Heißer Kaffee von demona1984 (Animexx - Adventskalender 2017) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Advent -------------------- Heißer Kaffee Leise vor sich hin fluchend, warf Severus die Tür hinter sich ins Schloss und lehnte sich dagegen. Er schloss für einen Moment die Augen um wieder klar denken zu können und dann konnte er sich darüber Gedanken machen wie diese Sache nur so hatte eskalieren können. Doch im ersten Moment kam er zu keinem Entschluss also beschloss er sich abzulenken. Entschlossen stieß er sich von der Tür ab und begab sich nach nebenan um die Aufsätze der Zweitklässler zu korrigieren. Doch er konnte sich nicht konzentrieren, die Worte ergaben noch weniger Sinn als sowieso schon. Er warf dem Aufsatz vor sich noch einen vernichtenden Blick zu, den dieser sehr erfolgreich ignorierte bevor er die Feder weg legte, das Tintenfass mit der roten Tinte verschloss und erneut seinen Sitzplatz wechseln wollte. Er kam nicht bis zum anvisierten Sofa sondern blieb am Kamin hängen, an den Bildern, die auf dem Sims darüber standen. Der angespannte Gesichtsausdruck verschwand als er die Hand ausstreckte und das erste Bild nahm. Ein einfaches Bild von sich, dem Lehrerkollegium und den zurückgekehrten Schülern, kurz nach der Wiedereröffnung Hogwarts. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, wer hätte ahnen können, dass es soweit kam? Wer hätte auch ahnen können, dass er den hinterhältigen Anschlag dieser verdammten Schlange überlebte? Den restlichen Kampf hatte er nicht mehr mitbekommen, er hatte in einer Art Delirium gelegen und war erst im St. Mungo wieder aufgewacht. Danach war alles so schnell und reibungslos gegangen, dass er sich heute noch wunderte, wie alles gelaufen war. Sein Name war rehabilitiert, sein Ruf wieder hergestellt und das schnelle Eingreifen der Heiler hatten ihn vor längerfristigen körperlichen Schäden bewahrt. Der Merlin-Orden war ihm verliehen worden, für besondere Verdienste und gleichzeitig die Bitte von Minerva, dass er wieder nach Hogwarts kam. Er hatte angenommen doch nicht als Schulleiter, er war zurück in die Kerker gegangen, zu seinen Tränken und seinen Schlangen. Alle überlebenden Schüler waren nach Hogwarts zurückgekehrt, die Siebtklässler durften ihr Jahr wiederholen und schon bald war es so gewesen, als hätte es den Krieg nie gegeben. Sein Leben hatte sich geändert als fünf Jahre später ein ehemaliger Schüler zurückgekommen war, ausgerechnet Harry Potter war als Lehrer nach Hogwarts zurück gekommen. Als Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Severus schnaubte als er an den Abend zurück dachte als er offiziell vorgestellt wurde. Die Schüler waren förmlich ausgeflippt, der große Harry Potter in ihrer Schule, als ihr Lehrer, sie waren schlicht begeistert. Nun, seine Begeisterung hielt sich damals sehr in Grenzen, etwas, was sich sehr geändert hatte. Severus stellte das Bild weg, warf den Anderen noch einen nachdenklichen Blick zu bevor er sich ruckartig umdrehte. Ein Griff und er hatte seinen schweren Wintermantel in der Hand und schon war er dabei seine Räume zu verlassen. Er verstand noch immer nicht, was da gerade in der Halle geschehen war. „Was regst du dich jetzt über meinen Kaffee auf?“, fragte Severus mehr als verwundert. Noch nie hatte sich sein Freund in seine Ernährung eingemischt, warum fing er jetzt damit an? „Warum schüttest du da jetzt Alkohol rein?“, fauchte der Mann ihm gegenüber, grüne Augen blitzten ihn wütend an. Verwirrt sah Severus auf den Lehrertisch, statt seinem normalen Kaffee stand dort ein Pharisäer. Schwarzer Kaffee mit Rum und einer Sahnehaube. Die Hauselfen hatten ihn ungefragt serviert denn heute war der erste Advent und damit trank er zum Frühstück heute eben einen Pharisäer. Das machte er schon seit Jahrzehnten so. „Ich verstehe dein Problem nicht“, gestand er schließlich, „da ist doch kaum Alkohol drin. Harry, was hast du für ein Problem damit?“ „Kaum? KAUM? Da ist verdammter Alkohol in deinem Kaffee!“, brüllte Harry ihn an. „Ja, ist es. Sonst wäre es kein Pharisäer. Ich trinke an jedem Adventssonntag einen zum Frühstück.“ „Bitte? Das ist nicht dein Ernst.“ Langsam wurde es Severus zu dumm denn da sein Freund nicht sehr leise sprach, hatten sie mittlerweile die Aufmerksamkeit sämtlicher Schüler und Lehrer. Da es heute ein besonderes Frühstück gab, wie ebenfalls jeden Adventssonntag, war die Halle entsprechend voll. Er atmete betont tief durch und sagte, „Harry, ich weiß wirklich nicht, wo dein Problem ist. Meine Oma kommt aus Nordfriesland und dort ist das ein Nationalgetränk. Es war Tradition in meiner Familie, dass zum Advent dieses Getränk getrunken wird und diese Tradition pflege ich seit Jahrzehnten. Was also ist dein Problem daran?“ Hatte Severus geglaubt, dass diese Worte Harry beruhigen, wurde er enttäuscht. Der junge Mann sprang wütend auf und brüllte, „seit Jahrzehnten? Du säufst so lange schon? Das ist keine Tradition, das ist Alkoholismus, das ist krank. Du bist ein verdammter Säufer, wie erbärmlich. Wie kann so ein Mensch an einer Schule arbeiten? Du bist krank, du bist ein Alkoholiker.“ „Ich verbitte mir solche Worte“, knurrte Severus mehr geschockt als beleidigt. „Ach, willst du die Wahrheit nicht hören? Die Wahrheit tut weh, gell? Aber das ist krank, du bist ein verdammter Säufer“, fauchte Harry, „hier hast du deinen geliebten Alkohol.“ Mit diesen Worten griff er nach der Tasse und schüttete den Inhalt mit Schwung in Severus' Gesicht. Noch bevor dieser reagieren konnte, stürmte er aus der Halle, unzählige Blicke folgten ihm. „Severus, alles in Ordnung?“, fragte Minerva geschockt während sie den Zauberstab zog und einen Reinigungszauber sprach. Ihr Blick war musternd, heiße Getränke konnten schwere Verbrennungen verursachen doch ihr Kollege war unverletzt. „Nein, ich glaube nicht.“ „Was war das?“ Severus sah seine langjährige Kollegin und irgendwie auch Freundin an und gestand, „ich habe keine Ahnung.“ Minervas Blick ging zu der leeren Tasse. „Ich versteh seine Reaktion nicht, du trinkst das Zeug schon seit Jahren.“ „Ich weiß aber er weiß es nicht.“ „Wie meinst du das?“ Severus schüttelte den Kopf, das war eine Privatangelegenheit und die würde er mit Harry privat klären. „Entschuldige mich, Minerva.“ Zwar war die Hexe überrascht aber sie nickte nur. Er wartete das Nicken ab bevor er sich entschuldigte und die Halle verließ. Er ignorierte die Blicke der Schüler, es war nur ein weiteres, lästiges Gerücht, dass über ihn die Runde machen würde. Er hatte Harry gesucht um ihn zur Rede zu stellen aber das Gespräch war immer heftiger geworden bis es schließlich in einem bösen Krach eskaliert war. Harry hatte ihn schließlich fast mit dem Zauberstab aus dem Raum gejagt und wirklich schlauer war Severus danach nicht gewesen. Sein Freund, hoffentlich war er das auch noch, hatte ihn nur immer wieder angeschrien, dass er ein Säufer wäre, ein Alkoholiker. Gerade er, der immer die Kontrolle behalten wollte. Gerade er sollte Alkoholiker sein? Wohl kaum. Severus schnaubte leise und blieb mitten im Schritt stehen. Hier in Hogwarts würde er keine Antworten finden, mit Harry war gerade nicht vernünftig zu reden. Aber er wusste, wo er die gewünschten Antworten bekommen würde. Leider musste er dazu zu Menschen, deren Anwesenheit er bis jetzt sehr gekonnt umgangen war. Er überlegte kurz, setzte sich aber dann wieder in Bewegung, was tat man nicht alles für den Kerl? Während sein Weg ihn über die Ländereien von Hogwarts führte um die Appariersperre hinter sich zu bringen, schweiften seine Gedanken ab. Es war ein Wunder, dass er gerade mit diesem Mann zusammen war. Etwas, was die Menschen wohl noch weniger erwartet hatten als die Tatsache, dass ihr Retter schwul war. Aber Harry hatte, nach seiner Trennung von der jungen Weasley, kein Geheimnis daraus gemacht, dass er Männer vor zog. Er hatte vier Jahre lang eine Beziehung zu einem Zauberer gepflegt, die die Presse am Anfang sehr zerrissen hatte. Aber es hatte keinerlei negative Seiten gegeben, der junge Mann war ein normaler Zauberer, der in Amerika aufgewachsen war und jetzt in London, im Ministerium arbeitete. Sie hatten sich wohl über Freunde kennengelernt, ein rasches Zusammenkommen und dann hatten sie vier Jahre lang eine sehr langweilige Beziehung geführt, zumindest von Seiten der Presse aus. Es gab keine Skandale, keine Gerüchte, eine Bilderbuchbeziehung, die von einem Tag auf den Anderen in die Brüche gegangen war. Doch warum, wusste weder Severus noch die Presse. Danach war Harry nach Hogwarts gekommen und sie hatten ihren Frieden miteinander geschlossen. Aus dem Frieden wurden zahlreiche sinnlosen Gespräche und schließlich, im Frühjahr dieses Jahres war daraus schließlich mehr geworden und seitdem konnte sich die Presse über sie das Maul zerreißen. Was sie auch ausführlich getan hatten aber weder Severus noch Harry hatte es damals interessiert. Eigentlich führten sie eine ganz normale Beziehung und wenn Severus ehrlich war, er hatte sich auf das baldige Weihnachtsfest gefreut. Dass es jetzt so eskaliert war, stimmte ihn traurig und vor allem verstand er es nicht. Nun, es wurde Zeit es zu verstehen. Die Appariergrenze war erreicht und mit einem Plopp verschwand er. Ein kleines, nettes Häuschen mit einem gepflegten Vorgarten befand sich vor ihm und ein Schauer lief über seinen Rücken. Er wollte nicht hier sein, in den zehn Monaten ihrer Beziehung hatte er einen Besuch hier immer verhindern können. Aber wenn er Antworten wollte, musste er sich wohl überwinden. Langsam ging er näher, öffnete die Gartentür und trat über die Schwelle zum Vorgarten. Er spürte die Magie, die ihn abtastete und an seinem linken Unterarm hängen blieb und er konnte sich lebhaft vorstellen, dass in dem kleinen Haus jetzt sämtliche Alarmglocken schrillten. Zynisch verzog er das Gesicht, den Ruf als Todesser würde er nie wieder los werden. Der Weg durch den Vorgarten war nicht weit, ein paar Schritte und doch reichte die Zeit den Bewohnern um sich zu sammeln denn die Haustür öffnete sich noch bevor er den halben Weg hinter sich gebracht hatte. Ein großer Mann mit roten Haaren, grimmigen Gesichtsausdruck und mit gezogenen Zauberstab trat hinaus. „Einen guten Tag, Mr. Weasley“, presste Severus hinaus. „Snape?“ „In der Tat, Mr. Weasley und da meine Identität Ihnen bekannt ist, dürfen Sie Ihren Zauberstab senken.“ Ron sah kurz verwirrt auf seinen Zauberstab, warf ihm dann noch einen grimmigen Blick zu und steckte den Stab dann widerstrebend weg. „Ron? Alles in Ordnung?“, rief in diesem Moment eine Frauenstimme, die Severus auch sehr bekannt war. „Ich bin mir noch nicht sicher“, gab Ron zurück. Es folgte ein Moment der Stille, dann erklangen Schritte und schon stand eine hübsche junge Frau mit gewellten, braunen Haaren neben ihrem Mann. „Professor Snape? Was führt Sie her? Ist Harry auch hier?“ „Nein, Mrs. Weasley, ich bin heute alleine hier“, sagte Severus. Er stand noch immer mitten im Vorgarten. Er sah die Verwirrung in den Gesichtern des Paares doch Hermine fing sich schneller wieder. „Dann kommen Sie doch erst mal rein. Wenn Sie schon diesen Weg auf sich nehmen, muss es einen guten Grund haben“, sagte sie während sie beiseite trat und auch ihren Mann mit sich zog. Severus nickte dankend und bewegte sich wieder, er war sich der misstrauischen Blicke des Mannes durchaus bewusst. Sie waren nie Freunde geworden, egal wie oft sie bei Harry zu Besuch waren. Sie akzeptierten zwar ihre Beziehung aber nicht ihn als Person und das auch nur Harry zu Liebe. Dieser Tatsache war sich Severus immer bewusst gewesen, deswegen war er nie her gekommen. Severus folgte der Hausherrin durch einen kleinen, gemütlich eingerichteten Flur, stieg dabei über ein Spielzeugauto hinweg und wich einer halb fertigen Burg aus kleinen Holzklötzen aus. Im Wohnzimmer ließ er sich, auf Hermines Aufforderung hin, in einem Sessel nieder. Das Ehepaar Weasley setzte sich ihm gegenüber und wechselte einen ratlosen Blick. Hermine fand schließlich als Erste ihre Sprache wieder, „Professor Snape, darf ich Ihnen einen Tee anbieten?“ „Nein, danke. Ich würde gerne gleich zum Thema kommen.“ „Bitte. Was führt Sie her?“ Ein tiefes Durchatmen und dann beschloss er einfach mit der Tür ins Haus zu fallen. „Ich weiß, dass Sie mich nicht leiden können, das ist uns allen bewusst und dennoch bin ich heute hier. Es geht um Harry, nein, Mr. Weasley, nicht so, wie Sie gerade denken. Ich habe ihn weder verflucht noch habe ich ihn betrogen. Im Gegenteil, ich glaube, er hat ein Problem und ist momentan nicht in der Verfassung vernünftig mit mir darüber zu reden.“ „Was ist passiert?“, fragte Hermine besorgt. „Mir wurde heute morgen am Frühstückstisch eine Szene gemacht weil ich es gewagt habe einen schwarzen Kaffee mit Rum zu trinken. Oder besser, trinken wollte denn soweit kam ich nicht mehr, mein Freund hat mir besagte Kaffee ins Gesicht geschüttet. Nachdem er mir sehr lautstark vorgeworfen hat, dass ich ein Säufer und Alkoholiker bin“, sagte Severus bemüht ruhig und gefasst. Aber innerlich brodelte er. Das Ehepaar Weasley warf sich einen alarmierten Blick zu, der Severus unmöglich entgehen konnte doch er wartete geduldig bis sie von sich aus bereit waren zu reden. „Wir hatten gehofft, dass dieses Thema nie wieder auf kommt. Wir haben Sie nie Alkohol trinken sehen“, gestand Hermine leise. „Ich trinke genau fünf Tassen Pharisäer, also besagten Kaffee, im Jahr. An jedem Adventssonntag zum Frühstück und zu Weihnachten, zum Kaffee. Es ist eine alte Tradition, die ich schon seit Jahrzehnten pflege. Sie sehen, ich bin weit davon entfernt ein Alkoholiker zu sein“, knurrte Severus, jetzt schon nicht mehr so ruhig. Hermine hob schnell die Hände und sagte, „so war das nicht gemeint. Ron, würdest du bitte zu Harry gehen und nach ihm sehen? Ich erkläre Professor Snape inzwischen alles.“ „Alles? Sollte Harry ihm das nicht selber sagen?“, warf Ron ein. Seine Frau schüttelte den Kopf. „Nein, du weißt selber wie er bei dem Thema ist. Er wird ihm gar nicht zugehört haben und sich jetzt in dieses Thema hinein steigern. Geh zu ihm, auf dich hört er noch.“ Zwar sah Ron sie unglücklich an aber er nickte und erhob sich. „Ich rede mit ihm. Ich schicke einen Patronus wenn er wieder aufnahmefähig ist.“ Er nickte Severus nochmal zu und ging dann. „Ich höre“, sagte Severus, wobei er versuchte neutral zu klingen. Doch seine potenzielle Gesprächspartnerin rang sowohl nach Worten wie auch ihre Hände, sie wusste nicht wie sie anfangen sollte. „Darf ich Ihnen nicht doch einen Tee anbieten?“, fragte sie schließlich fast schon hilflos. Dieses Mal nickte Severus denn er erkannte, dass die junge Frau ein paar Minuten brauchte um sich zu fangen. Die Zubereitung des Tees würde ihr diese Minuten verschaffen. Fast schon erleichtert nickte Hermine ihm zu und verschwand fast schon fluchtartig aus dem Raum. Zwanzig Minuten später saßen sie sich bei einer Tasse Tee und Gebäck gegenüber und Hermine hatte sich wieder gefangen. Sie hatte wirklich gehofft, dass dieses Thema nie wieder aufkommen würde. Sie warf ihrem ehemaligen Tränkelehrer einen fast schon resignierenden Blick zu, der ruhig erwidert wurde und fragte dann, „hat Harry mit Ihnen jemals über Renard gesprochen?“ „Ich pflege mit meinen Lebensgefährten nicht über ihre verflossenen Liebschaften zu sprechen“, presste Severus heraus. Er war sich sehr sicher, dass er den Vergleich nicht gewinnen würde. Hermine lächelte nachsichtig und sagte, „so war das nicht gemeint. Haben Sie je erfahren warum sie sich getrennt haben?“ „Nein. Was hat das mit seinen Vorhaltungen zu tun?“ „Alles. Renard war Alkoholiker, sogar sehr starker.“ „Man hat nie etwas gemerkt“, warf Severus ein, „der Presse wäre dieser Umstand nie entgangen. Sie hätten es zerrissen.“ „Ja, hätten sie aber Renard war ein Meister darin es zu verstecken. Harry hat sechs Monaten gebraucht um hinter die seltsamen Stimmungsschwankungen seines Ex zu kommen“, sagte Hermine traurig. „Da mir heute vorgeworfen wurde, dass es eine Krankheit ist, hätte man sich damit befassen können.“ „Hätte man, wenn man es gewollt hätte aber Renard war der felsenfesten Überzeugung, dass er kein Problem hat. Er hätte es unter Kontrolle, er wäre kein Trinker“, sagte Hermine, „er hat es immer runter gespielt.“ „Weiter.“ „Harry hat ihm geglaubt und ihn immer wieder in Schutz genommen. Wir wussten über ein Jahr nichts davon bis es zu einem sehr hässlichen Vorkommnis kam. Wir waren zum Essen verabredet und haben uns gewundert, dass sie zu spät kamen. Als sie dann kamen, war die Luft zum schneiden dick. Damals haben wir es nicht verstanden, heute wissen wir, dass Renard damals schlicht und einfach besoffen war und verzweifelt versucht hat die Fassade zu wahren“, erklärte Hermine, „es ist schließlich eskaliert als er sich etwas zu trinken bestellt hat und Harry ihn vorsichtig gefragt hat, ob er das für eine gute Idee hält.“ Severus nickte schweigend. „Er ist nicht laut geworden, denn das hätte Aufmerksamkeit erregt. Er hat ihn angezischt, leise und schneidend und hat ihn völlig runter gemacht. Harrys Reaktion hat uns mehr als geschockt, er hat nur genickt und sich entschuldigt.“ „Moment, warum sollte sich Harry das gefallen lassen? Er hat einen Krieg überlebt, er hat Voldemort besiegt, warum sollte er sich so ein Verhalten gefallen lassen?“, unterbrach Severus sie. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der starke, junge Mann von damals sich so runter machen ließ und das auch noch vor seinen Freunden. Hermine seufzte leise und sagte, „wir haben es auch nicht verstanden aber Harry hat ihn einfach immer in Schutz genommen. Er hat jedes Verhalten klein geredet, immer wieder betont, dass Renard das alles nicht so meinte und dass alles nicht so leicht wäre.“ „Ich gestehe, dass ich das nicht verstehe.“ „Wir auch nicht und es wurde schlimmer.“ „Schlimmer?“ „Ja. Renard hatte immer mehr Probleme im Ministerium, die er in der Öffentlichkeit sehr gekonnt verborgen hatte. Er hat sie mit ins Private genommen und je größer die Probleme umso schlimmer wurde seine Trinkerei. Es war leider nichts Ungewöhnliches wenn wir zum Mittag oder zum Kaffee kamen und er schon betrunken war. Dann wurde er immer ausfallend, hat Harry vor uns runter gemacht und ihn verbal beleidigt und beschimpft.“ „Hat er ihn je geschlagen?“, fragte Severus dazwischen. Er war geschockt von dem Gehörten. Dieses Mal zögerte Hermine mit einer Antwort. Sie trank einen Schluck Tee und sagte dann zögernd, „nicht vor uns. Wir haben auch nie Wunden oder blaue Flecken gesehen aber wir sind uns sicher, dass er diese Grenze überschritten hat.“ „Hat Harry nicht mit seinen Freunden darüber geredet?“, fragte Severus verwundert. Hermine lachte rau und traurig auf. „Nein, hat er nicht. Wenn er mit uns über ihn geredet hat, dann hat er für alles eine Ausrede gefunden. Die Arbeit, der Stress, Missverständnisse, er hat die Augen vor der Wahrheit verschlossen und das mit sehr großem Erfolg. Wir mussten mit ansehen wie aus unserem Freund ein Pantoffelheld geworden ist. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst, außer in der Öffentlichkeit. Da hat Renard sorgsam darauf geachtet, dass niemand etwas von seiner Sucht erfährt.“ Sie brach ab und schwieg. Auch Severus schwieg, wenn auch aus anderen Gründen als Hermine annahm. Es dauerte eine ganze Weile bis er schließlich fragte, „warum hat er sich nicht von ihm getrennt? Warum hat er das alles mitgemacht? Er ist ein Held, er hätte jeden haben können.“ „Den Status des Helden hasst Harry mehr als alles andere in seinem Leben. Jeder reduziert ihn auf seinen Sieg über Voldemort, für alle war er der große Held. Renard war der Erste, der ihn als normalen Mann sah und das wollte er nicht aufgeben. Harry hat ihn geliebt, wirklich geliebt und er hätte alles getan um ihre Beziehung aufrecht zu halten.“ „Warum haben sie sich dann getrennt? Was man in der Presse gelesen hat, kam es sehr schnell und abrupt.“ Ein zynisches Lächeln breitete sich auf Hermines Gesicht aus. „Harry hätte sich nie von ihm getrennt, wir haben Renard dazu gezwungen sich von Harry zu trennen.“ „Wie? Und warum?“ „Es war so einfach. Wir haben Renard gedroht, dass wir mit seinem Problem an die Öffentlichkeit gehen und alles ausplaudern. Wir haben ihm gesagt, dass wir der Presse unsere Erinnerungen an seine Ausrutscher in unserem Beisammensein geben werden. Er hat sehr schnell eingewilligt“, erklärte Hermine, „und warum? Weil unser Freund daran eingegangen wäre. Wir konnte nicht mehr mit ansehen wie sich Harry zu Grunde richtet. Er war nur noch ein Schatten seiner Selbst. Nichts deutete mehr auf den starken, jungen Mann hin, der Voldemort gegenüber stand. Wir konnten es einfach nicht mehr mit ansehen.“ „Harry hat ihn einfach gehen lassen?“ „Nachdem was Renard ihm bei der Trennung an den Kopf geworfen hat? Ja. Renard wollte sich an uns rächen, weil wir ihn bedroht hatten und er wusste, dass er das am Besten kann wenn er Harry so tief verletzt, dass er ihn nie vergessen würde.“ Severus schluckte hart und fragte zögernd, „was hat er gesagt?“ „Dass Harry an allem Schuld wäre. Er wäre Schuld an seiner Trinkerei weil er ein miserabler Freund und Liebhaber wäre. Er hätte ja trinken müssen um ihn irgendwie ertragen zu können. Es wäre nicht der Stress auf Arbeit sondern sein inkompetenter Freund gewesen, der ihn zur Sauferei getrieben hätte. Dazu noch die belanglosen, einfallslosen Nächte, die er nur mit Tränken durchgestanden hatte, das alles hätte zu seiner Trinkerei geführt. Er war also unschuldig, Harry war an allem schuld“, sagte Hermine bitter. „Das kann er nicht geglaubt haben“, entfuhr Severus. Er selber konnte es nicht glauben aber es würde einen Punkt in ihrer Beziehung erklären, den er sich bis jetzt nicht hatte erklären können. Harry weigerte sich standhaft mit ihm zu schlafen, obwohl er selber zugegeben hatte, dass er es gerne wollte. Den Grund für diese Weigerung hatte er ihm immer verschwiegen. „Doch leider, er hat alles geglaubt. Er hat jedes Wort geglaubt und jedes hat sich tief in sein Herz gefressen.“ Severus schüttelte fassungslos den Kopf, er hatte die Worte zwar gehört und auch verstanden aber sie ergaben keinen Sinn. Auch wenn sich damit einige Punkte in ihrer Beziehung erklären ließen. „Sie haben Dinge an Harry gesehen, die Sie sich nicht erklären können, oder?“, fragte Hermine sanft. „Ja.“ „Wollen Sie darüber reden?“ „Nein“, wehrte Severus ab, „haben Sie mit Harry über seine Probleme geredet?“ „Er hat keine Probleme, zumindest sagt er das. Egal wer von uns ihn darauf anspricht, egal wann, egal wie, er blockt alles ab. Es ist als hätte er alles irgendwo in einen Schrank gesperrt, abgeschlossen und den Schlüssel weg geworfen. Er geht auf nichts ein und nach einer gewissen Zeit haben wir es aufgegeben“, gestand Hermine, „es war einfach zu anstrengend für unsere Freundschaft und solange keiner in seiner Nähe Alkohol trank, war auch alles gut. Dann hat er Sie kennengelernt. Wir haben uns erst sehr große Sorgen gemacht.“ „Der böse Todesser, schon klar.“ „Nein, Professor Snape, darum ging es uns gar nicht. Wir hatten Angst, dass Sie Alkohol trinken und Harry dann völlig ausrastet.“ „Warum hält mich die ganze Welt für einen Trinker?“, brauste Severus auf. „Moment, das war nicht so gemeint. Selbst Ron und ich trinken gerne ein Glas Wein vor dem Kamin oder zu einem guten Essen. Wir achten peinlichst darauf, dass sämtliche Spuren weg sind wenn Harry uns besuchen kommt. Keine Flaschen, keine Weingläser, wir lassen nicht mal Korken oder Pralinen rum liegen“, erklärte Hermine schnell, „wir vermeiden einfach alles.“ „Und haben damit den Weg für eine ausgewachsene Psychose bei Harry geebnet.“ „Wie meinen Sie das?“ „Wenn sich Harry nicht mit dem Erlebten auseinander setzt, wird es nicht besser sondern schlimmer. Jedes Anzeichen für Alkohol zu vernichten, bringt ihn nicht weiter sondern wirft ihn bei der kleinsten Gelegenheit zurück“, sagte Severus bitter, „so wie bei meinem Kaffee oder anderen Kleinigkeiten, die jetzt Sinn machen. Hätte ich diese Vergangenheit früher gewusst, hätte ich ihm früher helfen können.“ „Helfen?“ Severus sah auf. Er sah Unglauben in Hermines Gesicht und schnaubte wütend. „Natürlich helfen. Ich weiß, dass Sie mich nicht leiden können und dass Sie sich für Harry einen anderen Freund wünschen würden aber ich werde nicht kampflos gehen. Ich habe einen verdammten Psychopathen und einen schier aussichtslosen Krieg überlebt, da werde ich nicht vor ein paar ehemaligen Schülern kuschen. Harry braucht Hilfe um diese Psychose zu überwinden“, knurrte er. „Es ist nicht so, als würden wir Sie nicht leiden können“, gestand Hermine vorsichtig, „wir machen uns nur Sorgen um Harry. Wir wollen ihn nicht nochmal so am Boden sehen wie damals.“ „Wenn man ganz unten ist, gibt es nur noch einen Weg, den man gehen kann. Nach oben. Er muss sich dieser Sache stellen sonst wird sie sein ganzes restliches Leben bestimmen.“ „Wenn er sich dieser Sache nicht stellt, gehen Sie dann?“ „Nein, ich trete ihn in den Arsch bis er sich allem stellt“, knurrte Severus bevor er sich erhob. Er erntete einen sehr überraschten Blick und seufzte schwer, „ich weiß, was Sie von mir halten und genau wie bei allen anderen Menschen ist es mir egal. Ich will nicht wissen, was Sie hinter meinem Rücken über mich erzählen, auch das ist mir egal. Aber Harry. Harry ist mir nicht egal und auch wenn Sie es nicht verstehen aber ich liebe ihn und egal, was passiert, ich werde ihn nicht freiwillig verlassen. Wir haben eine Krieg überlebt, wir werden auch das überleben.“ Er wartete nicht auf eine Antwort sondern verließ das Wohnzimmer und kurz darauf hörte Hermine das Knallen eines disapparierenden Zauberers. Sie musste sich eingestehen, dass sie diesen Mann die ganze Zeit über sehr falsch eingeschätzt hatten. Seine Räume waren leer, aber er hatte auch nicht wirklich angenommen, dass Harry und Weasley hier waren. Den Gryffindorturm konnte er auch ausschließen aber er hatte zur Sicherheit bei Minerva nachgefragt, sie hatte ihm seine Annahme bestätigt. Die verschiedene Türme von Hogwarts war er schon abgegangen, genau wie die große Halle aber nirgends wurde er fündig. Severus stand vor den Eingangstoren von Hogwarts und überlegte fieberhaft, wo er noch suchen sollte. Sein Blick ging in Richtung Hogsmeade, sollten sie ins Dorf gegangen sein? Nein, er schüttelte den Kopf. Nachdem was Mrs. Weasley ihm erzählt hatte, würde Harry sich für den Streit die Schuld geben und wenn er sich wirklich in Schuldgefühlen ertränkte, würde er nicht in einem warmen Pub sitzen. Sein Blick schweifte über die Ländereien und ein Gedanke kam in ihm auf. Wenn er alleine sein wollte, wusste er, wo er hin gehen würde. Blieb die Frage ob sein Freund genauso dachte. Nun, es gab nur eine Möglichkeit das herauszufinden. Schweigend setzte er sich in Bewegung. Seine Vermutung erwies sich als richtig, er sah zwei Gestalten am Rand des schwarzen Sees sitzen, scheinbar tief in ein Gespräch vertieft. Er überlegte kurz sich in einen Stillezauber zu hüllen, entschied sich aber dann dagegen. Die Zeit der Heimlichkeiten war vorbei, er hatte es nicht mehr nötig und er wollte es vor seinem Freund auch nicht nötig haben. Also näherte er sich den zwei jungen Männern so offensichtlich, dass er schnell bemerkt wurde. Die Reaktionen hätten nicht unterschiedlicher ausfallen können. Während Weasley ihn wütend ansah, wahrscheinlich weil er nicht auf dessen Patronus gewartet hatte, zuckte sein Freund zusammen und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. „Mr. Weasley, Ihre Anwesenheit wird nicht länger benötigt“, sagte er mit bemüht ruhiger Stimme. So ganz gelang ihm das nicht. „Ich bleibe so lange wie Harry mich braucht.“ Severus atmete einmal tief durch und sagte dann, „Mr. Weasley, ich sage es genau ein einziges Mal also hören Sie mir genau zu. Diese Sache geht Sie nichts an, das ist eine Sache zwischen mir und meinem Lebensgefährten und genau wir Zwei werden das auch klären. Sie werden jetzt gehen, notfalls greife ich auch zum Zauberstab. Ich lade Sie und Ihre Familie allerdings für nächsten Sonntag zum Adventskaffee ein. Pünktlich um drei Uhr am Nachmittag. Sehen Sie sich im Stande diese Einladung anzunehmen?“ Wortlos nickte Ron. „Gut, dann dürfen Sie jetzt gehen.“ „Ron...“ „Nein, Harry, er hat Recht auch wenn ich das nicht gerne zugebe. Deine Freunde können dir gerade nicht helfen aber er kann es“, sagte Ron ernst während er schon aufstand, „du hast ein Problem, das hattest du vor einem Jahr schon und du hast es immer noch. Du, ... nein, ihr könnt daran arbeiten.“ Dann wandte er sich Severus zu, „ich danke Ihnen für diese Einladung und ich freue mich sehr auf den Sonntag.“ Nachdem Severus ihm knapp zugenickt hatte, verließ er den See. „Wann willst du gehen?“, fragte Harry leise. „Wo sollte ich hingehen?“, fragte Severus etwas verständnislos zurück während er sich setzte. Nach einem kurzen Murren zog er den Zauberstab und verwandelte zwei Steine in zwei große Kissen, an die man sich anlehnen konnte. Eines davon schwebte hinter Harry doch sein Freund zuckte nur zusammen. „Sind wir noch zusammen?“ „Natürlich. Warum sollten wir kein Paar mehr sein?“ „Weil ich dir eine schreckliche Szene gemacht habe“, flüsterte Harry. Er schaffte es nicht Severus anzusehen sondern starrte auf seine Fußspitzen. „Nachdem ich den Hintergrund zu dieser Tat erfahren habe, kann ich darüber hinweg sehen.“ Panisch fuhr Harry rum und starrte ihn jetzt mit großen Augen an. „Was hast du getan?“ „Ich habe mich mit deinen Freunden unterhalten“, sagte Severus. „Warum? Warum hast du das getan?“ „Ist diese Frage ernst gemeint? Harry, du hast ein Problem und...“ „Ich habe kein Problem“, unterbrach Harry ihn aufgebracht doch mit der Reaktion hatte er nicht gerechnet. „Doch, du hast ein Problem“, fauchte Severus ihn an, „du hast mir vor versammeltem Lehrerkollegium und versammelter Schülerschaft meinen Kaffee ins Gesicht geschüttet weil ein Schluck Rum drin war. Du schläfst nicht mit mir weil du denkst, dass ich das nur mit Tränken überstehen würde. Du reagierst beleidigt wenn ich aus Spaß oder für Poppy außer der Reihe etwas braue weil du es sofort auf dich beziehst und hast dann Tagelang schlechte Laune. Du bist völlig ausgeflippt wegen einem verdammten Pharisäer und du hast mich einen Alkoholiker und Säufer genannt. Harry, du hast ein verdammtes Problem und es wird Zeit, dass du dich dem stellst.“ Seine Stimme war immer lauter geworden, immer schneidender und zum Schluss hatte es ihn nicht mehr auf seinem Platz gehalten. Aufgebracht ging er auf und ab bevor er tief durchatmete und sich wieder auf seinen Platz fallen ließ. So kam er nicht weiter. Er drehte sich zu Harry um, der einfach nur den Kopf einzog und seine Vermutung bezüglich der häuslichen Gewalt bestätigte. „Harry, sieh mich bitte an.“ Kopfschütteln. Seufzend hob Severus eine Hand, ignorierte das schreckhafte Zusammenzucken und strich sanft über Harrys Wange, grüne Augen sahen ihn fast schon hoffnungslos an. „Harry, ich liebe dich, das weißt du auch wenn ich es nicht oft sage. Ich bin ehrlich, ich war stinksauer über deine Reaktion heute morgen, ich habe sie einfach nicht verstanden. Deswegen bin ich zu den Weasleys und habe Fragen gestellt. Deine Freundin hat mir dann die Sache mit Renard erzählt“, erklärte Severus ruhig, „und nein, deswegen verlasse ich dich garantiert nicht.“ „Wirklich nicht?“ „Nein aber wir müssen daran arbeiten. Du musst endlich einsehen, dass du ein Problem hast.“ „Ein Problem? Welches?“, fragte Harry und er klang wirklich ahnungslos. „Ich kenne den genauen Begriff nicht aber es ist ebenfalls eine Krankheit, eine Art Co-Abhängigkeit.“ „Ich bin kein Alkoholiker“, betonte Harry laut. „Habe ich auch nie gesagt aber du bist krank und das musst du endlich einsehen. Renard ist krank gewesen und mit seinem gesamten Verhalten hat er dich manipuliert. Du hast dir die Schuld an seiner Sucht gegeben, du hast ihn immer gedeckt auch wenn es seine Schuld war und das hat dich krank gemacht“, sagte Severus während er vorsichtig näher rutschte. Er wollte seinen Freund nicht verschrecken aber nach einem kurzen Zögern kuschelte sich Harry an ihn. „Kann man das heilen?“, fragte Harry leise und traurig. Etwas überrascht über dieses schnelle Eingeständnis sah Severus auf den schwarzen Haarschopf. Er glaubte nicht eine Sekunde daran, dass Harry sich sein Problem sofort eingestanden hatte aber es war ein Anfang und den Rest würden sie auch noch schaffen. „Ja, kann man. Es wird lange dauern und sehr anstrengend werden aber wir werden es schaffen.“ „Wir?“ „Natürlich. Wir sind ein Paar, wir bewältigen unsere Probleme zusammen.“ „Wo? Im St. Mungo?“, fragte Harry weiter. Ihm lief schon bei dem Gedanken daran ein kalter, unangenehmer Schauer über den Rücken. „Nein, Merlin bewahre, auf keinen Fall. Dann können wir es gleich in die Presse setzen. Wir gehen zu den Muggel.“ „Warum?“ „Weil sie sehr gute Psychologen haben und die Zauberer das Thema Angehörige von Alkoholikern nicht ernst nimmt. Selbst das Thema Alkoholismus wird nicht ernst genommen, es wäre ja eine Charakterschwäche und du weißt, wie gerade die Reinblüter sind“, sagte Severus seufzend, „Lucius war Alkoholiker und Narzissa hat es sich bis heute nicht eingestanden, dass er krank ist.“ „Malfoy? Wirklich?“ „Ja. Er hat es genauso gut versteckt wie dein Ex, sogar vor seinen wenigen Freunden. Ich glaube, außer mir, Narzissa und Draco weiß es wirklich keiner. Selbst vor IHM konnte er es verheimlichen.“ Jetzt sah Harry auf, ungläubig doch der ernste Gesichtsausdruck seines Freundes war eindeutig. Unsicher sah er auf den See und sagte dann leise, „es tut mir leid.“ „Was genau?“ „Dass ich heute Morgen so ausgeflippt bin. Du bist natürlich kein Alkoholiker, es tut mir leid, dass ich das gesagt habe“, flüsterte Harry. Severus gab ihm einen Kuss auf die Schläfe und meinte, „nicht so schlimm.“ „Die Schüler werden reden.“ „Die Schüler reden immer, wenn nicht über dieses Thema, dann über ein Anderes. Harry, mach dir keine Gedanken darüber. Du und ich kennen die Wahrheit und darauf kommt es an“, sagte Severus ruhig. Es machte ihm wirklich nichts aus. „Was sagt Minerva dazu?“ „Die kennt die Wahrheit auch, genau wie die Kollegen. Harry, selbst wenn es irgendjemand glauben würde, es ist egal.“ Dieses Mal schwieg Harry, er kam sich schlecht vor, dass sein Freund wegen ihm noch mit mehr Gerüchten als sowieso schon zu kämpfen hatte. „Harry?“ „Ja?“ „Was hältst du davon wenn wir rein gehen? Auch wenn noch kein Schnee liegt, es ist Dezember und ich würde den ersten Advent gerne gemütlich vor dem Kamin verbringen. Natürlich nicht alleine, du leistest mir doch Gesellschaft, oder?“, fragte Severus grinsend. Das „Gerne“, klang sehr erleichtert. Immer noch grinsend stand Severus auf und zog seinen Freund hoch, die Kissen würden sich selbst wieder zurückverwandeln. Eng umschlungen machten sie sich auf den Weg zurück nach Hogwarts. Trotz der Worte saß Severus kurze Zeit später alleine vor dem Kamin, den sie vor vier Tagen noch weihnachtlich geschmückt hatten. „Harry?“ Sein Freund hatte nur kurz in die Küche gewollt und war immer noch nicht wieder da. „Komme sofort“, kam zurück. Severus runzelte die Stirn, die Stimme hatte gezittert und war dünner als sonst gewesen. Was war in der Küche passiert, was ihn so mitgenommen hatte? „Brauchst du Hilfe?“ „Nein, nein, geht schon.“ Das Stirnrunzeln wurde stärker. Severus wollte sich schon erheben um nachsehen zu gehen als er das typische Knarren der Küchentür hörte. Entspannt ließ er sich wieder in die Kissen sinken, er wollte den Nachmittag wirklich gemütlich mit Harry vor dem Kamin verbringen. Das hatte er sowieso vor gehabt aber nach diesem Desaster am Morgen hatten sie das jetzt wirklich verdient. Die Schritte kamen näher und er sah lächelnd auf, das Lächeln gefror sofort. Harry stand leichenblass und schweißnass vor ihm und zitterte so stark, dass die Tassen gefährlich wackelten. „Was bei Merlin...?“, keuchte Severus während er aufsprang um ihm die Tassen abzunehmen, „Harry, was ist los? Setz dich, du fällst ja gleich um.“ Während Harry sich wirklich setzte, stellte Severus gedankenverloren die Tassen weg und hockte sich dann schnell vor ihn. Die Augen waren weit aufgerissen, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn und die Hände, die sich in seiner Hose verkrallt hatten, zitterten noch immer. „Was ist los? Was ist passiert?“, fragte Severus, irgendwo zwischen Ruhe und Panik. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis Harry reagierte, bis sich seine Atmung soweit beruhigt hatte, dass er normal sprechen konnte. „Du hast Recht, ich habe ein Problem“, brachte er schwach und brüchig heraus. „Wie kommst du jetzt darauf? Soll ich dir einen Beruhigungstrank holen? Du siehst aus als würdest du gleich zusammen brechen.“ „Nein, geht schon“, wehrte Harry mit einem schwachen Lächeln ab, „ich wollte dir eine Freude machen.“ Severus blinzelte ihn nur verständnislos an. Schwach deutete Harry hinter ihn doch selbst als sich Severus umdrehte, verstand er im ersten Moment nicht. Erst ein weiterer Blick auf die Tassen ließen ihn verstehen. Mit einem warmen Lächeln drehte er sich zu Harry um und sagte, „das wäre nicht nötig gewesen.“ „Es ist Tradition, oder?“, fragte Harry. „Ja, ist es. Meine Großmutter brachte sie mit nach England“, sagte Severus während er sich neben ihn setzte und einen stablosen Reinigungszauber über ihn sprach. Er wusste selber wie unangenehm durchgeschwitzte Kleidung war. Als er allerdings nach den Tassen greifen wollte, hielt ihn Harry auf. „Lass mich.“ „Du musst nicht“, sagte Severus schnell. „Doch. Ich muss. Ich hätte nie gedacht, dass mir das so schwer fällt“, gestand Harry. Er streckte die Hände aus um nach den Tassen zu greifen, es gelang ihm erst auf den zweiten Versuch. „Ich habe wirklich ein Problem“, murmelte er während er Severus seine Tasse reichte und die Finger um seine Eigene schlang. Sein Blick ging immer wieder zu Severus' Tasse und er musste sich eingestehen, dass sein Problem größer war als er jemals gedacht hätte. „Wir werden das gemeinsam schaffen“, sagte Severus sanft. Er hielt ihm die Tasse zum Anstoßen hin und mit einem Lächeln, halb schüchtern und halb erleichtert, ließ Harry seine Tasse leicht dagegen stoßen. Erst als sie einen tiefen Schluck getrunken hatten und die Tassen wieder auf dem Tisch standen, kuschelten sie sich eng aneinander auf die Couch. Eine kuschelige Decke hatte ihren Weg zu ihnen gefunden und sorgte für ein noch gemütlicheres Gefühl. „Wir schaffen das?“ „Wir schaffen das.“ „Danke, Severus.“ Severus' Antwort darauf war so einfach wie auch aussagekräftig, er küsste seinen Freund einfach. Mit einem Seufzen ließ sich Harry in den Kuss ziehen und schloss die Augen. Immer leidenschaftlicher wurde ihr Kuss, vergessen für den Moment ihre Probleme und die zwei Tassen, die auf dem kleinen Tisch standen. Eine Tasse mit heißer, dickflüssiger Schokolade und eine Tasse mit schwarzem, heißen Kaffee mit einem Schluck Rum und einer angebrochenen Sahnehaube. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)