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Wolf im Schnee

von

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Companion

Zufrieden stellte Stiles an diesem Morgen fest, dass die Fertigpfannkuchenmischung, die er sich zum Frühstück zubereitet hatte, gar nicht so übel war. Vielleicht nicht so gut, wie die Pancakes in Emmas Diner, aber trotzdem durchaus essbar.

Er saß in Daunenjacke am Esstisch, denn das Haus war über Nacht erneut vollkommen ausgekühlt.
 

Beim Gedanken daran, dass heute endlich seine Mission startete, wurde er ein wenig kribbelig, legte sich innerlich einen Plan zurecht und stellte im Geiste seine Ausrüstung zusammen.
 

Nach dem Essen verschwand Stiles noch für eine kurze Katzenwäsche im Bad, schlüpfte in mehrere Lagen Kleidung, packte zusammen, was er brauchen würde und trat dann vor die Tür.

Auf das Bild, dass ihn dort erwartete, war er allerdings nicht gefasst, denn in etwa dreihundert Metern Entfernung saß der große, schwarze Wolf vom gestrigen Tag abwartend auf seinen Hinterläufen, als hätten sie beide eine Verabredung:

„Guten Morgen, mein schöner Freund!“ murmelte Stiles verblüfft vor sich hin, zog vorsichtshalber die Schreckschusspistole aus seinem Rucksack und steckte sie sich in die Jackentasche, nur für den Fall, dass das Tier ihn vielleicht für sein Frühstück hielt.
 

Stiles betankte und belud seinen Schlitten, ohne den Schwarzen aus den Augen zu lassen und als er startete, setzte auch der Wolf sich in Bewegung und folgte ihm mit demselben Sicherheitsabstand, wie bereits am Vortag. Während des gesamten Vormittags hatte der Mensch auf diese Weise einen Begleiter, doch wann immer er sich das Tier von Nahem anschauen wollte, wich es wieder einmal zurück und so ging Stiles einfach seinen Aufgaben nach, suchte Plätze auf wo Wölfe kürzlich Rast gemacht, sammelte Proben von Losung und Haaren ein, fotografierte Futterplätze und stellte Steady-Cams auf, welche ihm dann später Bilder in die Forschungsstation schicken würden.
 

Black Beauty wurde es scheinbar gar nicht müde, den Biologen bei seiner Arbeit zu beobachten und Stiles, dem dieses Verhalten ausgesprochen eigenartig vorkam überlegte, ob sein neuer Freund wohl domestiziert und an Menschen gewöhnt war?

War er vielleicht ein verlassenes Haustier, das auf der Suche nach einen neuen Herren war?

Aber warum ließ der Schwarze ihn dann nicht in seine Nähe kommen?

Vielleicht hatte er Schlimmes erlebt und war nun misstrauisch?
 

Der Wissenschaftler in Stiles hätte nur zu gern herausgefunden, was es mit diesem Tier auf sich hatte.

Und der kleine Junge in ihm begeisterte sich für den schönen, großen, stolzen Wolf und wünschte ihn sich als Spielgefährten.

Doch natürlich kam das gar nicht in Frage, denn dafür war er schließlich nicht auf dieser Mission und er durfte sich auch nicht ablenken lassen.
 

Ein weiteres Mal hatte Stiles Glück mit dem Wetter. Zwar war es lausig kalt, aber der Himmel war blau und die Sonne schien.

Natürlich waren Wölfe nicht die einzigen Tiere, welche hier draußen anzutreffen waren. Für einen Naturforscher wie Stiles war die Wildnis Alaskas ein Traum!

Auf den ersten Blick konnte man sich fast der Illusion hingeben, hier sei die Welt noch in Ordnung und Begriffe wie Umweltverschmutzung und Artensterben hätten keinerlei Bedeutung.
 

Stiles hatte bereits ein paar Karibus gesehen, einen großen, unbeholfenen Elch mit mächtigem Geweih, eine Schwarzbärin mit zwei Jungen, zu denen er einen großzügigen Abstand gewahrt hatte, um Mama Bär nicht auf den Gedanken zu bringen, er sei vielleicht eine Gefahr für ihre Familie.

Gerade in diesem Augenblick kam eine Bisonherde, bestehend aus etwa fünfundzwanzig Tieren auf ihn zu. Bevor die ersten europäischen Siedler auf diesen Kontinent gekommen waren, gab es hier Herden, welche aus hunderten von Tieren bestanden hatten, wusste Stiles, doch der Bison war bejagt worden, bis er beinahe vor seiner vollkommenen Ausrottung stand. Die hiesigen Bestände waren gerade erst wieder dabei, sich ein klein wenig zu erholen, dank der Bemühungen von Regierung, Wildhütern und Naturschützern.
 

Die Zweifel, welche Stiles an dieser Mission gestern noch überkommen hatten, schmolzen mit einem Mal dahin, wie Schokolade in der Sonne! Es war herrlich und er war genau da, wo er sein sollte. Es würde das größte Abenteuer seines Lebens werden; etwas von dem er noch seinen Enkeln berichten würde!
 

Zu seiner Freude traf Stiles ein weiteres Mal eine Gruppe von Wölfen. Ihre alte Alpha stellte sich schützend vor ihr Rudel und nahm den zweibeinigen Eindringling erst einmal streng ins Visier. Sie war nicht sehr groß, doch sie hatte in ihrem Leben wohl schon einige Kämpfe ausgefochten und war daraus als Siegerin hervorgegangen; das verrieten die Blessuren, die sie daraus davongetragen hatte. Eines ihrer Ohren, sah ein wenig angeknabbert aus, sie hatte eine Narbe quer über ihr Gesicht, welche wohl von einem Bären stammte und mit einem ihrer Vorderläufe humpelte sie ein wenig.

Stiles verhielt sich selbstverständlich ganz defensiv, um zu zeigen, dass er keine Bedrohung darstellte. Er machte lediglich ein paar Fotos und überlegte sich, dass er vielleicht einen Bildband herausbringen könnte, sobald er wieder zurück in der Zivilisation war, falls die Aufnahmen gut werden würden.
 

Sein großer schwarzer Schatten war wieder einmal verschwunden, sobald das Rudel Grauwölfe aufgetaucht war. Offenbar hielt sein Freund nicht viel von der Gesellschaft seiner Artgenossen.

Ein weiterer Punkt auf der Liste der Merkwürdigkeiten, die mit diesem Tier verbunden waren!
 

Irgendwann, nachdem sie sich gegenseitig ausgiebig beguckt hatten, setzte das Rudel seinen Weg fort und Stiles tat dasselbe. Und da traute sich auch sein schwarzer Wolf wieder aus seiner Deckung. Und offensichtlich hatte dieser irgendetwas entdeckt, das sein Interesse weckte, denn anstatt Stiles weiter zu folgen, blieb er auf einem Hügel stehen und kläffte etwas an.

Und als Stiles einfach weiterfuhr, wurde dieses Bellen , fordernder und ungehaltener und schließlich hechtete der schwarze Wolf hinter dem Schlitten her, holte ihn sogar ein und stellte sich ihm in den Weg:
 

„Also gut!“ murmelte Stiles schließlich in sich hinein: „Du willst mir also etwas zeigen, Blacky? Dann mach´ schon!“
 

Der schwarze Wolf raste also los, zurück zu jenem Hügel und fing dort wieder an, etwas anzubellen:
 

„Ist ja gut! Ich komme ja schon!“ sagte Stiles, als er den Schlitten angehalten hatte und sich nun zu Fuß den verschneiten Hügel hinauf begab.
 

Natürlich ließ der große Wolf Stiles auch dieses Mal wieder nicht nah an sich heran, sondern entfernte sich in großen Sprüngen, als der Mensch sich auf die Stelle zu bewegte, die er sehen sollte:
 

„Ich tue dir doch nichts, du Dummerchen!“ seufzte Stiles, doch dann hörte er im Näherkommen plötzlich ein klägliches und verzweifeltes Fiepen. Und so fand er an der Stelle, auf die der Wolf ihn hatte hinweisen einen kleinen Polarfuchs. Beinahe mit seinem gesamten Körper steckte dieser in einer Falle, die für ein sehr viel größeres Tier, wie einen Bären, oder wenigstens einen Wolf bestimmt war und der Schnee um ihn herum war rot vom Blut.

Sofort ging Stiles bei der kleinen Kreatur in die Knie, flüsterte sanft:

„Bitte nicht beißen, mein kleiner Freund! Ich will dir nur helfen, ja?“
 

Er machte sich daran, die Falle wieder aufzusperren, um den Fuchs zu befreien, was gar nicht so einfach war, da diese ausgesprochen schwergängig war. Er kämpfte mindestens zehn Minuten lang und war trotz der Eiseskälte schnell in Schweiß gebadet. Als er sie endlich so weit offen hatte, dass der Fuchs sich wieder heraus bewegen konnte, war der Biologe dankbar, als er sie wieder loslassen und zuschnappen lassen konnte.
 

Der Fuchs kam allerdings nicht weit. Sein verzweifelter Überlebenskampf und der Blutverlust hatten ihn derart geschwächt, dass er mit einem mitleiderregenden Seufzen im Schnee zusammenbrach.

Stiles kramte aus seinem Rucksack ein Handtuch hervor und wickelte den Fuchs darin ein. Dann griff er nach der Falle, denn diese würde mit Sicherheit kein Tier mehr verletzen, schwor er sich. Er trug beides hinüber zu seinem Schlitten und ehe er startete, blickte er sich noch einmal nach dem schwarzen Wolf um, welcher ihm huldvoll zuzunicken schien:
 

„Schön, dass du zufrieden mit mir und meiner Arbeit bist, Blacky!“ murmelte Stiles kopfschüttelnd und startete den Motor.
 

Zurück in der Station brachte der Biologe den kleinen Fuchs als Erstes ins Labor, denn hier hatte er eine recht umfangreiche Hausapotheke für Mensch und Tier. Das Tierchen erhielt per Spritze ein Kombi-Präparat gegen Schmerzen und zur Beruhigung und Stiles machte sich nun daran, die Wunden zu reinigen und zu desinfizieren, um sie dann zu verbinden.

Und während Stiles den Fuchs verarztete, wurde ihm eines klar: Der Wolf hatte ihn nicht nur auf eine Kreatur in Not hingewiesen, sondern unabsichtlich auch auf ein noch viel größeres Problem!

Ganz offensichtlich musste es in dieser Gegend Wilderer geben, denn die einzigen, die hier legal jagen durften, waren die Ureinwohner Alaskas. Die Inuit jagten jedoch traditionell. So etwas Mieses wie diese Tretfallen käme bei ihnen niemals zum Einsatz.

Und Wilderer bedeuteten auch eine Gefahr für Stiles selbst, denn diese Mistkerle taten etwas Strafbares und würden am Ende vielleicht auch nicht davor zurückschrecken, einen Menschen zu töten, um unerkannt zu bleiben. Er würde sich sehr vorsehen müssen.
 

Stiles nahm sich vor, eine E-Mail an die Wildhüter der Gegend zu schreiben und sie über seine Entdeckung zu informieren; zu seiner eigenen Sicherheit und damit diesen Unmenschen das Handwerk gelegt werden würde.
 

Doch jetzt setzte er erst einmal seinen seinen kleinen Patienten in einen großen Pappkarton und spendierte ihm eine Schüssel Wasser und eine Büchse Dosenfleisch.

Und als Stiles erkannte, dass der Fuchs sich sogleich an beidem bediente, war er zuversichtlich, dass das Tier durchkommen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  CharlieBlade1901
2017-12-03T22:16:38+00:00 03.12.2017 23:16
Charlie: „Sieh es von der positiven Seite. Du hast zwar kein Wolf als Haustier, dafür jetzt aber einen entfernten Verwandten. Und diese schwarze Schönheit von der wir alle wissen wer es ist, wird sich ganz bestimmt bald von dir für deine Forschungen untersuchen lassen.“
Stiles: „Ja meinst du?“
Charlie: „Würde ich dich jemals anlügen?“
Stiles: „...“
Charlie: „Ach kom wann hab ich dich je angelogen?“
Stiles: „Die Sache in Mexiko vor drei Jahren.“
Charlie: „Ich hab gesagt es tut mir leid. Gott bist du nachtragend.“
Antwort von:  GingerSnaps
04.12.2017 06:28
Hi Charlie,
Du bist also per du mit unserem Jungen? Na dann bestell liebe Grüße!
(Und die Sache in Mexiko? Erzähl mal mehr!;-)
Antwort von:  CharlieBlade1901
04.12.2017 12:49
So sehr es mich auch lockt es dir Zusagen. Ich musste Stiles versprechen nie auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Aber soviel kann ich verraten. Er ist am nächsten Tag mit nem Mann aufgewacht in einem runtergekommenen Hotelzimmer. Danke ich sag Bescheid.
Antwort von:  GingerSnaps
04.12.2017 18:07
Na sowas! Dieser Junge hat vielleicht Nerven! xD


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