With You, it's different von Yosephia ([Stingue-Week 2017]) ================================================================================ [Day 1] - About silly GAMES --------------------------- Auf Stings Smartphone prangte das Bild eines hochgewachsenen Mannes mit kupferfarbenen Haaren, die an eine Löwenmähne erinnerten. Die Gesichtszüge waren ebenmäßig, geradezu makellos, die Nase gerade und schmal, aber nicht so kurz, dass sie unter der blau getönten Sonnenbrille knubbelig gewirkt hätte. Das leicht spitz zulaufende Kinn war vollkommen glatt. Die Haltung des Mannes war lässig, aber doch beherrscht. Beinahe wirkte es wie eine Habachtstellung – als wäre der Mann jederzeit bereit, um zu zuschlagen. Während er mit der Hüfte am Geländer einer Treppe lehnte und mit seiner pinkhaarigen Begleiterin sprach, schien sein Blick prüfend über die Menschen um ihn herum zu gleiten. Marke Frauenheld. Die Sorte Mann, die für allerlei flüchtige Abenteuer und spielerische Flirts zu haben war, aber insgeheim wahrscheinlich einfach auf die Richtige wartete. Skeptisch wiegte Sting den Kopf hin und her, ehe er mit dem Daumen weiter zum nächsten Bild wischte. Dieses Mal war ein muskelbepackter Blondschopf mit Undercut zu sehen. Anhand der Hintergründe war zu erahnen, dass er locker einen Kopf größer als der Mann auf dem ersten Bild sein musste – und dank seiner massiven Schultern wahrscheinlich fast doppelt so breit. Seine Gesichtszüge waren kantiger, seine Nase hatte einen leichten Knick und seine dichten Augenbrauen waren eng zusammen gezogen, sein Blick düster und grüblerisch. Marke Einsamer Wolf. Die Sorte Mann, die ganz andere Probleme hatte, als nach einer Frau fürs Leben zu suchen. Als nächstes kam das Bild eines Schwarzhaarigen, der nicht so groß war wie der Blondschopf, aber unter der lässigen Kleidung beachtliche Muskeln erahnen ließ, die von einem ehrgeizigen Training zeugten. Sein Gesicht war breiter als das des ersten Mannes, aber nicht so kantig wie das des zweiten. Sein Blick war unverhohlen entnervt auf die Kamera gerichtet, während er störrisch die Händen in den Hosentaschen vergraben hatte. Marke Beziehungsmuffel. Die Sorte Mann, die in zehn Leben nicht zugeben würde, wenn sie Gefühle für eine Person hegte. Bei diesem letzten Bild schnaubte Sting leise. Sein Daumen tippte in die rechte untere Ecke des Displays, um in den Chat zurück zu kehren und einen Beitrag zu schreiben: Mit was hast du Gray bestochen, damit er still hält? XD Die Antwort kam beinahe sofort: Ein Zauberer verrät niemals seine Tricks :P Bevor Sting nachhaken konnte, tauchte eine weitere Nachricht seines Bruders auf: Dir fehlen noch 2! Dahinter tanzte ein Emoticon mit gehässigem Grinsen herum. „Na warte, Natsu!“, murmelte Sting und ließ sein Smartphone sinken, um seinen Blick durch die Mensa gleiten zu lassen. Wie immer zur Mittagszeit war es brechend voll in der Halle und auch dementsprechend laut. Gespräche, Gelächter, das Scharren von Stühlen und Tischen, das Klappern von Besteck auf billigen Tellern und das ständige Knallen der Türen an beiden Enden des Saals hallten dank der hohen Decke geradezu ohrenbetäubend wieder. Eben eine typische Universitätsmensa – und der Ort, der Sting ein ums andere Mal bewusst machte, dass er nicht mehr im beschaulichen Magnolia mit der knuddeligen Fairy High war, die gerade einmal eine kleine Cafeteria im Foyer besaß, sondern an der Sabertooth University der Millionenmetropole Crocus. Gut, streng genommen, gehörte er nicht zur Saber Uni – so wurde sie aus Coolness-/Faulheitsgründen von den Studenten genannt –, sondern zur Kunstakademie, die ihren eigenen Verwaltungsapparat und ein eigenes Gebäude samt naheliegenden Studentenwohnheim besaß, aber selbige befand sich auf dem Gelände der Universität und ihre Studenten bekamen in der Universitätsmensa denselben Rabatt wie die anderen Studierenden. Das hieß letztendlich, dass Sting zu diesem ganzen Studentenchaos dazu gehörte – inklusive der Teilnahme an Partys zu allen möglichen und unmöglichen Anlässen, Gedränge an allen wichtigen Orten, billigem Essen in Mensa und Cafeteria, Terminstress, strengen Dozenten, lästigem Papierkram, Büchern über Büchern… Sting liebte es! Auch wenn er vier Stunden Zugfahrt von seinen Vätern und seinen Brüdern entfernt war, er fühlte sich hier im lärmigen, vollen und immer aufregenden Crocus pudelwohl. Da war es ein kleines Opfer, dass er auf seine Noten achten musste, damit er sein Stipendium nicht verlor. Die Wenigsten trauten es ihm zu, aber es fiel ihm in den meisten Kursen ziemlich leicht, am Ball zu bleiben. Nicht umsonst hatte er sich für ein Studienfach entschieden, das er mit Leib und Seele liebte! „Spielst du schon wieder dieses komische Spiel?“ Stings Aufmerksamkeit wurde auf seine Tischgenossen gelenkt. Die Sprecherin saß zu seiner Rechten an der Längsseite und war Yukino Aguria, eine hübsche, junge Frau mit einem niedlichen, herzförmigen Gesicht, das von kurzen, weißen Haaren eingerahmt wurde. Ihre großen Augen waren schokoladenbraun und bedachten ihn gerade mit einem skeptischen Blick. Neben ihr saß Kagura, die trotz ihrer fraulichen Proportionen sehr viel robuster als die zart gebaute Yukino wirkte, was wohl den leichten Oberarmmuskeln zu verdanken war – ein Zeugnis ihres rigorosen Trainings seit dem Kleinkindalter. Ihre jetschwarzen Haare waren zu einem einfachen hohen Pferdeschwanz gebunden und ihre hellbraunen Augen musterten Sting mit einer ähnlichen Skepsis, wie ihre Kindheitsfreundin sie an den Tag legte. Den Beiden gegenüber an der anderen Längsseite des Tisches saßen die letzten beiden Letzten im Bunde: Lisley mit ihren dunkelbraunen, krausen Haaren und der sonnengebräunten Haut und der hünenhafte, muskelbepackte Orga mit der wilden, blaugrünen Mähne, die nur dürftig von einem schwarzen Bandana zurück gehalten wurde. Im Gegensatz zu ihren Freundinnen wirkte Lisley nur milde amüsiert und ihr Freund Orga grinste sogar unverhohlen. Das waren sie, Stings Freunde. Yukino hatte er bei einem Einführungsseminar kennen gelernt, das er besucht hatte, um auszuloten, was die „normalen“ Kunststudenten der Saber Uni lernten. Der Platz neben der schüchternen Lehramtsstudentin für Kunst und Fiore war frei gewesen und Sting hatte das auch gleich genutzt, um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Über sie hatte er später auch Kagura und Lisley – und eigentlich auch Arana, aber die Informatikstudentin steckte gerade noch in einer Referatsbesprechung fest – kennen gelernt. Orga hingegen hatte er bei einer Ersti-Party kennen gelernt, als sie irgendwie bei einem Turnier im Armdrücken aufeinander gestoßen waren – Sting hatte keine Chance gegen Orga gehabt, aber er hatte seine Niederlage mit Würde getragen und sich noch am selben Abend mit dem Sportstudenten angefreundet. „Das ist kein komisches Spiel!“, erklärte Sting inbrünstig und warf sich in die Brust. „Natsu und ich versuchen nur, Lucy zu helfen!“ Neben ihm gluckste Orga leise in sein Wasserglas hinein, Yukino jedoch runzelte immer noch die Stirn. „Ihr habt ein Spiel daraus gemacht, wer mehr potenzielle Partner für Lucy zusammentreiben kann, und ihr nehmt es nicht einmal mehr ernst. Lasst eure Cousine doch mal in Ruhe, sie hat sich doch gerade erst getrennt.“ „Wir nehmen das sehr wohl ernst!“, verteidigte Sting sich empört. „Und Lucy klang in ihren letzten Emails schrecklich frustriert. Wir versuchen nur, sie auf andere Gedanken zu bringen!“ „Indem du ihr ein Bild von jemanden schickst, der schon vergeben ist?“, warf Kagura ein und deutete mit dem Kinn in Orgas Richtung, der sich unbekümmert das große Stück in den Mund schob, das er von seinem Steak abgeschnitten hatte. „Ach, das ist doch nur, um so ein bisschen auszuloten, in welche Richtung ihr Geschmack geht“, wiegelte Sting ab. Eine leise Stimme in seinem Hinterkopf sagte ihm, dass es schon ein wenig albern war, was er und Natsu trieben, um ihre Cousine aufzumuntern, aber da sie nicht einmal mal eben so nach Vistarion fliegen konnten, um ihre dort studierende Cousine auf andere Gedanken zu bringen, versuchten sie es eben so. Lucy sollte ja schnell diesen Hampelmann Dan vergessen – dass der ein dummer Gockel gewesen war, hatte Sting schon an den Pärchenbildern gesehen, die Lucy ihnen immer geschickt hatte – und wieder fröhlich sein! „Außerdem hat Natsu auch geschummelt!“, schmollte Sting. „Er hat in der letzten Runde lauter Bilder von seinen Freunden in den Ring geworfen!“ „Dann nimm doch einfach Bilder von irgendjemandem hier“, lachte Orga. Lisley schlug ihm mahnend auf den Oberarm, aber ihre zuckenden Mundwinkel verrieten sie. „Gute Idee!“ Grinsend hob Sting sein Smartphone. Neben ihm blubberte Yukino verlegen vor sich hin, aber er streckte ihr nur kurz die Zunge heraus und schaltete die Kamerafunktion seines Mobiltelefons ein, ehe er es hin und her schwenkte auf der Suche nach einem guten Motiv. „Das könnte jemand falsch auffassen“, gab Kagura warnend zu Bedenken. „Wenn Sting nicht zu lange braucht, sieht es nur so aus, als würde er nach Empfang suchen“, erwiderte Lisley beruhigend. Die ersten Bilder, die Sting machte, waren ziemlich verschwommen, weil die jeweiligen Objekte die Dreistigkeit besaßen, sich genau dann zu bewegen, wenn Sting auf Auslösen drückte. Schließlich gelang Sting ein halbwegs gutes Bild eines Studenten mit fast kinnlangen, schmutzigblonden Haaren und Kinnbart, der sich an einem der Nachbartische abstützte und mit einem Freund redete. Triumphierend lud Sting das Bild gleich im Chat mit Natsu hoch, ehe er sich wieder auf die Suche nach einem weiteren Motiv machte. So schwer konnte das doch nicht sein, noch mal so ein Bild hinzukriegen, und wenn doch, könnte er nachher beim Portraitkurs einfach heimlich ein Foto vom Modell machen. Wenn Natsu sogar seinen besten Freund dazu zwang – anders konnte Sting es sich wirklich nicht erklären, warum Gray da mitgemacht hatte –, konnte Sting ja wohl auch zu solchen Mitteln grei- Mitten im Gedanken geriet Sting ins Stocken, als auf dem Kameradisplay seines Smartphones ein junger Mann auftauchte, der in Begleitung einiger Freunde und mit einem beladenen Tablett durch die Tischreihen ging und sich dabei anscheinend nach einem freien Tisch umsah. Er war in etwa so groß wie Sting, vielleicht ein paar Zentimeter größer. Seine Haut war blass, was in Verbindung mit seinen rabenschwarzen Haaren und den tiefroten Augen einen sehr ansprechenden Kontrast bildete. Die Haare waren zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und trotz des dunklen Pullovers war zu erkennen, dass der Student irgendein Training zu absolvieren schien. Unter dem Kleidungsstoff deuteten sich fein definierte Muskeln an. Über der linken Schulter baumelte der Riemen einer alten Ledermappe, die jedoch offensichtlich gut gepflegt wurde, auch wenn sie gerade ganz schön durchhing. Spontan würde Sting darauf tippen, dass der Schwarzhaarige irgendetwas studierte, bei dem man es ständig mit fetten Wälzern zu tun bekam. Wie gebannt beobachtete Sting durch sein Kameradisplay hindurch, wie der Schwarzhaarige kurz stehen blieb und sich an eine junge Frau mit langen, schwarzen Haaren an seiner Seite wandte. Seine Miene wirkte aller Kultiviertheit zum Trotz entnervt – dass er sich in der überfüllten Mensa nicht wohl fühlte, war unübersehbar. Seine Begleiterin zuckte den Schultern und ging einfach weiter. Sie war hübsch – soweit Sting, der im Alter von fünfzehn Jahren festgestellt hatte, dass er schwul war, das beurteilen konnte –, aber ihre Miene wirkte unerbittlich, als wäre sie zur Not auch bereit, jemanden zu vergraulen, um einen freien Tisch zu ergattern. Viel Beachtung schenkte Sting ihr allerdings nicht, denn sein Blick wurde schnell wieder von dem Schwarzhaarigen mit dem Pferdeschwanz angezogen, der seiner Freundin langsam folgte, die schmalen Lippen unwillig aufeinander gepresst und die Augenbrauen finster zusammen gezogen. Die Art, wie er sich bewegte, hatte etwas Fesselndes. Wie eine Raubkatze, immer aufmerksam, fast ein wenig misstrauisch, jeder Schritt genau bedacht, sich der gesamten Umgebung bewusst, der Gang kraftvoll und irgendwie elegant. Vielleicht stammten die Muskeln von irgendeiner Kampfkunst? Sting fragte sich, was das wohl für eine war. „Sting!“ Ein Kneifen an seinem rechten Oberarm ließ Sting verwirrt blinzelnd zu Yukino blicken, die sich nun fast schon peinlich berührt umsah, ob jemand sie beobachtete. „Hast du jetzt endlich ein Bild? Allmählich fällst du wirklich auf!“, zischelte sie. „Das ist…“ Stings Stimme erstarb, als er wieder auf sein Kameradisplay blickte und feststellte, dass der Schwarzhaarige nicht mehr darauf zu sehen war. Hektisch schwenkte er sein Smartphone hin und her, bis er auf die Idee kam, das Gerät einfach sinken zu lassen und sich so nach dem Studenten umzusehen. Seine Eingeweide verknoteten sich, als er ihn nicht entdecken konnte. Hatte er sich diesen verboten attraktiven Mann nur eingebildet? Aber wie könnte er? Das war ein völlig anderer Typ als Stings bisherige Partner. Er war einfach so… so perfekt. Wie einer der antiken Götter, deren Statuen Sting in einem Kurs mit Speckstein nachahmen sollte – nur noch viel besser! So einen Mann könnte Sting sich selbst in seinen kühnsten Träumen nicht ausdenken, denn so ein Mann war bis zum heutigen Tage definitiv über seine Vorstellungskraft hinaus gegangen! „Sting?“ Nur vage bemerkte der Blondschopf, dass Yukino mittlerweile eher besorgt als skeptisch oder verlegen klang, aber sein Blick irrte noch immer hin und her auf der Suche nach seinem Traummann. Und dann sah er wieder die Studentin mit den langen, schwarzen Haaren und dem knallharten Blick. Sie stand neben einem Tisch, von dem gerade ein paar ältere Semester mit ihren leeren Tabletts aufstanden. Während sie noch ein Auge darauf behielt, dass ihr keiner die frei werdenden Plätze vor der Nase weg schnappte, nahm sie eine Hand von ihrem beachtlich vollen Tablett – ehrlich, wie hatte sie so viel auf dieses Tablett gekriegt? – und hob sie, um kurz zu winken. Hoffnungsvoll folgte Sting ihrer Blickrichtung. Zuerst erkannte er einen schmal gebauten, jungen Mann mit langen, blonden Haaren und edlen Gesichtszügen, dann einen eher schlaksig wirkenden Mann mit sandbraunen Haaren und verschlossener Miene – und dann wieder ihn. Auf dem zweiten Blick sah er noch besser aus. Die Ponyfranse war etwas zu lang und verdeckte immer wieder das rechte Auge und von Wange zu Wange verlief über dem Nasenrücken eine feine Narbe. Seine Nase war - von einer kleinen Unebenheit durch die Narbe abgesehen – gerade. Unter den Augen deuteten sich Schatten an, die von zu langen Tagen mit zu vielen Hausaufgaben kündeten. Zwischen den zusammengezogenen Augenbrauen war eine kleine Falte zu erkennen. Sting wünschte sich, er könnte sein Skizzenbuch hervorholen und den Schwarzhaarigen zeichnen. Nein, noch viel lieber würde er ihn kennen lernen, aber wie konnte er mit ihm ins Gespräch kommen? Bestand auch nur die geringste Chance, dass es irgendeinen gemeinsamen Nenner gab? Ganz bestimmt ging der Andere nicht auf die Studentenpartys – ansonsten hätte Sting ihn doch schon bemerken müssen! – und gemeinsame Kurse hatten sie unter Garantie auch nicht. „Sting?!“ Dieses Mal versetzte Yukino ihm einen sanften Schlag auf den Oberarm. Ohne im Nachhinein selbst erklären zu können, was genau der Auslöser dafür war, hob Sting hastig wieder sein Smartphone, um ein Foto von dem Schwarzhaarigen zu machen – und noch während das Gerät das Bild speicherte, sprang Sting auf und stieß die freie Faust in die Luft, um lautstark zu jubeln, sodass die halbe Mensa, inklusive des soeben Fotografierten, sich nach ihm umdrehte: „Meiner!!!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)