten Boden gesetzt! Es schien ewig zu dauern, bis das Gerede leiser wurde und sie die nächtliche Stadt sowie ihre Gerüche und Geräusche allmählich hinter sich ließen. Da erklang das ächzende Quietschen eines sich öffnenden Tores. „Majestät. Ihr seid zurück", sagte jemand erleichtert, von dem Saladir vermutete, dass es der Haushofmeister sein musste. „Ja. Die Jagd hat sich etwas hingezogen." Azul stieg vom Kissard und zog Saladir ebenfalls auf die schmerzenden Füße. Ein alter, dünner Mann näherte sich ihnen und musterte den taumelnden Prinzen mit zusammengekniffenen Augen. „Zusätzlich zu Fleisch bringt Ihr uns junges Elfengemüse mit..." „Der fiel uns nebenbei in die Hände", warf Akal ein. „Ja, genau!", pflichtete ihm Fenach bei und hielt dem Mann die inzwischen verwelkten Nachtrosen regelrecht unter die Nase. „Der wollte uns bestehlen!" „Ich verstehe", sagte dieser, rieb sich über das Kinn und nickte langsam. „Ich habe da schon etwas gehört..." „Bringt ihn in den Kerker, aber krümmt ihm kein Haar", unterbrach ihn Azul. „Löst die Fesseln, wenn ihr dort seid." Damit ließ er Saladir in der Obhut seiner Dienerschaft zurück und ging durch ein eisenbeschlagenes Portal in das nur noch spärlich erleuchtete Schloss. Saladir vermutete deshalb, dass es bereits weit nach Mitternacht sein musste. Aber... Entsetzen ballte sich in seinem Magen zusammen wie eine schwere, schleimige Kugel... er sollte in den Kerker?! „Ey, Bikur! Arbeit für dich!", rief Ugrui, und ein weiterer Naralfir erschien plötzlich aus dem Halbdunkel. Saladir hob schüchtern den Kopf und wusste auf den ersten Blick, dass dies nur der Kerkermeister sein konnte: Der Körper des Gerufenen war riesig und so muskulös, dass es schon unwirklich aussah. Das Gesicht war von Narben entstellt und das hauptsächlich dunkle Haar der Naralfir fehlte ihm völlig. Nur beleuchtet vom flackernden, gelblichen Licht der Fackeln an den Schlossmauern wirkte er mehr als beängstigend... Es war die Art von Mann, vor dem man sich besser versteckt hielt und still war, um nicht seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Saladirs Knie wurden weich, während ihm das Herz bis zum Hals schlug. „Verdammt, Ugrui! Brüll' hier nich' so rum!" Er brach ab, als sein Blick auf den Lythari fiel, und seine ohnehin schon grobschlächtigen Züge verfinsterten sich noch mehr. „Was will dieses Mondelfen-Viech denn hier?" „Wer weiß schon, was im Kopf eines Mondelfen vorgeht...", antwortete der Gefragte. Bikur spuckte auf den Boden und kam drohend näher. „Mit euch Dreckselfen habe ich noch eine Rechnung offen", knurrte er, riss Saladirs Kopf an dessen Haaren nach oben und holte aus, um den Lythari zu schlagen. „So ein Hübscher..." Doch Ugrui hielt ihn auf. „Lass den Scheiß, verdammt. Der König hat grade befohlen, ihm nichts zu tun. Tradui hat er höchstpersönlich ertränkt, weil er Scheiße gebaut hat!" „Dieses halbe Hemd hat mir gar nichts zu sagen." „Nicht hier, verflucht!" Ein verächtliches Schnauben folgte Ugruis Worten, doch der Kerkermeister schien ganz offensichtlich keinen besonderen Wert auf eine Bestrafung zu legen. „Schön. Dann woll'n wir mal kucken, wo wir den unterbringen können." Damit ergriff Bikur Saladir im Genick und schob ihn grob vor sich her über den Schlosshof und durch eine dicke, eisenbeschlagene Holztür fernab vom Eingang. Die Treppe dahinter führte scheinbar endlos in die Tiefe. Ein fauliger Geruch nach Blut, Fäkalien und nassem Gestein hing schwer in der Luft und raubte dem jungen Prinz fast den Atem. Es war fast völlig dunkel, lediglich einige wenige Fackeln erleuchteten grobe Wände und Gänge, die in regelmäßigen Abständen nach links und rechts abzweigten. Manche Zellen in diesen Gängen waren mit schwer aussehenden Türen verschlossen, andere dagegen nur mit Gitterstäben versehen, doch Saladir wagte es nicht, den Kopf zu heben und hineinzuschauen – aus Angst, was er dort vielleicht entdecken könnte. Aus einigen drangen Schreie oder Wimmern, sonst herrschte an diesem Ort eine bedrückende Stille, die über allem lag wie ein Grabtuch. Wen es hierher verschlug, der sollte vergessen werden, fuhr es ihm durch den Kopf. War das auch sein Schicksal? Würde niemand erfahren, was aus ihm geworden war? Was würde aus ihm werden, wenn er hier blieb? Der Lythari strauchelte vor Entsetzen und wäre gefallen, doch Bikurs Pranke in seinem Nacken hielt ihn aufrecht. Je tiefer sie über weitere Treppen und Flure in das Gewölbe vordrangen, desto schwächer fühlte er sich. Schließlich öffnete der Kerkermeister eine der Türen und nickte zufrieden. Die Scharniere quietschten genauso wie der Schlüssel, als er im Schloss gedreht wurde und trotz des Halbdunkels konnte Saladir sehen, wie massiv das Holz war, aus dem man sie gezimmert hatte. Eine kleine Luke auf Augenhöhe diente offenbar zum Ausspähen und eine etwas breitere ganz unten zum Füttern der Gefangenen. „Hier is' sowas wie du am besten aufgehoben", knurrte Bikur. Unsanft wurde Saladir in das winzige Verlies gestoßen, seine Fesseln zerschnitten und die Tür hinter ihm versperrt. Endlich wieder Bewegungsfreiheit... Er blickte sich um und seufzte. Weit oben gab es ein vergittertes Fenster, das wohl nur dazu da war, den Gestank, der in den Wänden hing, zu mildern oder die Eingekerkerten am Ersticken zu hindern. Ansonsten bestand der Raum nur aus schwarzem, stellenweise mit Moos bewachsenem Stein und in einer Ecke einem Eimer, der dem Geruch nach als Toilette diente. In die Wand auf der – von der Tür aus betrachtet – rechten Seite war eine Halterung für Fackeln angebracht und dicht neben ihr zwei Eisenringe eingelassen, an denen Ketten hingen, die nicht verrostet waren. Saladir schauderte, als er das bemerkte: Entweder pflegte der Kerkermeister die Zellen oder es war noch nicht allzu lange her, dass dieses Loch einen anderen „Gast" beherbergt hatte. Welches Los diesen wohl getroffen hatte? Der Lythari wagte es nicht, darüber nachzudenken, genauso wenig wie über die Frage, warum Bikur die Luke oben in der Tür nicht geschlossen hatte, so dass ein wenig Fackelschein in das Verlies fiel. Saladir setzte sich auf den Boden und starrte an die Decke. Ugruis Mantel half gegen die feuchte Luft und die Kälte ein wenig, doch sie schien sich bis in seine Knochen gefressen zu haben, so dass es ihm schwer fiel, nicht immer noch zu zittern. Er hatte einst davon gelesen, dass manche Leute zu zittern begannen, wenn Anspannung nachließ und dass Heiler diesen Zustand als „Schock" bezeichneten. Hatte auch er einen Schock und fror eigentlich gar nicht? Wenigstens war er nun jedenfalls dem schneidenden Wind nicht mehr ausgesetzt, der zu diesem Land zu gehören schien wie die Sterne zum Himmel... Da hatte er sich ja ernstlich was eingebrockt, überlegte der junge Prinz dann. Er konnte nur hoffen, dass sein Vater irgendetwas besaß, das für Azul ausreichend und wertvoll genug war, um ihn gehen zu lassen. Saladir legte sich erschöpft auf die Seite und während er gedanklich abschweifte, schlief er ein. Er erwachte schlagartig, als er ein Klappern von der Tür her hörte. Neugierig setzte er sich auf und bemerkte dann, wie ein Tablett mit einer Schüssel Suppe und einem Stück Brot darauf durch die untere Luke der Tür geschoben wurde. Sofort kroch er hin und machte sich über das Essen her. Die Suppe war scharf und dünnflüssig, das Brot alt und hart... aber beides zusammen machte wenigstens satt. Saladir zwang sich, langsam zu essen und sorgfältig zu kauen, denn wer wusste schon, wann er das nächste Mal wieder etwas bekam? Außerdem war er derart hungrig, dass ihm selbst verdorbene Speisen Recht gewesen wären... So vergingen die Tage, wie der Lythari am Lichtwechsel in dem kleinen Fenster sehen konnte. Es blieb länger hell, und vermutlich wurde es draußen immer wärmer... doch in seiner Zelle spürte man davon nichts. Er hatte viel zu viel Zeit zum Nachdenken, und so wiederholte sich das letzte Gespräch mit seinem Bruder in seinem Kopf wieder und wieder. Athavar war erfüllt von Sorge und Wut über eine so unüberlegte Entscheidung gewesen, das verstand Saladir inzwischen. „Du kannst nicht gehen! Dein Platz ist hier an Vaters Seite, während ich als Kronprinz die Amtsgeschäfte für ihn übernehme." Er war auf und ab gegangen, hatte sich das blaue Haar zerzaust, weil auch ihm nichts einfiel, was sie, die Prinzen, noch hätten tun können, um das Leid ihres Vaters zu lindern. „Nein! Ich kann hier nicht herumsitzen und nichts tun!" Auch Athavar war nicht faul gewesen, denn es war seine Idee gewesen, überall nachzufragen, ob es Nachtrosen nur in Mythen oder tatsächlich gab. Aus einem der ältesten Bücher in der Schlossbibliothek hatte er einen Schimmer der Hoffnung geborgen. „Saladir..." „Nein!" Saladir schüttelte den Kopf und zog Ugruis Mantel fester um sich. Athavar würde sich nun auch noch mit Sorgen um seinen Verbleib quälen müssen, denn da alle Männer gestorben waren, konnte niemand eine Nachricht überbringen. Sein Bruder hatte fast auf einen Schlag seine ganze Familie verloren, und es war niemand da, der ihm Trost spenden konnte. Saladir hätte in dieser Situation noch Rarya zum Trost gehabt, doch sein Bruder hatte die Last der Verantwortung geschultert und das Leben weitaus ernster genommen, als der Jüngere. Für eine Geliebte oder gar eine Braut war nur wenig Zeit gewesen. „Deine Gesellschaft wird Vater Kraft geben, bis die Soldaten mit den Nachtrosen zurück sind..." Damals... und das schien Jahre zurückzuliegen... hatte Saladir nicht verstanden, wie viel Trost und Kraft man aus der Anwesenheit einer geliebten Person ziehen konnte. Inzwischen hätte er viel dafür gegeben, nicht völlig allein im Reich der Feinde zu versauern. Um wieder heimkehren zu können... „Ich werde hier nicht tatenlos herumsitzen! Ich werde den Trupp anführen!" Er hatte nur an sich und sein Leid gedacht, und nicht einen Gedanken daran verschwendet, was sein Vater dabei fühlen mochte, wenn sein Sohn seinetwegen auf eine Reise ins Ungewisse aufbrach. Nun, da er selbst hier festgehalten wurde und nicht wusste, ob er jemals lebend dieses Verlies wieder verlassen würde, bereute Saladir seinen leichtsinnigen Aufbruch sehr. Bei dem Gedanken, dass er alle, die ihm lieb und teuer waren, vielleicht nie wiedersehen würde, zog sich etwas schmerzhaft in ihm zusammen. Das Magenknurren, das dann folgte, riss den Lythari aus seinen Gedanken, und er schaute sich um. Die Schale mit dem Trinkwasser war bereits seit dem vergangenen Tag leer und seine Mahlzeiten schienen einen Zweck zu verfolgen, den er nicht verstand: An einem Tag war es so wenig, dass es seinen Hunger nur noch mehr schürte, am nächsten gar nichts außer Wasser – und manchmal dagegen so viel, dass es für mehr als einen reichte, sich aber durch die Feuchtigkeit in der Zelle nicht lagern ließ. Es war eine einfache Methode, die allerdings sehr gut funktionierte: Bei jedem Geräusch von draußen vor der Tür hoffte der junge Lythari auf Essen. Alles andere schien dann plötzlich nebensächlich. Schritte und Schlüsselklirren waren von draußen zu hören, und Saladir kroch neben die Luke an der Tür. Erschrocken wich er zurück, als er erkannte, dass sich nicht die Luke, sondern die Tür selbst öffnete. Das spärliche Licht vom Flur ließ ihn die Augen geblendet zusammenkneifen. Zuerst dachte er, es wäre vielleicht Azul, doch dann erkannte er den Kerkermeister. Was wollte der denn von ihm? „Is' mir egal, was der König sagt. Er is' nich' da und kann dich nicht retten", knurrte der Naralfir, und Saladir wich instinktiv zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stieß. „Ich hab' meinem Vater versprochen, jeden verfluchten Lythari so qualvoll wie möglich zu töten und nun hab' ich endlich mal wieder Gelegenheit, mein Versprechen zu halten." Saladir bezweifelte stark, dass jemand ihn schreien hören würde, geschweige denn zu Hilfe eilen. Bikur zerrte ihn hoch auf die Füße, schlug zu, und die Wucht seines Schlages ließ den Kopf des Wehrlosen zur Seite fliegen. Noch ehe er etwas sagen konnte, traf ihn der nächste Schlag, dieses Mal in den Magen. „Wieso hast du... das deinem Vater... versprochen?", versuchte Saladir kläglich das Schlimmste zu verhindern. „Das geht dich einen Scheiß an!", brüllte Bikur. „Ihr Mondelfen glaubt wohl, euch gehört die Welt?" Mit ungeheurer Wucht warf ihn der Kerkermeister an die Wand wie einen faulen Apfel. Ein Knirschen ertönte und der Lythari schrie gepeinigt auf. Durch den Aufprall hatte Bikur ihm die linke Schulter ausgekugelt. Er rollte sich schutzsuchend zusammen, als Tritte auf ihn einprasselten wie ein Steinschlag. Saladir hoffte inständig, dass sein Peiniger bald von ihm abließ, schmeckte Blut und Galle in seinem Mund und vermutete, dass er sich wohl nicht nur auf die Zunge gebissen hatte. Einmal mehr riss Bikur ihn hoch, um ihn quer durch die Zelle zu schleudern und dann weiter auf ihn einzutreten. Ohne Rücksicht, ohne Gnade, ohne Ende... „Was geht hier vor?", fragte plötzlich eine Stimme von der Tür her, und in ihrem Ton lag etwas, das dem Lythari trotz aller Schmerzen das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er musste nicht die Augen öffnen, um zu wissen, dass der König der Naralfir in der Tür stand. Den eisigen, emotionslosen Ton hätte er überall und unter Tausenden wiedererkannt. „Ich gebe diesem Vieh, was es verdient", zischte der Kerkermeister, hielt aber in seiner Tortur inne. „Meine Befehle lauteten, ihn einzusperren, ihn aber nicht zu misshandeln. War ich so undeutlich?" Saladir hörte ihn näherkommen. Erschöpft öffnete er die Augen, und sein wirr umherschweifender Blick begegnete den stechenden roten Augen des Königs. Die Wut, die Azul ausstrahlte, war fast greifbar. Urplötzlich wurden die Fingernägel des Naraflir zu Krallen und noch bevor der Kerkermeister irgendetwas tun konnte, stieß der König seine Hand in den Brustkorb seines Untergebenen. Blut spritzte, als Azul die Hand wieder zurückzog. Als ihm klar wurde, dass er dem Kerkermeister das Herz herausgerissen hatte, wurde Saladir eiskalt. Der blutverschmierte Klumpen in der Hand des Naralfir zuckte, was bedeutete, dass das Herz noch schlug. Krachend fiel Bikurs Körper zu Boden, während Azul das Organ fallen ließ und mit seinem Stiefel darauf trat. Das Geräusch als es zerplatzte, war zu viel für den jungen Prinzen: Er übergab sich ächzend. Wie auf ein geheimes Zeichen tauchten zwei weitere Naralfir in der Kerkertür auf. „Bringt ihn weg, und beschafft mir einen neuen Kerkermeister." Die beiden gehorchten stumm, ohne Fragen zu stellen. Azul selbst holte eine Fackel aus einer der Halterungen von draußen und steckte sie in die dafür vorgesehene Fassung neben den beiden Eisenringen. Stöhnend rappelte Saladir sich auf und lehnte sich erschöpft gegen die kalte Wand hinter ihm. Sie tat ihm gut, denn durch Bikurs Behandlung fühlte er sich erhitzt wie vom Fieber. Die Schmerzen in Brust, Magen und Schulter pochten wie ein zweites Herz, und jeder Atemzug sandte eine neue Schmerzwelle durch seinen Körper. Der König der Naralfir hingegen verschloss die Tür hinter sich mit dem Schlüssel, den Bikur in seiner Rage fallen gelassen hatte, und setzte ein wölfisches Grinsen auf. „Nun... Da diese leidige Kleinigkeit erledigt ist, gibt es etwas, das ich mit dir besprechen muss, kleiner Dieb..." Kapitel 3: Ein verwerflicher Vorschlag -------------------------------------- „Worum geht es?“, fragte Saladir erschöpft. Es gelang ihm, seiner Stimme einen ruhigen Ton zu geben, was angesichts der grausamen Tat, derer er gerade Zeuge geworden war, gar nicht so einfach war. Es erinnerte ihn so sehr an das, was Azul mit Tradui gemacht hatte, dass er die Erinnerung daran lieber gleich wieder verdrängte. Wenn er nicht aufpasste, würde die Situation... ja, was? Dem Lythari fiel nichts ein, was jetzt noch passieren könnte – aber in seinem Kopf schrien alle Instinkte, dass er wachsam sein musste. Was wollte der König der Naralfir von ihm, weshalb er höchstpersönlich das Verlies betrat und das nicht auch ein Diener erledigen konnte? „Nun... ich habe ein wenig nachgeforscht und fürchte, dass du keinerlei Nutzen für mich hast, kleiner Dieb...“ Mit angewidertem Gesichtsausdruck blickte Azul auf seine blutige Hand und sah sich dann in der kargen Zelle um. Mit einem Laut des Missfallens wischte er das Blut schließlich notdürftig an den feuchten Steinen ab und schüttelte den Kopf. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Gefangenen zu. „Wie sich herausgestellt hat... ist dein Vater wirklich schwer krank. Die Worte meines kleinen Diebes hier mögen im Grenzwald dumm und unbedacht erschienen sein... aber sie entsprachen der Wahrheit.“ Natürlich. Warum hätte er lügen sollen, wunderte sich der junge Lythari. Er schluckte gequält über den Zynismus in Azuls Worten und keuchte dann vor Schmerz auf, doch er schwieg. „Allem Anschein nach habe ich also einen Spross der lytharischen Königsfamilie in meine Gewalt gebracht“, fuhr Azul ruhig fort. „Bedauerlich für dich ist, dass dein Vater niemals so viel für dich riskieren würde wie für seinen Thronfolger. Wenn er stirbt – und das wird bald sein, wie es scheint – übernimmt dieser die Herrschaft. Du hingegen bist nicht wichtig genug, um einen Krieg gegen uns anzuzetteln.“ Azul schwieg kurz, schließlich lächelte er bedauernd. „Was schade ist, denn meinen Soldaten juckt es schon seit geraumer Zeit in den Fingern. Hast du eine Vorstellung davon, wie viele dir etwas antun wollen... nur weil du ein Mondelf bist?“ Ein schwaches Kopfschütteln beantwortete die Frage, und in dem Lythari keimte der Verdacht, dass er in den Kerker geworfen worden war, um einen Schutzwall gegen den Hass der Naralfir zu haben. Bikurs Tod würde sich herumsprechen und den anderen eine Lehre sein... In Saladirs Kopf hämmerte der Schmerz so gnadenlos wie in seiner Schulter, und es fiel ihm immer schwerer, sich zu konzentrieren. Der Dämon sollte endlich gehen... „Aber was sollte der König der Lythari schon für dich opfern, das für mich von Bedeutung sein könnte?“, fragte Azul weiter. „Warum sollte er es tun, wenn dein Bruder noch da ist? Wenn er auch krank würde, weil er sich ansteckt, wäre das natürlich etwas anderes, aber... wie ich dich einschätze, weiß niemand, wo du dich gerade aufhältst. Alle werden denken, dass du auf der Suche nach einem Heilmittel ebenso gestorben bist wie deine Begleiter.“ „Und was habt Ihr jetzt vor?“, fragte Saladir statt einer Antwort. „Wenn Ihr mich töten wollt, dann macht es einfach, und tut nicht so, als hätte ich eine Wahl.“ In Azuls Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. „Mut hast du, das muss ich dir lassen, kleiner Dieb. – Auf die Knie mit dir.“ So gut es ihm mit seinen Schmerzen gelang, richtete sich Saladir zu seiner vollen Größe auf. Die Naralfir mochten ihn gefangen haben. Sie mochten ihn erniedrigt, beschimpft und mit ihren Tritten und Schlägen übel zugesetzt haben. Doch auf keinen Fall würde er vor diesen Dämonen knien... „Niemals!“ In den amüsierten Blick des Naralfir trat etwas Bedrohliches, bevor er blitzschnell näherkam und dem Lythari mit der Faust in den Magen schlug. Dieser gab einen erstickten Laut von sich und sackte zu Boden. Kurz verschwamm alles vor seinen Augen, und in seinem Mund breitete sich erneut der bittere Geschmack von Galle aus, doch Saladir erlaubte es sich nicht, die Besinnung zu verlieren. „Das war keine Bitte“, drang die Stimme des Königs der Naralfir kalt an seine Ohren. „Du bist nur noch am Leben, weil du... vielleicht... ein wertvoller Gefangener bist. Ich hätte dich auch einfach töten und deine Leiche im Wald verrotten lassen können. Ich bin nicht der Einzige, der dich töten kann, wie du gesehen hast – aber der Einzige, der die anderen davon abhalten kann, es zu tun.“ Noch während Saladir Azul hasserfüllt anstarrte, fragte er sich, was dieser von ihm wollen könnte. Die Antwort bekam er kurz darauf, als sich dessen rechte Hand in seinen Haaren vergrub und ihn grob nach vorne zog. Er spürte einen Druck an seinem Gesicht und roch neben Blut auch Leder, Schweiß und die salzige Note von männlicher Lust... Endlich drang die Erkenntnis bei ihm durch. Er drehte den Kopf mühsam zur Seite und versuchte, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. „Nein.“ Das Lächeln in Azuls Stimme konnte Saladir hören, obwohl er es nicht sah. Er bekam eine Gänsehaut. „Mir ist völlig gleichgültig, was du willst und was nicht. Du wirst tun und sein, wer und was ich wünsche.“ Während er den Kopf des Lythari immer noch festhielt, nestelte Azul mit der linken Hand an seiner Hose und öffnete sie. Saladir versuchte, wieder zurückzuweichen, doch der Griff in seine Haare wurde noch stärker, und er kniff zischend vor Schmerz die Augen zusammen. Sein Herz klopfte bis in seine Kehle, und nur eine eisige Hand schien es davon abhalten zu können, dort hinauszuspringen. Als er die Augen öffnete, wurde ihm auch die letzte Distanz genommen. Saladir versuchte panisch, die Lippen fest aufeinanderzupressen, doch Azul umgriff kurzerhand seinen Kiefer und zwang ihn mit unvorstellbarer Kraft, den Mund zu öffnen. Sofort drängte sich das Glied des Naralfir in die warme Öffnung, während er den Kopf des Lythari in Position hielt. Der Würgereiz, der Saladir erfasste, als Azul seine gesamte Länge in seinem Rachen versenkte, war überwältigend. Er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach und wäre gestürzt, wenn der Andere seinen Kopf nicht festgehalten hätte. „Wage es ja nicht, mich zu beißen, kleiner Dieb...“ In Azuls Stimme lag ein Unterton, der Saladir mehr als deutlich verriet, dass dies keine sinnlose Warnung war. Als der Naralfir anfing zuzustoßen, trieb es ihm die Tränen in die Augen, und er keuchte erstickt. In einer solch demütigenden Situation hatte er sich noch nie befunden... Das war... einfach entsetzlich. Sein Verstand weigerte sich, das Geschehen in Worte zu fassen... Saladir zitterte, doch er schluckte seine Gefühle herunter und versuchte, das Unvermeidliche stoisch über sich ergehen zu lassen, damit es schnell vorbei war. Urplötzlich zog sich sein Peiniger ohne ein Wort zurück, und bevor der junge Prinz etwas sagen oder tun konnte, gab ihm dieser eine derart heftige Ohrfeige, dass sein Kopf zur Seite geschleudert wurde. Der Schmerz, der Saladir erfasste, war wie ein explodierender Ball, und er schrie laut auf. Blut sammelte sich in seinem Mund, und als er es hastig ausspuckte, sah er etwas kleines Weißes auf dem Kerkerboden liegen: Der Naralfir hatte ihm einen Backenzahn ausgeschlagen. Diese unbändige Kraft... in nur einem Schlag! Zitternd vor Schmerz und Grauen versuchte Saladir, sich zu sammeln, und wieder musste er Blut ausspucken. Sein Kiefer protestierte bei dieser Bewegung... Doch schon wurde er wieder nach oben gezogen, bevor Azul genau da weitermachte, wo er aufgehört hatte. Seine Stöße wurden stärker und schneller, seine Hand griff fester zu, und er stöhnte leise auf. Schließlich ergoss er sich in Saladirs Mund, dem nichts anderes übrigblieb, als die blutig-salzige Mischung voller Widerwillen zu schlucken. Keuchend hob der Lythari den Blick: Der Naralfir hatte die Augen halb geschlossen, und dünne Strähnen von violettem Haar fielen ihm verschwitzt ins Gesicht. Sein Brustkorb hob und senkte sich heftig und als sich ihre Blicke begegneten, lächelte er träge. Anschließend löste er seine Finger aus Saladirs Haaren. „Eine Warnung an dich, kleiner Dieb. Machst du das nochmal, lasse ich dir alle Zähne ziehen.“ „Tu tuscht ja scho, alsch wäre esch Abschicht geweschen“, entfuhr es Saladir. „Dasch war dasch erste Mal für misch!“ Azul beobachtete, wie der Lythari mühsam aufstand. „Dein erstes Mal? Weißt du eigentlich, wie hinreißend das klingt?“, fragte er sichtlich belustigt. „Du bischt abscheulisch“, gab Saladir ächzend zurück. „Scholltescht du misch noch einmal anfaschen, wirscht du esch bereuen.“ Der Naralfir griff nach dem jungen Prinzen und berührte ihn mit einem herausfordernden Grinsen an der geschwollenen Wange. Damit brachte er den Lythari in Wut: Er versuchte, nach dem Verhassten zu schlagen, doch fast schon gelangweilt hielt dieser ihm den rechten Arm fest und drehte ihn auf Saladirs Rücken. Fest gegen den Größeren gepresst, fand sich der junge Prinz in einer widerwilligen Umarmung wieder. „Es hat fast etwas von einem Tanz“, sagte Azul grinsend, bevor er sich vorbeugte und seine Lippen auf Saladirs presste. Dieser erstarrte kurz, und seine Augen weiteten sich vor Schreck, dann tat er das Einzige, was ihm noch blieb: Er trat nach Azul und traf ihn, wodurch dieser ins Straucheln geriet. Beide Männer drehten sich zuerst umeinander, bevor sie zu Boden fielen. Wieder schrie der junge Prinz auf, als er auf dem Rücken landete und eine weitere Schmerzwelle ihn erfasste. Auch Azul gab einen leisen, zischenden Ton von sich. „Vielleicht sollte ich dir auch die Beine brechen“, murmelte er nachdenklich und blickte auf seinen Gefangenen herunter. Er war auf Saladir gefallen, und sein Gewicht hielt diesen am Boden. „Geh runter von mir“, fauchte der junge Elf. „Schonscht...“ „Sonst... was?“ Saladir begann, sich heftig zu winden und versuchte trotz seiner Schmerzen, den anderen abzuwerfen. Azul bewegte sich nicht, doch ein seltsames Funkeln trat in seine Augen. „Weißt du, was du da tust?“, schnurrte er mit dunkler Stimme. „Runter von mir, hab’ isch geschagt!“ „Ja, du redest ziemlich viel.“ „Und schu hörscht schiemlich schlescht!“ „Sag’ mir etwas Schönes. Vielleicht höre ich dann besser.“ Nun war Saladir verwirrt. „Etwasch... Schönesch?“ „Du bist hübsch, mutig und lebhaft. Aber der Hellste scheinst du nicht zu sein“, erwiderte Azul und drückte sein Becken stärker gegen Saladirs. „Du bestätigst es zumindest bereitwillig.“ „Wo-wovon redescht du?“ „Von... dir“, gab Azul zurück – und endlich fiel es Saladir auf. Durch seine unruhigen Hüftbewegungen hatte er dafür gesorgt, dass der Andere ein zweites Mal hart geworden war. Schlagartig erstarrte er, und Azul brach in schallendes Gelächter aus. Er lachte so heftig, dass es sie beide schüttelte. Saladir spürte, wie sein immer noch festgehaltener Arm unangenehm über den Stein des Bodens scheuerte. „Was ist denn los, kleiner Dieb?“, fragte der König der Naralfir, als er sich wieder beruhigt hatte und richtete sich halb auf, ohne dabei das Handgelenk des Lythari loszulassen. „Du wirkst so schockiert.“ Tatsächlich war Saladir fassungslos. Natürlich war ihm bekannt, dass sich Männer auch von anderen Männern angezogen fühlen konnten. Doch dass auch Azul zu diesen Männern zählte, überraschte ihn. Hatte die Kurtisane in der Stadt nicht sehnsüchtig nach ihm verlangt? Dieser Zustand hielt aber nur so lange an, bis ihn eine neue Schmerzwelle erfasste. Noch immer lag das seltsam lustvolle Funkeln in den Augen des Naralfir und jagte dem jungen Prinzen erneut einen Schauer über den Rücken. „Lasch misch endlisch losch!“, forderte er mit zitternder Stimme. „Und komm mir nisch schu nahe!“ Azul beugte sich so weit vor, bis seine Lippen nur noch Millimeter vom linken Ohr Saladirs entfernt waren. „Aber wir sind uns schon so nah...“, raunte er, bevor er sich wieder aufrichtete. Zielstrebig öffnete er die Knöpfe von Ugruis Mantel, den der Lythari immer noch trug. Azuls Augen wanderten über Saladirs nackten Körper, und er lächelte bösartig. Oder war es lüstern? „Ich erinnere mich, dass sich unter deiner Haut einmal mehr Muskeln abgezeichnet haben... du bist schmaler geworden...“ Überraschend sanft strichen kühle Finger verschwitzte, blaue Haarsträhnen aus Saladirs Stirn und fuhren dann über dessen Wangenknochen hinunter bis zu den Lippen des Erstaunten, der den Atem anhielt: Was für eine Teufelei hatte dieser Dämon von einem Mann jetzt schon wieder vor? Azuls Finger streiften mit schockierender Zärtlichkeit über seine Haut, und zu seinem Entsetzen merkte der Lythari, wie sein Körper auf die Wärme des Körpers auf ihm und die unerwartete Sanftheit reagierte. Bisher war der König der Naralfir immer grausam gewesen, doch nun breitete sich ein Kribbeln aus, wo dieser ihn berührte. Am Schlüsselbein, die Brust hinunter... wie an einem Faden entlang bahnte es sich seinen Weg in seine Körpermitte. Hätte der junge Prinz keine solchen Schmerzen gehabt, hätte er hilflos gestöhnt. So aber zuckten die Augen des Lythari zwischen der liebkosenden Hand und den roten Augen des Naralfirs hin und her, und Saladir meinte zu spüren, wie Azuls Blick auf seiner Haut brannte. Die immer noch mit Blut verschmierten Finger des Naralfir glitten tiefer und öffneten weitere Knöpfe. Saladir stieg die Schamesröte in die Wangen, doch als er sich verlegen mit seinen Händen bedecken wollte und dafür den hinter seinem Rücken verschränkten Arm zu befreien versuchte, runzelte Azul die Stirn. Im nächsten Augenblick umgriff er beide Handgelenke des Lythari und zog sie über dessen Kopf, wo er sie mit nur einer Hand fest zusammenhielt. Saladirs linke Schulter protestierte wieder, was diesem ein gequältes Wimmern entlockte. Doch Azul reagierte nicht darauf, sondern wandte sich nun den letzten Knöpfen des Mantels zu. Saladir konnte nur noch panisch und verängstigt zugleich den Kopf schütteln. Er ahnte, was gleich geschehen würde, und sowohl Traduis als auch Bikurs Tod führte ihm gleichzeitig vor Augen, was ihn bei einer Weigerung erwartete. Sein Herz raste, als wollte es aus seiner Brust springen und davonlaufen. „Wo ist dein Mut, kleiner Dieb? Der Mut, der dich antrieb, in mein Reich zu kommen, zu stehlen und dem König zu widersprechen?“ Azuls Stimme klang seltsam belegt... abgelenkt... verwundert. Der junge Prinz begann heftig zu zittern. „Das, was ich gleich mit dir machen werde, passiert jeden Tag. In ehelichen Schlafzimmern, in Gasthäusern... in dunklen Ecken von verrufenen Straßen... Man kann es für ein paar Münzen kaufen, von jedem, der es feilbietet.“ Der letzte Knopf war offen und das Leder des Mantels rutschte an Saladirs Seiten herunter. Alles lag frei, hungrigen Blicken preisgegeben. Der Lythari erkannte, dass es tatsächlich Hunger war, der sich in Azuls Zügen spiegelte. „I-isch... kann dasch nisch... dasch... nein...“, versuchte Saladir noch einmal das Schlimmste abzuwenden, obwohl ihm Furcht das Atmen schwer machte. „Ich weiß“, entgegnete Azul sehr leise. Die schlanken Finger des Naralfir umgriffen Saladirs Geschlecht, und der Gefangene schrie leise auf. Azuls Finger waren warm und sanft... Widerwillig reagierte der malträtierte Körper auf die Geste. An Azuls Mundwinkeln zupfte ein Lächeln, das sich verbreiterte, als er mit den Fingern Saladirs gesamte Länge entlang strich. Dieser stieß ein Wimmern aus, als sich sein Rücken durchbog, und seine Hüften zuckten. Die ausgekugelte Schulter protestierte heftig, doch schon überspülte den Unerfahrenen ein neuer Reiz: Azuls Finger waren noch tiefer geglitten und umfassten nun den Teil seines Körpers, der das Leben selbst enthielt. „Ihr Elfen seid so romantisch in euren Dichtungen, dass es sich sogar in eurer Alltagssprache widerspiegelt. Sag’ mir, wie nennt ihr das?“, fragte Azul und drückte kurz zu. Saladir schrie heiser auf. Nicht wirklich vor Schmerz, aber sein Verstand weigerte sich inzwischen, alle Gefühle auseinanderzuhalten, mit denen sein Körper kämpfte. Angst, die beinahe Panik war, rang mit dem Schmerz in Kopf und Schulter, Demütigung – und etwas, das sich verdächtig nach Begehren anfühlte. Wie konnte ein Lythari nur so auf einen Naralfir reagieren? „Pe-perlen desch L-lebensch“, flüsterte er, während er meinte, die Haut seines Gesichts würde vor Scham schmelzen. „So poetisch wie zutreffend“, flüsterte Azul. „Dann halte ich also gerade dein Leben in meiner Hand... und das deiner Nachfahren...“ Er löste seinen Griff um Saladirs Handgelenke und umfasste nun mit beiden Händen die Hüften seines Gegenübers, um ihn hochzuziehen – wodurch dieser auf seinem Schoß zu sitzen kam. Das Gesicht des Anderen so nah vor sich ließ den jungen Prinz die Augen schließen und den Kopf peinlich berührt zur Seite drehen. Azul stieß ein Grollen aus, und Saladir beeilte sich, dem unausgesprochenen Befehl nachzukommen, als ein Arm um seinen Rücken geschlungen und sein Glied wieder umfasst wurde. Der Naralfir lächelte bösartig und heftete seinen Blick auf die angstvoll aufgerissenen Augen und die roten Wangen seines Gefangenen. Die Hitze in Azuls Augen hätte Steine schmelzen können... „Wehe, du schaust wieder weg oder verbirgst etwas von dir unter deinen Händen...“ Azuls Stimme klang heiser. Rau. „Arm... um meine Schulter... Los!“ Wieder beeilte sich Saladir, der Forderung nachzukommen. Sein nackter Körper schmiegte sich dadurch an den des Naralfirs, der die Beine ein wenig anwinkelte, um noch dichtere Nähe zu erzwingen. Doch plötzlich... Saladirs Verstand brach ein, und er musste den Kopf senken und hinschauen, um zu begreifen, was gerade geschah: Azuls Finger hatten sich um sein eigenes und um Saladirs Geschlecht gelegt und begonnen, gleichzeitig an beiden langsam auf und ab zu gleiten... Heiß brannte der Atem Azuls in seinem Nacken. Unter Saladirs widerstreitende Empfindungen mischte sich ein winziger, aber eindeutiger Funke der Lust. Erschrocken biss sich der Lythari auf die zerschlagene Unterlippe und schmeckte wieder Blut. Das konnte doch nicht sein... das durfte nicht sein... Er weigerte sich zu glauben, dass er durch seinen Todfeind tatsächlich ein solches Gefühl verspürte. Doch durch Azuls stetige Bewegungen wurde der Funke immer stärker. Worte vom Flehen um Gnade blieben ungesagt, als die aufgezwungene Liebkosung immer intensiver wurde und Azul Saladirs Lippen mit einem Kuss versiegelte. Seine Zunge schien den Mund seines unfreiwilligen Geliebten plündern zu wollen... und der Körper des Lythari begann zu zittern. Seine Hüften entwickelten einen eigenen Willen, hoben und senkten sich fern von jedem bewussten Handeln, während sich seine Finger in eine breite Schulter krallten, weil die Welt sich aufzulösen schien. Wieder suchte Azul Saladirs Blick, und die brennende Intensität der roten Augen schien wie ein Feuer zu sein, das jeden übriggebliebenen Widerstand in den silbergrauen Augen restlos verdampfte, um nichts außer diesem schrecklichen Begehren übrigzulassen. Das heisere Stöhnen, das immer wieder Saladirs Mund verließ, klang in dessen eigenen Ohren zu laut, zu kehlig und zu obszön. Als ihm bewusst wurde, dass er nicht mehr lange würde durchhalten können, versuchte er... etwas, das nicht geschehen konnte, weil Azul seinen Griff einfach verstärkte. Selbst als sich der Lythari noch einmal halbherzig aufbäumte, um zu entkommen – ein letzter, verzweifelter Versuch, um die übrig gebliebenen Fragmente seines Stolzes zu retten – hielt der Naralfir ihn mühelos fest, indem seine zweite Hand einfach vom Rücken hinauf in den Nacken wanderte. Saladir stöhnte ein letztes Mal auf, und kam mit einem heiseren Aufschrei zum Höhepunkt. Azuls Kopf fiel gegen seine Schulter, und ein Beben durchlief auch dessen Körper... dann ergoss sich ein weiterer Schwall der Lust über seine Finger. Saladir versuchte noch, die Situation zu verarbeiten, als sich der Naralfir provokant mit dem Zeigefinger über die Lippen fuhr und die Flüssigkeit daran ableckte. „Das muss man dir lassen, kleiner Dieb: Du schmeckst gut.“ Angewidert von der Geste und sich selbst schwieg Saladir. Warum hatte ihn sein Körper derartig im Stich lassen müssen? Wie hatte das geschehen können? Er wollte gerade nichts mehr, als sich in Luft auflösen, um dem Blick dieses schrecklichen Mannes zu entgehen. Dieser lachte leise und amüsiert. „So zurückhaltend plötzlich? Eben schien es dir noch zu gefallen.“ „Geh’ einfasch...“, stieß Saladir hervor, das Gesicht zu Boden gerichtet. Seine Wangen brannten vor Scham, Schweiß und Schmerz. Sein Körper bebte noch leicht von den Nachwirkungen der unbekannten Lust – was dem Anderen nicht entgehen konnte. „Dieser Ort hier wird jemandem wie dir nicht gerecht“, murmelte Azul. „Eine Blume inmitten von Unrat mag zwar wunderschön erblühen, aber... eine Blume ist eine Blume.“ Saladir schwieg. Schmerz brüllte immer noch durch seinen Körper, und jeder Atemzug war ein mühsam erkämpfter – aber die Worte des Dämons... Mühsam hob er den Blick und starrte seinen Peiniger hasserfüllt an. „Ver-verspottefft du misch jefft, indem du misch auch noch miff einer Blume vergleischst?“ Saladirs Augen funkelten dunkelgrau vor Zorn, auch weil er durch die geschwollene Wange klang wie ein stotternder Dummkopf. „Wasch wifft du von mir?“ „Ich will, dass du mein persönlicher Besitz wirst“, flüsterte Azul in sein Ohr. „Gib mir alles, was du hast. Dein Herz, deine Seele, deinen Körper… Überlass’ alles mir, und ich werde dafür sorgen, dass du ein erfülltes Leben haben wirst. Solange du mir gehorchst, wirst du jeden Luxus haben, den du willst. Du bekommst eigene Räumlichkeiten, herrliche Kleider und wirst mit dem Respekt behandelt, der meinem Besitz zusteht.“ „Reschpeckt einem König gegenüber, der esch erlaubt, dasch schein eigenesch Volk scho unverfroren in scheiner Gegenwart redet?“, fauchte Saladir aufgebracht. „Niemalsch. Nischs an dir isch königlisch!“ Mit einem hinterhältigen Lächeln beugte Azul sich ein weiteres Mal vor. „Es ist besser, sie reden offen über ihre Vorhaben, als dass sie hinter meinem Rücken ein Attentat auf mich planen, meinst du nicht? Wenn man nicht gerade Telepath ist, wird es schwer, die Gedanken der Leute zu kennen. Da ist es einfacher, sie reden zu lassen, zu beobachten und zuzuhören. Macht mich das in deinen Augen zu einem unbesonnenen Herrscher, kleiner Mondelfendieb?“ „Ausch jeden Fall schu einem grauschamen! Ein König schollte mit güschiger Stärke regieren!“ „Ich bin sicher, du hast nur auf eine Gelegenheit gewartet, um Bikur niederzuringen. Auch Tradui hättest du in deiner Einfalt vermutlich in seine Schranken gewiesen, als er dir die Kehle aufreißen wollte... Gib dich mir hin, und all dein Kummer wird ein Ende haben.“ Der Lythari glaubte, sich verhört zu haben. Was der König der Naralfir da vorschlug, war Wahnsinn! Kapitel 4: Die Konsequenzen einer Entscheidung ---------------------------------------------- Für eine ganze Weile konnte Saladir nicht anders, als den König der Naralfir nur anzustarren. Sein Verstand weigerte sich zu glauben, dass der Mann, auf dessen Schoß er immer noch kraftlos saß, ernst meinte, was er gerade gesagt hatte. Er, ein Prinz der Lythari, sollte sich dem Feind „hingeben“? Hatte er sich verhört, oder war Azul verrückt? „Wiescho schollte isch schowasch tun?“, murmelte er halblaut zu sich selbst und schüttelte langsam den Kopf. „Hängst du so wenig an deinem Leben, kleiner Dieb?“, schnurrte Azul und lächelte. „Und wenn isch... misch weigere?“ „Dann, kleiner Dieb, werde ich dich mit Gewalt gefügig machen. Dein restliches Leben wird eine einzige Qual werden, und du wirst dir wünschen, einfach sterben zu können. Ich werde erst aufhören, wenn du mir sagst, was ich hören will.“ „Wasch du hören willscht...“, wiederholte Saladir fassungslos. Wieder beugte sich der König der Naralfir dicht an sein Ohr. „Ich gehöre Euch, mein König“, flüsterte er. Der Kerl war eindeutig verrückt. Das konnte nur ein grausamer Scherz sein... Saladir hob den Kopf und erkannte deutlich, dass Azul es tatsächlich ernst meinte. Allerdings konnte der Kerl doch nicht wirklich glauben, dass sich ein Prinz der Lythari auf so etwas einließ... Sie waren Todfeinde! Es wäre Landesverrat! Niemals! „Nun, kleiner Dieb... Deine Antwort?“ „Isch... isch werde niemalsch tun, wasch du verlangscht!“, schrie Saladir mit geballten Fäusten. „Lieber schterbe isch!“ „Übertrieben dramatisch wie immer.“ Azul erhob sich seufzend und zog den nackten Lythari mit sich auf die Füße, bevor er seine Hose wieder hochzog und schloss. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich so einfach mit dem Tod davonkommen lasse? Es gibt Schicksale, die weitaus grausamer sind, als so etwas Banales... Ich rate dir also, sehr genau über mein Angebot nachzudenken und es nicht aus unangebrachtem Stolz heraus voreilig abzulehnen.“ Azul öffnete die Tür und verließ die Zelle. Müde griff Saladir nach Ugruis Mantel und hängte ihn mit schwerfälligen Bewegungen über seine Schultern, bevor er sich erschöpft in einer noch halbwegs sauberen Ecke zu Boden sinken ließ und sein brennendes Gesicht am kalten Stein der Wand kühlte. Er wäre beinahe eingenickt, doch schon ging die Tür wieder auf: Zwei Soldaten flankierten einen in Ketten gelegten Waldelf, der sich kurz umschaute und dann angewidert das Gesicht verzog. „Guten Abend, Prinz Saladir. Mein Name ist Haruim“, stellte er sich vor. „Mir ist aufgetragen worden, mich um Eure Verletzungen zu kümmern.“ Saladir reagierte kaum und hielt still, als sich der junge Mann mit den langen, grünen Haaren und den braunen Augen hinhockte. Mit federleichten Berührungen wurde sein Kopf hin und her gedreht und sein Gesicht kritisch gemustert, bevor leuchtende Fingerspitzen seine Schulter berührten. Es tat zwar weh, aber der Erschöpfte hatte einfach keine Kraft mehr, um Widerstand zu leisten. Die Augen fielen ihm immer wieder zu, und er wusste nicht, ob er müde war oder kurz vor einer Ohnmacht stand. „Der hat ganz schön was abgekriegt“, sagte einer der Soldaten. „Bikurs Pranken will man nicht in den Weg kommen, wenn er ausrastet“, stimmte der Andere zu. Saladir kamen die Stimmen vage bekannt vor. Als der Waldelf sich vornüber beugte, um auch die Blutergüsse auf seiner Brust und seinem Bauch zu untersuchen, erkannte er Akal und Fenach. Das Schicksal schien sie ihm immer dann zu schicken, wenn er in einem besonders gedemütigten Zustand war. Aber Saladir war zu erschöpft, um den beiden wirklich Beachtung zu schenken. „Ich brauche jetzt das Wasser und eine Schlinge!“, ordnete der Waldelf an und unterbrach damit das Gespräch. „Und ich brauche ein Steak!“, entgegnete Fenach barsch, ohne sich von der Stelle zu rühren. „Wir sollen drauf aufpassen, dass du und der Dieb nich' abhauen. Laufburschen spielen sollen wir nicht!“, fügte Akal hinzu. „Dann weist einen der Knechte an!“ Der Waldelf fasste sich an die Stirn, um sich erschöpft eine Haarsträhne aus den Augen zu streichen, wobei seine Handfesseln leise klirrten. „Ich habe keine Lust, bestraft zu werden, nur weil ihr mir nicht helfen wollt!“ Etwas seinem Tonfall belebte Saladir, und er nahm seine Umgebung wieder genauer wahr: Akal drehte sich um und machte eine Geste zu einem Kerkerwächter, der wartend hinter ihm gestanden hatte. Leise Worte wurden gewechselt, und der Naralfir rannte los, um kurze Zeit später ächzend mit einem Holzeimer voll Wasser und einem Päckchen unter dem Arm zurückzukommen. „Was ist da drin?“, fragte Fenach und zupfte neugierig an dem Bündel. „Ähm, ein Hemd und eine Schlinge für die Schulter, alles auf Befehl Seiner Majestät. Außerdem soll ich den Boden sauber machen...“ „Was?“ Fenach verschlug es ganz offensichtlich die Sprache, doch Akal lachte scheppernd. „Hast du das noch nich‘ mitgekriegt? Der König hat doch vom ersten Augenblick an einen Narren an diesem dämlichen Mondelf gefressen!“ Der Waldelf begann währenddessen, Saladir mit Wasser aus dem Eimer abzuwaschen. Es war eiskalt, doch der junge Prinz beklagte sich nicht. Über jede noch so kleine Wunde und jede Prellung ließ der Waldelf danach das heilende Licht seiner Hände wandern, bevor er Saladir schließlich geduldig dabei half, vorsichtig das schlichte Leinenhemd überzuziehen. Ein grausiges Knacken ertönte, als er anschließend das ausgerenkte Schultergelenk wieder dort positionierte, wo es hingehörte, und Saladir ächzte vor Schmerz. Wieder brach ihm der kalte Schweiß aus, doch das Licht des Heilers wirkte sofort warm und lindernd. „Ich muss die Schulter fixieren, damit sie ausheilen kann“, murmelte der Waldelf schließlich. „Es wäre gut, wenn Ihr sie nicht bewegt, bis ich Euch die Schlinge wieder abnehme, sonst kann es passieren, dass Ihr Euch bei der geringsten Anstrengung noch einmal dort verletzt oder alles nicht richtig zusammenwächst.“ Saladir nickte träge. Was sollte er auch tun? Obwohl die Schmerzen unter der Fürsorge des Waldelfs vergangen waren, blieb dennoch eine tiefe Erschöpfung zurück. „Wieso das denn?“, fragte Akal bissig. „Ich denke, ihr könnt alles wieder gesund machen?“ „Ich bin ein Heiler, kein Zauberer. Das heißt, ich heile Wunden. Etwas in seinen Ursprungszustand zurückversetzen kann ich nicht.“ „Waldelfen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren“, murmelte Fenach enttäuscht. „Aber um deine gebrochenen Knochen zu heilen, dafür bin ich gut genug, ja?“, gab der Waldelf mit einem wütenden Zischen zurück, das Saladir grinsen ließ. „Is‘ ja gut, Haruim“, versuchte Akal ihn zu beschwichtigen. „Du weißt doch, dass du unter den Soldaten der beliebteste Heiler bist. Der Idiot hier macht doch nur einen blöden Spaß...“ „Unter Spaß versteh‘ ich was anderes“, entgegnete Fenach mit einem Knurren. „Mehr Sex, mehr Essen, weniger Blut.“ Als der Waldelf zum Schluss Saladirs Gesicht abwusch, durchschoss der Schmerz erneut dessen Kiefer, und er stöhnte gequält auf. Ein sanfter Daumen drückte auf Saladirs Unterlippe und brachte diesen dazu, den Mund zu öffnen. Ein leiser Fluch entwich dem Waldelf. „Warum habt Ihr nicht gesagt, dass Bikur Euch einen Zahn ausgeschlagen hat?“ „Weil esch nisch Bikur war...“, krächzte Saladir. Die Augen des Waldelfen wurden noch größer. Hektisch blickte er sich um und fand, was er suchte, weil Akal und Fenach den Kerkerwächter noch nicht in die Zelle gelassen hatten. Mit angeekeltem Gesichtsausdruck betrachtete er den Backenzahn und ließ seine Finger aufleuchten, bevor er bedauernd den Kopf schüttelte. „Der Zahn ist tot, da kann ich nichts mehr machen, Hoheit.“ „Esch ischt nur ein Schahn...“ „König Azul hat aber befohlen, Euch ohne einen bleibenden Makel...“ „Dann hätte er mir den Schahn nisch auschlagen schollen.“ „Was war hier überhaupt los?“, kam es von der Tür her. Saladir schwieg. Er konnte schließlich niemandem sagen, dass der König der Naralfir einen Lythari als Lustsklaven haben wollte... weil er... ihm gefiel und an eine Blume erinnerte. „Bikur kann Mondelfen nich‘ ausstehen“, antwortete der Kerkerwächter, als sei damit alles erklärt. „Ja, und?“, fragte Fenach. „Keiner mag Mondelfen.“ „Sie sind hässlich und eingebildete Ignoranten“, fügte Akal trocken hinzu. „In der Küche haben sie grad darüber geredet, dass sich Bikur die kochend heiße Suppe, die er dem Kerl bringen sollte, über die Finger gegossen hat, weil die Schüssel wohl einen Sprung hatte und zerplatzt ist. Da ist er ausgerastet! Erst hat er den Koch zusammengebrüllt, und dann ist er stinksauer ins Gewölbe gestampft. Die Wachen draußen diskutieren immer noch drüber, was passiert wäre, wenn König Azul nicht gerade jetzt zurückgekehrt wäre!“ „Ein Schprung... in einer Schüschel...“, wiederholte Saladir tonlos. Er sah, wie der Waldelf die Lippen zusammenkniff und ihm eine Hand voll Wasser aus leuchtenden Händen reichte. „Spült damit Euren Mund aus“, flüsterte er und klang gepresst. Langsam und vorsichtig tat Saladir, wie ihm geheißen. Augenblicklich ließ der Schmerz nach und als der Waldelf schließlich mit seiner Aufgabe fertig war, hatte sich eine angenehme Taubheit ausgebreitet, wo vorher Wunden und Blutergüsse gewesen waren. Ob das Wasser eine schmerzlindernde Medizin enthalten hatte? „Ich weiß nicht, ob ich noch einmal zu Euch kommen darf, deshalb müsst Ihr von nun an selbst auf Euch aufpassen“, sagte der Waldelf schließlich sanft und ging zur Tür. „Bewegt die Schulter nicht und achtet beim Kauen darauf, dass nichts in das Loch kommt, wo der Zahn war. Eine Entzündung dort könnte Euch den Kiefer ruinieren, und das wollt Ihr Euch nicht antun.“ Saladir nickte, und der Waldelf verließ die Zelle. Bevor Akal und Fenach ihn abführten und der Kerkerwächter sich daran machte, den Boden mit einer groben Bürste zu scheuern, warf er ihm noch einen prüfenden Blick über die Schulter zu. „Benehmt Euch und erzürnt König Azul nicht. Gebt ihm, wonach er verlangt“, sagte er leise und klang seltsam traurig dabei. „Es ist nie gut, einen Naralfir zu reizen. Selbst Naralfir wissen das.“ Noch lange starrte Saladir danach auf die Tür. Er versuchte, sich alles einzuprägen, was ihm entgangen war: Das lange, dunkelgrüne Haar, das ihn so sehr an die Tannen in seiner Heimat erinnerte und die braunen Augen, die vom Licht der Fackeln einen Honigton bekommen hatten... Die sanfte Stimme, die einen so schneidenden Ton bekam, als die Fähigkeiten ihres Besitzers in Frage gestellt worden waren... eines jungen Mannes, den die Ketten an Hand– und Fußgelenken eindeutig als Sklaven auswiesen. Wenn er Azul nachgab, würde er dann auch in Ketten gehen müssen? Versklavt für jedermann sichtbar? Der Waldelf war ein Heiler gewesen, aber was würde er sein? Diese Frage beschäftigte Saladir auch in der kommenden Zeit. Doch egal, wie sehr er seine Situation von verschiedenen Perspektiven aus zu beleuchten versuchte... jede Lösung, die ihm sein Verstand vorschlug, war gleichermaßen erschreckend: Königliche Geisel und Lustsklave in einem. Die einzige Wahl, die der König der Naralfir ihm gelassen hatte, waren die Umstände: Luxus oder Kerker. Verzweifelt ließ der Lythari den Kopf auf die angezogenen Knie fallen und fuhr sich mit einer gedankenverlorenen Geste durch das lang gewordene, blaue Haar. Gab es wirklich keinen anderen Ausweg? Hatte sein Vater wirklich nichts, was ihn vor diesem Schicksal bewahren konnte? Nichts, was dem Dämonenkönig gut genug war? Lebte sein Vater überhaupt noch? Bei dem Gedanken an die Landschaft und das Leben in den vertrauten Gefilden trieb es Saladir die Tränen in die Augen. Heimweh zog sein Herz zusammen. Es wurde so schlimm, dass er meinte, keine Luft mehr zu bekommen, und der junge Prinz griff sich mit verzerrtem Gesicht an seine Brust. Die Poeten, die in seiner Heimat darüber gedichtet hatten, hatte er in seinem jugendlichen Leichtsinn belächelt, doch jetzt verstand er die schmerzvoll–sehnsüchtigen Worte mit jedem Tag besser. Seine Gedanken drehten sich im Kreis... dagegen halfen auch keine Kniebeugen. Körperliche Ertüchtigung half nicht, seinen Geist zu beruhigen. Egal, wie sehr er sich quälte. Saladir wurde klar, dass er fliehen musste. Aber ihm fiel nicht ein, wie er es anstellen sollte, ohne ertappt zu werden oder an Selbstachtung zu verlieren. Azul etwas vorzuspielen, um auf eine Chance zu warten, kam nicht in Frage. Das bisher Geschehene war unerträglich peinlich und so demütigend gewesen, dass Saladir nicht einmal daran denken konnte, ohne dass sich seine Wangen rot verfärbten und der Zorn in ihm aufstieg wie eine heiße Blase – dicht gefolgt von einer Scham, die ihn jede Erinnerung daran sofort wieder verdrängen ließ. In diesem Gefühlsdilemma fand ihn Azul einige Tage später, als der junge Elf das Klacken seiner Stiefel auf dem Steinfußboden vernahm, das die beinah vollkommene Stille zerstörte. Sein bescheidenes Mittagsmahl war ihm bereits vor einer Weile gebracht und die leere Suppenschale auch wieder abgeholt worden, und so vermutete Saladir, dass es später Nachmittag war. Durch die schmalen Belüftungsluken in seiner Zelle drang noch so viel Licht, dass er nicht geblendet die Augen zusammenkneifen musste, als die Kerkertür geöffnet wurde und der König der Naralfir eintrat. Vom stundenlangen Laufen auf der Stelle und Kniebeugen erschöpft, jedoch innerlich angespannt hob Saladir den Kopf und stand langsam vom Boden auf. „Warum bist du hier?“, fragte er leise, aber mit fester Stimme. „Gibt es Neuigkeiten von meinem Vater?“ „Hätte ich mich nach Deinem Vater erkundigen sollen?“, fragte Azul zurück und lächelte süffisant. „Natürlich bin ich deinetwegen hier, kleiner Dieb. Warum denn sonst?“ „Wieso wegen mir, wenn von meinem Zuhause offenbar keine Regung kommt? Was willst du?“ Saladir hatte eine Vermutung, als er Azul argwöhnisch beobachtete, wie dieser langsam näherkam. Aber er weigerte sich, diesem Dämon eine Idee in den Kopf zu setzen. Der König der Naralfir allerdings schien keine Erinnerungshilfe zu brauchen. „Natürlich hätte ich gerne eine Antwort auf mein Angebot.“ „So etwas nennst du ein Angebot? Ich nenne es Wahnsinn!“ Saladir spuckte auf den Boden. „Ich werde auf keinen Fall dein Besitz. Lieber verrotte ich hier drin!“ Azul seufzte und schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich habe dich nicht gefragt, wie du meinen Geisteszustand oder unsere Gebräuche findest. Es war ein gutes Angebot... aber du bist offenbar zu dumm, um das zu erkennen. Ich habe dir zu viel durchgehen lassen und war zu gütig zu dir.“ „Gütig?“, gab der Lythari zurück. „Du willst, dass ich zu deiner Hure werde. Das hat nichts mit Güte zu tun.“ „Doch“, war das Einzige, was Azul dazu sagte, und im selben Moment griff er nach Saladirs Händen, um sie an den Gelenken übereinanderzulegen. Anschließend entknotete er die Schlinge, in die der Waldelf den ruhiggestellten Arm gelegt hatte und umwickelte Saladirs Hände und Unterarme vor dessen Rippen mit dem Stoffstreifen. Als dem jungen Prinzen dämmerte, was geschah, zog der Naralfir gerade alles mit einem festen Knoten zusammen. Er streckte den Arm aus, drehte die Handfläche nach oben und murmelte etwas: Kurz oberhalb von Azuls Fingerspitzen entstand eine blaue Lichtkugel, die zu Saladirs Entsetzen zu einem großen Eisenring an einer Kette wurde, die Azul durch eine der Halterungen an der Wand zog, bevor er den zweigeteilten Ring um Saladirs Hals legte und schloss. Panik breitete sich in dem jungen Prinzen aus, als er sich am Hals an die Wand gekettet wiederfand und Azul ihm das knielange Leinenhemd mit einem Ruck bis zum Bauch hochzog. Saladir trat nach dem König der Naralfir, der jedoch mit einem gleichmütigen Gesichtsausdruck das Bein einfach am Knöchel festhielt und in die Höhe zog, so dass der junge Prinz nur von der Halsfessel gehalten in der Luft hing. Dass sein Gesicht dabei nicht die Spur einer Regung zeigte, ängstigte Saladir dabei am meisten, wie er feststellte, während ihm sein entblößter Zustand eine verlegene Röte in die Wangen trieb. „Erzürnt König Azul nicht. Gebt ihm, wonach er verlangt...“, kamen ihm Haruims Worte in den Sinn, doch wieder einmal schüttelte Saladir energisch den Kopf. Azul ließ seinen Knöchel los, packte den Lythari stattdessen an den Hüften und drehte ihn um, so dass er die Wand direkt vor Augen hatte. Ein kurzes Rascheln erklang, und nach einem Geräusch, das der Elf nicht zuordnen konnte, stieg diesem ein blumiger Geruch in die Nase. „Das riecht ja... nach Flieder...“, stammelte er verblüfft. „Nun ja, das erste Mal sollte nicht so eine schlimme Erfahrung sein, dass es dich unwiederbringlich zerstört. Oder wäre Dir ein Rettich lieber gewesen?“ Saladir musste das zynische Lachen nicht sehen, das sich zweifellos auf Azuls Gesicht abzeichnete. Er hörte es am frostigen Ton seiner Stimme, und kurz darauf spürte er etwas kaltes Nasses, das seinen unteren Rücken hinunterlief... viel zu tief hinunter. „Wieso ein Rettich?“, fragte er stirnrunzelnd und versuchte hektisch der Hand, die den Weg der Flüssigkeit nachverfolgte, zu entkommen. Welches Erste Mal Azul meinte, wollte er lieber nicht herausfinden. Das unwohle Gefühl in seinem Magen warnte ihn bereits, dass etwas Schreckliches passieren würde. „Nun ja, sein Saft hat ein paar sehr interessante Nebenwirkungen...“ Saladir holte vor Entsetzen zu tief Luft, als sich Azuls Finger an eine Stelle drängte, die niemand berühren sollte und sich ihren Weg in sein Innerstes bahnte. Der Lythari hustete, und der eingedrungene Finger bewegte sich in ihm. Immer tiefer drang er vor und verteilte das Fliederöl. Ein Entkommen war nicht möglich, dennoch versuchte Saladir immer wieder, seine Hüften Azuls Griff zu entwinden, wobei die Halsfessel mehr als hinderlich war. Plötzlich ließ ihn der Naralfir los, und wieder wurde der Geruch von Flieder etwas stärker. Im nächsten Moment jedoch spürte Saladir einen heftigen Druck gegen seinen privatesten Eingang, bevor – wieder durch das Öl erleichtert – etwas Größeres in ihn stieß, während Azuls Hand schwer auf seinem Nacken landete und ihn so in eine gebückte Stellung zwang. Mit dem Fuß sorgte er dafür, dass Saladir seine Beine weiter auseinander positionierte. Der junge Lythari verkrampfte sich vor Angst und keuchte. Ein heftiger Schlag auf seinen Hintern ließ ihn vor Schmerz und Schreck aufschreien. Er kippte nach vorn und stieß beinahe mit dem Kopf gegen die Wand. Der Versuch, seine Arme zu befreien, scheiterte kläglich, und ein Ziehen in seiner Schulter erinnerte ihn daran, dass er immer noch nicht wieder völlig gesund war. „Bleib so und entspann' dich“, befahl Azul kalt. Das war leichter gesagt als getan, aber Saladir bemühte sich, dem Befehl schon zu seinem eigenen Wohl Folge zu leisten. Dennoch waren Azuls Finger zu viel für die Öffnung, in die er sie drängte. Vor und zurück glitten sie, rücksichtslos aber langsam, das Öl überall verteilend. Ein Teil davon lief bereits an Saladirs Oberschenkeln wieder hinab und tropfte auf den Fußboden. Doch gerade, als der junge Prinz dachte, der unangenehme Druck würde allmählich erträglich, hörte er, wie Azul seine Hose öffnete – und im nächsten Moment durchfuhr ihn ein grauenhafter Schmerz. Nein, nicht durchfuhr... er durchbohrte ihn, spießte ihn auf wie ein Sammler ein Insekt. Die Gewölbe des Schlosses schienen von Saladirs Schrei widerzuhallen, als Azul seine gesamte Länge in ihm versenkte und dabei an Hüfte und Nacken in Position hielt. Ihm war, als hätte man einen glühenden Eisenstab in ihn hineingetrieben, als sein Körper an dieser verbotenen Stelle erobert und geöffnet wurde, wie man einen Pfahl in den Boden schlägt. Keuchend biss der junge Lythari die Zähne zusammen, während ihm die Tränen über das Gesicht liefen, und schmeckte Blut. „Bi–bitte... bitte, Azul, n–nimm ihn raus...“, flehte er atemlos, doch er erhielt keine Antwort. Im Gegenteil. Azul gab ein zufriedenes Stöhnen von sich, zog sich zurück und stieß ein weiteres Mal zu. Wieder explodierten Saladirs Hüften vor Schmerz, und seine Beine begannen zu zittern. Schweiß brach auf seiner Haut aus und ließ ihn frösteln – trotz der Hitze, die in ihm tobte. Die Halsfessel ließ ihm kaum genug Platz, um seine Lungen mit seinem jagenden Atem zu füllen, und Azul fuhr mit seinen Stößen fort, die inzwischen von einem Keuchen begleitet wurden. Sein Geschlecht schien alles in Saladir zu versengen, was ihm in die Quere kam und ließ kein anders Gefühl als Verzweiflung zurück. Die zunehmende Wucht schaukelte den Körper des jungen Prinzen hin und her, während Azuls Hände ihn genauso fesselten, wie der Ring um seinen Hals und die Stoffschlinge um seine Hände... Die Zeit dehnte sich ins Endlose. Erfüllt von Schmerzen, Keuchen und Stöhnen schien sie die beiden Männer im Verlies vergessen zu haben, bis Azul sich endlich seiner Erlösung näherte. Ein letzter, brennender Stoß, ein krampfhaftes Festhalten an Saladirs Hüften, und der junge Prinz merkte, wie der Druck in ihm ein wenig nachließ. Erst jetzt zog sich Azul völlig aus ihm zurück. Saladir wagte nicht, sich umzudrehen. Geschockt brachen seine Beine unter ihm ein, und er fiel... nur um sich hastig wieder aufzurappeln, weil der Ring um seinen Hals ihm nicht einmal das Knien ermöglichte. Er zitterte am ganzen Körper, während er versuchte, stehenzubleiben und den Ekel niederkämpfte, als er spürte, wie Azuls Samen aus ihm heraus und seine Oberschenkel herunterlief. „Tu nicht so entsetzt“, kam es kalt von Azul. „Ich habe dir die Wahl gelassen. Du wolltest die harte Tour, also nimm es wie der Mann, der du immer behauptest zu sein, und reiß dich zusammen.“ Kapitel 5: Ein Tier im Käfig ---------------------------- Saladir starrte den König der Naralfir an, als hätte dieser den Verstand verloren. Die Kälte und die Bedeutung des Gesagten verschlugen ihm buchstäblich die Sprache. Er hatte was gewollt? Und nun sollte er sich... zusammenreißen? Worte hatten keinen Platz in seiner Kehle, und so war alles, was aus seinem Mund kam, ein einziger, frustrierter Aufschrei. „Immer so laut...“, seufzte Azul. „Erzieht man alle Lythari zu solchen Weichlingen, dass sie ständig schreien, sobald ihnen auch nur ein wenig Schmerz zugefügt wird?“ Noch immer fand Saladir keine Worte. Ihm war gerade etwas angetan worden, was jede Faser seines Wesens verletzte, ihn zutiefst erschütterte und jedem zivilisierten Verhalten widersprach. Und er, der darüber verständlicherweise zutiefst verstört und erschrocken war... sollte ein weinerliches Kind sein? Einmal mehr wurde ihm auf das Grausamste bewusst gemacht, in was für einer Welt er gelandet war: Einer Welt, die allem widersprach, was er bisher gekannt hatte. Am ganzen Körper zitternd stand der junge Prinz da, die Hände in ihrem Gefängnis zu Fäusten geballt, mit Tränen der Wut, die ihm über das Gesicht liefen... und Worten, die er Azul gerne ins Gesicht geschleudert hätte... die er aber nicht fand. Er schrie erneut auf und versuchte trotz seiner Fesseln, nach dem König der Naralfir zu schlagen – doch dieser trat nur einen Schritt zurück und war damit aus Saladirs Reichweite: Die Kette um seinen Hals hielt ihn wie einen Hund an der Leine. Wutentbrannt trat er nach ihm... doch während der König lächelnd noch einen Schritt zurücktrat, riss seine Fessel den Wütenden beinah wieder von den Füßen. „Du hast wirklich einen sehr ansehnlichen Körper, kleiner Dieb“, sagte Azul und ließ seinen Blick unbeeindruckt über seinen Gefangenen gleiten. „Diese helle Haut, das lange blaue Haar und diese funkelnden silbergrauen Augen... ein auffälliger Gegensatz zu allem, was man hier finden kann. Ich muss Haruim wirklich danken, dass er so gute Arbeit geleistet hat. Ich war besorgt, Ich war besorgt, der Kerkerwächter wäre zu hart mit dir umgegangen.“ Endlich fand Saladir seine Sprache wieder. „Soll... soll das heißen, du wusstest davon?“, fragte er keuchend. „Wovon?“ „Was er... vorgehabt hat?“, flüsterte der junge Prinz, dem Azuls Worte über das Reden seiner Untergebenen einfiel. Der Naralfir lächelte tückisch. „Meinst du, ich hätte es wissen sollen?“ „Du... da-dann hast du es geplant?!“ Saladirs Stimme überschlug sich. „Das Schloss ist voller Naralfir, die Hand an dich legen wollen... aus den verschiedensten Gründen, wie du weißt“, erinnerte Azul ihn ruhig und verzog das Gesicht, doch Saladir war sich nicht sicher, ob er tatsächlich Bedauern darin lesen konnte. „Vielleicht hätte ich wirklich besser aufpassen sollen... kleine Blume.“ „Ich bin keine Blume!“, fauchte der junge Prinz, um seine Verlegenheit zu überspielen. „Aber zerbrechlich wie eine.“ „Duuu...“ Wieder verschlug Saladir die Arroganz des Naralfir die Sprache. „Da-das... du... du hast doch keine Ahnung, was ich... was ich bisher durchgemacht habe!“ „Beklagst du dich? Ich habe dir eine einfache Frage gestellt, und du hast mir deine Antwort gegeben.“ Azul schüttelte den Kopf und kicherte. „Und jetzt erst werden dir die Folgen bewusst? Hast du wirklich irgendwo in deinem Herzen die Hoffnung gehegt, wir würden einen Dieb gut beherbergen, nur weil er sagt, er sei ein Prinz? Dass es die Naralfir in irgendeiner Weise interessieren würde, warum du gestohlen hast? Dieben werden hier die Hände abgeschlagen und eingesperrt, bis ich über sie entschieden habe. Je nach dem, was gestohlen wurde, schickt man sie in die Minen...“ „Dann schick' mich in die Minen!“ „Dort würdest du keinen Tag überleben.“ Azul schmunzelte, „Aber vielleicht würde es die Preise für Edelsteine in die Höhe treiben, wenn die Händler erfahren, dass sie von einem Prinzen geschürft wurden.“ Saladir konnte nicht anders, als sein Gegenüber einmal mehr sprachlos anzustarren. Der Kerl brachte ihn wirklich dazu, an seinem eigenen Verstand zu zweifeln. Sollte der Kerker tatsächlich die beste Alternative von allen sein? Nicht verhungernd oder vor Erschöpfung sterbend, nicht gedemütigt, weil er als Sklave in Ketten gehen musste... dafür mit einer eigenen Zelle in einem Verlies? Unter solchen Umständen war es schwer, auf die Würde einer adligen Abstammung zu beharren – wenn es hier keinen wirklichen Adel gab, weil sich hier jeder, egal welcher Herkunft und Eignung, zum König morden konnte. „Wenn... wenn du sowieso auf alles eine Antwort hast“, fauchte Saladir, „dann verrate mir, was du in meiner Situation gemacht hättest!“ „Ich hätte den Tod meines Vaters akzeptiert und wäre bis zuletzt bei ihm geblieben...“ Wieder ließ der Schock Saladirs Knie weich werden, und wieder fiel er. Hastig versuchte er wieder auf die Beine zu kommen, während er fassungslos die Kälte der Worte zu verarbeiten versuchte. „Aber man muss doch... man muss... doch alles versuchen, um die, die man liebt, zu retten!“, wisperte er heiser. Nicht nur durch die Halsfessel hatte der junge Prinz Mühe, den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken. „Ich kann meinem Vater doch nicht einfach beim Sterben zusehen!“ „Stattdessen wird er nun mit dem Gedanken sterben, dass sein jüngster Sohn wegen ihm und einer fixen Idee gestorben ist? Und du nennst mich grausam?“ „Es war keine fixe Idee“, entgegnete Saladir nicht ohne Stolz. „Ich habe doch gefunden, wonach ich gesucht habe.“ „Mich?“, fragte Azul amüsiert. „Wohl kaum, du Wahnsinniger! Die Nachtrose!“ „Ihr hättet nur ein offizielles Handelsangebot schicken müssen.“ „Die Händler haben gesagt, dass sie keine hätten.“ „Dann habt ihr die falschen gefragt. Was meint ihr, woher ihr Lythari eure geliebten Juwelen bekommt? Woher die Schmiede ihr edles Metall? Aus unseren Minen. Woher kommen Kissard-Schuppen für magische Zeremoniendolche, der süße Silberrebenwein für Festgelage oder die schwarzen Perlen der Waldelfen? Alles von uns, den bösen Dämonen, mit denen man Kindern Angst macht, damit sie gehorchen... Viele Völker in Kerui kümmert es nicht, woher ihr Luxus stammt, so lange er verfügbar ist.“ „Ihr hättet ein Handelsangebot von uns angenommen? Dass ich nicht lache“, entgegnete Saladir bitter, wunderte sich jedoch gleichzeitig darüber, wie einfach alles gewesen sein sollte. „Ich allein bestimme, welche Angebote angenommen werden“, erklärte Azul. „Ihr habt – trotz eurer angeblichen Sorge um das Wohlbefinden eures Königs – nicht einmal eines gestellt. Im Gegenteil: Du hast dich sogar entschieden, lieber zu stehlen, und nun sieh, wohin es dich gebracht hat. Nun habe ich das Leben des Königs der Lythari und das seines zweiten Sohnes in der Hand.“ „Unsere Völker sind verfeindet. Hätten wir ein Handelsangebot geschickt, hättet ihr uns wahrscheinlich Gift geschickt und behauptet, es wäre Medizin.“ „Sind eure Heiler so unwissend, dass sie nicht merken, wenn man sie hinters Licht führt? Die Dosis macht das Gift, kleiner Dieb. Ganz besonders bei Heiltränken.“ „Ihr... ihr hättet uns... geholfen?“ Der junge Prinz runzelte misstrauisch die Stirn. „Warum?“ „Wir hätten nicht „geholfen“. Ihr hättet etwas gekauft und dafür bezahlt, also warum nicht? Es wäre nicht das erste Mal, dass ein lytharischer Händler die Rosen oder Himmelsessenz haben will – und es wird auch nicht das letzte Mal sein. Das Leben deines Vaters ist dabei nicht von Bedeutung.“ Saladir wusste, dass er etwas anderes fragen sollte, doch der Gedanke war laut ausgesprochen, noch bevor er seine Zunge zurückhalten konnte. „Also hast du gelogen, als du sagtest, du würdest mich gehen lassen, wenn du etwas im Tausch bekommst?“ Ein Schatten flog über das Gesicht Azuls, und der junge Prinz fürchtete kurz, den Naralfir verärgert zu haben. „Ich lüge nie“, antwortete dieser kalt. „Du selbst hast dafür gesorgt, dass niemand weiß, wo du jetzt bist.“ Er lächelte hinterhältig. „Und ich habe derzeit nicht die Absicht, daran etwas zu ändern.“ „Als ob ich zulassen würde, dass du mich noch einmal anrührst!“ „Wenn ich dich nehmen will, nehme ich dich. Ich brauche dein Einverständnis dafür nicht.“ „Du verdammter...“ Azul kam mit einem wölfischen Lächeln und funkelnden Augen auf Saladir zu und tauchte unter dessen gefesselten Händen hindurch in eine enge Umarmung. Der Überraschte hielt vor Schreck die Luft an, als er merkte, wie ihm das Leinenhemd wieder hochgezogen wurde und Azul seine Oberschenkel umfasste. Im nächsten Moment hob der Naralfir ihn hoch, und der Lythari spürte das Zeichen der Erregung, das sich gegen seinen Hintern presste. Zappelnd versuchte er zu entkommen. „Nicht so ungeduldig, kleiner Dieb... sonst tust du dir weh...“ „Nein...“, krächzte Saladir und rüttelte verzweifelt an seinen Fesseln. „Nicht nochmal...“ Wieder spürte der junge Prinz, wie Azul in ihn eindrang. Es tat nicht so weh wie vorher, aber angenehm war es auch nicht. Es war nicht nur demütigend, sondern auch etwas, wofür ihm die Worte fehlten. Saladir erkannte, dass er nicht mehr Herr seiner selbst war, weder seines Körpers noch seines Verstandes, denn beide wurden mit Eindrücken und Gefühlen überflutet und jedes Weigern, jeder Fluchtversuch, jede kleinste Bewegung... alles verlief ins Leere. Der junge Prinz war wehrlos, eine verstörende Feststellung. So biss Saladir die Zähne zusammen, wandte den Kopf zur Seite und schloss fest die Augen. Er wollte diesem Mann nicht ins Gesicht sehen müssen, der ihn hielt, als hätte er nur das Gewicht einer Taube, während seine Erektion wie ein perverses Streicheln in ihm ein und aus glitt. Es war ein widerliches Gefühl, und der junge Prinz kämpfte zischend den Ekel hinunter, der seine Kehle mit bitterer Galle füllte. Die schlürfende Geräusch, das Azuls Stoßen in diese verbotene Öffnung verursachte und das Gefühl dieser Bewegung in seinem Inneren, dieses heiße Ding... wie ein lebender Wurm, der sich schmatzend in ihn hineinfraß... Saladir versuchte verzweifelt auszublenden, was mit ihm geschah, damit er sich nicht übergab. Er hoffte stumm, dass dem Mann in ihm bald die Lust daran vergehen würde, sich an jemandem zu vergreifen, der nicht mehr Entgegenkommen als ein nasser Mehlsack zeigte. Im Moment konnte er nichts anderes tun, als alles stoisch zu ertragen. Wie konnte es Leute geben, die das als so schön empfanden, dass sie Männer einer Frau vorzogen? Der junge Prinz verstand es nicht. Sollte das jetzt sein Schicksal sein? Würde diese Art von Sex jetzt das Einzige sein, was er während seiner Gefangenschaft zu erwarten hatte? Im Kerker seiner Todfeinde zu versauern, wo Azul sich in ihm erleichterte, wenn ihm der Sinn danach stand? Diese Aussicht war das Gegenteil von dem, was der Lythari sich für seine Zukunft vorgestellt hatte. Als sich sein Peiniger nach einer gefühlten Ewigkeit ein zweites Mal einem Orgasmus hingab, schüttelte es Saladir, weil es auch Azul schüttelte. Der König der Naralfir erstickte einen dunklen Aufschrei, indem er in den Hals des Lythari biss, und der Gequälte knirschte mit den Zähnen, um nicht wieder vor Schmerz aufzuschreien. Als der junge Prinz endlich wieder auf seinen eigenen, zitternden Beinen stand und verstohlen zu Azul blickte, sah er, dass dieser schweißgebadet war. Die hellroten Augen funkelten und nachdem sich sein Atem wieder etwas beruhigt hatte, erschien ein herausforderndes Grinsen auf seinen Lippen. Bevor Saladir jedoch dazu etwas sagen konnte, was ihn womöglich in noch tiefere Schwierigkeiten gebracht hätte, hörte er ein platschendes Geräusch und spürte eine schleimige Flüssigkeit aus ihm herauslaufen und zu Boden tropfen. Sein Körper schüttelte sich vor Abscheu, Schande färbte seine Wangen rot und ließ ihn die Augen fest zukneifen. Das Gefühl, sich übergeben zu müssen, wurde unerträglich. Er – ein Prinz – war nicht mehr als ein Tier, das man angekettet hatte... „Du fühlst dich unglaublich an, kleiner Dieb“, hörte er Azuls Stimme an seinem Ohr, vor Lust dunkler als sonst, „so eng und dein Gesicht, wenn ich in dich stoße... es ist so hinreißend, dass es mich noch härter macht...“ Im nächsten Moment spürte Saladir den kalten Stein der Verliesmauern an seinem Rücken und die Zunge des Naralfir heiß in seinem Mund. Erschrocken keuchte er auf, doch Azul brach den Kuss nicht ab. Fordernd plünderte er den Mund des jungen Prinzen, presste ihn gewaltsam an sich und vergrub eine seiner Hände in dem hellblauen Haar, als Saladir den Kopf abwenden wollte. Als er mit der anderen Hand den Stoff um seine Unterarme zerriss, wollte der junge Prinz gerade erleichtert aufatmen, doch Azul drehte ihn grob um, zerrte wieder das Leinenhemd hoch und bestieg ihn ein drittes Mal. Seine Gewalt und seine Gier pressten dem Lythari die Luft aus den Lungen, und so vermischte sich ihrer beider Keuchen zu einem einzigen. Zum ersten Mal war Saladir unendlich dankbar dafür, dass Wände nicht sauber verputzt, sondern von Moos und Algen überwuchert waren, denn so federten die Pflanzen ein wenig die Wucht ab, mit der Azul seine Hüften malträtierte. Es roch zwar nach Moder und verfaulendem Laub, aber das war immer noch besser, als der Schmerz wundgescheuerter Haut. Eingeklemmt zwischen der Wand und Azuls Körper hob ihn jeder Stoß zudem ein Stück vom Boden auf die Zehenspitzen, wodurch auch seine Knie rhythmisch gegen die Wand stießen. Hatte dieser Kerl denn nie genug? Saladirs Keuchen vermischte sich erneut mit dem seines Peinigers, dessen Lust mit jedem Mal größer zu werden schien. Als Azul dieses Mal zum Höhepunkt kam, krachte er Saladirs Hüften so heftig gegen die Wand, dass dieser schmerzerfüllt aufschrie. Wenn das so weiterging, würde er von dem Naralfir zu einem äußerst peinlichen Tod verdammt, schoss es dem Lythari durch den Kopf. Schließlich wusste selbst er, der behütet aufgewachsen war, dass manche Sexspiele tödlich endeten, oder zumindest schlimme Verletzungen verursachen konnten. Bei den Naralfir musste man sich wohl darauf gefasst machen, dass... Saladir schüttelte mühsam den Kopf, um seiner Fantasie Einhalt zu gebieten. Azul hatte inzwischen die Stirn auf die Schulter des Erschöpften gelegt und stützte sich mit rasselndem Atem an der Wand ab. Saladir wagte es nicht, den Kopf zu drehen und ihm in die Augen zu blicken, sondern hielt still und wartete mit zitternden Knien darauf, dass sein Peiniger sich aus ihm zurückzog. Sein Herz raste vor Angst, und das Blut rauschte in seinen Ohren, aber der Lythari presste die Lippen aufeinander, damit dem Anderen seine Furcht verborgen blieb. Ein Klicken ertönte, und die Kette an der Halsfessel fiel klirrend zu Boden. Dennoch ließ Azul Saladir nicht los. Stattdessen presste er seinen unfreiwilligen Geliebten an sich und trat ein Stück von der Wand zurück. Saladir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, doch als sich eine der Hände des Naralfir an seiner Seite entlang nach unten bewegte und seine Mitte erreichen wollte, hielt er sie hektisch fest. „Nein, nicht... bitte...“, brachte er mühsam heraus. „Ich... ich kann... nicht mehr.“ Azul zog sich ruckartig aus ihm zurück, und der junge Prinz musste schmerzhaft erkennen, dass er diesen offenbar verärgert hatte. Erschöpft brach er in die Knie und blieb dort sitzen. Jedes Mal, wenn Azul ihn besuchte, tat ihm hinterher alles weh. Der Naralfir musterte ihn kurz mit unergründlicher Miene und warf Saladir Ugruis Reisemantel zu. Ohne ein weiteres Wort ging er zur Tür.  „Dann werde ich dich jetzt in deiner „Residenz“ wieder dir selbst überlassen. Adieu, kleiner Dieb.“ Saladir schwieg, bis er hörte, wie sich die Tür zu seinem Verlies öffnete, Azuls Schritte sich entfernten und die Tür wieder verriegelt wurde. Seine Anspannung ließ nach, und der junge Prinz ließ sich stöhnend auf die Seite fallen. Träge zog er sich Ugruis Mantel wie eine Decke über die Schultern und fiel in einen unruhigen Halbschlaf. Naralfir waren anstrengend, dachte er noch, egal ob man sich mit ihnen unterhielt oder körperlich mit ihnen zu tun hatte. Einige Zeit später schreckte er benommen auf, als er hörte, wie das Verlies erneut geöffnet wurde. Der junge Prinz kauerte sich ängstlich zusammen, als er hörte, wie dieses Mal die Schritte von zwei Leuten in seine Zelle traten. Der Mantel wurde hochgehoben, und ein leises Pfeifen zischte durch den Raum. „Interessant...“, murmelte eine Stimme heiser. „Das ist wirklich Rateshvars Sohn. Er ist ziemlich groß geworden. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er dreizehn...“ Ein Naralfir, der ihn kannte? Saladir verkrampfte sich und zwang sich, den Schlafenden zu spielen, während sein Kopf fieberhaft überlegte, wer da gekommen sein mochte. Was auch immer die beiden Naralfir vorhaben mochten – er hatte keine Kraft für sie. Heute nicht mehr. Leder knirschte, und der Mantel wurde wieder über ihn gebreitet. Der andere Mann war Azul, erkannte Saladir, als dieser sprach. „Weißt du, kleiner Dieb, der alte König wollte immer eine Lythari-Konkubine...“, flüsterte er halblaut, „so etwas wie eine Schwester von dir wäre ideal gewesen, weil sie direkt von der königlichen Linie abstammt, aber... ich frage mich, was er dafür getan hätte, um dich in seine Finger zu kriegen, wenn er dich einmal zu Gesicht bekommen hätte.“ Hatte Azul etwa gemerkt, dass er wach war?! „Aber hast du ihn schon gefickt?“, fragte der andere Mann neugierig und schnalzte mit der Zunge. „Wenn man den Soldaten Glauben schenkt...“ „Das Gerede solltest du nicht überbewerten, Luban. Der Prinz hier sagt mir immer wieder, dass er mir nicht gehört, also kannst du dir denken, was passiert ist.“ Eine Woge der Dankbarkeit überflutete Saladir, dass Azul nicht damit angab, sein erster Mann gewesen zu sein. Hatte er ihn auch deshalb wieder zugedeckt, damit die verräterischen Spuren auf seinen Oberschenkeln verborgen blieben? Das konnte doch nicht sein, oder? „Aber Tradui hast du umgebracht, weil er ihn probeliegen wollte, habe ich gehört!“ Kühle Finger mit spitzen Nägeln strichen über Saladirs Wange und fuhren seinen Hals hinunter. Das Herz des Lythari schlug schneller. „Ja, ich habe Tradui umgebracht“, entgegnete Azul mit Eiseskälte in der Stimme – und die Hand von Saladirs Hals verschwand sofort. „Er wollte eine wichtige Geisel töten. Meinst du, ich riskiere einen Krieg wegen einem Gerücht, oder weil ein Lythari sagt, er sei ein Prinz, ohne es zu prüfen?“ „Hm, auch wieder wahr. Wenn du also nichts dagegen hast, würde ich ihn gerne in meine Obhut nehmen...“ „Nichts da, der bleibt hier. Man kann ihm nicht trauen.“ „Auch gut. Je weniger ihn zu Gesicht bekommen, desto besser und sicherer.“ „Wieso besser?“ Die Schritte entfernten sich wieder, und Saladir atmete leise auf. „Weil dieser kleine Kerl hier sonst reihenweise die Herzen brechen wird. Nicht nur mein Bruder und Tradui hatten eine Schwäche für alles, was selten ist. Wenn du ihn draußen rumlaufen lässt, musst du dir ständig Sorgen machen, ob ihm was passiert.“ „Ich bin hier! Es ist unhöflich, über jemanden zu reden, als wäre er nicht da!“, rief Saladir entsetzt über diese Unterstellung und wusste nicht, ob er gekränkt sein sollte. „Was für ein Mundwerk!“ Luban brach in Gelächter aus. „Bis jetzt ist es noch unterhaltsam“, stimmte Azul ihm zu und verließ mit seinem Begleiter das Verlies. „Ich würde es ihm stopfen...“ „Das glaube ich dir unbesehen...“ Die Schritte entfernten sich wieder, während Saladir ein eisiger Schauder den Rücken hinunterlief. Hastig zog er Ugruis Mantel enger um sich. Dunkel in seiner Erinnerung blitzte das Bild eines Naralfir auf, der bei seinem Vater vorgesprochen hatte, weil er eine Lythari zu heiraten gewünscht hatte, um ein Friedensbündnis zu schließen. Auch Rarya hatte zur Wahl gestanden. Doch die Gier in den Augen des Mannes, mit der er das Schloss und seine Bewohner gemustert hatte, hatte Saladir bei der ersten Audienz so sehr verstört, dass er noch Nächte später Alpträume gehabt hatte. Alpträume, in denen er die geforderte Braut gewesen war... und dieser Mann war Herzog Luban gewesen, der jüngere Bruder des früheren Königs? Kapitel 6: Zweifelhafte Methoden - aber ein gemeinsames Ziel ------------------------------------------------------------ Saladir lag noch lange wie betäubt auf dem Boden, in sich zusammengekauert, während das Entsetzen nur langsam aus seinen verkrampften Gliedern wich.  „Wenn ich dich nehmen will, nehme ich dich. Ich brauche dein Einverständnis dafür nicht.“ Sollte das nun sein Leben sein? Wirklich? Ein Prinz der Lythari, gezwungen in das Leben eines Lustsklaven, dessen Wohl abhängig davon war, welche Laune der König seiner Todfeinde hatte? „Benehmt Euch und erzürnt König Azul nicht. Gebt ihm, wonach er verlangt.“ Was, wenn Azul seiner überdrüssig wurde? Würde er ihn nach Hause schicken? Saladir bezweifelte, so viel Glück zu haben. Vermutlich landete er dann bei einem anderen Naralfir... „Der alte König wollte immer eine Lythari-Konkubine.“ Offenbar nicht nur der ehemalige König... auch der neue schien diese Vorliebe zu teilen. Die Vorstellung erfüllte den blauhaarigen Elf mit Entsetzen und ließ ihn vor Kälte zittern. Er zog die Beine noch enger an seinen Körper und merkte, wie die Überreste der vergangenen Stunden aus ihm herausliefen. Ächzend rappelte sich der junge Lythari auf und kauerte sich angewidert über den stinkenden Eimer, der seine Toilette war. Schmerzen durchzogen seinen missbrauchten Körper, und Dunkelheit umschloss ihn wie ein Mantel. Ein winziger Teil in Saladir war froh, dass niemand sehen konnte, was er gerade tat... tun musste. Er kam sich vor, als litte er an einer widerwärtigen Krankheit, während er überdeutlich zu spüren glaubte, wie jeder Tropfen Azuls brennend und klebrig aus ihm herauslief. Sich so an einem Mann zu vergehen, als wäre er nur noch ein Gegenstand, in den man sich entleerte, wie in diesen Holzeimer... Saladir schüttelte sich vor Ekel. Erst als er sicher war, dass nichts mehr von dem Naralfir in ihm war, kroch er in die gegenüberliegende Ecke, wickelte sich wieder in Ugruis Mantel und versuchte zu schlafen. Er war erschöpft und hungrig, aber der Gedanke an Essen ließ seinen Magen rebellieren. Er wünschte sich, er könnte sich zu Tode hungern, aber eine Stimme ihn ihm sagte, dass er das niemals durchhalten würde – und auch der König der Naralfir kannte sicher Mittel und Wege, das zu verhindern... Verflucht sollte er sein. „Euer Majestät, ich muss Euch gratulieren. Je mehr ich von Eurem bezaubernden Land sehe, desto mehr erkenne ich, dass meine Entscheidung die richtige gewesen ist.“ Saladir und Athavar tauschten fragende Blicke, standen jedoch stumm hinter dem Thron ihres Vaters, als Herzog Luban sich schwungvoll verbeugte. Es war ein seltenes Ereignis für den jüngeren der Prinzen, an einer Audienz teilzuhaben – aber der Besuch eines Naralfir mit dem königlichem Siegel war ein wichtiges Ereignis, wenn es darum ging, eine Feindschaft zu beenden und ein Friedensbündnis zu schließen. Für einen Großteil des Hofstaats war es der erste „Dämon“, den sie zu Gesicht bekamen. „Ich bin überrascht, dass Ihr einen solchen Gedanken hegt, Herzog Luban“, antwortete König Rateshvar. „Meine Berater wiesen mich allerdings darauf hin, dass eine Ehe zwischen einer Lythari und einem Naralfir bei Euch im Lande als Hochverrat gilt. Wie kann ich da ein Kind meines Volkes in Eure Hände geben?“ Herzog Luban schien Schwierigkeiten zu haben, sich auf das Gesagte zu konzentrieren. Immer wieder glitten seine Augen im Audienzsaal umher wie bei einem Kind, das sich nicht entscheiden konnte, welche Süßigkeiten es sich aussuchen sollte. „Dieses Gesetz ist nicht mehr zeitgemäß, und mein Bestreben ist es, solche veralteten Bräuche abzuschaffen“, erwiderte er glatt. „Genauso wie es unsinnig ist, auf eine Feindschaft zu beharren, wegen der beide Seiten nur Nachteile haben und von der keiner mehr weiß, wie sie überhaupt entstand.“ „Ich bin sicher, in den Archiven lässt sich herausfinden, warum Lythari und Naralfir seit Generationen verfeindet sind!“, warf Athavar ein, doch Luban schenkte ihm nur ein listiges Lächeln. „Es ist mir eine Freude und ein Vergnügen, dass Ihr das Wort an mich richtet, Königliche Hoheit. Aber mit den Archiven meint Ihr doch sicherlich nicht dieses Märchen, wo ein Prinz der Naralfir für eine Lythari-Prinzessin in den Krieg gegen einen mächtigen Magier zog, der ihn tötete und seinen Kopf an besagte Maid schickte?“ „Das ist kein Märchen!“, knurrte Athavar. „Verzeiht, Königliche Hoheit. Dann meint Ihr die Legende der beiden Blutsbrüder, wo der Lythari seinen Freund, einen Naralfir, verriet und im Tal der Waldelfen dem Tod überließ?“ „Er hat ihn nicht verraten! Er wollte Hilfe holen, aber es war zu spät!“ Saladir stellte sich mit geballten Fäusten vor den Mann, der es wagte, sein Volk zu beleidigen, indem er die Geschehnisse der Vergangenheit verdrehte, bis alles wie eine Lüge klang. Das Lächeln Lubans wurde breiter, und sein vorher unsteter Blick konzentrierte sich nun völlig auf sein Gegenüber. „Vielleicht ist es ja genau das, was die Feindschaft ausgelöst hat“, sagte er leise und samtweich. „Die Lythari, die glauben, immer im Recht zu sein und keine Fehler zu machen, während andere für sie sterben...“ Ein Schwall eiskaltes Wasser weckte Saladir unsanft aus diesem Traum, der aus den Tiefen seiner Erinnerung an die Oberfläche gebrochen war, als wäre das Geträumte nicht vor vierzehn Jahren, sondern erst gestern geschehen. Prustend schreckte er auf, rang hustend nach Luft – und blickte in dieselben roten Augen wie damals: die Herzog Lubans. „Wie schön, dass man Euch endlich wachbekommt.“ Der Naralfir lächelte erfreut, als der junge Prinz sich von seinem Schreck erholt hatte. „Azul hat Euch schlafen lassen... aber ich muss zugeben, dass ich nach zwei Tagen doch allmählich etwas ungeduldig wurde.“ Der erste Impuls des jungen Prinzen war, zurückzuweichen und Abstand zwischen sich und den Anderen zu bringen, doch da er sich bereits in einer Ecke befand, hatte er sich selbst eingekesselt, als Luban sich vor ihn hinhockte und damit jede Fluchtmöglichkeit blockierte. Der nächste Gedanke Saladirs war, den Herzog als Geisel zu nehmen und mit ihm seine sichere Heimkehr zu erpressen, doch sein Gefühl sagte ihm, dass er nicht weit kommen würde. Luban mochte weniger gewalttätig sein als Azul, aber das bedeutete nicht, dass er deshalb weniger gefährlich war. „Was... was führt Euch hierher?“, fragte er vorsichtig.  „Nun ja...“ Wieder lächelte Luban wie jemand, dem das Lügen leichtfiel – aber mit diesem wirren, unsteten Blick, der Saladir seit jeher beunruhigt hatte. „Ich wollte mit Euch reden.“ „Worüber?“ „Ich weiß, wie Ihr hier heraus gelangen könnt.“ Die Sonne über dem Reich der Naralfir entschied sich just in diesem Augenblick, ihre Strahlen in Saladirs Verlies zu schicken, wo sie auf Lubans Kopf trafen. Saladir verschlug es für einen Moment die Sprache. Bekam er tatsächlich Hilfe? „Das mag sein“, begann er dann vorsichtig, „aber ich bin sicher, dass Ihr nicht umsonst Euer Leben riskiert. Wenn misslingt, was immer Ihr vorhabt, werden wieder Leute sterben.“ „Dann wollt Ihr hierbleiben? Was hat Azul mit Euch angestellt – oder Ihr mit ihm?“ Lubans Blick und Lächeln veränderten sich auf erschreckende Weise: Von einem kühlen, scheinbar desinteressierten Ausdruck wurde seine Aura plötzlich so intensiv, dass sie den kleinen Raum auszufüllen schien und dem Gefangenen das Atmen schwer machte. Die hellroten Augen wurden dunkler und bekamen ein eigenartiges Glitzern, das Lächeln wurde zu einem breiten Zähnefletschen. Wieder wäre Saladir am liebsten zurückgewichen, und wieder war es nicht möglich.  „Nichts!“, sagte er laut und stand auf, um diesem eindringlichen Blick zu entkommen. „Azul ist ein grausames Monster, das die üblen Gerüchte über die Naralfir allesamt bestätigt! Natürlich würde ich nichts lieber tun, als wieder von hier zu verschwinden!“ „Es gibt immer Möglichkeiten“, flüsterte Luban und erhob sich ebenfalls. „Unser König hat eine verhängnisvolle Schwäche für Euch entwickelt, wie mir scheint... und ich bin sicher, dass Ihr das wisst. Mich erinnert es an das Märchen über den König, der einen Floh über das Wohl seines Reiches und seiner Tochter stellte.“ Es musste wirklich sehr offensichtlich sein, überlegte der junge Prinz. Dennoch war der Preis für diese Schwäche für ihn eine Qual. Genau das hätte er Luban am liebsten ins Gesicht gesagt, aber im letzten Moment biss er sich auf die Lippen. Saladir verschränkte die Arme vor der Brust, als könnte er sich damit vor diesem seltsamen Mann schützen. „Keine Antwort?“, fragte Luban und trat einige Schritte zurück, um die Halsfessel aufzuheben. „Wir beide haben dasselbe Ziel: Ihr wollt nach Hause, und ich will Euch loswerden.“ „Sagt mir, was ich tun muss!“, bat Saladir, den die Halsfessel in den Händen des Naralfir beunruhigte. „Geht auf seine Forderungen ein“, antwortete Luban, die Augen auf den Metallring in seiner Hand geheftet. „Lügt, wenn es sein muss.“ „Da-das ist unmöglich!“ Saladir konnte nicht verhindern, dass Angst in seiner Stimme mitschwang. „Ihr wisst nicht, was er verlangt hat!“ „Das ist unwichtig.“  Die Stimme Lubans wurde so kalt, dass die Temperatur im Raum schlagartig zu sinken schien. Saladir riss die Augen auf bei der Ungeheuerlichkeit dieses Vorschlags. Das einzige, was er zustande brachte, war ein fassungsloses Kopfschütteln. Luban gab ein Geräusch des Missfallens von sich und bevor der junge Prinz reagieren konnte, bekam er die verhasste Halsfessel umgelegt. „Ausziehen!“, befahl der Naralfir dann und als er die Weigerung in Saladirs Blick erkannte, fügte er nur hinzu: „Glaubt mir, Ihr wollt nicht, dass ich Gewalt anwende...“ Ein Schlag in die Magengrube ließ ihn vornüber kippen, und Luban nutzte die Gelegenheit, ihm das Leinenhemd über den Kopf zu ziehen, um es mit einer unwirschen Bewegung zur Seite zu werfen. Er griff in Saladirs Haare und zerrte ihn zur Wand, wo er die Fessel ähnlich wie Azul befestigte. Saladirs Arme wurden gespreizt und in Ketten gelegt, ebenso seine Beine. Erst dann verschwand eine von Lubans Händen in einer Tasche seiner Hose und brachte ein Stück Stoff sowie eine kleine rote Phiole zum Vorschein. „Ich werde dafür sorgen, dass Ihr Azul gehorchen werdet“, murmelte der Herzog und kippte den Inhalt des kleinen Glasfläschchens über Saladirs Schulter, bevor er ihn mit dem Stofftuch überall auf dessen nackten Körper verteilte. Dem Gefesselten war, als würde er mit flüssigem Feuer übergossen. Saladir biss sich die Lippen blutig, um nicht vor Schmerz zu schreien. Sein Körper zuckte und bäumte sich auf, doch Luban fuhr unbeeindruckt mit seiner Aufgabe fort. Als er fertig war, hatte er sogar das Geschlecht des Lythari und dessen hintere Körperöffnung mit der Teufelsflüssigkeit eingerieben und blickte nun das Tuch an, als hätte es ihm mit Tollwut in die Hand gebissen. „Ich werde es auf mich nehmen, diese Prozedur jeden Tag zu wiederholen, bis sich eine Besserung in Eurem Verhalten abzeichnet“, erklärte Luban. „Diese Mischung aus Bitterbeere und Rettichöl wird Euch selbst einen Lufthauch wie den Atem eines Drachen spüren lassen, aber keine körperlichen Spuren hinterlassen... Wie es nach dieser Zeit allerdings um Euren Verstand bestellt sein wird, kann ich nicht sagen.“ „Ihr seid ein Ungeheuer!“, keuchte Saladir, dem der Schmerz die Tränen in die Augen trieb. „Ich tue, was nötig ist, um meine Ziele zu erreichen, Königliche Hoheit. Und dafür werdet Ihr mir Dank zollen, das verspreche ich Euch.“ Der junge Prinz konnte darüber nur den Kopf schütteln, was eine weitere Schmerzwelle über ihn hinwegbranden ließ. „Ob ich mir damit allerdings die Mühe machen sollte?“, murmelte der Herzog halblaut und tippte mit dem ölgetränkten Lappen gegen Saladirs Geschlecht, woraufhin dieser schmerzerfüllt aufschrie. „So wie ich Azul einschätze, habt Ihr keinerlei Verwendung mehr dafür. Also könnte man es eigentlich einfach abschneiden...“ Dem jungen Prinz entfuhr ein schockiertes Wimmern. Was wollten sie ihm hier noch alles antun? War es nicht genug, dass sie ihn zum Spielzeug machten und ihm seine Würde raubten? Wollten sie in jetzt auch noch kastrieren? Angst überzog seinen Körper mit einer Gänsehaut, und sein eigener Schweiß fühlte sich an wie kochendes Wasser. Es kostete Saladir unendlich viel Mühe, sich nicht die Seele aus dem Leib zu schreien, sondern stillzuhalten, in der Hoffnung, nicht alles noch zu verschlimmern. „Andererseits wäre es ärgerlich, wenn Ihr dabei verbluten würdet“, fuhr Luban fort. „Man müsste die Wunde ausbrennen... und das gibt hässliche Narben, die nicht zum Rest Eures Porzellankörpers passen. Ach, Ihr seid so perfekt, dass es mich aggressiv macht...“  Mit diesen Worten drehte sich der Naralfir um und verließ die Zelle. Wieder allein versuchte Saladir, weder an die Worte Lubans zu denken, noch daran, wie sein Körper auf alles um ihn herum reagierte: Seine Füße schienen auf Nadeln zu stehen, und dieser Schmerz schoss bis in seinen Rücken, von wo er sich in alle Richtungen auszubreiten schien. Die gefesselte Position ließ nach einer Weile seine Arme taub werden und das daraus resultierende Kribbeln war, als würde  er von Feuerameisen überrannt. In kurzer Zeit tat dem Prinzen alles weh, auch Stellen, von denen er nicht gedacht hätte, dass sie solche Schmerzen verursachen konnten. Sein Gesicht brannte, weil die Luft, die er ausatmete, an seiner Nase vorbeiströmte. Sein Brustkorb war mit Schweiß bedeckt, der erkaltete und dadurch wie ein Stück Eis wirkte, das man ihm auf die nackte Haut legte. Sein Unterleib wurde zu einer schmerzhaft pulsierenden Masse, die zu brodeln und zu kochen schien, als würde er bei lebendigem Leibe verbrannt und gleichzeitig von unzähligen Nadeln durchbohrt. Jedes Gefühl, jede noch so kleine Bewegung verschwand in einer Spirale aus Schmerz, die den Prinzen immer tiefer mit sich zog, bis es weder Hunger noch Durst, weder Azul noch Luban gab. Nur Feuer, Schmerz und Qual. Irgendwann schrie Saladir. Niemand kam. Er weinte, bettelte und flehte schließlich. Doch er war allein. Irgendwann wurde es Nacht um ihn. Eine Ohnmacht hatte gnädig ihren Mantel um den jungen Lythari gelegt und gönnte ihm eine Pause von seinem Martyrium... Ein Schwall eiskaltes Wasser weckte ihn einige Zeit später und als der Prinz die Augen öffnete, erblickte er Luban. Er wollte zurückweichen und zerrte dabei an seinen Ketten, wollte etwas sagen... doch seine Kehle war heiser vom Schreien. „Wollen wir weitermachen?“, fragte Luban schließlich, nachdem Saladir ihn nur mit bis zum Hals klopfendem Herzen ansah und statt einer Antwort nur mit dem Kopf schütteln konnte. Luban lachte nur. Erneut holte er eine Phiole aus seiner Tasche und verteilte ihren Inhalt auf Saladirs Haut. Die Schmerzensschreie des jungen Prinzen blieben stumm. „Ich weiß, Ihr wollt, dass ich aufhöre, aber ich kenne den Starrsinn der Lythari.“ Luban öffnete die Kerkertür. „Euer Vater musste auch erst überzeugt werden.“ Saladir hätte zu gerne gewusst, was Luban damit meinte, aber der Schmerz überwältigte ihn erneut und verzweifelt riss er an seinen Ketten. Aber bis auf aufgescheuerte Handgelenke hatte er keinen Erfolg. Tränen tauchten sein Gesicht in ihre Nässe und brannten... Gelegentlich umfing den Gequälten wieder die Ohnmacht, wenn er wach war, umfing ihn der Schmerz. Niemals hätte sich Saladir träumen lassen, dass ihn etwas so in Furcht versetzen könnte, wie die regelmäßigen Besuche Lubans. Es schienen endlos viele Tage zu vergehen, bis er kam, ihm mit einem nassen Tuch das Gesicht abwischte und so aus einer weiteren Ohnmacht weckte. Er löste die Fesseln, und der junge Prinz fiel kraftlos in seine Arme. Frisches Wasser rann lindernd seine Kehle hinunter. Stumm und bewegungslos ließ er es über sich ergehen, wie Luban ihn am ganzen Körper und mit angewidertem Gesicht mit dem Lappen abwusch. Welche neue Folter erwartete ihn nun? „Azul wird Euch heute aufsuchen, also solltet Ihr Euch ein wenig herrichten“, erklärte er, als hätte er Saladirs Gedanken gelesen. „Sicherlich wollt Ihr auch etwas essen und trinken.“ Mühsam wandte der junge Prinz seinen Kopf zur Seite und erblickte einen Wasserkrug, eine dampfende Schüssel Suppe und etwas Brot auf einem hölzernen Tablett neben sich. Frisches, weißes Brot. Wann hatte er das letzte Mal solch einen Luxus genießen dürfen? Als Luban fertig war, verließ er den Kerker wieder, und der Gequälte richtete sich mühsam auf. Langsam aß er die Suppe und kaute vorsichtig das weiche Brot... und spürte bald, wie seine Lebensgeister wieder zurückkehrten. Aber sein Magen rebellierte, als er Stiefelschritte näherkommen hörte, und er übergab sich hastig in seinen Eimer. Niemand kam, und Saladir schalt sich innerlich als Schwächling, der er geworden war. Es konnte nicht sein, dass er zu dem wurde, was Azul in ihm sah! Wütend starrte er auf den stinkenden Brei, der seit Tagen nicht ausgeschüttet worden war. Die Suppe war dickflüssig und scharf, fade im Geschmack und von einer schmutzig grauen Farbe... aber das Brot war ein weicher Traum gewesen, um den es Saladir wirklich Leid tat. Danach saß Saladir träge an die Wand gelehnt und fiel in einen angenehmen Halbschlaf, zufrieden über das Leinenhemd, das ihm wieder einen Hauch Würde verlieh und die Abwesenheit dieser überwältigenden Schmerzen, die selbst Azuls Gewalt wie Zärtlichkeit wirken ließen. Gerade, als er kurz davor war, wirklich einzuschlafen, klirrten Schlüssel im Schloss. Hektisch kauerte sich der junge Lythari zu einem Bündel zusammen, als Azul auch schon eintrat. War er schon immer so groß gewesen, dass er sich ducken musste, um sich nicht den Kopf am Türrahmen zu stoßen? „Guten Abend, kleine Blume.“ Die verhasste Anrede ließ den jungen Lythari das Gesicht verziehen noch bevor er es merkte, und Azul brach in Gelächter aus. Amüsiert hockte er sich vor den jungen Prinzen und musterte ihn prüfend, plötzlich mit einem misstrauischen Ausdruck im Gesicht. „Lass das“, flüsterte Saladir – zu mehr nicht imstande. „Findest du mich so schlimm?“ „Nimmst du irgendwelche Rauschmittel, oder ist das dein Ernst? Du bist furchtbar – und das weißt du!“ Azul strich mit dem Finger über Saladirs Wange, und der junge Prinz zuckte unter der Berührung schmerzhaft zusammen. Das Öl abzuwaschen bedurfte offenbar mehr als eines feuchten Lappens. „Etwas stimmt nicht“, stellte Azul dunkel fest, und Saladir überlegte, ob er ihm erzählen sollte, was Luban getan hatte. Für seine Würde entschied er sich jedoch dagegen. Dass er nicht sprechen, sondern nur flüstern und krächzen konnte, war schlimm genug. Seine geschundenen Handgelenke verbarg er in den Falten des Leinenhemds. Doch seinem Gegenüber entging nichts, stellte Saladir fest, als Azuls Zeigefinger die pochende Vene fand, die den Herzschlag verriet. „Da du nichts mehr besitzt außer deinem Leben, wäre ich vorsichtig, wen ich gegen mich aufbringe.“ Wie als unausgesprochene Drohung verweilte der Finger an Saladirs Hals. „Wer war noch hier, außer mir?“ In Gedanken an Tradui und Bikur wechselte Saladir das Thema. „Kannst du nicht einfach an deinem riesigen Ego ersticken?“, zischte er. Azul ließ wieder sein wölfisches Grinsen aufblitzen, das zu ihm zu gehören schien wie seine roten Augen und nahm seine Hand wieder fort. „Ich bin sicher, dein Vater und dein Bruder sind genauso. Selbstvertrauen ist unerlässlich für einen Herrscher. Oder sollte ich mich etwa von meinen Untergebenen so manipulieren lassen wie von dir?“ „Mein Vater und mein Bruder sind bescheidene, gerechte Männer!“ „Bei dir vielleicht“, gab Azul ruhig zurück. „Aber auch sie kann man manipulieren, wenn man weiß, wie. Genauso wie du mich.“ „Wann soll ich das denn mal gemacht haben?“ „Ich behalte meine Geheimnisse für mich. Sollte ich dir denn tatsächlich so viel Macht in die Hände legen?“ Der junge Prinz runzelte die Stirn und blinzelte, als sich Kopfschmerzen ankündigten. Er hatte vergessen, wie anstrengend diese Gespräche waren. „Ich bin doch jemand, der nur noch lebt, damit du deinen Spaß hast!“ „Du gibst also zu, dass du mir gehörst?“ In Azuls Augen blitzte Triumph auf, doch Saladir schüttelte der Kopf. „Ich gebe gar nichts zu. Wer will denn schon ausgerechnet dir gehören?“ Azuls Ausdruck wurde verschlagen. „Es gibt neben Luban auch andere, die Interesse an dir bekundet haben.“ Schlagartig wurde es dem Lythari eiskalt. Brechreiz stieg in ihm auf, und er hielt sich hastig die Hand vor den Mund. Der König war das Hauptproblem, wenn Saladir über seine Situation nachdachte. Der Herzog verschärfte das Problem nur, denn er schürte absichtlich eine Eifersucht, die sowohl ihn als auch Saladir das Leben kosten konnte. Luban pokerte ziemlich hoch... „Welchen Nutzen hast du davon, mich hierzubehalten?“, versuchte Saladir es ein weiteres Mal, als er wieder ohne zu würgen sprechen konnte. „Ich werde mich dir sicher nicht unterordnen, und auch dein Hofstaat und dein Volk sind ebenfalls nicht glücklich damit, dass ich hier bin.“ Azul stand auf und als er sprach, klang seine Stimme kalt und schneidend. „Mein Volk überlasse mir. Das Einzige, worum du dich kümmern solltest, ist dein Überleben hier und mich deshalb bei Laune zu halten. Ich habe bereits einen König getötet, auf einen Prinzen kommt es nicht weiter an.“ Saladir ballte seine versteckten Hände zu Fäusten und kämpfte sich ebenfalls auf die Füße. „Ich fürchte den Tod nicht“, erklärte er fest und zwang sich, in Azuls Augen zu blicken. „Das bedeutet nur, dass du ihm noch nie nahe gewesen bist. Jeder, der ihm einmal von der Schippe gesprungen ist, schätzt das Leben. Egal, wie erbärmlich es scheinen mag.“ Wieder sagte Azul etwas, wodurch Saladir den Eindruck gewann, dass etwas mit diesem Mann nicht stimmte. Der Naralfir hatte manchmal Ansichten, die auf seltsame Weise sehr vernünftig klangen und ihn sehr an die Gespräche mit seinem Vater erinnerten, dessen Weisheit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war. „Willst du jetzt mit mir über den Tod philosophieren?“, fragte er zynisch. „Ich genieße die Gespräche mit dir. Draußen herrschen Gier, Neid und Intrigen. Aber in dieser Zelle... sind Stille und Frieden. Manchmal würde ich wirklich gern mit dir tauschen.“ „Begleite mich in meine Heimat, und wir stecken dich in die tiefste Zelle, die wir finden können. Ganz nach Deinem Wunsch.“ Azul brach wieder in Gelächter aus, diesmal so sehr, dass es ihn schüttelte und in den Gewölben widerhallte. „Und meine Blume führt das Heer gegen die Naralfir, die dann als Invasoren kommen? Du weißt wirklich, wie du mich amüsierst. Eines verspreche ich dir: Dein Vater und dein Bruder werden ihren Soldaten nicht beim Sterben zusehen.“ Wieder beleidigte dieser Mann seine Rasse, seine Ehre und seine Familie. Aufgebracht ging Saladir zu seinem Eimer, und bevor er wusste, was er tat, warf er mit diesem nach Azul. Der wehrte das Geschoss ab, indem er es zertrümmerte... doch der stinkende Inhalt ergoss sich über den König. Kapitel 7: Die Wahl zwischen zwei Übeln --------------------------------------- Der nächste Schlag des Königs traf Saladirs Wange – so heftig, dass es dessen Kopf zur Seite schlug und der junge Lythari ein Knacken in seinem Kiefer hörte. Die Wucht ließ ihn sich einmal um die eigene Achse drehen, bevor er gegen die Wand der kleinen Zelle taumelte. Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen hob er die Hand an die schmerzende Wange und starrte den Mann vor sich an, dessen Augen ihn fixierten, als wollten sie ihn verbrennen. Es war ein Blick, der Saladir alles andere vergessen ließ – den Schmerz in seinem Kiefer, seinen Zorn, der sich angesichts des Bevorstehenden in Luft auflöste – und der seinen Verstand mit nur einem Gedanken überflutete: Azul wird dich mit bloßen Händen in der Luft zerreißen, wie das Herz von Bikur... Als die Hand ein zweites Mal auf ihn zuschoss, kniff der blauhaarige Elf die Augen zu und krümmte sich zusammen. Doch nichts davon geschah. Azul packte ihn am Genick und zerrte den Ängstlichen hinter sich her zur Tür. Der Fackelschein von draußen blendete Saladir, doch schon gleich darauf schabte Stein über Stein. Der König der Naralfir lenkte seinen Gefangenen durch scheinbar endlose, gleich aussehende Gänge, die so dunkel und gewunden waren, dass Saladir sich fragte, wie Azul darin nicht die Orientierung verlor. Mehrfach stolperte der junge Prinz in dieser ungastlichen Schwärze wenn es Treppen gab, die er hinaufsteigen musste... doch Azuls Griff in seinem Nacken verhinderte, dass er fiel. Wohin würde der König ihn jetzt bringen? Zu einem Schafott? Was hatte er vor? Saladirs Vorstellungskraft ließ ihn angesichts des erwarteten Grauens im Stich. Plötzlich roch es nicht mehr nur nach Stein und Feuchtigkeit, sondern nach frischer Luft... in die sich der Duft von Wildblumen mischte. Auf eine Bewegung von Azuls linkem Arm hin verschob sich ein Teil der steinernen Wand vor ihnen, so dass Licht durch eine Öffnung auf den Gang brach. Geblendet hielt Saladir eine Hand vor seine Augen, während ihm ein erstauntes Keuchen entfuhr. Doch Azul ließ ihm keine Zeit sich zu wundern, sondern öffnete eine weitere Tür und stieß ihn in einen ihm unbekannten Raum: Das Vorzimmer zu einem Bad. Als der junge Prinz sich an das Licht gewöhnt hatte, erkannte er eine Handpumpe und Hocker aus dunklem, stark gemasertem Holz. Gegenüber davon, unter einem Fenster, stand eine kleine Kommode aus dem gleichen Holz, auf der verschiedene Tiegel und Flakons angeordnet waren. Direkt daneben lag ein Stapel weich aussehender Handtücher auf einem weiteren Hocker. Der Raum selbst war sehr klein – kaum größer als Saladirs Zelle – doch eine weitere Tür offenbarte einen Blick in ein prächtiges Badezimmer. Marmor verkleidete in beiden Räumen Wände und Boden und während der eine sehr schlicht wirkte – von seinen edlen Baumaterialien einmal abgesehen – konnte Saladir bereits durch den Türspalt sehen, dass in einer prächtigen Badewanne aus Marmor ein heißes Bad eingelassen war. Von dort kam der Duft von Wildblumen, von Klatschmohn und Kornblumen, Mhyrra und Seidenkraut. Es war wie ein Traum. Ein nasser Lappen traf Saladirs Wange und holte ihn kalt und nass in die Gegenwart zurück. „Ausziehen.“ Der junge Lythari blickte den König der Naralfir verwirrt an, der regungslos dastand und ihn scheinbar nicht aus den Augen gelassen hatte. Mit zitternden Händen gehorchte er und wollte sich Ugruis Mantel von den Schultern streifen... „Nicht dich. Mich.“ Die kalte, ruhige Stimme ließ keinen Widerspruch zu. Langsam näherte Saladir sich dem Naralfir und öffnete langsam die Knöpfe von Azuls schwarzem Oberteil, das wie ein samtener Mantel ein blutrotes Hemd verborgen hatte. Die Flüssigkeiten aus dem Eimer waren aus den langen violetten Haaren Azuls bis auf dessen Kleidung geflossen, wo sie die edlen Stoffe durchtränkt hatten. Der Gestank war so erbärmlich und gleichzeitig so aufdringlich, als wollte er sich in der Nase aller festsetzen und nie wieder verschwinden. Saladir schien es, als wollte er durch seine Haut in ihn eindringen und mit seiner Jauche sein Innerstes verseuchen. Der junge Lythari fragte sich, wie sein Gegenüber dabei so unbeeindruckt bleiben konnte, während er sich mit jedem Atemzug zu übergeben fürchtete. Beide Oberteile fielen raschelnd zu Boden, wo Azul sie mit einem schnellen Fußtritt beiseite schleuderte. „Weiter.“ Saladir blickte ihn fragend an, als Azul sich auch schon auf den freien Hocker setzte und ihm den rechten Fuß entgegenstreckte. Er gehorchte, und so landeten schwere dunkelbraune Lederstiefel auf dem Stoffhaufen. Der König erhob sich wieder. „Den Rest auch noch, kleiner Dieb.“ Als ob er ihn im nächsten Moment wie eine wütende Giftschlange anspringen würde, griff Saladir nach Azuls Hosenbund, die silbergrauen Augen fest zugekniffen, das Gesicht abgewandt. Vor Angst und Anspannung zitterten seine Hände so heftig, dass er Mühe hatte, die Schnüre und Haken zu lösen, die das Kleidungstück an seinem Platz hielten. Seine Wangen brannten vor Scham, als er sich hinhocken musste, um Azul das schwarze Leder die Beine entlang nach unten zu streifen. Als er fertig war, setzte der Naralfir sich wieder auf den Hocker. Saladir runzelte die Stirn: Was kam jetzt? Als hätte er seine Gedanken erraten, trat ein verschlagener Ausdruck in Azuls Gesicht. „Handarbeit, kleiner Dieb. Niemand überschüttet mich mit kaltem Wasser.“ Der junge Prinz biss sich auf die Lippen. Er sollte diesen Mann waschen? Überall, wie ein Sklave? Niemals! Was würde wohl geschehen, wenn er der Aufforderung kein Gehör schenkte? Noch während Saladir dieser Frage nachhing, ließ ihn ein Knall direkt neben ihm zusammenfahren. Azul hatte mit einer kleinen, hölzernen Schale nach ihm geworfen, die seinen Kopf nur um Zentimeter verfehlt hatte und an der Wand zerschellt war. Zwischen den Holzteilen lag ein Stück Seife. Eine Weigerung war wohl keine gute Idee... Saladir hastete ins Nebenzimmer zur Badewanne und füllte den leeren Eimer mit warmem Wasser, den er mühsam in das kleine Zimmer zurückschleppte. Noch bevor Azul etwas sagen konnte, griff er nach einem der sauberen Tücher und begann mit vorsichtigen Strichen, die stinkende Brühe von ihm abzuwaschen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, und auch das nasse Tuch lag schließlich auf dem stinkenden Kleiderhaufen. Azul erhob sich und öffnete das kleine Fenster über der Kommode, bevor einer seiner Feuerbälle das stinkende Bündel in Asche verwandelte. Der Rauch brannte in Saladirs Augen, zog jedoch schnell ab. Unschlüssig, was als nächstes passieren sollte, beobachtete ihn der junge Prinz. Mit einer Selbstverständlichkeit, die er bisher nur an Azul gesehen hatte und die durch dessen Nacktheit sogar eher betont als gemindert wurde, nahm der König der Naralfir den leeren Wassereimer, spülte ihn aus und füllte ihn an der Handpumpe höchstpersönlich mit neuem Wasser. Saladir beobachtete das Spiel der Muskeln unter der gebräunten Haut und fragte sich, welche Mühen und Kämpfe sie gestählt hatten... und woher die Narben auf Azuls Rücken kamen. Einige sahen wie Brandwunden aus, verteilt überall auf der Haut, doch am unteren Rücken waren weiße Linien, die sehr alt aussahen. Kurz überlegte er, Azul zu fragen, woher diese Verletzungen stammten – doch als dieser grinsend mit dem Wassereimer auf ihn zu kam, entschied er sich dagegen. „Runter mit dem Hemd.“ „Was? Nein!“ „Das war keine Bitte.“ Azul hob den Wassereimer und goss ihn ohne weiteres Federlesen über Saladir aus. Dann ging er zurück und füllte den Eimer ein weiteres Mal. Der blauhaarige Elf kämpfte sich hastig aus dem nassen Leinenhemd und funkelte Azul wütend an. Dann kam der zweite Schwall, wieder direkt über seinen Kopf. Prustend wischte sich der junge Prinz das Wasser vom Gesicht. „Du stinkst immer noch furchtbar. Von wem hast du "Nachtfolter" bekommen?“ Saladir starrte Azul mit offenem Mund an. Woher wusste der das schon wieder? Ihm selbst war nicht aufgefallen, dass Lubans Foltermittel einen so intensiv anhaftenden Geruch hatte, dass er durch einfaches Waschen nicht zu entfernen war. „Dachtest du, mir wäre dein plötzlicher Gehorsam nicht aufgefallen, als du mich eben ausziehen solltest? Du hast ein schlechtes Gewissen, also: Wer war bei dir?“ Saladir konnte nicht antworten. Lubans zufrieden lächelndes Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf und gleichzeitig die Erinnerung an die unvorstellbaren Schmerzen, die er durch ihn erfahren hatte. Würde es Sinn machen, den Herzog an Azul zu verraten – oder zerstörte er damit jede Chance auf ein Entkommen? „Antworte!“ Saladirs Gedanken drehten sich im Kreis. Was sollte er sagen? Was würde passieren, wenn er sich entschied? Einen von zwei sehr mächtigen Naralfir würde er sich mit seiner Antwort zum Feind machen... „Du würdest mir sowieso nicht glauben. Was sollte es mir also bringen, dir zu antworten?“ „Das zu entscheiden, überlass' mir.“ Azul packte Saladir an den Schultern und schüttelte ihn. „Also? Wer war es?“ „Fass' mich nicht an!“, rief der junge Lythari panisch und gab Azul einen heftigen Stoß gegen die Brust. Dieser stieß ein gereiztes Schnauben aus und warf sich den Lythari über die Schulter. Ohne dessen Zappeln zu beachten ging er in das angrenzende Badezimmer und stieg in das duftende Wasser in der Wanne. Erst als er saß, ließ er sein unwilliges Päckchen ebenfalls ins Wasser gleiten. Saladir biss die Zähne zusammen, als er so wieder viel zu eng mit dem Körper dieses Mannes in Berührung kam. Hastig rutschte er an das entgegengesetzte Ende, um möglichst viel Abstand zwischen sie zu bringen, zog die Knie unter das Kinn und umschlang sie mit den Armen. „Wasch' dir das Zeug ab“, befahl Azul und lehnte sich zurück. Saladir holte tief Luft, ehe er untertauchte und die Wärme ihn umfing wie ein Kokon. Als er wieder auftauchte, fiel ihm das Grinsen auf den Lippen des Naralfir auf. Er biss sich wieder auf die Lippen und atmete einige Male tief durch. „Darf ich die Seife haben?“ Azul reichte ihm wortlos das Gewünschte, und Saladir war froh, nach so langer Zeit endlich die Möglichkeit zu haben, das Vogelnest zu waschen, zu dem seine Haare geworden waren. Fast hätte er gelächelt, als ihm der weiche Schaum den Nacken hinunterlief – doch dann sah er, wie ihn sein Gegenüber mit einem zufriedenen Grinsen beobachtete und kniff die Lippen zusammen. Er nahm die Seife und schäumte sie zwischen den Händen auf, kroch umständlich auf seine Knie und drehte Azul den Rücken zu, bevor er sich überall einseifte. Das Mandelöl in der Seife machte seine Haut weich, wie er überrascht feststellte, während ihm der sanfte Geruch in die Nase stieg. Saladir erstaunte es, wie sich etwas so einfaches wie ein Bad mit warmem Wasser und Seife wie unermesslicher Luxus anfühlen konnte. War er wirklich so verwöhnt gewesen, wie der Mann ihm gegenüber es ihm immer unterstellt hatte? Der Gedanke, wieder in sein stinkendes Loch zurückkehren zu müssen, bereitete ihm plötzlich großes Unbehagen. Als er fertig war und sich einmal komplett untergetaucht hatte, drehte der Lythari sich wieder um und beobachtete den Naralfir mit einer Mischung aus Unsicherheit, Angst und Trotz. Was hatte der König jetzt vor? „Und jetzt sag' mir, wer dich mit der Brühe übergossen hat“, verlangte Azul ruhig. Zu ruhig und mit einer Kälte in der Stimme, die Saladir frösteln ließ, trotz des heißen Wassers. Saladir schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht...“, sagte er. „Natürlich kannst du. Es ist ganz einfach. Ich will nur ein Wort: Einen Namen.“ Azuls Stimme wurde, wenn das möglich war, noch ruhiger und kälter. Mit einer schnellen Bewegung griff er nach dem angezogenen Knöchel des Lythari und zerrte diesen zu sich. Saladir verlor den Halt und kippte mit einem Aufschrei nach hinten um, doch kaum, dass er wieder aufrechtsaß, starrte er hustend und würgend vom verschluckten Wasser in Augen, in denen Wut ein Gühen entzündet hatte. Im nächsten Moment spürte Saladir eine Hand um seinen Hals, die ihn erneut unter Wasser drückte. „Bist du sicher, dass du nicht antworten kannst?“, fragte Azul, nachdem er den Kopf seines Gefangenen wieder an die Luft gezogen hatte, um diesem einen kurzen Atemzug zu ermöglichen. Saladir kam gar nicht dazu, ein weiteres Mal den Kopf zu schütteln, schon war er wieder unter Wasser. Das, was ihm vor Augenblicken noch wie eine Erlösung von seinen Qualen erschienen war, wurde nun eine weitere perfide Falle. Er zappelte und schlug um sich, doch seine Hände trafen ins Leere, bevor sie sich am Rand der Wanne festkrallten. Dass er um sich trat, führte schließlich nur dazu, dass Azul sich ein weiteres Mal über ihn beugte... genau zwischen seine Beine. Der Naralfir war hart, stellte Saladir beiläufig fest, als er einmal mehr atmen durfte, doch schon schlug wieder Badewasser über ihm zusammen. Wie lange Azul das tat und wie oft, vergaß Saladir zu zählen, doch irgendwann hatte er keine Kraft mehr. Nicht zum Atmen, nicht zum Schreien oder zum Denken. Seine Hände umklammerten Azuls Schultern, seine Beine dessen Hüften... einfach, um nicht mehr Wasser schlucken zu müssen, das er schwallweise wieder erbrach, mit jedem Luftzug, den sich sein zitternder Körper im puren Überlebensinstinkt in die Lunge zwang. „Wer hat dir "Nachtfolter" gegeben?“ Saladir hörte die Frage kaum und hustete nur. Sein Hals schmerzte inzwischen wieder, seine Brust brannte und beinahe wäre es dem jungen Prinzen lieber gewesen, wenn er nicht aus seinem Gefängnis gekommen wäre. Beinahe. Als Azul sich bewegte, fürchtete Saladir, erneut ertränkt zu werden und klammerte sich noch fester an ihn. Es war egal: Luban oder Azul, einer von beiden würde ihn umbringen, soviel stand fest. Und es würde kein sanfter Tod sein. Aber Luban würde ihn vermutlich vorher noch in den Wahnsinn treiben. „Du kannst mir drohen, so viel wie du willst, Azul“, flüsterte Saladir schließlich heiser, mehr zu sich selbst, als an den Naralfir gerichtet. „Du kannst mich nicht vor allen Naralfir beschützen, das hast du selbst gesagt. Ich werde sowieso elendig hier sterben, das habe ich jetzt begriffen.“ „Dann sag' mir, was ich hören will: Sag' dass du mir gehörst.“ Azuls Stimme war sanft geworden und fast wäre es ihm gelungen, den Lythari in die Arme zu schließen. Doch dieser wich an das gegenüberliegenede Ende der Badewanne zurück, einen verzweifelten Ausdruck im Gesicht. „Aber verstehst du es denn nicht?“, schrie er rau. „Ich gehöre dir doch schon längst! Ich bin vollkommen von dir und deiner Laune abhängig! Wenn du mich nicht mehr willst, werde ich hier sterben!“ Für einen Moment sah man Überraschung über das Gesicht des Königs der Naralfir huschen, bevor ein Klopfen die Stimmung unterbrach. Azul erhob sich und ging in das kleine Vorzimmer, wo Saladir hören konnte, wie er sich mit gedämpfter Stimme unterhielt. Sie kam ihm vage bekannt vor: Der Heiler? Nur allzu schnell kehrte Azul zurück, nun in einen Bademantel gehüllt und einem kühlen, undurchdringlichen Ausdruck auf dem Gesicht. „Meine Gäste sind eingetroffen und verlangen meine Aufmerksamkeit“, verkündete er. „Du wirst dich ankleiden und dann ebenfalls im Speisesaal einfinden. Haruim wird dir dabei helfen. Wende dich an ihn, er weiß Bescheid.“ Mit diesen Worten drehte Azul sich um und verließ den Raum. Es erklang das Rascheln von Kleidung, und Saladir sank fassungslos ins Wasser zurück. So traf ihn Haruim später an, als er nach einem Klopfen den Raum betrat und sein besorgter Gesichtsausdruck dem liebevollsten Lächeln Platz machte, was der junge Lythari seit langer Zeit gesehen hatte. „Es freut mich zu sehen, dass Ihr wohlauf seid, Euer Hoheit“, begrüßte er Saladir und entfaltete ein schneeweißes Handtuch. „Kommt mit mir, damit wir Euch für die Abendveranstaltung herrichten können.“ Noch immer völlig verblüfft von der Wendung, die diese Situation genommen hatte, kam Saladir der Bitte stumm nach. Haruim wickelte ihn in das Handtuch und führte ihn aus dem Bad durch eine weitere Nebentür des Vorraums in ein kleines, aber luxuriös eingerichtetes Zimmer. Die Pracht verschlug dem Prinzen den Atem: Goldene Verziehrungen an den Wänden, edelster Marmor auf dem Boden und eine riesige Fensterfront, die in einen sonnenbeschienenen Garten hinausführte. Aufwändige Stuckschnitzererein ließen die Zimmerdecke wie ein Blumenmeer aussehen und flauschige Teppiche mit eingewebten Goldfäden dämpften das Geräusch der Schritte. Eine zierliche Couchgarnitur aus weiß lackiertem Holz lud zum Verweilen und Plaudern ein – doch das riesige runde Bett, das mit Abstand den meisten Platz im Zimmer einnahm und durch seine rotvioletten Kissen und Decken zweifellos als Blickfang dienen sollte, trieb Saladir die Schamesröte in die Wangen. Genau dorthin führte Haruim ihn nun und entfaltete ein weiteres Bündel glänzenden Stoffs, das auf dem Überzug gelegen hatte. Kopfschmuck wie ein Diadem aus weißen Diamanten, funkelnde Armereifen, eine Weste aus glänzendem Stoff und ein langer Rock aus dem gleichen Material kamen zum Vorschein. Frauenkleider... Saladir schüttlelte ungläubig den Kopf. „Das werde ich nicht anziehen.“ Haruim zeigte sich unbeeindruckt. „Oh doch, das werdet Ihr. Andernfalls habe ich den Auftrag, Euch nackt nach unten zu bringen.“ „Niemals.“ Haruim ergriff die linke Hand Saladirs und streifte erst den Ärmel der Weste, dann die Armreifen über dessen Handgelenke. „Ihr habt bereits erlebt, was passiert, wenn man den König verärgert. Warum wollt Ihr es unbedingt darauf anlegen?“ „Sich als Mann so herauszuputzen ist würdelos und demütigend.“ „Dann bevorzugt ihr jetzt doch Nacktheit? Meint ihr nicht, dass Eure lytharische Abstammung schon für genügend Aufsehen sorgen wird?“ Haruim griff nach Saladirs rechter Hand und schob ebenfalls Armereifen und Westenärmel darüber, gröber diesmal. „Was Ihr als Würde bezeichnet, hat hier keinen Wert. Ihr wart in Eurem Reich eine Respektsperson, aber es ist töricht, hier ebenfalls darauf zu beharren.“ „Wieso ist das töricht? Ich bin wirklich ein Prinz! Es ist nicht nur leeres Gerede oder eine Wahnvorstellung, falls du das glauben magst!“ Haruim fasste sich an die Stirn, als bekäme er Kopfschmerzen. Er holte tief Luft, dann sprach er ganz langsam, als erkläre er etwas einem Kind. „Prinz Saladir, vergesst, wo Ihr herkommt. Passt Euch an, wenn Ihr überleben wollt. Verärgert den König nicht und zieht an, was er Euch bringen ließ. Ihr habt bereits mehrfach gesehen und erlebt, wozu er fähig ist. Stellt ihn nicht weiter auf die Probe.“ „Aber...“ Haruim hockte sich vor ihn und stopfte Saladirs Füße in das Kleidungsstück, das dieser zuerst für einen Rock gehalten hatte – sich aber nun als eine weit geschnittene Hose offenbarte. Es war etwas Erniedrigendes in dieser Geste, doch Saladir erkannte auch, dass es wohl schlimmer war, Haruim für etwas büßen zu lassen, wofür dieser gar nichts konnte. „Kein "Aber". Wer überleben will, muss sich anpassen. Erst dann kann man darüber nachdenken, wie man es schafft, eine Situation zu seinen eigenen Gunsten zu verändern.“ „Ich soll mich also zum Lustknaben von Azul machen lassen?“, fauchte er, und Haruim schaute zur Seite, den Kiefer angespannt, als ob er nach Worten suchen müsste. „Es gibt Schlimmeres, als dem König zu dienen“, antwortete er schließlich dumpf. „Überall existieren Leute, die bereits kleinste Vergehen sehr hart bestrafen. Auch unter den Elfen gibt es jene, für die Schönheit nur existiert, damit sie diese zerstören können...“ Der Waldelf zitterte, während er sprach, und so fiel es ihm schwer, die Hose an Saladirs Hüften zurechtzuziehen. „Der König könnte seine Drohungen wahrmachen. Bisher war er nämlich ausgesprochen nett zu Euch.“ Das half. Saladir hatte nicht die geringste Lust herauszufinden, was Azul mit Wurzelgemüse anstellen konnte und nackt durch die Stadt geschleift und zur Schau gestellt zu werden, erinnerte ihn zu sehr an seine Ankunft. Wie ein Sack Mehl über dem Rücken des Kissards zu hängen, während eine Naralfirhorde ihn begaffte... nein. Dann doch lieber eine Pluderhose, denn womöglich hatte der Heiler Recht, und man sollte einen Naralfir nicht unnötig provozieren – auch wenn ausgerechnet ihm das scheinbar sehr leicht gelang. Viel zu leicht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)