Till The World Stops Turning Round von Schreibfeder (Wie weit bist du bereit zu gehen?) ================================================================================ Kapitel 1: Heimkehr ------------------- „Lass los, bitte ...“ Seine Hand verfestigte sich um ihre und zog sie ein kleines Stückchen wieder hinauf, ehe sie wieder hinunter rutschte und leidvoll zu ihm hinauf sah. Der Wind fegte durch ihre Haare und hauchte ihm ihren süßen, vertrauten Duft zu. Als würde die Natur ihn auf das Kommende vorbereiten wollen, ihm noch eine letzte Erinnerung schenken wollen. „Niemals!“, schrie er und sah wie seine Tränen glitzernd durch die Luft flogen. Kleine, schimmernde Diamanten, die ihn verhöhnten. Unter ihnen rauschte der Fluss in einer unglaublichen Geschwindigkeit und kollidierte mit den harten, spitzen Felsen am Rand. Der kalte Regen sprang ihm ins Gesicht, wirbelte seine Haare auf und schien ihm für einen kurzen, kleinen Moment neue Kraft zu schenken. Diese Kraft versuchte er auszunutzen, um einen weiteren Versuch zu starten, sie zu sich hinauf zu ziehen. Sein Gesicht wurde, völlig ungewohnt, zu einer kalten, starren Maske, als er ihr tief in die schönen Augen sah. Was er sah, war Entschlossenheit und Trauer. Er wusste, dass sie sich aufgegeben hatte. Unter unglaublicher Anstrengung probierte er seinen verletzten Arm anzuheben. Doch auch dieses Mal rutschte sie an ihm wieder hinunter. „Die Brücke wird uns nicht beide halten! Es hat keinen Sinn, wenn wir beide sterben!“, weinte sie, zappelte und wollte sich von ihm losreißen. Das führte jedoch nur dazu, dass er noch ein Stückchen mit ihr hinab sank. Das Seil, an dem er sich festhielt, knirschte und riss ein paar Millimeter weiter ein. „Doch, das wird sie, ganz bestimmt! Keinem von uns wird etwas zustoßen!“ Gelogen – das wusste er selbst. Sein Herz setzte aus, als er begriff, was das bedeutete. Er würde sie verlieren ... „Es tut mir so leid. So leid … Ich liebe dich!“ Ihre Finger glitten langsam aus seinen Händen. „Nein! Nein! Nein! Neeeein!“ Und dann ließ sie los …   ~Sechs Monate zuvor~   °°°†°°° Herbst °°°†°°°   „Das ist doch wohl ein Scherz", hustete Shikamaru Nara, der eigentliche Leiter der aktuellen Mission, und kniff beide Augen, angesichts der dichten Rauchwand, einige hundert Meter vor ihm, zusammen. Der Himmel über ihm und seiner Kameradin, schien von Minute zu Minute dunkler zu werden. Wahrscheinlich würde es innerhalb der nächsten paar Stunden anfangen zu regnen. Bis dahin sollten sie sich schon längst einen geeigneten Schlafplatz gesucht und die Zelte aufgebaut haben. Allerdings bestand Sakura darauf das abgebrannte Dorf vor ihnen nach Überlebenden abzusuchen. Obwohl sie als gegenwärtige Iryōnin des Teams die Pflicht hatte, sich zurückzuhalten und im Falle eines Falles am Leben zu bleiben, würde sie nie zögern in ein brennendes Gebäude zu rennen. Er konnte darüber nur den Kopf schütteln. Sie waren gerade dabei gewesen eine Schriftrolle mit wichtigen Informationen zur Bekämpfung von feindlichen Ninjatruppen entgegenzunehmen, als plötzlich eine Truppe von maskierten Ninja in das Dorf stürmte und eine Bombe hochgehen ließ. Zum Glück war Sakura so scharfsinnig gewesen und hatte rechtzeitig bemerkt, dass der Rauch giftige Stoffe beinhaltete, sodass sie noch fliehen konnten, bevor es zum Äußersten gekommen wäre. Shikamaru wollte sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn nicht. Leider war die Schriftrolle dabei verloren gegangen, da der Bote zusammen mit ihr davon gesprungen war. Deshalb konnte Shikamaru auch bei weitem nicht nachvollziehen, weshalb sich die Kunoichi wieder in Gefahr begeben wollte. Doch bevor er noch etwas hätte sagen können, hatte sich Sakura auch schon ein Stück Stoff von ihrem schwarzen Shirt abgerissen, vor Nase und Mund gepresst und war, wie vom Teufel gejagt, zurück ins Dorf gestürmt. "Verdammt! So eine sture Frau!" Zornig tat er es der Haruno ein paar Sekunden später nach und preschte ihr hinterher. Nur schwerlich erkannte er den rosanen Schopf seiner Kameradin, der immer wieder von links nach rechts und wieder zurück flog. Anscheinend hatten die Bewohner auch hier mit der Epidemie zu kämpfen gehabt, die vor ein paar Monaten den gesamten Kontinent überfallen hatte und drohte sich noch weiter darüber hinaus auszubreiten. Schon vorhin hatte er es bemerkt, in welch schlechtem Zustand das kleine Dörfchen war. Der Putz war abgeblättert, die Pflanzen verdorrt, die Menschen kränklich und müde. Es war ... bedauernswert. Anfangs waren es nur wenige gewesen. Arme Teufel, die hustend, mit krustiger Haut, geröteten Augen und steifen Gliedern bei ihnen am Dorftor geklopft und um Hilfe gebeten haben. Doch wurden sie ohne Ausnahme abgewiesen, da man keine fremden Kranken in Konoha gebrauchen konnte. Auch, wenn Sakura einen kleinen Aufstand gemacht hatte, als sie davon erfuhr, waren sowohl Tsunade als auch Kakashi strickt dagegen gewesen diese Menschen in ihr Dorf zu lassen. Manchmal verfluchte er ihre fürsorgliche, aufopferungsvolle Art. Sie war so leichtsinnig. Ein paar Wochen später hatte die Krankheit allerdings schon weite Kreise gezogen und war bis in die fünf großen Ninjadörfer vorgedrungen. Nichtmal die großartige medizinische Versorgung kam noch dagegen an. Die besten Mediziner des gesamten Kontinents fanden sich zwar des öfteren zusammen und suchten nach einer Lösung, doch waren bisher nur minimale Fortschritte gemacht worden. Man hatte herausgefunden, dass es sich auf jeden Fall um eine schnell zum Ausbruch kommende Erkrankung handelte, die zu neunzig Prozent tödlich verlief. Anfängliche Symptome, die sich immer mehr verschlimmerten, waren zum Beispiel Luftnot, rote Flecken auf der Haut, Benommenheit und Bewegungsunfähigkeit. Laut Sakura war die Lebenserwartung für einen Erkrankten nicht höher als drei Monate, wenn man nicht behandelt wurde. Zwar wusste man, dass die Krankheit sich über sogenannte infizierte Chakrareste verbreitete, die sich in der Luft befanden, allerdings ging es nur sehr schleppend voran, was die Entwicklung eines Heilmittels betraf. Zuerst wurde das Chakranetz und dann der gesamte Körper angegriffen. Da selbst ein Neugeborenes einen minimalen Anteil an Chakra im Körper besaß, wurden auch einfache Menschen infiziert. Zwar geschah dies nur in seltenen Fällen, doch es gab sie. Und zur Behandlung brauchte man jeden Mediziner, den man aufbringen konnte. Deshalb war er auch so verwundert gewesen, dass gerade Sakura mit ihnen mitgeschickt wurde. Als wenn er seine Gedanken verscheuchen wollte, schüttelte Shikamaru seinen Kopf und sah zu seiner Kameradin. Voller Entsetzen glitt ihr Blick über die kümmerlichen Reste des Dorfes, in dem es kein Anzeichen mehr auf Leben gab, und blieb an einer verkohlten Spielzeugpuppe hängen, die sie mit einem verzerrten Lächeln anstarrte. "Sakura, es bringt nichts. Hier wird niemand -" Ein leises Scheppern unterbrach ihn und zog die Aufmerksamkeit der beiden auf sich. Unter einem kleinen Trümmerhaufen guckte eine Kinderhand hervor und leises Wimmern war zu hören. Schnell lief Sakura darauf zu und räumte die paar Brocken in Windeseile beiseite, sodass der kleine, eingefallene Körper darunter zum Vorschein kam. Braune, verängstigte Augen sahen ihnen entgegen. Langsam kniete die Kunoichi sich hin und strich dem Jungen in einer mütterlichen Geste über den Kopf. "Keine Angst. Ich hole dich hier raus", presste Sakura unter dem Stoff hervor und riss ein weiteres Stück von ihrem Oberteil ab, um es dem Jungen vor Nase und Mund zu halten. „Shikamaru, hilf mir bitte.“ Gemeinsam richteten sie den verletzten Jungen auf und hievten ihn auf den Rücken des Shinobi. Zusammen rauschten sie schließlich aus dem Dorf hinaus, wobei sich Sakura immer wieder nach weiteren Überlebenden umsah. Jedoch war es vergebens. Das sah sie spätestens dann ein, als hinter ihnen ein Gebäude glühend heiß explodierte und die beiden beinahe von den Füßen riss. Es war schrecklich. Die Leichen häuften sich an den Straßenrändern und starrte sie von allen Seiten aus toten, leblosen Augen an. In diesem Moment wurde ihr eines klar. Das Ende war eingeläutet.   Nachdem sie das Dorf wieder verlassen und sich einige hundert Meter davon entfernt hatten, hielten beide an und sahen sich wütend in die Augen. Shikamaru, weil er es nicht leiden konnte wie leichtsinnig sie mit ihrem Leben umging und Sakura, weil sie nicht verstehen konnte, wie er einfach weiter gezogen wäre. "Lass uns die Südroute nehmen. Das ist der kürzeste Weg nach Konoha", knurrte er. Zum Glück war der Junge auf seinem Rücken eingeschlafen. So bekam er von all dem nichts mehr mit. "Ja, in Ordnung." Sakura strich dem Jungen ein paar Strähnen aus dem Gesicht und war froh, dass sie sich von ihren Instinkten hatte leiten lassen. Sonst wäre er mit Sicherheit auch gestorben. Langsam setzten beide wieder ihren Weg fort und achteten stets darauf niemandem zu begegnen. Sie sollten einen Kampf vermeiden. Vor allem, weil sie nun ein Kind bei sich hatten. "Warum kämpfen diese Idioten überhaupt? Hier ist doch nichts zu holen", murmelte die Kunoichi und stieß sich von einem Ast ab. "Es herrschen Notstände, Sakura. Was erwartest du? Nahrung und Kleidung sind hier Mangelware. Jeder kämpft gegen jeden. Man holt sich das, was man braucht." Betroffen senkte Sakura ihren Blick und malträtierte ihre Unterlippe. Mittlerweile verabscheute sie das Dasein als Ninja, da es nur Schmerz, Leid und noch mehr Schmerz beinhaltete. Sowohl für Beteiligte, als auch für Außenstehende. So viele, unzählige Familien litten unter den Kleinkriegen zwischen den Ninjadörfern. Anstatt sich wirklich um die Bekämpfung der Krankheit zu bemühen, nahmen einige Dörfer die momentane Notlage einfach so hin und konzentrierten sich stattdessen lieber auf die Vernichtung anderer Gebiete. "Durch diesen Wald führt die einzige Verbindung zwischen Ishi no Kuni und Kawa no Kuni. Und wer die kontrolliert, kontrolliert die ganze ..." Plötzlich hielt Shikamaru inne und zwang sie somit ebenfalls stehenzubleiben. "Hast du das gehört?" Sakura spitzte die Ohren und blickte rasch zur Seite, als sie ein leises Stöhnen vernahm. Beinahe zeitgleich zückten Shikamaru und sie ihre Kunai und hielten sie kampfbereit vor ihre Oberkörper. "Was war das?", flüsterte Sakura und trat einen Schritt näher zu ihrem Kameraden. Dieser näherte sich langsam einer Stelle, an der sich verdächtig viele Sträucher, Blätter und Halme sammelten. Man sah deutlich, dass sich darunter ein Körper befand. Fest blickte sie dem genialen Strategen in die Augen und wartete auf ein Zeichen. Er hob die Hand und war bereit das Versteck desjenigen auffliegen zu lassen, als eine ihnen wohl bekannte Stimme ertönte. „Sakura!“ Vertraute, blau-grüne Augen sahen ihnen entgegen, worauf sich beide hinknieten und die paar Blätter wegschoben. "Temari?!" Das Erste, was Sakura direkt an ihrer Freundin auffiel, war der abgekämpfte Ausdruck in ihrem Gesicht. Erst dann bemerkte sie den stark gerundeten Bauch der Suna-Nin und hätte sich beinahe an ihrer eigenen Spucke verschluckt. „Temari ...“ Der Schock stand Shikamaru ganz klar ins Gesicht geschrieben. Sakura wusste, dass die beiden mal eine kleine Liaison eingegangen waren, als die Blonde Konoha mal wieder einen Besuch abgestattet hatte. Doch, ob daraus auch das Baby entstanden war, wusste sie nicht. Und sie sah Shikamaru an, dass er ebenso verwirrt war wie sie. Fachmännisch legte Sakura ihre Hände auf Temaris Bauch und tastete diesen ab, ehe sie sich der Blonden zuwendete. „Dein Kind ... Es ist fast soweit“, lächelte sie und beschloss Shikamaru für den Moment in den Hintergrund zu schieben. Inzwischen kannte sie ihn schon lang genug, um zu wissen wie aufgewühlt er im Inneren war. "Ich hatte schon die ersten Wehen, denke ich. Seit einer guten Viertelstunde überkommen mich regelmäßig kleine Schmerzeswellen", keuchte Temari und sah Sakura fest in die Augen, als würde sie stumm um Hilfe bitten. "Was machst du dann überhaupt hier?", wollte Shikamaru schließlich mit leicht zittriger wissen, in der auch ganz klar unterdrückte Wut zu hören war. "Ich ... Ich wollte, dass das Kind in Konoha zur Welt kommt. Bei dir … Kankuro hat mich begleitet, doch auf der Hälfte des Weges, da ...“, Temari schnaubte verächtlich und kniff ihre geröteten Augen zusammen ,“Er war auf der Suche nach einem sicheren Umweg für uns. Da griffen uns Ishi-Nins an und töteten ihn. Er starb, weil er mich beschützen wollte. Ich bin eine schöne Kunoichi, was?" Ihr Gesicht verzog sich zu einer leidvollen Miene. "Seitdem verstecke ich mich hier. Das ist jetzt schon ein paar Stunden her, glaube ich." Ihre Hand legte sich ebenfalls auf ihren Bauch, direkt neben Sakuras, und fuhr diesen sorgenvoll auf und ab. Die Angst, dass ihrem Baby durch die Kälte und den Stress etwas geschehen war, war groß. Sie dankte ihrem Gott dafür, dass er Sakura, die wohl fähigste Iryōnin im ganzen Feuerreich, herbeigeführt hatte. "Komm erstmal hoch", meinte Sakura dann nach ein paar Minuten und reichte ihr eine Hand, während sie mit der anderen ihre Rücken stützte. "Bis Konoha ist es zu weit für sie. Was sollen wir tun? Wir können sie ja schlecht hier lassen." Nach einer Lösung suchend, sah die rosahaarige Kunoichi ihren Kameraden an, der diesmal jedoch genauso ratlos wie sie war. Er zog lediglich seine Augenbrauen zusammen und ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen. Selbst, wenn er einen Intelligenzquotienten von über 200 hatte, wirkte er in diesem Augenblick erschreckend ahnungslos. Die Gewissheit, dass er Vater wurde, schien sein Denken lahmzulegen. "In östlicher Richtung, nur ein- zwei Kilometer weit steht ein Göttertempel, den die Kawa-Nins zu einem Lazarett umfunktioniert haben. Vielleicht können wir dort erstmal hin", warf Temari plötzlich ein und blickte die beiden so verzweifelt an, dass ihnen gar nichts anderes übrig blieb, als zuzustimmen. „Gut, wir werden dort hingehen. Temari und das Kind brauchen Hilfe. Vielleicht kannst du den Medizinern dort auch ein wenig zur Hand gehen. Aber versuch unnötigen Chakraverbrauch zu vermeiden, du wirst es brauchen.“, sprach er zu seiner Kameradin und steckte den Kunai wieder weg. Durch Sakuras Nacken kroch ein Kribbeln, als sie sich an ihren ersten Besuch in einem Lazarett erinnerte. Es war nicht unbedingt eine schöne Erfahrung gewesen, das Wehklagen von so vielen Mitmenschen in den Ohren zu haben. Sie erinnerte sich noch lebhaft an ein kleines Mädchen, dem man das Bein weg geschlagen hatte. Damals hatte sie gerade erst mit ihrer Ausbildung unter Tsunade begonnen und war noch zu unerfahren gewesen, um zu helfen. Ihr Weltbild war noch das unschuldig reine eines Kindes gewesen, das sich am liebsten in den Armen seiner Mutter vergraben hätte. Doch nun kannte sie die bittere Realität. Das Leben eines Ninja war nichts Schönes oder gar Ruhmvolles, wie man es ihr früher glaubhaft machen wollte. Man hatte ihr Erfolg und Reichtum versprochen. Allerdings hatte man das Dunkle, das Schlechte, das Blutvergießen einfach verschwiegen und ein Siegel drüber gelegt. So war sie naiv genug gewesen, um das Ninjadasein zu ihrem Traum zu machen. Und ihr äußerst attraktiver Teamkollege, mit dem sie auch gleich ihre beste Freundin hatte ausstechen können, war nur ein kleiner Bonus gewesen. Dass sich daraus eine wahrhaft, tiefe Liebe entwickelte, hatte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen können. Inzwischen war sie sogar so weit, dass sie ihn einfach nur noch glücklich sehen wollte. Und, wenn er dazu seinem Heimatdorf und seinen Freunden fernbleiben musste, nahm sie das gerne so hin. Obwohl eine gehässiges Stimme in ihrem Kopf sie für diese Einstellung verurteilte. »Und wenn er gar nicht glücklich ist? Wenn Sasuke da draußen mehr und mehr verbittert? Wenn er gar nicht mehr unser Sasuke ist? Du weißt, er wollte dich und Naruto töten. Die einzigen Menschen, zu denen er eine Bindung hatte, die weit über Kameradschaft hinaus ging. Was ist, wenn er ...« brachte ihr innerer Teufel das zur Sprache, vor dem sie sich am meisten fürchtete. "Sprich es nicht aus!", fuhr sie sich selbst dazwischen, wusste aber gleichzeitig, dass sie sich nicht aufhalten konnte, den Gedanken auszuführen. »Wenn er zu seinem ureigenen Verderben geworden ist? Zu einem von Hass und Rache erfüllten Menschen? Zu jemandem, der mit dem Tod seines Bruders auch sich selbst verloren hat? Zu einem kalten Monster?« Als hätte dieser Gedanke ihr Herz zersplittert, blieb Sakura urplötzlich stehen und presste ihre Augen so zusammen, als würde sie unvorstellbare Schmerzen erleiden. "Sakura!" Temaris Stimme war nur ein weit entferntes Flüstern, obwohl sie direkt neben ihr stand. »Was ist, wenn er schon längst tot ist und du nur noch seine bleichen Gebeine bewundern kannst?« fing die Stimme in ihrem Kopf die Rede wieder auf. Auch sie hatte sich mit der Zeit geändert. Sie himmelte Sasuke schon längst nicht mehr an, sondern wurde zu dem, was Sakura an sich selbst verabscheute. Sie hatte sich mit der Trauer und dem Schmerz, den Sakura durch Sasukes Taten hatte erleiden müssen, vollgesogen. »Was ist, wenn er Naruto, den Einzigen, der jemals wirklich für uns eingestanden ist und uns neben Lee wirklich ehrlich geliebt hat, umgebracht hat?« Hörte sie da eine gewisse Sympathie für den blonden Chaosninja heraus, oder bildete sie sich das nur ein? "Das würde er nie tun", knurrte sie ihr Inneres Ich an und verzog auch äußerlich ihr Gesicht zu einer von Wut verzerrten Miene. »Wie kann man nur so naiv sein? Du hast beide seit Jahren nicht mehr gesehen. Sasuke hat es schon mal probiert. Du weißt, er würde auch nicht zögern, dir sein Schwert durch den Leib zu stoßen. Wenn du ihn das nächste Mal siehst, solltest du …« Plötzlich flog Sakuras Kopf zur Seite und ein leicht leuchtender Handabdruck prangte auf ihrer pochenden Wange. Fassungslos blickte sie Shikamaru in die Augen, der sie stur anstarrte. "Was ist bloß los mit dir? Du kannst doch nicht einfach mitten im Weg stehen bleiben und Löcher in die Luft starren. Tut mir leid. Es ist zwar völlig gegen meine Prinzipien Gewalt gegen Frauen anzuwenden, aber du warst ja völlig weggetreten. Wo warst du nur mit deinen Gedanken?" Seine Stimme hatte einen sanfteren Ton angenommen als am Anfang. Sakura schüttelte allerdings nur den Kopf und rieb sich mild lächelnd ihre Wange. Auch, wenn es manchmal nicht so aussah, war Shikamaru ein echter Freund. Er war seinem Dorf und seinen Freunden stets loyal gegenüber und setzte alles für die Werte, die er vertrat, ein. Sakura respektierte und schätzte ihn. "Unwichtig. Lass uns weiter gehen, ja?" Er nickte und drückte den Jungen auf seinem Rücken in eine bessere Position, ehe sie langsam ihren Weg fortsetzten. Jedoch nicht ohne ihr noch einen skeptischen Blick von der Seite zuzuwerfen.   Nach einer Weile sahen sie die Säulen des großen Tempels schon vor sich und liefen schwerlich darauf zu. "Wer seid ihr?" Ein Kunai flog an ihnen vorbei und blieb in dem Baum hinter Sakura stecken, deren Wange es beinahe getroffen hätte, wenn sie nur etwas weiter rechts gestanden hätte. Shikamaru hatte schon sein Kunai gezückt und sich in Angriffsposition begeben. Doch als er den Wachposten zwischen den beschädigten Gesteinsbrocken sah, ließ er sein Kunai wieder ein Stück sinken. "Wir haben eine hoch schwangere Frau und einen kleinen Jungen bei uns, der dringend medizinische Hilfe benötigt!", rief Sakura zu dem Mann hinüber und kam auf ein Zeichen hin, zu ihm. Er schien in den letzten Tagen einiges erlebt zu haben, da seine schmuddelige Kleidung völlig zerschlissen war und an ein paar wenigen Stellen Blutspuren aufwiesen. Misstrauisch begutachtete er die vier mit seinen grauen Augen, ehe er sie passieren ließ. Schmerzensschreie und Wehklagen hallte zwischen den Wänden des Tempels wieder und zerrissen Sakura beinahe das Herz. Eine Mutter rief verzweifelt nach ihren Kindern und betete zu Gott, dass er sie doch zurück bringen möge. Eine andere Frau weinte um ihren Mann, der gerade von ein paar Männern weg getragen wurde. Es war ein schreckliches Bild, das sich ihnen bot. So voller Leid, Trauer und Schmerz, dass Sakura beinahe schlecht wurde. Schluckend wandte sie den Blick ab und sah zu Temari, die sich keuchend den Bauch hielt. „Wie geht es dir?“, wollte sie leise wissen und räumte währenddessen eine staubige Platte neben dem Altar frei, auf den sich Temari legen konnte. „Ich bin erschöpft und fühle mich, als hätte man mir ein Messer in den Körper gerammt.“ Entsprechend ihrer Antwort, sah sie auch aus. Das zerzauste, blonde Haar klebte in ihrem verschwitzten Gesicht, ihre Kleidung war hier und da ein wenig verrutscht und ihre Körperhaltung erinnerte an die einer gebrechlichen, alten Frau. „Setz dich, ich kümmere mich derweil um den Jungen. Wenn was ist, schrei einfach.“ Mit einem Zwinkern verabschiedete sich Sakura und zerrte Shikamaru an seinem Ärmel bestimmend hinter sich her zu einem kleinen Tisch, auf den er den Jungen behutsam gleiten ließ. Ein altes, schmutziges Tuch diente dabei als Kopfstütze. „Hol mir bitte zwei Schüsseln mit Wasser. In die eine gibst du bitte etwas Rosenextrakt hinzu. Findest du in meiner Tasche.“ Während er die geforderten Sachen besorgte, nahm sie ihr Kunai zur Hand und schnitt das löchrige Shirt des Jungen auf, ehe sie auf seiner Brust – ein paar Zentimeter neben dem Herzen – leicht die Haut einschnitt. Somit hatte sie schon mal einen Kanal, der ihr die Entfernung des Gifts erleichtern würde. Fachmännisch zog sie ihre langen Haare zu einem strengen Zopf und begutachtete währenddessen mit professionellen Augen den Körper des Jungen, der sich im Brustbereich merkwürdig aufwölbte. Als Shikamaru mit den gefüllten Schüsseln schließlich zurück kam, sah sie das erste Mal von ihrem Patienten auf und bemerkte erst jetzt, dass sich ein paar der Tempelmediziner um sie herum versammelt hatten, damit sie ihr bei der Arbeit zusehen konnten. In ihren Augen waren die völlig inkompetent. „Was steht ihr hier so herum? Kümmert euch lieber um die Verletzten“, fuhr sie diejenigen scharf an und biss die Zähne zusammen, weil sie sonst ausfallend werden würde. Langsam sammelte sie Chakra in ihrer Hand und ließ diese in die Schüssel mit dem Blütenwasser gleiten, worauf es sich in Form einer großen Blase an ihrer Handfläche sammelte. Mit dieser wandte sie sich wieder dem Jungen zu, der ihr mit seiner ungesunden Blässe, Sorgen bereitete. „He, du da!“ rief sie jemanden von den Helfern zu, der gerade nichts zu tun zu haben schien. Obwohl das in diesem Chaos eigentlich unmöglich war. Der junge Mann mit den zotteligen, braunen Haare, schreckte auf und blickte sie völlig irritiert an. „Komm her und hilf den Jungen festzuhalten. Sonst wird er unruhig und das kann ich während der Behandlung nicht gebrauchen“, befahl sie streng und ließ, als sie sich sicher war, dass man den Jungen fest im Griff hatte, vorsichtig die Blase durch den kleinen Schnitt in seinen Körper gleiten. Es war von Vorteil, dass der Junge in völlige Bewusstlosigkeit abgedriftet war und so nur wenig mitbekam von den Schmerzen, die er eigentlich hätte erleben müssen. Doch sollte er sein Bewusstsein wiedererlangen, waren sie auf alles vorbereitet. Nach einer kleinen Weile zog Sakura die Blase wieder vorsichtig aus dem jungen Kinderkörper hinaus und entdeckte eine dunkle Flüssigkeit, die sich im Inneren der Blase angesammelt hatte. Seufzend ließ sie das schmutzige Wasser in eine der Schüsseln gleiten und war der jungen Frau an ihrer Seite, die alles gespannt beobachtete, dann doch dankbar, dass sie ihr fürsorglich den Schweiß von der Stirn wischte. Nach und nach entfernte sie, indem sie diese anstrengende Prozedur immer und immer wieder wiederholte, auch den Rest der giftigen Substanz und ließ sich schlussendlich, nachdem sie die Wunde geschlossen und dem Jungen noch schnell einen provisorischen Verband umgelegt hatte, erschöpft gegen den verstaubten Altar neben sich sinken. „Sie sind großartig. Ich möchte auch einmal so werden, wie Sie, und Menschen das Leben retten.“ Die junge Frau, die ihr die ganze Zeit aufmerksam bei der Arbeit zugesehen und assistiert hatte, blickte sie aus großen, strahlenden Augen an, als würde sie einem Helden gegenüberstehen. „Glaub mir“, fing sie an zu reden ,“Solch ein toller Mensch bin ich sicherlich nicht.“   Schweigend lief Sakura durch das Lazarett und half, wo sie nur konnte. Die Menschen waren reihenweise fasziniert von der hübschen Wunderheilerin, die es vermochte vielen von ihnen das Leben zu retten.   „Wir würden gerne zusehen, wie du das machst, um von dir zu lernen“, sprachen zwei junge Mediziner die junge Kunoichi schließlich an, als sie dabei war die Stichwunde eines Mannes im mittleren Alter zu versorgen. Ein mit purem Alkohol getränktes Tuch lag in ihrer Hand, während sie damit vorsichtig die Wunde abtupfte, um sie zu desinfizieren. Nicht alle Wunden benötigten ihr Chakra. Für einige reichte auch einfach nur Nadel und Faden. „Diese Menschen brauchen eure Hilfe und keine neugierigen Augen“, meinte sie bestimmt. Vielleicht klang es hart, doch Weichspülerei würde hier keinem helfen. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie einer der beiden sich nach ihren Worten dem Verletzten neben ihnen zuwandte und seine Verletzung versorgen wollte. „Er wird nicht mehr lange leben. Für ihn kommt jegliche Hilfe zu spät. Doch anderen kann noch geholfen werden. Und die müsst ihr aussuchen und von den anderen trennen. Viele Leben hängen davon ab.“ Ihre Stimme war so fest, dass sie keinen Widerspruch zu ließ. Doch die beiden Männer blieben nur verunsichert neben ihr stehen und starrten auf sie hinab. Die Zweifel standen ihnen ins Gesicht geschrieben. „Ab … Aber ich weiß nicht, ob ich sowas kann. Wie soll ich erkennen, wen man noch retten kann und wen nicht? Ich möchte nicht jemanden an seinen Wunden sterben lassen, dem noch geholfen werden kann.“ „Das müsst ihr selbst entscheiden. Ich weiß, dass ich Unmögliches von euch verlange, glaubt mir. Aber das hier ist ein Krieg. Wenn ihr zu sanftmütig hierfür seid, dann verlasst diesen Ort besser. Doch wenn ihr den Menschen hier wirklich helfen wollt, dann macht euch nun an die Arbeit. Denn davon gibt es hier wahrlich genug.“ Während sie dies sagte, nähte sie die Wunde unter ihrer Hand zusammen und verband sie sorgsam mit ein paar Leinen. Aufmunternd klopfte sie noch einmal sanft auf die Wunde und lächelte dem Mann zu. „Ich danke Ihnen.“ Nickend erhob sie sich aus der Hocke und setze ihren Weg durch den Tempel fort. In den letzten Jahren hatte selbst sie einiges an emotionaler Kälte zugelegt, was bei den Bildern, die sie tagtäglich zu Gesicht bekam, auch gar nicht verwunderlich war. Inzwischen betrachtete sie die Welt mit anderen Augen. Auch sie hatte irgendwann einmal erwachsen werden müssen. Seufzend packte sie ihr schweißnasses Oberteil mit zwei Fingern am Rücken und zog es ein wenig von der Haut ab, um sich ein bisschen Luft zu kommen zulassen. Zugegeben war sie ganz schön müde. Doch Erschöpfung war an diesem Ort völlig fehl am Platz. Hier benötigte man all ihre Kraft.*   „Sasuke Uchiha, ich hätte wirklich nicht geglaubt, dich meines Lebtages noch einmal zurück im Dorf zu wissen.“ Ein beinahe mütterliches Lächeln lag auf Tsunades Lippen als sie sorgfältig seinen empfindlichen Arm mit einem frischen Verband umwickelte. Ein paar schwarze Strähnen hingen ihm lose in seinem markanten Gesicht und verdeckten teils seine verschiedenfarbigen Augen. Der Ausdruck in ihnen war ruhiger, nicht mehr voller Hass und Abscheu gegen die Menschen, die er liebte. Zwar strahlte er noch immer die gewohnte Kälte aus, doch er schien endlich Eins mit sich selbst zu sein. Alleine die Worte, die er an Kakashi gerichtet hatte, überzeugten sie davon. „Die Zeit der Rache und der darauffolgenden Buße ist vorbei. Es ist an der Zeit zu leben.“ Während sie ihren Gedanken nachhing packte sie unabsichtlich einmal zu fest zu, sodass Sasuke sich einen überraschten Schmerzeslaut verkneifen musste. Tsunade hatte ihn aus seinen Überlegungen über das eben Erlebte gerissen. Er hatte an eine arme Frau gedacht, die er vorhin vor den Tores Konohas hatte beobachten können. Verzweifelt hatte sie um Hilfe gebeten, weil ihre Kinder ein paar Meilen weiter weg auf ihre Rückkehr warteten und sie sich in ihrem Zustand nicht um sie kümmern konnte. Aus den roten Flecken an ihren Armen hatte er geschlussfolgert, dass sie erkrankt sein musste. Sie hatte geweint und sich mit dem Kopf voran in den Schmutz geworfen. Doch wurde sie einfach wieder fortgeschickt. „Warum helft ihr den anderen Menschen, die unter der Epidemie leiden nicht und scheucht sie stattdessen fort?“, fragte er unverblümt nach und spürte augenblicklich wie Tsunade ein weiteres Mal beherzt zugriff. Ein leises Seufzen entfloh ihm, als die ehemalige Hokage endlich wieder von ihm abließ. „Weißt du Sasuke, Konoha hat auch so seine Probleme mit der Epidemie. Wenn du dich vorhin genauer umgesehen hättest, hättest du erkannt, dass sich nur wenige Menschen auf der Straße befinden.“ Wenn Sasuke ehrlich war, war ihm das gänzlich entgangen. Er hatte sich lediglich nach seinem Zuhause und einem warmen, weichen Bett gesehnt, in das er sich hinein fallen lassen wollte. Doch Kakashi wollte ihn erst untersucht haben, bevor er etwas anderes unternahm. Und so war er gleich ins Krankenhaus gelaufen. „Fast vierzig Prozent des Dorfes stehen unter Quarantäne. Das Krankenhaus wird nur noch für außerordentlich schwierige Fälle und Untersuchungen von Nichterkrankten genutzt, da es sonst überfüllt wäre. Stattdessen wurden leerstehende Häuser umfunktioniert, um die Erkrankten dort zu beherbergen und zu versorgen. Ich mag es nicht Familien auseinander zu reißen, doch in diesem Fall bleibt uns keine andere Wahl als die Menschen voneinander zu trennen, Sasuke. Wir haben einfach keinen Platz und keine Mittel, um das halbe Ninjareich zu pflegen.“ Es klang schlüssig. Er konnte Kakashis und Tsunades Entschluss verstehen. Sasuke wusste nicht, wie er an ihrer Stelle gehandelt hätte. „Das bringt mich zum nächsten Punkt, Sasuke. Da wir nicht wussten, ob und wann ihr zurückkommen werdet, haben wir ...“, begann Tsunade, wurde aber schon im nächsten Augenblick von einem lauten Geschrei unterbrochen. Naruto kam wie ein Wirbelwind in das Behandlungszimmer gestürmt. Einen Arm geschient und einen Verband um seinen Fuß flatternd. „Sasuke, hast du es schon gehört? Sensei Kakashi und die alte Oma haben unsere Wohnungen zu Krankenstationen umgebaut. Wir sind obdachlos!“ Kapitel 2: Wüste aus Sand ------------------------- „Komm, Temari! Nur noch ein kleines bisschen. Du hast es fast geschafft!“, rief Sakura Temari zu, die sich verzweifelt in der dünnen Decke unter sich frestkrallte und versuchte einen Schrei zu unterdrücken. Sakura wollte sich gar nicht vorstellen, welche Pein sie erleiden musste. Zwar hatte sie schon bei einigen Geburten helfen können, doch war es jedes Mal aufs Neue aufregend mitzuerleben, wie ein neues Leben auf die Welt kam. Eine junge Frau, die trotz ihres verletzten Beines netterweise mithalf, tupfte der blonden Kunoichi sanft den Schweiß von der Stirn. „Temari, du schaffst das. Wir, Sakura und ich, sind bei dir“, versuchte Shikamaru, welcher für eine Verhältnisse auch ziemlich blass und mitgenommen aussah, der Gebärenden Mut und Kraft zuzusprechen. Diese stieß einen heiseren Schrei aus, als eine weitere Woge des Schmerzes sie überrollte. Sie war völlig am Ende und kam langsam an ihre Grenze. „Sakura, hilf mir“, flehte sie und warf jammernd ihren Kopf zur Seite. „Ich kann nicht mehr!“ Ziellos fuhr eine ihrer Hände über die Decke, suchte nach Halt. „Temari, ich kann das Köpfchen schon sehen. Gib nicht auf, gleich hast du es geschafft“, lächelte Sakura und nahm langsam das kleine Geschöpf entgegen. Plötzlich, nach einem lauten, unmenschlichen Schrei und einem kräftigen Aufbäumen seitens Temari, hielt Sakura das Baby in den Händen. Ein leichter Klaps auf den Hintern, ein unbeholfenes Quäken und schon ertönte der ersehnte Schrei. Ein breites Grinsen bildete sich in Sakuras Gesicht. „Shikamaru, die Nabelschnur“, sprach sie leise und blickte sanft zu dem frischgebackenen Vater, der inzwischen aussah, als würde er gleich nach hinten rüber kippen. Trotzdem packte er ein Kunai aus seiner Tasche und durchtrennte mit ihm die Schnur, bevor sein Blick zum ersten Mal völlig verwirrt zu seinem Kind glitt. Dieses wurde in dem Augenblick jemand anderem übergeben, da sich Sakura wieder Temari zuwandte. „Das hast du wunderbar gemacht, Temari. Es ist ein wunderschöner Junge. Aber, nun zur letzte Hürde“, hörte er sie noch sagen, bevor er an der Hand gepackt und hinter dem Vorhang, welcher der Privatsphäre diente, hervor gezerrt wurde. „Kommen Sie. Sie müssen ihr Kind baden“, wurde ihm gesagt, als er auch schon das Neugeborene in die Hände gelegt bekam. Etwas ahnungslos versuchte er so gut wie möglich, sein Köpfchen zu stützen. Er wusste es auch nicht … Irgendwie traf ihn alles Schlag auf Schlag. Vor wenigen Stunden hatte er mit Sakura noch einen kleinen Jungen aus einem zerstörten Dorf gerettet und nun war er Vater. Ohne jegliche Vorbereitung wurde ihm solch eine Verantwortung übergeben. Ganz plötzlich. Auf der einen Seite fühlte er sich schrecklich überrumpelt und auf der anderen beflügelte es ihn regelrecht zu wissen, dass er nun Vater dieses kleinen Geschöpfes war. Vorsichtig ging er mit ihm zu der großen Schüssel, die mit lauwarmen Wasser gefüllt worden war und ließ den kleinen Körper vorsichtig hinein sinken. Während Shikamaru ihn so behutsam wie möglich fest hielt, damit das Köpfchen nicht unter Wasser sank, wusch eine gebrechliche alte Dame dem Baby das Blut und die Schmiere vom Körper. Er war stolz darauf, dass es ein Junge geworden war. Natürlich hätte er sich über ein Mädchen genauso gefreut. Doch wahrscheinlich erwarteten ihn mit einem Sohn weniger Schwierigkeiten, wenn er schon mit einer Frau genug Probleme hatte. Mit zwei wäre er doch vollkommen aufgeschmissen. „Es war einmal … nein. Das ist der falsche Anfang für diese Geschichte. Es liegt schon Ewigkeiten zurück, da existierte in den Fernen des himmlischen Reiches ein guter und gerechter Gott, der den Menschen zu Erden Frieden und Ruhe versprach. Eines schönen Moments verliebte sich der Gott in eine wunderschöne Göttin. Ihr Haar war schöner und fließender als pure Seide und ihre Augen das reinste Farbenspiel, sodass der Gott ihr – kaum hatte er sie erblickt – zu Füßen lag. Sie versprachen sich bis in alle Ewigkeit füreinander da zu sein und sich ebenso lange, wahrhaftig zu lieben. Beide wurden mit zwei wunderbaren Kindern gesegnet, die sie ebenso liebten. Doch das Glück der beiden währte nicht allzu lange. Denn einige Zeit später wurde sowohl sein Sohn, als auch seine Tochter von einem bösen König entführt und gebannt. Der König wollte sich an den beiden Göttern rächen. In seinen Augen hatte der Gott sein Versprechen von Frieden und Ruhe nicht gehalten, da seine Frau vor nicht allzu langer Zeit an einer Krankheit gestorben war. So ließ er alle Tempel niederreißen, die auch nur im entferntesten an die beiden Götter zurück erinnerten, damit sie ihre Macht über die Erde verloren. Daraufhin wurde der Himmel in ein tiefes Schwarz getränkt, dass die Trauer widerspiegelte, die die beiden Götter empfanden. Es verging unvorstellbar viel Zeit und sie wurden immer wütender auf die Menschen. Der Gott sendete seinen Neffen auf die Erde, um nach seinen Kindern zu sehen, denn ihm selbst war es unmöglich den blauen Planeten zu betreten, ohne diesen zu zerstören. Sein Neffe entdeckte, dass sein Sohn zu einem Menschen gemacht worden war und dieser bereits Nachkommen gezeugt hatte. Nachkommen, die über unglaubliche Kräfte verfügten und stärker waren als alles bisher Dagewesene. Da sah der Gott, dass es seinem Sohn gut ging und er ließ ihn sein irdisches Leben weiterführen. Sollte er einmal sterben, würde er zurückkehren und mit seinem Vater zusammen herrschen. Seine Tochter dagegen war in eine Höhle eingesperrt worden. Gefangen in einer goldenen Statue, die mit einem mächtigen Bannsiegel verschlossen worden war. Der Gott wusste, sie würde stärker werden und sich eines Tages selbst befreien, um wieder zu ihnen hinaufzusteigen. Er machte sich keine Sorgen mehr. Und so ließ er die Erde ruhen und malte den Himmel, als ein Zeichen des Friedens, blau. Eine lange Zeit verging und der Sohn verstarb schließlich. Doch sein Geschlecht sollte noch Ewigkeiten genauso machtvoll und stark überdauern. So kehrte er wieder zu seinen Eltern zurück. Diese waren darüber so erfreut, dass sie ihr anderes Kind vergaßen. Niemand erinnerte sich von da an, an das Schicksal der Gottestochter und die goldene Statue geriet mit ihr in Vergessenheit. Aus Mitleid gab Mutter Natur ihr schließlich ein neues Zuhause. Von Ranken geschützt, tief verborgen in einem Steingrab unter der Erde, wo nie ein Lichtstrahl seinen Weg hinfand und wo niemals ein Mensch je suchen würde, lebte sie. Zwar erinnerten sich vereinzelte Greise noch ganz grob an sie und munkelten, ob sie nicht wütend auf die Menschen wäre und ihr glühend heißer Zorn eines Tages die Erde verbrennen würde, doch ist die Geschichte mittlerweile so alt, dass man glaubt, alles sei nur ein Märchen gewesen.“ Wie gebannt hing der kleine Junge, den sie einige Stunden vorher gerettet hatten, an den Lippen von Sakura. Der Kleine hatte nicht wieder einschlafen können und so hatte die Kunoichi sich erbarmt, ihm eine kleine Geschichte zu erzählen. Doch leider hatte es genau das Gegenteil bewirkt, denn er war noch aufgedrehter als bis vor ein paar Minuten. Das begeisterte Funkeln in seinen kindlichen Augen hielt Sakura davon ab, sich einfach hinzulegen und die Augen zu schließen. „Aber, warum sagst du immer nur Gott und Göttin. Haben sie keine Namen bekommen?“, fragte der Junge leise und schob wissbegierig seine Zähnchen nach vorne. Dadurch hatte Sakura einen wunderbaren Blick auf die zwei Zahnlücken, rechts und links. Sie musste ein Lachen unterdrücken. „Doch natürlich haben die beiden Namen gehabt. Doch wer würde mir schon glauben, wenn ich sagen würde, dass der Name des Gottes `Hass´ und der Name der Göttin `Liebe´ war, Akito?“ Verschmitzt legte die junge Frau ihren Zeigefinger an ihre Lippen und zwinkerte. Akito öffnete fasziniert seinen Mund. „Dann … Dann muss ihre Tochter ja ganz schnell befreit werden. Sie müssen sie doch vermissen! Niemals haben die sie vergessen!“ Sakura nickte und strich ihm über die dunkle Haarpracht. Sie dachte an ihre beide Teamkameraden und wie sehr sie die beiden doch vermisste. Die Handlung der Götter war für sie nicht nachvollziehbar. Wenn es um Sasuke und Naruto gegangen wäre, hätte sie wahrscheinlich die Welt zerstört, um sie zu retten. „Natürlich vermisst sie sie. Da bin ich mir ganz sicher“, schmunzelte sie und sah zufrieden dabei zu, wie der kleine Junge vor sich hin gähnte. Vielleicht hatte sie Glück und er würde innerhalb der nächsten zehn Minuten einschlafen. Langsam legte Akito sich wieder nach hinten zurück. "Ich mag dich, Sakura“, nuschelte er und zog die schmutzige Decke ein Stück höher. Ein seichtes Lächeln bildete sich auf Sakuras Gesicht, während sie die Decke richtig um ihn legte, damit er die Nacht nicht fror und ihm kurz über die Schulter strich. Wenige Minuten später war er tatsächlich eingeschlafen, völlig entkräftet von all den Geschehnissen. Seufzend ließ sie sich gegen eine Säule zurückfallen und steckte sich die Haare hinter ihr Ohr zurück. Er war wirklich ein lieber Junge. Aber, sie sah, dass er hinter diesem Lachen auch furchtbar traurig war. Kein Wunder nach diesem tragischen Verlust seiner Familie. Automatisch musste sie an Sasuke denken. Sakura würde nicht zulassen, dass Akito sein Leben auch mit dem Ziel nach Rache verbrachte und eine Mauer um sich herum aufbaute. Sie beschloss, für ihn da zu sein, solange es ihr möglich war. „Du kannst gut mit Kindern umgehen, Sakura.“ Shikamaru hatte sich neben ihr an die Säule gelehnt und starrte stur geradeaus. Er sah schon deutlich besser aus als noch vor ein paar Stunden. Er hatte mehr Farbe im Gesicht und wirkte nicht mehr ganz so zerstreut. „Naja, im Krankenhaus habe ich öfter mit Kindern zu tun. Speziell seit den letzten Monaten. Diese Epidemie ... naja. Akito … also der Junge … hat großes Glück. Er ist noch nicht erkrankt. Ich werde mich um ihn kümmern, solange er mich braucht. Apropos, wo ist dein Sohn?“, fragte sie nebenbei und sah sich nach dem kleinen Baby um. Seitdem sie Temari im Wald gefunden hatte, war sie durchgehend besorgt um die kleine Familie. „Er ist bei Temari, sie schaut ihm beim Schlafen zu. Er soll im übrigen Shikadai heißen“, erzählte Shikamaru und blickte gleich darauf überrascht zu seiner Kameradin, welche leise vor sich hin gluckste. Sie amüsierte sich offenbar über die Ähnlichkeit zu seinem Namen. „Wirklich süß, passt perfekt, Shika“, grinste sie und stieß seine Schulter spielerisch mit ihrer an. Der Shinobi lachte leise, sah aus dem Augenwinkel hinüber zu dem Vorhang, hinter welchem seine kleine, persönliche Familie unter einer großen Decke lag. Er würde die beiden bis in alle Ewigkeit beschützen. Das schwor er sich. „Hilfe, schnell! Er stirbt!", schallte es am nächsten Abend laut durch das überfüllte Lazarett. Augenblicklich riss Sakura ihre müden Augen auf, die sie nur für einen kurzen Moment der Entspannung geschlossen hatte, und saß aufrecht. Zwei junge Männer schleppten einen anderen heran und legten ihn auf eine verstaubte Steinfläche. Als die Iryonin bei ihnen angelangt war, musste sie erst einmal schlucken. An seiner linken Schulter befand sich ein drei-finger-breites, klaffendes Loch und ein Schwall Blut bedeckte nach und nach die Steinfläche. Vermutlich stammte die Wunde von einem Schwert. Die Hand in das zerschlissene Oberteil, nahe des Herzens gekrallt, entrann seiner Kehle ein schmerzvolles Keuchen. Zwar war er noch nicht gänzlich in die Bewusstlosigkeit abgedriftet, doch huschten seine Pupillen immer wieder von einer Stelle zur anderen. Vermutlich war es der Schock. "Was ist passiert?“, fragte Sakura fachmännisch, während sie anfing grünes Chakra um ihre Hand fließen zu lassen. Sie hatte nur noch wenig übrig, doch sie schwor sich, dass ihr an diesem Tag niemand unter den Händen wegsterben würde. „Irgend so ein Idiot hat ihn hinterrücks mit einem Schwert erstochen“, murmelte einer der beiden, die mit dem Verletzten gekommen waren. Wissend, dass Shikamaru am nächsten Morgen aufbrechen wollte und sie eigentlich die Pflicht hatte, gesund zu bleiben, setzte sie die Behandlung trotz der Konsequenzen fort. Vorsichtig platzierte sie ihre Hand an der betroffenen Stelle und versuchte die Blutung zu stillen, indem sie langsam anfing die verletzten Gefäße nach und nach zu schließen. Nebenbei auf ihre Hand schielend bemerkte sie allerdings, dass sie anfing zu zittern und ihr Chakra immer blasser wurde. Sie würde zu einer anderen Methode greifen müssen. Diese würden allerdings nicht versprechen, dass er seinen Arm sorglos so benutzen konnte wie zuvor, da genau an diesem Punkt alle Nerven entsprangen, die Arm und Hand versorgten. Anhand des vielen Blutes schloss sie, dass eine der beiden großen Arterien, welche an diese Stelle grenzten, beschädigt worden sein musste. Ihr stand zwar schon der Schweiß auf der Stirn, doch ließ sie es sich nicht nehmen, die Blutung mithilfe ihres Chakras zu stillen. Nachdem dies abgeschlossen war, unterbrach sie die das Heilen mithilfe von Chakra. Zum Glück trug sie immer eine süßlich riechende, antiseptische Kräuterpaste mit einer scharfen Note bei sich, die sie im Falle eines Falles auf eine Fleischwunde auftragen konnte, welche in Gefahr lief zu entzünden. Immerhin heilten Wunden besser, wenn sie feucht waren. „Das sollte genügen.“ Zum Schluss verband sie die Wunde noch möglichste sauber und betrachtete schließlich ihr Werk. Ihr Patient war mittlerweile eingeschlafen. War wahrscheinlich auch besser so. „Ich danke Ihnen, dass Sie meinem Bruder geholfen haben“, sprach einer der Männer sie plötzlich an und verbeugte sich tief vor ihr ,“Wie kann ich mich nur erkenntlich zeigen?“ Sakura schmunzelte, fasste ihn an den Schultern, damit er sich wieder in die Aufrechte begab. „Sie müssen sich nicht erkenntlich zeigen. Das ist mein Job. Doch wenn er Probleme mit seinem Arm haben sollte, bringen Sie ihn bitte nach Konoha und sagen Sie, Sakura hätte Sie geschickt. Ich werde mich dann um alles weitere kümmern“, erklärte sie und lächelte ihm zu, ehe sie ihm den Rücken zukehrte. Sie brauchte ganz dringend Schlaf. „Auf Wiedersehen, Sakura-san. Ich danke dem Schicksal, dass es Sie zu uns geführt hat. Sie und dieses wundervolle Kind, welches vielen von uns wieder Hoffnung gegeben hat. Es war schön, eine Zeit lang auf Ihre Unterstützung zählen zu können. Mögen Sie noch lange leben“, verabschiedete sie ein alter Herr am nächsten Morgen von ihr und schüttelte ihr dankend die Hände. Beim Lächeln zogen sich seine schlaffen Wangen ein wenig träge nach oben und schlugen leichte Falten. Seine grauen Finger strichen leicht über Shikadais Wange. „Und mögest du der Funken zu einer friedlichen Zukunft sein.“ Noch einmal schüttelte Sakura seine Hand und ging schließlich zusammen mit Shikamaru, Temari, deren Sohn und Akito davon. Es war beinahe ein idyllisches Bild, würde man von dem Leid im Hintergrund absehen. Während Shikamaru vorne alles absicherte, lief die Medic-nin ganz hinten, bereit Temari und die Kinder jederzeit zu verteidigen. Sie freute sich auf ihr Zuhause, ihr warmes und weiches Bett und ihre Freunde, die sie wie jedes Mal mit einem herzlichen Lächeln empfangen würden. Wenn meistens auch erst ein- zwei Tage nach ihrer tatsächlichen Ankunft. Doch, die beiden, die sie über alles liebte, würden nicht dabei sein. Diese Gewissheit stach in ihrem Herzen. Sakura hatte so viel trainiert, so viel auf sich genommen, war reifer und stärker geworden, hatte einen riesigen Schritt auf ihrem Erfolgsweg gemacht … Und doch konnte sie all dies nicht mit Naruto und Sasuke teilen. Dabei waren die beiden mit die wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Die einzigen, deren Meinungen tatsächlich zählten. Diejenigen, für die sie all das erst auf sich genommen hatte. Sie vermisste ihre beiden Teamkameraden furchtbar. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Genauso, wie ihre Gefühle, ihre Liebe zu den beiden von Tag zu Tag stärker wurde. Ihr war bewusst, dass es falsch war, für beide Gefühle zu hegen, die über Freundschaft hinaus gingen. Doch es war ihr unmöglich etwas dagegen zu tun. Sakura hatte geglaubt ihre Gefühle würden mit der Zeit ersticken, doch dem war nicht so. Sie lebten immer wieder aufs Neue auf, nahmen wieder ab, wogen auf und flossen durch sie hindurch wie heiße, unbändige Lava. Es glich einer Qual dieser immensen Welle an Gefühle ausgesetzt zu sein und sie nicht nach außen dringen lassen zu können. Denn die beiden, denen ihre Liebe gehörte, waren nicht in ihrer Reichweite. Und es lag nicht in ihrer Möglichkeit für das Gegenteil zu sorgen. Das Glück der beiden hatte nämlich eine der obersten Prioritäten für sie eingenommen. Auch, wenn sie wusste, dass sie kein Teil davon war. Von ihrem Glück. Sasuke war das Dunkel, die Nacht ohne Sterne und Naruto das Licht, der unbewölkte Sommertag. Zusammen ergänzten sie sich perfekt. Beide waren starke, unabhängige Ninja, die zusammen viele Höhen und Tiefen durchgestanden haben. Ohne sie. Die beiden waren Freunde, Brüder. Da hatte sie keinen Platz. Auch, wenn viele behaupteten, das Team wäre ohne sie unvollständig, wusste sie es besser. In einem Duo benötigte man kein drittes Mitglied. Sie war zwar immer da gewesen, bei ihnen, doch war ihr klar, dass sie nur ein Platzhalter war, eine Buchstütze, die man ab und zu aus der hintersten Ecke hervor holen konnte, um eines der Bücher wieder in die Aufrechte zu bringen, falls das zweite fehlte. Aber, sie nahm diese Rolle gerne ein. Für Sasuke, für Naruto. Für die Freundschaft, die Liebe, für das Leben der beiden. „Ich brauche eine Pause und Shikadai hat anscheinend Hunger“, meinte Temari nach guten zwei Stunden, als sie eine kleine Lichtung erreichten. Zwar würde es nicht mehr allzu lange dauern bis sie Konoha erreichten, doch war auch Sakura der Meinung, dass sie sich diese kleine Pause gönnen konnten. Immerhin war auch sie nicht gerade in bester Verfassung, was ihre Energie anbelangte. Es war ein schwieriges mit einem Kind, einem schreienden Baby und einer angeschlagenen Iryonin durch den Wald zu reisen. Als leichtes Angriffsziel waren sie ständig auf der Hut und versuchten möglichst jeder Begegnung mit einem potenziellen Ninja aus dem Weg zu gehen. „So wie er riecht braucht er anscheinend auch eine neue Windel“, lachte Akito und zeigte schadenfroh zu der frischgebackenen Mutter. Shikamaru seufzte und gab nach. „Na, schön. Aber, nur eine Viertelstunde. Wir sollten möglichst schnell in Konoha ankommen. Ich habe Tsunade gestern einen Brief zukommen lassen, indem ich unsere Situation genau beschreibe und uns gegen Mittag ankündige. Die Wachen am Tor sind auch schon informiert, nehme ich an“, erklärte er und sah dabei zu wie Akito sich gleich ins Gras fallen ließ. Temari wollte gerade ein kleines Deckchen vor sich ausbreiten, welches sie aus dem Lazarett mitgenommen hatte, als Sakura sie aufhielt. „Lass mich das machen, Temari. Du bist doch völlig erschöpft“, meinte sie lächelnd und kniete sich zu der blonden Kunoichi. „Sieh dich doch mal selbst an, Sakura. Du hast diese Pause nötiger als ich. Iss was, trink was, ruh dich ein wenig aus. Dann kannst du Shikadai gerne mal für eine Zeit lang tragen, damit ich meine Arme ein wenig entspannen kann“, lachte Temari und machte sich daran ihren Sohn zu versorgen. Währenddessen beherzigte Sakura ihren Ratschlag und nahm ein wenig etwas zu sich. Sie hatte diese kurze Rast wirklich nötig. Jetzt, wo sie das Bild der kleinen Familie so vor sich hatte, musste sie unweigerlich an ihre eigene Zukunft denken. Als kleines Mädchen hatte sie sich immer erträumt irgendwann einmal Sasuke zu heiraten und mit ihm viele, süße Kinder zu bekommen. Und nun hatte sie eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Erwachsener, reifer, realistischer. Sie würde es nicht erzwingen können, aber vielleicht würde sie irgendwann jemand genug lieben, um mit ihr eine ernsthafte Beziehung einzugehen. An alles andere wollte sie noch gar nicht denken, sondern es einfach auf sich zukommen lassen. Schließlich ließ sich die Zukunft nicht bis ins kleinste Detail planen. „Wunderbar, ihr seid zurückgekehrt. Schön euch zu sehen. Vor allem dich und euer Kind, Temari. Ihr seid herzlich willkommen. Auch dich begrüße ich in Konoha, Akito. Mein Name ist Kakashi, ich bin der derzeitige Hokage von Konohagakure. Ich habe gehört Sakura hat sich deiner angenommen. Sie wird dich vorerst in ihre Obhut nehmen. Jedenfalls solange bis wir eine andere Lösung für dich gefunden haben. Wie ist die Mission denn gelaufen?“, lächelte Kakashi, Sakuras ehemaliger Sensei, als er die fünf in seinem Büro in Empfang nahm. Ein seichtes Lächeln zeichnete sich unter seiner Maske ab. Genau wie in alten Zeiten. „Die Mission ist fehlgeschlagen. Den genauen Bericht lasse ich Euch heute Abend zukommen, Hokage-sama“, sprach Shikamaru ohne zu viele Informationen preiszugeben und verbeugte sich. Kakashis Gesicht verzog sich minimal. Er hatte einen anderen Ausgang erwartet. „Na gut, dann sehe ich dich nachher, Shikamaru. Ihr seid entlassen“, sprach der Hokage und sah dabei zu wie sie sein Büro verließen. Akitos Hand lag dabei die gesamte Zeit über in Sakuras. Sie schien so etwas wie sein Licht in der Dunkelheit zu sein. Er hielt sich alleine an sie. Kakashi hoffte nur, dass Sakura wusste, was sie tat. „Ich bin wieder da“, sagte Sakura leise und setzte sich an das Bett ihrer erkrankten Mutter, die sie mit einem schmalen Lächeln anblickte. Die Quarantäne, in der sie sich befand, war voller infizierter, leidender Menschen. Menschen mit Freunden, Familien und Leuten, die sie vermissen würden. Zu ihrem bedauern war ihre Mutter eine davon. Eine von diesen seltenen Fällen, in denen normale Personen infiziert wurden. Sakura bedauerte es, doch sie vertraute darauf, dass es eine Heilung gab. Immerhin arbeitete sie zusammen mit den besten Medizinern daran. Und sie würde nicht eher ruhen, bis sie ein geeignetes Mittel gefunden hatte. „Sakura, Kind. Wie schön“, seufzte Mebuki Haruno und ließ ihre Hand mehrmals über den Kopf ihrer Tochter fahren. Die junge Kunoichi schmunzelte daraufhin und nahm ein mit Wasser getränktes Tuch, um ihr den Schweiß von der Stirn zu wischen. Es tat ihr in der Seele weh, ihre Mutter in solch einem elendigen Zustand erblicken zu müssen. Sie wünschte nur, ihr Vater wäre bei ihnen, um sie in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Doch leider war er vor einiger Zeit bei einem Überfall feindlicher Ninja gestorben. Bei dem Versuch eine junge Frau zu retten, wurde er hinterrücks erstochen. Er war gestorben wie ein Held. „Du bist so schön wie immer“, lächelte Mebuki, völlig entkräftet von den ganzen Medikamenten, mit denen man versuchte der Krankheit Einhalt zu gebieten. Sakura wollte gerade etwas erwidert haben, als eine Stimme neben ihr, ihr zuvor kam. „Da hat sie recht.“ Die Medic-nin drehte sich zur Seite und blickte in Yamatos vertraute Augen, die sie durch die verkrusteten Lider anzublicken versuchten. Auch er war von der Krankheit betroffen. Zwar war er nur für eine Zeit lang der Anführer ihres Teams gewesen, doch gehörte er für sie genauso dazu wie Sasuke, Naruto oder Kakashi. „Du bist wach“, lachte Sakura und legte eine ihrer Hände auf seine. Er sah wirklich schlimm aus. Genauso schlimm, wie alle anderen an diesem Ort. Sein kurzes Haar klebte ihm nur noch am Kopf und seine sonst so schwarzen Augen hatten nur noch einen matten Effekt. Obwohl Yamato nie wirklich viele Gefühle von sich preisgab, konnte Sakura ihm ansehen, dass ihn das Ganze, die Krankheit und das Leiden seiner Mitmenschen, mitnahm. Er wirkte so unendlich müde. Sie wünschte nur, sie hätte endlich das Heilmittel für diese furchtbare Krankheit. „Schließlich muss ich ja wissen, wie es sich mit den Jungs unter einem Dach lebt. Kommst du denn mit ihnen klar?“, lachte er leise und fing einen Augenblick daraufhin zu husten an. Dabei klopfte Sakura ihm ein paar mal auf den Rücken, um ihm beim Abhusten zu helfen. „Was meinst du damit?“, fragte sie verwirrt und hörte ihre Mutter daraufhin leise kichern. „Ich wusste, dass Hokage-sama es sich nicht traut, dir ins Gesicht zu sagen, dass deine beiden Teamkameraden wieder zurück im Dorf sind und er sie bei uns untergebracht hat“, erklärte ihr Mutter noch immer gedämpft in sich hinein lachend. Dabei ahnte sie jedoch nicht, wie schwer diese Worte für ihre Tochter wogen. Sie lösten bei ihr ein unbeschreibliches Gefühl von Freude und Angst aus. Die Gedanken rasten nur so in ihrem Kopf. Hin und her, auf und ab, kreuz und quer. So viele Gegensätze mit einem einzigen Mal. Auf der einen Seite fühlte sie sich wahnsinnig beflügelt, aber auf der anderen Seite so schwer, dass sie glaubte zu Boden gerissen zu werden. Ihr größter Wunsch, Narutos und Sasukes Heimkehr, sollte sich nun endlich und ganz ohne ihr Zutun, erfüllt haben? Die Tränen zurückhaltend, legte sie den Kopf in den Nacken und atmete durch. „Mum, ich … ich muss gehen.“ Sie redete so schnell, dass sich ihre Zunge beim Reden beinahe überschlug. „Ist okay, mein Schatz. Ich bin sicher, wir sehen uns heute Abend oder spätestens morgen wieder.“ Es war unglaublich welches Verständnis ihre Mutter für sie aufbrachte. Sie war ihr so dankbar. „Hab dich lieb“, meinte Sakura liebevoll und drückte ihr schnell noch einen Kuss auf die Stirn, bevor sie verschwand. Yamatos amüsiertes Lachen hörte sie nur noch dumpf. Zögernd schob Sakura ihren Schlüssel in das Haustürschloss und drehte ihn langsam, mit zitternder Hand um. Sie fürchtete sich vor dem, was sie drinnen erwarten könnte. Wenn es nun ein Irrtum war und weder Sasuke, noch Naruto dort drinnen auf sie warteten? Oder noch schlimmer? Was wäre, wenn sie wirklich dort drinnen waren? Tief einatmend legte Sakura ihren Kopf in den Nacken und schlug sich ein paar mal sanft auf die Wange. Sie würde das schon schaffen. Vorsichtig öffnete sie die Tür, setzte erst einen und dann den anderen Fuß über die Schwelle. Bangend, was sie erwarten würde. „Hallo?, rief sie nicht ganz so laut wie sie es beabsichtigt hatte, während sie ihren Rucksack neben die Garderobe stellte. Suchend sah sie sich um. „Ähm, hallo?“, rief sie nun etwas lauter und hörte augenblicklich etwas rumpeln. Sie atmete ein, hielt die Luft an, blieb stocksteif stehen. Das Blut in ihren Adern gefror, als die Geräusche lauter wurden. Zitternd schloss sie die Tür hinter sich und warf einen Blick zur der Treppe am Ende des Flures. Als sie zwei Füße, bekleidet mit orange-blau gestreiften Socken sah, schnappte sie nach Luft und versuchte gegen den plötzlichen Schwindel anzukämpfen. Die Kunoichi war so ängstlich, so gespannt, dass ihr zusätzlich auch noch übel wurde. Wahrlich, ihr Magen krampfte sich so schmerzhaft zusammen, dass sie fürchtete, sie müsse sich übergeben. Als der quirlige Blondschopf, den sie all die Zeit über so sehnsüchtig vermisst hatte, in ihr Blickfeld trat, war sie schon im ersten Augenblick vollkommen gefangen. Es fühlte sich an wie ein Traum. Ein wunderschöner, aber sehr unrealistischer Traum. Doch als dann auch noch Sasuke, der Mann, den sie seit ihrer Kindheit über all die Jahre bis hier hin, hinweg geliebt hatte, in ihr Sichtfeld trat, musste sie mit den Tränen kämpfen. Die beiden Männer nach all der Zeit wiederzusehen, brachte ihr Herz zum Rasen. Sie brachte gerade eben noch so ein müdes Lächeln über die Lippen, als sich ihr Blickfeld auch schon schwärzte und sie nach hinten rüber kippte. Die Anstrengung der letzten Tage forderte ihren Tribut. Kapitel 3: Aufprall ------------------- Sakura befand sich noch im Halbschlaf, als sie von hellen Sonnenstrahlen geweckt wurde, die durch ihre weißen Vorhänge brachen. Es war seltsam. Sie registrierte sofort, dass etwas nicht stimmte. Normalerweise ließ sie ihre Jalousien jeden Abend vor dem Zubettgehen komplett hinunter. Es war einfach viel angenehmer in einem komplett abgedunkelten Zimmer zu schlafen. Doch an diesem Morgen waren sie nur zur Hälfte hinunter gelassen. Plötzlich überfiel sie ein zwickendes, unangenehmes Gefühl auf der Haut. Zögernd öffnete sie die Augen und stieß angesichts der Helligkeit ein genervtes Stöhnen aus. Ruckartig schlug sie die Bettdecke beiseite und stellte fest, dass sie noch immer ihre verschwitzte Kleidung von gestern trug. Wahrscheinlich war sie nach dieser kräftezehrenden Mission zu nichts mehr in der Lage gewesen. „Ich muss ganz dringend duschen“, murmelte sie zu sich selbst und schälte sich aus der Bettwäsche. Wenigstens standen ihre pinken Pantoffeln noch dort, wo sie immer standen. Immerhin etwas. Sie bemühte sich zu ihrem Kleiderschrank und nahm sich ein paar gemütliche Sachen heraus, bevor sie schnell ins angrenzende Bad huschte, um sich zu duschen und frisch zu machen. Als sie schließlich wieder halbwegs ordentlich aussehend, die Haare gekämmt und den Morgenatem beseitigt hatte überkam sie das Verlangen nach einem ordentlichen Frühstück. Was anderes als zur Bäckerei zu gehen würde ihr wohl nicht übrig bleiben. Der Kühlschrank würde ihr nur gähnende Leere bieten. Doch als sie in den Flur tapste und leise Stimmen aus dem unteren Stockwerk hörte, traf sie der Schlag. Sie hatte tatsächlich verdrängt, dass sie nicht mehr alleine war. Wie vom Donner gerührt blieb sie stehen. Naruto und Sasuke waren tatsächlich zurück. Die Reise war beendet, sie waren wieder in Konoha, bei ihr, in ihrem Haus, ganz in der Nähe. Sie musste sich einmal in die Wange kneifen, um sich bewusst zu machen, dass sie wirklich wach war. Einmal, zweimal tief durchatmen ... Diese Begegnung war so lange von ihr herbeigesehnt worden. Und nun sollte es wirklich soweit sein. Langsam trat sie die Treppe nach unten, bemüht keinen Laut zu machen. Jede Stelle, von der sie wusste, dass sie knarzen würde, ließ sie aus. Sie war so aufgeregt. Sakura tapste leise zur Küche, aus welcher das Gemurmel – nun um einiges verständlicher – zu hören war. Sie blieb vor der angelehnten Tür stehen, hielt einen Moment inne, als sie das Gekicher von Naruto hörte. „Du kannst ruhig rein kommen, Sakura“, lachte er. Die Kunoichi zuckte so stark zusammen, dass ihr Ellenbogen gegen den Türrahmen stieß. Begriffsstutzig blieb sie erst einen Moment stehen, bevor sie die Tür nun ganz öffnete und sie zwei ganz anderen Männern gegenüberstand als erwartet. Die darauffolgende Stille im Raum war beinahe unheimlich. Blicke wurden ausgetauscht - kurze, lange. Man ließ Musterungen über sich ergehen, versuchte Linien und Schlüsse zu ziehen, den anderen nicht zu auffällig anzusehen. Zum ersten Mal seitdem ihre beiden Teamkameraden sie verlassen hatte, wurde ihr klar, wie dumm sie doch gewesen war, zu glauben, Sasuke und Naruto würden bei ihrer Rückkehr noch immer die Gleichen sein. Das komplette Gegenteil war eingetroffen. Narutos Haare waren kürzer, sein Hautton war dunkler, er war größer geworden und hatte mehr an Muskelmasse zugelegt. Doch seine Augen waren noch immer dieselben. Dasselbe vertraute Blau, die gewohnte Tiefe und das leuchtende Strahlen. Unwillkürlich musste sie lächeln. Wie gut er doch aussah. Die Frauen im Dorf würden sich sicherlich um ihn reißen. Sasukes Haare dagegen waren länger, beinahe schulterlang. Einige Strähnen verdeckten sein linkes Auge. Auch seine Haut war dunkler und die Muskeln ausgeprägter. Und die Augen waren im Gegensatz zu Narutos nicht dieselben geblieben. Sie hatten sich verändert. Zu sehr, um ihr ein vertrautes Gefühl zu geben. Doch die neugewonnene Wärme in ihnen machte sie ungemein Stolz. Es hatte sich einiges geändert. „Willkommen zurück“, sagte sie leise, behielt ein liebevolles Lächeln auf den Lippen. Die leise Stimme in ihren Kopf ignorierend, setzte sie sich zu den beiden an den gedeckten Tisch. Kurz ein paar Blicke mit den anderen beide ausgetauscht, griff Sakura schließlich nach den lecker duftenden Brötchen in der Mitte. Zugegeben war es ihr etwas unangenehm beim Frühstücken so von den beiden gemustert zu werden, doch beließ sie es dabei. „Also, erzähl mal. Wie waren die letzten Jahre so?“, sprach Naruto sie nach ein paar Minuten des Schweigens an. Sakura blieb das Stück Brötchen im Hals hängen. Sie fing an zu husten und klopfte sich hektisch auf die Brust. Erst als der blonde Shinobi ihr einen leichten Schlag auf den Rücken verpasste, rutschte es wieder in ihren Mund. Ihr war von vornherein klar gewesen, dass sie das Thema auf Dauer nicht hätte vermeiden können, doch warum musste er es so schnell zur Sprache bringen? „Ähm, gut“, log sie, als sie wieder vernünftig zu Atem kam. „Bin ein bisschen hier in der Weltgeschichte herum gesprungen. Habe dies gemacht, das gemacht.“ Den skeptischen Blicken der beiden wich sie bewusst aus. „Und ihr? Wie war eure Reise?“, murmelte sie, versuchte einen neutralen Unterton beizubehalten. „Öhm, aufschlussreich und … aufregend. Ja.“ Damit war das Thema wohl beendet. Es war nicht zu leugnen, dass sie es nötig hatten, zu reden. Gesprächsstoff existierte immerhin genug. Jedoch fühlte es sich so an – zumindest für Sakura – als säße sie Fremden gegenüber. All die Jahre der Trennung hatten eine Mauer zwischen sie gezogen. Dabei waren sie ein Team, Freunde gewesen. Und nun waren sie schon fast erwachsen. Wenigstens eine Sache hätte existieren sollen, über die sie reden konnten. Doch nichts dergleichen. Nur Stille und Sakuras leise Kaugeräusche. „Was ist nur mit uns passiert, dass wir es nicht einmal mehr schaffen, miteinander zu reden?“, versuchte Naruto mit leichtem Schalk in der Stimme, die Laune zu heben, obwohl ihm nicht wirklich zum Lachen zumute war. Er hätte nie angenommen, dass das Zusammentreffen von ihnen Dreien so ausfallen würde. So kühl. Beinahe herzlos. Er schluckte, sah unsicher zwischen den beiden anderen her. Sasuke hatte seine Augen geschlossen, die Hände unter seinem Kinn gefaltet und Sakura starrte nur regungslos auf ihr halb aufgegessenes Brötchen. Es würde schwieriger werden als gedacht, sie drei wieder vertraut miteinander werden zu lassen. „Leute, jetzt hört doch auf! Früher ist es doch auch nicht so gewesen. Wir waren doch Freunde.“ Sasuke verzog minimal seinen Mund, Sakura zuckte zusammen. Vielleicht war es doch ein Fehler von Kakashi gewesen, die beiden Männer bei ihr unterzubringen. Seine Absichten dahinter waren immerhin mehr als offensichtlich gewesen. Er wollte seine Schützlinge wieder zu einem Team machen. „Du sagst es, Naruto. Wir waren Freunde. Jetzt sind wir nur noch Leute, die sich mal gekannt haben.“ Sasukes Worte glichen einem tonnenschweren Stein, der von oben auf sie nieder knallte. Die Endgültigkeit dieser Worte war unvergleichlich hart. Sakuras Finger krallten sich in das Brötchen. Auch Naruto musste hart schlucken. Hatten sie beide sich auf der Reise die meiste Zeit über doch relativ gut verstanden. Zwischen den gängigen Neckereien schien es doch immer wieder Momente zu geben, in denen die Freundschaft zwischen ihnen fast greifbar gewesen war. „Dann weiß ich ja jetzt, was du von uns denkst“, hörte er Sakuras dünne Stimme wispern. Es brach ihm das Herz. Sie stemmte sich mit ihren zitternden Armen vom Tisch hoch, legte den Kopf in den Nacken. Sie griff sich die Teller, das Essen und fing vorzeitig an, abzuräumen. Nur, um einen Grund zu haben, sich von den beiden abzuwenden. Als sie an der Spüle stand, musste sie erstmal für ein paar Sekunden durchatmen, bevor sie zu etwas anderem fähig war. Es hatte sie ungemein verletzt, was Sasuke da von sich geben hatte. Insgeheim hatte sie doch auf einen Neuanfang gehofft. Wenn man Menschen über Jahre hinweg liebte, trafen einen solche Worte. "Sakura, hör mal. Ich bin sicher, dass Sasuke ...-“, fing Naruto mit seinem kläglichen Versuch an, sie aufzumuntern, als er von dem Klingeln der Haustür unterbrochen wurde. Egal, wer es auch sein mochte, Sakura war ihm dankbar. Schnell legte sie alles aus der Hand und stürmte schon zur Tür. Ein paar leichte Klopfer auf die Wange und schon fühlte sie sich ein wenig frischer. Sie öffnete die Tür. „Akito!“, rief sie freudig aus, als sie den kleinen Jungen vor sich sah. Er lächelte sie leicht an, versuchte sich nicht ansehen zu lassen, dass er sich unwohl fühlte in der neuen Umgebung, mit so vielen unbekannten Menschen. „Er hat sich vorbildlich benommen“, sagte Temari und legte ihm friedlich die Hand auf den Kopf. „Danke, dass du dich um ihn gekümmert hast, obwohl du und Shikamaru momentan sicherlich viel mit Shikadai zu tun habt. ... Apropos ... ähm … Was hat Tsunade denn gesagt?“ Die Schuld war Sakura im Gesicht abzulesen, während sie ihren Finger sanft über die gerötete Wange des Babys in Temaris Armen gleiten ließ. Doch sie hatte die Auszeit gebraucht, um erstmal alles zu regeln. Hauptsächlich waren es ihre Gefühle gewesen, die sie hatte sortieren müssen. Das hatte zwar nicht so wirklich gut geklappt, aber größtenteils war alles wieder geordnet. Doch nur ein Seitenblick zur Küchentür genügte, um sich wieder hilflos zu fühlen. „Schon gut, wir haben es gerne gemacht. Vor allem, nachdem du so viel für uns getan hast. Speziell in den letzten Tagen.“, schmunzelte Temari ,“Tsunade meinte, dass es nichts auszusetzen gäbe. Er ist ein gesundes Kind und ich soll zu ihr kommen, sobald es Schwierigkeiten gibt. Außerdem habe ich die Order, mich zu schonen. Von wegen. Mir geht es hervorragend, also kann ich auch was tun. Obwohl ich ab und zu schon merke, dass ich in den letzten Monaten kaum trainiert habe. Ich werde das Dasein als Kunoichi wohl weitestgehend an den Nagel hängen und nur noch harmlose Missionen annehmen, die nicht allzu lange dauern. Meine Familie geht erstmal vor. Aber, zurück zu dir. Ist alles okay? Ich hab´s schon gehört. Die Sache mit Naruto und Sasuke. Das hat Kakashi ja ganz schön hinterhältig eingefädelt.“ Beim Reden hatte sie ihr Stimme wieder ein wenig gesenkt und war schließlich ins Flüstern übergegangen. Sakura seufzte, strich sich durchs Haar. Ob alles okay war? Sie hätte am liebsten aufgelacht. Es war ein Ding der Unmöglichkeit diese Frage zu beantworten. „Ich weiß es nicht“, murmelte die Medic-Nin, verschränkte ihre Arme, als wäre ihr kalt. Auf der einen Seite war sie unglaublich froh ihre beiden Männer wieder bei sich zu wissen, aber auf der anderen Seite, wusste sie nicht wohin mit sich und ihren Empfindungen. „Temari?“, hörte sie Narutos Stimme hinter sich und zuckte vor Schreck zusammen. Sie musste sich definitiv daran gewöhnen, dass sie nicht mehr alleine war. Ihre Hand rutschte vom Türrahmen, als sie einen Schritt beiseite trat, damit sich die beiden vernünftig ansehen konnten. „Naruto“, schmunzelte die frischgebackene Mutter, streckte dem Blondschopf freundlich die Hand entgegen. Kaum hatte Naruto diese ergriffen, wurde auch schon das Baby in ihren Armen begutachtet. „Ist … ist das deines?", stotterte der Blondschopf ungläubig und sah immer wieder zwischen Temari und dem Baby hin und her. „Hat Sakura denn noch nichts erzählt?“ „Ich kam noch nicht dazu“, murmelte die Kunoichi, biss sich verlegen auf die Unterlippe. „Na, dann. Also, das hier ist Shikadai“, Temari nahm liebevoll die Hand ihres Sohnes und hielt sie Naruto entgegen ,“Er ist mein und Shikamarus Sohn. Ich bin vor ein paar Tagen auf ihn und Sakura getroffen, nachdem man Kankuro und mich angegriffen hatte.“ Naruto ergriff mit zwei Fingern die kleine Hand und schüttelte sie leicht. Er schien ganz fasziniert von dem süßen Wesen. „Das ist ja echt krass. Ich wusste gar nicht, dass Shikamaru so ein Schwerenöter ist. Wo hast du Kankuro denn gelassen?“, fragte er ahnungslos. Wäre da kein großer Kloß in Sakuras Hals gewesen, hätte sie zischend die Luft eingezogen. Sie sah, wie sich Temaris Blick automatisch gen Boden senkte und sie Shikadai dichter an ihren Körper presste. „Er hat den Angriff nicht überlebt“, wisperte die Blondine und blickte schmerzlich zu Naruto. Zwar war die Beziehung nicht die Allerbeste gewesen, aber von Freundschaft hatte man zwischen ihm und Kankuro dennoch irgendwie reden können. Sakura konnte ihm ansehen, dass es ihn mitnahm. „Das tut mir echt leid. Und was macht Shikamaru? Geht es wenigstens ihm gut?“ „Ja, er ist wohlauf, aber Kakashi wollte ihn noch einmal sehen, weil der Missionsbericht anscheinend Fragen aufge...-“ Temari wurde augenblicklich unterbrochen, als Shikadai begann quengelige Laute von sich zu geben, die schlussendlich in lautstarkem Weinen endeten. Er zappelte und hickste ab und zu zwischen dem Schreien. „Wahrscheinlich hat er Hunger oder er ist müde. Oder beides“, schmunzelte die Kunoichi und versuchte ihren Sohn mit dem babyblauen Schnuller um seinen Hals zu beruhigen, den er jedoch gleich darauf wieder ausspuckte. „Ich gehe dann mal. Macht es gut. Und tut nichts, was ich nicht auch tun würde“, lachte sie, zwinkerte und machte sich schließlich auf den Weg, ohne nochmal einen Blick zurückzuwerfen. Sakura lehnte sich gedankenverloren in den Türrahmen. Sie hatte die Tränen in ihren Augen sehr wohl gesehen. Auch, wenn sie versucht hatte es zu verstecken. Seufzend schloss sie die Tür und spürte plötzlich wie eine kleine Hand die ihre ergriff. Staunend sah sie zu Akito herunter, welcher sie aus großen Augen anstarrte. Sie begann leicht zu lächeln. „Keine Angst. Hier wird die niemand etwas zuleide tun“, meinte sie mit freundlicher Stimme und kehrte gemeinsam mit ihm und Naruto zu Sasuke in die Küche zurück. Dieser sah erstaunt auf, als er den kleinen Jungen vor sich stehen sah. Um genauer zu sei, schien keiner der beiden sonderlich erfreut, dem anderen zu begegnen. Kaum hatte Sasukes Blick Akito nämlich getroffen, versteckte dieser sich auch schon hinter Sakuras Beinen und sah ängstlich zu dem Schwarzhaarigen herüber. „Hab keine Angst. Der tut dir nichts. Er ist zwar ein bisschen still, aber sonst eigentlich ganz in Ordnung“, witzelte Sakura ein bisschen und wuschelte dem Waisen ein wenig durch die Haare. Wenn sie nur daran dachte, was ihm noch bevor stand, wurde ihr ganz schwer ums Herz. Ihr war bewusst, dass er nicht ewig bei ihr bleiben konnte. Sie war nur sehr unregelmäßig Zuhause und konnte ihm nicht viel bieten. Sobald die Epidemie in der Welt überwunden war, würde er zu einer hoffentlich liebevollen Familie gebracht werden, die sich auch richtig um ihn kümmern konnte. Man hatte ihn wahrscheinlich nur bei ihr gelassen, weil sie nun so was wie seine einzige Bezugsperson war. „Ist das dein Kind?“, hörte sie nun Sasukes tiefe Stimme fragen und sah deshalb überrascht auf. „Ähm … nein. Das ist Akito. Er ist mir auf meiner Mission begegnet und braucht mich gerade. Deswegen … ja. Ich werde euch gleich alles erzählen.“ Es erschien ihr nicht als richtig vor Akito über seine vermutlich tote Familie zu reden. Deshalb verstummt sie. „Komm, ich zeige dir erstmal dein Zimmer. In Ordnung?“ Zögerlich ergriff sie die Hand des Jungen und ging mit ihm die Treppe hinauf. Sakura hoffte, dass sich Naruto und Sasuke das Gästezimmer teilen würden, damit Akito im Schlafzimmer ihrer Mutter ein eigenes bekam. Es widerstrebte ihr zwar, ihn alleine zu lassen, aber er sollte sich auch nicht eingeschränkt fühlen. „Morgen werde ich mal sehen, wie ich ein wenig Spielzeug für dich auftreiben kann. Du sollst dich hier ja nicht langweilen“, sprach sie freundlich und öffnete schließlich die Tür. Sie seufzte leise. Wie lange war sie schon nicht mehr hier drin gewesen? „Das musst du nicht machen.“ Erstaunt sah sie nach unten und begann zu schmunzeln. „Reicht es, wenn ich sage, dass ich das aber sehr gerne möchte?“ Akitos Augen weiteten sich. Warum war diese Frau so nett zu ihm? Er begriff es nicht. Stets kümmerte sie sich um ihn. Sie lächelte ihn immer an und hatte ihn wieder gesund gemacht. Als wäre er ihr Sohn. Schlagartig ließ er ihre Hand los. Er wollte keine zweite Mama. Er wollte seine eigene. „Ich will nach Hause. Ich will zu meinen Eltern!“, wimmerte er und wich nach hinten aus, als Sakura ihn berühren wollte. „Akito“, seufzte sie und ging langsam in die Knie. Vorsichtig streckte sie ihre Hände aus, packte ihn sanft bei den Schultern. „Hör mir bitte zu...“, Sie suchte nach den richtigen Worten. Es war unglaublich schwer einem Kind beizubringen, dass es nicht zurück Nachhause konnte. Sie seufzte schwer. ,“Akito, du musst mir bitte bis zum Ende zuhören, ja?“ Der kleine Junge nickte und sah sie aus wässerigen Augen an. „Dein Dorf wurde von bösen Männern angegriffen, die nicht möchten, dass wichti Sachen bestimmte Leute erreichen. Sie haben dein und das Zuhause von vielen anderen Menschen kaputt gemacht. Deine Familie … wir wissen nicht, was mit ihnen passiert ist. Aber, ich verspreche dir, dass ich mich bald auf die Suche nach ihnen machen werde, ja? Und – um Gottes Willen - falls wir sie nicht finden sollten, dann denk bitte daran, dass du nicht alleine bist. Niemals. Vielleicht wirst du dich mal einsam fühlen. Aber alleine bist du nie. Okay?“ Akito verzog seinen Mund und schluchzte leise. "Ich will zu meiner Mama." Dann warf er sich gegen Sakura und vergrub sein Gesicht in ihrem Oberteil. Hilflos legte sie ihre Arme um ihn und strich ihm über den Rücken. Sie fand es grausam, dass Kinder in diesem Alter schon so leiden mussten. Und das alles nur, weil irgendwelche Personen nicht genug vom Krieg bekommen konnten. Als sie Sasuke und Naruto mit verschränkten Armen im Türrahmen stehen sah, schüttelte sie auf deren fragende Blicke hin nur traurig den Kopf und schloss die Augen. Es war einfach nicht der richtige Moment, um so etwas zu besprechen. „Der Junge hat also seine Familie bei einem Angriff verloren?“, wiederholte Naruto das, was er soeben gehört hatte und blickte aus dem Augenwinkel ernst zu Sasuke. Er stand mit ausdrucksloser Miene an der Wand und wirkte noch kälter als sonst. Naruto kannte dies schon von seinem Freund. Wenn er sich vor etwas verschloss und sich darauf konzentriert, keine Gefühle zuzulassen, dann … Ja, dann sah er so wie jetzt aus. Eine versteinerte Miene, eine distanzierte Körperhaltung und tief schwarze Augen, in denen man nichts zu sehen vermochte. „Ja, es ist tragisch“, Naruto wendete sich Sakura zu ,“Diese furchtbaren Kleinkriege reißen Familien und Freunde auseinander. Leider kommt mir dies alles schrecklich bekannt vor.“ Den Rest ihres Satzes murmelte sie nur vor sich hin. Sie atmete tief durch, rieb sich die Hände. „Es ist ganz schön kalt hier drin geworden, findet ihr nicht?“ Zügig ging sie an den beiden Männern vorbei und drehte die Heizung höher. Dabei war es warm genug im Haus. Es war lediglich der Drang, etwas tun zu müssen, der sie dazu trieb. Sobald sie auch nur für ein paar Minuten still stand, wurde sie zappelig. Es machte sie krank. Dieses Gefühl. Zwischen den beiden schien sie verloren zu gehen. Damals war sie immer die Mitte gewesen, ein fester Ankerpunkt. Zumindest hatte sie das geglaubt. Doch jetzt war da nichts mehr außer eine tiefe Leere. Dabei hätte es doch anders sein sollen, oder nicht? Immerhin waren die mit Abstand wichtigsten Menschen in ihrem Leben wieder gesund zu ihr zurückgekehrt, waren bei ihr eingezogen und schienen sich sogar irgendwie wohlzufühlen. So viele Jahre kannten sie sich jetzt schon. Es sollte kein Problem darstellen. Allerdings ließ sie dabei eine wichtige Komponente außer Acht. Das alte Team 7 existierte tatsächlich nicht mehr. Sie hatten sich getrennt, waren älter und wohlmöglich auch reifer geworden. Die Ziele im Leben eines jeden von ihnen hatten sich mit größter Wahrscheinlichkeit auch geändert. Keiner wusste mehr von den anderen, was sie so richtig wollten oder wofür sie zu kämpfen beabsichtigten. Sakura vollbrachte einen langen, tiefen Atemzug. Wahrscheinlich würden sie ganz von Neu beginnen müssen. Ja, das würde es sein. Ein Neustart. „Wisst ihr was?“ Von einer Sekunde zur anderen beflügelte sie dieser Gedanke. „Wie wäre es mit einem Neuanfang für Team 7?“ Fragende Blicke trafen sie. „Lassen wir die Vergangenheit doch Vergangenheit sein. Es ist so viel passiert in den letzten Jahren, dass wir uns beinahe wie Fremde behandeln. Und das fühlt sich mehr als nur falsch an.“ Sie lächelte leicht, streckte eine Hand aus. „Du hast recht. Ein Neuanfang wäre gar nicht mal so verkehrt. Was sagst du, Sasuke?“, grinste Naruto und ergriff Sakuras Hand. „Hn.“ Der Blondschopf lachte leise, als er auch auf Sasukes Gesicht ein seichtes Schmunzeln erkennen konnte. Sakura hatte das Gefühl, dass die beiden ihr schnell pochendes Herz von der kurzen Distanz aus hören konnten. Zögerlich schob sie ihre Finger zwischen Sasukes und schloss aus Angst vor seiner Reaktion die Augen. Ihr wurde so warm mit den beiden neben sich. Es schien ihr so richtig. Wahrscheinlich war dies einer dieser Momente für die man lebte. „Ein Neuanfang für Team 7. Lasst uns einfach das Alte vergessen und uns neu kennenlernen. Das sind wir uns schuldig.“ Sie spürte den Kloß in ihrem Hals schon förmlich als sie sprach. Was war sie doch für eine Heulsuse. Aber dieser Moment bewegte sie so sehr. Es fühlte sich an als wären all die Jahre, all der Schmerz nur Mittel zum Zweck gewesen, um auf diesen Augenblick hinzuarbeiten. Ganz wagemutig zog sie die beiden etwas näher zu sich. So lange hatte sie geliebt und gehofft, geglaubt, dass die beiden zurückkehren würden. Und endlich war es geschehen. Die Zeit schien stehenzubleiben. „Leute?“ Sakura öffnete ihre Augen, als Narutos Stimme sie erreichte. „Ich liebe euch“, lachte er und strahlte über das ganze Gesicht. Er löste seine Hände und legte stattdessen seine Arme um die Schultern der beiden. Die wohl schönste Umarmung in Sakuras Leben erfolgte und zum ersten Mal seit langem fühlte sich wirklich alles richtig an. Hier gehörte sie hin. Umhüllt von der Wärme und dem herben Geruch der beiden. „Ich liebe euch auch.“ Zwar schienen diese Worte nur auf freundschaftlicher Ebene geäußert worden zu sein, doch spürte sie, dass da mehr hinter steckte. „Hn. Ich euch auch.“ Sie alle drei begannen zu kichern und brachen dann in Lachen aus. Es war pure Erleichterung, die sie da durchströmte. Diese ganze Anspannung und das zögerliche Annähern nach der langen Zeit schienen wie weggeblasen zu sein. Als wären sie nie gegangen. „Sakura! … Sakura!“ Dunkel. Alles um sie herum war in tiefe, endlose Dunkelheit getaucht. Sie fröstelte, brachte keinen Ton raus. Sie hatte Zeit und Raum verloren. Wie war sie nur hier gelandet? Und wo war dieses hier überhaupt? Langsam begann sie sich zu fürchten. Nicht zu wissen, wo sie war, war dabei jedoch nicht einmal das größte Problem. Was ihr viel mehr Sorgen bereitete, war nicht zu wissen, wer dort im Ungewissen auf sie lauerte. Als plötzlich ein Licht, um genauer zu sein ein Scheinwerfer, sie für einen Moment blendete, zuckte sie erschrocken zusammen. Nachdem sich ihre Augen an die Umstellung gewöhnt hatten, sah sie eine Person im Licht stehen. Eine Person, die ihr den Rücken zuwandte und ganz in schwarz gekleidet war. „Hallo?“, rief sie orientierungslos, während sie versuchte sich zu nähern. Doch schien jeder ihrer Schritte ins absolute Nichts zu führen. Egal, wie sehr sie sich auch bemühte, sie kam keinen Zentimeter vorwärts. Es war … grotesk. Obwohl sie sich nicht bewegen konnte, kam die Person im Scheinwerferlicht auf sie zu. „Wer sind Sie? Wo sind wir?“, sprudelte es aus Sakura heraus, als der oder die Unbekannte kaum noch einen Meter von ihr entfernt war. Vorsichtig tastete sie sich nach Waffen ab, die sie im Kampf hätte nutzen können. Doch nichts dergleichen. Wenigstens hatte sie noch ihre Kraft und ihre Schnelligkeit. Ganz unverhofft kamen mit einem Mal zwei Gestalten aus dem Dunkel auf sie zu und rannten in die Arme der in schwarz gekleideten Person. Sakura konnte leises Gurren und Geseufze vernehmen. Sie bekam eine Gänsehaut. Es kam ihr so schrecklich bekannt vor. Als sie einen Blick auf die beiden erhaschte, hielt sie den Atem an. Dort standen Sasuke und Naruto, schmiegten sich an eine andere Person. Den Rundungen nach sogar an eine Frau. Unweigerlich spürte sie einen Anflug von Eifersucht. „Wer bist du?“, knurrte sie dieses Mal schon fast und ballte ihre Händen zu Fäusten. Sie sah, wie die Person ihren Kopf ganz langsam zur Seite drehte. Oder kam es ihr nur so langsam vor? Doch dann, mit einem Ruck, war der Kopf der Frau um 180 Grad nach hinten gedreht. Entsetzt sah sie ihrem eigenen, boshaft verzerrten Gesicht entgegen, das sie dreist anlachte. Die Augen waren schwarz. So schwarz wie die Dunkelheit, die sie alle umgab. Und das Lächeln war blitzend und gemein. Sakura wollte laufen. Laufen und einfach aus diesem Schrecken verschwinden. Doch sie war handlungsunfähig. Ihr Spiegelbild streckte seine langen, feingliedrigen Hände aus. Spinnenartig. Vollkommen gruselig. Dann schossen sie blitzartig hervor, bohrten sich schmatzend in die Oberkörper der Jungs und rissen ihnen brutal die Herzen aus den Leibern. Sakura begann zu schreien. Schrill und laut. „Mörderin! Mörderin!“, brüllte ihr anders Ich, lachte sie dabei aus. Dann riss sie ihr Maul auf, renkte sich dabei den Kiefer aus und fraß erst das eine und dann das andere Herz. Die Körper neben ihr klappten leblos zusammen und blieben schließlich unbeachtet liegen. Tote, leblose Augen blickten sie an. „Sie sind tot. Und du bist schuld, weil du sie nicht aufgehalten hast. Und nun bist du dran!“ Kaum war der Satz ausgesprochen, kam die Gestalt auf sie zu und … "Wach auf!“ Sakura stieß einen kurzen spitzen Schrei aus, der allerdings nicht über ihre Zimmertür hinaus zu hören war, und sah mit großen, schreckgeweiteten Augen neben sich. Ihr Herz raste, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Die Nachwehen des Traumes sorgten dafür, dass sie sich in den ersten Minuten noch vollkommen orientierungslos fühlte. Erst dann erkannte sie Sasuke, wie er sich über sie beugte. Im ersten Moment bildete sie sich ein, einen erschrockenen Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen zu haben. Doch dann entdeckte sie die vertraute, neutrale Mimik. „Albtraum?“, fragte er, obwohl die Antwort darauf eindeutig war. Sakura schluckte und spürte die kalten Tränenspuren auf ihrem Gesicht brennen. Beschämt wischte sie sich über die Wangen. „Habe ich dich geweckt?“, murmelte sie mit heiserer Stimme und senkte ihrem Blick. „Hn.“ Nachdem auch er den ersten Schreck verdaut zu haben schien, setzte er sich zu ihr auf das Bett. „Hier.“ Seine raue Stimme jagte ihr kurz einen einen kleinen Schock über den Körper, bevor sie zögernd das Glas Wasser von ihm entgegennahm. Schon nach den ersten paar Schlucken fühlte sie sich wieder ein klein wenig besser. „Was...“, fing Sasuke an. Vollkommen unsicher, was er sage sollte. Er war nicht gut in solchen Dingen. „...Was hast du denn geträumt?“, schaffte er schließlich zu fragen. Dabei blickte er sie aus vollkommen unergründlichen Augen an. Die Kunoichi zog die Nase hoch, hielt das Glas an ihre Lippen, in der Hoffnung nichts sagen zu müssen. Sie hatte Angst, dass es komisch wirken würde, wenn sie sagen würde, dass sie von ihm und Naruto geträumt hatte. „Nichts. Es … es geht schon wieder.“ Sasuke zog skeptisch seine Augenbrauen hoch. Warum log sie ihn an? Traute sie ihm etwa nicht? War er immernoch der böse Verräter für sie nach all den Jahren? Er schmunzelte kaum sichtbar. Was erwartete er denn auch? Für einen nicht erwähnenswerten Moment war er versucht seine Hand auf ihre Wange zu legen. Doch der Gedanke war in derselben Sekunde wieder verschwunden, in der er ihn erreicht hatte. „Ich habe es heute morgen nicht so gemeint“, entschuldigte sich Sasuke plötzlich. Sakura begann leise zu lachen. „Lass mich raten. Naruto hat gesagt, du sollst mir das sagen? Keine Sorge, ist schon vergessen.“ Der Shinobi nickte mit ernster Miene und erhob sich wieder. Er war drauf und dran aus ihrem Schlafzimmer zu verschwinden, als sie ihn noch rechtzeitig an der Hand zu fassen bekam. „He, habe ich etwas Falsches gesagt?“ Ein kalter Blick streifte sie und ließ sie zusammenzucken. Augenblicklich ließ sie seine Hand los. „Ich brauche Naruto nicht, um meine Fehler einzusehen“, war alles, was er sagte, bevor er sie sprachlos zurückließ. Das Zimmer wirkte gleich viel kühler. Kapitel 4: Regen am Horizont ----------------------------   Die Neuigkeiten der letzten Tage hatten sich rasend schnell im Dorf verbreitet und überall begannen die Menschen zu tuscheln. Die Wiedervereinigung des Team Siebens, die Geburt von Temaris und Shikamarus Sohn und die Ankunft des kleinen Akitos waren momentan Gesprächsthema Nummer Eins. Böse Zungen behaupteten zwar, dass der Junge Sakuras unehrenhaftes Kind war, doch ließ sie sich daraus keineswegs einen Strick drehen. Sie wusste es besser und das war das Einzige, das wirklich zählte. Die Stimmung im Hause Haruno hatte sich allgemein gebessert. Es war viel ruhiger geworden und irgendwie versuchte jeder so normal wie möglich mit den anderen umzugehen. Ab und zu gab es Zeiten, in denen man sich abkapselte, um für sich zu sein, doch im großen Ganzen machte das Zusammenleben sogar Spaß. Morgens deckten meist die beiden Männer den Tisch und bereiteten das Frühstück. Sakura wurde besonders in der letzten Zeit immer wieder Nachtschichten zugewiesen und sie würde so übernächtigt nur die Spiegeleier anbrennen lassen. Außerdem war sie ausgeschlafen einfach ein viel angenehmerer Mensch. Abends revanchierte sie sich dafür, indem sie den Esstisch schön herrichtete und ein leckeres Essen zauberte. Manchmal stellte sie sogar extra die guten Kerzen auf, um so wenigstens ein Minimum von Romantik in ihren Alltag zu bekommen. In dieser doch recht kurzen Zeit hatten sie sich recht gut eingelebt. Alles schien perfekt. Doch an diesem Morgen schien etwas ganz und gar nicht zu stimmen. Irgendetwas Unheimliches lag in der Luft. Das spürte auch Sakura als sie, um frische Luft zu schnappen, kurz nach draußen vor die Tür trat. Die Luft um sie herum war von einem markanten, ätzenden Geruch geschwängert. Angeekelt rümpfte sie die Nase. „Es wird heute wohl regnen. Nehmt einen Schirm mit, wenn ihr nach draußen geht“, rief sie mit einem skeptischen Blick zum grauen Himmel ins Haus hinein. Wenn sie ehrlich war, glaubte sie ihren eigenen Worten nicht. „Ja, Mama Sakura“, hörte sie Narutos amüsierte Stimme und musste schmunzeln. Selbst wenn sie sich seit sie wieder hier war ein wenig wie eine überfürsorgliche Mutter aufführte, wollte sie das nicht unterbinden. Dafür fühlte es sich viel zu gut an, nicht mehr alleine zu leben. Glücklich ging sie zurück ins Haus und kippte ihren Kaffee in den Abfluss. Ihr wurde schlecht, wenn sie auch nur alleine daran dachte, den Rest noch trinken zu müssen. Die Pfannkuchen der Jungs waren das Highlight ihres Tages gewesen. Auch, wenn sie etwas schwer im Magen lagen. „Doch zu viel Zucker?“, grinste Naruto und schob sich ein großes Stück Pfannkuchen in den Mund. Es war bestimmt schon sein dritter. „Nein“, lachte sie ,“Im Kaffee kann gar nicht zu viel Zucker sein, so bitter ist das Zeug. Leider ist es das Einzige, das mich richtig wach hält. Naja, neben euch.“ Sakura hielt inne, als ihr bewusst wurde, was sie da gerade von sich gegeben hatte. Narutos anzügliches Augenbrauenheben ließ nicht lange auf sich warten. Das war eines der Dinge, die ganz neu waren. Fast alles, was man von sich gab, wurde auf die Goldwage gelegt und nach sexuellen Inhalten untersucht. Sie vergaß manchmal tatsächlich, dass sie nun richtige Männer vor sich hatte. Ob sie schon …? Lieber gar nicht daran denken. Die Kunoichi drehte ihnen den Rücken zu. Solche Gedanken waren tabu. Immerhin kannten sie sich seit ihrer Kindheit. „Was genau an uns hält dich denn wach?“ Erstaunt kappte ihr Mund auf. Das waren ja ganz neue Töne von Sasuke. Seit wann war seine Stimme denn bitte so erotisch? „Ihr seid einfach viel zu laut. Das ist es.“ « Nochmal gerettet, was? Schade eigentlich. Ich hätte mich über ein ... mhh ...Flirtparadies-Abenteuer sehr gefreut.» Eine zarte Röte legte sich auf Sakuras Gesicht. Es war eindeutig ein Fehler gewesen, einen Blick in diese Buchreihe geworfen zu haben. Das Wissen darum ließ sie beinahe vor Scham in den Boden versenken. «Stell dich nicht so an. Nimm doch mal das zweite Band zur Hand. Wir müssen uns ranhalten. Immerhin erscheint bald das Vierte und wir haben noch nicht einmal den Film gesehen! Ein bisschen Erfahrung könnte dir auch gut tun, Liebes. Du bist ja total prüde. Kein Wunder, dass uns kein Mann will.« Die Kunoichi grummelte. Nein, dies war eindeutig kein guter Morgen. Sie befahl die Stimme zur Ruhe und atmete ein paar mal tief durch. War ja kaum auszuhalten. „Alles okay?“ Sie wandte sich um und fing an zu lächeln, als sie in Narutos und Sasukes sorgenvolle Gesichter sah. Wobei der Uchiha eher zweifelnd sein Gesicht verzogen hatte. „Ja, ist alles in bester Ordnung. Ich hatte vorhin nur ein ganz komisches Gefühl. Als würde heute irgendetwas merkwürdiges vor sich gehen. Passt heute auf euch ...“ Sakura wollte gerade ihren Satz beenden, als ihr plötzlich von der einen Sekunde auf die andere schwarz vor den Augen wurde. Sie stockte, bemerkt die Übelkeit, die ihren Magen nach oben kroch. Ihr Körper sackte unerwartet nach vorne und sie schaffte es gerade noch so, sich an der Küchenzeile abzustützen. Ehe sie ein angestrengtes Seufzen ausstoßen konnte, standen auch schon ihre beiden Junge neben ihr und blickten sorgenvoll auf sie hinab. „Sakura, was ist los?“ Sie spürte Narutos Hand auf ihrem Arm und fühlte sich augenblicklich ein wenig besser. Ihr war als wäre sie in einer fremden Realität gewesen. Als wäre sie in dicker, schwarzer Masse versunken gewesen. Seicht schüttelte sie ihren Kopf. „Es geht schon. Ist wahrscheinlich nur der Kreislauf. Der kann bei so einem Wetterumschwung schon mal ein wenig absacken“, lächelte sie und stellte sich wieder aufrecht hin. Zögerlich legte sie ihre Hand auf Narutos. Die Wärme, die er ausstrahlte tat ihr irgendwie gut. „Vielleicht solltest du dir für heute freinehmen“, sagte Sasuke plötzlich und wandte sich von ihnen ab. Seine Stimmung war anscheinend auch nicht gerade die Beste. Sakura schmunzelte. Das war so typisch für ihn. Passte ihm etwas nicht oder ging es ihm nicht gut schottete er sich genauso wie damals von allen ab. Irgendwie süß, dass er seine alten Gewohnheiten noch immer beibehielt. Genauso wie das verräterische Zucken seiner Nase wenn er etwas nicht verstand oder die Versuche sein Grinsen zu verstecken wenn ihn etwas amüsierte. Für solche kleinen Dinge liebte sie ihn. „Ja, vielleicht. Ich habe in letzter Zeit wahrlich genug Überstunden gemacht. Die anderen werden wahrscheinlich auch gut einen Tag ohne mich auskommen. ... Oder?“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Wenn sie so genau darüber nachdachte war das keine so gute Idee. Immerhin brauchte man zurzeit alle verfügbaren Kräfte. Es wäre unverantwortlich von ihr, sich freizunehmen. Andererseits könnte sie wirklich mal eine Auszeit gebrauchen. War sie die einen Tage auf Mission, war sie die anderen im Krankenhaus. „Du hast Angst, dass ohne dich etwas schief gehen könnte. Du fühlst dich verantwortlich“, deduzierte Sasuke aus ihrer Mimik und hob schwach einen Mundwinkel. „Woher?“ Verständnislos sah sie zwischen den beiden her, während sie wissende Blicke austauschten. „Nimm einfach mal einen Tag frei und denk auch mal an deine Gesundheit.“ Sakura seufzte. Wenn nur einer ihrer Patienten während ihrer Abwesenheit sterben würde, würde sie sich das niemals verzeihen können. „Sakura?“, verwundert sah sie an ihrem Bein hinunter und entdeckte den kleinen Akito ,“Bleib heute hier. Bitte.“ Ihr Herz schmolz dahin. Wie konnte sie da noch widerstehen? „Na gut. Ihr habt mich überredet.“ Ja, die drei hatten recht. Schließlich war sie auch nur ein Mensch.   „Sakura, Sakura! Sieh mal!“ Aufgeregt hüpfte Akito vor ihr auf und ab und zeigte aufgeregt auf einen großen, bunten Lollipop, der im Schaufenster des Süßwarenhandels ausgestellt war. Schnell stapfte er zu der Scheibe und presste sein Gesicht dagegen. Sakura lachte. Endlich blühte er ein wenig auf. Wenn sie nur immer dieses Strahlen in seinem Gesicht sehen würde, wäre sie auf jeden Fall bereit ihm alle Lollis der Welt zu kaufen. „Na, los. Hol dir einen. Aber pass auf. Nicht, dass deine Zähne noch schlecht werden.“ Sie ging in die Knie, reichte ihm ein wenig Geld und legte eine Hand auf seinen Kopf. Kurz wuschelte sie durch seine Haare und sah ihm schließlich nach, als er in dem Laden verschwand. Wie gern sie später einmal eigene Kinder hätte. „Du bemutterst ihn zu sehr. Er ist nicht dein Kind.“ Die Kunoichi zuckte unter Sasukes harschen Worten zusammen und begab sich schnell wieder in die Aufrechte. Entsetzen spiegelte sich in ihren grünen Augen wieder. Was sollte das heißen? Sie versuchte doch nur sich so gut wie möglich um den kleinen Jungen zu kümmern. „Das … das weiß ich. Und ich bemuttere ihn nicht. Ich will ihm nur helfen. Du interpretierst da etwas völlig falsch, Sasuke.“ Missmutig verschränkte sie ihre Arme, sah ihn aus blitzenden Augen an. Warum fing er nun wieder mit ihr zu streiten an? Plötzlich gab er ein abfälliges Zischen von sich und eine Gänsehaut überfiel sie. „Ich denke nicht. Du entwickelst falsche Muttergefühle für das Kind. Gib ihn am besten zu jemand anderem. Er wird dir doch sowieso früher oder später wieder weggenommen. Wach auf, bevor es zu spät ist. Genauso dumm sind deine Gefühlen für mich.“ Tausende Nadeln prasselten auf Sakuras Herz ein. Ein Schmerz trieb von der Mitte ihres Bauches hoch in ihre Brust und setzte sich in ihrem Hals fest. Automatisch krallten sich ihre Fingernägel in dem Henkel ihrer Tasche fest. Was erlaubt er sich? „Ich weiß ja nicht, was in dich gefahren ist, Sasuke, oder was du für ein Problem mit mir hast … Aber, mal ganz ehrlich ... Macht es dir irgendwie Spaß mir wehzutun? Womit habe ich das bitte verdient, dass du mich ständig verbal runter machst und mir vor Augen führst wie dumm, naiv und schwach ich doch bin? Vielleicht bin ich das alles ja. Vielleicht bin ich auch nervig und zu Nichts nutze, aber ich bitte dich ... Das weiß ich alles selbst. Und es ist mir egal. Denn so bin ich nun mal. Warum sollte ich mich verstellen? Ich habe es nicht nötig mich hinter einer Eiswand zu verstecken. Wenn du mit mir und meinem Wesen nicht zurecht kommst, dann halt dich doch von mir fern oder lerne gefälligst damit umzugehen. Und selbst wenn ich Muttergefühle entwickeln sollte … Was wäre denn so schlimm daran? Dann werde ich halt verletzt. Wenn es darum geht, bist du ja das perfekte Beispiel. Und jetzt entschuldige mich, ich möchte endlich einkaufen.“ Schwer atmend versuchte Sakura sich zu beruhigen und registrierte erst jetzt, dass es still um sie herum geworden war. Einige Menschen waren auf der Straße stehen geblieben und starrten die beiden aus großen, ungläubigen Augen an. Eine Frau, die ihre Stimme gegen einen Uchiha erhob, der dazu auch noch ein ehemaliger Verräter war, sah man nicht alle Tage. Selbst Akito, welcher inzwischen wieder aus dem Geschäft herausgetreten war, hatte sich interessiert zu ihnen gewendet. Sie räusperte sich und legte die Tasche über ihre Schulter. «Sehr gut gemacht, Mädchen. Das hat der Arsch verdient.» Sakura atmete tief durch, lockerte ihre Haltung und nahm Akito sanft bei der Hand. „Das war längst überfällig. Komm, Akito. Sasuke findet den auch Weg allein zurück.“ Entschlossen drehte sie ihm den Rücken zu. Sie wollte gerade einen Fuß vor den anderen setzen, als ihr plötzlich etwas auf die Nase tropfte. Zuerst hielt sie es für Wasser, doch dann strich sie es mit ihrem Finger ab und musste feststellen, dass es Blut war. Entsetzt blickte sie nach oben und hörte weit entfernt den ersten Schrei. Vögel aller Arten fielen von der einen Sekunde auf die andere tot vom Himmel, klatschten auf die Erde und blieben reglos liegen. Blut prasselte wie Regen auf sie nieder und die Straßen färbten sich nach und nach rot. Menschen flüchteten unter Überdachungen und die ein oder anderen Tiere suchten sich Schutz hinter alten Mülltonnen. „Vorsicht!“, stieß Sasuke unverhofft aus, packte sie und den Jungen und warf sie zur Seite. Entsetzt öffnete Sakura ihre Augen, welche sie vor Schreck geschlossen hatte. Schwarzer Stoff bedeckte ihr Sichtfeld. Vorsichtig stemmte sie ihre Hände gegen Sasukes Brust, sah nach oben und wurde ihm nächsten Moment wieder umgerissen. In ihrem Kopf drehte sich alles und in ihren Ohren rauschte das Blut. Sie spürte Akitos Gewicht auf ihrem Rücken und Sasuke unter ihr. Eingeengt lag sie auf dem Boden, traute sich nicht zu atmen. Doch dann befand sie sich wieder in der Aufrechte, wurde von Sasuke an eine Wand gepresst. Es ging alles so schnell. Was war geschehen? Mit klopfendem Herzen sah sie über Sasukes Schulter hinweg und entdeckte an der Stelle, an der sie eben noch gestanden hatten, einen toten Adler und viele andere Vögel liegen. Sie konnte das alles gar nicht glauben. Schnaufend lehnte sie sich mit dem Kopf an Sasukes Schulter. Diese Aufregung war zu viel für diesen Morgen „Was passiert hier?“, fragte sie dann doch leise und spürte wie Sasuke erschrocken von ihr abließ. Fast schon enttäuscht trat sie einen Schritt von ihm weg. „Ich weiß es nicht.“ Und es gefiel ihm nicht, dass er es nicht wusste. Irgendetwas oder besser gesagt irgendwer hatte das hier zu verantworten. Doch er sah einfach keinen Sinn dahinter. Wieso tötete man Vögel? Sanft schob er Sakura beiseite und trat, nachdem sich die Situation wieder etwas beruhigt hatte, unter der Überdachung hervor. Die Straßen waren ein völliges Chaos. Er schnaufte. Irgendwas war faul an dieser Ganzen Sache. „Sasuke?“ Der Shinobi drehte seinen Kopf zu ihr. Ihr Haar war vollkommen durcheinander und Akito klammerte sich an ihrer Hüfte fest. Ein Stechen breitete sich in seiner Brust aus. Für einen Moment stellte er sich vor, dass die beiden seine Familie wären. Doch bei dem, was er ihr alles angetan hatte, konnte er sich nicht das Recht nehmen, auch nur darüber nachzudenken. Er ballte eine Faust. „Könntest du mit Akito zurück gehen? Das mit dem Einkaufen können wir vergessen. Ich würde außerdem gerne nachsehen, ob irgendwo meine Hilfe benötigt wird. Machst du das? Für mich?“ Lächelnd legte sie ihren Kopf zur Seite. Doch der kleine Junge schüttelte nur seinen Kopf. „Kann ich nicht mit dir kommen, Sakura?“, murmelte er leise und zog einen kindertypischen Schmollmund. Anscheinend war der Uchiha ihm immernoch nicht ganz geheuer. Doch genau das wollte sie ändern. „Nein, das ist viel zu gefährlich für dich. Geh du nur mit dem alten Grummelbär dort drüben und ärger ihn schön. Hauptsache ihr seid in Sicherheit.“ Sasuke verzog angesichts dieses Namens den Mund. Wie kam sie dazu, sich über ihn lustig zu machen? „Du siehst doch, dass er nicht mit mir kommen möchte. Zwing ihn nicht.“ Sakuras stechender Blick traf ihn. „Ich werde ihn in diesem Chaos nicht alleine gehen lassen. Und wenn du keine Verantwortung übernehmen willst, dann gib ihn wenigstens bei Naruto ab, falls er nicht gerade beschäftigt ist.“ Damit übergab sie Akitos Hand in seine, drehte sich von ihm weg und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren weg. Für einen Moment war er versucht ihr mit offenem Mund hinterher zu starren, doch dann riss er sich zusammen und knurrte nur vor sich hin. Diese Frau würde eines Tages noch sein Tod sein. Nicht, weil sie stärker war als er. Nein, das war sie keineswegs. Doch würde sie ihn irgendwann in den Wahnsinn treiben.     „Tsunade, lasst es gut sein. Ich mach hier weiter." Sanft wurde die ehemalige Hokage von Sakura beiseite geschoben, damit diese mit der Behandlung fortfahren konnte. Sie nahm Nadel und Faden an sich und nähte sie mit flinken Handgriffen wieder zu. „Unsinn! Das hätte ich auch noch fertig bringen können.“ Die Kunoichi schmunzelte. „Weiß ich doch. Allerdings solltet Ihr Euch auch mal etwas Ruhe gönnen.“ Ein schweres Seufzen war zu vernehmen. „Du machst dir nur unnötig Sorgen, Sakura. Ich weiß, dass du es nur gut meinst. Aber ich kann trotz der vergangen Ereignisse und meines Alters noch genauso viel leisten wie zu meiner Jugend.“ Sakura beendete die Behandlung und wandte sich ihrer ehemaligen Lehrmeisterin mit einer Ruhe zu, die an ihr vollkommen ungewohnt war. „Entschuldigt, ich wollte Euch nicht beleidigen“, sagte sie leise und begab sich wieder in die Aufrechte. Für einen Moment war sie im Begriff Tsunade die Hand zu reichen, um ihr beim Aufstehen zu helfen, doch dann besann sie sich wieder und ließ es bleiben. „Weiß ich doch.“ Dicht beieinander gingen die beiden Frauen durch die vom Chaos beherrschten Straßen ihrer Stadt und hielten immer wieder nach verletzten Ausschau. Neben ihnen fegten die Leute unterdessen die letzten Tierkadaver von den Wegen und kippten Wasser auf das Pflaster, um das Blut zu entfernen. Die Kinder hatten sich allesamt in den Häusern verschanzt und guckten hier und da neugierig aus den Fenstern. Es war traurig. Konoha war immer ein Ort des Friedens gewesen. Bis diese furchtbaren Kriege geherrscht und die Menschen alles zunichte gemacht hatten. „Und, Sakura? Wie lebt es sich mit den beiden Hitzköpfen unter einem Dach?“ Überrascht sah sie zu der Älteren und zuckte anschließend mit den Schultern. „Ganz gut. Die beiden leben sich langsam wieder in Konoha ein und wir bemühen uns wieder ein Team zu werden. Es gibt Tage, da nehmen sie mir jeden noch so kleinen Handschlag ab“, lächelte sie und verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken. Sie musste an vergangenen Samstag denken, als sie nach einer Zwölf-Stunden-Schicht völlig übermüdet Zuhause ankam und sich danach einfach nur ins Bett geschmissen hatte. Die beiden hatten ihr sogar die Schuhe ausgezogen und sie zugedeckt. In solchen Momenten schien die ganze Welt perfekt. Als hätte es nie ein Problem zwischen ihnen gegeben. Vielleicht sollte sie ihren Jungs auch mal etwas Gutes tun. „Klingt ja als würden sich Naruto und Sasuke sehr stark um dich bemühen“, schmunzelte Tsunade und sah sie aus dem Augenwinkel schelmisch an. Diese Andeutung reichte aus, um Sakura die Schamesröte ins Gesicht zu treiben. Leider passierte ihr das in letzter Zeit viel zu häufig. „Ach, Unsinn. Die beiden bemühen sich doch nicht um mich. Ich glaube eher, dass sie sich schuldig fühlen, weil sie mich die Jahre über alleine gelassen haben oder so etwas in der Art. Anders kann ich mir ihre plötzlich auftauchende Fürsorge nicht erklären. Manchmal sind sie auch wirklich unausstehlich. Vor allem Sasuke benimmt sich merkwürdig. Ich habe das Gefühl er hasst mich. Diese Dinge, die er mir heute an den Kopf geworfen hat, haben mich wirklich verletzt. Er sagte, ich würde meine Liebe an ihn verschwenden und dass ich für Akito falsche Muttergefühle entwickeln würde. “ Tsunade fuhr mit ihrer Hand behutsam über den rosanen Haarschopf und seufzte leise. Sie hoffte nur, dass sich für ihre ehemalige Schülerin alles zum Guten wenden würde. „Du weißt doch, dass er manchmal Dinge sagt, die er in Wahrheit aber ganz anders meint.“ Sakura blieb stehen, sah verständnislos zu der Blonden hinüber. „Nein, er meinte er genauso, wie er es gesagt hat. Aber, ich will jetzt auch nicht länger darüber reden. Ich wollte dich eigentlich gefragt haben, ob du eine Ahnung hast, wer mit all dem hier in Verbindung stehen könnte.“ Tsunade stieß einen nachdenklichen Laut aus und blickte in den grauen Himmel. Sie konnte sich beinahe denken, wer das zu verursachen hatte. Jedoch war dies eine Angelegenheit der Regierung. Die Bewohner Konohas dürften niemals erfahren, was genau hier geschehen war. Eine Massenaufruhr würde entstehen, die Leute würden in Panik verfallen und überstürzt das Dorf verlassen. Sie wollte sich die Ausmaße dessen nicht vorstellen. „Nein, ich habe keinen blassen Schimmer. Glaub mir, mein Herz würde um einiges leichter wiegen, wenn ich es wüsste“, log sie und mied den direkten Augenkontakt mit Sakura. Diese sah sie zuerst skeptisch an, gab sich dann aber anscheinend doch damit zufrieden. „Geh du nur Nachhause zu deinen Jungs und sieh nach, ob es ihnen gut geht." Sakura nickte, verschränkte die Finger ineinander und streckte sich ausgiebig. Obwohl ihre Fragen noch ungeklärt waren, beschloss sie die Sache für diesen Tag ruhen zu lassen. Es hatte keinen Sinn, wenn sie da noch länger nachharkte. „In Ordnung. Danke, Tsunade. Ich denke mal, dass wir uns spätestens morgen früh wieder sehen. Also, bis morgen!“, rief sie noch als sie sich umdrehte und lächelnd davon rannte.     Tief versteckt, zwischen den kalten Wänden einer alten Steinhöhle lag ein alter von Schmutz bedeckter Altar. Speisen allerlei Arten und Blumen von ungewöhnlicher Natur zierten ihn wie ein Kranz. Um ihn herum hatten sich Männer in perlweißen, langen Roben zusammengefunden und berieten sich leise. Es war kaum zu verstehen, was sie sagten. Doch das, was sie sagten, sollte für die Welt, wie man sie kannte, nichts Gutes bedeuten. An den Wänden saßen Menschen von jung bis alt. Weniger prunkvoll gekleidet, doch nicht minder so bösartig. geduldig harrten sie aus bis eine endgültige Entscheidung getroffen worden war. Auf den ersten Blick konnte man meinen, dass sie verängstigt aussahen, doch wenn man genauer hinsah, erkannte man bei dem ein oder anderen ein kaltes Grinsen auf dem Gesicht. Für einen Moment war Totenstille und schließlich konnte man ein schneidendes Geräusch vernehmen. Wie als wäre ein Messer an einem Stein geschleift worden. Und plötzlich, da streckte einer unter ihnen seine langen Pranken aus, griff nach einer jungen Frau und zog sie Widerwillen zu dem Altar. Dunkle Augen begutachteten sie, bewerteten sie. Hatte sie eben noch siegessicher ausgesehen, so glich sie nun einem zum Tode Verurteilten. Einer der großen Männer fasste sie beim Kinn, drehte es zu allen Seiten. Er schnaubte erst, grinste dann gehässig. „Es soll beginnen“, ertönte seine tiefe Stimme und nur ein paar Sekunden darauf wurde die Frau bei den Armen und Beinen gepackt. Man drückte sie auf den Altar, schnürte sie mit allerlei Seilen fest. Sie schürften, rissen ihre Handgelenke ein. Ihre Knöchel noch dazu. Erste Blutstropfen klebten an den Ecken. „Nein, bitte nicht“, flehte sie schließlich doch. Aber keiner wollte sie erhören. Eine alte Greisin lief mit Schüssel und Lappen heran, wusch ihr grob den Dreck von der Haut. Anstatt der zerlumpten Kleider wurde ihr vor den Augen aller anderen ein weißes Gewand umgelegt, welches Unschuld und Reinheit präsentieren sollte. Als der Mond schließlich genau über ihnen stand und die höhle auf eine mystische Art in helles Licht tauchte, streckten die in weiß gekleideten Gestalten ihre Arme zum Himmel und stimmten einen altertümlichen Chorgesang an. Mit einem Mal zog einer von ihnen ein aufblitzendes Messer unter seinem Gewand hervor und zog es ruckartig entlang ihrer Kehle. Ein kurzer Aufschrei voller Qual und Leid erfolgte, der schlussendlich in einem gurgelnden Röcheln erstarb. In jenem Moment war der Chorgesang zum Höhepunkt gekommen und hatte ein jähes Ende gefunden. Blut quoll aus dem Schnitt hervor und färbte den Steinaltar nach und nach in ein tief dunkles Rot. „Erhöre uns! Nimm unseren Dank nur an! Nimm unser Opfer, das hier so willig vor dir liegt und hab Freude an diesem köstlichen Mahl. Trinke das Blut, iss das Fleisch. Vollende dein wunderbares Werk! Erhöre uns!“, rief der Anführer und streckte seine Hände erneut empor, ehe er sich zusammen mit den anderen zu Boden warf. Sein üppiger Schmuck traf klirrend auf die Erde. Und als dies geschah, legte sich ein dunkler, Unheil bringender Schatten über die Anwesenden und verschlang in seinem ganzen Sein die dargebotene Opfergabe. In diesem Moment verfärbte sich der Mond. Erst Rot und dann erlosch sein Licht. Kapitel 5: Puzzle der Vergangenheit ----------------------------------- „Komm schon, Sakura! Du musst dich schon mehr anstrengen, um mich zu besiegen!“, rief Naruto grinsend über den Trainingsplatz und wischte sich über die Stirn. Auch, wenn Sakura bisher noch keinen schwerwiegenden Treffer landen konnte, brachte sie ihn trotzdem gehörig zum Schwitzen. Die Fäuste geballt stand sie ihm gegenüber und schien auf alles gefasst zu sein. So kampfbereit hatte er sie lang nicht mehr gesehen. Doch das sanfte Lächeln auf ihren Lippen ließ ihre wahren Gefühle erkennen. Sie würden sich niemals ernsthaft verletzen. Ein Schmunzeln legte sich auf Narutos Gesicht. Dieser Kampf erinnerte ihn an die vergangene Zeit, in der sie noch junge Genin unter Kakashis Lehre gewesen waren und noch keinen blassen Schimmer von dem Bösen da draußen hatten. Wie verliebt und gleichzeitig auch naiv er doch damals gewesen war. Sakura hatte ihn kaum beachtet und ihn als Idioten abgestempelt, weil sie ihn andauernd mit Sasuke verglichen hatte. Naruto wusste noch ganz genau wie sehr sie ihn geliebt hatte, wie sehr sie Sasukes Aufmerksamkeit wollte. Ein ewiger Kreislauf unter ihnen Dreien. Inzwischen wusste er es allerdings besser. Ihm standen alle Wege offen und er war sich sicher, dass er gute Chancen hatte, sie für sich zu gewinnen. Naruto war bereit dafür zu kämpfen. So in Gedanken merkte er gar nicht wie Sakura einen Kunai nach ihm warf. Erst als ein Schmerz durch seine Wange zischte und Blut seine Wange hinunter tropfte, richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Trainingspartnerin. „Wo bist du mit deinen Gedanken?“, rief sie ihm zu und stürmte mit gehobener Faust auf ihn zu. Gerade noch rechtzeitig schaffte er es zur Seite auszuweichen. „Nur bei dir, Liebes!“, grinste er und warf ein paar Shuriken nach ihr. Doch sie war auch schnell und brachte sich innerhalb von einer Sekunde auf der Ziellinie. Der blonde Ninja war sich nicht sicher, ob die Röte auf ihren Wangen an dem Training oder an seinem Kommentar lag, aber sie stand ihr ausgezeichnet zu Gesicht. Ihr Mund verzog sich beschämt. „Hör auf herumzualbern“, meckerte sie und ließ ein wenig Chakra in ihre Hand fließen, um dann schließlich auf ihn zu zustürmen. Er hatte sich gerade bereit gemacht ihren Schlag abzuwehren, als sie plötzlich stolperte und er nur noch wahrnahm wie roter Stoff sein Blickfeld bedeckte und der Boden unter ihm in Stücke zerbrach. Für die Sekunden des Schocks hatte er seine Augen geschlossen und als er sie wieder öffnete, befand er sich in einer liegender Position und spürte Sakuras Körper auf seinem. Unter ihnen unzählige Steinbrocken, und ein rundum zertrümmerter Boden. Im selben Augenblick riss der Himmel entzwei und Regen begann auf sie nieder zu prasseln. Geschockte, apfelgrüne Augen blickten auf ihn nieder und weiche Lippe streiften seine Wange. Ein leises Keuchen war zwischen ihnen zu vernehmen. „Was...?“, brachte er leise hervor und sah wie Sakura schlagartig ihren Oberkörper aufrichtete. „Entschuldige, Naruto“, eine ihrer Hände fuhr zu ihrer Stirn ,“So was kann auch nur mit passieren. Verdammt, ich habe dich echt umgehauen.“ „Ja, sprichwörtlich.“ Ein Lachen entfloh ihrer Kehle und ganz wie natürlich stieg er mit ein. So lagen sie da. Tränen lachend, sich aneinander festhaltend. Als wäre die Welt in Ordnung. Unweigerlich musste Naruto feststellen, dass er sich durch sie erschreckend beflügelt fühlte. Regelrecht befreit. Seine Schultern zuckten nur noch auf und ab, als er für einen Moment inne hielt. Da sah er es. Sakuras Augen huschten gehetzt zwischen seinen hin und her. Etwas machte ihr Angst oder bereitete ihr Unwohlsein. „Oh, man. Tut mir ehrlich leid“, würgte sie errötend hervor und stützte sich mit den Händen auf seiner Brust ab. Hastig drückte sie sich nach oben. Doch bevor sie auch nur dazu kam, richtig aufzustehen, hielt Naruto sie fest. „Ist alles okay?“, fragte er skeptisch. Sonst wirkte sie immer so entschlossen, jagte ihm manchmal sogar Angst ein mit ihrer Kraft. Doch diesmal schien er sie zu verunsichern. Nach all den Jahren sorgte er sich immernoch um sie. Und wenn er ehrlich war, dann liebte er sie immernoch genauso wie am ersten Tag. Die Zeit, die er in Einsamkeit verbracht hatte, hatte ein jähes Ende gefunden, als er mit Sasuke und ihr zusammenstieß. Die beiden hatten ihn dazu gebracht sich wieder glücklich zu fühlen. Und das rechnete er ihnen hoch an. Er erinnerte sich, dass er immer ihre Nähe gesucht hatte. Nur, um dieses Glücksgefühl zu spüren. Als er begriff, dass er sich verliebt hatte, da hatte er zuerst Angst. Er hatte sich geschämt, weil er nunmal das fühlte, was er fühlte. Und konnte es denen, die er liebte nicht sagen, weil er wusste, dass sie damit nicht klar kämen. Doch irgendwann wollte er es nicht länger leugnen. Die Nähe zu seinen beiden Teamkameraden hatte ihn berührt, mehr als er sagen konnte. So lange hatte er sich leer gefühlt und sich abgeschottet. Und in dem Moment, in dem er begriff, welche Gefühle er hegte, wollte er sie nehmen und am besten für immer begraben. Bevor er jedoch auch nur dazu gekommen wäre, musste er einsehen, dass er schon viel zu tief drin war. Plötzlich riss ihn ein hohes Quietschen aus seinen Erinnerungen und ließ ihn verwirrt blinzeln. Er brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, was da vor sich ging. Wie besessen hatte er, ganz in Gedanken, Sakuras Körper an seinen gedrückt und seine Lippen auf ihre gepresst. Er konnte gerade noch feststellen, dass ihre Lippen samtweich waren, als sich die junge Frau auch schon von ihm losriss und nach hinten weg auf ihren Hintern fiel. Erschrocken riss Naruto seine Augen auf, wollte schon nach ihr greifen. Sakura allerdings zuckte vor ihm zurück und er sah zu wie sich Tränen in ihren Augen bildeten. Dieser miese Verräter hinter seiner Brust klopfte so stark, dass er glaubte, er wurde entzwei brechen. Ihr trauriger Gesichtsausdruck und ihre Tränen verletzten sie mehr als er es sich hätte vorstellen können. „Sakura, ich ...“ Er unterbrach sich selbst, als er mitansah, wie ihre Faust eine kleine Delle in das Gras schlug. Wütend und mit von Tränen benetzten Wangen blickte sie ihm entgegen. „Du verdammter, verblödeter, egoistischer Idiot!“, schrie sie ihm entgegen und stand unbeholfen auf. „Was hast du … warum hast du … ich … ach scheiße!“, rief sie verzweifelt, riss die Arme nach oben, um ihre Tränen zu verdecken. Noch im Stand drehte sie sich um und rannte davon. Naruto blieb alleine und verwirrt zurück. Sasuke war gerade dabei sich einen Pfefferminztee zu kochen, als er die Haustür lautstark ins Schloss knallen hörte. Daraufhin folgte ein eindeutig weibliches Schluchzen. Der Shinobi spitzte die Ohren und ließ die Tasse wieder zurück auf die Küchentheke sinken. Er konnte vernehmen wie ein Schlüsselbund auf die Kommode im Flur abgelegt wurde und ein leises Wimmern zwischen den Wänden widerhallte. Schließlich ein weiteres Schluchzen. Leise öffnete er die Tür. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen wie Sakura völlig überstürzt an ihm vorbei lief und dann die Treppe hinauf stürmte. Sasuke runzelte besorgt die Stirn. Er hatte Tränen auf ihrem Gesicht entdecken können. Irgendetwas musste vorgefallen sein während sie mit Naruto trainieren war. Was hatte der Idiot wieder angestellt? Langsam folgte er ihr nach oben zu ihrem Zimmer. Die Tür war nur angelehnt. So konnte er durch den dünnen Spalt sehen, dass sich die Kunoichi bäuchlings auf ihr Bett gelegt und das Gesicht in den Kissen vergraben hatte. Der Stoff dämpfte ihr Schluchzen. Sasuke schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter. Auch, wenn er es nicht gerne zugab, so konnte er es einfach nicht ertragen, wenn sie weinte. Schon früher hatte er immer allergisch darauf reagiert. Jedes verfluchte Mal. Kaum sah er Tränen in den Augen dieses Mädchens, dann umklammerte eine kalte Hand sein Herz und ein Zittern suchte seine Eingeweide heim. Ein tonloses Seufzen entkam seiner Kehle. Wegen der Höflichkeit halber klopfte er kurz mit den Fingerknöcheln gegen die Tür, ehe er ohne Umschweife eintrat. Kaum hatte er auch nur einen Fuß über die Türschwelle gesetzte, ebbte auch das Schluchzen schlagartig ab und Sakura verkrampfte sich. Unbeholfen trat er zu ihr und legte ihr eine Hand auf den Rücken. „Geh weg, Naruto“, wimmerte sie und krallte ihre Fingernägel in den Kissenbezug. „Ich bin nicht Naruto.“ Er spürte wie sie unter seiner Hand zusammenzuckte und sah dabei zu wie sie ihren Kopf langsam zur Seite drehte. Langsam ließ er sich auf der Bettkante nieder und versuchte mit ihr Augenkontakt aufzubauen. Er war echt nicht gut in so etwas. „Was ist passiert?“, murmelte er und blickte sie ungewohnt unsicher an. Auf einmal blitzte ein Bild vor seinem inneren Auge auf. Wie die kleine Sakura für ihn und Naruto einstand und sie dafür verletzt wurde. Seltsam. Obwohl inzwischen so viele Jahre dazwischen lagen, war und blieb sie immernoch das Mädchen von damals. Dieselben rosanen Haare, die gleichen apfelgrünen Augen und auch die winzigen Sommersprossen auf ihren Wangen hatten sich nicht verändert. Früher hatte er es kaum wahrgenommen. Aber nun konnte er es kaum noch verleugnen. Sakura war schön. Nicht hübsch, nicht sexy. Aber wunderschön. Selbst mit Tränen in den Augen, aufgeplatzten Lippen und einer laufenden Nase war sie immernoch wunderschön in seinen Augen. Er musste sich etwas eingefangen haben. Eine Grippe oder so ähnlich. Aus einem Affekt heraus, umfasste er ihre Schultern und zog sie an seine Brust. Beschützend legte er seine Arme um ihren Oberkörper und vergrub seinen Kopf in ihren Haare. Zuerst saßen sie da, Sakura völlig verkrampft und er ahnungslos, was genau er da tat. Doch nach wenigen Minuten entspannten sich beide und genossen diese längst überfällige Umarmung. „Sasuke? Was..?“, hörte er sie schniefen und musste schief schmunzeln. „Du weinst, das nervt.“ So hart wie es auch klang, so gut war es gemeint. Und sie schien es auch so aufzufassen, denn unmittelbar danach erklang ein leises, helles Kichern aus ihrem Mund. Augenblicklich fühlte auch er sich wieder ein Stückchen leichter. „Also, was ist vorgefallen?“, fragte er dann doch. Ein unverständliches Murmeln, erstickt an seiner Brust war zu vernehmen. „Was?“, grinste er amüsiert. „Naruto ist ein Idiot.“ „Das ist nicht Neues.“ Ein erneutes Kichern. Dann ein Schluchzen. „Er hat alles kaputt gemacht“, brachte sie schließlich hervor. Verwirrt sah Sasuke hinunter auf den hellen Haarschopf. „Ich versteh nicht.“ „Er hat mich geküsst.“ Sasukes Herz stockte. Es war still im Raum. Beide hielten den Atem an. Der Shinobi spürte wie sich das Blut in seinen Adern in Eis verwandelte und Übelkeit seine Organe nach oben kroch. Er wusste nicht, was es war, aber die Tatsache, dass Naruto sie geküsst hatte, machte ihn unglaublich aggressiv. „Sasuke, du zerquetscht mich“, presste Sakura dann unerwartet hervor und riss ihn aus seinen Fantasien. Schlagartig lockerte er seinen Griff um ihren Körper und senkte seinen Kopf. Warum war er so wütend? „Sasuke?“ Vorsichtig streckte Sakura ihre Hand nach seinem Gesicht aus, doch bevor sie es auch nur ansatzweise berühren konnte, hielt er sie auf. „Nicht“, grollte er und nahm am Rande des Blickfeldes wahr wie sie sich erschrocken ein paar Zentimeter von ihm entfernte. Aus heiterem Himmel tat ihm ihre Nähe auf einmal weh. Vielleicht, weil er für einen winzigen Moment tatsächlich mehr in ihnen gesehen hatte, als die Freunde, die sie waren. Und Naruto hatte das tatsächlich kaputt gemacht. Sasuke lächelte bitter. „Vielleicht solltest du ihm gestehen, was du fühlst.“ Die junge Frau wollte gerade ein Veto einlegen, als es plötzlich an ihrer Fensterscheibe klopfte. Perplex wandten sich die beiden um und erblickten einen Jonin, der höflich lächelnd auf dem Balkon stand. „Wie ... Was ...?“ Sakura erhob sich, wischte sich kurz mit den Händen übers Gesicht und öffnete dann die Balkontür. „Was gibt es?“ „Der Hokage möchte Sie, Sasuke Uchiha und Naruto Uzumaki umgehend in seinem Büro wissen. Es ist dringend.“ Überrascht blickte Sakura zu dem Uchiha. „In … in Ordnung. Wir machen uns sofort auf den Weg.“ „Herein!“ Zögerlich öffnete Sakura die Tür zum Büro des Hokage und hielt sogleich inne, als sich ihre Augen unwillkürlich mit den von Narutos trafen. Zaghaft schlug sie ihre Augen nieder und machte Platz, damit auch Sasuke eintreten konnte. Sie hoffte nur, dass Kakashi nicht bemerkte, wie unangenehm ihr diese Situation war. „Sakura ...“, hörte sie Naruto ihren Namen wispern, schüttelte darauf aber den Kopf. „Nicht jetzt.“ Unwohl fand sie dann schließlich ihren Platz zwischen den beiden Männern und traute sich nicht aufzusehen. Die Luft um sie herum war geschwängert von elektrischen Spannungen. Ob diese guter oder böser Natur waren, vermochte sie allerdings nicht zu sagen. „Die Aufgaben mit der ich euch jetzt betraue unterliegt strengster Geheimhaltung“, fing Kakashi schließlich an zu sprechen und hatte sich sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit gesichert. „Wie euch aufgefallen ist, sind in den letzten Tagen einige unerklärliche Dinge passiert. Die Ursachen dafür sind noch unbekannt. Jedoch haben auch andere Dörfer ähnliche Ereignisse gemeldet. So wie hier die Vögel vom Himmel gefallen sind, weisen die Küsten in Mizu no Kuni zahlreiche tote Fische auf und in Kusa no Kuni herrscht eine unerwartete Dürre, wogegen in Kaze no Kuni plötzlich Schnee fällt“, erklärte Kakashi und sah bei dem wechselhaften Mienenspiel seiner ehemaligen Schüler zu, wie sich die Überraschung zuerst in Schock und dann in Entsetzen verwandelte. „Aber das kann nicht sein. Das ist unmöglich!“, warf Sakura ein und trat einen Schritt nach vorne. Schwer seufzend legte sich Kakashi eine Hand in den Nacken. „Deswegen bin ich momentan dabei Erkundungsteams aus Leuten zusammenzustellen, denen ich zu hundert Prozent vertraue. Ihr seid mit meine erste Wahl gewesen. Auch wenn sich einige von euch ...“, für einen Moment flogen seine Augen zu Sasuke ,“... in der Vergangenheit einige Fehler erlaubt haben, seid ihr als Team dennoch unschlagbar. Das habt ihr mir oft genug bewiesen. Deshalb würde ich euch bitten, dass ihr euch morgen früh unverzüglich auf den Weg macht und auf eurer Reise versucht Erklärungen für diese Vorfälle zu finden. Nach einer Woche erwarte ich einen ausführlichen Bericht über eure Fortschritte. Wenn sich Ergebnisse zeigen, werde ich weitere Teams aussenden.“ Der Hokage schob ihnen über den Tisch eine Schriftrolle entgegen. „Dieses Schriftstück wird euch erlauben auch außerhalb von Hi no Kuni zu fungieren. Naruto, du wirst hiermit zum Leiter eurer Gruppe erklärt. Ihr habt zwei Monate Zeit.“ Sasuke verzog keine Miene, nahm wortlos die Schriftrolle an sich und reichte sie Naruto. Dieser steckte sie ebenso stumm in seine Jackentasche. Doch Sakura gab sich damit nicht zufrieden. Sie stemmte ihre Hände auf dem große Schreibtisch ab. „Und wer kümmert sich solange um Akito? Und wer forscht an meiner Stelle weiter nach dem Gegenmittel? Wer übernimmt solange meine Schichten im Krankenhaus?“, fragte sie aufgebracht und hörte ganz unerwartet ein Räuspern hinter sich. „Darum wird sich gekümmert.“ Völlig aus dem Konzept gerissen drehte sich die Medic-Nin um und befand sich sogleich Angesicht zu Angesicht mit ihrer ehemaligen Lehrmeisterin Tsunade. „Akito wird innerhalb dieser Monate von einer ausgewählten Pflegekraft betreut, die sich selbstverständlich nach meinen Anweisungen zu richten hat. Und für die Forschungen wird selbstverständlich gesorgt. Immerhin sind Ino und ich ja noch da. Zudem wirst du für etwas ganz anderes zuständig zu sein. Bei eurer Suche ist ein weiterer Aspekt, dass ihr nach einem Gegenmittel für die Krankheit suchen sollt. Vielleicht findet ihr ja etwas nützliches. Ich persönlich habe dich dafür vorgeschlagen, weil du meine fähigste Schülerin warst und du mich – auch, wenn ich es nicht gerne zugebe – bei Weitem übertroffen hast. Nicht nur Konoha braucht euch, was das anbelangt, sondern das gesamte Ninjareich. Außerdem habt ihr euch als Team inzwischen einen internationalen Namen gemacht. Auch, wenn die Talente jedes Einzelnen von euch atemberaubend sind, wird euch als Team 7 wohl überall Zutritt gewährt. Ihr seid für diese Mission mehr als nur geeignet“, argumentierte Tsunade mit Stolz erhobenem Haupt und schenkte den Dreien ein mütterliches Lächeln. Sakura gab sich geschlagen, ließ die Schultern hängen. Resigniert sah sie zwischen ihren beiden Männern hin und her und stellte fest, dass beide Feuer und Flamme für die ganze Aktion waren. „Euer erster Anhaltspunkt ist Taki no Kuni. Dort soll es, vor ungefähr zwei Tagen, einen Blutmond und eine darauffolgende Mondfinsternis gegeben haben. Da wir ein Bündnis mit diesem Land geschlossen haben, dürfte es für euch kein Problem sein, rein zu kommen. Viel Glück, Team 7.“ Naruto grinste und nickte Kakashi zu, ehe er sich umdrehte und mit seinen beiden Teamkameraden verschwand. Doch bevor sie das Gebäude ganz verließen, hielt Tsunade sie noch einmal auf. Ihre bernsteinfarbenen Augen blitzten ihnen warnend entgegen. „Passt ja auf euch auf und kommt mir gefälligst heil zurück. Konoha braucht euch noch“, grummelte sie und verschränkte die Arme vor ihrer üppigen Brust. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich Sorgen machte. „Na, klar. Schließlich haben wir ja die Miniatur-Version von Euch hier. Es wird schon alles schiefgehen, Oma.“ Mit flatterndem herzen beobachtete Tsunade, wie Team 7 ihr den Rücken zu kehrte und in der Ferne verschwand. Zwischen ihren Augenbrauen zogen sich ein paar Falten steil nach oben. „Oh, Naruto. Beschwöre mir ja kein Unheil.“ Der Abend war angebrochen und langsam wurde Konoha von der Dunkelheit ummantelt. Im Hause Haruno schien noch das Licht durch die Fenster. Keiner von ihnen war in Stimmung zu schlafen. Nein, sie saßen allesamt schweigend am Tisch, die leeren Teller vom Abendessen vor ihnen. Inmitten der drei brannte eine einsame Kerze vor sich hin und wurde mit der Zeit immer kleiner. Während Naruto sich und Sasuke noch Wein nachgoss, starrte Sakura in die Flamme und hing ihren Gedanken nach. Akito lag schon in seinem Bett und träumte wahrscheinlich seelenruhig vor sich hin. Auf die Nachricht, dass er ab morgen erstmal ganz alleine sein würde und jemand Unbekanntes auf ihn aufpassen würde, hatte er nicht minder geschockt als Sakura reagiert. Zuerst hatte er sich geweigert, musste dann aber einsehen, dass es nichts brachte. Er hatte keine Wahl. Die rosahaarige Kunoichi seufzte leise auf. Das letzte Mal als sie zusammen mit Sasuke und Naruto zu einer Mission angetreten war, lag schon weit zurück. Sie war sich nicht sicher … Konnten sie denn überhaupt noch als Team fungieren? Mussten sie sich denn nicht erst wieder aufeinander abstimmen? Immerhin hatte jeder von ihnen sowohl in der Kampfkunst, als auch in der Strategie Änderungen vorgenommen. Das konnte doch nur schiefgehen. Niedergeschlagen schloss sie ihre Augen und sah sofort das Bild ihrer beiden Kameraden vor ihrem inneren Augen aufblitzen. Unglaublich wie sich die beiden einfach in ihr Herz gemogelt hatten. Je länger sie die Gegenwart der beiden genießen durfte, desto mehr wurde ihr klar, dass sie ohne die beiden verloren war. Auch, wenn sie nie wieder gekehrt wären, war sie sich sicher, dass die beiden sie nie gänzlich verlassen hätten. Sowohl in Gedanken, als auch in ihren Träumen waren sie bei ihr. Egal, ob sie sie dann quälten oder trösteten, sie waren da. Die beiden Männer hatten sie auf Dauer verändert, stärker gemacht. Und das bei allem, was sie tat. Unvermittelt kam ihr Narutos Kuss wieder in den Sinn. Ihr Herz hüpfte in ihrer Brust. Obwohl sie wie ein Feigling geflohen war, war es dennoch aufregend gewesen so fordernd geküsst zu werden. Verschlagen lächelte sie in sich hinein. „Woran denkst du?“, riss Naruto sie aus ihren Gedanken und grinste sie fröhlich ein. Das Blut schoss ihr ins Gesicht, kroch von ihren Wangen hinüber in ihre Ohren. „An nichts“, fiepte sie und leerte schnell ihr Rotweinglas. Sie mochte dieses Zeug nicht unbedingt, aber sie musste zugeben, dass dieser tatsächlich ganz angenehm gewesen war. Ino hatte einen gute Geschmack, was das anbelangte. „Das sah aber nicht nach nichts aus“, erhob nun auch Sasuke seine Stimme. War er ihr doch wirklich in den Rücken gefallen ... „Ach, ihr bildet euch da etwas ein“, grummelte Sakura schließlich und erhob sich, um das Glas kurz durch zu spülen und dann stehen zu lassen. „Ich werde mich nun in meine Gemächer begeben und ruhen“, sprach sie etwas elitär und hörte augenblicklich ein Lachen hinter sich. Wärme strömte in ihren Brustkorb. Und diesmal lag es nicht an dem Alkohol. „Ihr seid bescheuert“, kicherte sie leise und verschwand dann nach oben. Die beiden Männer blieben alleine in der Küche zurück. Schweigend sahen sie einander an. Lange hatten sie so nicht mehr zusammen gesessen. Nach und nach tranken beide aus, blieben aber dennoch sitzen. Über ihnen hörten sie die Dusche laufen und nebenan das Radio, aus welchem leise klassische Musik erklang. „Sie hat sich verändert, nicht wahr?“ Diese Seite von Naruto, die jetzt zum Vorschein kam, sah man selten. Ruhig, ernst, beinahe verträumt. Sasuke hatte in den Jahren des Zusammensein auch Einfluss auf ihn genommen. Sie hatten alle einen gewissen Einfluss aufeinander gehabt. Auf die ein oder andere Art. „Hn.“ Naruto schmunzelte träge. „Mach mir nichts vor. Ich dachte, das hätten wir hinter uns gelassen, Teme.“ Bei dem Gebrauch der alten Anrede bekam Sasuke eine Gänsehaut. Er fühlte sich sogleich in die Vergangenheit zurück versetzt. Hatte er es damals noch als beleidigend aufgefasst, so war es nun schon so etwas wie ein liebevoller Kosename. „Wir haben uns alle verändert, Dobe.“ Ein verlegenes Grinsen umspielte die Lippen des Blonden als Sasuke aufstand, ihm das Glas aus der Hand nahm und ebenfalls in die Spüle stellte. „Ich hoffe nur alles wird gut gehen“, meinte der Ältere schließlich und drehte Naruto den Rücken zu. Dieser blickte verloren auf seine Hände, lachte dann bitter. „Unsere Aufenthalt hier war ja ziemlich kurz. Wehe du landest wieder auf der Krankenstation.“ Sasuke schaltete das Radio aus und auch das Plätschern, über ihnen im Bad, war verstummt. „Ich mache mir eher Sorgen um Sakura. Hoffentlich wird sie nicht zum Hindernis.“ „Sasuke! Du weißt ganz genau, dass Sakura ...-“, empörte sich Naruto, wurde jedoch direkt unterbrochen. „So war das nicht gemeint. Wenn ihr was passiert … Wir wissen nicht … Wenn dir was … Verdammt“, stotterte der sonst so stolze Uchiha und fuhr sich zerstreut durch das wilde Haar. Gerührt seinen besten Freund in einem solch schwachen Moment zu sehen, erhob sich Naruto. Vorsichtig legte er dem Anderen einen Hand auf den Arm. „Wirst du jetzt sentimental, Teme? Dem großen Uchiha fehlen die Worte. Dass ich das noch erleben darf.“ Der Shinobi verzog seinen Mund. Dieser Idiot sollte nach der langen Zeit doch wissen, dass auch er mal nicht weiter wusste. „Es wird schon alles gut gehen. Dafür sorge ich schon. Und jetzt mach dir keinen Kopf mehr. Lass und schlafen gehen.“ Während Naruto das Licht ausschaltete, drückte Sasuke die Kerze aus. Und schon hatte die Dunkelheit auch das Hause Haruno ergriffen. Kapitel 6: Zuhause ------------------ Der nächste Morgen kam für Sakura schneller als sie es erwartet hatte. Noch vor Sonnenaufgang fanden sie und ihre beiden Teamkameraden sich in voller Kampfmontur am Frühstückstisch ein, den die Beiden netterweise für sie gedeckt hatten. Und auch die gepackten Taschen standen schon bei der Garderobe. Es war alles bereit zum Aufbruch. Sie wusste es nicht wirklich zu beschreiben, aber irgendwie ging ihr das hier zu schnell. Viel lieber würde sie sich jetzt wieder in ihre warme Bettdecke einkuscheln und die Mission einfach verschlafen. Doch leider war sie eine passionierte Kunoichi und hatte die Pflicht für ihr Land einzustehen. „Guten Morgen“, murmelte sie und bekam gleich ein belegtes Brötchen zugeworfen, welches sie reflexartig fing. „Wir brechen in einer Stunde auf“, teilte Naruto ihnen mit, während er sich beim Essen nebenher mit der Schriftrolle beschäftigte, die Kakashi ihnen mitgegeben hatte. Sakura hob eine Augenbraue. Er klang so ernst, war voll bei der Sache. Hatte er denn gar keine Bedenken? Auch, wenn es so erschien, war noch lange nicht alles in Ordnung. Es stand noch so vieles zwischen ihnen. Die Vergangenheit, falsche Versprechen und unerfüllte Wünsche. Sie seufzte tonlos. Wie sollte sie das nur wieder repariert bekommen? Langsam aß sie das Brötchen, stärkte sich für das, was kommen würde. Ihr war wirklich nicht wohl bei der Sache. Es rumorte in ihrem Inneren. Als würde etwas sie davon abhalten wollen, loszugehen. Sakura wollte sich gerade einen Kaffee eingießen, als sie mit einem Mal ein zaghaftes Klopfen an der Haustür hörte. Ihre Augen trafen sich mit Sasukes. „Wer kann das sein? Es ist doch gerade mal ...“, Sakura sah auf die Uhr, die ihr gegenüber an der Wand hing ,“... kurz vor Sechs.“ Als sie sah, dass keiner der Männer bereit war aufzustehen, erhob sie sich schließlich und öffnete die Tür. Müde rieb sie sich die Augen. Wer auch immer geklingelt hatte, sie würde bei ihm sicherlich keinen guten Eindruck hinterlassen. „Hinata ...“, gab sie dann verblüfft von sich, als sie erkannt hatte, war da vor ihr stand. „Guten Morgen, Sakura“, grüßte die dunkelhaarige Kunoichi sie mit einem zarten Lächeln. Und ehe Sakura es auch nur geistig erfassen konnte, befand sie sich schon in einer Umarmung. „Tsunade hat mich geschickt, damit ich auf Ayato aufpasse. Also, lässt du mich rein?“ Hinatas Stimme klang hell und freundlich als sie sprach. Für Sakuras Geschmack viel zu hell und viel zu freundlich für diese Uhrzeit. Sie war noch gar nicht richtig wach und dann sowas … „Er heißt Akito“, murmelte Sakura etwas abwesend, während sie ihrer Freundin Einlass ins Haus gewährte. Erst als sie die Tür hinter sich geschlossen und Hinata in die Küche geschickt hatte, verdunkelten sich ihre Augen. Die Hyuuga war so ein guter und liebevoller Mensch … Ganz im Gegensatz zu ihr. Sie war laut, nervig und brutal. Wenn sie sich nur daran zurück erinnerte wie sehr Hinata Naruto liebte, dann wurde ihr ganz kalt ums Herz. Die beiden wären wirklich ein perfektes Paar. «Kopf hoch, Brust raus, Schätzchen. Davon lassen wir und doch nicht unterkriegen.» Sakura atmete tief ein, straffte die Schultern und betrat schließlich ebenfalls wieder die Küche. Doch kaum warf sie einen Blick in die kleine Runde, fror ihr Lächeln ein und eine bittere Übelkeit schlich sich langsam ihre Magenwand hinauf. «Sieh dir an, wie er sie anschaut … Als wäre sie das schönste Wesen auf Erden», schnappte die bissige Stimme in ihrem Kopf und Sakura spürte wie sich ihre Organe schmerzhaft zusammenkrampften. „Wir sollten langsam aufbrechen, meint ihr nicht?“, murmelte sie kaum hörbar mit einem Blick nach Draußen und schenkte der Gruppe ein unsicheres Lächeln. Erstaunt sah Naruto von ihr zur Uhr und wieder zurück. „Wir haben doch noch Zeit. Außerdem ist Hinata doch gerade erst gekommen.“ Die rosahaarige Kunoichi biss sich auf ihre Unterlippe, nickte dann aber und beobachtete die dunkelhaarige, junge Frau dabei, wie sie sich zu den beiden Herren setzte und sich fröhlich mit ihnen unterhielt. Übel gelaunt goss sie sich schließlich ihren Kaffee ein, gab ordentlich Milch und Zucker hinzu und lehnte sich dann demonstrativ an die Anrichte. Innerlich hielt sie einen Moment inne. «Na, sieh mal einer an. Du bist eifersüchtig.» Leise grummelte sie vor sich hin. Als sie Hinata aus dem Augenwinkel hinaus beobachtete, musste sie still und heimlich zugeben, dass sie erkennen konnte, wieso die Männer im Dorf ihr hinterher sahen. Sie war wirklich ausgesprochen schön. Glänzende Haare, eine elfenbeinfarbene Haut, üppige Kurven und ein Lächeln, dass den Frühling versprach, gepaart mit einer hellen, freundlichen Stimme. Nein, damit würde sie niemals konkurrieren können. Doch sollte sie die Finger von ihren Männern lassen. Hinata hatte ja keine Ahnung, was sie ihr bedeuteten, wie viel sie für sie geben würde. Sakuras Hand drückten die Tasse so stark zusammen, dass ein winziger Riss im Porzellan anstand. Erst dann hatte sie sich wieder im Griff. Noch nie war sie ihrer langjährigen Freundin gegenüber so feindlich gestimmt gewesen. Das musste sie dringend unter Kontrolle bekommen. „Sakura, ich habe hier etwas für dich“, erklang Hinatas Stimme urplötzlich aus dem Gespräch heraus und erweckte Sakuras Interesse. Zwei Briefe wurden ihr entgegen geschoben als sie an den Tisch trat. Fragend hob sie eine Augenbraue. „Der eine ist von Ino. Sie kam nicht mehr dazu ihn dir selbst zu geben. Ich habe ihr zwar gesagt, sie soll mit mir kommen, wenn ich zu euch gehe, aber sie wollte nicht. Du kennst sie ja. Und der Andere ist von deiner Mum. Tsunade hat ihn mir gestern Abend noch gegeben als ich Hanabi im Lazarett besucht habe. Für den Fall … Naja … Dass etwas in deiner Abwesenheit passieren sollte.“ Die rosahaarige Kunoichi hielt die Luft an. Das kam vollkommen unerwartet. „Danke, Hinata. Ich bin dir was schuldig“, brachte sie leise hervor und öffnete vorsichtig Inos Brief. Sofort verwandelte sich ihr trauriges Gesicht in ein Strahlendes. Die kleinen, aufgeklebten Rosen am Rand des violetten Papiers waren vielleicht etwas kindisch für ihr Alter, aber sie passten zu Ino. Sie passten zu ihrer Freundschaft. Bei dem Gedanken an die alten Zeiten fuhr ihre Hand automatisch zu ihrem Hitai-ate. Obwohl sie und Ino sich das ein oder andere mal gestritten oder sogar bekriegt haben, war sie dennoch ihre treueste und ehrlichste Freundin. Ihre Mutter hatte einmal den Ausdruck gebraucht, dass sie wie Arsch auf Eimer passten. Und es war tatsächlich so. Ino war eine der wenigen Personen, die ihren Charakter und ihr Leben am meisten geprägt hatten. Nur dank ihr war sie zu der Frau geworden, die sie heute war. Sie war stolz darauf, dass sie so eine stolze und großartige Frau zu ihren Freunden zählen durfte. „Liebe Breitstirn ...“, leise lachte Sakura auf, als sie begann vorzulesen. Diese kleine Beleidigung löste ein warmes Gefühl in ihrer Brust aus. Hatte sie sich früher noch für dieses Merkmal geschämt, so war sie dank Ino inzwischen stolz drauf und hatte gelernt sich mit all ihren Makeln zu lieben. “Ich weiß nicht wann und ob du diesen Brief öffnen wirst, aber bevor du zu dieser verdammten Mission aufbrichst und ich in Gefahr laufe, dich womöglich nie wieder zu sehen, schreibe ich jetzt diesen Brief und verabschiede mich hiermit. Hinata mag dir vielleicht gesagt haben, dass ich nicht vorbei gekommen wollte, aber du weißt genauso gut wie ich, dass ich mich einfach nicht persönlich von dir verabschieden kann ohne in Tränen auszubrechen. Sei mir bitte nicht böse, ja? Immerhin warst lange nicht mehr auf einer solch gefährlichen Mission und ich weiß schon jetzt, dass ich mir die ganze Zeit über Sorgen um euch machen werde. Wer wird mir denn dann auf die Nerven gehen, wenn du weg bist? Das ist echt unverantwortlich von dir, Breitstirn. Schließlich bist meine besten Freundin und Rivalin. Und das womöglich seit ich denken kann … Du bist immernoch die kleine Heulsuse von damals. Das schüchterne Knallbonbon mit den Sommersprossen … Verdammt, ich werde dich echt vermissen, Breitstirn. Komm mir ja heil zurück, sonst werde ich Sasuke und Naruto dafür verantwortlich machen und ihnen eigenhändig den Arsch aufreißen. Mach´s gut und bis bald. Deine Ino-Pig.“ Sakura konnte nicht verhindern, dass ihr ein paar Tränen aus den Augen kullerten. Ino war doch bescheuert. Ihr so einen Brief zu schreiben … Rasch wischte sie sich über die Augen und blinzelten den dichten Tränenschleier weg. „Oh, Sakura“, murmelte Hinata wehmütig und schloss die Haruno in eine sanfte Umarmung, welche auch gleich erwidert wurde. „Wenn Sasuke und Naruto schon die Pflicht haben auf mich aufzupassen, dann möchte ich, dass du bitte auch auf Ino aufpasst. Und wenn wir zurück kommen, will ich sie und Sai endlich verlobt sehen, klar?“ Beide Frauen lachten leise. „Ich verspreche es. Und wenn ich selbst dafür sorgen muss ...“, erwiderte Hinata fröhlich und kreuzte mit Sakura den kleinen Finger. Dann war es soweit und Team 7 musste Wohl oder Übel aufbrechen. Nach einer kurzen Verabschiedung verließen sie, im Schein der aufgehenden Morgensonne, still und leise das Dorf.   „Hier müsste es ungefähr sein“, ließ Naruto nach einigen Stunden des Laufens verlauten und sprang vom Baum auf die kleine, offene Lichtung hinunter. Seine beide Teamkameraden folgten ihm ohne Worte und nahmen ihre Plätze neben ihm ein. Mit wachem Blick scannten sie ihre Umgebung nach etwas Ungewöhnlichem ab. „Teilen wir uns auf. Sakura nach Osten, Sasuke in den Westen und ich weiter nach Norden. Wenn einer von uns etwas findet, sendet er einen kurzen Chakrastoß aus.“ Auf diese Worte hin, strömten die Drei in verschiedene Richtungen und gingen dabei äußerst vorsichtig vor. Keiner von ihnen wollte entdeckt werden und es so womöglich auf einen Kampf hinauslaufen lassen. Sakura hielt sich währenddessen am Boden. Der dunkle Mantel um ihre Schultern verdeckte ihren kurzen, dunkelroten Qipao perfekt und auch die Kapuze ließ nichts von ihren rosanen Haaren zum Vorschein kommen. Und obwohl ihre grünen Augen herausstachen wie Smaragde, blieb sie unauffällig. Plötzlich stieg ihr ein wirklich ekelhafter Geruch in die Nase. Schlagartig änderte sie ihre Richtung. Sie kannte den Geruch. Es war der Geruch von Blut und Verwesung. Erst als sie versteckt zwischen einigen Bäumen und hohen Sträuchern den Eingang einer Höhle sah, hielt sie an. Angewidert hielt sie sich mit der Hand die Nase zu und betrat nach kurzem Zögern die Höhle. Dabei vergaß sie allerdings völlig, dass sie einen Chakrastoß aussenden sollte, um die Anderen zu benachrichtigen. Doch vor dem, was sie dort drinnen erwartete, hätte weder Naruto noch Sasuke sie warnen können. Auf einem Altar, ganz am Ende des Ganges, lag die Leiche einer jungen Frau. Ihre Kehle war aufgeschlitzt worden. Leblos starrten ihre Augen auf einen Punkt über ihr, schrien stumm nach Hilfe. Blut bedeckte den Tisch, den Boden, die Leiche, einfach alles. Wie ein roter Schleier zog es an Sakuras Blick vorbei. Fliegen häuften sich auf dem toten Körper, schwammen in der roten Masse und Ratten nagten langsam an der von Maden zersetzten Haut. Hier und da schimmerten silbern Knochen aus den Löchern hervor. Das rechte Bein fehlte komplett, wahrscheinlich von einem Wolf oder einem anderen, wilden Tier abgebissen. Doch der Geruch war mit das Schlimmste. Brennend, bitter, stechender als zuvor. Metallend, blutig. Es war grauenvoll. Und so war es auch kein Wunder, dass Sakura die Magensäure nach oben stieg, ihr Tränen in die Augen schossen und sie sich geradewegs übergab. Röchelnd stand sie an der Höhlenwand und erbrach solange, bis sie das Gefühl hatte, dass sich nichts mehr in ihrem Magen befand. Zitternd stützte sie sich ab. „Wer tut so etwas?“, wisperte sie leise. „Schuldig!“ Sakura schreckte auf als, vollkommen unerwartet, eine fiese Stimme durch die Höhle hallte. Gemütlich an dem blutigen Altar lehnend, stand ein braunhaariger Mann, schätzungsweise Anfang Dreißig und grinste ihr dreckig entgegen. Seine Augen blitzten ihr entgegen und ließen von der Dunkelheit in seinem Inneren nur einen Bruchteil erahnen. „Mhh, gefällt es dir?“, Er drehte sich einmal präsentierend um sich selbst, blieb dann ruckartig stehen. Seinen Oberkörper dabei so weit nach vorne gebeugt, dass man Angst bekam, er würde vorneüber fallen. ,“Gefällt dir mein Kunstwerk?“ Sakura zog die Augenbrauen zusammen, trat einen Schritt zurück, sodass ihr Rücken beinahe die Höhlenwand berührte. „Kunstwerk?“, wisperte sie ungläubig. „Ich fasse das mal als ein Nein auf“, deduzierte er aus ihrem angewiderten Ton und zog aus einer kleinen Tasche an seinem Gürtel eine handvoll Wurfnadeln. Die Kunoichi hielt die Luft an und machte sich bereit. Sie sah, was er wollte. Schnell nahm sie ihr Kunai in die Hand, hielt es schützend vor ihren Körper, während sie in die andere Hand ihr Chakra fließen ließ. Sie konnte ihren Gegenüber nicht genau einschätzen. „Du wirst nun durch meine Hand sterben. Fühle dich geehrt, meine Schöne.“ Er riss seine Augen unmenschlich weit auf als er absprang und auf sie losstürmte. Die Senbon hielt er dabei fest im Griff. Sakura nahm an, er würde sie werfen und machte sich dementsprechend zur Verteidigung mit ihrem Kunai bereit, doch riss er im letzten Moment seinen Arm herum und zog ein Schwert aus seinem Mantel. Dieses schwang er in solch einer Geschwindigkeit herum, dass ihr nichts anderes übrig blieb, außer sich unter dem Metall hinweg zu ducken. Adrenalin rauschte durch ihren Körper und ihre Reflexe liefen auf Hochspannung. Schnell bog sie ihren Rücken durch und vollführte einen Flic Flac. Sie musste Abstand zwischen sich und ihren Gegner bringen und sich schnell eine Strategie ausdenken. Dadurch dass sie sich in einer Höhle befanden, konnte sie es nicht riskieren, ihre Chakrafaust in den Boden zu rammen ohne alles zum Einsturz zu bringen. Mit dem Schwert hatte er außerdem einen großen Vorteil. Entweder lockte sie ihn nach draußen, um mehr Angriffsfläche zu haben oder sie parierte das Schwert mit einer Chakraklinge. Das würde sie allerdings nicht ewig durchhalten. Und ihr Byakugou wollte sie nicht einsetzen. Also Nummer Eins. Abrupt drehte sie sich um und stürmte zum Ausgang, ihren Gegner im Nacken. «Dummkopf» Kurz nachdem sie wieder nach Draußen getreten war, wandte sie sich zurück zu ihrem Gegner, ließ das Chakra in ihrer Faust pulsieren und rammte diese kräftig in den Boden. „Shannaro!“ Die Erde unter ihr erzitterte im Angesicht ihrer Kraft, die Höhlenwände bekamen Risse und stürzten schließlich mit lautem Krachen in sich zusammen. Staub wirbelte auf, ließ sie einen Rückwärtssalto hinlegen. Für einen kurzen Moment wiegte sie sich in Sicherheit. Doch dann musste sie mitansehen, wie ihr Gegner zwischen den Steinbrocken hervorbrach und mit dem gehobenen Schwert auf sie zustürzte. „Verdammt“, konnte sie gerade noch so hervorbringen, bevor er auf sie einstach.   Zwei einsame Gestalten rannten gehetzt durch den grünen, mit Leben gefüllten Wald. Der laue Wind zupfte regelrecht an ihrer Kleidung wiegte die Kronen der Bäume sanft zur Seite. Doch keinem von ihnen blieb auch nur die Zeit, dieses Schauspiel zu genießen und sich für einen Moment auszuruhen, denn nur wenige Augenblicke zuvor hatte eine unglaubliche Chakrawelle, nicht unweit von ihnen, sie aufs Höchste alarmiert. Sakura musste in Gefahr schweben, wenn sie es riskierte, solches Aufsehen zu erregen. Plötzlich jagte eine mächtige, zitternde Druckwelle durch den Wald und mähte Büsche, Sträucher und Halme mit einem Schlag nieder. Der Boden bebte, wie unter einer heftigen Detonation, wirbelte Steine auf und riss sie beinahe von den Füßen. Wie auf ein Zeichen hin, sprangen die beiden männlichen Mitglieder des Trios hinauf in die Bäume. Auf ihrem Weg passierten sie zwei im Sonnenlicht glänzende Shuriken, die in den Stämmen steckten. Dunkelrote Blutspritzer sprenkelten die raue Rinde eines Baumes und lange, einzelne Strähnen von rosanem Haar hatten sich in den Abzweigungen der dünnen Äste verfangen. Rechts von ihnen eine in sich zusammengefallene Steinhöhle. Das konnte nur Sakura sein. Eine männliche, hämisch lachende Stimme, lockte sie schließlich tiefer in den Wald. Zusammen stoppten sie vor einer Baumreihe, hinter welcher sich eine kleine, schmale Lichtung erstreckte. Diese war vollkommen zerstört. Eine riesige Kluft hatte sich in der Mitte aufgetan, bereit alles und jeden zu verschlingen, Risse zogen sich über den Erdboden und ließen nur erahnen, welche Kräfte hier gewütet haben. „Sakura!“, rief Naruto aus, als er den vertrauten, rosanen Haarschopf erblickte und warf zur Ablenkung einen Kunai auf ihren Gegner. Schon aus der Ferne sah er die blutende Schnittwunde an ihrem Oberarm und kam nicht umhin sich daran zurückzuerinnern, wie er sie damals fast genau an der selben Stelle verletzt hatte. Es hatte Tage, ja fast Woche gebraucht, bis er ihr wieder in die Augen blicken konnte, ohne währenddessen Schuldgefühle zu empfinden. Dabei wusste er, dass sie noch heute damit zu kämpfen hatte. Kuramas Chakra hatte sich in einen ihrer Chakrazweige gefressen und diesen beschädigt. Er wusste nicht, ob sie noch Schmerzen hatte, aber die Narbe würde wohl auf ewig zu sehen sein. Wie zwei bunte Blitze schnellten sie auf ihre Kameradin zu und mischten sich in den Kampf ein. Augenblicklich schlug ihr Gegner mit dem Schwert auf die beiden Neuankömmlinge ein, völlig blind vor Mordlust. Als Naruto dem ersten Hieb auswich, schnitt die Spitze des Schwertes kurz vor seinen Augen durch die Luft, hinterließ ein schneidendes Geräusch. Er hielt die Luft an. Das war verdammt knapp gewesen. Bevor das Schwert ihn auch nur erneut hätte erreichen können, parierte Sasuke selbiges mit seinem Kusanagi. Klirrend schabten die Klingen aneinander und man hätte meinen können, Funken würden zwischen ihnen sprühen. Im selben Moment noch, holte Sakura erneut mit ihrer geladenen Faust aus, bereit ihrem Gegner das Licht auszublasen. Doch trat er im rechten Zeitpunkt nach ihrem Handgelenk und ließ den Schlag somit ins Leere gehen. Jedoch war sie keineswegs gewillt aufzugeben. Unbarmherzig schlug sie nach ihm, trieb ihn damit immer weiter zurück. „Scheiße“, hörte sie ihn murmeln und sah wie er in Windeseile nach hinten auswich, sich immer weiter von ihnen entfernte. „Wir werden und wiedersehen“, zischte er, vollführte einige Fingerzeichen und nur wenige Sekunden später prasselten Senbon, Kunai und Shuriken wie eine Todeswelle auf sie nieder. Schnell flüchtete sie auf einen großen Baum am Rand der Lichtung, sah aus dem Augenwinkel wie Sasukes Augen kurz rot aufflackerten und wehrte dann mit einem Kunai die restlichen Waffen ab, die es durch die Baumkrone geschafft hatten. Und wie es im Nachhinein aussah, hatte auch kein anderer etwas abbekommen. Allerdings waren sie so sehr damit beschäftigt gewesen, nichts abzubekommen, dass die Drei nur am Rande wahrgenommen hatten, wie ihr Gegner im dichten Wald verschwunden war. Erst als der Waffenregen ein Ende gefunden hatte stießen sie wieder zusammen. „Ist das alles, was du drauf hast?“, rief Naruto schließlich in den Wald hinein und grinste triumphierend. Ihr Gegner hätte es sowieso nie mit ihnen aufnehmen können. Nicht mit Team 7. Beschützend legte er einen Arm um Sakuras Schultern. „Wir sind unschlagbar“, lachte er dann und brachte seine Kameradin ebenfalls leise zum Kichern. Doch sie wusste, dass sie herausfinden mussten, wer das gewesen war, ob es noch mehr von ihm gab und was genau er mit den vergangenen Ereignissen zu tun hatte. Sie war sich sicher, dass da erst der Anfang gewesen war.     Als sich die Nacht langsam über das Land legte, hatten Sakura und ihre beide Männer schon längst ein Lager am Rande eines Flusses aufgeschlagen. Draußen, vor dem Zelt, knisterte das Feuer leise vor sich hin, schlug Funken über dem Holz und spendete ein wenig Wärme. Über ihnen funkelten die Sterne am Firmament, blitzten ab und zu auf. Eigentlich ein durch und durch idyllisches Bild, wenn man drüber hinwegsah, dass sich im Inneren des Zeltes Sasuke von der einen Seite zur anderen wandte, bis es schlussendlich aufrecht saß. Das Sharingan aktiviert, wild rotierend, sah er sich um. Für einen Moment durchflutete Panik, reine nackte Angst seinen Körper und Itachis verzerrtes Gesicht erschien mit seinen toten, leeren Augen. Blutig, verloren, aber ihn dennoch liebend. Rote Farbe durchzog Sasukes Blick, als er sich an das ganze Blut erinnerte. Es war seine und ganz allein seine Schuld gewesen. Es war immer seine Schuld. Er war der Rächer, der Mörder, der Verräter. Seine Nasenflügel blähten sich und seine Hände krampften immer wieder zusammen. Tief durchatmen. Die letzten Jahren hatten ihn doch gelernt, damit umzugehen. Fahrig fuhren seine Hände über seine Augen. Anscheinend hatte er nicht wirklich lange geschlafen, wenn Naruto immernoch Wache hielt. Er sollte sich beruhigen. Ob es daran lag, dass er sich wieder auf Mission befand? Solange er in Sakuras Haus gewesen war, in einem der weichen Betten, wo er sich geborgen fühlte, wo er umgeben von seinen Freunden war, hatten sie Albträume keine Chance gegen ihn gehabt. Er hatte sie immer wieder bezwingen können. Doch nun war alles wieder da. Das Blutvergießen, das Abschlachten von willkürlichen Personen. Das war sein Leben. Schon immer. Der Weg des Mordens. Er, alleine, der letzte seines Klans. Schnaufend legte er sich wieder hin, zog die Decke hoch über seine Schultern. Es war wirklich außergewöhnlich kalt. Wenn er sich nicht irrte, sogar kälter als sonst. So als wäre ein kalter Winter angebrochen. „Sasuke? Was ist los? Dein Chakra pulsiert“, brach plötzlich eine verschlafene Stimme durch die Stille. Er wollte antworten, doch brachte er nicht einen einzigen Ton hervor. Erst als er ihren blassen Umrisse grob vor sich erkennen konnte, zog er zischend die Luft ein. Ihre Hand die sich zärtlich auf seine Wange legte, strich langsam und vorsichtig darüber, als wäre er zerbrechlich. „Du bist ganz kalt.“ Sie war kaum zu verstehen, so sehr nuschelte sie. Wahrscheinlich hatte er sie aus irgendwelchen Träumen gerissen. Er wollte sich entspannen, er wollte wieder einschlafen. So sehr. Doch die Bilder seiner Vergangenheit fesselten ihn. Als hätte sie seine dunklen Gedanken erahnt, rückte Sakura auf einmal näher an ihn heran und warf einen Teil ihrer Decke über ihn. Der Shinobi spürte wie sich ihre Oberkörper berührten und konnte einen leichten Schauder nicht verhindern. Er kam nicht umhin ihren leichten Geruch nach Vanille und Mandeln zu bemerken. Es war der Duft, der sie immer umgab. So vertraut. Unklar, was genau ihn in diesem Moment überkam, legte er seinen Arm um sie, hörte sie nach Luft schnappen. Ihr Atem hatte angehalten, ihre Bauchmuskeln tanzten unter seinen Fingerkuppen. „Sasuke ...“ Sie bekam nur ein leises Brummen zu hören. Doch sie gab sich damit zufrieden. War er im einen Moment so kalt und verletzend, konnte er im anderen genauso warm und herzlich sein. Dieser Mann würde wohl auf ewig ein einziges Mysterium für sie sein. Doch auch wenn sie ihn womöglich nie verstehen würde, wenn sie dieses Schloss nie knacken würde, war es dennoch kein Hindernis für sie, ihn zu lieben. „Weißt du … Ich habe auch Albträume. Du musst dich dafür nicht schämen. Jeder hat Angst vor etwas. Ich zum Beispiel habe Angst davor, euch zu verlieren“, flüsterte sie blind in die Dunkelheit hinein. Und es stimmte. Wenn sie Sasuke und Naruto jemals verlieren würde, hätte sie keine Lust mehr zu leben. Die beiden waren ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihre Zukunft. Und rein gar nichts konnte das ändern. „Schlaf.“ Ein zartes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Das war es. Hier, inmitten dieser beiden Männer, war ihr Zuhause. Dort wollte sie leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)