Tales of Symphonia - Die Anfänge der Auserwählten von OdessaLP ================================================================================ Kapitel 1: Die Familie Wilder ----------------------------- „Emil!!!“ Martas Schrei ließ ihn zusammenfahren und er ließ die Bürste, mit der er Titans Fell striegelte, fallen, hetzte ins Haus und dort ins Kinderzimmer. „Was..was ist passiert?“, keuchte er atemlos und stützte sich auf den Knien ab. „Er macht es schon wieder!“ Mit vor dem Gesicht zusammengeschlagenen Händen stand Marta vor dem Bett ihres sechsjährigen Sohnes Royvas. Nun, vor den Überresten desselben. Royvas saß lachend in den Trümmern und zerlegte einen großen Stoffteddy. Genüsslich zupfte er die weiße Wollfüllung aus dem aufgerissenen Bauch und warf sie nach oben wie Konfetti. Emil knirschte mit den Zähnen. In den letzten Monaten waren fünf Betten und zehn Stofftiere der Zerstörungswut des Jungen zum Opfer gefallen. Sie verstanden nicht, warum er das tat. „Das geht so nicht weiter!“, rief Marta verzweifelt. „Du bringst den Jungen jetzt zu einem Arzt!“ Emil blinzelte und nahm den misshandelten Teddy. Sofort begann Royvas zu zetern und zu kreischen und dem jungen Mann blieb nichts anderes übrig, als seinem Sohn das arme Ding wiederzugeben. „Was sollte ein Arzt ausrichten können?“ „Keine Ahnung! Ist mir egal! Hauptsache, er macht überhaupt was! Ach was soll´s! Ich komme mit! Pack ein paar Sachen zusammen!“ Während Marta dem Jungen den Schlafanzug aus und die Straßenkleidung anzog, sammelte Emil ein, was benötigt wurde. Zehn Minuten später standen sie vor ihrer Haustür und sahen die Straße hinab. Palmacosta schickte sich an, aus dem nächtlichen Schlummer zu erwachen. Die Laternen wurden gelöscht, erste Geschäfte geöffnet und Stände aufgebaut. Emil hielt seine Frau zurück, als sie mit dem gemeinsamen Sohn in Richtung Markt stapfen wollte. Ihr Temperament schüchterte ihn nach all den Jahren noch immer ein. Manchmal auch ihre Liebe! Er räusperte sich. „Hast du nicht etwas vergessen?“ Sie hob die Schultern. „Wir haben noch zwei Kinder!“ „Oh...“ Fast wirkte es wie eine Offenbarung, oder alternativ wie ein Lichtblick, als sie beide jemand Wohlbekannten erspähten, der zügig auf die Residenz des Gouverneurs zulief . Noch einmal wollte er Marta zurückhalten, doch sie drückte ihm den keifenden Royvas in die Arme und rannte dem, in eine lange Kutte gehüllten, jungen Mann entgegen. Emil verdrehte die Augen, als seine Frau zurückkam und den vor Verblüffung stummen Genis mit sich zerrte. „Tut mit leid“, meinte er nur zerknirscht, als der Magier ihn musterte. Endlich ließ Marta ihn los und Genis richtete sich seine Sachen neu. „Was sollte denn das?“, fragte er, nachdem er seine Stimme wiedergefunden hatte. „Du musst auf unsere Kinder aufpassen!“, entschied die aufgedrehte Brünette. „Wir sind bald zurück! Danke!“ Damit schnappte sie sich Emils Hand, der noch eine weitere Entschuldigung murmelte, und zog ihn mit sich. -------------------------------- Ratlos blieb Genis zurück und schaute den beiden nach. Was sollte denn das?! Sie konnten ihn doch nicht einfach dermaßen überrumpeln und zum Babysitten abstellen! Hinter ihm ging die Tür auf und zaghaft wurde an seiner Kutte gezupft. Er drehte sich herum und sah hinab, in Elenas fragende, tiefgrüne Augen. Neben ihr gähnte der achtjährige Kai. Ebenso wie seine neunjährige Schwester ähnelte er Marta stark. Nur der jüngste Sohn kam vom Äußeren mehr nach Emil. Genis waren die Ausbrüche des Kleinsten durchaus bekannt. Aber woher er die hatte, war nicht nur ihm ein Rätsel. „Onkel Genis?“,fragte Elena neugierig. „Wo sind Mama und Papa?“ Der Magier rieb sich übers Kinn. „Äh....euer Bruder ist krank und sie sind mit ihm zum Arzt gegangen. Kommt, ich mache euch Frühstück.“ Zwei Stunden später waren Emil und Marta noch immer nicht zurück und Genis warf einen besorgten Blick auf die Standuhr im Wohnzimmer. Was sollte er machen? Schließlich hatte er keine Ahnung, was er mit zwei neugierigen Kindern anfangen sollte! Seufzend ließ er sich auf einen Sessel fallen. Elena und Kai machten es sich im Schneidersitz vor ihm bequem. „Tja, möchtet ihr etwas spielen?“ Die Kinder wechselten einen aufgeregten Blick. „Nein, erzähl uns eine Geschichte!“ Der Halbelf runzelte die Stirn. „Und welche?“ „Von den Auserwählten und den geteilten Welten!“ Genis nickte und die Kinder rutschten noch näher, schauten ihn aus großen, wissbegierigen Augen an. „Also, es war so.... --------------------------------------- Es geschah im Jahr 650 beider Welten. Vor einhundert Jahren waren die Welten gespalten worden und die erste Auserwählte Spiritua war nur mehr eine Legende. Seit Tagen bebte in Tethe´alla, besonders in der Region um Meltokio, die Erde. Die Erdstöße waren mal stärker, mal schwächer. Doch durch das letzte Beben hatte sich in den Kellergewölben des Schlosses ein Riss aufgetan. Groß genug, dass ein Mensch problemlos hinein passen würde. Kieran, einer der Ritter des Königs, hielt sich an einer Säule fest, bis die Erde aufhörte zu schwanken. Kaum dass es vorbei war, nahmen die Bediensteten ihre normalen Tätigkeiten wieder auf. Seltsam war das schon. Denn obwohl die Beben kräftig waren, wurde bisher nichts zerstört. Nie! Der Ritter strich sich die rostroten Haare zurück und lauschte. Aus dem Keller war doch ein Geräusch gekommen! Er stieg die Stufen in die Gewölbe hinab und entdeckte den Riss. Vorsichtig trat er heran. Viel sah er nicht. Es war einfach ein tiefer, dunkler Spalt. Trotzdem alarmierte er seine Kollegen und den König. Da sie ohnehin nicht mehr tun konnten, wurde der Bereich abgesperrt und ein jeder angewiesen, vorerst nicht in den Keller zu gehen. Daher sah auch niemand mehr, was geschah, nachdem sie die Gewölbe verlassen hatten. Bläulicher Dunst entstieg dem Bodenspalt. Schwach erstrahlte ein Licht aus den Tiefen, pulsierte rhythmisch. Wie eine Nebelbank legte sich der blaue Dunst auf den Kellerboden, kroch und wölkte darüber und entwich durch einen kleinen Riss im Mauerwerk ins Freie. Draußen ballte der Nebel sich zusammen, glitt.durch die Luft, über Dächer und durch Gassen. Schließlich erreichte er die Slums, die wie der Rest der Stadt im nächtlichen Schlaf lagen. Der blaue Dunst fand, was er suchte, drang in eine der ärmlichen Hütten und hielt in dem einzigen vorhandenen Zimmer inne. Mehr als diesen kargen Raum gab es nicht und er diente sowohl als Küche, als auch als Schlafraum. Dem Nebel war das ziemlich egal. Er hatte sein Ziel erreicht und glitt zu der schlafenden Gestalt. Er verformte sich und nahm eine menschenähnliche Form an. Der junge Mann, er war kaum älter als neunzehn, schnarchte beeindruckend. Rote Haarsträhnen lugten unter der Bettdecke hervor, die von ansehnlicher Länge waren. Das geisterhafte Wesen streckte eine durchsichtige Hand aus und schob die Decke zur Seite. Ja, er war eindeutig der Richtige. Deutlich spürte er die Energie Spirituas durch seine Adern fließen. „Shiron Wilder?“, flüsterte das Wesen, aber der junge Mann rührte sich nicht. Es trat einen Schritt zurück, betrachtete kurz den schönen Langbogen der neben dem Bett lehnte und den Köcher voller Pfeile. Der Mann war talentiert, das wusste es. Aber würde es genügen? Das Wesen wandte sich dem Menschen im Bett wieder zu und streckte die Hand aus. Ein schwaches Licht erstrahlte. Nach wenigen Sekunden zog es seinen Arm wieder zurück und verdampfte einfach, ohne eine Spur zurück zu lassen. Shiron wandte sich gemütlich in seinem Bett um, als ob nichts gewesen sei , schnarchte gelassen weiter und grummelte etwas vor sich hin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)