Der Schatten in mir von Lucinia ================================================================================ Kapitel 21: Wie ein Kartenhaus ------------------------------ Chandra hatte Zayn versprochen, das rotviolette Farbspiel auf seiner Schläfe mit Make-up zu verhüllen, sonst müsste er sich für einige Tage in seinem Zimmer verstecken, denn seiner Mutter die Ursache für den Bluterguss zu verraten, war natürlich keine Option. Letzten Endes stellte sich diese Operation dann doch als etwas schwieriger heraus, denn ein Blick in ihre Kosmetiktasche offenbarte Chandra, dass sie keinerlei zu seinem Hauttypen passende Produkte besaß. Sie war recht blass, wohingegen sein Teint von Natur aus leicht gebräunt war. Ein heller Fleck im Gesicht schrie allerdings förmlich danach, dass etwas darunter verborgen lag. Schließlich verschwand Chandra dann für gut zehn Minuten, ehe sie anschließend mit neuen Hilfsmitteln von Alyssa zurück in sein Zimmer kam. Zayn konnte ihren anschließenden Missmut nicht verstehen, aber er schob es zur Seite, um sich auf ihre Bemühungen, sein Gesicht wieder vorzeigbar zu gestalten, zu konzentrieren. Eigentlich hatte er keine Ahnung, was sie tat, er beobachtete sie bloß dabei, wie sie zwei unterschiedlich helle beziehungsweise dunkle Flüssigkeiten miteinander vermischte – die Foundation, wie sie ihm erläutert hatte –, dessen Ergebnis sie auf die zu verhüllende Stelle auftrug. Etliche Puderwolken und einige Spritzer Setting Spray – was es nicht alles gab – später und sie beschrieb sein Gesicht als ‚wieder ausgehtauglich‘. „Wow, ich sehe es selbst nicht mehr“, bemerkte Chandra anerkennend. „Was, wirklich? Und das hält den ganzen Tag?“ Wie von selbst wollte er an die abgedeckte Stelle fassen, aber Chandra fing sein Handgelenk auf halber Strecke ab. „Griffel weg! Nur, wenn du es nicht den ganzen Tag anfasst.“ Sie gab ihm einen kleinen Handspiegel. „Es ist gut fixiert, aber immer noch keine Spachtelmasse.“ Nun war es an Zayn, anerkennend zu nicken. Er hätte rein optisch nicht mehr sagen können, an welcher Stelle ihn die Faust getroffen hatte. „Wenn ich doch nur beim Abdecken meiner eigenen Pickel auch so gut wäre“, murrte Chandra. „Als ob man jeden Makel immer abdecken müsste.“ „Du hast leicht reden, du hattest vermutlich noch nie in deinem Leben einen Pickel.“ „Vielleicht liegt es daran, dass ich mir nicht jeden Tag zentimeterdick Make-up ins Gesicht schmiere“, meinte Zayn schulterzuckend. „Das ist ein dummer Irrglaube, dass Make-up automatisch schlechte Haut macht. Sieh dir Alyssa an. Sie trägt jeden Tag welches und ihre Haut ist wie die einer Puppe; zart, ebenmäßig und makellos.“ Zayn entging Chandras schnippischer Tonfall nicht – irgendwie war es ja niedlich, doch der Inhalt irritierte ihn. „Nun, gut zu wissen, aber ich verbringe nicht halb so viel Zeit damit, ihr Gesicht zu betrachten, wie du. Und wenn sie immer geschminkt ist, woher sollte ich wissen, wie sie ungeschminkt aussieht? Ich bin schließlich nicht nachts bei ihr.“ Gefährliches Gebiet. Das war ihm so herausgerutscht. Chandras Wangen wurden rot und sie entgegnete bloß: „Gut zu wissen.“ Er verdrehte die Augen, legte den Spiegel zur Seite und nutzte ihre Überraschung, um sie auf seinem Bett nach unten zu drücken, bis er über ihr war. „Ich bin nämlich viel lieber bei dir.“ „Nun … ebenfalls gut zu wissen.“ „Hast du heute Abend um Acht schon was vor? Ich würde dir gerne etwas zeigen.“ „Ähm, nein? Was sollte ich vorhaben?“, fragte sie, sichtlich nervös. „Ich weiß nicht.“ Zayn fuhr mit seinen Lippen sanft über ihre. „Vielleicht gibt es jemanden, mit dem du deine Zeit lieber verbringst …“ „Niemals.“ „Du sagst immer genau die Dinge, die ich hören will“, schmunzelte Zayn und hinterließ eine sanfte Spur von Küssen auf ihrem Hals. Ein leichtes Zittern glitt über ihre warme Haut hinweg. „Ich habe das Gefühl, du versuchst abzulenken“, stieß sie hervor. Vielleicht. Aber Chandra war wohl die letzte, die eine gute Ablenkung ausschlagen würde. „Und ich habe das Gefühl, du lässt dich gerne ablenken.“ Er neigte ihren Kopf zur Seite und küsste sie unterhalb des Ohres, wodurch sie die Hände um seine Oberarme klammerte, als müsste sie sich festhalten. „Du kannst mich gut ablenken“, hauchte sie. „Ich weiß.“ Zayn drehte ihr Gesicht wieder vor seines und vereinte ihre Lippen zu einem Kuss, wobei er den Griff um ihr Kinn nicht löste. Ihr entfuhr ein Stöhnen angesichts seines Gewichts über ihr und der Intensität, mit der ihre Münder miteinanderverschmolzen. Er ließ sich vollends in die Situation fallen, als sie in stillem Entgegenkommen ihre Lippen für ihn teilte. Zayn übte sich nicht in Zurückhaltung, während er Chandra küsste und seinen Körper gegen ihren presste. Dafür genoss er ihre Nähe viel zu sehr; er hätte den ganzen Tag damit verbringen können, ihr nahe zu sein. Er spürte ihre Hände unter seinem T-Shirt, wie sie seinen Rücken hinaufstrichen und ihm einen angenehmen Schauer bescherten. Für die nächsten Augenblicke verfing sich seine Aufmerksamkeit gänzlich darin, den Kontakt zwischen seinen und ihren Lippen nicht zu verlieren, wobei ihm die Luft mit der Zeit knapp wurde. So drang es kaum bis zu seiner Wahrnehmung vor, wie Chandras Hände seinen Rücken verließen und sich stattdessen eine davon unter den Stoff seiner Hose schob, nachdem sie diese geöffnet hatte. Es wäre auch eine sanfte Berührung ausreichend gewesen, um seinen Fokus zu ihrer Hand zu lenken, aber Chandras Vorgehen ließ sich nicht als schüchtern beschreiben, als sie ihre Finger bewegte. Zayn biss leicht in ihre Unterlippe, als sich das Gefühl von Hitze in seiner Mitte intensivierte, dann löste er sich schwer atmend von ihr. Hinter seinem geistigen Auge flackerte ein Bild ihres ersten Mals miteinander auf – das war typisch Chandra. Wenn sie wusste, was sie wollte, dann war sie sehr fordernd. Und er fand eindeutig Gefallen daran. „Scheint so, als bräuchtest du die Ablenkung mindestens genauso dringend wie ich“, schmunzelte sie mit geröteten Wangen. „Das kann ich nicht leugnen.“ Er senkte seine Lippen wieder hinab und küsste sie unterhalb des Kinns. Die Bewegungen ihrer Hand brachten ihn dazu, selbst gegen ihre erhitzte Haut zu stöhnen, als er ihr Laute des Wohlwollens entlockte. Doch das erregende Gefühl, das ihre Finger auslösten, verblasste, als sie plötzlich ihre Hand aus seiner Hose nahm. „Hm, vielleicht sollte ich dich heute genauso eiskalt abblitzen lassen wie du mich gestern.“ Die Worte brachten Zayn dazu, in ihr Gesicht zu sehen. Ihre grünen Augen funkelten amüsiert und … fies. Als schiene sie sich sicher, ihn in der Hand zu haben – wenn auch nur noch im übertragenen Sinne. Tja – allerdings war Chandra nicht die Einzige, die wusste, was sie wollte. „Das wirst du nicht tun.“ „Ach ja? Und wieso nicht?“ „Nun … erstens …, weil …“, er ergriff ihre bislang freie Hand und drückte sie neben ihrem Kopf aufs Bett, danach legte er seine verbliebene Hand um ihren Hals; sanft, aber bestimmend, „ich dich nicht gehen lasse. Zweitens …“ Ein kurzer, inniger Kuss. „Weil du das hier viel zu sehr willst.“ Ein paar Sekunden lang sahen sie sich nur an, bis Chandra grinste. „Du hast recht.“ „Ich weiß. Ich kenne dich eben.“ „Ich dich auch, Zayn.“ Die Erwähnung seines Namens verbunden mit der Tatsache, dass ihre Hand den Weg zurück in seine Hose fand, brachte ihn schier um den Verstand. Abermals drückte er seine Lippen fordernd auf ihre und ihr blieb nicht viel anderes übrig, als dies zu erwidern. Nun verlor er sich endgültig in den Empfindungen seines Körpers und je intensiver diese wurden, desto schwerer fiel es ihm, sich auf Chandras leicht geschwollene Lippen zu konzentrieren. Seine Kusse wurden zunehmend langsamer, verloren aber nicht an Leidenschaft. Bis Chandra plötzlich den Kopf wegdrehte, und er die Augen öffnete. „Hat es gerade geklopft?“ „Was? Das hast du dir eingebildet“, meinte er mit rauer Stimme. „Hör nicht auf.“ „Nein, ich bin mir sicher –“ Diesmal hörte er es auch. Ein dreimaliges, lautes Klopfen. Ein bekanntes obendrein. Und dann die Stimme der Person, die er jetzt mitunter am wenigsten hören wollte. „Zayn, ich weiß, dass du da bist. Mach bitte die Tür auf. Ich muss mit dir reden“, sprach seine Mutter in kühler Tonlage. Chandra hatte ihre Hand wieder zu sich gezogen und Zayn war damit beschäftigt, in die Bettwäsche neben ihren Kopf zu atmen. „Fuck“, stöhnte er leise. „Wieso ausgerechnet jetzt?“ Er kannte diesen Ton. Er hasste ihn. Es war der „Mein Sohn hat mich so unfassbar enttäuscht und jetzt muss ich ihn in der Luft zerreißen“-Ton. „Ich warte.“ Ungeduldig war sie also auch. Noch besser ging es ja gar nicht! Zayn rollte sich von Chandra und sah für einen Moment hoch zur Decke, tief ein und ausatmend. Allmählich näherte sich sein Puls wieder dem Normalwert. „Gleich“, rief er genervt. Chandra stand derweil auf, richtete Kleidung und Haar und räumte das verräterische Make-up zurück in ihren Kosmetikbeutel. Ihr Gesichtsausdruck war der Inbegriff von Unbehagen und alles an ihr schrie: Erwischt! Er konnte nur hoffen, dass er nicht genauso aussah. Gern hätte er sich eiskaltes Wasser ins Gesicht geklatscht, aber er befürchtete, seine Mutter könnte jeden Moment die Tür eintreten, sollte er sie noch länger warten lassen. Also erhob er sich. „Wo …“, stammelte Chandra und sah sich unsicher um. Zayn zuckte nur mit den Schultern, schloss dabei seine Hose. „Sie ahnt es eh schon.“ Außerdem wollte er sie nur ungern dabeihaben, wenn seine Mutter ihn zusammenfaltete. Endlich schritt er zur Tür, um diese aufzuschließen und zu öffnen. Wie erwartet stand dort seine Mutter mit verschränkten Armen und ernstem Gesichtsausdruck. Sie betrachtete Chandra mit einem lediglich leicht überraschten Blick. „Entschuldigt, dass ich euch störe. Aber ich muss mit Zayn reden. Würdest du uns bitte allein lassen?“ Ihr Ton war höflich, aber distanziert. „Entschuldigung“, murmelte Chandra und stürmte davon. Nicht in ihr Zimmer, sondern einfach den Gang entlang und außer Sichtweise. So weit weg wie möglich. Das würde er jetzt auch gerne. Zayn trat zur Seite und ließ seine Mutter herein. Wortlos schloss sie die Tür hinter sich. Obwohl sie gut einen Kopf kleiner war als er und recht zierlich, nahm ihre Präsenz sofort den ganzen Raum ein – sie hatte immer diesen Effekt. „Setz dich“, forderte sie, während sie durch den Raum lief und auf seinen Schreibtisch deutete. Erst jetzt bemerkte er das Tablet, das sie mit sich trug. Innerlich stöhnte er. Er hatte absolut keine Lust, sich von ihr abermals wie ein Kind behandeln zu lassen, aber es stand ihm wenig danach, noch mehr Zorn auf sich zu ziehen, indem er das jetzt mit ihr ausdiskutierte. Also kam er ihrer Aufforderung nach. Zayn ahnte bereits das Schlimmste, als er sie über das Tablet wischen sah – und war doch nicht auf das Kommende vorbereitet. „Kannst du mir das erklären?“, fragte sie und legte das Gerät vor ihn auf den Tisch. Dort war ein Video auf einer Nachrichtenseite, der Portaportus Times, geöffnet, welches sie nun mit einer Berührung startete. Wenn noch irgendein flaues Gefühl als Überbleibsel seines Beisammenseins mit Chandra in ihm gewesen war, dann verflüchtigte es sich spätestens jetzt. Kälte erklomm sein Inneres, als er die Aufnahme seines gestrigen Kampfes gegen Rays Leute sah. Es war nicht der ganze Pokémonkampf, zum Glück. Die leicht wacklige, von erstaunten Äußerungen untermalte Aufnahme fing erst an, als das gegnerische Knogga in das Granbull gekracht war. Kurz darauf hatte Zayn Vince vorgeschickt und den Kampf für sich entschieden, ehe er geflohen war. Aber es war genug. Das Video zeigte die Cryptopokémon, das ihm eindeutig nicht gut gesinnte kriminelle Pack … und ihn selbst. Mit wachsendem Schock überflog er den daran anschließenden knappen Artikel. Das Video war für die breite Masse bloß eine weitere Sichtung merkwürdiger Pokémon. Mit dem Unterschied, dass diese Pokémon diesmal besiegt worden waren, aber Zayn empfand keine Freude über das im Text ausgesprochene Lob. Er sah nur, dass man ihn in diesem Video erkennen konnte und dass es im Internet war, also für jeden, auch Ray, sichtbar. Seine Lage war nach der Begegnung gestern ohnehin schon schlimm genug. „Oh fuck“, kam es Zayn über die Lippen, als sein Blick noch immer an dem Tablet klebte. Seine Mutter neben ihm hatte er kaum mehr wahrgenommen, bis ihre scharfe Stimme wieder neben ihm erklang. „Benutz nicht solche Worte vor mir!“, fuhr sie ihn an. Er sah zu ihr auf. Nun, da er die Ursache ihres Zornes kannte, fiel ihm dieser erst gänzlich auf. Sie war verdammt sauer und wenn er ihr nicht umgehend eine Erklärung lieferte … Doch welche sollte das sein? Die Wahrheit lag hier vor ihm und ließ sich nicht länger verbiegen. „Okay …“ Er stand auf. „Ich verstehe, dass du sauer bist.“ „Ach ja? Tust du das? Daran habe ich so meine Zweifel. Wer waren diese Männer? Und was wollten sie von dir?“ „Nun, ich muss dir wohl nicht sagen, dass sie Cryptopokémon bei sich hatten“, erwiderte Zayn, ruhig, aber auf der Hut. „Schwer zu übersehen, aber das beantwortet nicht meine Fragen. Diese … Herrschaften sahen nicht aus wie Einheimische und auch nicht wie Touristen im herkömmlichen Sinne, denen einfach nur ein starkes Pokémon ausgehändigt wurde. Ich weiß, dass du denkst, ich würde vor allem die Augen verschließen, aber ich habe sehr wohl mitbekommen, dass in der Umgebung vermehrt Cryptopokémon gesichtet werden. Und ich gehe stark davon aus, dass du deswegen gestern nach Portaportus gefahren bist – und nicht, weil die Stadt so schön ist.“ Seine Mutter sprach ruhig, aber jedes Wort trug Zayn ihre unterschwellige Wut entgegen. Das erschwerte es ihm, nicht selbst sauer zu werden. „Wenn du sowieso schon alles weißt, wieso fragst du dann überhaupt?“ „Vielleicht, weil ich einmal die Wahrheit von meinem Sohn selbst hören möchte.“ Er seufzte und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Tisch. „Schön. Die Typen waren aus Pyritus. Wir sind uns schon einmal begegnet.“ Als Zayn seiner Mutter vor einigen Wochen von Chandra erzählt hatte, hatte er die Ursache für ihre erste Begegnung nicht erwähnt – aus gutem Grund. Sie wäre die Decke hochgegangen und das würde sie auch jetzt noch. Also tat er weiterhin gut daran, Details zu verschweigen. Aber wenn sie unbedingt mehr wissen wollte, gut. Doch Freude würde es ihr keine bereiten. „Als du dort warst“, schlussfolgerte sie. „Und nun sind sie hier. Doch warum, frage ich mich. Also?“ Zayn widerstrebte es, eine Antwort zu geben. Das schien jedoch ohnehin nicht nötig. „Es hat mit Chandra zu tun, nicht wahr?“ „Und wenn es so ist?“ „Dann möchte ich jetzt endlich von dir wissen, was los ist, statt immer nur hingehalten zu werden.“ „Ich habe es dir erzählt. In Pyritus ging es ihr nicht gut und sie wurde sehr schlecht von ihrem Bruder behandelt. Die Stadt war Gift für sie, im wahrsten Sinne des Wortes“, sagte Zayn mit angesäuertem Unterton. Sie nickte ungeduldig. „Ja, ich weiß. Und weißt du, was? Ich kann eins und eins zusammenzählen. Chandra hat auf irgendeine Weise, die wir nicht verstehen können, das Waaty, das du einfach mit hierhergebracht hast, geheilt. Dein Glück, Zayn. Sie fühlt das Leid dieser Pokémon und wie du mir erzählt hast, hat ihr Bruder mit ihnen zu tun. Und nun tauchen überall Cryptopokémon auf. Weißt du, was das bedeutetet?“ Ein erwartungsvoller Blick. Zayn seufzte genervt. „Wie gesagt, wenn du sowieso schon alles weißt …“ Eine Wiederholung seiner Worte mochte trotzig sein, aber ihm fiel schlicht nichts Passenderes ein. Er wusste, worauf dieses Gespräch hinauslaufen würde … „Mach mich nicht sauer, Zayn!“, betonte sie mit erhobener Stimme, die ihn zusammenzucken ließ. „Wenn sie wirklich dazu in der Lage ist, diesen Pokémon zu helfen, dann wird sie für ihren Bruder ein Dorn im Auge sein und er heißt es sicherlich nicht gut, dass sie außerhalb seiner Reichweite ist. Nach allem, was du mir von ihm erzählt hast.“ Sie machte eine kurze Pause, in der sie bloß sein angespanntes Gesicht betrachtete. „Diese Männer waren wegen ihr dort, nicht wahr? Das erklärt, was sie von dir wollten. Sie wissen, dass du hinter Chandras Verschwinden steckst. So und nicht anders ist es doch, oder?“ Er sah zur Seite. „Ja.“ „Mensch, Zayn.“ Sie griff sich an die Stirn, kopfschüttelnd und fassungslos. „Wieso tust du das immer wieder?“ „Was denn?“ „Dich in Schwierigkeiten bringen. Nicht aufpassen.“ „Nun, ich lebe noch, wie du siehst. Und ich habe kein Interesse, mich jetzt zum tausendsten Mal vor dir rechtfertigen zu müssen“, wandte er ein. „Wie bitte?“ Sie überbrückte den letzten Schritt, sodass sie direkt vor ihm stand. „Denkst du, ich stehe zum Spaß hier? Du hast nicht den Hauch einer Ahnung, in was für Schwierigkeiten du dich gebracht hast. Du denkst, du wüsstest mit deinen zwanzig Jahren darüber Bescheid, wie die Welt funktioniert, aber soll ich dir etwas sagen? Du kannst nicht einfach in das kriminellste Loch von ganz Orre gehen, dort alles durcheinanderbringen und dann erwarten, dass schon nichts passiert. Hast du denn gar nichts gelernt?“ Allmählich kochte Zayns Wut wieder hoch. Er mochte an sich ein ruhiges Gemüt haben, aber seine Mutter vollbrachte es immer wieder, ihn an dessen Grenzen zu bringen. „Ich habe nie gedacht, dass nichts passiert. Im Gegensatz zu dir sehe ich die Probleme nämlich und verschließe mich nicht vor ihnen. Und im Übrigen: Ich habe dir alles Wesentliche zu Chandra erzählt und du hattest nichts dagegen, dass sie hier ist.“ Sie seufzte. „Ja, richtig, ich habe gesagt, dass sie hierbleiben kann. Aber es ist gefährlich, dass sie hier ist. Es ist mir klargeworden, als ich sah, wie du dich einmal mehr in Gefahr bringst.“ „Willst du damit etwa andeuten, dass sie besser nicht hier sein sollte …?“, fragte Zayn auffallend ruhig. „Natürlich nicht! Aber es ist keine Dauerlösung. Du musst –“ „Also doch.“ Er stieß sich vom Tisch ab, sodass sie einen Schritt zurücktrat. „Du willst Chandra nicht länger hierhaben. Weil du Angst hast. Wie immer.“ „Zayn“, entgegnete sie scharf. „Pass auf, was du sagst. Dreh mir nicht die Worte im Mund herum. Was willst du tun, wenn diese Männer eines Tages vor unserer Tür stehen? Vertreibst du sie dann auch einfach mit einem Pokémonkampf? Diese Möglichkeit bringt jeden hier in Gefahr, ist dir das bewusst?“ Mit jedem Wort redete sie sich mehr in Rage. „Willst du, dass am Ende noch jemand verletzt wird? Jill zum Beispiel.“ Er hasste ihr Repertoire an rhetorischen Fragen, die immer auf seine Vernunft abzielen sollten. Noch mehr aber hasste er es, sich mit seiner Mutter zu streiten, immer wegen desselben leidigen Themas. „Du weißt genau, dass ich das nicht will. Nichts liegt mir ferner, als jemanden zu verletzen.“ „Wieso bist du dann immer so stur? Ich mache mir Sorgen um dich – und du … du stößt mich immer nur von dir.“ „Weil du mich nicht verstehst, Mom. Ich habe das Gefühl, es ist dir egal, weshalb ich das alles tue … Als hättest du den Grund dafür vergessen.“ Ein harter Ausdruck legte sich auf Zayns Gesicht, als er fühlte, wie sich das Innere seiner Brust mit den Worten schmerzhaft zusammenzog. Seine Mutter sah aus, als hätte er sie geschlagen. Mit großen, glitzernden Augen und zitternden Lippen griff sie nach ihm, streifte seinen Arm, doch er trat zur Seite. „Zayn, bitte. Sag so etwas nicht. Ich habe doch einfach nur Angst um dich.“ „Wie immer! Und ich habe es satt, mich nach deiner übertriebenen Sorge zu richten. Du weißt selbst keine Lösung für das Problem, aber du erwartest von mir, dass ich eine parat habe. Was soll ich deiner Meinung nach tun? Zu Chandra sagen: ‚Sorry, aber du musst jetzt leider gehen‘? Wo sollte sie hin? Sie hat niemanden. Ihre Mutter ist tot, ihr Vater interessiert sich einen Scheiß für sie und ihr Bruder ist ein kranker Mistkerl. Wenn du eine Lösung hast – bitte, sag sie mir, ich brenne darauf, sie zu hören!“ „Nein, Zayn“, erwiderte sie. Ihre rechte, zur Faust geballte Hand zitterte vor ihrer Brust. „Ich bitte dich einfach, die Situation etwas rationaler zu betrachten … Natürlich möchte ich nicht, dass du sie einfach so fortschickst. Aber vielleicht ist es an der Zeit, über eine andere Lösung nachzudenken. Deine Gefühle für sie machen dich blind.“ „Bitte?“ Zayn hob die Augenbrauen. Offenbar glaubte seine Mutter, über alles besser Bescheid zu wissen. Unter normalen Umständen hätte er ihr ja womöglich zugestimmt, aber nun war ihre Aussage nur ein erneuter Zündstoff für seinen Zorn. „Denkst du, ich sehe nicht, wie du sie ansiehst, dich um sie kümmerst? Ich habe es dir schon gestern gesagt. Ich mag deine Mutter sein, aber ich bin nicht steinalt und schon gar nicht blöd. Ihr seid ständig zusammen. Und jetzt gerade war sie wieder bei dir – warum wohl, hm?“ Wo sie vor wenigen Minuten noch vor Entrüstung förmlich Funken gesprüht hatte, sah sie nunmehr erschöpft aus. Zayn spürte die Hitze, die ihm angesichts ihrer Frage ins Gesicht stieg. „Das geht dich überhaupt nichts an …“ Er wich ihrem Blick aus. „Nein, das tut es nicht. Aber ich habe recht. Und ich freue mich für dich, wirklich. Ich will doch nichts, als dass du glücklich bist. Aber …“ Sie näherte sich ihm wieder. „Die Situation kann nicht so bleiben, Zayn. Bitte denk darüber nach.“ „Darüber muss ich nicht nachdenken“, wehrte er ihre Bitte ab. „Wenn du verlangst, dass sie geht, dann verlierst du mich auch noch, Mom.“ Er griff sich die dünne Jacke, die über dem Stuhl hing, sowie den Gürtel mit seinen Pokébällen und marschierte Richtung Zimmertür. „Das … das kannst du nicht sagen, Zayn“, brachte seine Mutter hinter ihm fassungslos hervor. „Wenn das dein –“ Abrupt hatte er sich umgedreht. „Wag es nicht, diesen Satz zu Ende zu sprechen! Er würde hinter mir stehen – im Gegensatz zu dir. Und er würde …“ Für einen Moment sah er zu Boden. Es war ein dumpfer Schmerz in ihm aufgestiegen, als hätten sich die Worte – gerade auch die ungesagten – mit spitzen Krallen in seiner Seele verhakt, um ihn zu quälen. „Ach, vergiss es. Es ist dir sowieso egal.“ Er wandte sich endgültig von seiner Mutter ab und wagte keinen Blick zurück in ihr Gesicht – zweifellos würde er dort in ihren eisblauen, seinen so sehr ähnelnden Augen den Kummer erkennen, den er ihr mit seiner Wortwahl zugefügt hatte. Aber es war ihm gleich. Zumindest für den Augenblick. „Zayn … warte! Wo willst du hin?“, rief sie ihm erschüttert hinterher, als er bereits durch die Tür getreten war. „Raus. Ich brauch frische Luft.“ Ungeachtet der Tatsache, dass er sie gerade in seinem Zimmer stehen ließ, lief er den Gang entlang und hörte nicht mehr auf ihre Bitte, zurückzukommen.   ******   Zayn hatte kaum das Labor verlassen und war im Wald angekommen, als er seine Worte auch schon bereute. Was er gesagt hatte, war ungerecht gewesen und völlig fehl am Platz. Es war ihm nicht über die Lippen gekommen, weil er es für wahr hielt – er hatte lediglich seine Wut sprechen lassen. Dieselbe Wut war es, die ihn auch jetzt, seiner Einsicht zum Trotz, vorantrieb. Hauptsache außer Sichtweise des Labors und damit im übertragenen Sinne auch so weit weg von seiner Mutter, wie es ihm für den Moment möglich war. Sie verstand ihn nicht, stellte sich das alles viel zu leicht vor. Insgeheim verwunderte ihn das nicht – sie schien ja auch zu glauben, dass sich das Problem mit den Cryptopokémon in Luft auflöste, wenn man nur lange genug wegsah. Aber Zayn konnte nun einmal nicht so blind sein. Genauso wenig, wie er sich der närrischen Illusion hingeben konnte, dass es eine andere Lösung für Chandra gab, als hier zu sein. Vielleicht wäre er dann weniger aus der Haut gefahren. Aber so musste er sich fragen, was seine Mutter von ihm erwartete. Dass er Chandra an einen fremden Ort schickte, völlig  auf sich allein gestellt? Das würde er niemals tun. Aber wenn seine Mutter das auf Biegen und Brechen von ihm verlangen würde, dann … würde er Chandra begleiten. Immerhin hatte er ihr versprochen, auf sie aufzupassen. Er folgte dem Weg eine ganze Weile, bis sich die Bäume lichteten und er an dem See ankam, der im Wald verborgen lag. Das Wasser glitzerte in der Sonne und reflektierte den heute wieder strahlendblauen Himmel. Zayn näherte sich nicht dem Ufer, sondern ließ sich an einen Baum gelehnt ins Gras sinken. Der Boden war immer noch ein wenig feucht vom gestrigen Regenguss, aber es gab gerade kaum etwas, das ihn weniger störte. Regungslos saß er da, den Blick gen Himmel gewandt, und spürte die leicht frische Brise, die an seiner Kleidung zog und zugleich einen Teil des Zorns und Unfrieden von ihm nahm. Er hatte kein Zeitgefühl, doch irgendwann vibrierte es in seiner Hosentasche und als er seinen PDA hervorholte, verriet ihm ein Blick auf dessen Uhr, dass er bereits eine Weile dort verharrt hatte. Mit ausdrucksloser Miene las er Vince‘ Nachricht: ‚Hast du‘s schon gesehen?‘ ‚Ja.‘ Mehr gab es nicht zu sagen. Natürlich hatte er die schlechte Nachricht, die seine Mutter überhaupt erst zu ihm getrieben hatte, nicht vergessen. ‚Du hast dir dich selbst im Fernsehen vermutlich anders vorgestellt. Als strahlender Pokémon-Champ. Und nicht als Schlächter der Cryptopokémon.‘ Zayn verdrehte die Augen und schrieb: ‚Haha. Vielleicht könnte ich über deine schlechten Witze lachen, wenn meine Mutter das Ganze nur halb so lustig gefunden hätte wie du.‘  ‚Sorry.‘ Nach einer kurzen Pause folgte: ‚Sie macht sich nur Sorgen um dich.‘ ‚Ich weiß.‘ Was es Zayn nicht einfacher machte. Wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, seine riskante Aktion rückgängig zu machen – er würde sie ergreifen. Er war zwar im Besitz eines weiteren Cryptopokémons, aber dafür kannte nun auch jeder von Rays Leuten sein Gesicht. Er wusste nicht, ob es das wert gewesen war. Und wenn er so darüber nachdachte … dann konnte er die Sorge seiner Mutter durchaus verstehen. ‚Und hast du es Chandra vorher erzählt?‘ ‚Ja, und bevor du fragst: Sie hat es nicht so gut aufgenommen‘, antwortete Zayn. ‚Na ja, du wusstest bestimmt, wie du sie trösten kannst.‘ Zayn schmunzelte und war plötzlich froh, noch mehr als zuvor, dass er Vince‘ Ratschlag ernstgenommen hatte. Chandra hätte sich bloß hintergangen gefühlt, wenn er mit der Geschichte erst herausgerückt wäre, wenn sie es ohnehin schon gewusst hätte. ‚Was machen wir jetzt?‘, schrieb Vince wieder. ‚Wir‘ … Zayn sollte das einfach so hinnehmen. Auch wenn es ihm noch immer missfiel, andere in seine Probleme zu verwickeln. ‚Keine Ahnung. Abwarten.‘ ‚Okay. Schreib mir, wenn was los ist.‘ Zayn nickte, mehr für sich selbst, denn sein Freund konnte das ja nicht sehen. Aber er entschied, dass es keiner Antwort mehr bedurfte und schob den PDA wieder in seine Hosentasche. Im Anschluss legte er den Kopf nach hinten und schloss die Augen. Das alles wäre erheblich einfacher, wenn er den Streit mit seiner Mutter einfach damit abtun könnte, dass sie übertrieb. Sicherlich hätte er das vor dem gestrigen Ereignis gesagt. Aber nun musste auch er sich der Tatsache stellen, dass Chandras Bruder nicht so schnell aufgab – nicht, dass er das erwartet hatte. Nach allem, was er von Ray wusste, erschien ihm dieser nicht wie jemand, der es akzeptierte, wenn man ihm etwas nahm, auf das er einen Besitzanspruch zu haben glaubte. Aber Zayn war auch niemand, der vor einer Herausforderung zurückschreckte. Wenn er nur wüsste, was er tun sollte … Er konnte doch nicht abwarten, bis Ray seinem Ziel einen weiteren Schritt näher kam …   ******   Als Zayn später wieder zum Labor zurückkehrte, war einige Zeit vergangen. Er hatte noch eine Weile dort gesessen und über alles nachgedacht – ohne in den Genuss einer Lösung zu gelangen. Es gab nun mal keine. Nachdem er des stumpfen Nachdenkens überdrüssig geworden war, hatte er Riolu aus dessen Ball geholt und mit dem Kampfpokémon ein kleines Wettrennen um den See herum veranstaltet. Natürlich hatte er dabei haushoch verloren. Er war zwar durchaus sportlich und ausdauernd, da er allgemein gerne an der Seite Riolus durch den Wald joggte, aber gegen die Ausdauer und Schnelligkeit seines unausgelasteten Pokémons war chancenlos. Riolu fehlten, genau wie dem Rest von Zayns Pokémon, die Kämpfe und die Möglichkeit, seine Kraft und Entschlossenheit zur Schau zu stellen. Eigentlich waren sie von ihrem Trainer anderes gewohnt. Seit Zayn Chandra kennengelernt hatte, kam er viel seltener zu der Möglichkeit eines Pokémonkampfes. Hauptsächlich deshalb, da er viel mehr Zeit zu Hause verbrachte als früher. Er konnte ihr schließlich nicht mal eben eröffnen, dass er für einige Tage oder gar Wochen an einen anderen Ort verreiste, um nach neuen Herausforderungen Ausschau zu halten. Chandra einfach überallhin mitzunehmen, war auch keine Option, wenn ihr Bruder nach ihr suchen ließ – jetzt erst recht nicht mehr. Zayn selbst brauchte für die nächsten Wochen nicht davon auszugehen, das Labor weiter als bis nach Veralia verlassen zu können – und vielleicht war sogar das schon zu viel. Portaportus war schließlich nicht mehr als ungefähr eine Stunde mit dem Auto entfernt. Beim nächsten Mal, dass er Rays Leuten begegnete, würde er vielleicht nicht so viel Glück haben. Pokémon hin oder her. Gerade, weil diese Typen sich nicht auf ihre Pokémon verließen, wie ihre allererste Begegnung gezeigt hatte. Also was zählte im Moment schon ausbleibendes Training für seine Pokémon? Sie waren stark und würden die aktuelle Pause nur als die Ruhe vor dem Sturm betrachten. Er wusste, wenn er sie brauchte, konnte er sich auf sie verlassen. Aber zurzeit … hatte er ganz andere Probleme. Seine wütende Mutter war noch das kleinste davon. Nach der sportlichen Aktivität hatten Riolu und er hat noch einige Steinchen über den See gejagt, wobei Zayn sich etwas besser gegen sein Pokémon hatte behaupten können. Es hatte ihn ausreichend erheitert, um wieder den Rückweg zum Labor anzutreten. Als sie schließlich dort ankamen und gerade den Parkplatz überquerten, blieb Riolu plötzlich wie angewurzelt stehen und wandte sich nach links. Sein Blick glitt in eine andere Richtung als in die, aus der sie gekommen waren, aber ebenfalls zwischen einige Bäume und Büsche. „Was ist los? Ist da was?“, fragte Zayn verwirrt, als er das Knurren seines Freundes hörte. Weder konnte er etwas erkennen noch hörte er etwas Verdächtiges. Aber Riolu spannte seinen kleinen Körper an und starrte weiterhin ins Gebüsch. „Ach komm, da –“ „Zayn?“ Zayn drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Torben stand in den Eingangstüren des Labors und winkte ihn zu sich. „Komm mal bitte her, ich möchte mit dir reden.“ Es klang nicht unbedingt wie ein Befehl, aber ernst genug, dass Zayn ihn doch ungern warten lasse wollte. Auch wenn er seufzen musste; er wusste, worum es ging. Riolu verharrte noch immer stocksteif. „Da ist nichts, Riolu. Komm jetzt mit“, befahl Zayn und wandte sich zum Eingang. Daraufhin raschelte es zwischen den aufblühenden Blättern eines Baumes, ehe aus dem Grün etwas Blaues hervorkam und flatternd davonflog. „Siehst du, nur ein Pokémon“, seufzte Zayn. „Du wirst jetzt kein armes Schwalbini verdreschen.“ Als Riolu immer noch keine Anstalten machte, auf seinen Trainer zu hören, holte dieser es kurzerhand in seinen Pokéball zurück. Nach einem letzten gründlichen Blick zwischen die Bäume, wo sich alles ruhig und friedlich präsentierte, ging Zayn zu Torben und folgte ihm durch die Türen in die ruhige Eingangshalle. „Ach Zayn“, seufzte Torben. „Musste das sein?“ „Musste was sein?“ Torben hob eine Augenbraue. Er schien nicht wirklich wütend. Zayn hatte ihn eigentlich noch nie wirklich wütend erlebt. Manchmal verzweifelt, enttäuscht oder fassungslos. Im Moment bot sich ihm eine Mischung aus Resignation und Verzweiflung. „Du weißt genau, was ich meine. Also?“ „Wir waren eben unterschiedlicher Meinung“, verteidigte sich Zayn schulterzuckend. „Meinst du nicht, dass du etwas zu streng warst? Sie meint es nur gut. Sie macht –“ „– sich nur Sorgen, ich weiß. Und ich mache mir Sorgen um Chandra. Da haben wir dann wohl verschiedene Prioritäten. Kommt vor.“ Erneut über das Gespräch vom Vormittag nachzudenken, stimmte Zayn zornig. Torben funkelte ihn an. „Das gibt dir nicht das Recht, ungerecht zu sein. Wie würde es dir gefallen, wenn wir deine Sorge um Chandra nicht ernstnehmen würden?“ „Ich nehme sie ja ernst. Ich finde sie nur etwas übertrieben.“ „Würdest du sie wirklich ernstnehmen, hättest du dich deiner Mutter gegenüber weniger verletzend verhalten. Ich kann ja verstehen, dass dich das alles mitnimmt –“ Zayn unterbrach Torbens Ansprache wenig höflich: „Nein, kannst du nicht. Und ich wüsste ehrlich gesagt nicht, was dich das angeht.“ Er wollte gehen und dieses Gespräch für beendet erklären, aber sein Gegenüber trat ihm geschwind in den Weg. „Wenn deine Mutter zu dir geht, um mit dir zu reden, und sie dann völlig aufgelöst und fassungslos zurückkommt, dann geht mich das sehr wohl etwas an“, stellte Torben klar, eine ganze Spur deutlicher als zuvor. Zayn erwiderte dessen harten Gesichtsausdruck mühelos. In Blickduellen war er anderen immer überlegen; es hatte seine Vorteile, eisige Augen zu haben. „Gut, du hast deinen Standpunkt klargemacht. Aber falls du es vergessen hast: Du bist nicht mein Vater. Ich lasse mir von dir keine Ansage machen.“ Torben trat einen Schritt zurück, verschränkte die Arme und seine Lippen verzogen sich zu einem humorlosen Grinsen. „Danke, dass du mich erinnerst. Ich neige dazu, das zu vergessen. Bedauerlicherweise muss ich dir aber sagen, Zayn, dass ich dich schon dein ganzes Leben lang kenne und das für mich reicht, um dir zu sagen, wenn du dich in meinen Augen falsch verhältst.“ „Leider ist dein Blick nicht objektiv, wenn es um Mom geht – und jetzt entschuldige mich.“ Diesmal schaffte Zayn es an ihm vorbei, im Begriff, der Eingangshalle und dieser unleidlichen Konversation zu entfliehen. Hinter ihm lachte Torben auf. „Mag sein. Aber dein Blick ist es ebenso wenig, wenn es um eine gewisse Dame geht, mein Lieber. Denk mal drüber nach.“ Er klopfte ihm auf die Schulter und verschwand durch eine der Türen, ehe Zayn noch etwas hätte erwidern können. Feigling.   ******   Wenn Chandra mit Zayn zusammen war, dann konnte sie ihre Sorgen für kurze Zeit vergessen. Es gelang ihr, die quälende Stimme in ihrem Kopf, die ihr ihre größte Angst zuraunte, zu verdrängen, um sich der sonnigen Seite ihres Lebens zuzuwenden. Doch früher oder später schoben sich Furcht und Unruhe dann doch wieder wie dunkle Wolken vor ihre Lichtquelle und drohten, ihr diese zu entreißen. Und sie hasste sich für diese Gefühle. Ray hatte, selbst wenn er weit weg war, viel zu viel Einfluss auf sie. Er war wie Gift, das schon vor Ewigkeiten in ihr Innerstes geflossen war und einfach nicht davon abließ, sie zu quälen. Sie wollte ihn nie wiedersehen. Oder – vielleicht – einmal noch, um ihm das Gesicht zu zerkratzen. Womöglich würde seine Haut nicht von blutroten Schlieren gezeichnet, sondern von der Dunkelheit, die sein Herz bereits vor Ewigkeiten in Stein verwandelt hatte und die wie eine zähe Flüssigkeit aus ihm herausfließen würde. Wie sah diese Finsternis aus? Violett, wie der Albtraum, der Pokémon zu Monstern formte? Gut möglich. Er war schlimmer als diese Pokémon. Beidem konnte sie nicht entkommen. Nach dem Verlassen von Zayns Zimmer war sie etwas frühstücken gegangen, auch wenn sie kaum etwas herunterbekommen hatte. Im Anschluss hatte es sie umgehend in ihr Zimmer verschlagen – von Zayn oder seiner Mutter keine Spur – und dort lag sie seitdem im Bett. Nun war es später Nachmittag und vor nicht allzu langer Zeit war sie aus einem unruhigen Mittagsschlaf mit feuchten Augen aufgeschreckt. Natürlich hatte sich dieser Mistkerl wieder in ihre Träume geschlichen. Chandra fühlte sich verraten von ihrem Körper. Es war, als würde er ihr prophezeien, was ihr bevorstand. Im Grunde hatte sie daran keinerlei Zweifel. Nicht, seit sie neulich dieses Bamelin in Portaportus gesehen hatte. Ray würde sie finden. Er bekam immer, was er wollte – weil er nie aufgab. So auch diesmal. Was würde er mit ihr anstellen? Er hatte bestimmt dutzende Möglichkeiten, sie leiden zu lassen, und Leute, die ihr schlimme Dinge antun konnten – oder vielleicht würde er das selbst tun? Normalerweise machte er sich nie selbst die Hände schmutzig, aber bei seiner kleinen, missratenen Schwester … da würde er eventuell eine Ausnahme machen. Allein der Gedanke daran trieb ihr wieder Tränen in die Augen. Begleitet vom Rascheln der Bettdecke spürte sie den warmen Körper, der sich hinter ihr regte, und dann einen warmen Atem im Nacken. Nachdem sie aus ihrem Albtraum aufgeschreckt war, hatte sie Sunny und Lunel aus ihren Pokébällen und mit zu sich unter die Bettdecke gelassen. Ihre Pokémon hatten direkt gespürt, dass es ihr nicht gut ging, ohne dass es großer Erklärungen bedurft hätte. Das Band, das sie mit Psiana und Nachtara verband, war das Einzige, das ihr in den vergangenen Jahren wirklich nachhaltig Kraft gegeben hatte. Sunny lag vor ihr, den Kopf auf Brusthöhe, und gab ein beruhigendes Schnurren von sich, während Chandra eine Hand in ihrem violetten Fell vergraben hatte. Lunel hingegen hatte sich an ihren Rücken gekuschelt und eine Pfote, wie in einer beruhigenden Geste, auf ihrer Schulter liegen. Doch nun hatte er sich etwas erhoben und sie fühlte seine Zunge über ihre Wange lecken. „Das kitzelt“, schniefte sie zwischen den Tränen, musste aber doch ein wenig lachen und nutzte die freie Hand, um ihn hinter den Ohren zu kraulen. Danach legte er den Kopf in die Kule zwischen ihrem Hals und der Schulter und sie spürte, wie Sunny noch näher an sie heranrückte. Die Wärme und Fürsorge ihrer Pokémon gab ihr so viel Kraft. Ein klein wenig beruhigter schloss sie die Augen und driftete abermals in einen leichten Schlaf ab. Sie war so erschöpft, obwohl sie kaum etwas getan hatte. Irgendwann schreckte sie aus der traumlosen Schwärze auf, da ihr PDA ein Nachrichtensignal von sich gab. Mit steifen Knochen räkelte sie sich und nahm das Gerät vom Nachtschränkchen. Zayn hatte ihr eine Nachricht geschrieben. Aufzug. 1. Stock. Sie seufzte. Er hatte sie ja heute Mittag gefragt, ob sie am Abend Zeit hätte. Nun war es bereits zwanzig Uhr und sie lag seit Stunden im Bett. „Aufstehen, ihr Süßen. Wir haben ein Date“, meinte sie zu Sunny und Lunel und erhob sich, als die beiden sich streckten und vom Bett sprangen. Draußen war es noch hell, aber nicht mehr lange. In Windeseile, um Zayn nicht warten zu lassen, klatschte Chandra sich kaltes Wasser ins Gesicht und machte sich frisch. Nach nur fünf Minuten war sie wach genug, um gemeinsam mit ihren Pokémon das Zimmer zu verlassen. Sie spürte ihre Sorgen noch immer an ihr zerren, aber die Aussicht, Zayn zu sehen, erhellte ihr Gemüt. Sunny und Lunel flitzten vor ihr zum Aufzug, welcher im hinteren Mittelteil des Gebäudes zwischen dessen Flügeln lag. Als sie um die Ecke bog, sah sie Zayn, der in die Hocke gegangen war, um ihre Pokémon zu begrüßen. Er schenkte ihr dieses strahlendes Lächeln, das ihre Knie aufweichte und ihr einen großen Teil der inneren Schwere nahm. Es verblasste, als er ihr Gesicht näher betrachtete. „Hast du geweint?“ „Nein. Hab geschlafen. Da tränen meine Augen schnell.“ Er nickte, und sie sah, dass er ihr das nicht abkaufte. Aber er beließ es dabei und wies sie an, ihm in den großzügigen Aufzug zu folgen. „Wieso der Aufzug und nicht die Treppe?“, fragte sie irritiert. „Du kennst gerne draußen die Feuertreppe nehmen, aber der Aufzug ist bequemer und schneller“, grinste er. „Hä?“ Zayn tippte einen Code in das Zahlenfeld des Aufzugs ein und dann auf eine Taste, der sie noch nie große Beachtung geschenkt hatte. Aber die Türen schlossen sich und der Aufzug fuhr in die dritte Etage. Verwirrung zeichnete ihre Züge. Es gab keine dritte Etage. Ihre Zimmer lagen im ersten Stock, einen zweites Stockwerk gab es nur im Mittelteil des Gebäudes, dort waren zwei Zimmer, unter anderem das von Cara. Darüber war … die Glaskuppel in Form eines Pokéballs. Mit einem Ping verschwanden die Türen in der Wand und Chandras Welt wurde in ein sanftes Rot getaucht. „Wow, ist es das, was ich denke?“, rief sie, als sie aus dem Aufzug getreten war. „Ich weiß nicht, ob es so im Inneren eines Pokéballs aussieht, vermutlich nicht, aber wir sind hier in der oberen Hälfte eines gigantischen Pokéballs, ja.“ Chandra hatte ihm kaum zugehört. Sie war an das rote Glas getreten und starrte über den Garten des Labors hinweg auf den Horizont. Sie waren höher als die Baumkronen des Waldes und das ermöglichte ihr eine Sicht, die sie schemenhaft das Gebirge erkennen lassen konnte, das weit hinter dem Wald lag. „Warum hast du mir das erst jetzt gezeigt?“, forderte sie zu wissen und lief an den Glasscheiben entlang. Hier oben zu sein, verdeutlichte ihr die Größe der Glaskuppel. Der runde Raum und seine zur oberen Mitte hin zusammenlaufende Decke faszinierten sie. Niemals wäre sie darauf gekommen, dass der Pokéball einen weiteren Raum versteckte. Von unten hatte sie das nicht erkennen können. Es hatte nur immer wieder wie magisch ihren Blick angezogen, wenn sich die Abendsonne in diesem roten Glas gespiegelt hatte. „Ich habe auf den richtigen Moment gewartet“, erwiderte Zayn. „Du Idiot, dafür gibt es keinen falschen Moment.“ Chandra und ihre Pokémon liefen um die Säule mit dem Aufzug herum, bis sie zum vorderen Teil kamen. Dem Glas zugewandt stand eine große, bequem aussehende Couch, dessen dunkler Bezug von einigen Kissen und einer Decke geschmückt wurde. Ansonsten standen hier oben lediglich ein paar größere Pflanzen und an einer Seite war eine Tür im Glas, die über die Feuertreppe auf das Dach des rechten Seitenflügels führte. „Möchte ich wissen, wie ihr diese Couch hier reinbekommen habt?“, fragte Chandra und trat an das kleine, runde Fenster auf Kopfhöhe. Sie öffnete es und zog die frische Abendluft ein. Von unten hatte sie immer gedacht, die Nachbildung des Öffnungsknopfes, welchen jeder Pokéball in der Mitte hatte, sei ein Fenster. Dort nämlich war das Glas farblos. Nun erkannte sie, dass um den oberen Halbkreis am Boden herum das Glas zwar schwarz gefärbt war, es sich aber nicht öffnen ließ. Das Fenster, durch welches sie jetzt spähte, hatte sie von unten nie erkannt. „Ich schätze, nicht“, lachte Zayn und trat hinter sie. Chandra erkannte, warum er sie erst abends hier hochführen hatte wollen. Die Sonne ging bald unter. Noch stand der glühende Feuerball oberhalb der Baumkronen am rötlichpinken Himmel, aber er sank minütlich und verwandelte die Kuppel noch stärker in ein Inferno, als dies tagsüber der Fall war. Zayn zog sie mit sich auf die Couch, während Sunny und Lunel es sich schon auf einem anderen Plätzchen gemütlich gemacht hatten. Er schlug die Decke über sie und Chandra realisierte, als sie sich seitlich an seine Brust schmiegte, dass es ihr mittlerweile viel weniger ausmachte, ihm einfach so nahe zu sein. Falls ihr diese Erkenntnis die Röte ins Gesicht trieb, dann war das immerhin nicht zu erkennen, so rot wie hier alles war. „Wie geht es dir?“ Diese Frage brachte sie ganz aus dem Konzept. Wahrheit oder Lüge? „Geht so.“ Er durchschaute es ohnehin immer, wenn sie log. Er schwieg, und sie sah, wie sein kühler und dennoch warmer Blick über sie wanderte. Sie konnte sich schon denken, woran er dachte. Auch sie hatte heute zu viele Gedanken daran verschwendet. Ihre Sorgen und Ängste waren nicht verschwunden, aber in Momenten wie diesem tat sie gerne so, als könnte sie sie dauerhaft unterdrücken. Ray hatte schon zu viel von diesem Tag bekommen. Er würde nicht auch noch diesen Moment an sich reißen. Es war noch genug Sonnenlicht übrig, um die Dunkelheit zu vertreiben. „Aber lass uns nicht darüber reden“, forderte sie. „Wie geht es dir?“ Zayn zögerte, und sie fragte sich, ob er wohl ehrlich sein würde. „Ich glaube, ich war heute ein egoistisches Arschloch.“ Damit hatte Chandra nicht gerechnet. „Was? Wieso das? Weder das eine noch das andere lässt sich in einen inhaltlich korrekten Zusammenhang mit dir bringen.“ Lächelnd senkte er den Blick. „Da musst du mich noch besser kennenlernen. Ich war schon sehr oft in meinem Leben so.“ „Ja, gut, vielleicht damals mit den übertriebenen Pokémonkämpfen. Aber das ist doch Vergangenheit.“ „Das schon. Aber …“ Er sah nach draußen und das Sonnenlicht ließ seine eisblauen Augen warm erstrahlen. „Wenn ich mich von anderen in die Enge gedrängt fühle, dann schlage ich schnell um mich und sage Dinge, die ich nicht so meine. Die andere aber verletzen und sie so wieder von mir wegstoßen.“ „Macht das nicht jeder mal?“ Chandra hatte das bestimmt schon eine Million Mal getan, denn darin, andere wegzustoßen, war sie hervorragend. Manchmal … gelang ihr aber auch nicht. Zayns Worten war anzuhören, wie sehr es ihn bedrückte. „Vielleicht. Das macht es nicht weniger falsch.“ „Was ist denn überhaupt passiert? In dem Gespräch mit deiner Mutter?“ Sie legte den Kopf an seine Schulter. „Sie … Die Begegnung gestern ist, wie viele Sichtungen der Cryptopokémon, an die Presse gelangt. Es gibt ein Video, in dem ich zu erkennen bin. Sie war außer sich.“ Letzteres überraschte Chandra nicht. Nachrichten allerdings hatte sie heute noch keine gesehen. Das neue Wissen war beunruhigend und nun verstand sie Zayns Laune etwas besser. „Für sie … ist das bestimmt auch nicht leicht. Aber ich bin mir sicher, sie weiß, dass du es nicht so gemeint hast“, versuchte sie sich an einer Aufmunterung. Nicht, dass sie wüsste, was er gesagt hatte. „Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich habe sehr ungerechte, gemeine Dinge gesagt. Und nicht nur zu ihr.“ „Ja, aber“, Chandra drehte sich gänzlich zu ihm, bis sie ihm ins Gesicht sehen konnte, „es tut dir leid und wenn du dich entschuldigst, dann wird sie das verstehen und dir nicht übelnehmen.“ Er lächelte ob ihrer forschen Art. „Meinst du?“ „Na klar. Außerdem kann man dir gar nicht lange böse sein. Du bist eben einfach so, wie du bist. Du stürzt dich mit vollem Einsatz in die Dinge, die du für richtig hältst, ganz gleich, was passieren könnte. Das ist zwar manchmal riskant, aber ich finde es auch verdammt attraktiv. Und heiß.“ Sie war ihm so nah gekommen, dass sein Atem auf ihrer Haut prickelte. „Ich hoffe, meine Mutter bezeichnet mein Verhalten mit einem anderen Wort“, grinste er. „Gott, jetzt halt doch mal die Klappe!“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Du hast mich doch nicht hier hochgeholt, um dann nur davon zu reden. Genug von ihr!“ „Du hast recht.“ Zayn legte eine Hand an ihre Wange. „Der Moment ist zu schön, um ihn ungenutzt verstreichen zu lassen.“ Als sie einander in die Augen sahen, fühlte Chandra sich für einen Moment wie erstarrt. All ihr Selbstbewusstsein war schlagartig verschwunden, ersetzt durch ein flattriges Gefühl. Sie konnte nur erahnen, dass die Sonne mittlerweile hinter den Bäumen verschwunden war. „Danke für die aufmunternden Worte, Chandra“, sagte Zayn, ehe er sie küsste und sie nach hinten gegen die Lehne der Couch drückte. Sie ließ sich in das weiche Polster fallen, wie sie sich in den Kuss ergab, als dieser intensiver wurde. Kurzzeitig vergaß sie alles Schwere in ihrer Brust, jeder sorgendurchzogene Knoten löste sich durch das Rauschen, das durch ihre Adern jagte. Ewig lang hätte sie sich diesem süchtig machenden Gefühl hingeben können – doch dann spürte sie etwas Weiches von unten gegen ihr Kinn drücken, sodass sie sich schweratmend von Zayn löste. Lunel hatte sich zwischen die beiden gedrängt und wandte sich erhobenen Hauptes Chandra zu, wobei sein Schweif gegen Zayns Kopf schlug. „Ich glaube, du hast gerade Konkurrenz bekommen“, lachte Chandra und streichelte Nachtara. Er schien unbeeindruckt und legte einen Arm um ihre Schultern. „Damit kann ich leben, wenn es nur bei deinen Pokémon bleibt.“ Lunel rollte sich auf ihrem Schoß zusammen und auch Sunny quetschte sich noch in die Lücke zwischen Chandra und Zayn. „Sie brauchen deine Nähe eben genauso sehr wie ich. Außerdem ist die Nacht ja noch jung“, lächelte er. Ihm zustimmend hoffte sie, er möge die Röte in ihrem Gesicht nicht erkennen. „Du, Zayn?“ „Hm?“ „Lass uns in Zukunft jeden Sonnenuntergang hier oben beobachten, ja?“ „Wenn du das möchtest.“ Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Und du redest mit deiner Mutter!“ „Versprochen. Was immer du willst, Chandra.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)