Ende gut, alles gut? von Fiamma ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Kapitel 4   Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand Marinette vor ihrem Spiegel und begutachtete den riesigen Schnitt auf ihrer Wange. „Tut es noch sehr weh?“, fragte Tikki und sie konnte genau sehen, dass ihre kleine Freundin sie ganz genau musterte. „Es geht. Es brennt nur unheimlich.“ Seufzend nahm sie sich ein neues Pflaster und klebte es über die Wunde. Blöderweise hatte sie nur einen kleinen Moment nicht aufgepasst, da sie die Umgebung nach Passanten abgesucht hatte und schon hatte eines der Messer sie erwischt. Zum Glück konnten sie den Mann schnell zurückverwandeln und zurück zur Schule eilen. Natürlich mussten sie sich schnell etwas einfallen lassen, warum sie und Adrien so lange weg waren und sie nun einen tiefen Schnitt im Gesicht hatte. Aber in Ausreden ausdenken waren sie mittlerweile, gezwungener Maßen, ganz gut geworden. Kurz huschte ihr ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie waren wirklich ein gutes Team. Doch dann verzog sich ihre Miene wieder. Was sollte sie nur ohne ihn die vier Wochen machen? Gedankenschwer schlurfte sie herüber zu ihrem Schreibtisch, nahm ihr Smartphone in die Hand und riss ihre Augen auf. „Was schon so spät?“ Hektisch schnappte sie sich ihre kleine Umhängetasche und steuerte die Bodenluke an. „Tikki. Wir müssen los.“ Schnellen Schrittes verließ sie ihr Zimmer und eilte herunter. Da wollte sie extra, damit sie nicht zu spät kommen würde, früh loslaufen und nun hatte sie total die Zeit vergessen. Adriens Vater schien ja ohnehin schon keinen guten Eindruck von ihr zu haben, wenn sie nun auch noch zu spät kam, machte es die ganze Sache nicht besser. Schwungvoll sprang sie die letzten Stufen der Treppe herunter und steuerte sofort die Haustür an. „Bin zu Adrien. Bis später“, rief sie noch ihren Eltern zu und schon verließ sie die Wohnung.   Aus der Puste stemmte sie ihre Hände auf ihre Oberschenkel und versuchte ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Den ganzen Weg hier her hatte sie keine einzige Pause gemacht. Aber es hatte sich gelohnt. Sie war pünktlich. Nachdem sie ansatzweise wieder normal Luft bekam, drückte sie auf die Klingel und wartete nervös vor dem großen Tor. Sie war noch nicht oft hier und wenn, schlich sie sich heimlich als Ladybug durch das Fenster hinein. „Ja?“, ertönte es plötzlich aus der Sprechanlage und erschrocken zuckte sie für einen kleinen Moment zusammen. „H-hier ist Ma-Marinete. Ich wollte zu Adrien.“ Ein lautes Knacken erklang und niemand war mehr zu hören. Verwundert blickte sie auf das Tor. Hatte es sich sein Vater doch anders überlegt und sie durfte doch nicht hineinkommen? Doch zu ihrer Erleichterung öffnete sich die Tür und geschwind huschte sie hindurch. Schnell hatte sie den Weg vom Tor zum Haus überwunden. Keine Sekunde später öffnete sich auch schon die große Eingangstür und Nathalie bat sie hinein. „H-hallo.“ „Adrien ist in seinem Zimmer. Ich bringe dich hinauf.“ Ohne sie auf irgendeine Art antworten zu lassen, drehte sich Nathalie herum und schweigend folgte sie ihr die lange Treppe hinauf zu Adriens Zimmer. Sie war jedes Mal erneut erstaunt, wie groß dieses Haus war. Aber auch, wie steril und kalt es hier wirkte. So etwas kannte sie von zu Hause gar nicht. Sie hatten zwar nur eine kleine Wohnung, doch die strahlte so viel mehr Wärme und Liebe aus und augenblicklich war sie unendlich froh darüber, so tolle Eltern zu haben. Was brachte einem der ganze Reichtum, wenn man keine Liebe erfuhr. Ob es hier schon immer so gewesen war, oder erst seit seine Mutter verschwunden war, schoss es ihr durch den Kopf. Wobei die Sache mit der Schule ja auch noch ganz neu für ihn war. Traurig betrachtete sie das große Bild an der Wand. Sie verstand seinen Vater einfach nicht. Wie konnte man nur so zu seinem eigenem Kind sein? Als Nathalie allerdings an Adriens Tür klopfte, löste sie sich wieder von dem Bild und huschte schnell die letzten Stufen rauf. „Adrien. Besuch für dich.“ Es dauerte nicht lange und die Tür wurde geöffnet. „Marinette!“ Lächelnd griff er nach ihrem Handgelenk und zog sie schwungvoll in sein Zimmer. „Das Essen ist jeden Moment fertig. Kommt bitte gleich hinunter.“ Schnell nickte er Nathalie zu, warf die Tür wieder zu und zog sie in seine Arme. Langsam löste er sich wieder von ihr und strich vorsichtig mit seinem Finger über das Pflaster. „Was macht deine Wunde Pünktchen?“ „Es geht schon. Bin Schlimmeres gewöhnt.“ Mit gerunzelter Stirn betrachtete er sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja?“ „Wirklich.“ Winkend ging sie weiter in sein Zimmer hinein und ihr Blick wanderte über sein Bett, wodurch sie einen großen Koffer entdeckte. „Zum Beispiel, dass du morgen für vier Wochen wegfliegst.“ „Ja. Oder, dass du ausgerechnet mit Nathaniel in einer Gruppe bist in der Zeit“, murmelte Adrien leise und irritiert drehte sie sich zu ihm. Hatte er gerade wirklich gesagt, dass es schlimm war, dass sie mit Nathaniel in einer Gruppe war? „Was?“ „Ach nichts. Wir sollten vielleicht mal heruntergehen. Sonst steht Nathalie gleich wieder auf der Matte.“ „Vergiss meinen Käse nicht“, maulte Plagg und stöhnend hob Adrien sein Hemd etwas hoch. „Ja doch. Und nun verstecke dich.“ Kichernd ließ sie sich von ihm mitziehen und so verließen sie sein Zimmer. Hand in Hand gingen sie herunter, steuerten die Tür zum Esszimmer an, als plötzlich eine Stimme hinter ihnen ertönte. „Vater.“ „Guten Abend Mademoiselle …“ Fragend hielt sein Vater ihr die Hand zur Begrüßung entgegen und zögerlich legte sie ihre Hand in seine. Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, ergriff Adrien allerdings schon das Wort. „Marinette. Ihr Name ist Marinette.“ „Mademoiselle Marinette“, wiederholte sein Vater monoton und legte danach seine Hände wieder hinter seinem Rücken, „Sie waren doch das Mädchen, das den Hutwettbewerb gewonnen hat.“ „J-ja … genau.“ Verlegen kratzte sie sich am Kopf und sah Hilfe suchend zu Adrien. Aus irgendeinem Grund schüchterte die Gegenwart seines Vaters, sie komplett ein. „Sie haben wirklich Talent, als Hutmacher.“ „Sie möchte auch Designer werden, Vater. Aber das hab ich dir schon alles erzählt.“ Ohne seine Miene zu verziehen, sah sein Vater zwischen ihr und Adrien hin und her, und begann sich dann schließlich zu räuspern. „Ist das so. Nun gut. Ich möchte euch nicht vom Essen abhalten.“ „Essen Sie denn gar nicht mit?“ Kopfschüttelnd musterte er sie und blieb offenbar an ihrem Pflaster auf ihrer Wange hängen. Ihr wurde ganz unbehaglich dabei. Hatte sie zu viel gesagt? War das nun unhöflich? Sie wollte Adrien ja nicht nachher noch weiteren Ärger aufbrummen. „Ich habe noch zu tun.“ Mit ernster Miene blickte er ein letztes Mal auf das Pflaster, drehte sich auf seinem Absatz herum und verschwand hinter einer Tür. Irritiert blickte sie ihm hinterher. Warum sah er sie denn so seltsam an, beziehungsweise ihre Wange mit dem Pflaster? „Na komm. Lass uns essen. Es ist wirklich schön, das zur Abwechslung mal nicht alleine zu müssen.“ Strahlend blickte Adrien sie an und so entschloss sie sich diese seltsame Begegnung mit seinem Vater auf sich beruhen zu lassen.   „Das war wirklich lecker.“ Zufrieden lehnte sie sich zurück und rieb sich über ihren Bauch. „Ach, naja … Wollen wir hoch in mein Zimmer?“ Lächelnd nickte sie ihm zu, stand auf und wollte gerade ihr Geschirr zusammenräumen, als Adrien ihre Hand griff. „Lass stehen. Du brauchst nichts wegräumen.“ „Aber -“ „Nichts aber. Na komm. Ich hab noch eine Überraschung für dich.“ „Ja? Was denn?“ Mit großen Augen sah sie ihn an und zwinkernd zog er sie nun mit sich mit. „Wenn ich es dir verrate, dann ist es doch keine Überraschung mehr.“ Lächelnd ging sie ihm hinterher, doch abrupt blieb er auf ein Mal stehen und drückte ihre Hand etwas fester. Verwundert, was er hatte, sah sie an ihm vorbei und entdeckte auch sofort die Ursache. Nathalie stand auf der Türschwelle und versperrte förmlich ihren Weg. „Adrien. Die Pläne haben sich geändert. Deinem Vater ist etwas Wichtiges dazwischen gekommen. Ich werde dich auf die Reise begleiten. Daher wünscht er sich, dass du gleich zu ihm kommst, damit er mit dir die Angelegenheit besprechen kann.“ Schnaufend ließ Adrien sie los und sah sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Geh schon mal hoch in mein Zimmer.“ Nickend wollte sie an ihm vorbeilaufen. Doch weit kam sie nicht und wurde prompt von Nathalie aufgehalten. „Mademoiselle Marinette es tut mir leid. Aber sie müssen jetzt gehen. Ich begleite sie noch zur Tür.“ „Nein. Vater hat gesagt, dass sie den Abend hier verbringen darf.“ Mit großen Augen sah Marinette zwischen Nathalie und Adrien hin und her. „Aber … ich …“, stammelte sie, doch wurde sie schon von Nathalie regelrecht zur Tür geschoben. „Ich richte mich nur nach den Anweisungen deines Vaters.“ Fassungslos und unfähig irgendetwas zu sagen, sah sie wie sich Adriens Bodyguard neben ihn stellte. Sie kam sich vor, als wäre sie in einem falschen Film gelandet. Was sollte das? Warum sollte sie jetzt so plötzlich gehen? Mit einem Satz lief Adrien dann aber auf sie zu und zog sie in seine Arme. „Tut mir leid.“ „Du kannst doch nichts dafür.“ „Ich versuche, so schnell es geht, zu dir zu kommen“, flüsterte er ihr leise, sodass niemand sonst es mitbekam, in ihr Ohr und kaum hatte er die Worte ausgesprochen, wurde sie von Nathalie auch schon aus dem Haus gedrängt. Immer noch perplex starrte sie auf die nun geschlossene Tür. Passierte das gerade wirklich? Wurde sie von seinem Vater rausgeworfen? Was hatte er nur gegen sie? Gönnte er den beiden nicht mal einen Abend, wenn er seinen Sohn schon für vier Wochen von hier fortschickt? Langsam sammelten sich die Tränen in ihren Augen. Rasch drehte sie sich daher herum, lief aus dem großen Tor, was sich gerade öffnete, und hastete die Straße entlang, bis sie in einer kleinen Seitenstraße gelandet war. „Tikki, was hat sein Vater nur gegen mich?“ Tränen kullerten ihr die Wangen herunter und weinend lehnte sie sich gegen eine Hauswand. „Er hat uns nicht mal richtig verabschieden lassen. Wenn er sich nicht herausschleichen kann, dann sehe ich ihn erst wieder, wenn er zurück ist.“ „Er schafft es bestimmt.“ Tröstend kuschelte sich ihr kleiner Kwami an ihre Wange und dankend nahm sie Tikki in ihre Hände. „Ach Tikki. Ich glaube, ich muss etwas den Kopf freibekommen.“ „Du meinst?“ Nickend richtete sich wieder auf und sah ihre kleine Freundin erwartungsvoll an. „Na dann los.“ „Danke … Tikki verwandele mich.“   Wie lange sie nun schon hier oben stand und auf die Stadt herunter blickte, wusste sie nicht. Nachdem sie eine Weile durch Paris geirrt war, hatte sie kurzerhand entschlossen sich auf den Eiffelturm zu setzen. Um die Uhrzeit war kaum noch jemand hier und so konnte sie ungestört ihren Gedanken nachhängen. Sie genoss die Stille hier oben. Selbst den Regen, der nun schon seit einer Ewigkeit auf sie herunter prasselte, ignorierte sie einfach. Dann wurde sie halt nass. Was machte das schon. Nachdenklich stützte sie ihre Hände auf der Brüstung ab und schloss ihre Augen. Leise donnerte es in weiter Ferne. Es schien ein Gewitter aufzuziehen. Langsam öffnete sie wieder ihre Lider und blickte auf die Lichter der Stadt herunter. Alles sah so friedlich und ruhig aus. Konnte es nicht immer so friedlich sein? „Wusste ich doch, dass ich dich hier finde.“ Erschrocken drehte sie sich herum und blickte in zwei grüne Augen. „Wie?“ „Da du nicht zu Hause warst und auch nicht an dein Handy herangehst, konntest du ja nur hier sein.“ Zwinkernd stellte sich Chat Noir neben sie und schwungvoll warf sie sich in seine Arme. „Du bist hier.“ „Natürlich. Ich kann doch nicht fliegen, ohne mich von dir zu verabschieden.“ „Ich werd dich ganz schön vermissen.“ Traurig senkte sie ihren Kopf und wieder stiegen die Tränen in ihr auf. Verstohlen wischte sie sie allerdings aus ihrem Gesicht und blickte wieder zu ihm auf. „Du musst aus dem Regen raus.“ Nickend schlang sie ihre Arme um ihren Oberkörper. Erst jetzt merkte sie, wie die Kälte ihr langsam die Knochen durchfror. Wie lange hatte sie denn hier gestanden? „Merken sie nicht, dass du weg bist?“, fragte sie unsicher und knetete ihre Hände ineinander. Sie wollte ja nicht, dass er ihretwegen Ärger bekommt. „Sie denken, ich sitze in meinem Zimmer, packe fertig und gehe dann schlafen … Na komm. Du bist ganz durchgefroren.“ Mit einem Satz sprang er auf die Brüstung, nahm sein Stab in die Hand und so griff auch sie nach ihrem Jo-Jo.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)