Tales of Symphonia - Die Anfänge der Auserwählten von OdessaLP ================================================================================ Kapitel 11: Der Apfelgarten --------------------------- Wahnsinn!“, staunte Geta, als sie am Steg der Insel Avalon anlegten. Eine berückend schöne Insel lag vor ihnen, die die Bezeichnung „Apfelgarten“ nicht nur verdiente, sondern diesen Namen in atemberaubender Eleganz repräsentierte. Früchtetragende Bäume säumten malerische Pfade, lockten mit verschiedenfarbigen, knackigen Früchten. Shiron gelang es kaum sich auf den Manapunkt zu konzentrieren und das, obwohl es der letzte sein musste. Die Aura war ungewöhnlich stark. Die darunter befindliche Energiemenge musste gewaltig sein. Was würde wohl geschehen, wenn der Punkt offen war? Er schielte zu Geta hinüber, der drei Äpfel gleichzeitig verspeiste. Sein gesamtes Gesicht klebte bereits vom Saft. Kratos lief ein Stück hinter ihm und wirkte angespannt. Zent war ruhig und still. Das musste es sein, was den Söldner verunsicherte. Er schien andere Reaktionen von dem Mann zu erwarten. Grübelnd zog der Auserwählte die Brauen zusammen. Kratos warnte ihn vor Zent, Dito warnte ihn sowohl vor Zent, als auch vor Kratos. Und Lenox? Wie war das gewesen? „Ich schlage vor, wir suchen die Heilige Quelle!“, platzte es aus ihm heraus. Der Centurion sprang zu ihm herum. „Was? Wieso?“ „Weil ich wissen will, was passiert, wenn das Siegel gebrochen wird.“ „Äh...“ Aufmerksam beobachtete Shiron seine Gefährten. Lenox war überrascht, Geta sichtlich einverstanden und Kratos war seltsam Nichts. Neutral. Weder dafür, noch dagegen. Zent allerdings starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Vollkommen entgeistert wäre untertrieben. Nachdem sie einander ausgiebig angeschwiegen hatten, verschränkte Kratos demonstrativ die Arme vor der Brust und nickte flüchtig. „Das ist vielleicht keine schlechte Idee. Macht das. Ich suche inzwischen den Schrein des legendären Helden.“ Ohne nachzufragen warum der Söldner das machen wollte, winkte Shiron den anderen und setzte sich in Bewegung. Die Insel wirkte nicht allzu groß, daher sollte es weder ein Problem sein, die Quelle zu finden, noch den Schrein. Zur Not konnten sie einander rasch zu Hilfe eilen. Kratos wartete, bis seine Gefährten aus seiner Sichtweite waren und wandte sich einem dichten Hain zu, in welchem er den Schrein wusste. Es lag ihm fern, den Helden aus dessen Schlummer zu reißen. Er wollte nur etwas in Erfahrung bringen und da er bereits im Apfelgarten war, sollte er die Gelegenheit nutzen. Seufzend betrachtete er während seiner Wanderung die prallen Früchte und widerstand dem Drang, einen Apfel zu pflücken. Gewiss waren sie köstlich, doch für ihn würden sie schmecken wie ein Bettlaken. Und selbst das hätte noch mehr Geschmack. Der Hain endete abrupt. Von einem Schritt auf den nächsten stand er auf feinstem sauberen Marmor. Sein Schatten war das Einzige, was den Boden beschmutzte. Er lächelte in sich hinein. Heilige Stätten besaßen offenbar einen Schutzschild gegen Schmutz und jegliche Wetterunbill. Der Schrein selbst, ein wahres Meisterwerk an altertümlicher Architektur erhob sich gute zehn Meter vor ihm. Gesäumt von weißen Säulen wirkte er wie ein antikes Mausoleum. Nun, in gewisser Weise war es das. Ein Sarkophag stand freilich nicht darin, dafür jedoch eine große Kupferschale aus der grüngoldene Flammen züngelten. Und das taten sie, seit das Feuer vor tausend Jahren entfacht worden war. Der Anblick war göttlich. Ein Feuer, welches nicht heiß war, welches niemanden zu verbrennen vermochte und weder Stahl noch Eis schmelzen konnte. Eine heilige Flamme und das Sinnbild des legendären Helden. Simpel gesehen und auf chemische Weise, war es nichts anderes als brennendes Aionis. Aber wer wollte es schon auf diese Weise betrachten? Nicht mal Kratos konnte das. Als er davor stand, tauchte er eine Hand in das kalte Feuer und beobachtete die Flammen, wie sie über seine Haut leckten. Sie hinterließen ein leichtes Prickeln. Kratos räusperte sich. „Zeige mir die unausweichliche Wahrheit.“ Freilich war die Bitte sehr unpräzise, aber der Söldner zweifelte nicht daran, dass die Flammen ihm den Ausgang des Kampfes zeigen würden, der ihnen unmittelbar bevorstand. Das zuckende Goldgrün materialisierte sich zu einer Art Wand, deren Mitte stabil wirkte, während die Ränder in Wellen aus Nebel durcheinander waberten. „Deine Suche, sie wird von langer Dauer sein.“ Kratos zuckte zurück und hätte beinahe seine Hand zurückgezogen und damit den Kontakt unterbrochen. Seit wann konnte das Orakel sprechen? Und wieso überhaupt mit dieser unglaublich tiefen Stimme? „Suche?“, wiederholte er. „Trauer, Schmerz, Hoffnungslosigkeit und Glück werden sich in dir einen. So sieh denn...“ Wie erhofft, sah er den Verlauf des Kampfes und der fiel ganz nach Lord Yggdrassils Wünschen aus. Aber dann, als er bereits der Überzeugung war, die Vision wäre vorüber, verwischte das Bild, raste in kaum wahrnehmbaren Schlieren durch vier Zeitalter und blieb stehen. Kratos brauchte einen Augenblick, bis er bemerkte, dass das Bild keineswegs statisch war. Die zu sehenden Personen saßen einfach nur schweigend in einem Zimmer und lauschten einem jungen Halbelf. Angestrengt versuchte der Söldner etwas zu verstehen und erschrak schließlich. Denn was der Halbelf erzählte, geschah in diesem Augenblick. Allein zuzusehen, wärmte Kratos´ Herz auf eigentümliche Art. Mit diesem Gefühl konnte er nicht wirklich umgehen. Der junge Halbelf wirkte vage vertraut und bei genauerer Überlegung fiel ihm auf, dass es eine gewisse Ähnlichkeit zu Dito gab. Ähnlich weich wirkten die Gesichtszüge, ebenso die Form der Augen. Nur die Farbe war eine andere. Mit den beiden rotznasigen Kindern – beiden lief die Nase - wusste er nichts anzufangen. Sie kamen ihm nicht im Ansatz vertraut vor. Anders hingegen erging es ihm bei den beiden Männern, die, aneinander gelehnt, dem Halbelf zuhörten. Der jüngere der beiden war nahezu sein eigenes Ebenbild. Weniger grob, weniger bitter. Jugendlich frisch und ganz offenbar vollkommen verknallt in den Rotschopf der neben ihm hockte. „Heißt das, ich werde irgendwann einen Nachkommen haben?“, fragte Kratos sich. Eine andere Möglichkeit erschloss sich ihm nicht. Der Rothaarige zumindest konnte seine Verwandtschaft nicht leugnen. Shiron mochte aufgrund seiner Lebensumstände hart und drahtig geworden sein, doch sonst konnte man die beiden ohne Probleme entweder als Geschwister sehen, oder eben als Urgroßvater und Urenkel. Doch warum zeigte ihm das Orakel das? Es hatte nichts mit dem Kampf zu tun. Oder doch? Waren ihre Schicksalspfade aus irgendeinem, ihm noch unbekannten Grund, auf Ewigkeiten verknüpft? Kratos wurde bewusst, dass er, sollte es damit zu tun haben, jetzt eine Entscheidung fällen musste. Absoluter Gehorsam gegenüber Yggdrassil oder eine kleine Hilfe für die Gefährten, ein Schubs in die richtige Richtung. Denn das, was er soeben sah, würde er nicht als Erinnerung in die Welt jenseits des Apfelgartens mitnehmen können. Jegliches Wissen über die Zukunft würde aus seinem Gedächtnis gelöscht, sobald er die Insel verließ. In das friedliche Bild einer amüsanten Geschichtsstunde kam Bewegung, denn innerhalb weniger Sekunden war es mit eben dieser Friedlichkeit vorbei. Der Halbelf scheuchte die Kinder erschrocken weg, der Adlige und der Brünette sprangen auf und vier weitere Personen stürmten das Wohnzimmer. Eine vollbusige Schönheit gestikulierte wild mit beiden Armen. Ein hochgewachsener Nobler nickte bestätigend. Das Bild zitterte im selben Augenblick, als auch die Insel erbebte und ein unheilverkündendes Donnergebrüll erklang. Kratos zog seine Hand zurück und wandte sich um. Ein violettes, unübersehbares Fanal stieg in den Himmel und explodierte in schwarzen Funken. Was war da passiert? Es konnte nicht daran liegen, dass sie das Quellwasser an Lenox benutzten und Zent war noch nicht soweit. Ihm fehlten noch ein knappes Dutzend Federn. „Der Manapunkt...Oh nein!“ Mehr als Mana musste ausgetreten sein und das konnte nur bedeuten, das Unheil bahnte sich seinen Weg an die Oberfläche. Seine Entscheidung war gefallen und noch im Laufen zückte er bereits sein Schwert. -------------------------------- Emil und Roivas Sorgfältig sah Emil sich um. Roivas hing an seiner Hand und hüpfte aufgeregt hin und her. Der verborgene Pfad in die Ginnungagap war ihm noch immer bekannt. Trotzdem benötigte er keine Zeugen. Einen ganzen Tag war er gewandert und schließlich noch einen halben auf dem Rücken seines herbei gepfiffenen Simurgh geflogen. Nun standen er und sein Sohn vor einem nichtssagenden Steinhaufen inmitten der Steppe. „So, Roivas, Schatz. Jetzt mach bitte die Attacke nochmals und ziel auf die Steine.“ Eifrig nickte der Junge und nach einem unspektakulären Lichtblitz lösten die Felsbrocken sich auf und gaben einen Schacht frei, der von einem rötlichen Schimmer erfüllt wurde. Schnell nahm Emil seinen stolzen Sohn auf den Arm und stieg hinab. Den anschließenden schnurgeraden Gang rannte er entlang, schließlich um eine Biegung und stand letztlich in der nahezu stockfinsteren Halle der Ginnungagap. Nur die Centurion Cores spendeten ein schwaches Licht, kaum mehr als ein Glühen. Sie waren noch an ihrem Platz und hielten das Tor versiegelt. Doch zu Emils Erstaunen war ein weiterer Core hinzu gekommen. Der besaß keine wirkliche Präsenz. Er war da und doch nicht. Der Core zeigte ein Bild, welches Emil völlig unbekannt war, doch Roivas schien es zu erkennen. „Lenox...der Verräter...“, stammelte der Junge. War das ebenfalls ein Centurion? Wieso kannte er, Emil, ihn nicht? Erst dann wurde ihm bewusst, dass Richter bewusstlos auf dem Boden lag. Aus reiner Vorsicht behielt er Roivas im Arm, während er sich dem alten Freund näherte. „Richter?“ Der murrte heißer, rollte sich aus eigener Kraft auf den Rücken und nahm Emils dargebotene hilfreiche Hand. „Wo ist Ratatosks Core?“, fragte Emil kurz angebunden. Der Halbelf lachte kratzig. „Du hältst ihn an der Hand.“ Das war ihm Bestätigung genug. Lieber hätte er geklärt, warum das so war, doch eine andere Frage brannte ihm eindringlicher im Gemüt. „Was ist hier geschehen? Warum ist es dunkel?“ Beinahe unbeteiligt rückte Richter sich die Brille zurecht und fuhr sich einmal durch die Haare. „Es geschah vor wenigen Minuten. Dieser Core“, er deutete auf Lenox, „tauchte auf und ich bekam einen gewaltigen Schlag. Und dann wurde es dunkel. Den anderen Centurions geht es gut, aber sie werden blockiert.“ Emil verstand absolut nichts. „Wie, blockiert?“ „Das kann ich dir nicht genau erklären. Fest steht, etwas Großes ist auf dem Weg zu uns. Es kämpft sich aus dem Untergrund zu uns, um Rache zu nehmen.“ „Wofür?“ „Woher soll ich das wissen? Nichtmal die Centurions können es mir sagen....und dieser Lenox redet leider nicht mit mir.“ Emil kratzte sich am Kinn. „Er kann nicht zu dir sprechen wie die anderen?“ Wieder lachte Richter. Ein wenig resigniert diesmal. „Doch, er könnte. Aber er will nur mit dem, hmm, wie war das? Ah ja! Er will nur mit den Nachfahren von Shiron Wilder und Geta Makanel reden.“ „Gut. Der eine kann nur Zelos sein, aber der andere Name? Wer soll das sein?“ Grübelnd zog Emil die Augenbrauen zusammen. Richter verschränkte die Arme unter der Brust. „Ich kenne ein ähnliches Wort. Mataner. Es existiert heute nicht mehr, aber es gibt eine konforme Übersetzung.“ Der Blondschopf verdrehte stöhnend die Augen. „Die da wäre?“ Richter grinste. „Fujibayashi.“ Emils Kinn nahm Bodenkontakt auf. „War das ein Witz?“ „Keineswegs. Beides bedeutet „Bergblume“, oder so ähnlich.“ „Dann gehen wir zu ihnen.“ Sie wandten sich dem Ausgang zu und sofort folgte ihnen Lenox´ Core dichtauf. Als sie ins Freie traten, bebte die Erde und der eben noch blaue Himmel färbte sich violett. „Was zum...? Lass uns zunächst zu mir gehen. Der arme Genis ist bestimmt schon total verzweifelt.“ Auf Richters erhobene Braue zuckte er nur mit den Schultern. „Lange Geschichte. Komm schon. Ich rufe Simurgh.“ ------------------------------------- Genis und die anderen Lloyd zog ein langes Gesicht. Was hatte sein Vater nur alles angestellt? Wirklich unglaublich! Schuft und liebender Vater in einem! Pah! Genis grinste ihn frech an. „So steht es nun mal geschrieben, Lloyd.“ Der wollte zu einer patzigen Antwort ansetzen, als die Haustür aufflog, aufgetreten wurde, der Boden zu beben begann und Sheena , zusammen mit Regal, Raine und Marta hereinstürmte. Schnell kombinierte Genis, dass Schlimmes geschehen war und dirigierte die Kinder in ihr Zimmer. „Schnell, kommt mir ihr alle!“, keuchte Sheena außer Atem. „Wir müssen zum Tor der Welten. Da braut sich was zusammen!“ Alle Blicke richteten sich auf Marta, die rasch berichtete, was mit Roivas war und dass Emil zur Ginnungagap aufbrach. „Ich bleibe bei den Kindern. Geht nur.“ Damit stand dies fest und in Ermangelung von Rheairds mussten sie auf zwei von Emils geflügelten Monstern ausweichen. So erreichten sie rasch das Tor der Welten, an dem Presea, Colette und, seltsamerweise, Kratos bereits warteten. Doch der Anblick war schauderhaft. Die kleine Insel war nicht länger von Wasser umgeben, sondern von einem klaffenden schwarzen Abgrund... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)