Seelenschatten von Labrynna ================================================================================ Kapitel 14: Ein langersehntes Wiedersehen ----------------------------------------- Das Nächste, was Aerith wieder spürte, war ein Gefühl als würde sie auf dem Rücken liegend auf wohlig warmem Wasser treiben, was Verwunderung durch ihren Geist schwappen ließ. War sie nicht tot? Sie war sich sicher, dass Sephiroth sie erstochen hatte, als sie vor dem Altar gekniet hatte. Sie hatte schließlich gesehen, dass sein Schwert in ihrer Brust gesteckt und ihr Blut über den Stahl der scharfen Klinge geronnen war! Vorsichtig versuchte sie die Augen zu öffnen, doch ihre Lider waren wie zugenäht. Panische Angst beschlich die junge Frau, als sie bemerkte, dass ihr Körper allmählich versank. Was geschah nur mit ihr?! Strähnen ihres langen Haares lösten sich aus dem geflochtenen Zopf und umschwirrten ihr Gesicht, während sie immer weiter herabsackte. Gerade als sie sich fragte, ob sie womöglich doch noch am Leben war, weil Cloud und die Anderen es geschafft hatten, sie zu retten, und sie sich nun in einer Art medizinischem Tank mit einer Heilflüssigkeit befand, wurde sie von zwei starken Armen aufgefangen und an eine breite Brust gezogen. Erschrocken schlug Aerith wild um sich, doch die sie festhaltende Person geriet weder ins Wanken noch lockerte sie ihren Griff. Stattdessen lachte sie unbekümmert auf und die verängstigte Cetra stellte mit heftig schlagendem Herzen an Hand der Stimme fest, dass sie sich in den Armen eines jungen Mannes befand. Noch einmal versuchte sie ihre Augen zu öffnen, was ihr dieses Mal auch endlich gelang und sie überrascht nach Luft schnappen ließ. Zunächst sah sie nichts bis auf das blendend helle Licht, das sie und den Mann einhüllte, doch allmählich traten immer mehr Details des Fremden hervor. Er hatte ein markantes Kinn mit einer langen Narbe, leicht gebräunte Haut, langes, strubbeliges Haar und sommerhimmelblaue Augen. Das Wichtigste jedoch war: Aerith kannte ihn, sehr gut sogar! Ein undurchdringlicher Tränenschleier legte sich vor ihren Blick und sie warf sich mit dem vollen Gewicht ihres Oberkörpers um den Hals des Mannes, als sie atemlos hauchte: „Zack! Endlich! Ich hab dich so sehr vermisst…“ Während Aerith in seinen Armen hemmungslos weinte und all die Emotionen raus ließ, die sich über die Jahre hinweg in ihr angestaut hatten, strich ihr lang verschollener Freund ihr stumm über den Rücken und wiegte sie tröstend in seinen Armen. Die Tränen versiegten nach und nach und Aerith lächelte selig. Sie war überglücklich! Endlich, endlich hatte sie ihren Zack wieder! Doch wie konnte das so plötzlich sein? Bildete sie ihn sich womöglich nur ein? War seine Gegenwart vielleicht nur ein Produkt ihres sterbenden Geistes, der sich noch einmal an Zacks Lächeln und dem Strahlen seiner Augen erfreuen wollte? Langsam ließ Aerith ihren Oberkörper ein Stück zurückfallen und betrachtete forschend Zacks Gesicht, während dieser sie fragend ansah. Mit wild schlagendem Herzen bemerkte die junge Frau, dass dieser Mann, der sie nun in seinen Armen hielt, älter war als der Zack, an den sie sich von ihrem letzten Treffen erinnerte. Rund um seine Augen zeigten sich die ersten Anzeichen leichter Lachfältchen, seine Wangenknochen stachen ein wenig deutlicher hervor und seine Gesichtszüge wirkten insgesamt markanter. Dies war definitiv nicht das Gesicht eines Achtzehnjährigen. Zack war also gealtert und konnte damit nicht ihrer eigenen Erinnerung entsprungen sein. Er war echt! „Keine Angst, die Verwirrung vergeht mit der Zeit“, versuchte Zack, der ihr Mienenspiel missdeutete, seine Freundin zu trösten. Bei dem schmerzlich vermissten Klang seiner Stimme ging Aerith das Herz auf, doch anstatt ihm dies zu zeigen, wandte sie den Oberkörper, um sich ein wenig umzusehen. Als sie jedoch wegen des sie umgebenden Lichts nichts erkennen konnte, fragte sie: „Wo sind wir hier?“ „Im Lebensstrom“, war Zacks völlig unbekümmert klingende Antwort. „Willkommen im Leben nach dem Tod!“ Mit geweiteten Augen wandte Aerith sich ihrem Freund wieder zu und stieß mit dünner Stimme hervor: „Tod? Du… Wir sind also wirklich tot?“ „Yep!“ Zack nickte lächelnd und fügte vergnügt an: „Aber das ist gar nicht so übel, wenn man sich erst mal dran gewöhnt hat. Du wirst schon sehen.“ Eine Weile schwiegen die Beiden und genossen die lang vermisste Nähe des jeweils anderen, doch dann durchbrach Aerith die Stille: „Was ist mit dir geschehen?“ Sie strich Zack zärtlich über die Wange und sah ihm besorgt in die Augen. Warum ihr der Gedanke, ihm könne etwas Schreckliches zugestoßen sein, auch jetzt noch, wo sie definitiv wusste, dass er tot war, aufs Herz drückte, wusste sie selbst nicht. Mit einem amüsierten Zug um die schönen Lippen verkündete der Gefragte: „Ich zeig’s dir!“ Als Zack Aerith absetzte, knickte sie mit einem spitzen Aufschrei ein und griff reflexartig nach dem Bein ihres Freundes, um sich am Stoff seiner weiten Hose festzuhalten, was diesem ein schadenfrohes Lachen entlockte. Grinsend half er ihr wieder auf die Füße und tröstete sie: „Das ist mir anfangs auch ständig passiert. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich an das Gefühl keinen Boden unter den Füßen zu haben.“ Ein letztes Mal zwinkerte er seiner wackelig stehenden Freundin noch zu, dann wurde er wieder ernst und zog seinen schwarzen Strickpullover hoch. Aerith war noch damit beschäftigt, sicheren Stand zu finden, doch als ihr Blick auf Zacks Brust fiel, vergaß sie sogleich, dass sie das Gefühl auf Wasser zu stehen hasste. Über den gesamten Brustkorb des jungen Mannes waren merkwürdige, kreisrunde Narben verteilt, die der Cetra einen eiskalten Schauer über den Rücken jagten. Mit blassem Gesicht sah sie zu ihrem Freund auf, der seinen Pullover wieder sinken ließ. „Was ist das?!“ Zack zuckte wie unbeteiligt mit den Schultern und erklärte: „Einschusslöcher. Ich bin vor ein paar Monaten im Kampf gegen Shinras Armee erschossen worden, als ich auf dem Weg zurück zu dir war.“ Seine Versicherung, dass er zu ihr zurückgewollt hatte, legte sich wie eine warme Kuscheldecke um Aeriths Herz, aber anstatt sein herzliches Lächeln zu erwidern, fragte sie mit ängstlichem Ton: „Warum?“ „In deinem letzten Brief stand, dass du mir nicht mehr schreiben würdest. Also dachte ich, es sei allmählich an der Zeit nach Hause zu kommen.“ Für einen Moment starrte Aerith ihn irritiert an, doch dann wurde ihr klar, dass Zack spaßte. Genervt tuend schubste sie ihn zurück, was ihn an ihre erste Verabredung erinnerte und wie damals lachen ließ. Schief grinsend sah die Cetra zu ihrem Freund auf und nahm seine Hand in ihre, ließ jedoch nicht locker: „Das war nicht, was ich gemeint hatte. Und das weißt du!“ Plötzlich wurde Zacks ansonsten so unbekümmertes Gesicht verschlossen und er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Dann zog er Aerith mit einem sanften Ruck wieder in seine Arme und fragte leise und müde klingend: „Bist du dir sicher, dass du es hören willst?“ Endlich würde sie erfahren, was geschehen war! Aerith war so gespannt, dass sie nur stumm nicken konnte. Zack seufzte auf und murmelte: „Aber es spielt doch gar keine Rolle mehr… Ich bin und bleibe tot. Können wir es nicht einfach dabei belassen?“ Mit einem langen, intensiven Blick sah Aerith ihm tief in die Augen und hauchte flehentlich: „Bitte!“ Für einen Moment starrte Zack mit einem leidend wirkenden Gesichtsausdruck ins Leere, doch dann begann er zu erzählen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)