Kaze no Uta von Lady_Ocean (Das Lied des Windes) ================================================================================ Spezialtraining --------------- So, endlich fertig! Hat mal wieder ewig gedauert, ich weiß. Tut mir echt Leid!!! So, meine Ausrede für dieses Mal: mir ist kurz vor Weihnachten der Rechner abgeschmiert und nicht mehr hochgefahren. So wie es aussieht, ist das gesamte Laufwerk hinüber. Ich werde mir in mühevoller Arbeit also alles, was ich einmal hatte, neu zusammensuchen müssen. Aber zum Glück gibt es Freunde, die einem in Zeiten der Not beistehen und helfen. DANKE AN EUCH ALLE!!! Gut, ich will jetzt nicht weiter rumquatschen. Hat auch so schon lange genug gedauert, bis dieses Kappi endlich fertig war, da will ich euch nicht noch länger hinhalten. Also viel Spaß! ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Kapitel 3: Spezialtraining Über einen Monat war Aki nun schon in Japan und der Alltag hatte bereits in seinem Leben Einzug gehalten. Vormittags ging er zur Uni, anschließend arbeiten und alle drei Tage trainierte er im Club mit den älteren Schülern. Samstags traf er sich zum Training sogar mit Taro-Sempai, dem Clubleiter, der ihm ein gemeinsames Üben vorgeschlagen hatte. Seine Fähigkeiten waren längst in der gesamten Universität, ja sogar in großen Teilen Osakas bekannt und geachtet. Meist kam er sehr spät nach Hause, wo Yuki bereits mit dem Abendessen auf ihn wartete. Wenn sie anschließend nicht an ihren Arbeiten für die Uni saßen, gingen beide oft weg, unternahmen etwas in der Stadt oder trafen sich mit Freunden, um sich vom vielen Stress abzulenken. Auch die zahlreichen Liebeserklärungen, die Aki seit kurz nach seiner Ankunft immer wieder ablehnen musste, hatten mittlerweile nachgelassen. Es war ein ruhiger Samstag Ende September, der Sommer begann bereits, sich zu verabschieden, als Taro-Sempai Aki nach dem Training noch einmal zu sich rief und ihm einen Zettel unter die Nase hielt. Etwas verwundert nahm der Halbjapaner das Blatt Papier an sich und las nach, worum es sich dabei handelte. Noch während er dies tat, begann der Clubleiter ihm den Inhalt des Schriftstückes wiederzugeben. "Du hast sicher schon mitbekommen, dass in einer Woche ein vierzehntägiges Trainingslager stattfindet." Er machte eine Pause und wartete auf eine Reaktion von Aki. Diese blieb jedoch aus, da er immer noch in das Schreiben vertieft war. So sprach er schließlich weiter. "Ich habe mit dem Direktor gesprochen und wir sind uns einig, dass es für deine Fähigkeiten sehr von Vorteil wäre, wenn du auch daran teilnehmen würdest. Du hast viel Talent, das sollten wir besser fördern. Dieses Spezialtraining wäre eine gute Möglichkeit. Was meinst du?" Nun schaute Aki von seinem Zettel auf. Er hatte schon, als er die ersten paar Wörter auf dem Schriftstück gelesen hatte, geahnt, worauf Taro-Sempai hinaus wollte. Trotzdem war es doch eine ziemliche Überraschung, mit der er bis vor fünf Minuten nicht gerechnet hätte. "Das kommt etwas plötzlich... Ich meine, es klingt toll, was du mir vorschlägst, aber du hast mich trotzdem ganz schön überrannt damit. Kann ich mit meiner Entscheidung bis Montag warten? Ich würde mich gern noch etwas darüber informieren." "Na gut....Montag also." Taro-Sempai konnte den leicht enttäuschten Unterton nicht ganz aus seiner Stimme verbannen, auch wenn die Hoffnung darin klar überwog. Der Clubleiter ging zurück in die Halle, wo noch ein weiterer Student darauf wartete, dass er mit ihm trainieren würde, während Aki sich umzog und zurück nach Hause ging. Seine Gedanken drehten sich dabei nur um eine Sache: Ein zweiwöchiges Training...in Kioto, wie es der Zettel verraten hatte. "Bin wieder da." Mit diesen Worten schloss er die Tür hinter sich und ging ins Schlafzimmer, um sich frische Sachen zu holen. Währenddessen ertönte ein abwesendes "Hi! War's stressig?" aus dem Arbeitszimmer nebenan, was verriet, dass Yuki mal wieder an irgendeinem Programm bastelte, welches er wohl ziemlich bald dem Unternehmen, in dem er angestellt war, zuschicken musste. "Es ging. Ich habe heute hauptsächlich an meiner Verteidigung gearbeitet." Mit diesen Worten war Aki im Bad verschwunden und ließ Wasser in die Badewanne. Das Becken war ziemlich groß (was bei Yukis Körpergröße auch nicht weiter verwunderlich ist), sodass es eine ganze Weile dauern würde, bis ein angemessener Wasserstand erreicht wäre. Daher setzte sich Aki erst einen Moment hin und begann dann ganz langsam, sich auszuziehen, während er weiter über das Angebot seines Clubleiters nachdachte. Er hatte lange nicht mehr ernsthaft trainiert, jedenfalls nicht so, wie er es von Hikawa-Sensei, seinem früheren Meister, gewohnt war. Wenn er genauer darüber nachdachte, fehlte ihm dieses Kämpfen bis zum Umfallen richtig. Er war zwar viel im Stress, doch das ersetzte die körperliche Anstrengung nicht, die er bis vor einiger Zeit noch täglich durchgemacht hatte. Dieses Training in Kioto würde ihm sicher gut tun. Und wenn sogar der Direktor es für eine gute Idee hielt... Aki wusste nicht so recht, weshalb er gezögert hatte, als Taro-Sempai ihm diese Frage gestellt hatte. Jedenfalls würde er ihm am Montag seine Zustimmung geben. Die Wanne war zwar noch nicht voll, aber immerhin voll genug, um sich hinein zu legen und sich aufwärmen zu lassen. Wenn man vom Training kam, tat so ein Bad gleich immer doppelt gut. Kaum dass Aki sich in das dampfende Wasser mit dem angenehm erfrischenden Meeresduft gelegt hatte, spürte er, wie sich seine angespannten Muskeln zu lösen begannen. Genießerisch schloss er die Augen und ließ sich tiefer in die halbvolle Wanne sinken. Nachdem er eine ganze Weile so verharrt hatte, wollte er sich abtrocknen und mit seiner wiedergewonnenen Kraft an seine Uni-Aufgaben setzen. Genau in dem Moment, als er gerade aufstand, öffnete sich die Tür und sein - gerade mal mit einem Handtuch bekleideter - Freund betrat den Raum. Blitzschnell zog sich Aki in die Wanne zurück, was Yuki so einen Schreck einjagte, dass er sich mit gestottertem "Oh, ich äh...das..." umdrehte und auf dem schnellsten Weg wieder aus dem Bad stolperte. Jedenfalls hatte er es vor, aber in seiner Erschrockenheit hatte er nicht bemerkt, wie er beim Umdrehen die Seife vom Waschbecken geschleudert hatte, welche nun direkt vor seinen Füßen gelandet war. Aki hatte dies bemerkt und schien vorauszusehen, wie Yukis Fluchtversuch enden musste, denn ehe er sich versah, war er aus der Wanne gesprungen und fing im letzten Moment seinen rückwärts fallenden Freund auf. Unglücklicher Weise hatte der Japaner so viel Schwung, dass er Aki gleich mit umriss, sodass dieser ebenfalls rückwärts umfiel und Yuki letztendlich in seinem Schoß liegen blieb. Der Halbjapaner war der erste, der einige Sekunden später den Schreck überwunden hatte und realisierte, in welcher Lage er mit Yuki am Boden lag. Mit einem Schlag wurde er so rot im Gesicht, als wäre kein Blutstropfen mehr im Rest seines Körpers vorhanden. Er spürte, wie sein Herz von einem Augenblick zum nächsten rasend schnell zu schlagen begann und rappelte sich so schnell es ging wieder auf. Auch Yuki schien nun endlich aus seinem Schock herauszufinden, stand ebenfalls auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Bad. Aki war noch immer zu verwirrt um zu begreifen, was genau da gerade geschehen war und trat geistesabwesend einige Schritte zurück. Erst als er gegen die Wanne stieß und sich vorsichtig an ihr abstützte, merkte er, wie sehr er zitterte. Gott, war das peinlich! Er versuchte, sich irgendwie zu beruhigen, zwang sich, gleichmäßiger zu atmen und ließ sich langsam auf den Boden sinken. Okay, er und Yuki wohnten nun schon über einen Monat zusammen und sie waren die besten Freunde...aber es gab gewisse Dinge, die selbst unter Freunden nicht als Spaß abgestempelt werden konnten. Und das, was da gerade passiert war, gehörte, Akis Meinung nach, zu diesen Sachen. Das war einfach nur peinlich. Hätte das jemand gesehen, er hätte es nie und nimmer für einen Unfall gehalten. Oh Gott... Aber es hatte niemand gesehen. Und wenn es IHM peinlich war, was war es dann für Yuki? Immerhin hatte er diese Situation verursacht. Das sollte kein Vorwurf sein; Aki wollte nur sicher gehen, dass es niemand missverstehen könnte. Er schüttelte den Kopf. ,Ach, was soll das überhaupt? Es war ja sonst niemand dabei. Wieso mache ich mir überhaupt solche Sorgen? Das ist doch völliger Schwachsinn!' Jetzt fühlte er sich besser. Alles kein Problem... Er richtete sich wieder auf und zog seine Sachen an. ,Yuki war sofort verschwunden, nachdem das passiert ist. Er macht sich bestimmt Vorwürfe....' Sein letzter Gedanke bestätigte sich, als er das Bad verließ. Auch sein Freund hatte sich wieder angezogen und saß nun im Wohnzimmer, wo er gedankenverloren aus dem Fenster starrte. "Es...tut mir Leid. Ich hätte vorher sicher gehen sollen, ob das Bad frei ist." "Ist schon gut. Du konntest es nicht wissen. Es ist ja nichts passiert." Danach sagte keiner von beiden etwas. Um die Situation nicht noch unangenehmer werden zu lassen, ging Aki ins Schlafzimmer und arbeitete etwas über die japanische Geschichte heraus. Durch das Ereignis am Wochenende hatte Aki völlig vergessen, seinem Freund von dem Training in Kioto zu erzählen. Erst, als Taro-Sempai am Montagmorgen auf den Halbjapaner zutrat und sich nach dessen Entscheidung erkunden wollte, fiel es ihm wieder ein. Obwohl Akis Entschluss bereits feststand und er auch sofort zusagte, fühlte er sich etwas unwohl dabei. Warum eigentlich? Weil er vorher nicht mit Yuki darüber gesprochen hatte? Nein, er hatte nun wirklich keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Yuki war sein Freund, nicht sein Vormund. Er würde es schon aushalten, zwei Wochen allein zu sein. Jedenfalls war Taro-Sempai sehr erfreut über die Entscheidung des Halbjapaners. "Das ist gut. Sonntagnachmittag wirst du von einem Bus abgeholt, der alle Teilnehmer aus Osaka nach Kioto bringen wird." "Sind es denn so viele?" "Ja. Osaka hat einige gute Nachwuchskämpfer zu bieten. Auch wenn die meisten von ihnen in deinem Alter sind, unterschätze sie nicht. Du wirst in Kioto starke Konkurrenten treffen. Auch aus anderen Teilen Japans." "Du willst...WO...hin!?" Yuki stand starr vor dem Herd und starrte seinen Freund fassungslos an. "Nach Kioto. Hörst du mir nicht zu? Und tu nicht so, als würde ich einen Vergnügungsurlaub planen. Das werden zwei anstrengende Trainingswochen." "W...wie lange?!" "Ach, komm. Vergiss es. Was ist heute los mit dir?" Langsam wurde es Aki zu bunt. An die zehn Minuten versuchte er seinem Freund nun schon beizubringen, was er vorhatte. Aber dieser schien mit seinen Gedanken überall zu sein, nur nicht bei ihrem Gespräch. Resigniert gab er auf und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, um sich mit irgendeinem Fernsehprogramm abzulenken, doch Yuki folgte ihm und schien nun endlich in der Lage, vernünftig mit seinem Freund reden zu können. "Wann fährst du denn nach Kioto?" "Ich werde am Sonntag an der Uni abgeholt." "Seit wann steht das denn fest?" "Seit heute." "Und wann hast du dieses Angebot bekommen?" "Am Freitag." "Warum hast du mir nicht eher davon erzählt?" "Das hatte ich ursprünglich ja vor, aber...es ist dann irgendwie unter gegangen." "A-ach so..." Yuki wusste sofort, wie der letzte Satz gemeint war und beschloss, das Hauptthema schnell weiterzuführen, damit nicht wieder so ein Schweigen entstehen konnte. "Hast du das überhaupt schon mit dem Direktor abgesprochen?" "Das hat der Clubleiter getan. Er meinte, der Direktor findet den Vorschlag gut, mich nach Kioto zu schicken." "Na dann..." "Was ist eigentlich mit dir los? So wie du vorhin reagiert hast, hätte man denken können, ich komme nie wieder." "Sag doch so was nicht!" An der Art, wie Yuki den Halbjapaner darauf hin ansah, konnte dieser genau erkennen, dass er sich gekränkt fühlte. Es tat ihm weh, seinen Freund so zu sehen, also entschuldigte sich Aki sofort darauf. "Wieso erschüttert es dich so, dass ich für zwei Wochen verschwinde?" "Es ist langweilig ohne dich." "Ach so? Was hast du denn dann die letzten zehn Jahre gemacht?" "Mich gelangweilt." "Dann hättest du mich ja mal besuchen können." "Ohne Telefonnummer oder Adresse. Ja klar." ,Stimmt ja. Daran hab ich gar nicht mehr gedacht', überlegte Aki. Wenn er daran dachte, dass er eigentlich erst einen Monat bei Yuki wohnte, konnte er das kaum glauben. Es kam ihm vor, als wäre es schon immer so gewesen. Die Anwesenheit seines Freundes ist ihm in dieser kurzen Zeit bereits völlig alltäglich geworden. Ob er ihn wohl auch vermissen würde, wenn er die zwei Wochen in Kioto verbrachte? "Ich freue mich jedenfalls schon auf die zwei Wochen. Seit ich hier bin, habe ich nicht mehr richtig trainiert. Das Training im Club hilft mir zwar auch ein bisschen, aber mit meinem Sensei in London war es viel härter. Da war ich anschließend immer total kaputt und das vermisse ich hier einfach. Ich werde diese angestaute Kraft einfach nicht los. Wenn ich in diesem Speziallager bin, kann ich mich endlich wieder austoben." Yukis Blick entspannte sich wieder, als er in Akis leuchtende Augen sah. "Lass den anderen auch eine Chance." "Keine Sorge. Taro-Sempai meinte, ich würde dort starke Konkurrenz haben." "Aber jetzt bist du ja noch hier, also lass uns nicht den ganzen Abend darüber reden." Bis zum Tag der Abreise sprach keiner von beiden mehr von diesem Thema. Aki wusste, dass sein Freund nicht besonders begeistert davon war, aber mittlerweile kannte er ihn gut genug um zu wissen, dass Yuki nicht gern über die Dinge sprach, die ihm nicht gefielen. Also verabschiedeten sie sich ganz normal voneinander; als würde Aki am Abend wieder vor der Tür stehen, seine Sachen ins Schlafzimmer werfen und sich an den Tisch setzen, wo Yuki bereits mit dem Abendessen auf ihn wartete. Trotzdem fühlte sich der Halbjapaner nicht ganz wohl dabei. Und Yuki ging es ganz ähnlich, auch wenn er es durch ein aufgesetztes Lächeln zu überspielen versuchte. Es war, wie Aki es längst vermutet hatte: Er würde seinen Freund genau so vermissen wie dieser ihn. Er hatte es sich bis jetzt einfach nicht vorstellen können, ihn nicht mehr den ganzen Tag um sich zu haben. Alles, was der junge Halbjapaner tun konnte, war hoffen, dass das Training ihn so sehr ablenken würde, dass dieses Gefühl bald verschwindet. Der Fahrer hatte bereits Akis Gepäck verstaut und nun wurde es wirklich Zeit, dass er in den Bus stieg. Einige Insassen beäugten ihn bereits neugierig. Es waren tatsächlich sehr viele Sportler aus Osaka zu dem Kurs angemeldet. Viele schienen sich zu kennen, denn hin und wieder kam Aki an einem Grüppchen vorbei, das sich in gedämpften Ton unterhielt. Die meisten nahmen kaum Notiz von ihm, als er an den Sitzreihen vorbeiging. In diesem Moment wurde ihm wieder bewusst, dass er eigentlich Halbjapaner war und viele ihn deshalb von vornherein verurteilten. Er hatte diese Kälte schon einmal gespürt; kurz nachdem er in Japan angekommen war, doch durch seine guten Fähigkeiten als Schwertkämpfer und sein akzentfreies Japanisch hatte er sich schnell den Respekt seiner Mitmenschen verdienen können. Nun würde er ihn sich erneut erkämpfen müssen. Doch das entmutigte ihn nicht. Er ließ sich auf einer freien Sitzreihe nieder und beobachtete die Landschaft, während sich der Bus allmählich dem Zielort näherte. Wie er bald feststellen sollte, lag das Trainingslager etwas außerhalb der Stadt. Das Hotel, in dem die jungen Leute untergebracht waren, schloss direkt an das Lager an. Ein Karatemeister führte die neue Gruppe in ihren Bereich der Unterkünfte und erklärte ihnen auf dem Weg dorthin den Ablauf der kommenden zwei Wochen. Aki bekam ein Einzelzimmer im Erdgeschoss, wo er gerade mal seine Sachen abstellen konnte, bevor er mit der gesamten Gruppe auch schon zu einem zweistündigen Dauerlauf am nahe gelegenen See gerufen wurde. Dies war allerdings auch schon alles, was an diesem Tag auf dem Programm stand. Zurück bei der Unterkunft gab es auch schon Abendessen, danach konnten die Schüler ihren eigenen Interessen nachgehen. Einige, unter ihnen auch Aki, erkundeten bereits die Übungshallen und testeten die Anlagen. Im Hinterhof hatte jemand den Geländeparcours entdeckt, welcher sogleich eingeweiht wurde. Dabei stellte Aki fest, dass Taro-Sempai völlig richtig gelegen hatte, als er meinte, die anderen Schüler wären ebenfalls überdurchschnittlich gut. Allein ihre Beweglichkeit war erstaunlich. Keiner der anderen stand Aki in irgendeiner Art und Weise nach. Als es bereits auf elf Uhr zuging, ermahnten die Aufseher die verbliebenen sieben jungen Leute, welche immer noch an den Geräten hingen und Wettkämpfe austrugen, dass sie endlich Schluss machen sollten, sodass ihnen nichts anderes übrig blieb, als in ihre Zimmer zurückzukehren und auf den nächsten Tag zu warten. Das Training war besser, als Aki es sich vorgestellt hatte: Dadurch, dass er mit so vielen gleichstarken Leuten zusammen war, spornten sich alle gegenseitig an und kämpften sich bis zur totalen Ermüdung ab, schliefen bis zum Mittag, aßen dann etwas und kämpften weiter. Es hatte auch nicht lange gedauert, bis er unter den anderen jungen Männern neue Freunde gefunden hatte. Wenn er mit ihnen trainierte, konnte er alles um sich herum vergessen, doch sobald er völlig abgekämpft zu seinem Zimmer zurückkehrte und die Tür aufschloss, verspürte er eine seltsame Leere, die den gesamten Raum einnahm. Es fehlte jemand, der ihn begrüßte, jemand, der auf ihn wartete, sich mit ihm unterhielt. Es fehlte einfach jemand, der ihm Gesellschaft leistete. Und genau genommen war es nicht nur irgendjemand, der fehlte; es war Yuki. Immer, wenn Aki allein war, vermisste er seinen Freund, denn dann spürte er die Stille, die Einsamkeit, die die Abwesenheit Yukis hinterließ. Aki ließ sich schwer atmend auf sein Bett fallen. ,Ob er auch an mich denkt?' Er schüttelte energisch den Kopf. ,Natürlich! Ihm fiel ja schon der Abschied so schwer. Vielleicht denkt er sogar gerade in diesem Moment an mich.' Er sah aus dem Fenster. Die Sonne bewegte sich langsam auf den Horizont zu. Aki sah sich jeden Tag den Sonnenuntergang an. Er liebte Sonnenuntergänge. Sie hatten eine angenehm beruhigende Wirkung auf ihn. Wenn er sich einsam fühlte, gab die rote Abendsonne ihm das Gefühl, nicht allein zu sein. Er wusste, dass das recht ungewöhnlich war. Normalerweise waren es die Frauen, die so romantisch vor sich hinschwelgten, wenn sie so etwas sahen. Aber das war ihm egal. Er fühlte sich wohl und das war das Wichtigste für ihn. Nun war es schon Freitag; die erste Woche war fast vorüber. Aki hatte richtigen Spaß an dem Training. Endlich hatte er die unsichtbaren Fesseln sprengen können, die ihn seit seiner Ankunft in Japan immer stärker umschlungen hatten. Er konnte seine Fortschritte seit dem Wochenanfang richtig spüren. So gut hatte er sich schon lang nicht mehr gefühlt. ,Wenn Yuki mich so sehen könnte, er würde sicherlich staunen.' Aki ertappte sich dabei, wie sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich und ließ es so schnell es ging wieder verschwinden. ,Jetzt stehe ich ihm in nichts mehr nach. Ich will ihm auch helfen können, wenn er irgendwann einmal in Gefahr sein sollte. So wie er mich vor zehn Jahren gerettet hat.' "Träumst du, Willis-San?" Daran würde er sich wohl nie gewöhnen können: Wenn die Japaner an seinen Nachnamen ,San' dranhängten. "Wie? Oh, Entschuldigung." Sofort beschleunigte er seine Schritte wieder, um die entstandene Lücke zu seinem Fordermann zu schließen. Er durfte nicht zu oft an Yuki denken... Zumindest während des Trainings nicht. Er wollte vermeiden, dass jemand seine Gedanken mitbekam. Es war zwar nichts weiter dabei, aber ihm würde es trotzdem nicht sehr behagen. Besonders Leute wie Makoto-San aus Yokohama würden sich sicher freuen zu wissen, was in Akis Kopf so vorging, um dann die tollsten Gerüchte in die Welt setzen zu können. Er war Aki seit dessen Ankunftstag feindlich gesinnt und hatte noch am selben Abend herumerzählt, dass der Halbjapaner keine Ahnung vom Kampfsport hätte, was sich allerdings schon am folgenden Tag als leere Behauptung herausgestellt hatte, wodurch Makoto-San natürlich noch abweisender gegenüber Aki wurde. Er beobachtete ihn sehr oft aus der Ferne, was wahrscheinlich keinem anderen Zweck diente, als irgendeinen Fehler oder eine Schwäche an dem Halbjapaner zu finden, die man dann skrupellos ausnutzen konnte. Daher achtete Aki beim Training besonders darauf, nicht negativ aufzufallen. So unauffällig wie möglich hielt er nach Makoto Ausschau. Dieser lief einige Meter vor ihm und hatte nichts mitbekommen. Aki atmete erleichtert auf. Bei diesem Menschen konnte man nie wissen.... Nachdem sie einige Runden um den See gedreht hatten, stand Schwimmen auf der Tagesordnung. Der See hatte einen Zufluss von den Bergen, welcher stetig kaltes Wasser nachfüllte, sodass das Gewässer selbst im heißesten Hochsommer nicht wärmer als 15°C werden konnte. Da der Sommer jedoch dem Ende zuging und es in den letzten Tagen nicht mehr so warm war, hatte das Wasser bestenfalls noch eine Temperatur von 10°C, womit die meisten Schüler einige Probleme zu haben schienen. Hier war Aki klar im Vorteil. Sein Sensei hatte ihn selbst im späten Herbst noch baden geschickt und im Winter musste er sogar regelmäßig Eistauchen. Das hatte ihn abgehärtet. Für ihn war dieses Wasser sogar angenehm warm. Natürlich beobachtete Makoto den Halbjapaner noch misstrauischer als sonst, als er ihn so mühelos schwimmen sah. Nach dem Training am See ging es zurück in das Lager, wo die jungen Leute eine Stunde Zeit hatten, um sich auszuruhen, bevor sie sich, wie jeden Abend, duellierten. Diesmal hatte Aki Pech bei der Auswahl seines Gegners. Ausgerechnet gegen Makoto - den, dem er am liebsten aus dem Weg ging - musste er heute antreten. Und das mindestens vier Stunden lang. Dieser Abend konnte doch nur schrecklich werden! Immerhin hatte auch Aki ihn bereits bei Duellen beobachtet und wusste daher, dass er ein ausgezeichneter Schwertkämpfer war, der seinen Gegnern keine Gnade schenkte. Da würde Aki wohl der letzte sein, bei dem er eine Ausnahme machte. Höchstwahrscheinlich würde er ihn noch härter fordern, nur um ihn irgendwie bloßstellen zu können. Es kam natürlich, wie Aki es vermutet hatte. Spätestens als Makoto mit diesem lässig-überlegenen Lächeln auf ihn zutrat, war klar, dass diese Übung ein Höllentrip werden würde. Aki war ihm im Tempo leicht überlegen, dafür hielt Makoto sehr viel aus und war auch ausdauernder als der junge Halbjapaner. Es würde wohl die Technik entscheiden, wer an diesem Abend siegreich sein würde. Und Makotos Technik konnte Aki überhaupt nicht einschätzen. Sie war, genau wie seine eigene Schwerttechnik, eine unbekannte, die wahrscheinlich innerhalb einer Samuraifamilie weitergegeben worden war. Kaum dass der Kampf begonnen hatte, zeigte der Gegner sein ganzes Können. Daher blieb auch Aki nichts anderes übrig, als ebenfalls ernst zu machen. Dabei stellte der Halbjapaner zu seiner eigenen Verwunderung fest, dass er in diesen fünf Tagen viel besser geworden war, als er es selbst angenommen hatte. Seine Reflexe waren viel schärfer als er es gedacht hätte und auch seine Kraft überstieg seine eigenen Erwartungen. Das er sich mit seinem eigenen Körper so verschätzen konnte.... Auch Akis Gegner schien im ersten Moment sehr verwundert über den plötzlichen Kraftausbruch des Halbjapaners zu sein und wurde einen Moment unvorsichtig. Aber es war nur ein winziger Augenblick, sodass Aki nicht die Zeit hatte, ihn zu nutzen. Beide waren nun wieder voll konzentriert und kämpften wie besessen; Makoto mit dem Ziel, Aki zu besiegen und Aki, um einen Schwachpunkt an der Technik seines Gegners zu finden. Sie bemerkten überhaupt nicht, wie sich in kürzester Zeit immer mehr Schüler nach ihnen umdrehten, die von den Lehrern vergebens zur Konzentration angehalten worden, bis selbst diese schließlich selbst gebannt den Kampf verfolgten. Das Duell dauerte über zwei Stunden, bis es schließlich, beide Kontrahenten standen kurz vor dem Zusammenbruch, von den Lehrern abgebrochen wurde. Aufgrund ihrer ,glänzenden Leistungen' durften beide den Hof verlassen und sich für den Rest des Tages frei nehmen. Schweigend gingen sie nebeneinander her, bis sich ihre Wege schließlich trennten. Aki wollte die Spannungen zwischen ihnen etwas lösen und verabschiedete sich schließlich mit einem freundlichen "Das war ein großartiges Duell. Vielen Dank". Allerdings wäre es wohl besser gewesen, den Mund zu halten, denn die einzige Antwort darauf war ein gezischtes "Wart's nur ab! Beim nächsten Mal bist du dran!". Gleich darauf war er in einen Treppengang eingebogen und verschwunden. Enttäuscht ließ Aki sich auf sein Bett fallen. Ihm tat alles weh, Makoto hasste ihn jetzt noch mehr als je zuvor und einen richtigen Schwachpunkt hatte er an der Technik des Schwertkämpfers aus Yokohama auch nicht finden können. Das hieß, gefunden hatte er schon einen, doch diesen konnte Aki mit keiner seiner Techniken ausnutzen. "Scheiße..." Mit einem schweren Seufzer drehte er sich um und zog sich die weiche Decke über den Kopf. "Klingt, als hättest du einen anstrengenden Tag hinter dir." "Hnnnn..." Moment mal... Diese Stimme...das war doch Yuki! Nein, unmöglich. Seine Nerven spielten ihm wohl einen Streich. "Bist du taub oder warum ignorierst du mich, Aki?" Immer noch ungläubig drehte er sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Tatsächlich. Es war wirklich Yuki, der ganz in seiner Nähe am Fenster hing und ihn grinsend ansah. "Yuki?! Was machst du hier?!" "Sieht man das nicht? Ich besuche dich." "Und da fährst du einfach so mal von Osaka hierher?" "Warum nicht?" "Warum DOCH? Du hättest mich auch anrufen können." "Aber dann kann ich dich nicht sehen." "Wieso ist dir das so wichtig? Es sind doch nur zwei Wochen." "Ich sagte doch: Es ist langweilig, wenn du nicht da bist." Aki wollte schon erneut protestieren, da fiel ihm wieder auf, wie sehr auch er die Anwesenheit seines Freundes vermisst hatte. Seine schlechte Laune war mit einem Schlag verschwunden, als er Yuki erblickt hatte. Bei diesem Gedanken konnte sich auch Aki ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. "Und warum lachst du jetzt?" "Ich lache über deine Dummheit." "Wie freundlich. Genau deshalb wollte ich dich wieder sehen." Beim Anblick von Yukis beleidigtem Gesicht lachte Aki kurz auf. Dann lehnte er sich an die Wand neben dem Fenster und deutete mit einer leichten Kopfbewegung in den Raum hinein. "Willst du nicht langsam reinkommen?" Yuki kam der Einladung sofort nach, öffnete das Fenster noch ein Stück weiter und kletterte hindurch. "Schon mal was von einer Tür gehört?" "Meinst du nicht, das wäre ein bisschen auffällig?" Da hatte er in gewisser Weise auch wieder Recht. Aki wollte gar nicht erst wissen, was Makoto für ein Gerücht daraus machen würde, sähe er Yuki hier langspazieren. "Du warst eben so bedrückt. Was war denn los?" "Ach, nichts weiter. Ich hatte grad einen Kampf mit jemandem, den ich nicht besonders mag. Beruht allerdings auf Gegenseitigkeit." "Hat er dich geschlagen?" "Nein. Unentschieden. Aber ich habe das Gefühl, dass er mit allen Mitteln versucht, mich irgendwie bloßzustellen. Keine Ahnung wieso." Ohne dass Aki es mitbekommen hatte, verfinsterte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht wieder. Er starrte abwesend in den Raum und verfiel, wie schon so oft in dieser Woche, in sein Gegrübel über den Kontrahenten. Yuki klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Kopf hoch! Zu allererst braucht er einen handfesten Vorsatz, wenn er dich kränken will. Du solltest dir nicht so viele Gedanken machen. Wenn du willst, können wir ja ein bisschen spazieren gehen. Frische Luft wird dir gut tun." Aki gefiel die Idee. Bevor Yuki wieder durch das Fenster verschwand, machten sich beide einen Ort aus, an dem sie sich treffen konnten. Aki zeigte seinem Freund den See, zu dem sie jeden Tag liefen um zu trainieren. Jetzt, wo niemand mehr da war und die Sonne schon den Horizont küsste, sah das Gewässer noch viel schöner aus als tagsüber. Die Freunde gingen eine Weile spazieren und unterhielten sich ein bisschen, bis sie sich unter einer hoch gewachsenen Weide niederließen. Die Ruhe tat richtig gut nach diesem anstrengenden Tag. Und nicht nur die Ruhe. Auch dass Yuki wieder bei ihm war; das vertraute Gefühl, zu Hause zu sein, genoss Aki. Sie saßen bis zum späten Abend unter dem Baum und beobachteten die Stille der Natur. Gelegentlich unterhielten sie sich dabei, aber die meiste Zeit über saßen sie nur schweigend da. Schließlich brachte Yuki seinen Freund zurück zu der Stelle, an der sie sich zuvor getroffen hatten und verabschiedeten sich dort. Bevor Aki jedoch ging, gab sein Freund ihm noch ein kleines Kärtchen, auf dem eine Adresse gedruckt war. Zur Erklärung fügte der Japaner hinzu: "Ist ein Hotel ganz in der Nähe. Dort bleibe ich bis Sonntag. Also falls du Lust und Zeit hast, komm vorbei." "Klar. Danke." Aki ließ den Zettel in seiner Hosentasche verschwinden und machte sich auf den Weg zu seiner Unterkunft. Gleich nach dem Training am nächsten Tag machte sich der junge Halbjapaner auf die Suche nach der Anschrift, die Yuki ihm am Abend zuvor gegeben hatte. Das Hotel war nicht schwer zu finden. Es war sogar ausgeschildert. Aki erkundigte sich nach dem Zimmer seines Freundes und als er dieses dann betrat, hatte er das Gefühl, wieder in Osaka zu sein. Das Umfeld war zwar vollkommen anders, aber gleich nachdem er die Tür geöffnet hatte, stieg ihm der Geruch von Tempura in die Nase. Aus einem Raum - es musste sich wohl um die Küche handeln - drang das vertraute Geräusch von kochendem Essen an sein Ohr. Neugierig folgte Aki diesen Eindrücken und erblickte - wie erwartet - Yuki, der vor einer kleinen Kochstelle stand und sich um sein Essen kümmerte. Der junge Japaner drehte sich kurz um und begrüßte seinen ungläubig dreinblickenden Freund. "Hallo, wie war's? Essen ist gleich fertig. Dauert nur noch einen Moment." "Du...hast für mich mitgekocht? Und wo hast du überhaupt das Teil her?" "Ich hab gefragt, ob ich so eins bekommen kann. Immerhin habe ich hier nur für die Übernachtungen bezahlt. Und klar koche ich dir was! Du hast mir doch gestern gesagt, wann du in etwa Schluss hast." "Und was hat dich so sicher gemacht, dass ich auch komme?" "Ich wusste es einfach." Aki verstand das nicht ganz, aber eigentlich war es ihm auch egal, was genau im Kopf seines Freundes vorging. Es machte ihn irgendwie glücklich zu wissen, dass Yuki sich so um ihn kümmerte. Auf ihn hatte er sich bis jetzt stets verlassen können. Außerdem konnte er seine Sorgen meist vergessen, wenn er bei dem jungen Japaner war. Er konnte es sich selbst nicht genau erklären, warum er Yuki so sehr vertraute, er hatte es einfach im Gefühl. Auch am Sonntag kam Aki seinen Freund besuchen. Diesmal konnte er sogar schon am Nachmittag zu ihm gehen, weil die Trainer den Nachwuchsmeistern den halben Tag frei gegeben hatten. Allerdings musste Yuki an diesem Tag zurück nach Osaka, sodass sie nicht viel mehr Zeit miteinander verbringen konnten als sonst. "Kommst du nächsten Freitag wieder?" Was hatte er sich dabei gedacht?! Nächsten Freitag war das Training schon so gut wie vorüber. Samstagabend würde sich der Bus mit den Leuten aus der Region bei Osaka bereits auf den Weg machen. Wieso fragte er Yuki dann extra, ob er trotzdem kommen würde? "Klar." ,Klar?!' Wollte er tatsächlich am Freitag noch vorbeikommen? Das würde sich doch überhaupt nicht lohnen. "Ach, nein. Schon gut. Ich bin doch spätestens Sonntagvormittag wieder da. Hab nicht mitgedacht, als ich dir die Frage gestellt hab." "Nein, ich komme gern. Sonst muss ich ja noch länger warten, bis ich dich wieder sehe." Aki warf seinem Freund einen nachdenklichen Blick zu. "Wir sind doch Freunde. Oder stört es dich, wenn ich wieder komme?" "Also manchmal bist du echt komisch, Yuki..." Grinsend zuckte er mit den Schultern. "Sonst wär's doch langweilig!" Aki schüttelte, mehr für sich, mit dem Kopf und wechselte dann das Thema. Die nächste Woche verging noch schneller als die letzte. Auch die Abende waren nicht mehr so trübselig. Schließlich kam Yuki bald wieder... Zwar versuchte Makoto nach wie vor, Aki zu schaden, aber dieser bot ihm keine Möglichkeit dazu. Außerdem hatte der junge Halbjapaner mittlerweile einige gute Freunde gefunden, die ihm gegen Makotos Schikanen zur Seite standen. Der letzte Tag des Trainings, Samstag, verlief anders als die vergangenen zwei Wochen. An diesem Tag traten die Schüler gegen ihre Trainer an. Die gesamte Zeit über wurden sie von geschäftig gekleideten Leuten beobachtet, die den ganzen Tag nichts anderes taten, als in ihren Ecken zu sitzen und ausdruckslos die Kämpfe zu beobachten. Als das Training schließlich vorbei war, verschwanden auch die Fremden für eine Weile, kamen dann allerdings wieder und suchten einige Schüler auf, unter ihnen auch Aki. "Danny Aki Willis, richtig?" "Ja." Der Halbjapaner mochte den Menschen, der sich ohne weiteres in sein Zimmer eingeladen hatte, nicht sonderlich und wollte ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. Außerdem wartete Yuki auf ihn. "Ich gehöre zum Ausschuss der diesjährigen Kendo-Landesmeisterschaften. Wie Ihnen sicher aufgefallen ist, habe ich Sie und Ihre Kameraden beim Training beobachtet. Ihre Fähigkeiten sind mir sehr positiv aufgefallen, weshalb ich ihnen empfehlen würde, an der Meisterschaft teilzunehmen." Einen Moment lang starrte Aki den älteren Mann fassungslos an, bis ihm die volle Bedeutung der Worte bewusst wurde. "Sie wollen mich also für die Landesmeisterschaft anmelden... Meinen Sie nicht, dass Sie lieber erfahrene Kämpfer fragen sollten?" "Genau genommen geht es um die Teilnahme an der Juniorenmeisterschaft, also für junge Leute bis zum Alter von 20 Jahren. Die Anmeldung dafür muss mindestens einen Monat im Voraus erfolgen und Sie müssen außerdem Ihr Können unter Beweis stellen. Deshalb sind wir heute hier. Ich bin von Ihren Fähigkeiten überzeugt und würde Sie registrieren lassen. Vor der Landesmeisterschaft müssten Sie zwar erst die Stadtausscheidungen bestehen, aber ich habe keine Bedenken, dass Sie daran scheitern könnten. Ich muss leider bald wieder los und brauche daher sofort Ihre Antwort." Aki überlegte noch einen Moment und stimmte dann zu. Das Studium würde durch die Kämpfe sicherlich öfters ausfallen, aber er war sich sicher, dass der Direktor Verständnis dafür haben würde. Und Yuki...was er wohl sagen würde, wenn er ihm davon erzählte...? "Vielen Dank. Ich entschuldige mich für die Störung und mache mich nun wieder auf den Weg. Ich hoffe, Sie im November in Tokio wieder zu sehen." Damit gab er Aki noch einen Brief und verließ das Zimmer. Der Umschlag landete kurz darauf ungelesen auf dem Schreibtisch. Der junge Halbjapaner konnte es kaum erwarten, seinem Freund davon zu berichten, zog sich schnell um und machte sich auf den Weg in das Hotel. "Gratuliere! Ich wusste ja, dass du gut bist, aber so gut... Wahnsinn! Ich werde dich auf jeden Fall kräftig anfeuern und wehe, du strengst dich nicht an!" Als Aki begonnen hatte, seinem Freund von der Begegnung mit dem Komiteemitglied zu berichten, hatte er erst Zweifel, dass Yuki wieder enttäuscht sein würde. Immerhin würde der junge Halbjapaner erneut eine ganze Weile wegfahren und Yuki somit nicht sehen können. Daher war er jetzt eher erleichtert als froh. "Komm, darauf müssen wir anstoßen!" "Sorry, geht nicht. Der Bus fährt in zwei Stunden und ich hab noch nicht mal angefangen zu packen." "Ich kann dich doch auch mitnehmen." "Danke, aber ich nehm lieber den Bus." "Wieso?" "Meintest du letzte Woche nicht selbst, es wäre zu auffällig, wenn man uns dauernd zusammen sieht? Ich find es ja schon komisch genug, dass du extra den weiten Weg auf dich nimmst, nur um mich für ein paar Stunden zu sehen, wenn ich doch am nächsten Tag schon wieder zu Hause bin." "Ich ertrag diese Stille einfach nicht. Da könnte ich verrückt werden." Die Ernsthaftigkeit, mit der Yuki dies sagte, machte Aki ein bisschen Angst und er bereute es bereits, diese Bemerkung gemacht zu haben. "Tut mir Leid." "Schon gut. Du musst jetzt los, oder?" "Ja." "Dann sehen wir uns zu Hause. Lass dir nicht zu viel Zeit. Ich warte mit dem Abendessen, bis du kommst." "Ja. Danke." Die Heimfahrt bekam Aki gar nicht richtig mit. Er starrte die ganze Zeit aus dem Fenster, während ihm immer wieder Yukis Worte durch den Kopf gingen. ,Ich ertrag diese Stille einfach nicht.' So hatte er seinen Freund noch nie erlebt. Sonst war er immer lustig und scherzte nur herum, sodass Aki ihn schon das ein oder andere Mal gebeten hatte, doch etwas mehr Ernsthaftigkeit an den Tag zu legen. Aber solch einen deprimierten, ja fast schon verzweifelten Gesichtsausdruck hatte er sich darunter wahrhaftig nicht vorgestellt. Was in diesem Moment wohl in seinem Freund vorgegangen sein mochte? Aki wusste es nicht. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Soweit, so gut. Ich hoffe, es hat euch ein bisschen gefallen. Ich muss langsam mal zum Thema kommen. Also ein bisschen näher auf die Gefühle von Aki und Yuki eingehen. Da kommt im nächsten Kappi noch ein bisschen mehr. Es wird höchstwahrscheinlich (also wenn ich nicht zwischendurch Verbot bekomme und mir der Rechner wieder kaputt geht) nicht mehr lange dauern, bis es fertig ist. Dann muss ich es nur noch kontrollieren lassen (ich hasse das, mir mein eigenes Zeug noch mal durchzulesen). Also bis dann! *knuddl**verschwind* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)