Oneshot NaruHina von shino-girl ================================================================================ Kapitel 2: Ost und West ----------------------- Leise schließe ich die Haustüre auf, immer darauf bedacht so wenig Geräusche wie nur irgend möglich zu machen. In dem kleinen Vorraum, in den ich nun trete, entledige ich mich meiner dünnen Jacke, die ich während des Übergangs vom launischen Frühling in den warmen Sommer noch benötige, als auch meiner Schuhe, die ich gegen meine Hauspantoffeln tausche. Erst dann schiebe ich die Türe auf, hinter welcher der eigentliche Hausgang liegt und in das Haus führt. Das Haus meiner Eltern. Es steht in einer nobleren Wohngegend am Stadtrand von Tokyo. Es ist groß und geräumig und hat sogar einen schön angelegten Garten, welcher dauerhaft von einem angestellten Gärtner fachmännisch gepflegt wird. Meine Eltern, oder besser mein Vater, geht einer gut bezahlten Arbeit nach, weshalb wir uns das leisten können. Er ist der Verbindungsmann zwischen den japanischen Behörden und der deutschen Botschaft, die hier in Tokyo ihren Sitz hat. Er kennt die Kultur und Sitten beider Länder, beherrscht neben seiner Muttersprache noch die Weltsprache Englisch, und auch Deutsch, was ihn für diese Arbeit qualifiziert. Er hilft beiden Parteien im Umgang mit dem jeweils anderen, um Missverständnisse zu vermeiden. Allerdings ist er selbst sehr traditionell. Weshalb meine Familie auch hier lebt. In einem nach alten Maßstäben gebauten Haus und nicht in einer modern ausgestatteten Stadtwohnung. Die Erziehung von meiner kleinen Schwester und mir ist daher ebenfalls sehr traditionslastig, dennoch nicht mehr ganz so streng. Ich verbeuge mich trotzdem schnell und respektvoll als hinter der dünnen Abtrennung meine geliebte Mutter bereits auf mich wartet. Sie scheint schon eine ganze Zeit lang gewartet zu haben, denn sie hat sich auf ihre Knie niedergelassen und sitzt entspannt dort. Lächelnd erhebt sie sich nun und streicht mir liebevoll über die Wange. Es ist nur eine kleine Geste, dennoch zeigt sie mir damit deutlich die Zuneigung und Liebe, welche sie für mich empfindet. Denn auch sie wurde von ihren Eltern sehr streng erzogen und zeigt nur selten und auf verhaltene Weise ihre Gefühle. Weshalb diese Geste mir sehr viel bedeutet. Zu selten zeigt sie mir auf diesem Weg was sie für mich fühlt. „Dein Vater hat für heute Abend einen Gast eingeladen. Er bittet darum, dass wir uns entsprechend kleiden und verhalten.“ Innerlich muss ich über die Worte und die Ausdrucksweise meiner Mutter sarkastisch schmunzeln. Äußerlich setze ich mein höfliches Lächeln auf, welches von mir erwartet wird. `Er bittet´ bedeutet nichts anderes, als `ich befehle es´, `entsprechende Kleidung´ heißt demnach den Kimono anziehen und bei `entsprechendem Verhalten´ duldet er weder Widerspruch, noch Fehltritte. Mein Vater ist in diesen Dingen streng. Sehr streng. Jeder Verstoß gegen diese alte Etikette wird geahndet. Wie ich mich bereits jetzt auf diesen Abend freue, denke ich mir, ebenfalls sarkastisch. Wie bereits die letzten Tage dieser Woche habe ich heute wieder einen langen Arbeitstag hinter mir. Ich muss am frühen Morgen das Haus verlassen, denn ich benötige in der Rush-Hour über eine halbe Stunde mit der U-Bahn in den Stadtkern Tokyos. Von meiner Haltestelle habe ich dann noch einmal einen zehnminütigen Fußmarsch zu dem riesigen Gebäude in dem der Kindergarten untergebracht ist, in dem ich arbeite. Mein absoluter Traumjob. Ich liebe Kinder sehr. Mich liebevoll um sie zu kümmern und ihnen beim Wachsen und Lernen zuzusehen erfüllt mich jeden Tag mit Freude. Es ist dennoch keine Arbeit bei der ich gut verdiene. Ein Hauptgrund warum ich noch bei meinen Eltern wohne. Mit 25 Jahren wohlgemerkt. Dabei ist es hier in Tokyo nicht einmal unüblich in diesem Alter noch Zuhause zu wohnen. Es ist schwer einen freien Wohnraum zu finden. Und sollte mal eine Wohnung frei werden, ist sie kaum zu bezahlen. Trotzdem würde ich diesen Traditionen gerne entfliehen, ebenso der strengen Hand meines Vaters. Gerade jetzt, wo ich immer weiter in die Moderne gezogen werde und dem europäischen, freizügigen Verhalten verfallen bin, wird es für mich von Tag zu Tag schwieriger das altehrwürdige Leben meiner Eltern zu ertragen und ebenfalls zu verkörpern. Dabei ist es mir am Anfang noch sehr, sehr schwer gefallen den westlichen Lebensstil anzunehmen. Meine Gefühle zu zeigen und offen auszusprechen was ich denke ist für mich Neuland, aber mein Freund hat in diesen Dingen zum Glück viel Geduld mit mir. Vor einem Jahr habe ich ihn kennengelernt. Bei der Eröffnung des Kindergartens in dem ich arbeite. Er war dort als Vertreter der deutschen Regierung. Denn die Kinder werden nach japanischen, als auch nach europäischen Werten unterrichtet und erzogen. In enger Zusammenarbeit mit den Eltern. Und obwohl er sich bereits mit unserer Kultur auskannte, hat es lange gedauert bis er es geschafft hat einmal mit mir auszugehen. Er war viel zu forsch und hat mich damit jedes Mal verschreckt. Aber er hat sich immer weiter unserer Kultur angepasst, ging vorsichtiger vor und hat es letztendlich geschafft mich mit seinem europäischen Charme um den Finger zu wickeln. Denn ich liebe sein Lachen. Es ist so unbekümmert. Ich kenne das von meinen Landsleuten nicht. Selbst wenn ich mit meinen Freundinnen in privater Umgebung bin geben wir uns nicht derart lauthals und lachen über alles Mögliche. Es ist immer ein verhaltenes Kichern mit vorgehaltener Hand. Mittlerweile muss ich jedes Mal aufpassen nicht laut loszulachen, sollte ich etwas amüsant finden. Schließlich weiß niemand etwas von uns beiden. Wir halten es geheim. Auf meinen eigenen Wunsch. Meine Eltern dürfen nichts davon erfahren. Sie wollen, dass ich einen angesehenen Japaner heirate bei dem ich bis ins hohe Alter gut versorgt bin. Denn meine Arbeit wirft einfach nicht genug Geld ab, um mich selbst zu versorgen, nicht in so einer teuren Stadt wie Tokyo. Aber ein angesehener Japaner wird wieder die Einstellung haben, seine Frau solle nicht Arbeiten und muss zuhause bleiben. Dabei will ich doch Arbeiten. Ich liebe meine kleinen Hosenscheißer. Ohje… ich muss aufpassen, dass ich das nicht laut ausspreche. Trotzdem, ich will bei den Kindern sein. Ihnen helfen aufs Klo zu gehen, sie trösten, wenn sie sich das Knie aufgeschlagen haben und ihnen die Essensreste aus dem Gesicht wischen. Bei diesem Gedanken muss ich automatisch an heute denken, wie einer der Kleinen einfach einen Tauchgang in der Tomatensoße unternommen hat. Ich will sie aufwachsen sehen. Zu spät bemerke ich, dass ich mit meinen Gedanken abgeschweift bin und dabei anscheinend auch noch angefangen habe verträumt und verschmitzt zu grinsen. Meine Mutter straft mich daher mit einem strengen Blick. Sofort senke ich meine Lider und werde wieder ernst. „Ich werde mich sofort umziehen gehen.“, gebe ich beschwichtigend bekannt, verbeuge mich ein weiteres Mal respektvoll vor ihr und mache mich in ruhiger Eile auf den Weg in mein kleines, bescheidenes Reich. Im Vorbeigehen bitte ich unser Hausmädchen darum, mich zu begleiten und mir beim Anlegen des Obi behilflich zu sein. Ich bezweifle nämlich, dass ich noch viel Zeit habe. Schließlich ist es bereits 17:30 Uhr. Schnell mache ich mich kurz frisch, ehe ich routiniert meinen Kimono anlege. Mit ihren fachkundigen Griffen sitzt auch der Obi schnell und perfekt an seinem Platz. Nun fehlen nur noch meine Haare. Ich mag meine Haare, sie sind dunkel, leuchten in einem blauen, fast schon lilafarbenen, Schimmer und sie gehen mir bis zur Hüfte. Es hat lange gedauert bis sie so lang waren und ich pflege sie sorgfältig, dass das auch so bleibt. Im Alltag lasse ich sie offen, doch nun müssen sie zu einem feinsäuberlichen Dutt zusammen gesteckt werden. Das ist bei dieser Länge wirklich eine Kunst für sich und ich bin froh, dass ich auch dabei Hilfe erhalte. Eilig schlüpfe ich noch in meine Sandalen und beeile mich wieder ins Erdgeschoss zu kommen. Meine Mutter und meine kleine Schwester Hanabi stehen bereits im Flur bereit. Ich zwänge mich zwischen sie beide, somit stehen wir dem Alter entsprechend aufgereiht. Ein kurzer Seitenblick auf Hanabi verwirrt mich. Ihre Haare sind offen und fallen ihr über die Schultern. Und auch ihr Kimono ist nicht fachgerecht angelegt. Er zeigt deutlich ihr Dekolleté. Es bleibt mir jedoch keine Zeit mehr darüber nachzudenken. Mein Vater schiebt die dünne Türe beiseite und führt seinen Gast in den breiten Flur. Sein strenger Blick trifft mich mit voller Härte. Gott sei Dank bin ich noch früh genug hier eingetroffen, denke ich und möchte mir nicht ausmalen welche Strafe mich für mein Zuspätkommen ereilt hätte. Hinter Hiashi vernehme ich allerdings eine weitere Bewegung die meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich erstarre, halte sogar für einen Moment die Luft an. Der Blondschopf kommt mir nur allzu bekannt vor. Vater tritt einen weiteren Schritt vor und gibt somit die komplette Gestalt für meinen Blick frei. Schnell senke ich meinen Blick. Es darf nicht offensichtlich werden, dass ich ihn kenne. Deshalb senke ich respektvoll meine Lider, so kann ich mich nicht verraten. Ich höre ihn unterdrückt auflachen. „Sie müssen mir helfen, Hyuuga-sama. Mit den Anreden komme ich noch nicht ganz klar.“, spricht er meinen Vater respektvoll an. Obwohl er, als der deutsche Botschafter, der Vorgesetzte meines Vaters ist. Und ich weiß ganz genau, dass er die richtigen Suffixe kennt und sie sehr wohl richtig einsetzten kann. „Kein Problem. Darf ich Ihnen meine Familie vorstellen, Uzumaki-sama. Das ist meine Frau, Hyuuga-san.“ Mein Vater bleibt ernst. Einzig und allein sein professionelles Lächeln setzt er auf. Das, welches jeder Japaner von klein auf beigebracht bekommt. Mit der Vorstellung nimmt er auch die Anrede auf, wie Naruto seine Frau ansprechen sollte. „Es freut mich sie in unserem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen, Uzumaki-sama.“ Meine Mutter verbeugt sich als Erste vor ihm. Naruto tut es ihr gleich. „Ein wundervolles Haus. Vielen Dank für die Gastfreundschaft, Hyuuga-san.“ Ich schmunzle innerlich. Dieser verdammte Charmeur. Er kennt unsere Sitten verdammt gut und hält Vater zum Narren, der nun zu mir kommt. „Meine älteste Tochter, Hinata-san.“, stellt er mich vor. „Guten Abend, Uzumaki-sama.“, schließe ich mich der Anrede meiner Mutter an und verbeuge mich tief. Beim Aufrichten erhasche ich einen Blick auf seine Kleidung. Er trägt einen Yukata und sieht darin ziemlich lächerlich aus. In der Regel trägt er einen maßgeschneiderten Anzug, welcher ihm ausgezeichnet steht. Ich zwinge mich ein Grinsen zu unterdrücken und suche einen unsicheren Blickkontakt mit ihm. Er scheint ebenfalls überrascht mich hier zu sehen, ist aber deutlich sicherer darin diese Emotion zu unterdrücken. Schnell senke ich daher wieder meinen Blick. „Guten Abend, Hinata-san.“, höre ich noch während er sich auch leicht vor mir verbeugt. Ich meine sogar herauszuhören, dass er dabei verschmitzt grinst. „Und das ist meine jüngste Tochter. Hanabi-chan.“ Auch Hanabi verbeugt sich tief, zeigt damit Einblicke, die sie eigentlich verbergen sollte. Ich blicke kurz zu Naruto. Ein leichter Rotschimmer zierte seine Wangen und er versucht woanders hinzuschauen, wie ich erleichtert feststelle. Es ist ihm also auch peinlich und unangenehm. „Hallo, Naruto-kun.“ Ich horche auf. Sie nennt ihn beim Vornamen. Kennen sie sich etwa? „Hallo, Hanabi-chan.“, erwidert der Blonde ebenfalls vertraut und verneigt sich leicht. „In wenigen Minuten ist das Essen bereits fertig zum Servieren. Wollen wir uns zu Tisch begeben?“, fragt Hiashi in höflicher Art und Weise, dennoch lässt der Tonfall kaum Widerspruch zu. Doch mein Freund scheint auch gar keine Abneigung dagegen zu haben und folgt meinem Vater leicht schlurfend. Er ist die Gästepantoffeln nicht gewohnt. Bei sich zu Hause läuft er immer nur Barfuß, eigens für mich hat er sich auch ein Paar zugelegt. Während meine Mutter hinter Naruto und ich hinter meiner Mutter gehe, hat Hanabi ihren Platz neben Naruto gefunden und sucht auf absichtlich unabsichtliche Weise Körperkontakt zu ihm. Ärgerlich presse ich meine Lippen aufeinander um keinen Ton über sie kommen zu lassen. Es ärgert mich, dass sie sich derart verhält. Gleichzeitig frage ich mich, warum Vater nichts unternimmt. Mich hätte er längst scharf zurechtgewiesen. Hiashi zeigt seinem Gast seinen Platz am schmalen Ende des niedrigen Tisches, und zeigt ihm, wie er sich setzen kann. Die Männer sitzen in den meisten Fällen im Schneidersitz auf ihrem Platz. Während sich die Frauen in ihrem, an den Beinen eng geschnittenen, Kimono auf die Knie niederlassen und sich auf ihre aufgestellten Füße setzen. Natürlich auch in einer gewissen Platzanordnung. Mutter nimmt zur rechten Hand ihres Mannes Platz, der auf der gegenüberliegenden Stirnseite von Naruto sitzt, ich zu Vaters linker Hand. Hanabi links neben mir und somit direkt rechts neben Naruto. Verstohlen mustere ich den Umgang der Beiden aus dem Augenwinkel. Denn ich muss aufpassen, dass Vater mich nicht beim starren erwischt. Mich wird er direkt auf meine Fehltritte ansprechen. Ich habe im Gegensatz zu Hanabi keine Sonderstellung bei ihm. „Wie ich sehe kennen Sie Hanabi bereits, Uzumaki-sama.“, stellt mein Vater fest, als wir alle sitzen und nimmt somit ein unverfängliches Tischgespräch auf. „Ja, ich kenne sie von diversen Wettkämpfen. Wir haben uns allerdings noch nie wirklich unterhalten.“ Während Naruto meinem Vater antwortet bedient meine kleine Schwester ihn, füllt sein Glas mit frischem Wasser und zeigt dabei erneut deutlich, was sie so alles vorzuweisen hat. Naruto versucht dabei meinem Vater weiter in die Augen zu schauen und sich nicht ablenken zu lassen. Ein tieferes Gespräch entsteht, in dem Hiashi Lobpreisungen auf Hanabi niederprasseln lässt. Schließlich ist sie sein Vorzeigekind. Hervorragend in der Schule, Stipendium an einer Elite-Universität und ein vielversprechendes Talent in der Kampfsportart Judo, in der Naruto übrigens auch sehr erfolgreich ist. Er ist der amtierende Europameister, aber auch international unterwegs. Von daher kennen sie sich wohl auch, wie ich ganz am Anfang des Gesprächs mitbekommen habe. Nachdem mein Vater mich aus allen Unterhaltungen versucht herauszuhalten, gebe ich mich meist meinen Gedanken hin und verpasse die Wortwechsel zum größten Teil. Ich kenne jeden Erfolg meiner Schwester zur Genüge und weiß bereits in welcher Reihenfolge Hiashi sie anspricht. Er hat sich da längst ein Muster zugelegt. Während sie sich unterhalten wird das Abendessen serviert. Viele Teller mit verschiedenem Inhalt werden auf dem etwas länglichen Tisch drapiert, sowie kleine Schälchen mit diversen Soßen. Vater klärt Naruto auf, um was es sich hier alles handelt und wünscht dann einen guten Appetit. Doch erst nachdem Hiashi und unser Gast sich etwas genommen haben greifen wir Frauen ebenfalls zu. Ich kann mir einen heimlichen Blick zu Naruto nicht verkneifen. Schließlich möchte ich sehen, wie es mit den Essstäbchen klappt. Als ich ihn damit das erste Mal habe essen sehen, hat er haushoch gegen zwei kleine Stäbchen aus Holz verloren. Mittlerweile haben sie sich miteinander arrangiert und es klappt deutlich besser. Er zwinkert mir sogar leicht zu und grinst dabei verhalten. Ich dagegen schüttle ganz leicht und mit einem mahnenden Blick meinen Kopf. Er darf uns nicht verraten. Meine Angst vor der Reaktion meiner Eltern muss in meinen Augen zu sehen sein. Denn Naruto bricht unseren Blickkontakt und sucht sich ein neues Filetstück, welches er als nächstes verputzen will. Derweil nimmt er das abgebrochene Gespräch wieder auf, diesmal allerdings mit Hanabi. Das Familienoberhaupt springt dennoch nach kurzer Zeit wieder mit ein und ich schalte ab, möchte seine Lobreden nicht hören. Ich bekomme auch nur wenige Bissen hinunter, bin viel zu angespannt und habe keinen Hunger mehr. Stumm sehe ich auf meinen Teller auf dem nun meine Stäbchen ordentlich nebeneinander liegen und zeigen, dass ich fertig bin. Es dauerte allerdings nicht lange bis sich die in der Mitte stehenden Teller lehrten und alle die Nahrungsaufnahme beendeten. Erschrocken horche ich auf, als ich meinen Namen höre. Naruto hat ihn erwähnt. In welchem Zusammenhang kann ich nicht mehr nachvollziehen. Allerdings ist es totenstill geworden. Selbst Mutter hebt ihren gesenkten Blick etwas. Ich sehe Hiashi an, sein Blick ist düster und er sucht nach den richtigen Worten. „Hinata hat ihre Qualifikationen, allerdings erzielt sie keine Erfolge wie Hanabi. Kann sie auch gar nicht, da sie sich hauptsächlich im Hintergrund hält.“ Darum geht es also. Naruto muss ihn gefragt haben, ob es nicht auch Erfolge von mir gibt mit denen er sich brüstet, oder ob er nicht auch stolz auf seine älteste Tochter ist. So etwas in der Art muss es gewesen sein. Eine Frage auf die Vater nicht vorbereitet ist. Nicht umsonst lenkt er die Aufmerksamkeit immer auf meine Schwester. Über mich kann er nicht viel sagen. Naruto bemerkt das und spricht nun mich direkt an. „Gehst du noch zur Universität, Hinata-san?“ Er kennt die Antwort, dennoch antworte ich ihm, schließlich dürfte er sie nicht wissen. „Nein, ich habe mein Studium bereits abgeschlossen.“, gebe ich leise Auskunft. „Was hast du studiert?“ Naruto lässt mich nicht in Ruhe, obwohl er merkt, dass es mir unangenehm ist. Warum tut er das? „Mein Hauptfach war Pädagogik mit Zusatzprüfung in Psychologie.“ Beeindruckt hebt er seine Augenbrauen. „Psychologie? Das ist sehr anspruchsvoll, nicht wahr? Wie hast du dein Studium abgeschlossen?“ Er ist sichtlich interessiert und ich habe das Gefühl er will auf etwas Bestimmtes hinaus. Ich kenne ihn mittlerweile und sein Tonfall lässt darauf schließen, dass er etwas vorhat. Unsicher blicke ich zu meinem Vater. „Ich habe meine Doktorarbeit mit summa cum laude abgeschlossen.“ Meine Hände krallen sich angespannt in den Stoff meines Kimonos über meinen Oberschenkeln. Ich weiß nicht was jetzt kommt. „Du hast schon einen Doktortitel? Und auch noch mit Auszeichnung?! Wow. Sie müssen sehr Stolz auf Ihre Tochter sein, Hyuuga-sama!“ Das war also sein Ziel. Er wollte Vater mit der Nase auf das stoßen, auf was er wirklich stolz sein konnte, nachdem er offensichtlich nichts dergleichen für mich empfindet. Aber auch jetzt schiebt er es aufs reine auswendig lernen und wimmelt die Komplimente für meine Leistungen ab. Das ist zu viel für mich. Ich schaffe es eigentlich ganz gut seine Kaltherzigkeit mir gegenüber an mir abprallen zu lassen. Aber es ist Naruto dem er es so an den Kopf knallt. Er ist mein Freund. Ich fühle mich erniedrigt und Tränen sammeln sich in meinen Augenwinkeln. Langsam stehe ich auf und halte dabei meinen Blick so gut es geht gesenkt. „Bitte entschuldigt mich.“, murmele ich, ehe ich mit gemäßigten Schritten den Raum verlasse. Sobald ich die Türe ohne ein Geräusch wieder zugeschoben habe rette ich mich in mein Zimmer. Weinend sitze ich auf meinem Bett. Meine Anspannung entlädt sich langsam und ich fange an zu zittern. Wie gern würde ich mich jetzt in Narutos Arme stürzen. Er würde mich trösten. So wie er auch versucht hat meinen Vater von meinen Leistungen zu überzeugen, so ist er von mir überzeugt. Ich bin immer für dich da. Ruf mich an, wenn du jemanden zum Reden brauchst. Auf einmal kommen mir seine Worte in den Sinn. Schniefend ziehe ich mein Handy aus den tiefen meines Kleiderschrankes hervor, rufe ihn an. Es dauert lange bis er abhebt. So lange hat er noch nie gebraucht. „Hey meine Kleine…“ Allein damit zaubert er mir schon ein seichtes Lächeln ins Gesicht. Ich schniefe erneut. „Warum weinst du?“ Er flüstert nur. Anscheinend vertraut er den dünnen Wänden nicht und befürchtet einen Mithörer. „Du hast es doch mitbekommen…“, klage ich, ebenso leise. „Hör nicht auf ihn. Ich bin sehr stolz auf dich und deine Mutter auch!“ – „Du hast mit ihr gesprochen?!“ Darüber bin ich nun wirklich erstaunt. Aus diesen Gesprächen hält sie sich doch immer raus. „Nein… aber es ist ihr anzusehen!“ Es entsteht eine Pause zwischen uns, in der ich mir die neue Information durch den Kopf gehen lasse. Mama ist stolz auf mich. Das ist etwas was mein Herz wirklich erwärmt. Ist es doch das, was sich wohl jedes Kind wünscht. Seine Eltern stolz zu machen. Und Mutter bedeutet mir so viel mehr, ihre Anerkennung demnach ebenfalls. „Schatz… ich kann dich so nicht vor ihm beschützen. Wenn wir es offiziell machen sind mir nicht mehr die Hände gebunden!“ Seine Stimme ist eindringlich, dennoch schüttle ich meinen Kopf. Bis mir bewusst wird, dass er mich gar nicht sehen kann. „Nein… nein, noch nicht…“ –„…Schatz…“, unterbricht er mich, ich lasse ihn aber nicht ausreden. „…ich kann das noch nicht, bitte…“ Ich höre ihn tief durchatmen und im Anschluss einen tiefen Seufzer. „Dir ist bewusst, dass er versucht mich mit deiner Schwester zu verkuppeln?“ Daraufhin stoße ich einen verzweifelten und zittrigen Lacher hervor. „Du machst es gerade nicht besser!“ Ich kritisiere ihn damit liebevoll und er lacht daraufhin nur. „Okay Kleine… wisch deine Tränen weg und komm wieder zu uns. Morgen nehme ich dich dann in die Arme und wir reden, ja?!“, beschließt Naruto. Je länger unser Telefonat dauert, desto unhöflicher und auffälliger wird es. Und desto größer wird die Gefahr, dass wir beide entdeckt werden. Ich brumme jedoch nur eine leise Zustimmung, denn eigentlich ist es mir nicht recht. Ich will nicht mehr da runter. Ich will mich unter meiner Bettdecke verkriechen und auf Morgen warten. Bevor ich jedoch noch Widerworte geben kann hat er schon aufgelegt. Resignierend will ich das Smartphone, welches ich gar nicht besitzen dürfte, wieder in meinem Kleiderschrank verstecken, da leuchtet es stumm noch einmal auf. Eine Nachricht von Naruto. Schnell öffne ich sie und jetzt ist meine schlechte Laune endgültig wie weggewischt. `Ich liebe dich, Kleines´, steht dort im Display und bringt mich zum Lächeln. Schnell wische ich mir meine Augen trocken, überprüfe im Bad noch einmal meine Schminke und dass ich nicht zu verheult aussehe. Unauffällig lasse ich mich wieder auf meinem Platz nieder. Naruto hat bereits wieder ein Gespräch ins Rollen gebracht, schenkt mir jedoch ein kleines, aufmunterndes Lächeln. Den Rest des Abends werde ich zum Glück in Ruhe gelassen. Mein Freund lenkt nicht noch einmal die Aufmerksamkeit auf mich, will mich vor weiterer Ignoranz meines Vaters schützen. Stattdessen lässt er es tapfer über sich ergehen, wie Vater Hanabi weiter anpries und meine kleine Schwester sich zum Affen macht. Ihm überdeutlich ihren Ausschnitt unter die Nase hält und sich provokant räkelt. Ich stattdessen bin körperlich anwesend, geistig schweife ich jedoch ab. Denn ich bin mir sicher, dass Naruto auf diese Anmache nicht anspringt. Er hat schon eine Freundin und ist ihr treu ergeben. Zumindest im Moment. Ob er es auch ist, wenn ich nicht dabei bin, ich weiß es nicht. Wieviel Zeit vergangen ist kann ich ebenfalls nicht sagen. Denn ich komme erst zurück in die Realität als alle aufstehen. Ich folge ihnen und verabschiede mich von meinem Freund mit dem Wissen morgen endlich wieder in seinen Armen liegen zu können. „Ich geh dann mal ins Büro.“, informiere ich meine beiden Kolleginnen und meinen einzigen männlichen Kollegen. Ich habe gerade noch den Mittagstisch fertig gedeckt, während die anderen sich um die Kleinen kümmern, mit ihnen spielen und dabei auf die richtige Aussprache und das richtige Verhalten achten. Es ist zwar noch einen halbe Stunde bis es wirklich Mittagessen gibt, aber jetzt gerade ist es ruhig. Ein geeigneter Zeitpunkt um sich zurückzuziehen. Denn die kleinen Knirpse sind schlau, auch wenn man es ihnen nicht unbedingt ansieht. Sehen sie dich zum Essen noch wollen sie sich auch mit dir zusammen hinlegen und ihren Mittagsschlaf halten. Und das bringt definitiv den Feierabend um 13 Uhr in Gefahr. Jede Woche ist ein anderer von uns dran, der früher gehen darf. Der Rest ist dann immer bis 15 Uhr da, oder einfach bis auch der letzte von seiner Familie abgeholt wurde. Damit wir allerdings wirklich früher gehen können, verziehen wir uns die letzte Stunde in unser kleines Büro und arbeiten dort den liegengebliebenen Papierkram auf. Meine Kollegen lächeln mir nickend zu und wünschen mir ein schönes Wochenende, was ich natürlich gerne zurückgebe. Ich verfalle wieder in ein verliebtes Grinsen wenn ich an später denke. Direkt nach der Arbeit werde ich zu Naruto fahren und den Nachmittag mit ihm verbringen. Meine beste Freundin TenTen deckt mich dabei. Offiziell sind wir beide zusammen unterwegs. Denn sie ist wirklich die Einzige, der ich von Naruto erzählt habe. Meine Kollegen wissen nur das Nötigste. Dass ich verliebt bin, allerdings wissen sie nicht wer es ist und ob wir bereits zusammen sind. Sie müssen nur ab und zu meine Schwärmerei aushalten. Ich laufe vorsichtig durch den großen Raum um auch ja keinem herumliegenden Spielzeug Schaden zuzufügen. Meinem aktuellen kleinen Liebling streiche ich kurz über den Kopf, verabschiede mich aber nicht direkt. Er versteht es schon und würde versuchen mich aufzuhalten. Gott sei Dank ist er auch gerade mit seinem Kumpel beschäftigt. Sie knallen ihren nagelneuen Superhelden gegeneinander und lassen sie kämpfen. Schmunzelnd gehe ich weiter und komme ungehindert an der Bürotür an. Noch einmal überfliege ich den Raum ob meine Kameraden alles alleine im Griff haben und schließe die Türe dann hinter mir. Um kurz nach eins fahre ich den Computer herunter. Vor der Türe ist es vor wenigen Minuten still geworden. Kein Geklapper von Geschirr ist mehr zu hören und kein vorlautes Quengeln. Sie haben sich alle in ihre kleinen Schlafsäcke auf der gemütlichen Matratzenfläche gekuschelt und die meisten dürften bereits eingedöst sein. Neugierig und bedacht leise öffne ich die Türe einen Spalt breit und sehe wie sich wirklich alle von ihnen friedlich hingelegt haben. Grinsend schließe ich die Türe wieder, schnappe mir meine Handtasche und meine Jacke und verlasse den Raum durch den zweiten Ausgang direkt in den Vorraum, wo unsere Schuhe aufbewahrt werden. Er ist von dem Spiel- und Schlafraum abgetrennt. Zum einen damit keiner stiften gehen kann, zum anderen damit ein klarer Schnitt zwischen dem Bereich für Straßen- und Hausschuhe existiert. Ich ziehe mir meine Turnschuhe an und verlasse dann leise die Etage. Mit dem Aufzug komme ich schnell nach unten zum Ausgang. Mein Blick geht sofort gen Himmel, als ich aus dem riesigen Gebäude trete. Es ist ein verregneter Tag und ich seufze leise bei dem Gedanken jetzt zur U-Bahn laufen zu müssen. Ich werde nass und halb erfroren dort ankommen, denn ich habe meinen Schirm zuhause vergessen. Heute Morgen hat es noch nicht geregnet, als ich los bin. Erst die letzten zwei Minuten auf dem Fußweg fing es langsam an zu nieseln. Das Wetter trübt meine Laune etwas und ich wende mich mit angesäuerter Miene, die sich natürlich auf meine Vergesslichkeit bezieht, in Richtung U-Bahn. „Hyuuga-san.“, höre ich nach wenigen Schritten allerdings meinen Namen. Suchend sehe ich mich um. Erkenne einen Mann im schwarzen Anzug und einer ebenso schwarzen Chauffeurs-Mütze. Er steht neben dem Heck einer glänzenden, ebenfalls schwarzen Limousine, von der in kleinen Rinnsalen die Regentropfen abperlen. Er selbst steht unter einem breiten, wie soll es auch anders sein, schwarzen Regenschirm und wird von diesem vor der Nässe geschützt. Neugierig trete ich auf ihn zu. „Bitte steigen Sie ein! Ich fahre sie zum Botschafter.“ Bei diesen Worten öffnet er mir die hintere Türe und schirmt nun den Einstieg vor dem Regen ab. Er lächelt offenherzig und gewährt mir ohne Eile den Einlass, achtet penibel darauf, dass ich mich nicht stoße und auf keinen Fall nass werde. Er spricht in gemäßigtem Ton, worüber ich sehr dankbar bin. Der Wagen ist schon auffällig genug, nicht auszudenken, wenn jemand auch noch mitbekommen würde, wohin er fährt. Die Türe wird sachte neben mir geschlossen, nur wenige Sekunde später sitzt der Mann hinter dem Steuer und startet den Motor. Während der Fahrt beobachte ich ihn, kann in seinem Profil jedoch keine Regung erkennen. Ab und zu bewegt er den Kopf um besser in die Seitenspiegel sehen zu können, doch sein Gesicht drückt keine Gefühle aus. Verunsichert hole ich mein Handy aus meiner Tasche und tippe eine SMS. `Hast du mir einen Fahrer geschickt?´, stelle ich darin meine Frage und schicke sie an Naruto. In dieser extremen Stille traue ich mich nicht zu telefonieren. Kaum sehe ich, dass mein Freund die Nachricht gelesen hat, höre ich ein leises Klingeln. Aber es kommt nicht von meinem Mobiltelefon. In aller Ruhe nimmt der Fahrer seine rechte Hand vom Lenkrad und bewegt sie zu seinem Ohr. Betätigt dort die Taste eines Headsets und wartet noch eine Sekunde ehe er sich meldet. „Sir?!“ Mehr gibt er nicht von sich. Lauscht aber den Worten des Anrufers. „Hyuuga-san ist bei mir.“ Es geht um mich, stelle ich fest. Und der mysteriöse Fahrer scheint zu bestätigen, dass ich in seiner Obhut bin. Denn bei seinem Satz nickt er auch dazu. Ein unbewusstes Zeichen für die Bestätigung auf eine Frage. „Fünf Minuten, Sir.“ Ich überschlage den Weg zu Narutos Wohnung im Kopf. Die Zeit würde reichen diesen Weg zurück zu legen. „Ja, Sir!“, bestätigt der Mann noch, ehe er den Knopf erneut drückt und das Gespräch beendet. Kaum ist das passiert leuchtet mein Display auf. `Bis gleich, meine Kleine.´ Erleichtert drücke ich seine Nachricht weg. Er weiß genau, dass ich den Anruf mitbekommen habe und meint, dass er mir somit keine Antwort mehr schuldig ist. Entspannter blicke ich nun aus dem abgedunkelten Fenster und sehe die hohen Wolkenkratzer an mir vorbeiziehen. Ich erkenne den hohen Glasturm in dem der Blonde seine Wohnung bezogen hat. Doch anstatt davor zu halten, wie ich es erwartet habe, fahren wir um die nächste Abbiegung und von dort direkt zur versperrten Abfahrt in die Tiefgarage des Gebäudes. Das Fahrerfenster wird herunter gelassen und mit einer weißen Chipkarte authentifiziert er den Wagen an einem Terminal. Es scheint allerdings nicht zu reichen. Ich sehe wie er sein Gesicht etwas anhebt. Er scheint in eine Kamera zu schauen. Es dauert noch zwei weitere Sekunden, dann öffnet sich das massive Eisentor automatisch und gibt die Einfahrt frei. Bisher habe ich das Gebäude immer nur zu Fuß durch den Haupteingang betreten, daher sehe ich mich interessiert um. Der Wagen hält und ich will schon von selbst aussteigen, als ich mich besinne. Denn der in schwarz gekleidete Mann steigt rasch aus und umrundet den Wagen, öffnet mir die Türe. Er lächelt, hält mir eine Hand hin und stützt mich beim Aussteigen. Im Anschluss verbeugt er sich tief vor mir. „Bitte entschuldigen Sie mein unhöfliches Auftreten. Ich scheine Sie erschreckt zu haben.“ Untertänigst und immer noch in gebückter Haltung bittet er mich um Verzeihung. Ich weiß gar nicht, wie ich darauf reagieren soll. „I-ich… ähm… nein also ja… ähm… alles ok…“ Ich bin sichtlich überfordert mit dieser plötzlichen Offenbarung und diesem Verhalten. Ich hoffe, dass ich ihn jetzt nicht beleidigt habe oder gekränkt. Das kleine Schmunzeln, welches nach einer Millisekunde bereits wieder verschwunden ist, zeigt mir, es ist nicht so. „Ich hätte mich vor Ort bereits vorstellen sollen, deswegen erlaube ich es mir, dies jetzt nachzuholen. Mein Name ist Genma. Ich bin der Fahrer des deutschen Botschafters und der Fahrer von Uzumaki-sama.“ Im ersten Moment verwirrt mich sein letzter Satz. Der deutsche Botschafter und Naruto sind ein und dieselbe Person. Im nächsten Moment denke ich allerdings auf die Lösung gekommen zu sein. Er fährt anscheinend für ihn dienstlich und auch privat. Deshalb diese strikte Trennung. „Bitte. Ich begleite Sie hinauf.“ Er löst diese, für mich, unangenehme Situation geschickt auf, indem er wieder Bewegung hinein bringt. Eine Hand deutet mir den Weg, seine andere ist in meinem Rücken. Er berührt mich nicht, aber ich spüre die Wärme die von seiner Handfläche ausgeht. Genma ruft den Fahrstuhl, der nur wenige Sekunden später geräuschlos aufgleitet und uns aufnimmt. Er drückt für das 15. Stockwerk. Genau die Mitte des Hochhauses und die Etage in der die Wohnung meines Freundes liegt. Zusammen mit einer weiteren. Schweigend fahren wir hinauf und steigen aus. Rücksichtsvoll betätigt er erst die Klingel, bevor er mit der weißen Karte von vorhin die Haustüre entriegelt. Er gibt mir den Vortritt und kaum habe ich einen Schritt hineingemacht sehe ich schon Naruto, wie er aus dem Wohnraum auf mich zukommt. Liebevoll legt mein Freund seinen Arm um meine Hüfte und zieht mich näher an sich. Ich lasse mich gegen seine Brust drücken und lächle sofort verträumt. Ich mag seine emotionalen Begrüßungen. Sie lassen keinen Widerspruch daran zu, dass er mich liebt. Allerdings belässt er es auch dabei in Anwesenheit von weiteren Personen und geht nicht weiter. Und wäre das hinter mir nicht Genma, so bin ich mir sicher, läge ich jetzt nicht in seinen Armen. Denn der Körperkontakt ist in unserem Land immer noch verpönt und er will sicher keinen internationalen Zwischenfall riskieren. Stattdessen bedankt er sich, in meinen Augen salopp, bei seinem Mitarbeiter und schließt die Türe. Jetzt sind wir alleine. Jetzt können wir uns endlich richtig begrüßen. Und heute ist er ziemlich stürmisch. Gierig fordert er einen langen Kuss ein, hält mich weiterhin fest an der Hüfte und lässt mir keine Chance auf einen Rückzug. Diese Möglichkeit will ich auch gar nicht. Wir haben uns fast eine ganze Woche nicht mehr gesehen. Abgesehen von gestern, natürlich, aber das zählt nicht. Ich löse eine Hand von meiner Tasche, die ich mit beiden Händen umklammert halte, und greife mit ihr in den Haaransatz in seinem Nacken. Seine blonden Haare sind so typisch europäisch und ich liebe es sie zwischen meinen Fingern zu spüren. Bereitwillig erwidere ich seine sanfter werdenden Küsse, zeige ihm deutlich, dass ich noch nicht genug habe, indem ich ihn bei mir halte. Nur langsam gebe ich ihn frei, und selbst jetzt lassen wir noch nicht voneinander ab. Unsere Lippen treffen sich noch einige Male ganz sanft, ehe er mich mit wachen Augen ansieht. „Hey, meine Kleine!“ Mit diesen Worten begrüßt er mich immer und ich liebe es. Sie bringen mich immer wieder zum Lächeln, auch wenn er damit auf den riesigen Größenunterschied von fast 25cm zwischen uns aufmerksam macht. „Hallo Füchschen…“, erwidere ich seine Begrüßung. Wie automatisch wandert meine Hand zu seiner Leiste, wo sich sein Fuchs-Tattoo befindet. Ich habe es nur durch Zufall gesehen und finde es wunderschön. Es sieht aus, als würde er auf einen zukommen, die Hinterpfoten verlaufen allerdings zu lodernden Flammen. Seitdem ist es sein Spitzname. Es folgt ein kurzer Kuss auf meinen Schopf, dann lässt er mich frei, damit ich mich meiner Jacke und meiner Schuhe entledigen kann. Endlich in Hausschuhen zieht er mich ungeduldig mit sich. Er lässt sich auf seine riesige und extrabreite Couch in die vielen Kissen fallen. Vorsichtig klettere ich zu ihm und lege mich dicht neben ihn. Mein Kopf kommt auf seiner muskulösen Brust zur Ruhe und ich kann seinen Herzschlag hören. Eine Hand von ihm wandert direkt zu meinen Hinterkopf und krault mich, seine andere liegt auf meiner Hüfte und hält mich nah bei sich. Leise seufze ich auf. Es ist so schön bei ihm zu sein. „Wie war dein Tag?“, fängt er an. Harmlos, doch ich weiß genau auf welches Thema wir gleich zu sprechen kommen. „Schön, die Kleinen waren heute fast schon erschreckend brav…“ Ich grinse, denn ich kann mir vorstellen, dass am Montag bestimmt das Doppelte auf uns zukommt. „Und deiner? Wieso bist du nicht einfach mitgefahren?“ Versucht unauffällig ziehe ich sein Shirt nach oben, ich will sein Tattoo freilegen. Er lässt mich gewähren, sowieso ist er viel freizügiger, als ich es bin. Es macht ihm nichts aus wenn ich ihn halb nackt sehe. Es wäre ihm auch egal, sollte ich ihn komplett ausgezogen sehen. Daher denke ich mir nicht viel dabei, als ich auch den Bund seiner Jeans etwas nach unten ziehe. Sonst sind die Vorderbeine des Fuchses noch verdeckt. „Ich hab‘ noch telefoniert, als er losgefahren ist. Und ich wusste nicht wie lange das dauert. Das wollte ich dir nicht antun.“ Ich spüre ihn erschauern, während ich mit den Fingerspitzen die Linien auf der sensiblen Haut nachfahre. Absichtlich fahre ich öfter über die vorderen Beine, hier ist der Effekt am größten. „Und wie geht’s dir? Ich meine, nach gestern?!“ Und schon sind wir beim Thema, denke ich mir und schweige. Eigentlich will ich nicht darüber reden, dass es unausweichlich ist und es irgendwann sowieso dazu gekommen wäre, ist mir durchaus bewusst. „Okay… keine Antwort… vielleicht fangen wir einfach weiter vorne an… Wusstest du, dass dein Vater für mich arbeitet?“ Er nimmt es mir nicht übel, dass ich nicht antworte. Eine weitere Eigenschaft, die ich sehr an ihm liebe. Er geht auf mich ein. Setzt mich nicht unter Druck. Wenn er auf direktem Wege nicht an sein Ziel kommt nimmt er eben einen Umweg. Ich nicke auf seine Frage. Natürlich weiß ich für wen mein Vater arbeitet. „Wieso hast du es mir nicht gesagt?“ Es dauert etwas, bis ich mit den Schultern zucke und noch einmal einige Sekunden bis ich sage: „Vielleicht weil ich mir selbst wünsche, dass es nicht diese Hyuuga-Familie ist, in die ich geboren wurde.“ Ich spüre, dass ich mich erklären muss. „Mein Vater hatte einen Bruder. Hizashi. Mein Onkel. Er war mir mehr Vater, als meiner es je war.“ Bei den Gedanken an ihn kommt meine Trauer wieder hoch. Er ist schon vor über zehn Jahren gestorben, dennoch kommt es immer wieder über mich, wenn ich über ihn rede. Er fehlt mir sehr. „Was ist mit ihm passiert?“ Naruto ist es natürlich aufgefallen, wie ich von ihm in der Vergangenheitsform gesprochen habe und fragt verständlicherweise nach. „Er hatte einen Herzinfarkt als ich 13 war.“ Er nimmt meine Hand in seine und führt sie zu seinem Mund. Liebevoll haucht er zärtliche Küsse auf meine Fingerspitzen, lässt mich so sein Mitgefühl spüren. „Er scheint dir viel bedeutet zu haben…“ Ich nicke leicht auf seine Feststellung. „Ich konnte mit ihm über alles sprechen. Über meine Gefühle, Ängste, Probleme. Er hat mir immer geholfen…“ Zum ersten Mal hebe ich meinen Kopf um zu meinem Blonden aufzuschauen. Ich lächle etwas. Denn auch wenn es meist negative Dinge waren mit denen ich zu Hizashi gekommen bin, sind es doch schöne Erinnerungen geworden. Erst hat er sich bei einer Tasse Tee mein Problem angehört, mir anschließend einen Lösungsweg aufgezeigt und danach durfte ich einfach Kind sein. Wir haben gespielt oder ein großes Eis gegessen oder uns sonst wie amüsiert. Naruto lässt mich meinen Gedanken nachhängen, drückt seine Lippen zärtlich auf meine Stirn. „Warum kann Hiashi dir keine Anerkennung schenken?“ Naruto kann es nicht akzeptieren wie es ist. Er versteht es nicht, wie mein Vater mich und meine Leistungen derart ignorieren kann. Ich bette meinen Kopf wieder auf seiner Brust „Das war nicht immer so. Erst als ich sieben Jahre alt war hat er mich fallen gelassen. Bis dahin hat er mich täglich trainiert und mir bei den Hausaufgaben geholfen. In der Schule war ich zwar gut, aber ich konnte mich nicht durchsetzen, bei Judo auch nicht. Zu der Zeit hat meine Schwester auch damit angefangen und wurde schnell besser. Also konzentrierte er sich nur noch auf sie. Nichts was ich seitdem erreiche interessiert ihn, es ist für ihn nichts wert.“ Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß nicht, wann ich die Tatsache so akzeptiert habe, doch es macht mir das Leben leichter. „Es trifft mich schon lange nicht mehr, wenn er mich so behandelt. Ich war auch schon öfter in Situationen wie gestern. Normalerweise komme ich damit auch klar… aber gestern warst du es, vor dem er mich schlecht gemacht hat…“ Meine Stimme wird leiser und brüchiger, deswegen unterbreche ich mich selbst. Er intensiviert das Kraulen in meinem Nacken und streicht mit seiner anderen Hand liebevoll über meinen Rücken. Schutzsuchend drücke ich mich näher gegen ihn. Ich brauche nicht weiterreden, Naruto versteht mich auch so. Und jetzt hat er auch die Antwort auf seine erste Frage die ich nicht beantworten wollte. Nach gestern geht es mir nicht gut. Es hat mich verletzt, wie Vater mich vor ihm als unnützes Ding präsentiert hat. Und das, obwohl Naruto deutlich zu verstehen gegeben hat, wie stolz es ihn selbst machen würde. Es ihn macht. Ich bin froh über die Bestätigung, die er mir in unserem kleinen Telefonat noch gegeben hat. Sie hat mich davor bewahrt mich in mein Schneckenhaus zurückzuziehen und auch jetzt hält sie mich über Wasser. Ich klammere mich an sie um nicht unterzugehen in meinen Selbstzweifeln. „Kleine…“ Seine Hand unter meinem Kinn zwingt mich zu ihm aufzuschauen. „Ich liebe dich… kein Wort deines Vaters kann etwas daran ändern.“ Wieder kommen seine Worte zum richtigen Zeitpunkt. Und gepaart mit seinen Berührungen schafft er es dieses Mal meine Gedanken zu verdrängen. Wir küssen uns, lange und sehr zärtlich. Ich genieße es. Danach kuscheln wir uns schweigend aneinander. Naruto hält das allerdings nicht lange aus. Er muss weiter nachgedacht haben, was ich zu vermeiden versucht habe und erhebt seine Stimme. „Ich will es deinem Vater sagen!“ Sofort verspanne ich mich. Nein, das geht nicht. Vater wird uns trennen, wenn er es erfährt. Und ich würde es nicht ertragen ihn zu verlieren. „Wieso hast du solche Angst vor seiner Reaktion? Was kann denn schon passieren?“ Natürlich merkt er meine Anspannung und fragt nach ihrem Grund. „Oh mein Gott…“ Er setzt sich ruckartig auf und bringt mich unter sich. Zwingt mich ihm in die Augen zu sehen. „Schlägt er dich etwa?“ Etwas von seinem plötzlichen Stellungswechsel, aber definitiv von seinen Worten erschrocken schüttele ich den Kopf. „N-nein…“ Mein Entsetzen in der Stimme zeigt ihm deutlich, dass ich die Wahrheit sage. Erleichtert lässt er seinen Kopf kurz nach unten sacken, danach sucht er wieder seine alte Liegeposition. „Wovor hast du dann Angst?“, fragt er nochmal. „Er wird versuchen uns auseinander zu bringen. Er will, dass Hanabi an deiner Seite ist. In seinen Augen bin ich definitiv nicht gut genug für dich. Außerdem…“, ich breche ab, weil ich keine Vermutungen anstellen will. Naruto kann ich jetzt allerdings nicht mehr abwimmeln, er will wissen was ich denke. „Vater erhofft sich bei seinen Handlungen immer Vorteile für sich selbst. Ich weiß nicht was es bei dir ist, aber Hanabi kann er steuern und lenken. Sie macht alles was er sagt. Ich nicht… über mich hat er keine Kontrolle.“ „Du meinst, er will mich mit ihr manipulieren?“ Er möchte sich noch einmal absichern, ob er mich richtig verstanden hat. Ich nicke nur als Antwort. Ich merke wie er über meine Worte nachdenkt und ich fühle mich schuldig meinen Vater so hintergangen zu haben. Es gehört sich nicht derart über jemanden zu reden. Er ist mein Vater, auch wenn er sich nicht um mich kümmert. Ich habe kein Recht über ihn zu urteilen. Ich winde mich, unter dem Vorwand auf die Toilette zu müssen, aus seinen Armen. Doch selbst das kalte Wasser, welches ich mir ins Gesicht spritze, hilft nicht. „Schatz?“, höre ich Naruto vor der Tür. Ich bin schon zu lange hier drin und er ist misstrauisch geworden. Zögerlich öffne ich die weiße Türe, ich werde mich hier nicht verbarrikadieren können. Allerdings blicke ich gen Boden, als ich vor ihm stehe und mich schlecht fühle. Zärtlich hebt er mein Kinn an, versucht in meinen Augen zu lesen. Aber er versteht unsere Kultur zu wenig um mich in diesem Fall zu verstehen. Überrascht weiten sich meine Augen bei seinen nächsten Worten. „Er behandelt dich so mies und trotzdem stehst du loyal hinter ihm.“ Er versteht mich tatsächlich, er weiß warum ich mich zum jetzigen Zeitpunkt derart schlecht fühle. Ohne Gegenwehr lasse ich mich in seine Arme ziehen. Zitternd entweicht mir die angehaltene Luft aus der Lunge und meine Anspannung fällt ab. Es tut gut zu wissen, dass er mich versteht. „Bitte… entscheide dich für mich. Ich verspreche dir, ich werde unsere Beziehung beschützen. Ich werde sie zu jedem Zeitpunkt verteidigen und sie niemals aufgeben. Das gleiche gilt für dich.“ Er lässt nicht locker. Er will es unbedingt. „Naruto… Füchschen… für mich gibt es dann kein Zurück mehr…woher weißt du, dass es das Richtige ist?“ Bestimmt nimmt er daraufhin mein Gesicht zwischen beide Hände. Sieht mir fest in die Augen. „Weil du die Richtige bist. Ich habe noch nie das empfunden, was ich für dich empfinde. Herr Gott… ich bin süchtig nach dir. Ich will dich jeden Tag sehen, vermisse dich nach wenigen Stunden schon schrecklich und schreibst du mir nicht gleich zurück habe ich Panik, dass dir etwas zugestoßen ist. Sehe ich dich mit anderen werde ich eifersüchtig, weil sie Zeit mit dir verbringen dürfen. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie derart starke Gefühle für jemanden gehabt. Das sagt mir einfach, dass du es bist. Du bist diejenige, für die ich alles gebe. Ich kämpfe für dich, ich kämpfe um dich. Und ich werde nicht bei dem kleinsten Gegenwind aufgeben. Ich werde gegen hunderte Tornados kämpfen, wenn es nötig ist.“ Sein Gefühlsausbruch überfordert mich, zeigt mir aber auch deutlich wie sicher er sich seiner Sache ist. Außerdem macht mich der Inhalt seiner Worte glücklich, ich fange zögerlich an zu lächeln. „Du hältst mich für die Richtige?“ Verblüfft sieht er mich an bei meiner Frage. Vielleicht denkt er darüber nach wieviel ich von seinen Worten überhaupt mitbekommen habe. Schließlich sagen sie im Endeffekt genau das aus wonach ich gerade Frage. Eifrig nickt er. „Ja, ich halte dich für die Richtige. Und die Einzige. Ich glaube nicht, dass es auf dieser Welt noch so eine wie dich gibt. Die mich das Gleiche fühlen lässt wie du. Hinata, ich liebe dich. Ich vergöttere dich und selbst das beschreibt noch nicht mal im Ansatz, was ich für dich empfinde. Kein Wort kann beschreiben was du mir wirklich Wert bist. Verdammt… ich will dich. Mit Haut und Haaren. Mit all deinen Gefühlen, Ecken und Kanten. Ich will dich so wie du bist, denn so bist du perfekt.“ Erschrocken bemerkt er nach seinem erneuten Ausbruch meine Tränen und in der Angst mich zu fest angepackt zu haben, lässt er mich sofort los. Ich dagegen schlinge meine Arme fest um ihn. „Ich liebe dich auch!“ In meinen Ohren hört sich das gegenüber seinem Geständnis richtig lächerlich an. Erleichtert versteht er nun, dass der Ursprung meiner Tränen nur die Rührung und Freude ist und schlingt seine Arme auch wieder um mich. Nach wenigen Sekunden hebt er mich etwas an und trägt mich zurück zu Couch. Ich lasse ihn lange nicht mehr los, schmiege mich dich an ihn, bis ich irgendwann nicke. „Lass es uns Vater sagen!“ Ich bin mir jetzt sicher. Zusammen mit Naruto schaffe ich das. Und er wird an meiner Seite bleiben, mich stützen und vor dem Fall bewahren. Er überschüttet mich daraufhin mit Küssen und strahlt überglücklich. „Aber nicht heute! Ich will jetzt was essen gehen, ich hab‘ einen Bärenhunger!“ Ich lache auf. Ich kann gar nicht sagen wie typisch das für ihn ist. Er kann ständig essen und hat trotzdem noch Hunger. „Können wir nicht was liefern lassen? Ich will nicht in den Regen…“, murre ich gegen seinen Vorschlag, rümpfe dabei sogar meine Nase etwas. „Mhmm… essen mit dir auf der Couch… wie könnte ich da Nein sagen?!“ Er bringt mich wieder unter sich und schnappt spielerisch nach meinen Lippen. Im nächsten Moment hält er sich schon sein Smartphone ans Ohr. Kaum hat er zwei Nudelsuppen für uns, im gebäudeeigenen Restaurant, geordert, wendet er sich mit seiner vollen Aufmerksamkeit mir zu. Naruto und ich haben uns vorgenommen es direkt am Tag darauf meinem Vater mitzuteilen. Er kam am Samstagvormittag bei uns vorbei und bat um ein Vier-Augen-Gespräch mit Hiashi. Angespannt lief ich in dieser Zeit in meinem Zimmer hin und her. Es blieb erstaunlich ruhig im Haus, selbst nachdem Naruto wieder gegangen war. Doch das sollte nicht lange so bleiben. Denn anstatt dieses Thema mit mir auszumachen, hetzt er nun meine Schwester gegen mich. Ich weiß nicht genau, was er ihr gesagt hat, aber sie kam, vor Wut kochend, in mein Zimmer gestürmt. „Wie konntest du nur? Wegen dir habe ich mich vor ihm vollkommen entblößt. Vater und ich werden uns nie wieder in der Öffentlichkeit sehen lassen können!“ Sie bricht in Tränen aus und kommt mir drohend näher. „Hanabi… ich wusste nicht, dass er der Gast von Vater ist. Ich wusste doch gar nicht, dass er dich für Naruto interessant machen wollte.“, verteidige ich mich ruhig, sehe sie flehend an. Innerlich hoffe ich, dass unsere Schwester-Beziehung eng genug ist um sie davon überzeugen zu können. „Naruto wusste nicht, dass ich seine Tochter bin. Er dachte, ich gehöre einer ganz anderen Familie an. Hanabi, bitte… ich weiß nicht was Vater dir erzählt hat, aber ich wollte dich auf gar keinen Fall bloßstellen.“ Sie hält inne und mustert mich. Zum ersten Mal denkt sie wohl mal wirklich darüber nach. Ich merke wie sich in ihr Widersprüche aufbauen, erkenne es an ihrer Mimik. Doch anstatt mit mir darüber zu reden, stößt sie einen aggressiven Schrei aus und rennt aus meinem Zimmer. Vater hat sie gut trainiert. Niemals würde sie aus Wut einen Menschen attackieren. Hat sie gelehrt ihre Wut im Training rauszulassen. Und dem wird sie sich wohl jetzt stundenlang widmen. Ich höre wie die Haustüre zugeschlagen wird. Sie scheint sich auf den Weg ins Dojo zu machen. Nun kommt allerdings mein Vater zu mir. Er ist viel zu ruhig für meinen Geschmack. Mit einem seiner Wutausbrücke würde ich jetzt besser klar kommen als damit. „Ich hoffe du bist stolz darauf deine Schwester und mich derart hintergangen zu haben. Du hast ihre Ehre, meine Ehre, die Ehre der ganzen Familie mit Füßen getreten.“ Er tritt näher auf mich zu und ich weiche instinktiv zurück. „Er hat mich um meinen Segen gebeten. Meinen Segen für die Beziehung zwischen ihm und meiner Tochter Hinata.“ Vater speit diese Wörter regelrecht aus. „Ich hätte dich schon viel früher an den erstbesten Trottel verheiraten sollen, den ich gefunden hätte.“ Ich bin an der Wand angelangt und kann nicht mehr weiter vor ihm fliehen. „Ich hatte schon immer nur eine Tochter! Scher dich aus meinem Haus, pack deine Sachen und verschwinde. Ich will dich hier nie wieder sehen. Soll er dich doch aufnehmen. Und merk dir eins: Dir werde ich niemals meinen Segen geben!“ Mit diesen Worten dreht er sich um und verlässt mein Zimmer. Zittrig sinke ich an der Wand nach unten. Seine Worte hallen in mir wieder. Fest presse ich eine Hand auf meinen Mund um nicht laut zu schluchzen. Ich brauche lange um mich wieder einigermaßen zu sammeln. Immer noch zitternd greife ich nach meinem Handy. Ich rufe ihn nicht an, aber ich schreibe Naruto, dass er vor dem Haus auf mich warten soll. Es dauert nicht lange bis ich meine wenigen persönlichen Dinge und das bisschen Kleidung zusammen gesucht und in einer Tasche verstaut habe. Ich sehe mich in meinem Zimmer um. Kann kaum glauben es nicht wieder zu betreten. Ich nehme einen tiefen Atemzug und nehme dann meine Tasche. Bevor ich mein Elternhaus jedoch für immer verlasse suche ich noch meine Mutter. Ich muss mich von ihr verabschieden. Sie wird die Einzige sein, die ich vermissen werde. Ich finde sie im Garten. Sie weiß warum ich sie aufsuche. Ihre Augen drücken Trauer und Verletzlichkeit aus. Es tut ihr weh mich zu verlieren. Wie sie es immer tut streicht sie mir über die Wange. Ich ergreife ihre Hand und halte sie dort, damit ich mich einige Sekunden länger an sie schmiegen kann. Aber das reicht mir nicht. Ich muss sie umarmen. Ein letztes Mal. Ich gebe meinem Drang nach und schließe sie in meine Arme. „Ich hab dich lieb, Mama!“, flüstere ich ihr dabei ins Ohr. Ich will mich schon wieder von ihr lösen, da spüre ich plötzlich ihre Arme ebenfalls um mich. „Er ist wirklich nett. Ich hoffe ihr werdet glücklich zusammen.“ Obwohl ich gerade weine muss ich leise lachen. Das ist wohl das ehrlichste und emotionalste, was ich von ihr bisher gehört habe. „Das sind wir schon. Ich liebe ihn sehr.“, versichere ich ihr. Vorsichtig winde ich mich aus ihren Armen. Ich greife in meiner Jackentasche nach einem Stück Papier. Meine Handynummer steht darauf. So unauffällig wie möglich stecke ich ihr den Zettel zu. „Ich freue mich, wenn du mich mal anrufst!“ Ich nehme meine Tasche wieder auf, die ich habe fallen lassen und wende mich von ihr ab. Ein letztes Mal sehe ich zu ihr zurück, kurz bevor ich wieder ins Haus trete. Erneut schießen mir die Tränen in die Augen, als ich erkenne, dass sie mit ihren Lippen `Ich liebe dich´ formt. Schnellen Schrittes verlasse ich nun das Haus. Meinem Vater will ich nicht mehr begegnen. Vor dem Haus steht bereits Naruto, er geht neben dem Auto unruhig auf und ab bis er mich sieht. Mein energisches Kopfschütteln lässt ihn verstummen, noch bevor er anfängt zu sprechen. Er verstaut meine Tasche wortlos im Kofferraum und ich setze mich währenddessen bereits auf den Beifahrersitz. Schweigend lenkt Naruto den Wagen durch den dichten Stadtverkehr. An einem Samstag ist schon deutlich mehr los als unter der Woche. Mir laufen immer noch die Tränen über die Wangen, es wird noch dauern bis sie wieder versiegen. Abwesend starre ich durch das Beifahrerfenster nach draußen. Spüre, wann immer es der Verkehr zulässt, Narutos streichelnde Hand auf meinem Oberschenkel. Wir sprechen weiterhin kein Wort miteinander. Naruto gibt mir Zeit. Er weiß ich fange an, wenn ich so weit bin. Was ich allerdings sofort mache, ist mich in seine Arme zu begeben sobald wir seine Wohnung betreten. Das tröstet mich am besten. Seine Wärme und seine liebevollen Berührungen. Zum ersten Mal heute entspanne ich mich nachdem ich mich mit ihm auf der Couch niederlasse. Ich muss sogar eingeschlafen sein, denn als ich meine Augen wieder öffne hat draußen schon die Dämmerung eingesetzt und Naruto liegt nicht mehr bei mir. Stattdessen liegt eine warme Decke über mir, die mich an seiner Stelle weiter wärmen soll. Ausgelaugt reibe ich meine Augen frei, sie fühlen sich durch das viele Weinen wie verklebt an und in kleinen Bröckeln fallen die getrockneten Tränen von mir ab. Lautlos stehe ich auf und mache mich auf die Suche nach Naruto. Der Lichtschein, der aus der angelehnten Küchentür kommt, macht es mir leicht ihn zu finden. Er hat mit mir nicht gerechnet, sein erschrockenes Zucken, als ich von hinten meine Arme um ihn schlinge, verrät mir das. Aber auch das nimmt er mir nicht übel. Leicht streichelt er mir kurz über den Unterarm um sich dann wieder den Töpfen auf dem Herd zu widmen. „Ich hoffe du hast Hunger, Kleines…“, damit bricht er unser Schweigen. Wohl in der Hoffnung mit normalen Themen auch mal wieder Worte aus mir herauszubekommen. „Was gibt es denn?“, tue ich ihm den Gefallen und schlüpfe unter seinem Arm durch. Nun stehe ich vor ihm und mustere neugierig den Inhalt des einen Topfes. Im trüben Wasser schwimmen Spaghetti, das habe ich sofort erkannt. „Spaghetti Bolognese.“ Seelenruhig gibt er dabei noch einmal verschiedene Gewürze in die Soße. Neugierig, wie es bei ihm schmeckt, tauche ich meinen kleinen Finger kurz in die Soße und stecke ihn mir schnell in den Mund um zu kosten. Auch er nippt am Kochlöffel und probiert. Er scheint mit dem Ergebnis zufrieden. Ich tauche auch nochmal meinen Finger hinein. Denn es schmeckt wirklich gut. „Das ist lecker!“, murmele ich genießerisch, wofür ich mir wohl einen kleinen Kuss auf meinen Schopf verdient habe. „Freut mich. Deckst du den Tisch? Die Nudeln sind auch gleich fertig, dann können wir essen.“ Ich nicke zustimmend. Mache mich sofort daran die Teller zu holen. Noch bevor er die fertigen Nudeln auf den Tisch stellen kann, bin ich auch fertig und wir können uns gleich über das Essen her machen. „Das schmeckt sehr gut!“, lobe ich ihn zwischen zwei Bissen. Ehrlich gesagt habe ich nicht erwartet, dass er überhaupt kochen kann. Bisher sind wir immer im Restaurant essen gegangen oder haben uns von dort etwas bringen lassen. Ich habe ihn heute zum ersten Mal am Herd stehen sehen. Schmunzelnd bedankt er sich. „Hast du mir nicht zugetraut, was?“ Grinsend zieht er mich auf. Ich weiß nicht, wie er das macht, aber ich habe das Gefühl, er kann meine Gedanken lesen. Trotzdem grinse ich ebenfalls, was seine Annahme bestätigt. „Kochst du mal etwas aus deiner Heimat?“, lenke ich ab. Immer wieder muss ich feststellen, dass ich noch viel zu wenig über ihn, seine Kultur, die Lebensweise der Deutschen und über deren Küche weiß. Stattdessen habe ich erwartet, dass er sich uns anpasst. Was ihm, nebenbei bemerkt, ziemlich gut gelungen ist. „Ich weiß was Besseres!“ Naruto strahlt mich an und ich werfe ihm daraufhin einen misstrauischen Blick zu. „Ich muss demnächst nach Hause fliegen. Geschäftlich eigentlich. Aber ich hänge gern ein paar Tage Urlaub daran. Dann zeig ich dir ein bisschen was und du kannst dich an allem satt essen.“ Während er diese Worte ausspricht nimmt er meine Hand und zieht mich daran zu sich auf den Schoß. Bereitwillig lasse ich das mit mir machen und auch die frechen Lippen, die sich über mich hermachen lasse ich gewähren. Fange sie sogar mit meinen ein und genieße unseren zärtlichen Kuss der daraus entsteht. „Planen wir gerade unseren ersten gemeinsamen Urlaub?“, frage ich leise, bleibe dabei nahe an seinen Lippen. „Hmm… und ich freu mich drauf...“ Daraufhin küsst er mich erneut, allerdings nur kurz. Schaut mich danach neugierig und fragend an. Ich lasse ihn noch ein paar Sekunden zappeln, dann grinse ich. „Ich mich auch!“ Ich mache es mir bequemer auf seinen Beinen. „Wie lange fliegt man nach Deutschland?“, frage ich interessiert. Und ich habe den Abend über noch viele Frage, die er mehr oder weniger ausdauernd beantwortet. Aber er weiß auch, dass ich noch nie außerhalb Japans war. Von daher verzeiht er mir meine nervige Fragerei, lässt sich lieber in einer anderen Währung für seine Geduld bezahlen. Geschickt lässt er mich für heute meine Tränen vergessen. Doch wir wissen beide, dieses Thema ist noch lange nicht erledigt. Trotzdem schieben wir es jetzt erstmal in den Hintergrund und genießen unsere gemeinsame Zeit, schmieden Zukunftspläne und finden gemeinsame Träume. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)