Mein Chef und ich von BloodyRubin (oder: Nie wieder Ferienjobs!) ================================================================================ Kapitel 6: Mein Chef ist überall! --------------------------------- Heller Sonnenschein weckte mich am nächsten Morgen. Grummelnd drehte ich mich auf die andere Seite und versuchte, noch etwas zu schlafen. Leider erwies sich das als ein unmögliches Unterfangen. Widerwillig verließ ich mein gemütliches Bett und tapste ins Badezimmer. Ich hatte nicht besonders gut geschlafen und einen völlig verrückten Traum hatte ich auch noch gehabt. Ich hatte tatsächlich geträumt, dass Miyoshi-san mir erst in den Hals gebissen, dann mein Blut getrunken und mir anschließend in aller Seelenruhe erzählt hatte, er wäre ein Vampir und ich sein...wie war das gewesen? Ach ja, ich wäre sein besonderes Opfer und er würde sich jetzt öfter an meinem Hals festsaugen. Bei dem Gedanken an diesen Traum hätte ich beinahe aufgelacht. Schließlich wusste ich, dass es gar keine Vampire gab. Wahrscheinlich hatte ich nur zu viele Horrorfilme gesehen in letzter Zeit. Trotzdem erwischte ich mich dabei, wie ich meinen Hals im Spiegel einer sehr gründlichen Inspektion unterzog. Nein, sah aus wie immer. Ich schüttelte den Kopf, ärgerte mich dabei kurz über mich selbst und entschied, erst einmal duschen zu gehen. Etwas war doch echt nicht mit mir in Ordnung, wenn ich nach nur einer Woche schon solche Träume über meinen Chef hatte. Und das, obwohl Samstag war und ich damit endlich meine Ruhe vor ihm hatte. Vielleicht würde es mir guttun, etwas an die frische Luft zu kommen. Vorher machte ich mich aber noch über mein Frühstück her und sagte meiner Mutter Bescheid. Dann lief ich zur nächsten Bushaltestelle und war etwa zwanzig Minuten später mitten im Gewühl der Innenstadt. Es war ein herrlicher Sommertag und dementsprechend ziemlich belebt. Eine Weile ließ ich mich von dem Trubel anstecken, bis ich mich schließlich im Park unter dem Schatten einer gewaltigen Eiche niederließ und mich entspannt gegen den Stamm lehnte. Inzwischen war es Mittags und für meinen Geschmack brannte die Sonne nun doch etwas zu sehr. Bevor ich mir das Hirn zerkochen ließ, nutzte ich meine Zeit dann doch lieber damit, das Buch anzufangen, das ich mir in der Stadt gekauft hatte. Ich kam genau bis zur fünften Seite, bevor ich eine Stimme hörte, die mir inzwischen leider nur zu vertraut war. „Na, sieh mal einer an. Du kannst ja tatsächlich lesen, Mondkalb.“ Oh, bitte nicht...Womit hatte ich das denn wieder verdient? „Habe ich nicht einmal am Wochenende Ruhe vor dir, Nervensäge?“ erwiderte ich angepisst und wandte meinen Blick zu Miyoshi-san, dessen Miene sich nicht richtig zwischen Langeweile und Spott entscheiden zu können schien. „Der letzte Kämpfer? Habe ich schon gelesen. Seit wann hast du denn Geschmack, Mondkalb?“ „Hast du nichts zu tun?“ gab ich patzig zurück. „Deine Fans bespaßen, dir in deiner Villa den Hintern hinterher tragen lassen, Lichter auf der Autobahn fangen?“ „Deine Witze sind fast so schlecht wie dein Charakter.“ „Wenn es dich stört, geh woanders hin. Ich kann sehr gut auf deine Gesellschaft verzichten.“ Der Blonde wollte gerade antworten, als zwei junge Männer an uns herantraten. Meine Augen blieben kurz an ihren ineinander verhakten Fingern hängen, bevor mir auffiel, was einer der beiden in seiner freien Hand hielt. Sah aus wie ein Poster. Offenbar hatten die beiden Miyoshi-san erkannt, denn einer von ihnen sprach den Blonden zögernd an. „Verzeihung...sind Sie zufällig Izana Miyoshi?“ „Ja, bin ich. Was kann ich für Sie tun?“ „Wären Sie so freundlich, dieses Poster zu signieren?“ „Gerne doch. Mondkalb, steh auf und dreh den Rücken zu mir.“ „Du kannst mich mal.“ antwortete ich trocken, ohne mir die Mühe zu machen, den anderen anzusehen. „Tu es oder ich verrate dir, was am Ende des Buches passiert.“ „Was? Du dämlicher, eingebildeter...“ Wütend sprang ich auf und der Blonde handelte sofort, packte mich an den Schultern und drehte mich herum, so dass ich mit dem Rücken zu ihm stand. Während er mich als Unterlage missbrauchte, nahmen die Gewaltfantasien, die schon seit Beginn meines Ferienjobs in meinem Kopf herumschwirrten, allmählich sehr klare Formen an. „Hier, bitteschön.“ „Vielen Dank, Miyoshi-san. Würden Sie vielleicht auch unterschreiben?“ „Ich? Wieso denn das?“ „Sie sind doch das Model, das mit Miyoshi-san diese Bilder gemacht hat. Ich muss sagen, Sie sind wirklich sehr fotogen.“ Verwundert trat ich neben meinen Chef und sah mir das Poster genauer an. Sofort schoss mir das Blut in die Wangen. Ich erkannte das Motiv sofort wieder. Ich oben ohne, auf dem Bett kniend und den Kopf scheinbar genussvoll in den Nacken gelegt. Hinter mir Miyoshi-san, der mich von hinten umarmte und seine Hände auf meinem Brustkorb hatte. Seine Augen schienen erwartungsvoll zu funkeln und seine Lippen formten ein sehr vielsagendes Lächeln. Fassungslos klebte mein Blick an dem Poster und erst ein Stechen an meinem Oberarm brachte mich wieder in die Realität zurück. Das Gefühl war von einem Kugelschreiber gekommen, mit dem Miyoshi-san mich gepiekst hatte. „Wird das heute noch was, Mondkalb?“ Ich gab mir nicht die Mühe, darauf zu antworten, sondern schnappte mir den Kugelschreiber. Da der Blonde keine Anstalten machte, mir seinen Rücken zum Unterschreiben anzubieten, nahm ich dafür das Buch, in dem ich gelesen hatte. Das Ergebnis war einigermaßen zufriedenstellend. Zumindestens konnte man meine Unterschrift entziffern. Das Pärchen bedankte sich begeistert, als ich ihnen das Poster zurückgab. „Es wäre echt klasse, wenn Sie beide irgendwann wieder zusammen vor der Kamera stehen würden. Wirklich schade, dass Sie sich privat nicht zu verstehen scheinen. Sie würden ein echt süßes Paar abgeben.“ „Was?“ Ich war entsetzt. Wie kamen die beiden denn auf diese Idee? „Eher würde ich mich von einer Dampfwalze überrollen lassen, als was mit diesem schnöseligen, angeberischen, blöden...“ Weiter kam ich nicht. Miyoshi-san hatte mich erneut gepackt, mit dem Rücken gegen den Baum gepresst und meine Lippen mit den seinen verschlossen. Ich war derart überrumpelt, dass ich zur Salzsäule erstarrte. Mein Kopf war vollkommen leergefegt und mein Buch lag vergessen am Boden. Lange hielt der Kuss nicht an, ehe der Blonde sich zurückzog und sich seelenruhig wieder an die beiden jungen Männer wandte, die einen leicht verdatterten Eindruck machten. „Ich fürchte, mein Assistent wird wohl nicht noch einmal mit mir vor der Kamera stehen. Er war eine Notlösung, weil wir auf die Schnelle keinen Ersatz finden konnten. Und wir verstehen uns auch auf der Arbeit nicht sonderlich gut.“ „Ähm...und wieso haben Sie ihn dann gerade geküsst?“ „Naja, beim letzten Mal hat er fast eine Woche lang kaum mit mir gesprochen. Ich hoffe, er lässt mich dieses Mal genauso lange in Ruhe. Es ist nämlich ziemlich anstrengend, seinem dümmlichen Geplapper zuzuhören.“ Diese Worte waren es, die mich aus meiner Mein-Chef-hat-mich-schon-wieder-geküsst Starre lösten und das Fass für mich endgültig zum Überlaufen brachten. Ungeheure Wut loderte in mir auf und ich stürmte auf Miyoshi-san zu, bereit, ihm sämtliche Zähne auszuschlagen. Doch der Blonde reagierte, bevor ich ihm auch nur ein Haar krümmen konnte. Bevor meine Faust ihn berührte, ergriff er mit einer Hand meinen Arm, mit der anderen meine Schulter, drehte sich etwas und hob mich hoch. Ich brauchte genau drei Sekunden, um zu begreifen, dass er gerade einen Schulterwurf an mir durchführte und um wieder zu Boden zu kommen. Hart landete ich auf dem Rücken, meinen Arm immer noch in Miyoshi-sans Klammergriff gefangen. „Ich habe übrigens den schwarzen Gürtel in Karate, Mondkalb.“ erklärte er vollkommen ruhig und sah herablassend auf mich herunter. „Ich...hasse dich...so sehr...“ presste ich heraus, wobei mein ganzer Körper eifrig Schmerzsignale an mein Gehirn weitergab. Verdammt, hatte das weh getan… „Es tut mir leid, dass Sie das mit ansehen mussten.“ sagte Miyoshi-san zu den beiden jungen Männern, die das Geschehen mit ungläubigen Mienen verfolgt hatten. „Wären Sie bitte so freundlich, uns alleine zu lassen? Ich fürchte, ich muss ein ernstes Wort mit meinem Assistenten wechseln.“ Tatsächlich gingen die beiden und kaum waren sie verschwunden, ließ der Blonde endlich meinen Arm los. „Schwacher Versuch, Mondkalb. Auch mit deiner erhöhten Stärke bist du kein Gegner für mich.“ Murrend setzte ich mich auf und sah zu Miyoshi-san hoch. „Erhöhte Stärke? Wovon redest du überhaupt?“ Mein Chef seufzte tief auf. „Das habe ich dir doch gestern Abend erklärt. Hast du überhaupt eine Sekunde lang zugehört, bevor du abgehauen bist? Wirklich, das Schicksal muss mich hassen, wenn es ausgerechnet dich zu meinem perfekten Opfer gemacht hat, Mondkalb.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)