"Was wäre, wenn..." - Ein Miraculous-Adventskalender von Bloonaa ================================================================================ Kapitel 3: Drittes Türchen -------------------------- Was wäre, wenn Marinette eine Signatur auf dem Schal gehabt hätte? Adrien hatte den ganzen Tag an nichts anderes denken können, als an das Geschenk seines Vaters. Es war für ihn so unerwartete gekommen, wie wenn es im Hochsommer geschneit hätte. Der ein oder andere mochte vielleicht nicht verstehen, was ihm dieser simple Schal bedeutete, aber es war seit langem das schönste Geschenk, dass ihm sein Vater machen konnte. Er besaß ja sonst alles, was das Herz begehrte, aber dieser Schal war ein Zeichen der Aufmerksamkeit von seinem Vater, anstelle der Kugelschreiber, die er in den letzten Jahren bekommen hatte. Schwere und horrende teure Dinger, mit seinem Namen eingraviert in eleganten Samtkästchen. Sowas verschenkte man eventuell an einen Geschäftspartner oder den Mitarbeiter des Monats, aber doch nicht an seinen einzigen Sohn. Das breite Lächeln immer noch auf dem Gesicht stieg er mit federnden Schritten aus der Limousine aus und schlenderte gut gelaunt ins Haus, direkt in sein Zimmer. Dort schmiss er seine Schultasche auf den Boden und nahm den Schal von den Schultern. Er drehte eine kleine Pirouette, während er sich mit seinem neu erkorenen Lieblingsaccessoir in den Händen  mit dem Rücken voran auf seine Couch plumpsen ließ. „Krieg dich wieder ein!“, begann sofort Plagg in nörgelndem und elendig genervtem Tonfall. „Es ist nur ein Schal, hätte er dir nicht etwas Nützliches schenken können?“ Nicht einmal das konnte die Stimmung des Jungen trügen. „Ich bezweifle, dass mir mein Vater Camembert schenkt.“ „Das sollte er aber, davon haben wir schließlich beide was.“ Adrien ignorierte seinen Kwami und betrachtete weiterhin gedankenversunken das schmale Stück wollenen Stoffes in seinen Händen. Er hielt ihn von sich ausgestreckt und betrachtete die feinen Maschen im Licht, dass durch die Fensterwand hineinfiel. In nahezu perfekter Gleichmäßigkeit waren die Wollfäden verarbeitet und fühlten sich wunderbar weich an. Er wusste selbst nicht, warum er es tat, aber er genoss es einfach den Stoff durch die Hände gleiten zu lassen und ihn so zu betrachten, bis er auf einmal stutzig wurde. Er hatte an der einen kurzen Seite eine schwache Verdickung in den Maschen entdeckt. Sie fiel kaum auf, genauergesagt nur, wenn man den Stoff etwas auseinanderzog. Er besah sich die Stelle genauer und bemerkte, dass die Verdickung nicht einmalig war, sondern sich fortsetzte in einer langen geschwungenen Linie, die sich über die komplette kurze Seite des Schals zog. Er musste es ein paar Mal drehen, um zu sehen, was es darstellen sollte und sobald er das Wort lesen konnte, welches die Verdickung in den Maschen bildetet, stockte ihm der Atem. Ein einziges Wort war dort sozusagen geschrieben worden, als wäre es ohne abzusetzen in einem Zug gezeichnet worden. Marinette Er blinzelte verblüfft und betrachtete sich das Stück genauer. Aber egal wie er es drehte und wendete, es ergab nur dieses eine Wort. Aber was zum Geier hatte das zu bedeuten? Er erinnerte sich daran, wie sie bei dem Designwettbewerb Chloés Gaunerei mit dem gestohlenen Entwurf aufgedeckt hatte, indem sie seinem Vater das signierte Hutband ihrer Melone präsentiert hatte. Es war exakt derselbe Stil und bedeutete, dass Marinette den Schal gemacht haben musste. Es wollte sich einfach nicht zusammenfügen lassen. Seine einzige Erklärung wäre aktuell die, dass sein Vater, möglicherweise aufgrund des gewonnenen Wettbewerbes, den Schal bei Marinette in Auftrag gegeben hatte, aber tief in seinem Inneren protestierte eine leise Stimme, die sagte: „Nein…“ In diesem Moment klopfte es an der Tür und er schrak aus seinen Gedanken auf. Nathalie betrat den Raum und setzte mit ihrem üblichen Vortrag an, was der Terminplan seines Vaters diese Woche noch für ihn bereithielt, doch Adrien ignorierte sie einfach und konterte mit einer wohlgewählten Frage, während er das Stück Stoff in seiner Hand hochhielt. „Ist der Schal wirklich von meinem Vater?“ Sie verschluckte sich an ihren eigenen Worten und schaute ihn erschrocken und mit großen Augen an. „W-Wie k-kommst d-du d-darauf?“ Adrien merkte wie sie sichtlich um Fassung rang, aber spätestens als sie nervös ihre Brille richtete und sich eine nicht verrutschte Haarsträhne zurückstreichen wollte, war die Sache für ihn klar. „Kann es sein, dass das Päckchen von einer Mitschülerin war?“ Nathalie senkte ertappt den Kopf und nickte knapp. Ihr war bei Adriens resolutem Tonfall und hartem Gesichtsausdruck klar geworden, dass abstreiten keinen Sinn hatte. Das genügte ihm, er sprang sofort auf und rannte im Stechschritt an Nathalie vorbei. „Ich muss nochmal los, gib meinen Fahrer Bescheid“, sagte er im Befehlston und wartete keine Antwort ab. Wenige Minuten später war er ins Auto gestiegen und wartete ungeduldig darauf, dass sein Bodyguard vor der kleinen Bäckerei anhielt. Sobald der Wagen stand, stieg er aus und betrat mit klopfendem Herz das Geschäft. Hinter der Kasse stand eine kleine Frau, deren Haar dieselbe Farbe wie Marinettes hatte, das musste ihre Mutter sein. Sie bediente gerade den letzten Kunden und wandte sich dann mit einem warmen Lächeln ihm zu. „Bonjour! Was kann ich für dich tun?“ Von ihrer Herzlichkeit regelrecht erschlagen, musste er sich einen Moment fangen bevor er sein Anliegen vortragen konnte. „Guten Tag Madam, ich bin ein Klassenkamerad von Marinette und wollte fragen ob sie vielleicht da ist?“ „Ja, sie ist oben. Komm ich zeig dir den Weg.“ Sie ging hinter dem Tresen herum, durch einen etwas zur Verkaufsfläche abgegrenzten Bereich, das war anscheinend die Backstube, denn es duftete herrlich nach frischem Brot und süßen Backwaren. Am Ofen machte sich ein großer breitschultriger Mann zu schaffen, das war dann wahrscheinlich Marinettes Vater. Er blickte nur kurz auf, winkte ihm aber mit einem breiten Lächeln zu. Die Frau hatte mittlerweile eine Tür geöffnet, die zu einem Hausflur führte. Sie deutete auf die Treppe. „Einfach rauf gehen und durch die Tür in der ersten Etage. Rechts geht es eine schmale Weiße Treppe hinauf, dort ist ihr Zimmer.“ „Vielen Dank, Madam.“ Er ging in die angegebene Richtung und stieg die Treppe hinauf und bemerkte nicht, dass sie Marinettes Eltern vielsagende Blicke zuwarfen. Als er die weiße Treppe zur Hälfte erklommen hatte, war das Herzklopfen immer stärker geworden und er atmete tief durch. Dann hob er seine Hand, um an die Bodenluke zu klopfen. Sofort kam Leben in das Zimmer über ihm und es klang, als wäre irgendetwas auf den Boden gefallen, dann hörte er ein kurzes Quicken. Plötzlich wurde die Klappe geöffnet und Marinettes Kopf erschien über der Luke. „Adrien?“, rief sie überrascht und mit viel zu hoher Stimme. Ehrlich gesagt war sie zu Tode erschrocken und etwas zurückgewichen. Das nahm er als Aufforderung die letzten Stufen nach oben zu steigen. Als er die Klappe hinter sich wieder geschlossen hatte, begann Marinette sofort wieder mit ihrer Stotterei. „W-was m-machst du d-denn hier?“ Jetzt war er ein wenig verlegen, zog aber den Schal hervor und tat, wofür er hergekommen war. „Ich wollte mich für das tolle Geburtstagsgeschenk bei dir bedanken.“ Ihre ohnehin schon großen Augen weiteten sich noch ein Stück und dann räusperte sie sich hektisch, was schon fast wie ein Hustenanfall klang, bevor sie bemüht unschuldig zu sprechen begann. „Sagtest du nicht, du hast ihn von deinem Vater?“ Er legte den Kopf schief und grinste sie wissend an. „Ich hab deine Signatur erkannt.“ „Oh…“ Jetzt wirkte sie ertappt und schaute peinlich berührt auf den Boden. „Tut mir leid, dass ich nichts gesagt habe, aber ich wollte…“ Er unterbrach sie, indem er die kurze Distanz zwischen ihnen überbrückte und sie in den Arm nahm. „Danke Marinette, du bist ein wunderbarer Mensch und eine wirklich gute Freundin.“ Sie errötete, was er nicht bemerkte und nachdem sie den ersten Schreck überwunden hatte, erwiderte sie die Umarmung glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)