Die Kinder des Windes von Elnaro (Der König von Kalaß) ================================================================================ Kapitel 1: Aufbruch ------------------- Natürlich bereut Prinzessin Siva ihre Entscheidung nicht, denn das ist nicht ihre Art. Es fühlt sich trotzdem merkwürdig an ihr vertrautes Leben hinter sich zu lassen, schließlich hat sie keine Ahnung was sie erwartet, ganz besonders in Bezug auf ihren Mentor oder Partner…oder vielleicht sogar ihren Geliebten, sie ist sich da noch unschlüssig. Mag er auch schon das eine oder andere über sich erzählt haben, so waren seine Berichte mehr als belanglos. Merkwürdigerweise stellt sie das nun erst in der Retrospektive fest. Als er sie gefangen hielt, ist ihr das noch nicht so klar gewesen. In seinen Geschichten über den Königshof und seinen Hofstaat sparte er stets das Wesentliche aus. Weder weiß Siva näheres über die frühere Königin, seine Ehefrau also, noch über seine Kinder. Auch über den Fall des Königreichs am Ende seiner Ära und zu dessen wahren Gründen hielt Ramon sich stets bedeckt. Sie hat also nur eine Vorstellung von seinem wahren Charakter, der eher stringent und radikal, aber auch tiefgründig und emotional zu sein scheint. Die Gefangenschaft hat ihr seine dunklen Seiten gezeigt und die hat sie gut ertragen. Was sollte also noch kommen? Die junge Frau wird sich weiterhin an ihn herantasten und wenn sie nicht zurechtkommt, kann sie ihn auch immer noch verlassen. Der Plan der beiden Adligen sieht so aus, dass sie sich zuerst nach einem geeigneten Boot umzuschauen wollen, mit dem sie im Anschluss die Steilküsteninsel Ialana, zunächst von Weitem, später näher, erforschen können. Wenn sie so weit sind, werden sie schon wissen wie es weiter geht. Zu weit vorausdenken können sie im Moment nicht. Voraussetzung ihrer Idee ist natürlich, dass sie nun jemanden finden, der ihnen das Segeln beibringt, doch mit dem geeigneten Anreiz, die Rede ist von ein oder zwei Goldstücken, sollte das keine Herausforderung darstellen. Sie sind sich soweit einig. Das ungleiche und doch so gleiche Paar hat nach einigen Absagen, endlich eine Herberge direkt am Hafen von Kalaß gefunden, in dem es noch freie Zimmer geben soll. Alle hiesigen Seemannsherbergen sind so stark belegt in diesen Tagen, dass es an ein Wunder grenzt ohne vorherige Anmeldung irgendwo unterzukommen. Der Handel floriert und das Hafenviertel profitiert am stärksten davon. Siva war fest entschlossen Ramon zunächst die Führung zu überlassen, doch bereits bei der Wahl des Zimmers kommt es zum Konflikt. Als die selbstbewusste Prinzessin in das Zimmer eintritt, das Ramon für die beiden verlangt hat, lacht sie beim Blick auf das Doppelbett kurz auf, ganz so als sei es ein Scherz von ihm gewesen. Unvermittelt macht sie auf ihren Absätzen kehrt. "Ihr habt wirklich Humor bewiesen ein solches Zimmer zu verlangen, Ramon, aber nun bitte ich Euch mir meine Zimmerschlüssel auszuhändigen, damit ich mich zurückziehen kann." Er stellt sich in den Türrahmen, versperrt ihr damit den Rückweg und entgegnet freundlich, aber auch ein wenig verschmitzt: "Das ist weniger ein Scherz von mir, als eine Übung für die Umstände auf dem Boot, Prinzessin. Zudem wisst Ihr genau so gut wie ich wie schwer es ist überhaupt ein Zimmer zu bekommen.“ Siva glaubt er will sie für dumm verkaufen und prustet: „Hättet Ihr den Zimmerpreis verdreifacht, hätten sie schon eins für uns frei gemacht. Ich gehe gleich noch einmal zum Wirt und beschaffe uns ein zweites Zimmer. Aber was meint Ihr mit Umständen auf dem Boot? Seegelboote sind doch riesig, genug Platz für ein Zimmer für jeden von uns.“ Ihre selbstbewusste Einstellung macht ihm jetzt schon Schwierigkeiten. Es war tatsächlich nur noch ein einziges Zimmer frei, doch er hat auch nicht versucht zu verhandeln, denn es passte ihm ganz gut in den Kram. „Wartet bitte. Ein Boot, das ich allein oder wir beide seegeln können, ist kaum größer als das Bett da drüben. Ich würde gern einige Male mit Euch gemeinsam zur Insel seegeln, um sie zu untersuchten. Die Hinreise dauert jeweils einen Tag, einen oder zwei plane ich zur Erforschung und einen weiteren für die Rückreise. Irgendwann werden wir sicher Erfolg haben und die Insel betreten können und da möchte ich Euch an meiner Seite wissen. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass Ihr an Land auf mich warten wollt, oder liege ich da falsch? Ich denke nicht und das bedeutet wir werden jede Bootsfahrt gemeinsam unternehmen." Auch wenn seine Logik unbestechlich ist, kann die Prinzessin nicht zustimmen, ohne selbst ihr Glück versucht zu haben.Kichernd dreht sie ihm den Rücken zu und beginnt die steinernen Stufen in das belebte erste Geschoss zurück zu gehen. „Ihr meint Ihr wollt es üben neben mir zu liegen? Netter Versuch.“ lacht sie und verschwindet, doch kurze Zeit später taucht sie wieder vor ihm auf und geht an ihm vorbei in das Doppelzimmer. Sie räuspert sich und schaut aus dem Fenster, von dem aus sie eine belebte Straße und mindestens ein Dutzend Schiffe und Boote am Kai mit einem wunderschön glitzernden Meer im Hintergrund bewundern kann. „Nun gut.“ sagt sie, ohne ihren Begleiter anzusehen und fügt hinzu: "Zum Glück benötigt Ihr keinen Schlaf, weshalb ich das Bett für mich haben kann." Ramon folgt dem schönen Mädchen belustigt zum Fenster und bleibt hinter ihr stehen. Dann streicht er ihr offenes Haar auf den Rücken und schaut vermeintlich hinaus, in Wahrheit jedoch über ihre Schulter auf ihr schönes tiefes Dekolleté. Sie trägt das dunkelrote Kleid, das er ihr vor etwas mehr als einem Monat, nicht uneigennützig, ausgesucht hat. "Tatsächlich hatte ich vor wieder damit anzufangen. Ihr wollt mir doch nicht weiterhin täglich von Eurem Blut geben, oder Prinzessin? Das bedeutet ich muss wie ein normaler Mensch schlafen und essen und benötige dann nur noch sehr wenig Flüssigkeit von Euch, um meinen Körper zu erhalten. Das ist Euch doch sicher recht?" Siva würde jede Wette eingehen, dass dieser Mann Hintergedanken verfolgt, die er nicht offen zugeben will. Eloquent versucht er sie zu manipulieren, das ist ihr klar, aber auch wenn es so ist, so hat er sie in diesem Spiel geschlagen. Wenn sie nicht auf dem Boden schlafen will, so muss sie es akzeptieren. Ihr Stolz und ihre Intelligenz nützen ihr nichts, wenn sie trotzdem Schachmatt gesetzt wird. Sie setzt sich auf das Bett und bespricht mit Ramon ganz nüchtern den Plan. Am Abend legt er sich, ohne auch nur zu versuchen sich ihr zu nähern, neben sie ins Bett. Der Tag war sehr hart für die beiden. Heute Morgen erst hat Siva erfahren, dass sie zu einem Viertel eine Gottheit ist, hat Abschied von ihrer Familie genommen und sich von ihrem Freund getrennt. Doch auch für Ramon war es nicht leicht, denn er gab seine Liebe auf und flehte gerichtet zu werden, bevor er beides von Siva zum Geschenk bekam. Sie beide sind psychisch ziemlich erschöpft und können das neue Leben nur langsam angehen lassen. Auch an den folgenden Tagen ändert sich nur wenig daran. Immerhin haben sie nun ein Seegelboot gefunden, das zwar theoretisch zu zweit bedienbar wäre, allerdings benötigen die Aristokraten noch eine mindestens einwöchige Schulung im Umgang damit. Der lehrende Seemann schüttelt den Kopf über das schicke Pärchen, das unbedingt zur See fahren muss, aber er wird gut dafür bezahlt und dann kann es ihm auch eigentlich egal sein. Trotz ihres Wunsches sich auszuruhen verausgaben sich die beiden täglich während ihres Lehrgangs. Viel zu erschöpft für tiefgründige Gespräche, manifestiert sich etwas neues zwischen ihnen und zwar eine Kameradschaft, bei der sie lernen sich aufeinander verlassen zu können. Viel zu fixiert auf ihr neues Ziel, hat sich Ramon der Prinzessin nicht einmal genähert, um Blut von ihr zu verlangen, was ihn langsam aber sicher körperlich auslaugt. Als sie nach der Woche harten Trainings Abends zur Seemannsherberge zurück kehren, sind sie guter Dinge den ersten gemeinsamen Forschungsausflug absolvieren zu können. Siva lässt sich erschöpft, aber zuversichtlich aufs Bett fallen. Mit zu vielen anderen Sachen beschäftigt, ist ihr ist das Ausbleiben des Bluttrinkens bis heute nicht aufgefallen. Intensiv denkt sie über die nächsten Schnitte nach, bist ihr eine Sache in den Kopf schießt, über die sie bisher noch gar nicht nachgedacht hat, die aber alles auf den Kopf stellen kann. Prompt setzt sie sich aufrecht und fixiert ihren Begleiter. "Was ist, wenn es wirklich noch Mana-i auf Ialana gibt und Eure Frau Madlene ist darunter?" Er sieht etwas angestrengt aus dem Fenster auf das ruhige Meer. Ihm fällt langsam schmerzlich auf wie sehr er Sivas Blut benötigt und bereits aufrecht zu stehen bereitet ihm Schmerzen. In einem trotzdem ruhigen Ton antwortet er: "Keine Sorge. Sie ist nicht mehr meine Frau, Siva. ‚Bis das der Tod uns scheidet‘ lautete unser Eid. Wie Ihr wisst..." Er dreht sich zu seiner schönen Prinzessin um und schluckt seinen Schmerz hinunter. Etwas laszives erscheint in seinem Blick, als er weiter spricht. "…bin ich gestorben und Ihr habt mich neu geboren. In meinem neuen Leben soll es nur eine Frau geben. Ich gedenke Euch zu meiner Gattin zu machen, wenn Ihr gestattet, meine Geliebte." "So wie Ihr mich gerade anschaut, wollt Ihr wohl eher die Ehe vollziehen." reagiert sie, ohne den eigentlichen Antrag wahr- oder ernstgenommen zu haben. Nicht ganz abgeneigt von dem was hinter ihrer anzüglichen Aussage steht, fügt sie hinzu: "Ich habe noch eine sehr indiskrete Frage, auf die ich unbedingt um Antwort ersuche, Ramon. Wenn Madlene Eure erste Frau war und Ihr Eurem Weib treu sein musstet, dann bedeutet das doch, dass Ihr … nur sie kennt? Sie war Eure einzige Frau in Eurem Leben?" Auch wenn das nur sehr selten vorkommt, bringt ihn diese Frage spontan zum Lachen. Hat sein Ruf als einer der größten Frauenhelden überhaupt die Zeiten etwa nicht überdauert? Er hätte wetten können in den Geschichtsbüchern, die zweifellos sein Erzfeind Nienna prägte, würde stehen, Ramon sei ein unfähiger, frauenverschlingender Dämon von einem König gewesen, doch dem scheint zu seinem Vergnügen nicht so zu sein. Es erfreut ihn ungemein das zu hören, lässt ihn all seine Schmerzen vergessen. Lächeln geht er zu Siva ans Bett und setzt sich neben sie, ohne sie zu berühren. Belustigt antwortet er ihr hübsches jugendliches Gesicht beobachtend: "Euer Interesse an mir ist heute sehr speziell, Prinzessin. Ich sagte nur, dass sich Mana-i für ihr ganzes Leben lang aneinander binden, nicht aber dass sie sich treu sein müssten. Menschliche Liebhaber oder Mätressen aus dem Volk der Rae waren zu meiner Zeit noch absolut üblich. Madlene hatte schon vor unserer Hochzeit duzende von ihnen und damit meine ich nicht nur Männer." Das ändert den Blickwinkel der diesbezüglich eher unschuldigen jungen Frau auf ihren Mentor. Die Frage wer oder was das Volk der Rae ist, wird von einer stärkeren Neugier überstrahlt. Sie stammelt: "Und…und Ihr?" Er streichelt ihr zärtlich über die Wange und antwortet: "Ach Siva, macht Ihr Euch etwa schon Sorgen ich könne Euch untreu werden, noch bevor ich Euch überhaupt angefasst habe? Manchmal vergesse ich Eure Jugend, wenn Ihr so stark und selbstbewusst mit mir umgeht. Um Eure Frage zu beantworten, Ich kenne mitnichten nur Madlene, wenngleich sie die einzige Frau meines eigenen Volkes war, mit der ich zusammen gewesen bin. Wisst Ihr, gerade in den späteren Jahren meiner kalten Ehe habe ich unzählige kurze Liebschaften gehabt. Berücksichtigt auch mein Alter und die Einsamkeit eines Autokraten, bevor Ihr urteilt. Zudem braucht Euch das nicht zu beunruhigen, denn Euch bin ich treu ergeben, meine Siva. Wahre Liebe unter Gotteskindern hält ewig." Verrückterweise hatte sie naiv geglaubt sie beide hätten voreinander nur einen anderen Partner gehabt. Wie konnte sie nur an so etwas glauben? Sie braucht sich den Mann neben ihr doch nur einmal anzusehen, mit seinem weit ausgeschnittenen Hemd, den Ohrringen, Armreifen und der Kette mit Pfaumotiven und nicht zu vergessen seinen bemalten Augen. So viel Prunk und so viel Selbstbewusstsein hinterlassen bei jedem einen bleibenden Eindruck und wer wäre nicht gern Teil des Lebens einer so beeindruckenden Persönlichkeit? Das ist jedenfalls Sivas Eindruck von ihm. Zumindest macht für sie nun seine Behauptung Sinn, er sei ein guter Liebhaber, die er ihr in ihrer Gefangenschaft an den Kopf warf. Das glaubt sie ihm vor diesem neuen Hintergrund aufs Wort. Merkwürdigerweise findet sie das kein bisschen abstoßend, was er sich niemals vorstellen könnte, denn er hat inzwischen selbst Schwierigkeiten damit leichtfertig mit Menschen umgesprungen zu sein. Da er meint seine Erläuterung sei genug für ihr zartes Alter, hat er doch großen Respekt vor der Mana-i Prinzessin, erhebt er sich, geht zu seiner Bettseite und bemerkt sanft: "Wir beide haben nun alle Zeit der Welt und es gibt keinen Grund mehr für mich Euch zu bedrängen." Dieser Satz rüttelt sie wieder wach. Sie dreht sich erschrocken zu ihm, da ihr plötzlich das Fehlen des Blutübertragens bewusst wird. "Doch, den gibt es. Ramon, wieso habt Ihr erneut begonnen zu verschweigen, dass ihr Blut benötigt?" "Weil es keine Eile und auch keine akute Gefahr mehr gibt. Zudem verschweige ich es nicht. Ihr wisst es doch schon." antwortet er selbstbewusst. Sie lehnt sich über das Bett zu ihm, um an sein Hemd zu gelangen und befielt: "Zeigt mir Eure Brust!" Sich auszuziehen lässt er sich gern befehlen und knöpft sein Hemd auf, das nach und nach eine große schwarze Stelle unterhalb seiner Brust preis gibt. "Oh Ramon, warum sagt Ihr denn nichts? Bitte, trinkt von meinem Blut." Sie hält ihm den Arm entgegen, den er sanft mit seiner Hand nach unten drückt und entgegnet: "Nein, das möchte ich nicht mehr tun. Siva, versteht doch, dass ich mir eine andere Art von Beziehung zu Euch erhoffe, eine in der ich nicht immerzu von Euch nehme was ich brauche. Ich kann wieder klar denken. Ich bin kein in die Enge getriebenes Tier mehr, wie kurz nach meiner Erweckung, sondern vielmehr ein Mann, der sich unsterblich in Euch verliebt hat." Die junge Frau krabbelt während seiner schwungvollen Rede auf das Bett zu ihm, beißt sich selbst auf die Zunge und küsst ihren unverbesserlichen Begleiter ungestüm, vielleicht auch deshalb weil er endlich den Mund halten soll. Nach seiner langen Abstinenz verursacht ihre, für ihn äußerst überraschendeTat eine heftige Woge von Verlangen, der er unwillkürlich nachgibt. Er spürt wie sich sein Körper augenblicklich regeneriert. Voller neuer Kraft drängt er sie so weit nach hinten zurück, bis sie sich aufsetzen muss und sich kurz darauf in seinen Armen liegend wiederfindet. Er löst den Kuss, um sich erregt lächelnd ebenfalls auf die Zunge zu beißen. Ganz im Gegensatz zu ihm, benötigt sie sein Blut allerdings nicht und die Auswirkungen auf ihren jungen und intakten Körper sind sehr viel höher als bei seinem. Zudem weiß er genau, dass diese Art der Flüssigkeitsübertragung in Kreisen seines und ihres Volkes verachtet wird und sogar verboten ist. Zu stark ist deren Auswirkungen auf den Geist und zu leicht sind diese zu missbrauchen, doch er fragt sich wer hier schon über die beiden richten soll? Die junge Frau hingegen weiß nichts von dem Verbot, doch trotzdem ist sie nicht sonderlich begeistert von seiner Idee. Sie windet sich in seinen Armen und schimpft: "Lasst das sein! Das...ist zu viel für mich." Sie ignorierend küsst er sie erneut und das Verlangen packt nun auch sie. Die berauschte Siva ist nicht mehr dazu in der Lage sich gegen irgendetwas von dem was er tut wehren können. Zwar hat er sie damit unabsichtlich gefügig gemacht, hat Ramon doch selbst keine Erfahrung mit dieser verbotenen Praxis, doch bremst ihn das keinesfalls aus. Er geht unablässig einen Schritt nach dem anderen ohne den geringsten Zweifel oder einer Gegenwehr Sivas. Aus eigener Kraft aufzuhören liegt nach kurzer Zeit auch nicht mehr in seiner Macht, deshalb befriedigt er sein Verlangen nach ihr vollständig. Ihre beiden Körper regenerieren sich durch den ständigen Austausch immer wieder, weshalb sie einen Höhepunkt nach dem anderen erleben. Vieles was Siva noch niemals gehört, oder ihr auch nur in den Sinn gekommen wäre, lässt er sie heute Nacht erleben. Am nächsten Morgen erwacht die junge Frau nackt in den Armen ihres Liebhabers. Noch immer etwas verwirrt, hat sie Schwierigkeiten sich daran zu erinnern was in der Nacht alles passiert sein könnte, aber schon die ersten Erinnerungsschnipsel fühlen sich merkwürdig fremd an, als sei sie nur eine Zuschauerin gewesen. Es ist eine unwirkliche Erfahrung, doch egal ob er wusste, dass dies passieren würde, oder nicht, macht sie Ramon keinen Vorwurf. Sie hält es für eine logische Schlussfolgerung, da sie ihn viel zu lange hungern ließ. Trotz ihres verwirrten Geistes, gibt ihr Körper eine klare Antwort wie sie sich fühlen sollte, denn er ist so entspannt wie selten zuvor. Das ändert allerdings nichts daran, dass sie lieber gern bewusst dabei gewesen wäre, deshalb wünscht sie sich, dass es nicht jedes Mal mit ihm so ist. Sie schaut zu ihm hoch und ihre Blicke treffen sich. Er hat ihren Schlaf schon eine Weile aufmerksam beobachtet. Etwas überrascht flüstert sie: "Guten Morgen, Ramon. Ich – ich bin etwas durcheinander und nicht sicher was wir alles gemacht haben letzte Nacht… seid Ihr immer so leidenschaftlich…fordernd?" Er lächelt erfreut über ihre sanfte Frage, da er nicht wusste, ob sie ihn für sein wollüstiges Handeln tadeln würde. Die Unsicherheit war es, die ihn antrieb ihren Schlaf zu überwachen. Mit vorsichtig gewählten Worten versucht er sie zu beruhigen. "Guten Morgen, meine Schöne. Eine solche Nacht habe auch ich noch niemals erlebt. Der Blutaustausch ist für mich genauso neu wie für Euch. Ich hoffe ich habe Euch nicht allzu sehr überfordert." "Na, schon etwas. Warnt mich beim nächsten Mal, wenn Ihr sowas vor habt, dann bringe ich mich vorher in Sicherheit!“ kichert sie entspannt, obwohl sie eigentlich schimpfen wollte, doch ihr entspannter Körper gehorcht ihr einfach nicht. Sie hofft er versteht den Kern ihrer Aussage trotzdem, denn natürlich ging ihr das alles deutlich zu schnell. Sie dreht ihren Kopf zur Decke und schließt ausatmend die Augen. Nach einem Moment der Stille, bittet ihn tiefenentspannt: „Können wir uns einen Tag Ruhe gönnen? Ich habe die Erholung reichlich nötig.“ worauf er erfreut antwortet: "Wir haben alle Zeit der Welt, meine geliebte Siva." Natürlich ist die von ihr geäußerte subtile Kritik nicht bis zu ihm durchgedrungen und er glaubt alles richtig gemacht zu haben. Einen Tag später ist es dann aber wirklich so weit. Sie verabschieden sich vom Wirt der Seemannsherberge, in die sie nicht vor haben wieder zurück zu kehren. Grinsend anzügliche Bemerkungen machend, verabschiedet er seine wohlhabenden Gäste. Siva fragt sich, ob er als Dienstleister nicht diskreter sein müsste und regt sich so auf, dass sie mit den Worten „Unverschämtheit!“ empört aus dem Lokal stürmt. Der Wirt lehnt sich lässig auf einem Arm auf seiner Theke ab und sieht ihr schief lächelnd nach. „Eine widerspenstige kleine Meerhexe hast du da.- Solche Freudenschreie aus ihr heraus zu kitzeln, dass wir uns alle die Finger danach lecken, Respekt mein Bester. Ich meine, die Jungs hier sind auch keine Heiligen, aber das!“ grölt der Wirt so laut, dass ihn sämtliche Frühstücksgäste, die nahezu nur aus Seemännern bestehen, hören können, bevor er laut beginnt zu lachen und die Masse der Gäste damit ansteckt. Ramon lächelt nur selbstbewusst zur Antwort und verabschiedet sich ohne weiter darauf einzugehen. Draußen erkundigt sich die junge Frau nach dem nicht zu überhörenden Gelächter. Es ist ein wunderschöner warmer Morgen am belebten Kai und das auffällige Paar hat sich in Richtung ihres Liegeplatzes in Bewegung gesetzt. „Man hat uns gehört vorletzte Nacht.“ erklärt er aufrichtig knapp, woraufhin sie stehen bleibt. „Wer?“ fragt sie erschrocken. Ramon stoppt ebenfalls und stellt sich vor sie. Ihre fast schon kindliche Reaktion amüsiert ihn. „Alle, vermute ich, doch was kümmert es Euch was diese einfachen Männer sagen, Prinzessin?“ Er legt einen Arm an ihren Rücken, um sie aufzufordern weiter zu gehen, was Wirkung zeigt. „Ihr habt Recht. Es sollte mich nicht kümmern.“ Wie sie es zigmal geübt haben, setzen Siva und Ramon die Segel, verlassen das seichte Hafengewässer und machen sich auf gen Osten. Den Kurs bestimmt Ramon anhand der Siegel, die ihm den Weg zu weisen scheinen. Bereits am ersten Abend erreichen sie das Gewässer in der Nähe der Insel. Sie können deren felsige Küste schon am Horizont ausmachen. Ramon navigiert mit Hilfe der Siegel zu einer nahegelegenen Sandbank, wo er den Anker auswirft. Wenn er die Hand ins Wasser taucht, kann er spüren wie tief das Wasser unter ihm ist. Siva ist beeindruckt von der Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten, probiert es ebenfalls aus, hat aber keinen durchschlagenden Erfolg. Sie macht nur ein paar Wellen ins Wasser, da sie die Macht der Juwelen immer noch nicht kanalisieren kann. Sie hält sich in dieser Sache für schwach, doch er spürt er wie mächtig sie eigentlich ist. Bald wird sie den uralten König überflügelt haben, denn ihm ist bekannt, dass sich die mentale Macht eines Mana-i mit dem Alter erhöht. Das Wissen um den Einsatz der Siegel und auch seine immense Erfahrung, verschaffen ihm derzeit noch einen entscheidenden Vorteil, sodass weder er auf sie zugreifen kann, noch umgekehrt. Vielleicht etwas erfolgreicher als der junge Prinz vor ihm, hat er zwar ihre Zuneigung, jedoch noch nicht ihre wahre Liebe gewonnen, doch die wird er dringend benötigen, wenn sie beginnt ihre Macht auszuschöpfen und ihn zu hinterfragen. Er befürchtet, dass sie ihn dann ebenso verlassen könnte wie den Prinzen Aiven vor ihm. Zwar kennt sich der König nicht besonders mit der Liebe aus, vor allem nicht mit gegenseitiger, doch weiß er, dass er sie nicht erzwingen kann. Er wird also einfach genau so weiter machen wie bisher und sich in Geduld üben müssen. Die Prinzessin bemerkt sein nachdenkliches Verhalten, als die Sonne so langsam hinter dem Horizont verschwindet und das Meer in ein tiefes Orange taucht. Das Boot wippt sanft in den Wellen, was der jungen Frau ziemlich gut gefällt. Der gedankenverlorene Mann hat sich an den Mast gelehnt, an dem sich das eingeholte Segel befindet. Er fixiert beharrlich einen Punkt am Horizont, an dem sich so rein gar nicht abzuspielen scheint. Siva lehnt sich seitlich an seine Schulter und folgt seinem Blick. "Gibt es da was zu sehen, oder seid Ihr nur in Gedanken versunken?" "Ich sehe eine Menge am Horizont, Prinzessin. Bestenfalls Euch und mich auf einer Insel voll mit Mana-i, die wegen mir vom Kontinent flüchten mussten und nicht besonders gut auf mich zu sprechen sein könnten…nein werden. Was, wenn sie mich gar nicht empfangen wollen?" Seine Stimme hat trotz seiner Verunsicherung einen klaren Klang, was Siva auf Zuversicht schließen lässt. "Euer Gedanke ist mir nicht fremd. Ich habe keine Vorstellung davon, was damals alles zwischen Euch und Eurem Volk vorgefallen ist, aber ich glaube ich kann es davon überzeugen, dass Ihr nun ein Anderer seid. Auf mich werden sie doch hören, oder? Ich bin schließlich die Mana-i Prinzessin, die reinste unter ihnen allen und Ihr sagtet mir, dass ein Adliger mit edlem Blut geachtet wird." Ihre jugendliche Naivität bringt ihn zum lächeln. Sie hat noch niemals mit Regierungsgeschäften zu tun gehabt, oder diplomatische Gespräche führen müssen. Kurz gesagt hat sie keine Ahnung was sie da erwartet. Die streng hierarchische Rangordnung seines Volkes richtet sich nicht nur nach der Reinheit, sondern auch vielen anderen Faktoren wie gesellschaftlichem Ansehen, Glaubwürdigkeit und so weiter. Ohne Zweifel ist sie ein für sich vereinnahmendes und bemerkenswertes Mädchen, aber ob sie Amnestie für den Mann erwirken kann, der das ganze Königreich aus reiner Machtgier gestürzt hat, mag er schon bezweifeln. "Wir werden sehen." entgegnet der zweifelnde frühere König knapp. Da das Wetter hervorragend ist, umsegeln sie die ganze Insel am nächsten Tag ohne Schwierigkeiten. Ein aufziehender Sturm wäre für die beiden Aristokraten lebensgefährlich. Während der kompletten Umrundung, bei der Ramon häufig die Hand ins Wasser hielt, zeichnet er die Strömungen und Felsformationen auf einer Karte ein. Diese Informationen, sowie die Wassertiefe erspürt er mit Hilfe des Wassersiegels. An allen Seiten der Insel ragen unterschiedlich große, spitze, dunkelblaue Felsen aus dem Meer hinaus, die viele hundert Meter in die Tiefen des Meeres hinein reichen. Für ein so kleines Seegelboot wie ihres, gibt es Passagen, die zur Steilwand der Küste führen, doch darunter befinden sich jedes Mal wilde Strömungen, ganz so als sei das alles kein Zufall. Zu viele Schiffswracks haben die beiden schon gesehen, die an den Küsten zerschellt sind. Keinesfalls wollen sie sich dazu gesellen. Siva schaut Ramons überraschend hübsch gezeichnete Karte an und glaubt eine Passage gefunden zu haben. "Wenn wir das Boot hier fest machen, wo sich die Ströme verwirbeln, dann könnt Ihr mit Hilfe der Siegel über die Felsen springen und dann die Steilwand hinaufklettern. Das Wetter ist gut und die Brandung schwach. Wenn Ihr mich tragt, könnte es klappen, oder was meint Ihr?" schießt sie euphorisch los, was er erst einmal abwägen muss. "Wie ich das sehe riskieren wir beide unser Leben für dieses Unterfangen. Ist es Euch das wirklich wert, Prinzessin?" "Seht Ihr eine andere Möglichkeit? Nun, also ich nicht und ich habe vollstes Vertrauen in Euch und Eure Fähigkeiten. Ich könnte es nicht umsetzen, aber mit Hilfe der Siegel seid Ihr gewiss dazu in der Lage." Ihr Plan ist ebenso gewagt wie genial und der risikobereite König stimmt zu, denn ihre Zuversicht ehrt ihn und spornt ihn an. Behutsam befahren sie am nächsten Tag die enge Passage zwischen den spitzen Felsen hindurch. Einmal sitzen sie auf, was aber keine zu großen Schäden verursacht. Käme jetzt eine Windbö, würden sie ebenso zerschellen, wie die unzähligen Schiffe um sie herum. Sicher an der Zielstelle angekommen, macht Ramon das Boot fest. Die beiden klettern auf den gezackten Felsen, der in Wahrheit viel scharfkantiger ist, als er von Weitem wirkte. Bereits jetzt muss er die Ideengeberin auf den Rücken nehmen, um sie zu tragen, was ihm nichts ausmacht. Das Feuersiegel sorgt dafür, dass alles, was für seinen Körper stemmbar ist, sich so leicht wie eine Feder anfühlt. Das Windsiegel hingegen hat die Wirkung, dass er selbst ebenso leicht ist und sich die scharfen Kanten der Gesteine nicht in seine Schuhe bohren können. Er springt leichtem Fußes von Felsen zu Felsen. Das Erdsiegel wiederum erhöht seine Auffassungsgabe beträchtlich, weshalb er immer die richtige Stelle für seine Landung erwischt. Dass er alle vier Siegel zur Verfügung hat, macht diese ganze Aktion überhaupt erst möglich. Jeder Fehler würde tödlich enden. Das ist auch Siva klar. Ohne Zwischenfälle klettert er ungesichert die hunderte Meter hohe Steilwand hinauf, doch als sie nach einer Weile nach unten schauen, stellen sie fest, dass ihr schönes kleines Seegelboot von einer Welle erfasst wurde und beginnt zu sinken. Es dauert etwas, bis sie oben ankommen. Auf dem Gipfel setzt Ramon seine Geliebte ab und lässt seinen Blick über die Insel schweifen. Sie ist ziemlich groß und wird vollständig von einem Gebirge umschlossen, welches das bewaldete Tal in der Mitte wie eine Mauer schützt. Am nördlichen Teil erkennen sie eindeutig menschgemachte Strukturen. Hoffnungs- und erwartungsvoll machen sie sich auf den Weg dorthin. Um Zeit zu sparen nimmt Ramon das Mädchen wieder auf den Rücken. Trotz seiner hohen Reisegeschwindigkeit sind sie erst am Abend an ihrem Ziel angekommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)