Two in One von winged_wolf (Oder zwei Herzen in einem Körper) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 – Ein unerwarteter Gast -------------------------------------------- „Also... irgendwie.... irgendwie hab ich es mir größer vorgestellt...“ mit einem hörbaren flattern wurde meine Kapuze zurück gerissen. „Ich mein, so für einen weltbekannten Professor...“ Wie üblich ignorierte Washakwil meine Selbstgespräche und zog einen großen langsamen Kreis über dem kleinen Dorf. Das einzige bemerkenswerte an diesem Ort war ein großer Gebäudekomplex am östlichen Rand des Dorfes, ansonsten waren nur kleine Einfamilienhäuser mit Gärten dazwischen und eine kleine Farm zu sehen. „Ich würde sagen dass das große Gebäude das Labor ist, einen Versuch ist es auf jeden Fall wert... Lande mal da drüben!“ Da ich mit meinen Selbstgesprächen nun fertig war, erhob ich etwas die Stimme um Washakwil darauf aufmerksam zu machen, zusätzlich streckte ich noch die Hand über seine Schulter um auf den Komplex zu zeigen... was ich sofort bereute als mir der kalte Wind in den Ärmel fuhr. Schaudernd kuschelte ich mich wieder an den flauschigen Rücken des großen Vogels, dabei rutschte ich aus versehen halb auf meine Fracht. Auf der Höhe auf der Washakwil flog war es eisig und da es langsam dunkel wurde, fehlte die Wärme der Sonne. Washakwil kreischte seinen unverkennbaren Ruf das er verstanden hatte. Während er also noch seine Runde beendete fischte ich nach meiner Kapuze um sie wieder über meine blonden Haare zu ziehen... Acerus sei dank gab es an Bord meines Transports keine Spiegel und so musste ich mir das Büschel das sich Frisur schimpfte nicht sehen. „Eeeeee~“ meine kleine braune Beifahrerin arbeitete sich langsam aus ihrem warmen Versteck hervor, streckte ihren Kopf unter meinem Arm hervor und sah mich vorwurfsvoll an. „E!“ Wie viel Unmut man in diesen einzigen Buchstaben reinstecken konnte war unglaublich. „Tut mir leid Evi...“ Da ich die Hände lieber in den Federn von Washakwil ließ, schmiegte ich meine Wange an Evoli „Hab ich mich auf dich gelegt?“ Evi nickte beleidigt, schmiegte sich aber wieder neben mich. „Na aber immerhin bist du endlich wach.“ Die langen Ohren schlackerten im Wind während meine beste kleine Freundin fröhlich nickte. Zudem riss sie weit das Mäulchen auf und gähnte herzhaft, gefolgt von einem müden Schmatzen... ja da konnte man eifersüchtig werden, den ganzen Tag in der kuscheligen Wärme schlafen ohne Angst zu haben runter zu fallen... „Wir sind übrigens fast da.“ Dieses mal behielt ich die Hände bei mir, vor allem da Washakwil mittlerweile zum Sinkflug überging, zu einem recht steilen wenn ich das bemerken darf, denn Evi quiekte plötzlich auf und klammerte sich an mich. Evi war keine begeisterte Fliegerin... vor allem nicht wenn der Boden so schnell näher kam. Kichernd legte ich mich so flach wie möglich auf Washakwils Rücken um so wenig Luftwiderstand wie möglich zu bilden. Evoli hielt ich dabei dicht an mich gedrückt, nicht das sie mit ihren großen Ohren noch davon flog. Nach einigen Metern wurde Washakwil langsamer und veränderte seine Flug Position, der Sinkflug wurde nun viel langsamer und nach kurzem setzte es mit schlagenden Flügeln sanft auf dem Boden auf. Kaum hatte ich meinen Griff gelöst, hatte sich Evi aus meinem Arm gelöst und war auf den festen Boden gesprungen. Mit einem schweren Seufzen drehte sie sich einmal im Kreis und hoppelte dann ein bisschen herum. Kichernd rutschte auch ich von Washakwil und streckte mich erst mal. Ich mochte das Fliegen zwar, aber irgendwann war es auch genug und schön wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Auch Washakwil streckte die Flügel und klapperte mit dem Schnabel. Er war sicher ziemlich erschöpft nach dem langen Flug mit Passagier. Selbst für ein Washakwil war er ziemlich groß, groß genug dass ich mich gemütlich auf ihn legen konnte, so musste er sich auch jetzt runter beugen um das wohlverdiente Lob abzuholen. „Danke fürs mitnehmen.“ Lächelnd rieb ich den scharfen Schnabel. „Sooo also, wo sind wir hier...“ Es sah ganz anders aus als wie aus der Luft, aber das Gewächshaus war ziemlich einfach zu identifizieren. Es baute sich wie ein leuchtend roter Kristall vor ihr auf, der in der Abendsonne funkelte. Da so ein Gewächshaus ja aus Fenstern bestand, ging ich neugierig an das Glas. Man sah schon ohne sich die Nase daran platt zu drücken dass es voll mit Pflanzen in allen möglichen Größen und Farben war. Um in der untergehenden Sonne mehr sehen zu können, legte ich die Hände schützend an beide Seiten der Augen und drückte mir nun doch die Nase platt. Neben den Pflanzen war ein großer Teich in der Mitte zu sehen in dem kurz die unverkennbare Rückenflosse eines Barschwa auftauchte und inmitten sich seltsam bewegender Seerosenblätter wieder versank. Aus den Augenwinkeln sah ich eine Bewegung, doch erst als sich eine der 'Pflanzen' bewegte sah ich genauer hin. Das Pokemon war riesig und an seinem Kinn hingen... Bananen? Evi war mittlerweile auf meine Schulter geklettert und versuchte auch einen Blick zu erhaschen. Wie es wohl drinnen aussehen würde? Mit dem Vorsatz zu dem unerlaubten betreten des Grundstückes nun auch noch einen Einbruch hinzuzufügen trat ich einen Schritt zurück, wandte mich auf den warnenden Ruf von Washakwil aber schnell um. Fast im gleichen Augenblick trat ein Mann aus den langen Schatten. Er war... ein etwas haarloses Ursaring? Er war groß, breit und zumindest im Gesicht haarig, überall waren Blätter und kleine zweige in seinen Haaren und die Kleidung war dreckig. Doch anders als ein Ursaring hatte er ein breites Lächeln im Gesicht, das jedoch ein bisschen überrascht wirkte. „Einen wunderschönen guten Abend wünsche ich junge Dame. Kann ich dir irgendwie helfen?“ Irgendwie hatte ich das Gefühl das er zwar mit mir sprach, aber nur Augen für Washakwil hatte, denn er kam ihm so nahe das Washakwil drohend die Flügel leicht auffaltete und leise fauchte. „Wirklich erstaunlich! Bisher habe ich nur von Washakwil gelesen, hier gibt es keine, aber in echt sind sie noch beeindruckender als auf Bildern! Es ist ja riesig und so gesund! Seidige Federn, starke Flügel und der Schnabel!“ Der Mann hatte wirklich keinen Sinn für Gefahr, denn er näherte sich besagtem Schnabel unberührt der Drohgebärden. „Ähm...“ irgendwas war komisch an dem Typen, okay nicht irgendwas, vieles war komisch an ihm, aber unfreundlich schien er nicht. „Ich suche den Professor... Professor Birk. Er soll hier arbeiten.“ Nun richteten sich die Augen doch tatsächlich auf mich... „Da bist du vollkommen richtig!“ ...aber nur kurz denn er entdeckte Evi das sich auf meiner Schulter versteckte „Ich bin Birk und dies hier ist mein Labor.“ Er musste meinen ungläubigen Blick bemerkt haben, denn er fing an zu lachen, obwohl er Evoli seine Aufmerksamkeit schenkte welche auf meiner Schulter irgendwie zu schrumpfen schien. Evi mochte Fremde nicht wirklich. „Doch doch du kannst mir ruhig glauben... ich war gerade auf einem kleinen.. naja man kann es Forschungsausflug nennen. Da war ein junges Zigzachs und auf dem weg zu seinem Bau ist es ein paar Fiffyen begegnet und...“ Ich hatte keine Ahnung was er da erzählte, aber er war scheinbar wirklich der Professor... er hatte diese verrückte Professoren Ausstrahlung... als ging ich zu Washakwil und streichelte über die aufgeplusterten Federn, was den Professor scheinbar zu einer Frage brachte: „Was möchtest du eigentlich von mir und wie war noch gleich dein Name?“ Seine komische Art brachte mich wirklich zum Lächeln „Mein Name ist Fae und ich bin hier, weil ich gerne ein Pokemon Trainer werden möchte.“ „So?“ Er stemmte die Arme in die Hüfte und sah mich neugierig an „Aber du hast doch schon Pokemon?“ „'Haben' ist der falsche Begriff. Washakwil war nur so freundlich mich hier her zu bringen und Evi und ich sind schon seit ein paar Jahren die Besten Freunde. Aber jetzt will ich gerne die Welt sehen und um Evoli zu schützen möchte ich sie in einem Pokeball fangen... nicht das es noch jemand anderes macht, das will ich nicht riskieren.“ Um auch Evi etwas zu beruhigen kraulte ich sie etwas an den Ohren. „Verstehe verstehe...“ der Professor nickte „Also gut, dann lass uns erst mal ins Labor gehen, dort können wir uns in Ruhe unterhalten...“ Er zögerte kurz während er an sich hinab sah. „Vielleicht werde ich mich auch erst einmal waschen gehen bevor ich noch ärger von Melanie bekomme!“ Lachend ging er voraus ohne nachzusehen ob ich ihm folgte. Ich streichelte noch mal über die dunkelblauen Federn und setzte mich dann in Bewegung. Der Professor führte sie über die Grasflächen hin zu einem Gebäude das am nächsten wie ein Wohnhaus aussah. Da selbst der Professor durch die Tür passte, passte auch Washakwil durch die Tür. Auch wenn es nicht gerne in Räumen war, ich war ja auch hier und er würde einen Teufel tun und mich mit dem verrückten Typen alleine lassen. Zuerst ging es in einen weiten Flur von dem mehrere Türen abgingen, wir nahmen die zweite von links in einen warmen freundlichen Raum. Hier stand eine Sitzgruppe mit einem kleinen Tisch. An den Wänden waren Bücherregale die mit Büchern regelrecht vollgestopft waren. Von hieraus gingen zwei Türen nach rechts und links ab, doch das beeindruckendste war das große Fenster das die komplette Wand gegenüber der Tür einnahm. „Bitte setz dich doch einfach dahin während ich mich etwas ansehnlicher herrichte.“ Er grinste breit „Ich sage Melanie – meine Haushälterin – das wir einen Gast haben.“ Er ging und ließ die Tür einen Spalt offen. Es sah so vollkommen anders aus als daheim. Ich war nicht einmal drei Tage weg und schon hatte ich Heimweh? Ich rieb mir mit beiden Händen die Wangen und ging weiter in das Zimmer. Washakwil fand es scheinbar gar nicht so übel, nachdem es das Gepäck fallen gelassen hatte, begann er neugierig an dem flauschigen gelben Teppich zu knabbern. „Nicht!“ Er hob überrascht den Kopf „Schau mich nicht so an! Du kannst doch nicht die Einrichtung fressen noch bevor ich mich überhaupt hingesetzt habe!“ Kopfschüttelnd drehte ich mich zu den Regalen um. Ich mochte Bücher aber von den Meisten hier hatte ich noch nie etwas gehört. Während ich mir also die Bücher ansah, zog ich gedankenverloren die Kapuze ab und fuhr mit den Fingern durch die langen blonden Haare um nicht ganz zerzaust auszusehen. „Ee~“ Evi machte sich bemerkbar und hüpfte von meiner Schulter um sich auch dem Teppich zu widmen. Wenigstens fraß sie ihn nicht gleich an sondern kuschelte sich hinein. „Ach du meine Güte, hätte ich gewusst dass es weder ein zerzauster Professor noch ein übermütiges Kind ist den wir hier zu Gast haben, hätte ich Tee und Gebäck gemacht!“ Auf den Überraschenden Seufzer hin drehte ich mich erschrocken um. Vor mir stand eine rundliche, etwas untersetzte Frau, sie hatte lockiges weißes Haar und leichte Lachfältchen an den Augen. „Hallo Liebes, mein Name ist Melanie. Miky... also ich meine Professor Birk, er sagte das wir einen Gast haben, aber so einen Hübschen hatten wir schon lange nicht mehr!“ „Öhm.... also... naja...“ Ich wurde leicht rosa und hob die Schultern, was sollte ich denn darauf sagen!? „M-Mein Name ist Fae...“ „Freut mich dich kennen zu lernen Fae Liebes. Setz dich doch, ich hole etwas Tee!“ Bevor ich sagen konnte das es nicht nötig war, war sie schon aus der Tür. Da ich nicht wusste was ich sonst tun sollte, setzte ich mich einfach auf das Sofa und betrachtete die liebevollen Details auf den Regalen und die hübschen Bilder im Raum. Es war offensichtlich dass nicht der Professor sondern Melanie den Raum eingerichtet hatte. Evi sprang auf meinen Schoß und begann Washakwil auszuschimpfen welcher das Sofa allzu neugierig beäugte... „Das kannst du vergessen, du würdest es mit deinen Krallen nur kaputt machen.“ Beleidigt hockte sich Washakwil mitten auf den Teppich Ich seufzte leise und lehnte mich leicht zurück, es war eigentlich gar nicht so schlimm hier, die Leute waren etwas verrückt aber nett. Während ich gedankenverloren durch das weiche Fell von Evoli fuhr lauschte ich dem leisen ticken der Uhr. Zuhause waren die Räume viel höher, aber es war ganz okay in dem Raum. Von draußen war ein leises klappern zu hören das immer lauter wurde bis Melanie mit einem kleinen Servierwagen durch die Tür kam. „So da bin ich wieder, tut mir leid das du warten musstest.“ „Nicht doch!“ Ich setzte mich kerzengerade hin während sie auf dem Tisch drei Tassen aufstellte und in zwei Tee füllte. Anschließend stellte sie zwei Schüsseln Wasser auf den Boden. Da es Tee gab, würdigte meine verwöhnte pelzige Freundin dem Wasser keinen Blick, Washakwil dagegen nahm Dankbar das Wasser an. „Dankeschön... und tut mir leid dass ich einfach so hereingeplatzt bin.“ „Ach, es ist schön mal wieder einen Gast zu haben! Seit Saphir, das ist die Tochter des Professors, unterwegs als Pokemontrainerin ist, ist es manchmal ziemlich langweilig und ich freue mich über Gäste!“ Sie setzte sich neben mich und nahm sich ihre Tasse, ich tat es ihr gleich und nahm ein paar Schlucke. Es wärmte wirklich schön meinen ausgekühlten Körper. „Also, was führt dich hier her?“ „Ich würde gerne ein offizieller Trainer werden.“ Ich setzte die Tasse ab und hielt sie Höhe von Evolis Nase. Diese schnüffelte etwas daran, entschied aber dass es noch zu heiß war um die empfindliche Zunge reinzustecken. „Das sind also gar nicht deine Pokemon?“ Überrascht sah sie zu dem großen Vogel. „Wir sind nur Freunde und Washakwil wird nachdem es sich ausgeruht hat, auch wieder zurück fliegen. Und Evoli und ich wollen uns auf eine... mmhh... Findungsreise begeben.“ „Verstehe...“ Sie sah mich immer noch überrascht an, lächelte aber „Ich habe mich damals auch nur als Trainer registrieren lassen damit ich und mein kleines Sonnkern zusammen bleiben können. Ich bin damals mit meinen Eltern hier nach Hoenn gezogen und wollte meine kleine Freundin nicht zurücklassen. Naja ich stelle dir sie nachher vor, um die Zeit genießt sie nämlich noch die Abendsonne.“ Melanie kicherte leise „Ihr Name ist Sunny – ich weiß, nicht sehr kreativ, aber ich hatte damals einfach beschlossen das sie so hieß... Kinder sind eben so.“ Sie betrachtete Evoli. „Wie heißen deine Freunde?“ In dem Moment kam der Professor zur Tür herein. JETZT sah er so aus wie auf den Bildern die ich gesehen hatte. Mit einer Handbewegung die zeigte dass Melanie das schon Jahre lang machte, goss sie auch dem Professor Tee ein. „Bei uns ist es Tradition unsren Pokemon erst dann einen Namen zu geben, wenn sie ihre letzte Entwicklungsstufe erreicht haben.“ Ich nahm noch ein paar Schlucke Tee und ließ dann vorsichtig etwas über den Rand in die Untertasse laufen. So war der Tee schneller kalt sodass Evi bald trinken konnte. „Gerade Evolis sind dafür ein gutes Beispiel. Sie können so viele Formen annehmen und jede dieser Formen wird ihren Charakter etwas ändern. Meine Mutter hatte ein Psiana, das war ruhig und ausgeglichen, meine Großmutter dagegen hatte ein Blitza, das war vielleicht ein wildes Ding!“ Ich lächelte leicht traurig „Selbst im hohen Alter war es noch total verrückt! Wie soll man also ein Pokemon nennen, dessen angestrebtes Wesen man noch gar nicht kennt? Sicher man benennt Kinder auch schon bei Geburt, aber wir können auch nicht irgendwann fliegen oder beschließen nie fliegen zu können und lieber für immer auf dem Boden zu bleiben.“ Ich hielt Evi die Untertasse hin und sie begann begeistert den Tee aufzuschlecken. „Ich denke zwar nicht dass Evi je ein ausgeglichenes Pokemon wird, aber wer weiß?“ Ich zuckte kurz mit den Schultern. „Es ist keine schlechte Einstellung...“ Der Professor fuhr sich nachdenklich durch den Bart, der Tee war vergessen „Wie entscheidet ihr aber dass ein Pokemon sich nicht entwickeln möchte?“ „Mhh... naja wir wachsen mit Pokemon zusammen auf, sehr eng zusammen... und ich denke, da merkt man einfach wenn der beste Freund 'angekommen' ist?“ Er nickte wieder und lehnte sich vor um Evoli genauer unter die Lupe zu nehmen. „Und Washakwil? Wie ist sein Name?“ Es war zwar eine berechtigte frage, immerhin war es ausgewachsen, aber... „Es gehört zu niemandem... ich kann nicht einfach sagen es heißt so und mein Nachbar sagt es heißt so... also kürze ich wie bei Evoli – Evi – den Namen einfach auch ab und zu einfach ab.“ Melanie stand auf „Ich will euch nicht weiter bei eurer Fachsimpelei stören, ich werde Abendessen machen. Du wirst natürlich mit Essen Fae.“ Das war keine Frage! Und um ehrlich zu sein, ich hatte auch gehofft bleiben zu können. Nach zwei Tagen im freien war ich froh unter einem Dach zu schlafen. Melanie verließ den Raum und der Professor konnte mich weiter mit Fragen durchlöchern. „Also... Erzähl mir mehr, wer bist du und wieso willst du ein Trainer werden?“ Ich zögerte, ich konnte und durfte ihm nicht alles über mich erzählen, aber es war wahrscheinlich nötig dass der Professor wusste ob ich als Trainer geeignet war. „Ich komme von relativ weit weg von hier. Dort gibt es keine Trainer, wir leben zwar mit Pokemon zusammen, aber sie leben nicht in Pokebällen. Meine Familie betreibt eine kleine Evoli-Zucht und ist... naja ziemlich angesehen sodass von mir erwartet wird, dass ich ohne Fragen zu stellen weiter im Familiengeschäft arbeite. Aber ich bin mir nicht sicher... ich mein, ja ich will da arbeiten, aber wie? Wie will ich das Geschäft leiten und deswegen bin ich hier. Es wird bald so sein dass ich anfangen muss dort zu arbeiten, sodass ich die Welt sehen möchte bevor es soweit ist. Ich will mehr wissen, mehr als man nur aus Büchern lernen kann und darum will ich reisen. Um zu lernen.“ Professor Birk hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört und ab und zu genickt. „Das ist ein guter Grund. Wissen ist wichtig. Und... eine Evoli-Zucht?“ Hier leuchteten seine Augen vor Interesse. „Dann ist es ja kein Wunder dass dein Evoli so hervorragend aussieht! Gesund und zutraulich!“ Nachdem Evi und ich die Tasse geleert hatten, stellte ich sie auf den Tisch zurück und lehnte mich ins Sofa zurück während Evoli sich in meine Hände schmiegte, also begann ich sie zu kraulen. „Also, sie ist wirklich klein die Zucht. An unsrem 15. Geburtstag dürfen wir uns ein frisch geschlüpftes Evoli aussuchen und später entscheiden zu was es sich entwickeln soll... aber...“ ich konnte spüren wie mein Blick finsterer wurde und gleichzeitig meine Anstandsdame hören wie sie mir versuchte einzutrichtern das man so nicht schaute! „...aber ich will mich nicht entscheiden. Ich will das sich Evi selbst entscheidet und ich hoffe das die Reise dazu beitragen wird.“ Zustimmend hauchte Evi ein leises eee~ in meinen Arm und ließ sich den Kragen kraulen. „Evoli kann mich einfach immer aufmuntern, ich will ihr nichts aufzwingen.“ Und auch jetzt brachte mich ihr verhalten wieder zum lächeln. Der Professor sah durchaus zufrieden aus und lächelte. „Also gut Fae, ich denke, dass ich dir guten Gewissens die Zusage geben kann, eine offizielle Trainerin zu werden. Ein Pokemon zu beginn deiner Reise wirst du ja sicher nicht brauchen, du hast ja schon den perfekten Partner!“ „Partnerin.“ Berichtigte ich ihn lächelnd. „Aber ja, stimmt, Evi ist vollkommen perfekt für mich als Partnerin! Aber ich glaube... ich muss mich noch bei der Trainervereinigung oder so anmelden?“ „Ganz recht, ganz recht! Aber gehen wir dazu am Besten ins Labor, da habe ich alle unterlagen.“ Er betrachtete den großen Vogel „Es... es wäre nicht zufällig möglich dass ich deinen Freund hier mal untersuche? Keine Sorge, ich werde ihm nicht weh tun! Ich will ihn nur etwas vermessen und so...?“ Er sah regelrecht fehlend zu mir und ich kicherte leise. „Ich werde sehen was sich tun lässt.“ Damit stand ich auf und in der gleichen Bewegung kletterte Evi auf meine Schulter.   Das Labor war riesig. Es befand sich im Gebäude gegenüber und war über einen überdachten Weg zu erreichen. Das war auch ganz gut so, denn mittlerweile hatte es leicht zu Regnen begonnen. In den Gebäuden drin waren so viele Geräte die ich noch nie gesehen hatte und mir nicht im entferntesten vorstellen konnte wofür sie waren. Der Raum war durchaus praktisch gestaltet, einfache Fliesen, hohe Decken und Fenster und einige Regale und Behälter. Im rechten Eck von der Tür aus gesehen befand sich eine kleine Sitzgruppe. „Ich hole kurz die Unterlagen, einen Moment.“ Und schon war er im Nebenraum verschwunden. „Also Washi hör zu, der Professor wird dich ein bisschen vermessen und wahrscheinlich überall an dir herumfingern, wenn du also nicht magst was er macht, fauche ihn erst mal an und wenn er dann nicht aufhört, darfst du ihn auch picken – aber nicht zu hart okay?“ Washakwil überlegte „Bestimmt bekommst du auch eine Belohnung wenn du brav bist?“ Das half. Er war einverstanden. Kurz darauf kam Birk mit einer Kiste voll Dingen zurück und ging zu der Sitzgruppe. Als erstes reichte er mir ein Tablet, darauf war ein Formular zu sehen. „Fülle das bitte aus, dann können wir weiter machen... und was Washakwil angeht...?“ „Er wird mitmachen... solang es ihm nicht zu bunt wird, aber eine Belohnung würde sicher helfen.“ Lächelnd hob ich die Schultern. „Belohnungen helfen immer... also... würdest du dich bitte auf den Tisch hier setzen?“ Während sich der Professor mit dem Vogelpokemon Beschäftigte, ackerte ich mich durch das Dokument... Da selbst für mich es schon langweilig war das Dokument auszufüllen, konnte ich mir vorstellen wie spannend es für Evi war... also ging sie auf Erkundungstour. Das Labor war ja auch spannen! Das ging eine ganze Weile gut bis ein „Halt! Fass das nicht an!“ durch den Raum hallte. Problematisch war nur, dass Evi vor Schreck besagtes 'nicht anfassen' fallen ließ und panisch die Flucht ergriff. Dabei schepperte das komplette Tablett mit vielen Dingen die nicht zum Anfassen waren runter und alles verteilte sich auf dem Boden. Birk eilte herbei um sich das Chaos anzusehen. „Tut mir leid!“ Ich sprang auf um zu helfen, aber der Professor winkte nur ab. „Nicht schlimm, die Dosen sind ja noch alle zu, außerdem sollte ich es eigentlich gewöhnt sein, dass hier ständig alles runter fällt, fülle ruhig weiter den Bogen aus.“ Ich stand immer noch unschlüssig da während Evoli langsam an mir hochkletterte. „Wirklich. Ich habe öfters Pokemon hier die mein Labor auseinander nehmen. Meine Assistenten haben die ganzen Sachen hier mittlerweile Pokemonfest gemacht.“ Er sammelte alle Dosen auf und ich setzte mich zögerlich wieder zurück. „Du machst echt nur Unsinn wenn man dich mal aus den Augen lässt weißt du das?“ flüsterte ich leise zu Evi welche nur unschuldig mit den Ohren wackelte. Gut, eigentlich hätte ich es wissen müssen, ließ man sie einen Moment aus den Augen, war schon irgendwas nicht mehr da wo es hin sollte, angefangen mit Nahrung. Einige Seiten später hatte sich Evi gütiger weise dazu entschlossen mit meinem Schoß vorlieb zu nehmen anstatt noch mehr Unruhe zu stiften. „Wie viele Seiten denn noch?“ murmelte ich leise vor mich hin, am anderen Ende des Raumes dagegen war ein 'Fertig!' zu hören. Schön wärs... „Hier hast du deine Belohnung mein großer gefiederter Freund!“ Natürlich blieb Evoli nur so lange still sitzen bis sie die Belohnung sah: ein Teller voll mit süßen Pirsif-Beerenstücken. „Aber sagt nichts Melanie davon, sie hasst es wenn es vor dem Abendessen was Süßes gibt...“ er hielt auch Evi ein paar Stückchen hin, die aber erst mal Skeptisch den riesigen Mann beäugte. Hier hieß es abwiegen: Essen oder Weglaufen. Wie immer siegte natürlich der Hunger. Kichernd machte ich mich nun endlich an die letzte Seite und seufzte erleichtert. „Ich bin auch endlich fertig, muss ich sonst noch was machen Professor?“ Dieser kam wieder zu mir zurück und überprüfte die Angaben. „Sieht gut aus... ah ich sehe, du bist schon 18, das erleichtert einiges. Weißt du, die meisten Kinder beginnen ihre Reise ja schon in jungen Jahren, aber ab 18 hat man vollen Zugriff auf seine Pokemon. Bis dahin ist die Anzahl die man sich tragen kann beschränkt.“ Er verstummte kurz während er den Rest las. „Evoli als Starter... gut dann fehlt nur noch ein Foto.“ Er tippte kurz auf dem Tablet herum und hielt es dann vor mich. „Bitte lächeln!“ Gesagt getan und ich konnte bald mein Foto am Ende des Dokumentes betrachten... zum Glück sahen meine Haare relativ normal aus. „Perfekt, ich schicke das jetzt mal ab und spätestens übermorgen sollte dein Ausweis dann da sein, dann kannst du deine Reise offiziell antreten.“ Er tippte wieder etwas herum, legte aber das Tablet schließlich weg. „So und jetzt zum wichtigsten Teil.“ Als nächstes holte er einen packen langweilig aussehende weiße Bälle heraus. Auf meinen skeptischen Blick hin begann er jedoch wieder zu lachen. „Die sind letzte Woche erst neu auf den Markt gekommen. Glaub mir, die sind wirklich toll.“ Er löste einen aus der Packung und gab ihn mir. „Schau her, wenn du in der Mitte drauf drückst-“ mit einem kleinen klicken drückte er den Ball und plötzlich war er Faust groß. „-wird er normal groß. Anschließend musst du das Pokemon das du fangen willst wieder mit dem Knopf treffen.“ Er gab mir den Ball in die Hand und ich drehte ihn neugierig. Er sah wirklich langweilig aus, nicht so wie die Bälle im Internet die oben Rot und unten weiß waren, dieser hier war komplett weiß. Aber nun gut, der Professor meinte sie wären toll, also konnte ich ihn wenigstens ausprobieren. „Fang doch als erstes mal deine kleine Freundin hier ein.“ Also drehte ich Evi den Ball zu, die kletterte gerade wieder auf meinen Schoß und gab mir ein Stück Pirsif-Beere. „Oh Dankeschön.“ Nach einem dicken Kuss auf den flauschigen Kopf steckte ich mir das Stück in den Mund „Und mitgehört?“ Ich hielt ihr mümmelnd den Ball vor die Nase. „Wenn du bereit bist, drück den Knopf.“ Evoli starrte wie hypnotisiert den Ball an und zwar mit einer solchen Konzentration das es mich zum Lachen brachte „Du bist zu niedlich wenn du mal nachdenkst!“ „E!“ Evoli fand sich ganz offensichtlich überhaupt nicht niedlich, so erntete ich nur einen bissigen Blick, außerdem drückte Evi wie aus trotz auf den Knopf. Mit einem Puffen klappte der Ball auf, ein roter Blitz schoss heraus der Evi komplett umschloss und mit zurück in den Ball zog. Dieser begann zu blinken und rot zu leuchten. „Ist... ist das normal?“ Etwas ängstlich sah ich zum Professor auf, der nickte aber nur. „Vollkommen. Warte bis er aufhört zu blinken und ein Klick Geräusch von sich gibt.“ Er sah ziemlich entspannt aus. Gut, also Geduld. Nach einer gefühlten Ewigkeit tat er genau das. Mit einem Klicken auf zu blinken. Dann geschah aber etwas unerwartetes. Der Ball gewann an Farbe! Er wurde Braun, oben dunkler und unten heller und die Silhouette von Evoli tauchte auf. „Wie niedlich!“ Ich betrachtete das kleine Bildchen. „Siehst du! Sie sind toll oder?“ Der Professor war sogar noch begeisterter als ich. „Ja wirklich niedlich!“ Grinsend blinzelte ich kurz als mir etwas einfiel „Wie lass ich Evi denn wieder raus?“ Das brachte Birk natürlich wieder zum Lachen „Entweder drückst du den Knopf wieder oder wirfst den Ball.“ Da ich Evi nicht quer durch den Raum befördern wollte, drückte ich also den Knopf. Sofort sprang der Ball wieder auf und Evoli materialisierte sich neben mir auf dem Sofa. Kurz blinzelte das kleine Tierchen, schüttelte sich und quiekte mich an. „Scheinbar ist alles gut, wie ist der Ball so?“ Beim überlegen kippten die langen Ohren hin und her. „Evi~“ eine aussagekräftige Antwort. Aber scheinbar nicht schlecht. Kichernd verwuschelte ich ihr die Ohren. „Na immerhin. Wenn es jetzt regnet kannst du aber vergessen das ich alleine Nass werde und du fein in deinem warmen trockenen Ball hocken darfst!“ „E!!“ Beleidigt sprang Evi auf meinen Schoß und hoppelte beleidigt auf mir herum, kichern wandte ich mich an den Professor der mittlerweile noch zwei Dinge herausgeholt hatte. Ein kleines gelbes Ding das wie ein Minilaptop aussah und einen viereckigen roten Pokedex (Ich hatte mich im Internet etwas schlau gemacht, also wusste ich zumindest was das war!). „Also das hier ist ein Poke-Multi-Navi. Damit kannst du Karten aufrufen, Fotos machen, herausfinden welche Pokemon in der Nähe gesichtet wurden und mit anderen Leuten kommunizieren.“ Er gab mir den Minilaptop und ich klappte ihn kurz auf. Er zeigte mir die verschiedenen Funktionen an, ziemlich einfach zu bedienen. Nachdem ich ihn zugeklappt hatte, erklärte der Professor weiter. „Das hier ist ein Pokedex.“ Den Pokedex in der Hand drückte er auf einen Knopf unten in der Mitte und er wurde von einem Quadrat zu einem Rechteck, in der Mitte war eine Liste zu sehen. „Damit kannst du Informationen über vor dir Pokemon aufrufen. Du kannst zwar auch bestimmte Pokemon suchen, aber die generelle Funktion ist die Information über das Pokemon das dich interessiert.“ Er hielt das Gerät vor Evoli, die blieb stehen und streckte die Ohren kerzengerade nach oben. Sofort begann der Pokedex mit einer blechernen Stimme zu erzählen: 'Evoli, ein Pokemon vom Typ Normal. Evoli ist ein seltenes Pokemon dessen genetisches Erbmaterial so instabil ist, dass die Umgebung plötzliche Mutationen auslösen kann. Die Ursache dafür ist nach wie vor unklar.' „Und weil es so schön war, noch einen!“ Lächelnd richtete er den Dex auch auf Washakwil der immer noch auf seinem Tisch saß. 'Washakwil, ein Pokemon des Typs Normal und Flug. Ein tapferer Krieger der Lüfte, der zum Schutz seiner Kameraden auch mit Verletzungen immer weiterkämpft. Für Freunde stürzt es sich selbstlos.' Jetzt drückte er wieder auf den Knopf und der Pokedex fuhr ein. „So mehr habe ich nun erst mal nicht. Hast du noch fragen?“ „Eigentlich nicht...“ Ich nahm auch den Dex an mich „Aber vielleicht später. Es ist alles ziemlich viel neues auf einmal.“ „Ach wenn du mal ein Pokemon findest bei dem der Pokedex nicht funktioniert: Mach ja so viele Fotos wie möglich!“ Das sagte er mit einem solch begeisterten Funkeln in den Augen dass ich lachen musste. „Alles klar Professor!“   Der restliche Abend war wirklich angenehm. Melanie stopfte nicht nur den Professor, sondern auch mich, Evoli und Washakwil voll. Zudem noch alle anderen Pokemon die ihr zu nahe kamen. Ihr Sonnflora war wirklich niedlich und genau so nett wie Melanie. Nach dem Essen zeigte sie mir mein Zimmer in das sich auch Washakwil quetschte und es sich auf dem Teppich gemütlich machte. Wie sagte der Pokedex so schön? 'Für Freunde stürzt es sich selbstlos.' Im Zweifelsfall quetscht man sich sogar in ein kleines Zimmer und schlief auf einem Kunstfellteppich. Ich streichelte ihm kurz über den Rücken und fischte dann frische Kleidung aus meinem Gepäck. Die erste Dusche seit (gefühlten) WOCHEN. Es tat wirklich gut den Schmutz der langen Reise los zu werden. Nachdem ich sogar leicht rosa von dem heißen Wasser war, rubbelte ich mir die Haare trocken und betrachtete mich im bodenlangen Spiegel. Ich bot wirklich keine eindrucksvolle Gestalt. Klein und ein niedliches Gesicht (hatte man mir immer mal wieder gesagt). „Na, vielleicht unterschätzten mich so die anderen Trainer und ich bekomme einen kleinen Vorteil.“ Ich schlüpfte in mein Schlafshirt und kroch in das herrlich frisch duftende Bett. Es war so schön endlich mal wieder in einem Bett zu schlafen. Mit einem klicken sprang das Licht aus und Evi hoppelte ins Bett um sich neben mich zu kuscheln. „Danke das du das Licht ausgemacht hast...“ Ich seufzte genüsslich und zog Evi an mich „Bald können wir uns endlich die Welt ansehen...“ Selbst ich merkte wie meine Worte immer langsamer wurden. „Bestimmt... bestimmt wird es gut gehen....“ und dann dämmerte ich weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)