All Hellows Eve von Laito-Sakamaki (Ein zu perfektes Opfer) ================================================================================ Kapitel 6: Die Schule ist kein sicherer Ort ------------------------------------------- In ihrem Zimmer angekommen blickte er sie erneut an. "Oi Chichinashi! Jetzt ist nicht die Zeit um zu schlafen", rüttelte er sie unsanft", "Reiji ist schon angepisst, weil niemand für die Schule fertig ist!" Hikari jedoch murmelte nur etwas absolut unverständliches vor sich hin. Vielleicht war es auch einfach nur ein Protestgeräusch, auf sein Rütteln hin, denn ihre Augen blieben geschlossen und eine andere Reaktion gab es nicht. "Tch!" entwich es ihm genervt, "Wenn du glaubst ich mach mir deinetwegen Streß mit Reiji, dann hast du dich getäuscht, Miss ich-fürchte-die-Kreaturen-der-Hölle-nicht!" Er trat die Tür zum Bad mit dem Fuß auf und trug das völlig weggetretene Mädchen hinein. Zielstrebig ging er zur Dusche, drehte das kalte Wasser auf und stellte sich kurzer Hand zusammen mit ihr auf dem Arm unter den eisigen Strahl. Mit einem lauten Quiecken riss Hikari die Augen auf, krallte sich an ihm fest und sah sich panisch um. Als sie nach ein paar Sekunden begriff was los war, sah sie in Ayato´s grinsendes Gesicht. Sofort zuckte wieder ein kurzer Blitz durch ihren Körper, als ihre Augen sich an seine hefteten. "Ayato-kun", murmelte sie, "Was ist passiert?" Er zog irritiert die Augenbrauen hoch, doch sehr schnell verfinsterte sein Blick sich wieder. "Was passiert ist?" knurrte er kalt, "Ich muss dich aus dem Bett des Perversen zerren und du willst mir ernsthaft sagen, du erinnerst dich nicht? Tch!" Er ließ sie unsanft von seinem Arm gleiten, hielt sie aber weiterhin fest. "Ich sollte dich hier anketten und einfach das kalte Wasser laufen lassen, bis wir aus der Schule zurück sind", kam er ihr bedrohlich nahe und auch seine Griffe um ihre Oberarme begannen deutlich zu schmerzen, "Vielleicht weißt du dann endlich, wem du gehörst!" In seinen Augen loderte ein wildes Feuer aus blindem Zorn und Hikari verschluckte sofort, was sie hatte sagen wollen. Ängstlich sah sie ihn an, zitternd vor Kälte. Ihre nassen Haare klebten an ihrem Oberkörper, welchen das kalte Wasser vom Blut gereinigt hatte und eine starke Gänsehaut zog sich über ihren gesamten Leib. Auch ihr Gegenüber war völlig durchnässt, doch von frieren keine Spur. Hikari fragte sich gerade, was im Moment wohl kälter war - das Wasser oder Ayato´s Blick - als dieser sie überraschenderweise los ließ und aus der Duschkabine trat. "Mach dich für die Schule fertig", murrte er und wollte gehen, wurde aber von ihrer Reaktion zurück gehalten. "Schule?" klang leichter Protest in ihrer Stimme mit, "Ich kann kaum stehen, so viel von meinem Blut habt ihr mir schon genommen! Und jetzt soll ich auch noch zur Schule gehen in diesem Zustand?" In der nächsten Sekunde bereute sie ihre, immer forscher werdenden Worte. Ayato stand wieder direkt vor ihr und drückte sie an der Kehle fest gegen die kalten Kacheln der Duschkabine. Sofort wurde ihr die Luft knapp und sie versuchte verzweifelt, seinen stahlharten Griff zu lösen. Ihre Angst wuchs zu ausgewachsener Panik, denn sein Griff lockerte sich kein Stück und seine grünen Pupillen durchbohrten sie förmlich. "Hättest du dich nicht Raito an den Hals geschmissen und ihm so bereitwillig dein Blut gegeben, gäbe es diese unnötige Diskussion jetzt nicht", knurrte er, "Du gehörst allein Ore-sama, merk dir das endlich! Dein Blut, dein Herz, dein Körper, deine Seele! Alles von dir gehört allein mir!" Seine Hand lockerte sich, ließ sie aber nicht frei. Zumindest bekam sie wieder Luft, doch sehr lange währte ihre Freude darüber nicht. Er kam ihr etwas näher und lehnte sich zu ihr vor. "Ich will nicht, dass dieser Perverse dich noch mal so anfasst", raunte er drohend, "Denk daran...ich habe dein Leben gerettet - ich kann es auch jederzeit beenden und...es wäre weder ein angenehmer, noch ein schneller Tod..." Er ließ sie los und ging dieses Mal wirklich. Hikari´s Hand legte sich auf ihren Hals und sie schnappte noch immer leicht nach Luft. »Ich muss hier weg!« hämmerte es in ihrem Kopf. Das alles hier war so viel schlimmer, als der Tod. So sehr sie vom ersten Moment an von Ayato fasziniert gewesen war, so sehr fürchtete sie ihn in diesem Moment. Er war schon öfter grob geworden, seit sie hier war und auch abfällige Worte von ihm hatte sie bereits öfter bekommen. Ebenso das Gefühl, wirklich absolut Nichts außer Beute für ihn zu sein und dennoch hatte all das ihre Faszination für ihn am Ende nicht schmälern können. Auch wenn sie ihn zwischendurch wirklich fürchtete, sofern er nur einen kurzen Moment lang wieder so war, wie in der Nacht an All Hellos Eve, bevor er sie hierher gebracht hatte, besiegte diese Faszination ihre Angst und ließ sie ihm ein weiteres Stück verfallen. Jetzt gerade aber war jegliche Faszination verschwunden. Noch nie hatte sie ihn so erlebt, so deutlich gespürt, wie tödlich gefährlich er war. Nicht nur, weil er ein blutsaugendes Monster war, sondern weil sein Ego es absolut nicht zuließ, bei irgendetwas nicht die Nr. 1 zu sein. Zum einen war er zum Kotzen arrogant, so von sich selbst eingenommen und überzeugt, dass alles an ihm abprallte, worauf er keine Lust hatte, doch andererseits benahm er sich zwischenzeitlich wie ein eifersüchtiger, kleiner Junge. Er selbst hatte ihr gesagt, dass auch seine Brüder ein Recht auf ihr Blut hatten, er jedoch so oft wie möglich verhindern wollte, dass es dazu kam. Doch jedesmal wenn einer seiner Brüder sie dennoch erwischt hatte, hatte Ayato ihr die Schuld dafür gegeben und es so hingestellt, als hätte Hikari genau dies gewollt. Das kalte Wasser prasselte noch immer auf ihren Körper und langsam begannen ihre Gliedmaßen zu schmerzen von der Kälte. Noch immer zitternd drehte sie das Wasser ab und verließ die Duschkabine, um sich abzutrocknen. Sie trieb sich voran, denn ihre Angst, Ayato könnte zurück kommen und noch wütender sein, war enorm. Das Erlebnis unter der Dusche hatte ihr deutlich vor Augen gehalten, dass der rothaarige Vampir auf seine Weise mindestens genauso verrückt war, wie sein Bruder Kanato. So schnell ihr geschwächter Zustand es zuließ, zog sie die Schuluniform an, welche sie im Schrank gefunden hatte. Als sie schon beinahe aus der Tür war, blieb sie dann aber doch nochmals stehen und sah mit wehmütigem Blick zurück ins Zimmer. »Alles könnte so perfekt sein«, waren ihre Gedanken schwer wie Blei, »Wenn sie alle nur keine Vampire wären...« Sie schüttelte sich. Ayato hatte Recht. So ungern sie dies zugab. Sie hatte ihre Flucht in die finstersten Abgründe menschlicher Phantasie für etwas Gutes gehalten und nun musste sie am eigenen Leib erfahren, wie dumm sie gewesen war. Dämonen waren Dämonen - egal wie sexy oder liebend Bücher und Filme sie auch zum Teil darstellen mochten - sie waren es nicht. Naja gut - sexy stimmte hier wohl schon, aber das machte nur wieder einmal mehr deutlich, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband bemessen durfte. Auch wenn die sechs Brüder sich durchaus in die Top Ten der begehrtesten Männermodels einreihen hätten können - sie kamen direkt aus der Hölle und waren alles andere als liebenswert. Jeder von ihnen. Je weiter man von ihnen weg war, desto besser. Während Hikari den Weg zur Eingangshalle zurück legte fragte sie sich, wie all die blind verliebten, weiblichen Fans von Twilight und Vampire Diaries wohl reagieren würden, wenn sie plötzlich in diesem Haus hier gefangen wären. Nein, Vampire waren ganz sicher nichts, dem man in seinem Leben begegnen wollte. Sie waren nichts Romantisches, sondern nur eiskalt und tödlich und sie nutzten die Faszination für sie, welche Hollywood gestreut hatte, gnadenlos aus. »So viele willige Opfer«, ging es ihr durch den Kopf, »Kein Wunder das sie völlig unentdeckt unter den Menschen leben können.« "Lässt du dich also endlich auch dazu herab zu erscheinen?" riss eine eisige Stimme sie da aus ihren Gedanken. Es war Reiki, welcher ungeduldig an der geöffneten Haustür stand und sie strafend anblickte. Hikari blieb auf der letzten Stufe stehen und traute sich kaum, ihn anzusehen. "Ich bitte um Entschuldigung", murmelte sie, "Es kommt sicher nicht mehr vor, dass ich mich verspäte." Der Vampir zog überrascht die Augenbrauen hoch. Sehr schnell jedoch nahm sein Gesicht wieder die üblich emotionslosen Züge an und auch seine Stimme war gewohnt abfällig. "Das erwarte ich!" raunte er, "Sonst wird es bestraft! Und jetzt beweg dich gefälligst. Alle anderen sitzen schon in der Limousine. Sollten wir deinetwegen zu spät in die Schule kommen, wirst du nach dem Unterricht dementsprechend wieder Gutmachung leisten!" Hikari nickte eilig und hastete an Reiji vorbei hinaus zum Wagen. Ihre Angst war stärker, als die Erschöpfung und verlieh ihr beinahe die sprichwörtlichen Flügel. Als sie in die Limousine stieg jedoch wünschte sie sich, ihre Erschöpfung ließe sie in eine erlösende Ohnmacht fallen. Nicht nur das alle fünf Augenpaare sich sofort auf sie richteten bereitete ihr Unbehagen - auch das sie genauu zwischen Ayato und Raito sitzen musste, tat einen großen Teil dazu. Ganz sicher würde nicht Reiji dort Platz nehmen und da, außer diesem, nur noch ein weiterer Platz wirklich frei war, gab es gar keine andere Möglichkeit. Hikari atmete im Geist einmal tief durch und sprach sich selbst allen Mut zu, den sie noch irgendwie aufbringen konnte. Während in Raito´s Augen nicht allein der Schalk blitzte und sein schmutziges Grinsen Bände sprach, drehte Ayato demonstrativ den Kopf zur Seite und würdigte sie keines Blickes mehr. Er war noch immer wütend auf sie und das machte ihr gerade wesentlich mehr Angst, als Raito´s anzüglicher Gesichtsausdruck. "Setz dich endlich!" bekam sie einen leichten Stoß Richtung Raito, "Muss ich dir wirklich für alles eine Anweisung geben?" Reiji setzte sich auf seinen Platz, Hikari verlor den Halt und landete direkt in Raito´s Armen. "Doch nicht hier, Bitch-chan", grinste dieser breit und seine Stimme war das Gänsehaut verursachendeste Schnurren, welches Hikari je gehört hatte, "Aber nach der Schule kannst du gern wieder zu mir aufs Zimmer kommen..." Hikari wurde knallrot und befreite sich hektisch von Raito, um neben ihm auf die Sitzbank zu rutschen. Der mürrische Blick aus dem Augenwinkel von Ayato war ihr nicht entgangen und sofort sank sie in sich zusammen. »Das wird er mich garantiert auch wieder spüren lassen«, dachte sie verzweifelt, »Vom Regen in die Traufe... Und jetzt auch noch Schule. Ich mag gar nicht daran denken, was mich da noch alles erwartet." Die ganze Fahrt über behielt Hikari ihre zusammen gesunkene Haltung bei. Nur kurz ließ sie einmal verstohlen ihren Blick schweifen. Keiner beachtete den anderen, jeder befasste sich mit sich selbst und eine bedrückende Stille herrschte. Nur manchmal wurde diese von Kanato unterbrochen, der mit seinem Teddy sprach aber das war noch unheimlicher, als diese seltsame Stille. Als die Limousine endlich hielt und alle ausgestiegen waren, atmete das Mädchen erleichtert auf, doch schon in der nächsten Sekunde stand sie stocksteif da. Reiji sah sie streng an und alle anderen Blicke folgten. »Was hab ich jetzt wieder falsch gemacht?«, fragte sie sich erschrocken und leichte Übelkeit stieg in ihr auf. "Du gehst mit Subaru in eine Klasse", kam es dann aber nur von Reiji, "Und denk dran - du repräsentierst hier die Sakamaki Familie, also erwarte ich bestes Benehmen!" Hikari nickte eingeschüchter, doch der Vampir hatte sich bereits abgewandt und ging. Ebenso Shu, Kanato und Raito. "Vergiß nicht, wem du gehörst!" knurrte Ayato ihr noch zu und verschwand dann ebenfalls. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken und das wiederholte sich direkt, als ihr Blick zu Subaru wanderte. Der war ganz offensichtlich alles andere als begeistert, dass sie beide nun in eine Klasse gehen würden und sah aus, als würde er sie am liebsten umbringen, nur um sie wieder los zu werden. Sie wusste gar nicht, was sie nun sagen oder wo sie hinsehen sollte und wurde jede Sekunde nervöser. "Komm schon", murrte er ihr entgegen, "Bleib in meiner Nähe. Ich werd ganz sicher keine Rücksicht nehmen, wenn du verloren gehst!" Er ging los und achtete auch nicht darauf, ob sie ihm nun folgte oder nicht. Schnell lief sie ihm nach und blieb ihm dann, mit einem angemessenen Sicherheitsabstand, auf den Fersen. »Ausgerechnet Subaru«, dachte sie bei sich, »Ich bin aber auch ein Pechvogel.« Nachdem Hikari sich der Klasse vorgestellt - und sie das Pult neben Subaru zugewiesen bekommen hatte, wurde sie zum ersten Mal etwas ruhiger. Hingegen ihrer Befürchtung schien das eine ganz normale Schule zu sein. Obwohl 'normal' wohl auch nicht wirklich zutraf. Es war eine Schule für Idole und super Reiche. Der Unterricht fand Nachts statt und das Schulgebäude glich eher einem Schloß, als wirklich einer Schule, aber es war eine Schule für Menschen. Bis auf die sechs Sakamaki Brüder halt, aber Hikari bezweifelte, dass irgend jemand in dieser Schule wusste, dass sie Vampire waren. Es war wohl eher deren unverschämter Reichtum und ihre Vorliebe für das Nachtleben, was die sechs Brüder auf diese Schule gebracht hatte. Zumindest bedeutete das, dass sie wenigstens während der Schulzeit nicht mit irgendwelchen Übergriffen einer der sechs rechnen mußte. Hier mussten auch sie sich benehmen, wenn sie nicht auffliegen wollten. Ihr Blick wanderte zu Subaru. Der starrte aus dem Fenster und machte nicht den Eindruck, als würde ihn der Unterricht interessieren. Warum gingen sie überhaupt zur Schule? Sie waren Vampire und stinkreich. Warum also taten sie sich soetwas banal menschliches wie Schule an, wenn der Unterricht sie sowieso nicht interessierte? Sollte das so eine Art Tarnung sein oder gab es andere Gründe? Plötzlich drehte Subaru den Kopf und sah sie an. Sofort senkte Hikari beschämt den Blick und wurde rot. Im Gesicht des Vampirs zuckte kein Muskel. Ausdruckslos betrachtete er das Mädchen einen Moment und sah dann wieder aus dem Fenster. Als es kurz darauf zur Pause läutete stand er einfach auf und war weg. "Subaru-kun warte", rief Hikari und versuchte ihm nach zu laufen. Nachdem sie sich endlich durch ihre Mitschüler hindurch gekämpft hatte jedoch, war von ihm nichts mehr zu sehen. »Dann sollte ich besser im Klassenzimmer bleiben«, dachte sie und betrat selbiges wieder, »Bevor ich den Weg hierher am Ende nicht zurück finde...« Sie setzte sich auf die Fensterbank und sah hinaus. Außer ihr waren alle Schüler draußen oder in der goßen Halle und die Stille im Raum tat ihr gut. Fast fühlte sich alles normal an. Obwohl Hikari eigentlich gar nicht wirklich wußte, was normal war, gestand sie sich ein. Ihr Leben war niemals normal gewesen. Seien es die Eltern, die sich und sie nicht liebten, sei es sie selbst mit ihrem Lebenswandel gewesen, die Umstände, in welchen sie aufgewachsen war - völlig egal - nichts war je wirklich normal verlaufen. Irgendetwas gab es immer, das gravierend anders war, als bei allen anderen um sie herum. Was ihr Leben nun aber ausmachte, war ohne Frage das Andersartigste, was es geben konnte. "Warum wehr ich mich eigentlich immernoch?", murmelte sie vor sich hin, "Ich sollte es einfach hinnehmen wie es ist. Vielleicht habe ich ja Glück und einer von ihnen tötet mich im Blutrausch. Wahrscheinlich Ayato..." Sie hörte wie die Klassenzimmertür sich schloß und sah erschreckt in jene Richtung. Da stand ein blonder Junge mit blauen Augen und strahlte sie übers ganze Gesicht an. "Du bist also eine Freundin von Ayato, huh?" klang seine Stimme einerseits erfreut, andererseits aber auch irgendwie bedrohlich. "Wir sind keine Freunde", gab Hikari daher etwas scheu zurück, "Und das werden wir auch ganz sicher niemals sein!" "Umso besser", grinste er und stand plötzlich vor ihr. »Bitte nicht noch einer«, schoss es ihr sofort in den Kopf, als ihr Gegenüber auch schon deutlich an ihr schnupperte. "Du riechst wirklich gut", schnurrte er, "Viel zu schade für diesen arroganten Sakamki Heini!" Er packte ihr Handgelenk und zerrte sie von der Fensterbank, noch bevor sie richtig den Schmerz registrieren konnte, welchen sein Griff verursachte. "Bitte lass mich los", versuchte sie sich zu wehren und fand sich in der nächsten Sekunde eng an seinen Körper gepresst wieder. »Bitte nicht beissen«, flehte alles in ihr, als sie in seine Augen sah, »Nicht noch einer dem ich ausgeliefert bin.« "Es wäre besser für dich, du kommst brav mit mir", raunte er ihr jedoch nur mahnend zu, "Erfährt jemand durch dich was ich bin, stirbst nicht nur du einen grausamen Tod!" Hikari schluckte. Und noch einer der wie ein leibhaftiger Engel aussah, doch ein bösartiger Teufel war. Wer wusste, was für ein Blutbad er hier anrichten würde, wenn Hikari nicht tat, was er verlangte. Für die Vampire war ein Menschenleben nichts wert und hier gab es so viele junge Menschen, welche ihr ganzes Leben noch vor sich hatten. Nicht auszudenken, wenn dieser Junge ihretwegen andere Schüler töten würde. Andererseits fürchtete sie seinen Biss und noch viel mehr, was Ayato ihr antun würde, wenn er davon erfuhr. "Bitte geh doch einfach wieder", flehte sie ihn daher an, wissend, dass es sowieso nichts bringen würde, "Vergiss einfach, das ich den Namen Ayato erwähnt habe und..." "Hör endlich auf zu reden", fuhr er sie an, sodass sie deutlich zusammen zuckte und direkt wieder kleiner wurde, "Kein Mucks mehr! Und jetzt komm mit!" Er öffnete die Tür und zog sie aus dem Klassenzimmer. Ihre Augen suchten verzweifelt einen Ausweg, obwohl ihr klar war, den gab es nicht. Als der Junge eine Tür aufriss und sie in den dahinter liegenden Raum stieß, befiel sie wieder Panik. Im Licht, welches vom Gang herein fiel sah sie noch, dass es nur ein kleiner, fensterloser Abstellraum war und dann war alles stockfinster. Der fremde Vampir hatte die Tür geschlossen und Hikari saß in der Falle. Was auch immer dieser Junge mit ihr vor hatte - hier konnte er es ungestört tun. Zittern wich sie mit winzigen Schritten zurück und versuchte mit den Händen mögliche Hindernisse zu ertasten, doch da ging das Licht an und sie blinzelte erschrocken. Der blonde Junge lachte amüsiert und sah sie dann grinsend an. "Ich habe dir ganz schön Angst gemacht, kleines Kätzchen, hm?" klang seine Stimme plötzlich gar nicht mehr bedrohlich, "Es ist so süß, wenn ein Menschenmädchen Angst hat. Bei dir sogar besonders süß." Mit einem großen Schritt war er direkt vor ihr und sofort zuckte Hikari wieder leicht zusammen. Ihr Kopf war geneigt und ihr Blick starr auf den Boden gerichtet. Ihre Schultern hatte sie Richtung Kopf hochgezogen, als erwarte sie gleich einen Schlag oder ähnliches. Stattdessen jedoch spürte sie kalte Finger, welche sich sanft unter ihr Kinn legten. "Er hat dir ganz schön zugesetzt, hm?" vernahm sie sein weiches Flüstern, während er vorsichtig ihren Kopf nach oben zog, "Die Sakamakis sind ein übles Gewürm. Und besonders Ayato hätte es verdient, niemals wieder ein Mädchen in seine Finger zu bekommen!" Hikari sah in seine blauen Augen und traute nicht, sich irgendwie zu regen. Zwar hatten seine sanften Worte und sein beinahe unschuldiger Gesichtsausdruck sie wirklich etwas beruhigt, hatten dadurch aber nur wieder Platz geschaffen, für die nächste Angst. Selbst wenn seine Worte und auch alles andere ehrlich waren - am Ende würde er sich doch auch nur ihr Blut holen. Und tat er das, was würde das bei ihr auslösen? Wäre es dasselbe wie bei Ayato und den anderen? Oder würde sich noch ein weiterer, ganz neuer Abgrund öffnen? "Hast du immernoch Angst vor mir, m-Neko-chan?", erklang wieder seine Stimme, die Hikari gerade an einen enttäuschten, kleinen Jungen erinnerte, "Ich hab dich doch gar nicht so erschrecken wollen, aber irgendwie musste ich dich doch aus Ayato´s Reichweite holen. Es war keine Zeit für Diskussionen, sonst hätte er uns erwischt. Er war schon fast am Klassenzimmer." "Er war auf dem Weg zu mir?" hob Hikari jetzt den Kopf und sah ihr Gegenüber geschockt an, "Aber dann wird er nach mir suchen und wenn er mich bei dir erwischt, dann..." "Ssschht, m-Neko-chan", zog er sie an sich und streichelte ihr übers Haar, "Er kann dir nichts mehr tun. Ich bin jetzt bei dir!" Hikari erstarrte förmlich. Der Gedanke an Ayato war wie weg geblasen, stattdessen befiel sie eine andere Art Panik. Zum einen fühlte es sich seltsam an, in der Umarmung dieses Jungen und wie er ihr Haar streichelte. Sie wusste nicht inwiefern - oder auch nur, warum ihr dies sofort aufgefallen war, aber es fühlte sich ganz anders an, als wenn einer der Sakamaki Brüder sie an sich zog und festhielt. Und zum anderen war dieser Junge einfach viel zu bemüht, nett zu sein. Er kannte sie gar nicht, hatte sie nie zuvor gesehen, war einzig und allein wegen Ayato so interessiert an ihr und stellte sich dennoch als den Ritter in goldener Rüstung dar, welcher sie vor dem bösen Vampir, dem sie gehörte, beschützen und erretten wollte. Das er aber selbst ein Vampir war und somit für Hikari keinesfalls die Rettung bedeutete, schien er dabei gekonnt zu ignorieren. Sie aber konnte das nicht ignorieren. So süß dieser Typ auch aussah und so niedlich seine Stimme klingen konnte - er war ganz sicher der Dämon, welchen er in sich trug. Und ihre bisherige Erfahrung hatte Hikari gelehrt, je unschuldiger oder harmloser sie aussahen und wirkten, desto gefährlicher waren sie. "Dein Blut duftet herrlich", ließ sein Flüstern sie zusammen zucken, "Würdest du mir etwas davon geben, wenn ich dich darum bitte?" "Ich...", fing sie an zu reden, brach aber ab, da ihre Gedanken gerade Achterbahn fuhren und dabei reihenweise aus den Waggons purzelten. »Er bittet mich? Ernsthaft?« Nur warum stieg dann diese Panik in ihr auf? War er wirklich ein netter Vampir? Gab es soetwas überhaupt? Vielleicht waren ja nur die Sakamaki´s so, wie sie eben waren. Der Blonde drückte sie etwas von sich weg und suchte ihren Blick. Nervös sah sie in seine blauen Augen, während ihr Herz immer schneller schlug und sie versuchte, ihr Gegenüber nicht als blutrünstige Bestie zu sehen. "Und?" wisperte er mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, "Gibst du mir von deinem Blut?" "Ich...", wieder brach sie ab, doch dann schaffte sie es, sich etwas zu sammeln und das panische Gefühl, welches er bei ihr auslöste, zu ignorieren. "Ich würde es dir schon geben", sagte sie leise, "Aber bitte nicht heute Nacht. Sie haben mir schon so viel genommen und ich bin froh, dass ich noch die Kraft hab..." In dieser Sekunde machte ihr Hinterkopf Bekanntschaft mit der Betonwand in ihrem Rücken. Der Blonde hatte sie mit so viel Schwung gegen die Wand gestoßen, dass sie einen Moment lang drohte, ihr Bewusstsein zu verlieren - so hart war sie mit dem Kopf angeschlagen. Als seine Hände jedoch fast noch in derselben Sekunde rechts und links neben ihrem Kopf hart gegen die Wand schlugen, war sie sofort wieder voll da, schrie kurz auf und sah ihm entsetzt in die Augen. "Du hast echt Nerven, weisst du das?" raunte er ihr eisig entgegen, "Ich war so nett zu dir! Ich habe dich vor Ayato beschützt und sogar darum gebeten, dein Blut trinken zu dürfen, aber du weisst das absolut nicht zu schätzen. Du nimmst von mir, aber willst nichts zurück geben." "Aber ich...", fing Hikari an, doch er schlug erneut fest seine Hände gegen die Wand und sofort verstummte sie. Fest kniff sie die Augen zu und zog wieder schützend ihre Schultern nach oben. Sie wusste, was sie nun erwartete und das sie es nicht verhindern konnte. "Bitte tu mir nicht weh", brachte sie kaum hörbar hervor. Seine kalten Finger griffen am Hinterkopf in ihr Haar und er zerrte sie wieder zu sich. Schmerzhaft zog er ihren Kopf nach hinten, um ihr kalt entgegen zu funkeln. Sein rechtes Auge leuchtete blutrot, das konnte man selbst unter der dicken, blonden Strähne sehen, welche dieses Auge verdeckte. Was Hikari daran so schockierte war, dass sein linkes Auge nach wie vor blau war. Doch auch in diesem traumhaften Blau spiegelte sich dieser gefährliche Glanz, welchen sie schon von den anderen Vampiren, nur zu gut, kannte. "Du hast meine Bitte nicht erfüllt, also erfülle ich dir deine auch nicht", schnurrte er gefährlich, "Das ist nur fair!" Blitzschnell schlug er seine Zähne in ihren Hals und verschloß gleichzeitig ihre Lippen mit seiner Hand, um den Schrei zu ersticken, der ihr augenblicklich entwichen wäre. »Warum tut es so weh? Warum tut es, verdammt nochmal, so entsetzlich weh?« Als der Höhepunkt des Schmerzes erreicht war und er langsam begann, schwächer zu werden, biss der Vampir erneut zu und Hikari begann, nach einem weiteren erstickten Schrei, zu schluchzen. Als dieses Schluchzen in ein leises Wimmern überging nahm er seine Hand von ihrem Mund, ließ sie aber nicht frei. "Was für außergewöhnliches Blut durch deine Adern fliesst", drangen seine leisen Worte an ihr Ohr, "Ich werde dich mit mir nehmen und dich meinen Brüdern zum Geschenk machen..." Sie hörte seine Worte zwar, konnte sie aber nicht mehr verarbeiten. Ihr Körper versagte ihr jegliche Dienste, verweigerte ihr aber noch die erlösende Bewusstlosigkeit und hätte der blonde Vampir sie nicht fest gehalten, wäre sie längst in sich zusammen gesackt, so kraftlos war sie. Als der Griff um ihre Taille sich löste, geschah genau das. Wie ein nasser Sack ging sie zu Boden und blieb reglos liegen. Selbst zu atmen fiel unglaublich schwer und wurde beinahe zur Qual. Sie hatte noch einen dumpfen Knall vernommen direkt vor ihrem Fall, doch jetzt verblasste selbst schon dieses Bewusstsein bereits. Immer heftiger zerrte die Schwärze der Bewusstlosigkeit an ihr und gab ihrem vollkommen geschwächten Körper nicht einmal mehr die Chance, zu denken. Und dann hatte diese erlösende Schwärze sie endlich verschlungen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)