Till The World Stops Turning Round von Schreibfeder (Wie weit bist du bereit zu gehen?) ================================================================================ Kapitel 3: Aufprall ------------------- Sakura befand sich noch im Halbschlaf, als sie von hellen Sonnenstrahlen geweckt wurde, die durch ihre weißen Vorhänge brachen. Es war seltsam. Sie registrierte sofort, dass etwas nicht stimmte. Normalerweise ließ sie ihre Jalousien jeden Abend vor dem Zubettgehen komplett hinunter. Es war einfach viel angenehmer in einem komplett abgedunkelten Zimmer zu schlafen. Doch an diesem Morgen waren sie nur zur Hälfte hinunter gelassen. Plötzlich überfiel sie ein zwickendes, unangenehmes Gefühl auf der Haut. Zögernd öffnete sie die Augen und stieß angesichts der Helligkeit ein genervtes Stöhnen aus. Ruckartig schlug sie die Bettdecke beiseite und stellte fest, dass sie noch immer ihre verschwitzte Kleidung von gestern trug. Wahrscheinlich war sie nach dieser kräftezehrenden Mission zu nichts mehr in der Lage gewesen. „Ich muss ganz dringend duschen“, murmelte sie zu sich selbst und schälte sich aus der Bettwäsche. Wenigstens standen ihre pinken Pantoffeln noch dort, wo sie immer standen. Immerhin etwas. Sie bemühte sich zu ihrem Kleiderschrank und nahm sich ein paar gemütliche Sachen heraus, bevor sie schnell ins angrenzende Bad huschte, um sich zu duschen und frisch zu machen. Als sie schließlich wieder halbwegs ordentlich aussehend, die Haare gekämmt und den Morgenatem beseitigt hatte überkam sie das Verlangen nach einem ordentlichen Frühstück. Was anderes als zur Bäckerei zu gehen würde ihr wohl nicht übrig bleiben. Der Kühlschrank würde ihr nur gähnende Leere bieten. Doch als sie in den Flur tapste und leise Stimmen aus dem unteren Stockwerk hörte, traf sie der Schlag. Sie hatte tatsächlich verdrängt, dass sie nicht mehr alleine war. Wie vom Donner gerührt blieb sie stehen. Naruto und Sasuke waren tatsächlich zurück. Die Reise war beendet, sie waren wieder in Konoha, bei ihr, in ihrem Haus, ganz in der Nähe. Sie musste sich einmal in die Wange kneifen, um sich bewusst zu machen, dass sie wirklich wach war. Einmal, zweimal tief durchatmen ... Diese Begegnung war so lange von ihr herbeigesehnt worden. Und nun sollte es wirklich soweit sein. Langsam trat sie die Treppe nach unten, bemüht keinen Laut zu machen. Jede Stelle, von der sie wusste, dass sie knarzen würde, ließ sie aus. Sie war so aufgeregt. Sakura tapste leise zur Küche, aus welcher das Gemurmel – nun um einiges verständlicher – zu hören war. Sie blieb vor der angelehnten Tür stehen, hielt einen Moment inne, als sie das Gekicher von Naruto hörte. „Du kannst ruhig rein kommen, Sakura“, lachte er. Die Kunoichi zuckte so stark zusammen, dass ihr Ellenbogen gegen den Türrahmen stieß. Begriffsstutzig blieb sie erst einen Moment stehen, bevor sie die Tür nun ganz öffnete und sie zwei ganz anderen Männern gegenüberstand als erwartet. Die darauffolgende Stille im Raum war beinahe unheimlich. Blicke wurden ausgetauscht - kurze, lange. Man ließ Musterungen über sich ergehen, versuchte Linien und Schlüsse zu ziehen, den anderen nicht zu auffällig anzusehen. Zum ersten Mal seitdem ihre beiden Teamkameraden sie verlassen hatte, wurde ihr klar, wie dumm sie doch gewesen war, zu glauben, Sasuke und Naruto würden bei ihrer Rückkehr noch immer die Gleichen sein. Das komplette Gegenteil war eingetroffen. Narutos Haare waren kürzer, sein Hautton war dunkler, er war größer geworden und hatte mehr an Muskelmasse zugelegt. Doch seine Augen waren noch immer dieselben. Dasselbe vertraute Blau, die gewohnte Tiefe und das leuchtende Strahlen. Unwillkürlich musste sie lächeln. Wie gut er doch aussah. Die Frauen im Dorf würden sich sicherlich um ihn reißen. Sasukes Haare dagegen waren länger, beinahe schulterlang. Einige Strähnen verdeckten sein linkes Auge. Auch seine Haut war dunkler und die Muskeln ausgeprägter. Und die Augen waren im Gegensatz zu Narutos nicht dieselben geblieben. Sie hatten sich verändert. Zu sehr, um ihr ein vertrautes Gefühl zu geben. Doch die neugewonnene Wärme in ihnen machte sie ungemein Stolz. Es hatte sich einiges geändert. „Willkommen zurück“, sagte sie leise, behielt ein liebevolles Lächeln auf den Lippen. Die leise Stimme in ihren Kopf ignorierend, setzte sie sich zu den beiden an den gedeckten Tisch. Kurz ein paar Blicke mit den anderen beide ausgetauscht, griff Sakura schließlich nach den lecker duftenden Brötchen in der Mitte. Zugegeben war es ihr etwas unangenehm beim Frühstücken so von den beiden gemustert zu werden, doch beließ sie es dabei. „Also, erzähl mal. Wie waren die letzten Jahre so?“, sprach Naruto sie nach ein paar Minuten des Schweigens an. Sakura blieb das Stück Brötchen im Hals hängen. Sie fing an zu husten und klopfte sich hektisch auf die Brust. Erst als der blonde Shinobi ihr einen leichten Schlag auf den Rücken verpasste, rutschte es wieder in ihren Mund. Ihr war von vornherein klar gewesen, dass sie das Thema auf Dauer nicht hätte vermeiden können, doch warum musste er es so schnell zur Sprache bringen? „Ähm, gut“, log sie, als sie wieder vernünftig zu Atem kam. „Bin ein bisschen hier in der Weltgeschichte herum gesprungen. Habe dies gemacht, das gemacht.“ Den skeptischen Blicken der beiden wich sie bewusst aus. „Und ihr? Wie war eure Reise?“, murmelte sie, versuchte einen neutralen Unterton beizubehalten. „Öhm, aufschlussreich und … aufregend. Ja.“ Damit war das Thema wohl beendet. Es war nicht zu leugnen, dass sie es nötig hatten, zu reden. Gesprächsstoff existierte immerhin genug. Jedoch fühlte es sich so an – zumindest für Sakura – als säße sie Fremden gegenüber. All die Jahre der Trennung hatten eine Mauer zwischen sie gezogen. Dabei waren sie ein Team, Freunde gewesen. Und nun waren sie schon fast erwachsen. Wenigstens eine Sache hätte existieren sollen, über die sie reden konnten. Doch nichts dergleichen. Nur Stille und Sakuras leise Kaugeräusche. „Was ist nur mit uns passiert, dass wir es nicht einmal mehr schaffen, miteinander zu reden?“, versuchte Naruto mit leichtem Schalk in der Stimme, die Laune zu heben, obwohl ihm nicht wirklich zum Lachen zumute war. Er hätte nie angenommen, dass das Zusammentreffen von ihnen Dreien so ausfallen würde. So kühl. Beinahe herzlos. Er schluckte, sah unsicher zwischen den beiden anderen her. Sasuke hatte seine Augen geschlossen, die Hände unter seinem Kinn gefaltet und Sakura starrte nur regungslos auf ihr halb aufgegessenes Brötchen. Es würde schwieriger werden als gedacht, sie drei wieder vertraut miteinander werden zu lassen. „Leute, jetzt hört doch auf! Früher ist es doch auch nicht so gewesen. Wir waren doch Freunde.“ Sasuke verzog minimal seinen Mund, Sakura zuckte zusammen. Vielleicht war es doch ein Fehler von Kakashi gewesen, die beiden Männer bei ihr unterzubringen. Seine Absichten dahinter waren immerhin mehr als offensichtlich gewesen. Er wollte seine Schützlinge wieder zu einem Team machen. „Du sagst es, Naruto. Wir waren Freunde. Jetzt sind wir nur noch Leute, die sich mal gekannt haben.“ Sasukes Worte glichen einem tonnenschweren Stein, der von oben auf sie nieder knallte. Die Endgültigkeit dieser Worte war unvergleichlich hart. Sakuras Finger krallten sich in das Brötchen. Auch Naruto musste hart schlucken. Hatten sie beide sich auf der Reise die meiste Zeit über doch relativ gut verstanden. Zwischen den gängigen Neckereien schien es doch immer wieder Momente zu geben, in denen die Freundschaft zwischen ihnen fast greifbar gewesen war. „Dann weiß ich ja jetzt, was du von uns denkst“, hörte er Sakuras dünne Stimme wispern. Es brach ihm das Herz. Sie stemmte sich mit ihren zitternden Armen vom Tisch hoch, legte den Kopf in den Nacken. Sie griff sich die Teller, das Essen und fing vorzeitig an, abzuräumen. Nur, um einen Grund zu haben, sich von den beiden abzuwenden. Als sie an der Spüle stand, musste sie erstmal für ein paar Sekunden durchatmen, bevor sie zu etwas anderem fähig war. Es hatte sie ungemein verletzt, was Sasuke da von sich geben hatte. Insgeheim hatte sie doch auf einen Neuanfang gehofft. Wenn man Menschen über Jahre hinweg liebte, trafen einen solche Worte. "Sakura, hör mal. Ich bin sicher, dass Sasuke ...-“, fing Naruto mit seinem kläglichen Versuch an, sie aufzumuntern, als er von dem Klingeln der Haustür unterbrochen wurde. Egal, wer es auch sein mochte, Sakura war ihm dankbar. Schnell legte sie alles aus der Hand und stürmte schon zur Tür. Ein paar leichte Klopfer auf die Wange und schon fühlte sie sich ein wenig frischer. Sie öffnete die Tür. „Akito!“, rief sie freudig aus, als sie den kleinen Jungen vor sich sah. Er lächelte sie leicht an, versuchte sich nicht ansehen zu lassen, dass er sich unwohl fühlte in der neuen Umgebung, mit so vielen unbekannten Menschen. „Er hat sich vorbildlich benommen“, sagte Temari und legte ihm friedlich die Hand auf den Kopf. „Danke, dass du dich um ihn gekümmert hast, obwohl du und Shikamaru momentan sicherlich viel mit Shikadai zu tun habt. ... Apropos ... ähm … Was hat Tsunade denn gesagt?“ Die Schuld war Sakura im Gesicht abzulesen, während sie ihren Finger sanft über die gerötete Wange des Babys in Temaris Armen gleiten ließ. Doch sie hatte die Auszeit gebraucht, um erstmal alles zu regeln. Hauptsächlich waren es ihre Gefühle gewesen, die sie hatte sortieren müssen. Das hatte zwar nicht so wirklich gut geklappt, aber größtenteils war alles wieder geordnet. Doch nur ein Seitenblick zur Küchentür genügte, um sich wieder hilflos zu fühlen. „Schon gut, wir haben es gerne gemacht. Vor allem, nachdem du so viel für uns getan hast. Speziell in den letzten Tagen.“, schmunzelte Temari ,“Tsunade meinte, dass es nichts auszusetzen gäbe. Er ist ein gesundes Kind und ich soll zu ihr kommen, sobald es Schwierigkeiten gibt. Außerdem habe ich die Order, mich zu schonen. Von wegen. Mir geht es hervorragend, also kann ich auch was tun. Obwohl ich ab und zu schon merke, dass ich in den letzten Monaten kaum trainiert habe. Ich werde das Dasein als Kunoichi wohl weitestgehend an den Nagel hängen und nur noch harmlose Missionen annehmen, die nicht allzu lange dauern. Meine Familie geht erstmal vor. Aber, zurück zu dir. Ist alles okay? Ich hab´s schon gehört. Die Sache mit Naruto und Sasuke. Das hat Kakashi ja ganz schön hinterhältig eingefädelt.“ Beim Reden hatte sie ihr Stimme wieder ein wenig gesenkt und war schließlich ins Flüstern übergegangen. Sakura seufzte, strich sich durchs Haar. Ob alles okay war? Sie hätte am liebsten aufgelacht. Es war ein Ding der Unmöglichkeit diese Frage zu beantworten. „Ich weiß es nicht“, murmelte die Medic-Nin, verschränkte ihre Arme, als wäre ihr kalt. Auf der einen Seite war sie unglaublich froh ihre beiden Männer wieder bei sich zu wissen, aber auf der anderen Seite, wusste sie nicht wohin mit sich und ihren Empfindungen. „Temari?“, hörte sie Narutos Stimme hinter sich und zuckte vor Schreck zusammen. Sie musste sich definitiv daran gewöhnen, dass sie nicht mehr alleine war. Ihre Hand rutschte vom Türrahmen, als sie einen Schritt beiseite trat, damit sich die beiden vernünftig ansehen konnten. „Naruto“, schmunzelte die frischgebackene Mutter, streckte dem Blondschopf freundlich die Hand entgegen. Kaum hatte Naruto diese ergriffen, wurde auch schon das Baby in ihren Armen begutachtet. „Ist … ist das deines?", stotterte der Blondschopf ungläubig und sah immer wieder zwischen Temari und dem Baby hin und her. „Hat Sakura denn noch nichts erzählt?“ „Ich kam noch nicht dazu“, murmelte die Kunoichi, biss sich verlegen auf die Unterlippe. „Na, dann. Also, das hier ist Shikadai“, Temari nahm liebevoll die Hand ihres Sohnes und hielt sie Naruto entgegen ,“Er ist mein und Shikamarus Sohn. Ich bin vor ein paar Tagen auf ihn und Sakura getroffen, nachdem man Kankuro und mich angegriffen hatte.“ Naruto ergriff mit zwei Fingern die kleine Hand und schüttelte sie leicht. Er schien ganz fasziniert von dem süßen Wesen. „Das ist ja echt krass. Ich wusste gar nicht, dass Shikamaru so ein Schwerenöter ist. Wo hast du Kankuro denn gelassen?“, fragte er ahnungslos. Wäre da kein großer Kloß in Sakuras Hals gewesen, hätte sie zischend die Luft eingezogen. Sie sah, wie sich Temaris Blick automatisch gen Boden senkte und sie Shikadai dichter an ihren Körper presste. „Er hat den Angriff nicht überlebt“, wisperte die Blondine und blickte schmerzlich zu Naruto. Zwar war die Beziehung nicht die Allerbeste gewesen, aber von Freundschaft hatte man zwischen ihm und Kankuro dennoch irgendwie reden können. Sakura konnte ihm ansehen, dass es ihn mitnahm. „Das tut mir echt leid. Und was macht Shikamaru? Geht es wenigstens ihm gut?“ „Ja, er ist wohlauf, aber Kakashi wollte ihn noch einmal sehen, weil der Missionsbericht anscheinend Fragen aufge...-“ Temari wurde augenblicklich unterbrochen, als Shikadai begann quengelige Laute von sich zu geben, die schlussendlich in lautstarkem Weinen endeten. Er zappelte und hickste ab und zu zwischen dem Schreien. „Wahrscheinlich hat er Hunger oder er ist müde. Oder beides“, schmunzelte die Kunoichi und versuchte ihren Sohn mit dem babyblauen Schnuller um seinen Hals zu beruhigen, den er jedoch gleich darauf wieder ausspuckte. „Ich gehe dann mal. Macht es gut. Und tut nichts, was ich nicht auch tun würde“, lachte sie, zwinkerte und machte sich schließlich auf den Weg, ohne nochmal einen Blick zurückzuwerfen. Sakura lehnte sich gedankenverloren in den Türrahmen. Sie hatte die Tränen in ihren Augen sehr wohl gesehen. Auch, wenn sie versucht hatte es zu verstecken. Seufzend schloss sie die Tür und spürte plötzlich wie eine kleine Hand die ihre ergriff. Staunend sah sie zu Akito herunter, welcher sie aus großen Augen anstarrte. Sie begann leicht zu lächeln. „Keine Angst. Hier wird die niemand etwas zuleide tun“, meinte sie mit freundlicher Stimme und kehrte gemeinsam mit ihm und Naruto zu Sasuke in die Küche zurück. Dieser sah erstaunt auf, als er den kleinen Jungen vor sich stehen sah. Um genauer zu sei, schien keiner der beiden sonderlich erfreut, dem anderen zu begegnen. Kaum hatte Sasukes Blick Akito nämlich getroffen, versteckte dieser sich auch schon hinter Sakuras Beinen und sah ängstlich zu dem Schwarzhaarigen herüber. „Hab keine Angst. Der tut dir nichts. Er ist zwar ein bisschen still, aber sonst eigentlich ganz in Ordnung“, witzelte Sakura ein bisschen und wuschelte dem Waisen ein wenig durch die Haare. Wenn sie nur daran dachte, was ihm noch bevor stand, wurde ihr ganz schwer ums Herz. Ihr war bewusst, dass er nicht ewig bei ihr bleiben konnte. Sie war nur sehr unregelmäßig Zuhause und konnte ihm nicht viel bieten. Sobald die Epidemie in der Welt überwunden war, würde er zu einer hoffentlich liebevollen Familie gebracht werden, die sich auch richtig um ihn kümmern konnte. Man hatte ihn wahrscheinlich nur bei ihr gelassen, weil sie nun so was wie seine einzige Bezugsperson war. „Ist das dein Kind?“, hörte sie nun Sasukes tiefe Stimme fragen und sah deshalb überrascht auf. „Ähm … nein. Das ist Akito. Er ist mir auf meiner Mission begegnet und braucht mich gerade. Deswegen … ja. Ich werde euch gleich alles erzählen.“ Es erschien ihr nicht als richtig vor Akito über seine vermutlich tote Familie zu reden. Deshalb verstummt sie. „Komm, ich zeige dir erstmal dein Zimmer. In Ordnung?“ Zögerlich ergriff sie die Hand des Jungen und ging mit ihm die Treppe hinauf. Sakura hoffte, dass sich Naruto und Sasuke das Gästezimmer teilen würden, damit Akito im Schlafzimmer ihrer Mutter ein eigenes bekam. Es widerstrebte ihr zwar, ihn alleine zu lassen, aber er sollte sich auch nicht eingeschränkt fühlen. „Morgen werde ich mal sehen, wie ich ein wenig Spielzeug für dich auftreiben kann. Du sollst dich hier ja nicht langweilen“, sprach sie freundlich und öffnete schließlich die Tür. Sie seufzte leise. Wie lange war sie schon nicht mehr hier drin gewesen? „Das musst du nicht machen.“ Erstaunt sah sie nach unten und begann zu schmunzeln. „Reicht es, wenn ich sage, dass ich das aber sehr gerne möchte?“ Akitos Augen weiteten sich. Warum war diese Frau so nett zu ihm? Er begriff es nicht. Stets kümmerte sie sich um ihn. Sie lächelte ihn immer an und hatte ihn wieder gesund gemacht. Als wäre er ihr Sohn. Schlagartig ließ er ihre Hand los. Er wollte keine zweite Mama. Er wollte seine eigene. „Ich will nach Hause. Ich will zu meinen Eltern!“, wimmerte er und wich nach hinten aus, als Sakura ihn berühren wollte. „Akito“, seufzte sie und ging langsam in die Knie. Vorsichtig streckte sie ihre Hände aus, packte ihn sanft bei den Schultern. „Hör mir bitte zu...“, Sie suchte nach den richtigen Worten. Es war unglaublich schwer einem Kind beizubringen, dass es nicht zurück Nachhause konnte. Sie seufzte schwer. ,“Akito, du musst mir bitte bis zum Ende zuhören, ja?“ Der kleine Junge nickte und sah sie aus wässerigen Augen an. „Dein Dorf wurde von bösen Männern angegriffen, die nicht möchten, dass wichti Sachen bestimmte Leute erreichen. Sie haben dein und das Zuhause von vielen anderen Menschen kaputt gemacht. Deine Familie … wir wissen nicht, was mit ihnen passiert ist. Aber, ich verspreche dir, dass ich mich bald auf die Suche nach ihnen machen werde, ja? Und – um Gottes Willen - falls wir sie nicht finden sollten, dann denk bitte daran, dass du nicht alleine bist. Niemals. Vielleicht wirst du dich mal einsam fühlen. Aber alleine bist du nie. Okay?“ Akito verzog seinen Mund und schluchzte leise. "Ich will zu meiner Mama." Dann warf er sich gegen Sakura und vergrub sein Gesicht in ihrem Oberteil. Hilflos legte sie ihre Arme um ihn und strich ihm über den Rücken. Sie fand es grausam, dass Kinder in diesem Alter schon so leiden mussten. Und das alles nur, weil irgendwelche Personen nicht genug vom Krieg bekommen konnten. Als sie Sasuke und Naruto mit verschränkten Armen im Türrahmen stehen sah, schüttelte sie auf deren fragende Blicke hin nur traurig den Kopf und schloss die Augen. Es war einfach nicht der richtige Moment, um so etwas zu besprechen. „Der Junge hat also seine Familie bei einem Angriff verloren?“, wiederholte Naruto das, was er soeben gehört hatte und blickte aus dem Augenwinkel ernst zu Sasuke. Er stand mit ausdrucksloser Miene an der Wand und wirkte noch kälter als sonst. Naruto kannte dies schon von seinem Freund. Wenn er sich vor etwas verschloss und sich darauf konzentriert, keine Gefühle zuzulassen, dann … Ja, dann sah er so wie jetzt aus. Eine versteinerte Miene, eine distanzierte Körperhaltung und tief schwarze Augen, in denen man nichts zu sehen vermochte. „Ja, es ist tragisch“, Naruto wendete sich Sakura zu ,“Diese furchtbaren Kleinkriege reißen Familien und Freunde auseinander. Leider kommt mir dies alles schrecklich bekannt vor.“ Den Rest ihres Satzes murmelte sie nur vor sich hin. Sie atmete tief durch, rieb sich die Hände. „Es ist ganz schön kalt hier drin geworden, findet ihr nicht?“ Zügig ging sie an den beiden Männern vorbei und drehte die Heizung höher. Dabei war es warm genug im Haus. Es war lediglich der Drang, etwas tun zu müssen, der sie dazu trieb. Sobald sie auch nur für ein paar Minuten still stand, wurde sie zappelig. Es machte sie krank. Dieses Gefühl. Zwischen den beiden schien sie verloren zu gehen. Damals war sie immer die Mitte gewesen, ein fester Ankerpunkt. Zumindest hatte sie das geglaubt. Doch jetzt war da nichts mehr außer eine tiefe Leere. Dabei hätte es doch anders sein sollen, oder nicht? Immerhin waren die mit Abstand wichtigsten Menschen in ihrem Leben wieder gesund zu ihr zurückgekehrt, waren bei ihr eingezogen und schienen sich sogar irgendwie wohlzufühlen. So viele Jahre kannten sie sich jetzt schon. Es sollte kein Problem darstellen. Allerdings ließ sie dabei eine wichtige Komponente außer Acht. Das alte Team 7 existierte tatsächlich nicht mehr. Sie hatten sich getrennt, waren älter und wohlmöglich auch reifer geworden. Die Ziele im Leben eines jeden von ihnen hatten sich mit größter Wahrscheinlichkeit auch geändert. Keiner wusste mehr von den anderen, was sie so richtig wollten oder wofür sie zu kämpfen beabsichtigten. Sakura vollbrachte einen langen, tiefen Atemzug. Wahrscheinlich würden sie ganz von Neu beginnen müssen. Ja, das würde es sein. Ein Neustart. „Wisst ihr was?“ Von einer Sekunde zur anderen beflügelte sie dieser Gedanke. „Wie wäre es mit einem Neuanfang für Team 7?“ Fragende Blicke trafen sie. „Lassen wir die Vergangenheit doch Vergangenheit sein. Es ist so viel passiert in den letzten Jahren, dass wir uns beinahe wie Fremde behandeln. Und das fühlt sich mehr als nur falsch an.“ Sie lächelte leicht, streckte eine Hand aus. „Du hast recht. Ein Neuanfang wäre gar nicht mal so verkehrt. Was sagst du, Sasuke?“, grinste Naruto und ergriff Sakuras Hand. „Hn.“ Der Blondschopf lachte leise, als er auch auf Sasukes Gesicht ein seichtes Schmunzeln erkennen konnte. Sakura hatte das Gefühl, dass die beiden ihr schnell pochendes Herz von der kurzen Distanz aus hören konnten. Zögerlich schob sie ihre Finger zwischen Sasukes und schloss aus Angst vor seiner Reaktion die Augen. Ihr wurde so warm mit den beiden neben sich. Es schien ihr so richtig. Wahrscheinlich war dies einer dieser Momente für die man lebte. „Ein Neuanfang für Team 7. Lasst uns einfach das Alte vergessen und uns neu kennenlernen. Das sind wir uns schuldig.“ Sie spürte den Kloß in ihrem Hals schon förmlich als sie sprach. Was war sie doch für eine Heulsuse. Aber dieser Moment bewegte sie so sehr. Es fühlte sich an als wären all die Jahre, all der Schmerz nur Mittel zum Zweck gewesen, um auf diesen Augenblick hinzuarbeiten. Ganz wagemutig zog sie die beiden etwas näher zu sich. So lange hatte sie geliebt und gehofft, geglaubt, dass die beiden zurückkehren würden. Und endlich war es geschehen. Die Zeit schien stehenzubleiben. „Leute?“ Sakura öffnete ihre Augen, als Narutos Stimme sie erreichte. „Ich liebe euch“, lachte er und strahlte über das ganze Gesicht. Er löste seine Hände und legte stattdessen seine Arme um die Schultern der beiden. Die wohl schönste Umarmung in Sakuras Leben erfolgte und zum ersten Mal seit langem fühlte sich wirklich alles richtig an. Hier gehörte sie hin. Umhüllt von der Wärme und dem herben Geruch der beiden. „Ich liebe euch auch.“ Zwar schienen diese Worte nur auf freundschaftlicher Ebene geäußert worden zu sein, doch spürte sie, dass da mehr hinter steckte. „Hn. Ich euch auch.“ Sie alle drei begannen zu kichern und brachen dann in Lachen aus. Es war pure Erleichterung, die sie da durchströmte. Diese ganze Anspannung und das zögerliche Annähern nach der langen Zeit schienen wie weggeblasen zu sein. Als wären sie nie gegangen. „Sakura! … Sakura!“ Dunkel. Alles um sie herum war in tiefe, endlose Dunkelheit getaucht. Sie fröstelte, brachte keinen Ton raus. Sie hatte Zeit und Raum verloren. Wie war sie nur hier gelandet? Und wo war dieses hier überhaupt? Langsam begann sie sich zu fürchten. Nicht zu wissen, wo sie war, war dabei jedoch nicht einmal das größte Problem. Was ihr viel mehr Sorgen bereitete, war nicht zu wissen, wer dort im Ungewissen auf sie lauerte. Als plötzlich ein Licht, um genauer zu sein ein Scheinwerfer, sie für einen Moment blendete, zuckte sie erschrocken zusammen. Nachdem sich ihre Augen an die Umstellung gewöhnt hatten, sah sie eine Person im Licht stehen. Eine Person, die ihr den Rücken zuwandte und ganz in schwarz gekleidet war. „Hallo?“, rief sie orientierungslos, während sie versuchte sich zu nähern. Doch schien jeder ihrer Schritte ins absolute Nichts zu führen. Egal, wie sehr sie sich auch bemühte, sie kam keinen Zentimeter vorwärts. Es war … grotesk. Obwohl sie sich nicht bewegen konnte, kam die Person im Scheinwerferlicht auf sie zu. „Wer sind Sie? Wo sind wir?“, sprudelte es aus Sakura heraus, als der oder die Unbekannte kaum noch einen Meter von ihr entfernt war. Vorsichtig tastete sie sich nach Waffen ab, die sie im Kampf hätte nutzen können. Doch nichts dergleichen. Wenigstens hatte sie noch ihre Kraft und ihre Schnelligkeit. Ganz unverhofft kamen mit einem Mal zwei Gestalten aus dem Dunkel auf sie zu und rannten in die Arme der in schwarz gekleideten Person. Sakura konnte leises Gurren und Geseufze vernehmen. Sie bekam eine Gänsehaut. Es kam ihr so schrecklich bekannt vor. Als sie einen Blick auf die beiden erhaschte, hielt sie den Atem an. Dort standen Sasuke und Naruto, schmiegten sich an eine andere Person. Den Rundungen nach sogar an eine Frau. Unweigerlich spürte sie einen Anflug von Eifersucht. „Wer bist du?“, knurrte sie dieses Mal schon fast und ballte ihre Händen zu Fäusten. Sie sah, wie die Person ihren Kopf ganz langsam zur Seite drehte. Oder kam es ihr nur so langsam vor? Doch dann, mit einem Ruck, war der Kopf der Frau um 180 Grad nach hinten gedreht. Entsetzt sah sie ihrem eigenen, boshaft verzerrten Gesicht entgegen, das sie dreist anlachte. Die Augen waren schwarz. So schwarz wie die Dunkelheit, die sie alle umgab. Und das Lächeln war blitzend und gemein. Sakura wollte laufen. Laufen und einfach aus diesem Schrecken verschwinden. Doch sie war handlungsunfähig. Ihr Spiegelbild streckte seine langen, feingliedrigen Hände aus. Spinnenartig. Vollkommen gruselig. Dann schossen sie blitzartig hervor, bohrten sich schmatzend in die Oberkörper der Jungs und rissen ihnen brutal die Herzen aus den Leibern. Sakura begann zu schreien. Schrill und laut. „Mörderin! Mörderin!“, brüllte ihr anders Ich, lachte sie dabei aus. Dann riss sie ihr Maul auf, renkte sich dabei den Kiefer aus und fraß erst das eine und dann das andere Herz. Die Körper neben ihr klappten leblos zusammen und blieben schließlich unbeachtet liegen. Tote, leblose Augen blickten sie an. „Sie sind tot. Und du bist schuld, weil du sie nicht aufgehalten hast. Und nun bist du dran!“ Kaum war der Satz ausgesprochen, kam die Gestalt auf sie zu und … "Wach auf!“ Sakura stieß einen kurzen spitzen Schrei aus, der allerdings nicht über ihre Zimmertür hinaus zu hören war, und sah mit großen, schreckgeweiteten Augen neben sich. Ihr Herz raste, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Die Nachwehen des Traumes sorgten dafür, dass sie sich in den ersten Minuten noch vollkommen orientierungslos fühlte. Erst dann erkannte sie Sasuke, wie er sich über sie beugte. Im ersten Moment bildete sie sich ein, einen erschrockenen Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen zu haben. Doch dann entdeckte sie die vertraute, neutrale Mimik. „Albtraum?“, fragte er, obwohl die Antwort darauf eindeutig war. Sakura schluckte und spürte die kalten Tränenspuren auf ihrem Gesicht brennen. Beschämt wischte sie sich über die Wangen. „Habe ich dich geweckt?“, murmelte sie mit heiserer Stimme und senkte ihrem Blick. „Hn.“ Nachdem auch er den ersten Schreck verdaut zu haben schien, setzte er sich zu ihr auf das Bett. „Hier.“ Seine raue Stimme jagte ihr kurz einen einen kleinen Schock über den Körper, bevor sie zögernd das Glas Wasser von ihm entgegennahm. Schon nach den ersten paar Schlucken fühlte sie sich wieder ein klein wenig besser. „Was...“, fing Sasuke an. Vollkommen unsicher, was er sage sollte. Er war nicht gut in solchen Dingen. „...Was hast du denn geträumt?“, schaffte er schließlich zu fragen. Dabei blickte er sie aus vollkommen unergründlichen Augen an. Die Kunoichi zog die Nase hoch, hielt das Glas an ihre Lippen, in der Hoffnung nichts sagen zu müssen. Sie hatte Angst, dass es komisch wirken würde, wenn sie sagen würde, dass sie von ihm und Naruto geträumt hatte. „Nichts. Es … es geht schon wieder.“ Sasuke zog skeptisch seine Augenbrauen hoch. Warum log sie ihn an? Traute sie ihm etwa nicht? War er immernoch der böse Verräter für sie nach all den Jahren? Er schmunzelte kaum sichtbar. Was erwartete er denn auch? Für einen nicht erwähnenswerten Moment war er versucht seine Hand auf ihre Wange zu legen. Doch der Gedanke war in derselben Sekunde wieder verschwunden, in der er ihn erreicht hatte. „Ich habe es heute morgen nicht so gemeint“, entschuldigte sich Sasuke plötzlich. Sakura begann leise zu lachen. „Lass mich raten. Naruto hat gesagt, du sollst mir das sagen? Keine Sorge, ist schon vergessen.“ Der Shinobi nickte mit ernster Miene und erhob sich wieder. Er war drauf und dran aus ihrem Schlafzimmer zu verschwinden, als sie ihn noch rechtzeitig an der Hand zu fassen bekam. „He, habe ich etwas Falsches gesagt?“ Ein kalter Blick streifte sie und ließ sie zusammenzucken. Augenblicklich ließ sie seine Hand los. „Ich brauche Naruto nicht, um meine Fehler einzusehen“, war alles, was er sagte, bevor er sie sprachlos zurückließ. 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