Fünf Wörter - eine Geschichte von Khaleesi26 (OS Leser Projekt) ================================================================================ Kapitel 1: Kissenschlacht ------------------------- „Kannst du mir mal sagen, was zur Hölle wir hier machen?“, beschwerte sich Tai lautstark, als Mimi das gefühlt zwanzigste Teil in der Hand hielt, nur, um es dann doch wieder hinzustellen. „Ich dachte, wir wollten ein Geburtstagsgeschenk für deinen Cousin aussuchen. Und du hast mir versprochen, dass du mir danach ein Eis ausgibst. Deswegen bin ich doch überhaupt erst mitgekommen.“ Tai war einfach nur genervt. Es waren Sommerferien und Mimi hatte nichts Besseres zu tun, als seine Zeit zu verschwenden. Sie hatte ihn in ein riesen Einkaufscenter geschleppt, weil ihr Cousin 16 wurde und sie angeblich keine Ahnung hatte, was sie einem 16-Jährigem schenken sollte. Und sie hatte ausgerechnet ihn gefragt, ob er ihr bei der Auswahl helfen konnte – als würde sie keine anderen 16-jährigen Jungs kennen. „Hör auf dich zu beschweren! Ich habe dich schließlich nicht gezwungen mitzukommen“, entgegnete Mimi trocken, schenkte ihm jedoch sonst keine weitere Beachtung. Sie nahm ein Kuscheltier in die Hand, beäugte es kurz und stellte es wieder zurück. Tai schnaufte und verschränkte die Arme hinter den Kopf. „Also ich für meinen Teil habe keine Lust mehr. Ich verzieh mich jetzt.“ Doch als er auf dem Absatz kehrtmachen wollte, packte Mimi ihn am Arm und riss ihn zurück. „Du kannst jetzt nicht gehen!“ „Du entscheidest dich ja doch nicht für irgendwas“, schnauzte er sie an. „Das ist die reine Zeitverschwendung!“ „Taaaiii…“, sagte Mimi flehend und zog dabei seinen Namen betont mitleidig in die Länge. „Lass mich jetzt nicht hängen, bitteee!“ Der 16-Jährige verdrehte gekonnt genervt die Augen. Das machte sie immer! Immer, wenn sie etwas von ihm wollte, setzte sie diesen Dackelblick auf. „Wieso nur kann ich dir nie was abschlagen, wenn du so guckst?“ Mimi grinste breit und hakte sich bei ihm unter. „Weil du mich unwiderstehlich findest.“ „Jaah“, entgegnete Tai nüchtern. „Unwiderstehlich nervig.“ Die Brünette ignorierte diesen Kommentar und schlenderte stattdessen weiter mit ihm durch das Einkaufscenter. „Hast du schon eine Idee?“, fragte Tai. Er wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen und endlich sein wohlverdientes Eis von ihr kassieren. Doch Mimi sah ihn nur fragend an. „Wie, was für eine Idee?“ „Na, was du deinem Cousin zum Geburtstag schenken möchtest.“ „Ähm…“, machte Mimi und überlegte. „Ich dachte, dafür habe ich dich mitgenommen.“ „Ja, aber ich kenne ihn doch gar nicht. Auf was steht er so? Hat er irgendein Hobby?“ Mimi sah ihn mit leerem Blick an. „Irgendetwas, dass er gerne macht? Oder für was er sich besonders interessiert?“, hakte Tai etwas genauer nach. Mimi zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ „Was? Er ist dein Cousin und du hast keine Ahnung, was er so gerne macht?“, beschwerte sich Tai über diese Tatsache. Na super! Diese Sache könnte doch länger dauern als geplant. „Was machst du mich jetzt so an? Woher soll ich wissen, was ihr Jungs so im Kopf habt? Außer nackte Frauen und Pornos natürlich“, konterte Mimi, woraufhin Tai stehen blieb und sie entrüstet ansah. „Was?“, fragte sie ahnungslos. „Jetzt komm nicht auf die blöde Idee, dass ich ihm einen Pornofilm kaufen soll. Du spinnst doch! Ich bin noch nicht mal Volljährig, die verkaufen mir so einen Schweinkram gar nicht!“ Tai klappte der Mund auf, vor lauter Sprachlosigkeit. Dieses Mädchen war einfach unglaublich… „Das… Das ist doch wohl jetzt nicht dein Ernst!“, schrie er sie an, während er puterrot im Gesicht wurde und sich einige andere Passanten erstaunt nach ihm umdrehten. „D-Du hast doch damit angefangen“, erwiderte Mimi eingeschüchtert. „Hab ich gar nicht!“ Tai biss sich wütend auf die Unterlippe, weil sie es mal wieder geschafft hatte, ihn in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Irgendwie machte sie das ständig. Sie war laut. Sie war kindisch. Sie war immer voll drüber. Das genügte. Er hatte wirklich keine Lust darauf, seine freie Zeit weiter in diesem überfüllten Einkaufscenter zu verbringen. Dann sah er sich hektisch um und griff das erste, was ihm unter die Augen kam. Er drückte es Mimi in die Hand. „Hier, schenk ihm einfach das. Und damit hat sich die Sache.“ Mimi begutachtete das große, flauschige Teil in ihren Händen, ehe sie ihn böse anfunkelte. „Bist du bescheuert? Das schenk ich ihm doch nicht!“ Tai hatte ihr ein großes, rotes Kissen in Herzform in die Hand gedrückt und inzwischen war es ihm völlig egal, ob sie überhaupt noch ein Geschenk finden würde oder nicht. War schließlich nicht sein Problem. Dieses Mädchen brachte ihn einfach nur auf die Palme. Und das regelmäßig. „Mimi, was machst du denn hier?“, ertönte plötzlich eine Stimme neben ihnen. Tai wandte sich überrascht um. Vor ihnen stand ein Junge, ungefähr in seinem Alter. Er hatte schwarze Haare und eine Brille und sah vom Typ her eher wie der Intellektuelle aus. In der Schule hatte er ihn schon mal gesehen. Wie er hieß, wollte ihm jedoch nicht einfallen. „Ta-Takumi…“, stotterte Mimi und Tai sah, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und sie seinem Blick auswich. Verlegen strich sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „W-Was machst du denn hier? So ein Zufall, dass wir uns ausgerechnet hier treffen.“ Tai zog eine Augenbraue nach oben und schielte sie verdächtig von der Seite her an. Was war denn plötzlich mit ihr los? Takumi? Nie von dem gehört. Er sah sich den Jungen genauer an und erst jetzt fiel ihm auf, dass er eine Uniform trug. Und zwar die des Einkaufscenters. Die, die nur Mitarbeiter trugen. „Ja, das ist wirklich ein Zufall“, lächelte Takumi. „Weißt du, ich arbeite während der Sommerferien hier. Will mein Taschengeld ein wenig aufbessern, weißt du.“ „Achso“, erwiderte Mimi schüchtern, ehe ein peinliches Schweigen eintrat. Mimi richtete den Blick starr zu Boden und auch dieser Takumi schien nicht zu wissen, wo er genau hinsehen sollte. Was für ein Theater… Gerade, als Tai etwas sagen wollte, ergriff Takumi das Wort. „Ist… Ist das dein Freund?“, fragte er und sah erst zu dem Herzkissen in Mimis Hand und dann zu Tai. „Ich glaube, ich kenne dich aus dem Fußballteam unserer Schule, oder? Bist du da nicht der Kapitän?“ „Äh, ja…“, antwortete Tai nur. „Ich interessiere mich nicht so sehr für Sport, deswegen hab ich dich nicht gleich erkannt. Tut mir leid.“ Sein Blick ging wieder zu Mimi und dem Herzkissen in ihrer Hand. „Na, dann macht euch mal noch einen schönen Tag. Ich muss wieder an die Arbeit. Bis dann, Mimi“, sagte er etwas geknickt, aber höflich und ging weiter, ehe Mimi die Sache aufklären konnte. Als er um die nächste Ecke bog, schlug Mimi prompt mit dem Kissen gegen seinen Arm. „Au!“ „Sag mal, spinnst du, Tai? Wieso hast du denn nicht gesagt, dass du nicht mein Freund bist?“, beschwerte sich die Brünette lautstark bei ihm, während Tai sich seinen Arm rieb und sie verständnislos ansah. „Ich? Wieso, ich? Du hast doch selbst den Mund nicht aufgemacht.“ „Oh, na toll“, stöhnte Mimi frustriert auf. „Jetzt denkt Takumi ernsthaft, ich hätte so was wie eine Beziehung mit dir. Das ist ja furchtbar!“ Furchtbar? Tai dachte, er hätte sich verhört. Erst schleppte sie ihn an einem wunderschönen Sommertag in ein bescheuertes, viel zu überfülltes Einkaufscenter und dann beschwerte sie sich auch noch darüber, dass irgend so ein Typ denken könnte, sie wären ein Paar. Diesen Kommentar konnte er nicht auf sich sitzen lassen. „Was bitte ist daran so furchtbar?“, entrüstete sich Tai. „Ich, an deiner Stelle, wäre froh, wenn die Leute denken würden, dass ich so einen gutaussehenden Freund hätte.“ Mimi zischte unüberhörbar und sah ihn schief an. „Und überhaupt: was interessierst du dich für so einen Typen, der freiwillig seine Sommerferien mit Arbeiten verbringt und offensichtlich sonst seine Nase nur in Bücher steckt? Das ist doch gar nicht dein Ding!“, machte er weiter, was Mimi eindeutig auf die Palme brachte. „Waaas?“, rief sie und schlug ihn erneut mit dem Herzkissen gegen den Arm. „Du kennst Takumi doch überhaupt nicht! Also hör auf, so über ihn zu reden!“ Es folgte ein weiterer Schlag. „Ich muss ihn auch gar nicht kennen. Nichts gegen dich, Mimi. Aber so einen würdest du doch mit deiner Art zu Tode nerven.“ Anscheinend hatte er mit diesem Satz einen empfindlichen Nerv bei der Schülerin getroffen, denn er sah, wie kurz etwas in ihren Augen auf funkelte, bis sie ihm weitere Schläger mit dem Kissen verpasste. „Du. Hast. Doch. Überhaupt. Keine. Ahnung!“ Tai ging ein wenig in Deckung, da ihre Kissenangriffe heftiger zu werden schienen. Schützend hielt er sich den Arm vors Gesicht, während sie nicht daran dachte aufzuhören. „Und. Ob. Ich. Ahnung. Habe! Könntest du das jetzt mal lassen, du blöde Gans?“ Er wich einen Schritt zurück und stieß gegen den Wagen, mit den vielen Kissen, aus dem er auch das Herzkissen gezogen hatte. Kurzentschlossen schnappte er sich eins und schlug es Mimi um die Ohren. Diese wirkte erst äußerst verdattert, über diesen plötzlichen Rückschlag, konnte sich jedoch relativ schnell wieder fangen und griff ebenfalls in den Wagen, um sich mit einem zweiten Kissen zu bewaffnen. „Na warte, Yagami. Das kriegst du zurück!“, kündigte sie verheißungsvoll an und eine wilde Kissenschlacht begann. Tai sah nicht ein, warum er nachgeben und kapitulieren sollte. Dieses Mädchen hatte es mal wieder völlig auf die Spitze getrieben. Im Eifer des Gefechts flogen wild die Kissen durch die Luft, während immer wieder Kampfesschreie fielen. „Du Idiot, das wirst du büßen!“ „Man, du bist so kindisch! Sieh doch nur, wie albern du bist! Du wirfst mit einem Kissen nach mir!“ Tai wich Mimis Kissen gekonnt aus, welches sie nach ihm geworfen hatte, bevor er seinerseits ein großes Kissen fliegen ließ, welches sie direkt umhaute. „Tooor!“, rief er und schmiss die Arme in die Luft. „Sieg auf ganzer Linie!“ Mimi lag auf den Rücken, stützte sich auf ihre Ellenbogen ab und funkelte ihn böse an. „Du Blödmann!“, rief sie und zeigte anklagend mit dem Finger auf ihn. „Nimm das jetzt endlich zurück, was du über Takumi gesagt hast!“, forderte sie, doch Tai schüttelte nur den Kopf und streckte ihr die Zunge raus. „Mache ich gar nicht. Ich hab dich nämlich besiegt. Und du siehst aus, wie ein gerupftes Hühnchen.“ Mimis Haare waren wild durcheinandergewirbelt. Schnaufend pustete sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und bemerkte erst jetzt, dass sich eine riesen Menschenmenge um sie gebildet hatte. Ein kleiner Junge hatte sogar das Handy gezückt, um den Fight für die Nachwelt festzuhalten. „Na toll“, meinte Tai, als ihm klarwurde, dass das vermutlich Ärger geben würde. Keine Sekunde später tauchte auch schon der Sicherheitsdienst auf. „Was ist hier los? Sind Sie verrückt geworden?“ Die beiden versuchten sich noch zu entschuldigen und die Situation irgendwie zu retten, doch das Chaos, was sie angerichtet hatten, war einfach zu groß. Überall lagen Kissen verstreut. Sogar einige andere Verkaufsteile waren zu Boden gefallen. Es war zwar nichts kaputtgegangen, aber der Sicherheitsdienst erteilte ihnen trotzdem Hausverbot und schmiss sie achtkantig raus. „Das kann echt nicht wahr sein“, jammerte Tai und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Warum bringst du mich nur immer in solche Situationen?“ Mimi antwortete nicht, sondern richtete ihren Blick starr zu Boden. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt. „Tai…“, sagte sie ernst. „Du hast zwar die Schlacht gewonnen. Aber den Krieg nicht.“ Tai sah sie verdutzt an und konnte nicht glauben, was für einen Aufriss sie wegen der Sache machte. „Ach, komm Mimi. Ist doch nun wirklich nicht so schlimm, dass wir hier jetzt Hausverbot haben“, versuchte er sie zu beruhigen und legte ihr versöhnlich eine Hand auf die Schulter. „Es gibt noch so viele andere Shoppingcenter. Wir finden schon noch ein Geschenk für deinen Cousin. Ich helfe dir auch“, schlug er versöhnlich vor, doch Mimi sah ihn nicht an und das machte ihm klar, dass vielleicht doch er derjenige war, der ein wenig zu weit gegangen war. Hatte er mit seinen Kommentaren ernsthaft ihre Gefühle verletzt? Irgendwie tat ihm leid, was er vorhin über Takumi gesagt hatte. Mimi hatte recht. Er kannte ihn doch schließlich gar nicht. „Wie lang kennen wir uns schon, Tai?“, fragte Mimi plötzlich ungewohnt kühl. Tai überlegte kurz. „Na ja, schon ziemlich lange. Eben seit wir Kinder sind. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich mich immer wieder von dir zu solchen Aktionen hinreißen lasse“, versuchte er zu spaßen, doch Mimi sah ihn nur böse an. „Ich habe überhaupt keinen Cousin, Tai“, eröffnete sie ihm trocken, während bei Tai endlich der Groschen fiel. Mimi hatte gar keinen Cousin? Natürlich hatte sie keinen Cousin! Wie konnte er so blöd sein und das vergessen? „W-Wie jetzt? Und warum hast du mich dann unter diesen Vorwand mitgeschliffen?“ „Du schnallst auch gar nichts, oder?“, meinte Mimi und richtete ihren Blick wieder stur zu Boden. „Ich wusste, dass Takumi hier arbeitet. Und ich hatte gehofft…“ Und ein weiteres Mal klingelte es bei dem Schüler. „Du wolltest ihn eifersüchtig machen?“, sprudelte es fassungslos aus ihm heraus. Er hatte ja keine Ahnung, dass Mimi so berechnend sein konnte. „Na, das ist dir ja gut gelungen“, stellte er jedoch nur nüchtern fest. Er fand diese Tatsache, dass er nur als Köder diente zwar unmöglich, aber er wollte nicht direkt den nächsten Streit vom Zaun brechen. „Ist es gar nicht“, erwiderte Mimi und Tai stellte fest, dass ihre Stimme langsam einknickte. „Ich wollte ihn doch nur eifersüchtig machen. Weil er mich in der Schule kaum beachtet, verstehst du? Aber jetzt denkt er, ich habe einen festen Freund und wird mich in Zukunft noch weniger beachten. Ein Wunder, dass er überhaupt meinen Namen kennt.“ Mimi begann zu schluchzen, was Tai augenblicklich leidtat. Er hatte ja keine Ahnung, dass sie so verschossen in diesen Typen war. „Hey“, sagte er einfühlsam. „So ein Unsinn! Du kannst die Sache doch ganz einfach aufklären. Außerdem… wäre er verrückt, dich nicht zu mögen.“ Mit feuchten Augen sah sie ihn an. „Wirklich? Meinst du das Ernst?“ „Ja, meine ich“, sagte Tai und zog sie in eine Umarmung. Nachdem Mimi sich beruhigt hatte, löste sie sich wieder von ihm. „Ich glaube, ich geh jetzt nach Hause.“ „Soll ich dich bringen?“, schlug Tai vor. Er hatte irgendwie ein schlechtes Gewissen, wegen dieser Sache, doch Mimi schüttelte nur den Kopf. „Nein, danke. Ich komme klar.“ Sie verabschiedete sich und ging, während Tai stehen blieb und überlegte, wie er diesem verrückten Mädchen wieder ein Lächeln aufs Gesicht zaubern konnte… Es war bereits spät geworden und die Sonne ging langsam unter, doch das hielt ihn nicht davon ab, zu ihr zu eilen. Es ging ihm einfach nicht aus dem Kopf, wie geknickt sie ausgesehen hatte. Eigentlich hätte er sauer darüber sein sollen, dass sie ihn unter falschen Tatsachen ins Einkaufscenter geschleppt hatte. Doch, nachdem er gesehen hatte, wie traurig sie war, konnte er ihre Gefühle nur zu gut verstehen. Es musste weh tun, wenn man das Gefühl hatte, von jemanden, den man mochte, abgelehnt zu werden. So sehr sie ihn auch manchmal nerven konnte… sie hatte es nicht verdient traurig zu sein. Nicht Mimi. Nicht das Mädchen, welche andere stets mit ihrer guten Laune ansteckte. Und schon gar nicht sollte sie wegen irgendeines Typen traurig sein, der sie nicht beachtete. Er wollte sie wieder zum Lächeln bringen und sich für sein kindisches Verhalten entschuldigen. Manchmal war er ja selbst nicht besser. Das hatte er inzwischen eingesehen. Mimi und er waren wie Feuer und Wasser. Manchmal gingen sie regelrecht aufeinander los, so wie vorhin im Einkaufscenter. Schmissen sich die wildesten Beschimpfungen an den Kopf. Und doch wussten sie, dass sie eine tiefe Freundschaft verband, die sie nicht missen wollten. Es war an der Zeit, dass Tai sich selbst und sie daran erinnerte. Er hatte ein paar gelbe Rosen in der Hand, die er gerade noch so ergattern konnte, ehe der Blumenladen schloss. Und damit würde er sich jetzt auf den Weg zu ihr machen. Er wusste, wie sehr sie gelb und Blumen liebte. Er bog um die nächste Ecke, in Mimis Straße ein und blieb abrupt stehen, als er zwei Menschen sah, die vor ihrem Hauseingang standen. Sich umarmten. Sich küssten! Tai wich einen Schritt zurück. Takumi und Mimi? Unmöglich! Sie selbst hatte ihm doch erzählt, dass er nicht auf sie stand. Was machte er dann so plötzlich bei ihr? Und wieso küssten sie sich? Takumi zog Mimi enger an sich und sie legte ihre Arme um seinen Hals. Gab sich ganz dem Kuss hin, was Tai einen kurzen Stich in die Magengrube versetzte. Warum fühlte er sich so schlecht bei diesem Anblick? Wieso machte es ihm etwas aus, Mimi so zu sehen? Völlig verwirrt über seine eigenen Gefühle, die in ihn so plötzlich hochkrochen, wandte er sich ab. Die beiden hatten ihn noch nicht bemerkt. Es war noch nicht zu spät einfach wieder zu gehen und so zu tun, als hätte er das nie gesehen. Er hörte wie Mimi sich von ihm verabschiedete. „Ich muss jetzt gehen. Habe noch was zu erledigen“, sagte sie, woraufhin auch Takumi sich verabschiedete. „Ist okay. Ich muss auch nach Hause. Sehen wir uns morgen?“ Was? Ein Date? So schnell? Er hörte, wie Mimi einwilligte und sich noch einmal verabschiedete. In diesem Moment hätte er schneller reagieren und das Weite suchen müssen, doch seine Beine wollten sich einfach nicht bewegen. „Tai? Was machst du denn hier?“, fragte Mimi überrascht. Tai drehte sich zu ihr um und sah, dass Takumi bereits gegangen war. „Ich äh… Ich…“, stammelte er herum und betrachtete seine Freundin genauer. Sie sah alles andere als traurig aus. Was war in den letzten paar Stunden nur passiert? Mimi kicherte. „Du wunderst dich sicher, warum Takumi eben hier war. Hast du uns gesehen?“ Sie wurde rot um die Nase, was Tai unter anderen Umständen wahrscheinlich niedlich gefunden hätte, doch in diesem Moment kroch nur Übelkeit in ihm hoch. „Ja, ich… Ich hab euch gesehen. Was… Was ist hier los, Mimi? Du meintest doch, er steht nicht auf dich.“ „Habe ich auch gedacht, aber anscheinend…“, begann Mimi und setzte einen verliebten Blick auf. „Nach der Arbeit kam er bei mir vorbei. Einfach nur, um zu reden. Ich habe die Gelegenheit genutzt, um ihm zu sagen, dass du nicht mein Freund bist und dann… dann hat er mich einfach geküsst. Kannst du dir das vorstellen?“ Sie wirbelte herum und lachte, als wäre es eine tolle Neuigkeit. War es ja auch. Für sie. „Huch, was hast du denn da?“, fragte sie plötzlich und zeigte auf die Blumen in Tais Hand. „Das…?“, meinte Tai und betrachtete die gelben Rosen einen Moment lang, als könnten sie ihm irgendeine Antwort auf seine vielen, verwirrten Fragen geben. „Die sind für dich.“ Er hielt ihr die Blumen hin, woraufhin Mimi über beide Ohren strahlte und ihm um den Hals fiel. „Was, für mich? Oh, Tai. Danke, das ist so lieb von dir!“ Mit einem unglaublichen Lächeln nahm sie die Rosen an sich und somit auch sein Herz, was ihn selbst entsetzte und sprachlos machte. Was war nur plötzlich mit ihm los? „Ah, da fällt mir ein. Ich habe ja auch etwas für dich“, unterbrach Mimi freudestrahlend seine Gedankengänge und hielt ihm eine Papiertüte unter die Nase. „Eigentlich wollte ich mich auch gerade auf den Weg zu dir machen.“ Tai nahm geistesabwesend die Tüte entgegen und holte deren Inhalt heraus. „Sorry?“ Er hielt ein buntes Kissen in der Hand, welches offensichtlich selbst bestickt war. In großen Buchstaben stand das Wort „Sorry“ darauf und darunter befand sich ein kleines Herz, welches ebenfalls aufgestickt war. „Es tut mir leid, dass ich vorhin so ein Theater gemacht habe. Na ja und, dass ich dich einfach benutzt habe, um Takumi eifersüchtig zu machen. Das war total kindisch von mir“, entschuldigte die Brünette sich und sah ihn flehend an. „Verzeihst du mir?“ Tais Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. Wie könnte er nicht? „Ich wollte mich auch bei dir entschuldigen. Ich war derjenige, der sich total kindisch verhalten hat.“ „Ich denke, manchmal nehmen wir uns beide nicht viel, was das angeht. Du Blödmann“, lachte Mimi herzhaft auf und auch Tai musste grinsen. Sie waren beide nicht perfekt. Und auch ihre Freundschaft war es nicht. Beide machten sie oft Fehler und behaupteten, der andere, würde sie nerven. Doch so war es nicht. In Wahrheit konnten sie nicht ohneeinander und bisher bügelten sie jeden ihrer Fehler wieder aus, weil sie wussten, was sie aneinander hatten. Doch den Fehler, den Tai die ganze Zeit über begangen hatte, war der schlimmste von allen. Und den konnte er nicht so einfach wieder ausbügeln. Es war der Fehler, nie bemerkt zu haben, dass er für Mimi in Wahrheit mehr als nur Freundschaft empfand. Kapitel 2: Mädchen & Rabauken ----------------------------- „Was man nicht bekommt, das will man haben. Selbst wenn man dabei sein Herz verliert.“ Pohlmann Zwei Monate später war plötzlich alles anders. Tai hatte sich wochenlang den Kopf darüber zermartert, warum er fühlte, was er fühlte. Warum tauchten auf einmal Gedanken auf, die vorher nie da waren? Und warum, verdammt nochmal, konnte er sie nicht einfach wieder abstellen? Sie waren so plötzlich und intensiv gekommen, wie ein Sturm in der Nacht und schlichen sich tief in sein Herz. Dort, wo sie absolut nichts zu suchen hatten. Doch was sollte er dagegen tun? Er wollte sie so sehr und am liebsten wollte er, dass er sie nicht wollte. Während der restlichen Sommerferien hatte Tai sich nicht mehr bei Mimi gemeldet. In der Hoffnung, diese verwirrenden Gefühle hätten sich bis zum Schulbeginn in Luft aufgelöst und das Problem wäre von selbst geklärt. Doch so war es leider nicht. Als er ihr am ersten Schultag wieder gegenüberstand, konnte er nur daran denken, wie sie Takumi geküsst hatte. Dieses Bild wollte einfach nicht aus seinem Kopf. Und als er dann auch noch feststellen musste, dass es alles andere als schlecht zwischen den beiden lief, verpasste es ihm einen Schlag ins Gesicht. Anscheinend hatten sie die restlichen Sommerferien intensiv genutzt, um sich besser kennenzulernen. Inzwischen waren die ersten Schulwochen verstrichen und Tai hatte es akzeptiert. Allerdings nicht, dass Mimi nun in festen Händen war, nein. Das war überhaupt nicht möglich, da sein Herz jedes Mal anfing, wie wild gegen seine Brust zu schlagen, wenn er seine Freundin sah. Diese jedoch schien davon absolut nichts mitzukriegen. „Mimi, erzähl doch mal“, grinste Sora und warf ihrer Freundin einen eindeutigen Blick zu, die jedoch ihre Nase in ein Buch gesteckt hatte. „Was meinst du?“, fragte diese nur desinteressiert und blätterte geduldig die nächste Seite um, während die beiden Mädchen auf der Bank vor dem Sportplatz saßen und die letzten Sonnenstrahlen genossen, die das Jahr hergab. Tai stand vor ihnen und nahm einen großen Schluck aus seiner Trinkflasche, da er sich gerade eine Pause vom Training gönnte. Unauffällig musterte er Mimi und wartete auf ihre Reaktion. Er wusste ganz genau, was Sora meinte. „Na, wie läuft es denn mit dir und Takumi? Seid ihr denn schon weitergegangen?“, platzte es ungewohnt neugierig aus Sora heraus, die anscheinend völlig vergessen hatte, dass Tai anwesend war. „Entschuldigung? Ich bin auch noch da. So viel Info brauche ich nicht“, nörgelte Tai und hätte eigentlich gehen können, doch irgendwie wollte er es doch wissen. Was würde Mimi antworten? Waren sie wirklich schon weiter als Händchenhalten und Küssen? „Also wirklich, Sora“, meinte Mimi jedoch nur nüchtern und klappte ihr Buch zu, um ihrer besten Freundin einen vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen. „So was fragt man doch nicht.“ Tolle Antwort. Das half Tai so gar nicht weiter. „Wieso denn nicht?“, hakte Sora beleidigt nach. „Du siehst immerhin ziemlich verändert aus. Also dachte ich, da muss doch was passiert sein.“ Tai sah sich Mimi etwas genauer an. Auch ihm war aufgefallen, dass sie sich alle Mühe gab Takumi zu beeindrucken. Auch, wenn das bedeutete, dass sie sich dafür veränderte. Neuerdings trug sie ihre langen Haare zu einem Dutt gebunden und hatte sogar stets eine gebügelte Schuluniform. Jede Falte ihres Rockes lag perfekt an und Tai fragte sich, ob ihr die Tatsache, dass sie sich für ihn veränderte, überhaupt bewusst war. „Keine Ahnung, was du damit meinst“, sagte Mimi und bestätigte somit Tais Vermutung. Sora warf ihm einen missmutigen Blick zu und deutete dann auf Mimis Outfit. „Du siehst aalglatt aus, Mimi. Sonst warst du doch nie so ordentlich. Nicht eine Strähne hängt aus deinem… was ist das eigentlich? Ein Haarknoten?“, sagte sie und deutete mit dem Finger auf Mimis Frisur. Auch Tai fand, dass ihr der „neue Look“ so gar nicht stand. Er mochte sie schon immer lieber mit offenem Haar. Manchmal wehte der Wind so schön durch ihre Haare und umspielte damit ihr Gesicht. „Jaah“, mischte sich Tai nun ebenfalls ein. „Und du liest“, sagte er trocken, als wäre es eine außergewöhnliche Tatsache, aber er hatte nun mal recht. Sonst war Mimi mit Kopfhörern und lauter Musik im Ohr anzutreffen. Neuerdings sah man sie nur noch mit Büchern durch die Gegend spazieren, was so gar nicht zu der Schülerin passte. „Weißt du überhaupt, was du da eigentlich liest?“, fragte er und nahm ihr das Buch aus der Hand, um sich das Cover genauer anzusehen. „Effektive Mikroorganismen: Eine revolutionäre Technologie geht um die Welt.“ Verständnislos sah er sie an. „Was?“ „Gib das her!“, keifte Mimi ihn an und riss ihm das Buch wieder aus der Hand. Sora schnaufte. „Na ja, solange du glücklich mit ihm bist…“ „Und ob“, meinte Mimi und ihre Augen begannen plötzlich zu leuchten. „Ich träume schon lang davon, einen so tollen Freund wie Takumi zu haben. Er ist einfach so aufmerksam und charmant und trägt mich auf Händen und er macht mir Komplimente und…“ Komplimente? Hatte Tai ihr je Komplimente gemacht? Okay, vielleicht nicht unbedingt. Aber charmant? Charmant konnte er auch sein! „Hach und er ist einfach ganz toll. Eben ein richtiger Prinz“, schwärmte Mimi weiter und Tai erkannte an ihrem Blick, dass sie bereits wieder in ihre rosarote Traumwelt abgetaucht war, die absolut nicht real war. „Wer weiß, vielleicht heiraten wir eines Tages sogar.“ Heiraten? Tai dachte kurz, sein Mittagessen würde in hohem Bogen wieder rauskommen. Auch Sora grinste unsicher. „Na ja, wenn du das sagst. Ich muss jetzt leider nach Hause. Macht’s gut, ihr beiden.“ „Okay, bis morgen dann“, sagte Mimi und widmete sich wieder ihrem Buch. Sora warf Tai noch einen vielsagenden Blick zu, nahm dann ihre Schultasche und ging, während Mimi sitzen blieb, um noch ein bisschen weiter zu lesen. Kurzentschlossen setzte sich Tai neben seine Freundin und legte den Kopf schief. „Meinst du das Ernst?“ „Was denn?“, fragte Mimi, die anscheinend schon wieder voll in ihr Buch vertieft war. „Willst du irgendwann mal heiraten?“ Mimi nickte, schenkte ihm jedoch sonst keine weitere Aufmerksamkeit. Das wollte Tai nicht auf sich sitzen lassen. Sie sollte ihn ansehen. Und zwar so, wie sie Takumi ansah. Vorsichtig legte er einen Arm um sie, um sich mit den Fingern unauffällig ihrer Frisur zu nähern. Schnell und ohne, dass sie es bemerkte, entfernte er die Haarnadel, die Mimis Dutt zusammenhielt, sodass ihre Haare offen über die Schultern fielen. „Hey, was soll das?“, rief Mimi prompt und fasste an die Stelle, wo eben noch ihr Dutt war. Wütend sah sie Tai an, der jedoch nur grinste. „Ich finde, du siehst mit offenen Haaren viel schöner aus.“ „W-Was…?“ Völlig verdattert sah sie den Fußballer an. „Und wenn du wirklich irgendwann mal heiraten willst, solltest du dir lieber einen Jungen suchen, der dich so mag, wie du bist. Und keinen, der versucht, dich zu verändern“, sagte Tai und hoffte innerlich, dass sie diesen Wink mit dem Zaunpfahl verstand. „So, wie dich?“, entgegnete Mimi und verschränkte die Arme vor der Brust. Nun war es Tai, der sie überrascht ansah. Anscheinend war es kein Wink mit dem Zaunpfahl gewesen, sondern gleich das ganze Haus. Was er absolut nicht beabsichtigt hatte. „I-Ich meine doch nur, dass du dich für deinen Freund nicht verbiegen solltest“, stammelte Tai. Mimi klappte wütend ihr Buch zu und stand auf. „Du hast doch keine Ahnung! So ist das überhaupt nicht! Ach, was weißt du schon?“ Tai biss sich auf die Lippe und stand ebenfalls auf. Wieso verstand sie es denn nicht? „Ich weiß, dass du es nicht nötig hast, dich für einen Jungen zu verändern. Du bist gut so, wie du bist und wenn Takumi das nicht genügt, dann hat er dich eben nicht verdient.“ „Oh Tai“, stöhnte Mimi laut auf und griff sich mit der Hand an die Stirn, als wäre er völlig begriffsstutzig. „Hör endlich auf solche Dinge zu sagen oder zu tun! Ich kann das so echt nicht mehr!“ Verständnislos sah er sie an. „Was denn für Dinge?“ „Oh, bitte…“, meinte die Brünette ironisch und fuhr sich mit den Fingern durch ihr langes Haar, um es ihm zu demonstrieren, was sie meinte. „Na, DAS hier! Und das, was du eben gesagt hast. Meinst du, ich merke nicht, was hier los ist?“ Tai verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin ganz Ohr.“ „Du stehst auf mich!“ „Bitte? Träum weiter!“ „Jaah, und ob! Du stehst auf mich und fang gar nicht erst an, es zu leugnen. Das glaubt dir eh keiner!“ Anklagend zeigte sie mit dem Finger auf ihn, als wäre er vor Gericht. Wäre dies wirklich eine Gerichtsverhandlung, hätte sie ihn eben eiskalt erwischt. „Das… D-Das ist doch völliger Schwachsinn! Ich stehe überhaupt nicht auf so eine nervige Zicke, wie dich!“, versuchte er wild abzustreiten, während Mimi die Hände in die Hüften stemmte und demonstrativ mit den Augen rollte. „Natürlich. Du hast mir nur immer wieder lang und breit erklärt, warum Takumi und ich nicht zusammenpassen. Du machst peinliche Annäherungsversuche, du flirtest mit mir, du hattest von Anfang an was gegen diese Beziehung!“, fing sie an aufzuzählen und redete sich dabei immer mehr in Rage. „Du bist eifersüchtig, Tai! Und du bist es nur, weil du es nicht erträgst, dass ich plötzlich nicht mehr das kleine Mädchen von nebenan bin, dass sich von dir ärgern lässt. Es stört dich, dass ich mich weiterentwickle und dass sich meine Welt nicht mehr nur um dich oder meine Freunde dreht. Du kommst nicht damit klar, dass ich mich für jemanden interessiere, der sich auch für mich interessiert. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, bin ich für dich doch erst interessant geworden, als DU mich nicht mehr haben konntest.“ Tai war wie erstarrt. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte und tief im Inneren fragte er sich ernsthaft, ob sie recht hatte. Hegte er plötzlich Gefühle für sie, weil sie einen Freund und somit interessant geworden war? War das der einzige Grund? „Das… Das ist doch gar nicht wahr“, brachte er gerade noch so über die Lippen, als Mimi schwermütig ausatmete. „Was auch immer“, sagte sie und strich ihren Rock glatt, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen. Dann nahm sie ihr Buch und ihre Schultasche und wollte gehen. Plötzlich fing es an in Tai zu brodeln. Sie hatte ihn nie nach seinen Gefühlen gefragt. Stattdessen stellte sie sich vor ihn hin und behauptete allen Ernstes, seine Gefühle wären eine einzige Lüge. Wütend ballte er die Hände zu Fäusten. „Weißt du, Mimi…“, begann er, richtete den Blick jedoch starr zu Boden, da sie ihn sowieso nicht mehr ansah. „Du hast gerade exakt deine Beziehung zu Takumi beschrieben. Wenn meine Gefühle für dich eine Lüge sind, was sie ja nicht sein können, weil ich ja schließlich keine Gefühle für dich habe…“ Mimi zischte verächtlich. „…dann sind es seine auch. Denn, wenn du dich daran erinnern kannst, hat er dich erst beachtet, als er dachte, ich wäre dein Freund. Also… setz ihm bitte nicht den Heiligenschein auf, den er nicht verdient hat.“ Mimi antwortete nicht mehr und ging, während Tai zurückblieb und absolut keine Ahnung hatte, ob das richtig war, was er eben gesagt hatte oder ob er sie damit endgültig an Takumi verloren hatte. „So eine Scheiße!“, fluchte er, schnappte sich den Fußball von der Bank und kickte ihn mit voller Kraft weg. Es vergingen weitere Tage, in denen sie nicht miteinander redeten. Sie waren eben beide Dickköpfe und keiner wollte den ersten Schritt machen. Tai wusste, dass Mimi nicht einknicken würde. Niemals würde sie klein beigeben und zugeben, dass er recht hatte. Und solang er sich auch nicht bei ihr entschuldigte, herrschte eben absolute Funkstille. Wobei das noch leicht untertrieben war… „Mir ist eiskalt“, sagte Sora, als sie in der Pause auf dem Flur standen und Mimi mit ihren Freundinnen gerade an ihnen vorbeigegangen war und Tai nur eines kurzen Blickes gewürdigt hatte. Ein Blick, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Wieso? Es ist doch noch gar nicht so kalt draußen“, sagte Tai beiläufig und wandte sich dem Fenster zu. „Ich meine auch nicht das Wetter“, antwortete Sora und warf ihm einen eindeutigen Blick zu. „Du und Mimi. Das macht mir Angst. Mal ehrlich… wie lang will sie noch die Eiskönigin spielen?“ „Was weiß ich? Du kennst sie doch!“, entgegnete Tai mit einem Schulterzucken. „Trotzdem! Ihr müsst euch wieder versöhnen, das kann so nicht weitergehen! Euer Eis und Feuer Spiel macht mich echt fertig. Ich verstehe nicht, wie man so dickköpfig sein kann.“ Tai wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Was erwartete sie denn von ihm? Dass er sich bei ihr entschuldigte und Takumi und ihr seinen Segen gab? Auf keinen Fall! „Von mir aus, kann sie das solange durchziehen, wie sie will. Ich werde mich erst dann bei ihr entschuldigen, wenn die Hölle zufriert.“ Sora seufzte. „Was dann wohl bald passieren wird, wenn sie dir noch mal so einen diabolischen Blick zuwirft.“ Tai zischte verächtlich, als würde es ihm nicht das Geringste ausmachen und ging zurück ins Klassenzimmer. Wieso sollte er sich auch dafür entschuldigen, dass er die Wahrheit gesagt hatte? Sollte sie doch bleiben wo der Pfeffer wächst und mit ihrem Takumi glücklich werden! Er brauchte keine Freundin und schon gar nicht so eine Zicke, wie Mimi. Der restliche Schultag verging eher schleppend und die Tatsache, dass Freitagabend war, verbesserte Tais Laune auch nicht unbedingt. Aber wenigstens konnte er sich nun endlich etwas ablenken. Sein Fußballclub schmiss eine Party in der Turnhalle, um ihren letzten Sieg zu feiern. Dort würden allerhand hübsche Mädchen rumlaufen und vielleicht ergab sich ja die ein oder andere Ablenkung. Sie hatte ihm schon die ganze Woche versaut. Diesen Abend würde sie ihm nicht auch noch verderben! „Auf uns, Jungs!“, rief er und stieß mit seinen Mannschaftskollegen an, während die Party schon in vollem Gange war. Alle feierten ausgelassen und hatten Spaß, so wie es sein musste. Und die weiblichen Gäste waren auch nicht zu verachten. Tai nahm einen großen Schluck aus seiner Flasche und sein Blick schweifte ab, zu einem braunhaarigen Mädchen, dass ihm schon die ganze Zeit eindeutige Blicke zuwarf. Er lächelte sie an und sie lächelte verlegen zurück, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. „Tolles Spiel, Tai! Glückwunsch, nochmal.“ Tai drehte sich um und grinste seinen Freund schief an. „Danke, Izzy. Freut mich, dass du gekommen…“ Seine Stimme brach, als er sie zur Tür reinkommen sah. Verärgert kniff er die Lippen zusammen. „Wer hat die beiden denn eingeladen?“ „Jaah“, meinte Izzy unsicher und warf ebenfalls einen Blick in Mimis und Takumis Richtung. „Ich weiß, du bist momentan nicht so gut auf Mimi zu sprechen. Aber ich schwöre dir – und ich untertreibe nicht, wenn ich sage: sie war diese Woche UNAUSSTEHLICH!“ Tai runzelte die Stirn und sah seinen Freund irritiert an. „Und ich meine nicht ihre gewöhnliche, überdrehte Mimi-Art. An die hab ich mich längst gewöhnt. Ehrlich Tai, es war horrormäßig, wie sie drauf war, richtig gruslig… und irgendwie beängstigend. Manchmal hatte ich echt Angst, sie dreht dem Nächsten, der sie anspricht, den Hals um.“ „Und deswegen schleppst du sie hier an? Meinst du, das macht es besser?“, entgegnete der Fußballer und konnte nicht fassen, dass auch dieser Abend letztendlich ruiniert war. „Ich habe gedacht, wenn ich sie mitbringe, sprecht ihr euch vielleicht aus“, sagte Izzy missmutig, als Tai ihm eine Hand auf die Schulter legte. „Izzy, mein Freund… Diese Wette verlierst du.“ Verdattert ließ er Izzy stehen und ging geradewegs zu dem Mädchen hinüber, welches schon die ganze Zeit mit ihm geflirtet hatte – natürlich ohne Mimi und Takumi auch nur eines Blickes zu würdigen. „Hey“, sagte er und lächelte sie an. „Ich bin Tai.“ „Ich weiß“, sagte das Mädchen und wandte sich ihm zu. „Du bist der Kapitän der Fußballmannschaft, richtig? Hallo, ich bin Kasumi.“ An ihrem Gesichtsausdruck erkannte er, dass dieses Mädchen ganz genau wusste, was er wollte. Und, dass sie es auch wollte. Das war viel zu leicht. „Warst du schon mal hier? Wenn du willst, führ ich dich ein bisschen rum“, schlug er vor und setzte ein verschmitztes Grinsen auf. „Du willst mich rumführen?“, kicherte Kasumi. „Was gibt’s denn hier interessantes zu sehen?“ „Das siehst du dann schon“, flüsterte Tai ihr ins Ohr und schoss somit das letzte Stück Zweifel in den Wind. Was Mimi konnte, konnte er schon lange. Kurzentschlossen nahm er das Mädchen bei der Hand und führte es weg von der Menge, nach hinten in die Umkleidekabinen. Natürlich war es hier deutlich dunkler und leiser, die Musik drang nur noch schwach zu ihnen durch. „Und was machen wir jetzt hier?“, fragte Kasumi und grinste ihn an. Tai ging einen großen Schritt auf sie zu und packte sie an den Hüften. „Was möchtest du denn machen?“ Kasumi ging auf die Zehenspitzen und beugte sich ihm entgegen, um ihre Lippen fordernd auf seine zu legen. Augenblicklich schoss ihm ihr Bild durch den Kopf. Kurz ließ er von ihr ab. Was war das? Er durfte jetzt nicht an sie denken! Er musste sie endlich aus seinem Kopf kriegen und vor allem aus seinem Herz. Er musste sich nur etwas mehr anstrengen. Also zog er Kasumi enger an sich, drehte sie um und drückte sie gegen die Wand, um ihren Hals mit Küssen zu übersähen. Sie roch ganz anders, als sie. Ihr Duft war unvergleichlich und nie hätte er gedacht, dass er ihn einmal vermissen würde. Erneut legte er seine Lippen auf die des Mädchens, dass nicht sie war. Noch nie hatte sich ein Kuss so falsch angefühlt. Schwer atmend sah er ihr in die Augen. Es waren nicht ihre Augen. Es ging einfach nicht… Tai wich einen Schritt zurück. Kasumi sah ihn fragend an. „Stimmt was nicht?“ „Ja… Nein… Tut mir leid“, stammelte Tai und fuhr sich nervös durch die Haare. „I-Ich glaube, ich kann das einfach nicht.“ „Oh“, sagte sie und sah beschämt zu Boden. „Verstehe. Du hast eine Freundin.“ „Eine Freundin? Nein! Nein, das ist es nicht“, versuchte Tai die Situation schnell aufzuklären. Es war einfach nicht fair dieses Mädchen zu küssen, während er die ganze Zeit nur sie im Kopf hatte. Und es war nicht fair, dass sie sich weigerte, aus seinem Kopf zu verschwinden. Oder aus seinem Herzen. Doch er konnte es nicht ändern. Mimi war in seinem Herzen und das würde sich auch nicht ändern. Auch nicht, wenn er hundert andere Mädchen küssen würde. „Ich habe keine Freundin“, erklärte Tai ihr frustriert, setzte sich auf die Bank hinter ihm und sah angestrengt zu Boden. „Ich hatte mal eine ganz tolle Freundin. Bis ich gemerkt habe, dass ich mehr für sie fühle, als nur Freundschaft. Vielleicht sind wir inzwischen noch nicht mal mehr Freunde oder können es nicht mehr sein. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie einen festen Freund hat und dass sie glücklich ist. Und dass sie recht hatte, als sie gesagt hat, ich wäre eifersüchtig. Ehrlichgesagt…“, meinte Tai und ein kurzes Lachen entfuhr ihm bei diesen Worten. „Ehrlichgesagt bin ich rasend vor Eifersucht. So sehr, dass ich mich furchtbar mit ihr gestritten habe. Und das alles nur, weil ich nicht akzeptieren konnte, dass ich sie nicht haben kann. Aber das muss ich nun wohl, oder?“ Er war sich nicht sicher, ob Kasumi ihm zuhörte oder ob es sie überhaupt interessierte, was er erzählte. Viel wichtiger war, dass er endlich ehrlich zu sich selbst war. „Eigentlich möchte ich nur, dass sie glücklich ist. Tut mir leid, Kasumi, dass ich dich geküsst habe“, sagte er und sah sie entschuldigend an. „Aber solange ich in sie verliebt bin, wäre es unfair einer anderen etwas vorzumachen. Und dabei ist es egal, ob sie einen Freund hat oder nicht, das spielt keine Rolle. Obwohl sie wirklich launisch ist, und kindisch und naiv und manchmal kann sie auch richtig nerven, aber… sie ist auch unglaublich liebenswert und gütig und selbstbewusst. Irgendwie hat mich das wohl schon immer an ihr beeindruckt. Tja, schade nur, dass ich es zu spät gemerkt habe. Ich bin ein richtiger Idiot, nicht?“ Kasumi sah ihn wortlos an. Wahrscheinlich würde sie ihm gleich mit der flachen Hand ins Gesicht schlagen und er hätte es verdient. Doch stattdessen lächelte sie nur müde. „Ist schon gut, Tai. Ich bin dir nicht böse. Ich verstehe das, sehr gut sogar.“ Tai lächelte schief. „Danke. Es tut mir trotzdem leid.“ Kasumi lachte kurz und winkte ab. „Ich werd dann mal wieder zur Party gehen. Aber ich hoffe sehr für dich, dass du sie irgendwann für dich gewinnen kannst.“ Sie zwinkerte ihm zu und verschwand zur Tür hinaus. Tai blieb sitzen und fragte sich, was da gerade in ihn gefahren war. So etwas passte doch gar nicht zu ihm. Und alles nur wegen ihr… In diesem Moment hörte er, wie die Tür erneut aufging. Wahrscheinlich hatte Kasumi etwas vergessen. Doch als er den Blick hob, stand nicht Kasumi vor ihm. „Mimi?“ Tai wusste nicht, ob es an dem schwachen Licht lag, dass durch die Fenster schien, doch sie sah wie immer wunderschön aus. Wieso hatte er das früher nie bemerkt? Und wieso hatte er es ihr nie gesagt? „Hast du… Hast du etwa alles mit angehört?“, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, als er ihren Blick sah und sie nichts sagte. Sein Herz rutschte in die Hose. Wenn sie wirklich alles gehört haben sollte, was er eben zu Kasumi gesagt hatte, dann… Mimi nickte. „Ja, habe ich.“ Am liebsten hätte er gehabt, wenn sich just in diesem Moment ein Loch vor ihm aufgetan und ihn verschluckt hätte. Dass sie letztendlich so von seinen wahren Gefühlen erfahren würde, war nie geplant gewesen. „Tut mir leid, dass du das mit angehört hast. Am besten ist, du vergisst es gleich wieder“, sagte Tai reumütig, doch Mimi kam nur wortlos auf ihn zu und setzte sich neben ihn. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter. „Und wenn ich es nicht vergessen möchte?“, sagte sie leise. Ihre Stimme hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung auf ihn und gleichzeitig löste sie so viele Gefühle auf einmal bei ihm aus, dass es ihm die Sprache verschlug. „Warum kannst du nicht so aufrichtig zu den Menschen sein, die du gern hast, wie du es zu fremden bist, Tai?“, setzte sie fort. „Es ist nicht gut, wenn man Gefühle unterdrückt. Irgendwann gewinnen sie doch immer die Oberhand und führen dir schmerzlich vor Augen, was du wirklich willst. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Was du da eben gesagt hast…“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „…das hat mir gefallen. Es war ehrlich und aufrichtig und es hat mich berührt. Und ich wünschte, du hättest es mir gesagt, bevor…“ „Bevor was?“, hakte Tai nach und Mimi hob ihren Kopf, um ihn anzusehen. Plötzlich nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und legte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Einen kurzen Moment lang wusste er nicht, ob das alles gerade wirklich passierte oder ob es nur ein Traum war, doch dann schloss er ebenfalls die Augen und vergrub seine Finger in ihrem Haar. Es war offen… Überrascht sah er sie an, als Mimi sich schließlich von ihm löste. „Was ist mit Takumi?“, schoss es ihm sofort durch den Kopf, denn, obwohl er diesen Typen nicht mochte, wollte er keinesfalls derjenige sein, der hier gerade eine Beziehung zerstörte. Doch Mimi schüttelte nur mit dem Kopf. „Ich hab mit ihm Schluss gemacht.“ „Aber warum? Und wann…?“ Sein Herz machte einen kleinen Sprung und doch wollte er wissen, was Mimi zu dieser Entscheidung bewegt hatte. „Kurz nach unserem Streit neulich. Du hast mir gezeigt, dass ich eine Beziehung geführt habe, die ich so nie wollte. Ich hatte nie vor, mich für einen anderen Menschen so zu verbiegen oder zu verändern und ich kann es auch nicht länger. Es war anstrengend, immer das Gefühl zu haben, dass die Mimi, die ich bin, ihm nicht ausreicht. Außerdem stimmte es… er hatte sich erst für mich interessiert, als er dachte, ich hätte einen Freund und… wie kann man bei so vielen, erschreckenden Tatsachen überhaupt von Liebe reden? Das war so naiv von mir. Das weiß ich jetzt.“ „Aber…“, stammelte Tai, denn er verstand es immer noch nicht so richtig. „Aber genau das hast du mir auch vorgeworfen.“ „Ich weiß und es tut mir leid“, sagte Mimi und lächelte. „Als ich gehört habe, was du zu diesem Mädchen gesagt hast, ist mir klargeworden, dass du dich nicht für mich interessiert hast, weil ich plötzlich einen Freund hatte. Es war dir egal, ob du mich haben kannst oder nicht. Deine Gefühle waren dieselben.“ Sie lächelte ihr wunderschönes Lächeln und Tai konnte nicht anders, als sie noch einmal zu küssen. Als er sich von ihr löste, grinste er sie schief an. „Eigentlich hätte mir klar sein müssen, dass du uns belauschst“, sagte er und kniff sie in die Seite. „Warum bist du mit Takumi hierhergekommen, wenn ihr doch gar nicht mehr zusammen seid? Und warum hast du mich die letzten Tage über immer wieder mit deinen Blicken getötet? Du wusstest doch, dass ich recht hatte“, sagte er triumphierend, doch Mimi lachte nur und boxte ihm gegen den Arm. „Weil du es verdient hattest! Ich war total sauer auf dich, dass du recht hattest mit dem, was du über ihn und mich gesagt hast. Und ich finde es einfach echt ätzend, wenn du recht hast! Und dass wir heute zusammen hier aufgetaucht sind, war mehr oder weniger Zufall. Izzy hatte mich eingeladen, auch zu kommen und Takumi ist in Izzys Computerkurs und außerdem…“ Ein teuflisches Grinsen huschte ihr über die Lippen. „…hab ich gedacht, wenn er schon mal da ist, kann ich dich auch gleich ein wenig eifersüchtig machen.“ Tai lachte und zog sie dichter an sich. „Na, das hast du ja wieder gut hingekriegt. Du bist wirklich unverbesserlich.“ Er legte seine Stirn an ihre und sah ihr tief in die Augen. „Was wird jetzt aus uns?“ Mimi zuckte mit den Schultern und lächelte. „Lass uns einfach herausfinden, was die Zukunft bringt…“ Kapitel 3: Zukunft ------------------ „You’ll never be able to find yourself if you’re lost in someone else.“ Colleen Hoover – Nobember 9 Kritisch beäugte sie den Ring an ihrer Hand, hielt ihn ins Licht und betrachtete den großen, schönen Brillanten, in der Mitte des Rings, der sie förmlich anstrahlte. „Meinst du, der steht mir?“ Ihre beste Freundin ließ von den Schmuckstücken vor ihr ab und hob den Kopf. „Mimi“, grinste sie und stemmte eine Hand an die Hüfte. „Ich dachte, wir suchen ein Geschenk für Tai und nicht für dich.“ Die Brünette verzog das Gesicht. „Jetzt sag schon! Steht mir so ein Ring oder nicht?“ Sora lachte und machte einen Schritt auf sie zu, um ihre Hand zu nehmen und den Ring ebenfalls von allen Seiten zu betrachten. „Der ist wirklich wunderschön, Mimi. Aber ich denke, du solltest es Tai überlassen, dir einen Ring an den Finger zu stecken, also…“ Ihre Freundin zog eine Schnute und presste die Hand an sich. „Aber er ist so schön!“ „Mimi“, sagte Sora noch einmal mit Nachdruck. „Mach ihn ab!“ Äußerst widerwillig zog sich Mimi das silberne Schmuckstück vom Finger. „Na gut“, nörgelte sie und drückte ihn Sora in die Hand, die ihn der Verkäuferin hinter dem Tresen wiedergab. Seufzend lehnte sich Mimi dagegen. „Ich denke nicht, dass er das jemals tun würde.“ „Was meinst du?“, hakte Sora nach, während sie sich wieder den Armbändern widmete, die vor ihr ausgebreitet waren. Mimi sah sie skeptisch an. Offensichtlich stand sie mal wieder auf dem Schlauch. „Na, Tai. Er würde mir nie einen Antrag machen.“ „Red keinen Unsinn, Mimi. Er liebt dich.“ Mimi verdrehte die Augen. Das war nicht das, worauf sie hinauswollte. „Das weiß ich ja. Aber deswegen heißt das noch lange nicht, dass er mich auch heiraten würde.“ Ehrlichgesagt wurmte sie dieses Thema schon eine ganze Weile. Sie waren jetzt seit fünf Jahren zusammen, hatten ihren Abschluss gemacht, waren direkt danach in eine eigene Wohnung gezogen, studierten, ihr Leben entwickelte sich prächtig. Und es hat während all der Zeit keinen Tag gegeben, an dem Mimi an seiner Liebe zu ihr gezweifelt hätte. Doch so langsam beschlich sie das Gefühl, dass das allein nicht ausreichte. Was war mit ihrem restlichen Leben? Wie sollte es weitergehen? Sollte man nicht in einer Beziehung irgendwann den nächsten Schritt wagen? Vielleicht dachte sie einfach zu viel über die Zukunft nach, während Tai ganz offensichtlich im hier und jetzt lebte. Sie liebte ihr Leben mit Tai an ihrer Seite und sie war glücklich mit ihm, keine Frage. Doch während sie schon über Heirat und Familie nachdachte, machte sich Tai eher Gedanken darüber, was es wohl am Abend zu Essen geben würde. „Du machst dir zu viele Gedanken“, meinte Sora plötzlich und weckte sie wieder auf. „Tai hat eben momentan ganz andere Dinge im Kopf. Das heißt nicht, dass er dich nicht irgendwann heiraten wird.“ „Er hat immer andere Dinge im Kopf“, stöhnte Mimi auf und wandte sich ihrer Freundin zu. Die Verkäuferin musterte die beiden kritisch und entfernte sich schließlich wortlos, da sie wohl festgestellt hatte, dass diese Sache hier noch etwas länger dauern konnte. „Du kennst ihn doch“, gab Sora zu bedenken, doch das machte es auch nicht unbedingt besser. „Irgendwann wird er dich fragen und du wirst ja sagen und ihr werdet einen Haufen Kinder kriegen und gemeinsam alt und grau werden.“ Mimi sah es bildhaft vor sich. Allerdings fragte sie sich in letzter Zeit immer häufiger, wie lang dieses ‚irgendwann‘ denn noch dauern sollte. Sora grinste, als könnte sie ihre Gedanken lesen. „Du bist viel zu ungeduldig, Mimi. Warte doch einfach ab, bis er soweit ist. Ihr solltet beide erst mal eure Träume verwirklichen, bevor ihr so einen großen Schritt wagt.“ Abwarten. Träume verwirklichen. Sora hatte leicht reden. Ihre letzte Beziehung war ein Jahr her und sie hatte keine Ambitionen eine neue einzugehen. Sie war ein Freigeist und konzentrierte sich voll und ganz auf ihre Karriere als Modedesignerin. Ein Mann würde ihr dabei nur im Weg stehen, sagte sie immer. Doch Mimi dachte da ganz anders. Sie wollte auch ihre Träume verwirklichen, aber mit Tai an ihrer Seite. Was war daran so falsch? „Außerdem“, fuhr Sora schmunzelnd fort. „Wirst du einfach warten müssen, bis er dir den Antrag macht. Das ist unumgänglich, wenn nicht du diejenige sein willst, die vor ihm auf die Knie fällt.“ Mimi sah sie überrascht an, während Sora das nächste Armband in die Hand nahm und es ihr unter die Nase hielt. „Schau mal, was hältst du von dem hier?“ Mimi nahm es ihr ab und wendete es in ihrer Hand. Es war ein schwarzes Lederarmband, mit einem kleinen, silbernen Anker, welcher es zusammenhielt. „Das gefällt Tai sicher. Damit kannst du nichts falsch machen“, grinste ihre beste Freundin sie an und Mimi nickte. „Ja, das ist gut. Er wird sich sicher freuen.“ „Perfekt!“, strahlte Sora und reichte das Armband einer Verkäuferin, die es für sie einpackte, während Mimi immer noch über ihre Worte nachdachte. „Ach, jetzt komm schon!“, ermahnte Sora sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Zieh nicht so ein Gesicht! Heute ist Tais Geburtstag und heute Abend, wenn er nach Hause kommt, überraschst du ihn und gibst ihm dein Geschenk und dann macht ihr euch einen netten Abend zu zweit. Na, wie klingt das?“ Soras Grinsen wurde immer breiter. Mimi wusste genau, worauf sie anspielte und so langsam gefiel ihr die Idee auch ganz gut. Ein netter Abend zu zweit. Und eine kleine Überraschung… Kurze Zeit später hatte Mimi zu Hause schon alles vorbereitet. Doch bevor es losgehen konnte, musste sie noch eine andere Hürde meistern. Eine, die nur sie betraf. Aufgeregt stand sie im Studio eines lokalen Fernsehsenders. Ein letztes Mal betrachtete sie sich kritisch im Spiegel des Umkleideraums und richtete ihre Haare. Sie hatte niemandem etwas davon erzählt, dass sie sich bei einer Show für junge Nachwuchstalente beworben hatte und auch nicht, dass sie direkt eingeladen wurde. Niemand sollte etwas davon wissen, bis auf eine Person und das war quasi unvermeidbar. Genau diese Person steckte in diesem Moment seinen Kopf durch die Tür. „Darf ich reinkommen?“ „Klar.“ Yamato trat ein und schloss die Tür hinter sich. Verschmitzt grinste er sie an. „Na, aufgeregt?“ „Das kannst du laut sagen“, entgegnete Mimi und wedelte sich mit der Hand Luft zu. Bekam sie etwa gerade Schweißausbrüche? „Das Lampenfieber ist normal. So ging es mir auch, als ich das erste Mal hier war. Na ja, eigentlich ist das sogar immer noch so. Es geht nie richtig weg.“ „Das ist sehr beruhigend, danke“, sagte die Brünette und verdrehte die Augen. Er hatte leicht reden. Für ihn war es ja inzwischen auch nichts Besonderes mehr vor der Kamera zu stehen. Schon vor einiger Zeit hatte er mit seiner Band den Durchbruch erlangt und war inzwischen mit seiner Musik nicht mehr aus dem japanischen TV wegzudenken. „Wieso machst du hier eigentlich mit? Das ist doch eine Show für Nachwuchstalente“, wollte Mimi wissen, während sie ihr Handy aus der Tasche kramte. Yamato vergrub die Hände in den Hosentaschen und zuckte mit den Schultern. „Ab und an laden sie mich ein, um einen meiner Songs zu performen. Du weißt schon. Während ihr euch alle hinter der Kamera die Augen ausheult und in Selbstzweifel verfallt, es aber noch nicht wieder Zeit für eine Werbepause ist. Dann komme ich ins Spiel.“ Mimi hob eine Augenbraue. Der Ruhm hatte ihn wohl überheblich werden lassen. „Tut dir gar nicht gut, so viel Rampenlicht“, sagte sie abschätzig und scrollte durch ihre letzten Nachrichten. Tai hatte ihr gerade geschrieben, dass es heute Abend später werden würde, da er in der Uni noch einiges zu erledigen hatte. Mimi seufzte frustriert. Hoffentlich würde er später nicht zu müde und gestresst sein, für ihre Überraschung. „Du solltest mir lieber dankbar sein“, sagte Yamato plötzlich und kam auf sie zu. „Ich hab schließlich bei den Produzenten ein gutes Wort für dich eingelegt. Sonst wärst du doch mit deiner Kocherei nie so weit gekommen.“ Mimi warf ihm einen bösen Blick zu. Mit ihrer ‚Kocherei‘? Diese Kocherei war mehr als nur ein einfaches Hobby für sie. Ja, sie studierte eigentlich Ernährungswissenschaften und ja, sie mochte es ganz gerne – aber ihre wahre Leidenschaft galt schon immer dem kochen und backen. Lange hatte sie darüber nachgedacht, ob sie wirklich diesen Schritt wagen sollte. Ob ihre Kochkünste auch für mehr ausreichten, außer Tai den Bauch zu füllen. „Hast du Tai davon erzählt?“, fragte Yamato und schielte auf ihr Handy, als sie Tai eine Antwort schrieb. „Nein und er soll es auch nicht wissen.“ „Warum nicht?“ „Weil ich es nicht will, deshalb. Ich muss das allein durchziehen.“ Yamato sah sie skeptisch an. Natürlich konnte er das nicht verstehen, aber das alles hier war nun mal eine Sache, die sie für sich selbst rausfinden musste. Da musste sie alleine durch und Tai konnte ihr nicht dabei helfen. Und wenn es nichts werden würde, könnte sie immerhin dort weitermachen, wo sie aufgehört hatte. Dann würde Kochen eben immer nur ein Hobby bleiben. „Na gut, wenn du meinst“, sagte er und ein kurzes Grinsen huschte über seine Lippen, als er ihr das Handy aus der Hand nahm. „Aber ich darf es ihm doch erzählen oder?“ „Was…? Sag mal, spinnst du?“, rief Mimi und grabschte nach dem Mobiltelefon, doch der Musiker hielt es hoch in die Luft. „Gib das sofort wieder her!“ „Wieso denn? Ich denke, Tai würde es brennend interessieren, dass seine Süße heute im Fernsehen zu sehen ist“, lachte Yamato und tippte etwas ein, während Mimi verzweifelt versuchte an das Handy ranzukommen, doch Yamato drehte sich immer wieder weg, wenn sie danach griff. „Pah, ich hoffe, du meinst nicht dich selbst“, giftete sie ihn an, woraufhin der Blonde so laut loslachte, dass Mimi diesen unachtsamen Moment nutzte und ihm das Handy entriss. Prüfend scrollte sie durch die Nachrichten und stellte fest, dass Yamato nur geblufft hatte. Erleichtert atmete sie aus. „Beruhig dich, das war doch nur ein Witz. Du wirst die Sache schon rocken“, sagte Yamato versöhnlich und tätschelte ihren Kopf. Die Brünette warf ihm einen bösen Blick zu. „Immerhin habe ich dich etwas von deinem Lampenfieber abgelenkt“, grinste er und Mimi sah ihn verdattert an, bis sie merkte, dass er recht hatte. „Stimmt. Irgendwie bin ich jetzt gar nicht mehr so aufgeregt“, stellte sie nüchtern fest. „Siehst du. Du machst das schon, Mimi. Bleib einfach ganz locker, so wie immer. Und ich werde Tai auch nicht verraten, dass du hier bist, versprochen. Wenn er dich allerdings zufällig im Fernsehen sieht, kann ich nichts dafür.“ „Wird er nicht, er ist noch in der Uni“, sagte die Brünette. „Na, dann“, meinte Yamato, beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen kurzen Kuss auf die Wange. „Viel Glück.“ Danach wandte er sich um und ging. „Ach so, und wünsch Tai nachher alles Gute zum Geburtstag von mir. Ich wollte ihn heute eigentlich in eine Bar schleppen, aber das schaffe ich wohl nicht mehr.“ Mimi grinste triumphierend und stemmte die Hände an die Hüfte. „Das kannst du vergessen. Heute Abend habe ich schon andere Pläne für ihn.“ Mimi konnte es immer noch nicht fassen. Sie hätte nie gedacht, dass sie so souverän auftreten und ihre Show durchziehen würde. Nachdem ein mehr oder weniger untalentierter Tänzer und ein weiterer Musiker aus einer Punkrockband aufgetreten waren, kam endlich ihr großer Augenblick. Sie kochte sich vor laufender Kamera die Seele aus dem Leib, erklärte dabei jeden einzelnen Schritt, um am Ende der Sendung ein perfektes Menü zu präsentieren. Der Produzent war so begeistert, dass er ihr direkt danach ein baldiges Bewerbungsgespräch versprach, was jedoch nur noch reine Formsache wäre, so beeindruckt war er von ihr. Er nannte sie sogar, das weibliche Pendant zu Jamie Oliver. Nächste Woche wollte er Mimi den Rest des Teams vorstellen und er würde schon hören, wie die Einschaltquoten in die Höhe schossen. Mimi konnte einfach nicht glauben, dass sie so Eindruck hinterlassen hatte. Sie hatte mit ihrer spritzigen und lockeren Art geschafft, die Leute für sich zu gewinnen und das war allein ihr verdienst. Im Nachhinein wünschte sie sich irgendwie doch, dass Tai zugesehen hätte. Doch sie würde ihm nachher alles haarklein erzählen. Natürlich nachdem sie ihm die Geburtstagsüberraschung gemacht hatte. Sie war so unendlich glücklich, dass man es gar nicht in Worte fassen konnte. Ihre Endorphine spielten völlig verrückt und sie war sich mehr als sicher, dass dieser Abend nur noch besser werden konnte. Zu Hause angekommen, war sie erleichtert, dass Tai immer noch nicht da war. Denn so hatte sie Zeit sich wenigstens noch einmal umzuziehen. Sie schmiss ihre Schuhe in die Ecke und ging direkt ins Schlafzimmer, um sich ein knielanges, dunkelrotes Samtkleid anzuziehen. Sie öffnete ihren Zopf, sodass die Haare ihr leicht über die Schulter fielen. Dann drehte sie sich noch einmal, fuhr sich durch die Haare und wirbelte sie etwas auf, als sie auch schon den Schlüssel hörte, der sich in der Wohnungstür drehte. Eilig huschte sie aus dem Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Tai stand im Flur und zog sich gerade die Schuhe aus, als er sie sah. „Hallo, Prinzessin“, grinste er sie an und zog sie unvermittelt an sich, um ihr einen Begrüßungskuss zu geben. Mimi legte die Arme um ihn und hoffte, er würde nicht merken, wie sehr ihr das Herz gegen die Brust schlug. „Hab ich was verpasst?“, fragte er schmunzelnd, als er sich von ihr löste und sie musterte. „Du hast dich ja heute ganz besonders schick gemacht.“ „Heute ist ja auch ein besonderer Tag“, säuselte sie verliebt und gab ihm einen Kuss auf den Mund. „Happy Birthday, honey.“ „Danke“, grinste Tai verlegen. „Und wo ist mein Geschenk? Oder bist du mein Geschenk?“ Die Brünette lachte. Sicher hatte sie nichts dagegen, sein Geschenk zu sein – doch erst, nachdem sie ihm das andere Geschenk überreicht hatte. „Ungeduldig wie immer“, stellte sie fest und zog ihn an der Hand mit sich ins Wohnzimmer. Sie eilte zu der Kommode, um ein Feuerzeug zu holen. „Ich hatte noch keine Zeit die Kerzen anzuzünden, weil ich auch gerade erst gekommen bin“, erklärte sie und fegte förmlich durch die Wohnung, um sämtliche Kerzen, die sie im Raum verteilt hatte, anzuzünden. Es sollte schließlich alles perfekt sein. „So“, sagte sie, verschränkte sie Arme hinter dem Rücken und sah Tai erwartungsvoll an. „Gefällt’s dir?“ Tai betrachtete die vielen Kerzen, die das Wohnzimmer in ein warmes Licht hüllten. Auf dem Tisch stand ein großer Geburtstagskuchen, auf dem eine Kerze brannte und ein kleines Geschenk für ihn bereit. Drum herum lagen rote Rosenblätter. Er ging zu seiner Freundin und umfasste ihre Taille. „Es gefällt mir sehr gut! Darauf habe ich mich schon den ganzen Tag gefreut. Erstaunlich, dass du noch Zeit hattest zu backen, obwohl du doch den ganzen Tag mit lernen beschäftigt warst.“ „Na ja“, sagte die Brünette und strich sich verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ehrlichgesagt habe ich heute eine klitzekleine Pause vom Lernen gemacht.“ Sie zog Tai nach unten und setzte sich mit ihm vor den Geburtstagstisch. „Zuerst Kuchen oder das Geschenk?“, fragte sie ihn und Tai grinste, wobei er sich durch die Haare fuhr und offensichtlich angestrengt überlegte. Gott, sie liebte es, wenn er das tat. „Hmm, schwierige Entscheidung. Ich denke, ich will zuerst ein Stück Kuchen.“ „Hab ich mir fast gedacht“, lachte Mimi und schnitt ein Stück ab, ohne die Kerze zu berühren. Tai steckte sich genüsslich ein Stück des Schokoladenkuchens in den Mund, während er von seinem Tag erzählte und Mimi ihm aufmerksam zuhörte. Zumindest versuche sie es. Es fiel ihr nicht leicht, es noch länger zurückzuhalten. Doch sie wollte den perfekten Moment abwarten. „Möchtest du noch was?“, fragte sie ihn schließlich, als Tai das vierte Stück Kuchen verdrückt hatte und sich bereits den Bauch hielt. „Nein. Ich glaube, wenn ich noch mehr esse, platze ich.“ Mimi lachte. „Unfassbar, wie viel du essen und dabei trotzdem noch so verdammt gut aussehen kannst.“ „Das sind die guten Gene“, grinste Tai und zog sie an sich. „Danke, für diese schöne Geburtstagsüberraschung“, hauchte er und sah ihr verliebt in die Augen. „Du bist wirklich das Beste, was mir je passiert ist.“ Mimis Herz schlug bis zum Hals. War es endlich soweit? War das der perfekte Moment? Kurz, bevor sich ihre Lippen trafen, hielten beide jedoch inne. „Ich muss dir was sagen, Mimi“, flüsterte er. Mimi sah ihn an. Das war er wohl. Der Moment. „Bevor du es sagst, möchte ich dir etwas sagen.“ Sie nahm das Geschenk, welches immer noch auf dem Tisch lag, in die Hand und hielt es ihm hin. „Aber erst musst du das hier aufmachen.“ Tai nahm das Geschenk aus ihren Händen, jedoch nur, um es direkt wieder auf den Tisch zu legen. Er griff nach ihren Händen und sah sie eindringlich an. „Das hat doch noch etwas Zeit, oder? Ich muss dir wirklich unbedingt etwas erzählen.“ Mimi zog eine Schnute. Wieso machte er ihr diesen besonderen Moment kaputt? „Taichi Yagami“, tadelte sie ihn gespielt böse. „Wenn du nicht sofort dein Geschenk aufmachst, ist der ganze Abend ruiniert und dann könnte es passieren, dass ich sehr, sehr unangenehm werde.“ Tai fing an zu lachen, weil er offensichtlich nicht verstand, wie wichtig ihr das hier gerade war. Doch er verstand, dass er sie besser nicht länger hinhalten sollte, und hob beschwichtigend die Hände, als er ihren bohrenden Blick sah. „Ist ja schon gut. Ich mache es auf, okay?“ Mimi nickte und als er das kleine Geschenk wieder in die Hand nahm, kehrte augenblicklich die Nervosität zurück. Was, wenn es ihm nicht gefallen würde? Was, wenn er…? Ihre Gedanken überschlugen sich und ihre Finger wurden schwitzig, als Tai das Papier abmachte und eine kleine Schmuckschachtel in der Hand hielt. „Oh, du schenkst mir Schmuck?“ Mimi nickte nur, da ihre Kehle staubtrocken zu werden schien. „Ich hoffe, es sind die Ohrringe, die ich mir schon seit Ewigkeiten wünsche“, säuselte Tai, wie ein Mädchen und hielt sich schmachtend eine Hand an die Wange. „Du Idiot, jetzt mach schon auf!“, fuhr Mimi ihn an und boxte gegen seinen Arm. „Au! Ja, ich mach ja schon“, lachte der Student. In dem Moment, als er die kleine Schatulle öffnete, war es nicht nur Mimis Herz, welches einen Schlag aussetzte. Sie sah, dass ihn der Inhalt und dessen Bedeutung völlig unerwartet traf und er nicht wusste, wie er darauf reagieren sollte. Sprachlos starrte er den Ring an, der sich darin befand. Klammheimlich hatte sie am Nachmittag doch noch mal das Armband beim Juwelier umgetauscht. Mit zittrigen Fingern nahm Mimi ihm die Schatulle aus der Hand, während er sie entgeistert ansah. „Ich weiß, damit hast du jetzt sicher nicht gerechnet“, erklärte sie kleinlaut. Sie hatte sich so viele Worte zurechtgelegt, die sie ihm sagen wollte, doch gerade in diesem Moment wollte ihr keines davon einfallen. Sie konnte nur noch darauf hören, was ihr Herz sagte. „Es ist wohl recht ungewöhnlich diese Frage zu stellen, vor allem, weil sie von mir kommt und nicht von dir. Glaub mir, das überrascht mich selbst“, grinste sie und warf Tai einen unsicheren Blick zu, der immer noch wie versteinert vor ihr saß und sie mit großen Augen ansah. „Doch, ich konnte einfach nicht länger warten und ich liebe dich so sehr, dass ich keine weitere Zeit brauche, um irgendetwas zu überdenken. Ich weiß ganz genau, was ich für meine Zukunft will und ich will dich. Für immer.“ Tai schluckte. Mimi nahm den Ring aus der Schatulle und hielt ihn Tai hin. „Deswegen wollte ich dich fragen, ob… o-ob du mich heiraten möchtest?“ Eine schier endlos lange Pause legte sich über sie, gefüllt von schweigender Hoffnung, die Mimi tief im Herzen trug. Und die augenblicklich zersplitterte, als er ihrem Blick auswich und zur Seite sah. Langsam ließ sie den Ring sinken. Ernüchterung. Enttäuschung. Frustration. All diese Gefühle strömten gleichzeitig auf sie ein und es war wie ein Schlag in die Magengrube, die sich schmerzlich zusammenzog. Ihr Höhengefühl, welches sie eben noch hatte, wich dem niederschmetterndem Gefühl der Ablehnung und Tränen stiegen ihr in die Augen. „D-Du… Du willst nicht“, stellte sie nüchtern fest, woraufhin Tai sie endlich wieder ansah. Er nahm ihre Hände in seine, doch es fühlte sich kalt an. „Nein, so ist das doch gar nicht. Natürlich will ich dich heiraten, Mimi. Irgendwann…“ Irgendwann. Irgendwann? IRGENDWANN! Dieses Wort hatte sie genug gehört. „Und wann wird dieses ‚irgendwann‘ sein?“, fragte sie bissig und blinzelte die Tränen weg, die ihr die Sicht verschleierten. „Bitte, Mimi. Tu das nicht“, sagte Tai ruhig, doch Mimi sprang auf und fing an aufgebracht im Raum umherzulaufen, und die restlichen Kerzen auszublasen. „Was soll ich denn nicht tun? Dir einen Antrag machen? Gott, wie dumm bin ich eigentlich?“ „Das meine ich nicht“, sagte Tai und stand ebenfalls auf. „Du zweifelst an meiner Liebe zu dir. Das ist es, was du gerade tust.“ Mimi blieb stehen und sah ihn verständnislos an. „Und das wundert dich? Man, Taichi! Ich schütte dir hier mein Herz aus, öffne dir meine Seele und sage dir, dass ich für immer mit dir zusammen sein will und du sagst nein? Was soll ich denn davon halten?“ „Ich habe nie nein gesagt. Ich sagte: irgendwann!“, fuhr er sie an, da ihn diese Situation ebenfalls aufzuregen schien. Mimi konnte einfach nicht fassen, was er ihr hier entgegen schleuderte. Er war gerade dabei ihr Herz zu brechen und tat dies, ohne mit der Wimper zu zucken. Seufzend ließ sie sich zu Boden sinken und betrachtete verloren die Kerze, die noch immer auf dem Kuchen brannte und schon nur noch halb so groß war, wie am Anfang. Vielleicht war es das, was gerade mit ihrer Beziehung geschah. Sie brannte ab, wie diese Kerze. Tai setzte sich neben sie und sah sie eindringlich an. „Ich liebe dich, Mimi. Mehr als sonst jemanden. Das musst du mir glauben!“, sagte er einfühlsam und legte ihr eine Hand aufs Bein. „Und ja, ich werde dich irgendwann heiraten, ganz sicher! Nur nicht jetzt. Ich kann das jetzt nicht machen.“ Traurig hob sie den Kopf und sah ihn an. „Warum nicht?“ Sie verstand es nicht. Wenn er sie so sehr liebte, wie er sagte und auch vorhatte, sie irgendwann zu heiraten, warum dann nicht jetzt? Tai fuhr sich gestresst durch die Haare. „Das wollte ich dir die ganze Zeit schon sagen, bevor du… na ja, bevor du mich…“ „Komm auf den Punkt!“, meinte Mimi gereizt. Sie wollte wissen, was der Grund dafür war, dass er sie angeblich nicht heiraten konnte. „Es ist so, dass ich heute mit einen meiner Professoren gesprochen habe. Ich wollte dir noch nichts davon erzählen, um dich nicht verrückt zu machen, falls es dann doch nicht klappt“, begann Tai zu erklären. „Ich habe mich für ein Praktikum in Deutschland beworben und wurde angenommen.“ Sprachlos sah sie ihn an. Das war es, was er ihr vorhin sagen wollte? „Deutschland?“, widerholte sie geistesabwesend, während sie darüber nachdachte, wie viele Kilometer das eigentlich von Japan entfernt war. „Ja. Professor Yamamoto hat ein gutes Wort für mich eingelegt und ich kann nächste Woche anfangen, wenn ich will.“ Mimis Gedanken überschlugen sich, als ihr klar wurde, was das letztendlich für ihre Beziehung bedeuten könnte. „Und… willst du?“, fragte sie vorsichtig, doch kannte die Antwort bereits. „Ja… Ja, ich denke schon. Es ist eine einmalige Gelegenheit und ich möchte später selbst gern als Professor unterrichten. Dieses Praktikum wurde mir wirklich sehr ans Herz gelegt. Ich kann dort sicher viel lernen und ich…“ Doch Mimi hörte ihm nicht mehr zu. Nun war klar, warum Tai sie nicht heiraten konnte. Weil er bald nicht mehr Teil ihres Lebens sein würde. „Mimi, hörst du?“ „Hmm?“ Verwirrt sah sie ihn an. Hätte sie doch nur niemals diese Frage gestellt. „Nur, weil ich gehe, heißt das nicht, dass du mir nicht wichtig bist und dass ich nicht mit dir zusammen sein möchte“, sagte Tai und drückte ihre Hand. Plötzlich sah er sie hoffnungsvoll an. „Was hältst du davon, wenn du einfach mitkommst? Du könntest ein Auslandssemester machen und wir könnten…“ „Nein, das geht nicht“, unterbrach sie ihn schnell. „Ich werde nicht mitkommen, Tai.“ „Aber warum nicht? Was hält dich denn hier? Es wäre ja auch nicht für immer. Höchstens für ein Jahr.“ Mimi schüttelte bedauernd den Kopf. Sie schaffte es nicht, über ihren Schatten zu springen. Er hatte nein gesagt, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hatte einfach so entschieden, nach Deutschland zu gehen, ohne sie zu fragen oder miteinzubeziehen. Egal, was sie für ihn empfand – diese Tatsachen konnte sie einfach nicht ignorieren. „Ich habe heute einen Job beim Fernsehen angenommen“, eröffnete sie ihm. Tai stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. „Wie, Fernsehen? Wie kommst du denn zum Fernsehen?“ Mimi erklärte ihm, dass sie sich bei einer Sendung beworben hatte. Dass sie ihm nichts davon sagen wollte, aus Angst vielleicht doch zu versagen. Und, dass sie widererwartend angeworben wurde, um ihre eigene Show zu bekommen. „Ich werde sozusagen Showköchin“, erklärte sie ihm nüchtern, während Tai aufmerksam zuhörte. Vorhin hätte sie noch Luftsprünge über diese Neuigkeit machen können und jetzt… „Und dein Studium?“ „Das kann ich nebenbei machen. Und wenn nicht, ist das auch egal. Ich will einfach nur kochen.“ „Bist du dir sicher, dass du das willst?“ „Ja!“, lautete die Antwort, über die sie nun nicht mehr lange nachdenken musste. Sie hatte schließlich nichts mehr zu verlieren. „Dann ist es vielleicht gut so, wie es gekommen ist“, sagte Tai plötzlich voller Zuversicht, woraufhin Mimi irritiert aufsah. „Na ja, wir haben beide die Möglichkeit unsere Träume zu verfolgen und das zu tun, was uns wichtig ist. Was nicht heißt, dass ich ohne dich leben möchte.“ Er fuhr ihr mit der Hand durchs Haar und strich ihr eine Strähne zur Seite. Diese kleine Geste jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. „Ich möchte immer noch, dass du Teil meiner Zukunft bist, Mimi. Auch, wenn uns ganze Kontinente voneinander trennen werden. Ich möchte mit dir zusammen sein.“ Ihr Herz machte einen kleinen Sprung. „Was soll das heißen, Tai? Wie soll das funktionieren?“ Tai rutschte etwas näher an sie heran und legte einen Arm um ihre Taille. „Ich denke, wenn es jemand schaffen kann, dann wir. Ich liebe dich, Mimi! Und nur, weil wir uns auf unsere Kariere konzentrieren und uns nicht mehr jeden Tag sehen, heißt das nicht, dass wir nicht füreinander bestimmt sind. Mein Herz wird immer dir gehören. Egal, wo ich bin.“ Er sah ihr tief in die Augen und Mimi konnte erkennen, dass er es ernst meinte. Seine Gefühle ihr gegenüber waren aufrichtig. Auch, wenn er sie jetzt noch nicht heiraten wollte. Mimi nickte und Tai gab ihr einen Kuss auf den Mund. „Manchmal muss man getrennte Wege gehen, um zueinander zu finden.“ „Ein Jahr ist eine lange Zeit, Tai“, gab die Brünette zu bedenken. Doch ihr Herz konnte und wollte ihn einfach nicht gehen lassen und es wusste ganz genau, was es wollte. Auch, wenn es das heute noch nicht haben konnte. Schließlich huschte ihr ein kleines Lächeln über die Lippen. „Aber ich denke, wir können es schaffen.“ Tai hatte recht. Sie waren füreinander bestimmt. Und was war schon ein Jahr, im Vergleich zum restlichen Leben? Es würde sicher nicht ganz einfach werden. Aber, wenn es jemand schaffen konnte, dann sie. Und vielleicht stimmte es, was Tai sagte. Vielleicht war es für diesen Moment einfach wichtiger, dass jeder sich auf seine Ziele konzentrieren konnte. Seine Träume zu leben, um irgendwann einen gemeinsamen Traum leben zu können. „Ich bin so froh, dass du das sagst“, sagte Tai und gab ihr einen innigen Kuss auf die Lippen. „Ich verspreche, ich werde jede deiner Sendungen gucken!“ „Und ich verspreche dir, dass ich dich bis zu deinem Abflug nicht mehr aus dem Bett lasse“, grinste Mimi und warf ihm einen eindeutigen Blick zu. Tai schmunzelte, nahm ihr Gesicht in beide Hände und zog sie an sich, um ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen zu legen. Ohne Vorwarnung nahm er sie in seine Arme und hob sie hoch, um sie ins Schlafzimmer zu tragen. „Ich liebe dich, Mimi.“ „Und ich liebe dich“, sagte die Brünette. Sie liebte Tai so sehr, dass es unglaublich weh tun würde, ihn gehen zu lassen. Doch sie hatte keine andere Wahl, wenn sie irgendwann eine gemeinsame Zukunft mit ihm wollte. Denn was sie für die Zukunft wollte, das wusste sie. Doch was ihr Herz jetzt wollte, wurde an diesem Abend zurückgelassen. Es lag auf dem Teppich im Wohnzimmer. Zurückgelassen – doch nicht für immer vergessen. Kapitel 4: Affäre ----------------- „Und so, meine lieben Zuschauer, bereitet man ein weihnachtliches Tiramisu zu. Die Spekulatius darin sind doch wirklich der Hammer, oder was meinst du, Yamato?“ Mimi strahlte wie immer in die Kamera, während sie hinter einer hellbeleuchteten Küchenzeile stand und eine Schale frischzubereitetes Tiramisu in den Händen hielt. Dass rings um sie herum ein Duzend Kameras und Leute waren, störte sie dabei wenig. Nach zwei Jahren im Showbizz war sie immun gegen Lampenfieber. Ihr Traum war wahr geworden. Sie war Showköchin. Sie hatte ihre eigene Sendung. Ihr eigenes Team. Ihr eigenes Management. Sie war Profi. Und sie genoss es jede einzelne Sekunde im Rampenlicht zu stehen. Yamato, der ebenfalls eine Schürze trug und neben ihr stand, steckte sich einen Löffel in den Mund und stöhnte genussvoll auf. „Verdammt, ist das gut!“ „Klingt, als hättest du einen kulinarischen Orgasmus“, witzelte Mimi und gönnte sich ebenfalls einen Löffel des Tiramisus, welches sie in dieser Sendung zusammen mit Yamato zubereitete hatte. „Besser hätte ich’s nicht sagen können. Einfach köstlich, Mimi. Und dabei so einfach!“ Er strahlte in die Kamera. „Probieren Sie’s aus! Sie werden begeistert sein! So, und jetzt entschuldigen Sie mich – ich habe noch ein Date“, lächelte er süffisant und krallte sich die ganze Schale Tiramisu. Mimi grinste. Er wusste einfach, wie man den Leuten den Mund wässrig machte. Vielleicht lag das daran, dass er inzwischen genauso viel Erfahrung im Fernsehen hatte wie sie. Seine Band hatte sich nach all der Zeit tatsächlich durchgesetzt und führte nicht selten die Spitze der japanischen Charts an. Auch Yamato war ein Meister seines Fachs – sowie Mimi. Eine wichtige Gemeinsamkeit, wie sie fand. „Ich würde sagen, wir machen für heute Schluss und lassen Yamato dann mit seinem ‚Date‘ alleine“, lachte Mimi in die Kamera und zwinkerte den Leuten da draußen zu. „Schalten Sie auch beim nächsten Mal wieder ein, wenn es heißt: Cook with love… and Mimi.“ „…und Yamato“, fügte dieser noch mit vollem Mund hinzu, doch Mimi wedelte mit dem Zeigefinger. „Nein, mein Lieber. So gerne ich dich auch wieder in meine Show einladen würde, beim nächsten Mal wird uns eine bekannte Persönlichkeit des japanischen TV’s besuchen und mit mir kochen. Ich denke, vor allem die weiblichen Gäste sollten einschalten“, verkündete Mimi strahlend und wandte sich wieder der Kamera zu. „Ich gebe euch einen kleinen Tipp: er ist Schauspieler, er hat den Super Boy Contest mit dem zweiten Platz belegt und er ist ein echtes Sahneschnittchen.“ „Ich glaub, ich werd eifersüchtig“, schmunzelte Yamato. „Natürlich nur, weil er dein leckeres Essen kosten darf.“ Völlig zwanglos steckte er sich einen weiteren Löffel in den Mund. „Das dachte ich mir“, lachte Mimi. „Also, das war Yamato Ishida, Frontsänger der Band Shadow Wolves. Danke, dass du da warst!“ „Ich danke dir!“ „Bis zum nächsten Mal!“ Mimi winkte ihren Zuschauern zu und verabschiedete sich somit von ihnen, als auch schon das komplette Licht im hinteren Studiobereich anging und der Regisseur „CUT“ rief. „Puh, geschafft!“, schnaufte Mimi und stützte sich auf der Arbeitsplatte ab. „Ach, komm schon“, meinte Yamato und stellte das Tiramisu beiseite, ehe er sich den Bauch hielt. „Die meiste Arbeit hab doch ich gemacht… Puh, ich glaube, mir ist schlecht.“ „Na klar! Du vergisst wohl, dass ich der Star der Show bin“, lachte Mimi auf und steckte einen Finger ins Tiramisu, um ihn abzulecken. „Schmeckt doch total lecker.“ „Ja, ich weiß. Ich hab nur einfach schon zu viel davon gegessen“, sagte Yamato und Band sich seine Kochschürze ab, als auch schon Mimis persönliche Assistentin kam, die ihre Schürze ebenfalls abnahm und ihnen zwei Flaschen Wasser reichte. „Findest du diesen Shunya eigentlich wirklich so gutaussehend?“, fragte Yamato beiläufig und nahm ebenfalls einen großen Schluck aus seiner Flasche, ehe er sie wieder absetzte und Mimi skeptisch ansah. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, fragte Mimi irritiert. „Na, das ist doch der Schauspieler, den du eben meintest. Der, der nächste Woche mit dir kochen wird. Das sogenannte Sahneschnittchen. Also ich finde ja, er ist eher ein zweitklassiger Schauspieler, mit mehr Glück als Verstand.“ Mimi warf ihm einen abschätzigen Blick zu. „Für diesen Kommentar räumst du die Küche auf.“ „Was, ist doch so“, warf Yamato grinsend ein, als Mimi sich bereits daranmachte, sämtliche Utensilien, die sie gebraucht hatte, in die Spüle zu räumen. Sie hatte es sich angewöhnt, die Küche nach ihrer Show selbst wieder in Ordnung zu bringen. So umging sie die Peinlichkeit, dass sie bei der nächsten Show die Töpfe nicht auf Anhieb fand, denn so war das leider, wenn ständig jemand anderes in ihrer Küche rumfuschte und ihr alles hinterherräumte. „Ich halte sehr viel auf meine Gäste. Und du bist nur neidisch“, konterte Mimi, da sie nicht vorhatte, sich von ihm aufziehen zu lassen. Ihre Show war inzwischen im ganzen Land bekannt und in jeder Sendung kam eine andere berühmte Persönlichkeit, um mit ihr vor der Kamera zu kochen. Was ihre Sendung absolut einzigartig machte und Mimi war äußerst stolz auf dieses Konzept. Sie hatte es bis an die Spitze der Einschaltquoten gebracht und das war alleine ihr Verdienst. „Wieso sollte ich neidisch sein, wenn du mit irgendwelchen gutaussehenden Typen kochst? Das ist Tais Part“, sagte Yamato leichtfertig, doch traf sofort einen wunden Punkt bei der Brünetten. „Wenn du meinst“, antwortete sie nur wortkarg. Zum Glück stieß in diesem Moment ihr Produzent zu ihnen, um sich auch noch mal bei Yamato für diese wunderbare Show zu bedanken. Eifrig schüttelte er Yamato die Hand und lud ihn ein, ihre Sendung bald mal wieder zu besuchen. „Ich komme gerne noch mal. Sie wissen doch – am liebsten koche ich mit Mimi“, antwortete er und warf ihr ein verwegenes Lächeln zu, doch sie drehte sich weg und widmete sich ganz ihrem Abwasch. Es dauerte noch eine Weile, bis alles wieder an Ort und Stelle war und so langsam wurde es leer im Fernsehstudio. „Mimi, ich verschwinde schon mal, okay?“, rief ihre Assistentin ihr zu, als auch diese ihre letzten Arbeiten erledigt hatte. „Ist gut, Yumi. Schönen Abend noch!“ „Euch auch. Bis nächste Woche!“ Sie wank ihr und Yamato zu, der ebenfalls noch in der Küche stand und schließlich den letzten sauberen Teller beiseitestellte. „Du hättest mir nicht helfen müssen“, warf Mimi ein und wischte über die Arbeitsplatte. „Ich bin gerne in deiner Gesellschaft. Auch, wenn du mir das jetzt vielleicht nicht glaubst“, grinste Yamato, doch Mimi würdigte ihn keines Blickes. „Hast du nicht noch irgendwas zu tun? Ein paar Songtexte schreiben oder Fanpost beantworten oder so?“, entgegnete sie stattdessen trotzig. Yamato sah sie verdutzt an. „Bist du etwa sauer?“ „Wie kommst du denn darauf?“ „Weiß nicht… du bist so kratzbürstig.“ Darauf antwortete die Brünette nicht mehr. Er wusste schließlich genau, warum sie sauer war. Plötzlich spürte sie, wie er hinter sie trat und sanft ihren Arm berührte. „Hey, tut mir leid. Ich wollte ihn nicht erwähnen.“ Genau das war der Punkt. „Dann solltest du es nicht tun, Matt“, sagte sie streng und richtete den Blick immer noch stur auf die Arbeitsplatte, als sich sein Griff um ihren Arm plötzlich verfestigte und er sie mit einem Ruck zu sich umdrehte. Ein kurzer Schrei entfuhr der Brünetten, als er ihr direkt in die Augen sah. „Lassen wir das!“, sagte er ruhig, aber bestimmt. „Was?“, hakte Mimi verwirrt nach. Er beugte sich ihr entgegen, sodass er mit den Lippen fast ihr Ohr berührte. „Ich mag es nicht, wenn du so kratzbürstig bist oder… vielleicht doch“, hauchte er ihr entgegen, was Mimi unweigerlich eine Gänsehaut bescherte. Doch das war noch nicht alles… Er legte seine Lippen vorsichtig auf ihren Hals, begann sie an ihrer empfindlichen Stelle zu küssen. Er wusste genau, dass sie dann machtlos war. „Verdammt“, raunte sie und krallte sich mit den Fingern in die Arbeitsplatte hinter ihr. „Da will man einmal sauer auf dich sein…“ „Du weißt, das bringt nichts“, lächelte er verschmitzt, während er ihren Hals weiter mit Küssen übersäte und sich zu ihrer Schulter vorarbeitete. Sanft strich er den Träger ihres Tops beiseite, um sie auch dort zu küssen. Mimi schloss die Augen, als er auch schon von ihr abließ, um ihr Gesicht in seine Hände zu nehmen. „Ich will dich, Mimi“, hauchte er ihr entgegen und legte fordernd seine Lippen auf ihre, während sie sich an ihn presste. Auch sie wollte ihn. Wie so oft. Es dauerte nicht lang, bis er mit den Händen nach ihrem Hinterteil tastete und sie die Beine um ihn schlang, damit er sie hochheben konnte. Mit einem Ruck setzte er sie auf die Arbeitsplatte vor ihm ab. Danach zog er ihr eilig das Top über den Kopf, während sie sich hektisch an seiner Hose zu schaffen machte. Ihre Küsse wurden leidenschaftlich, schnell, verlangend – wie ihr Verhältnis zueinander. Als sie ihm die Hose abstreifte und er ihren Rock hochschob, dauerte es keine Sekunde, bis er fordernd und heftig in sie eindrang. Ein Gefühl der Sehnsucht durchströmte sie, ehe sie den Kopf in den Nacken warf und sich ganz ihrer Lust hingab. Ihrer Lust und dem Verlangen ihm einfach nah zu sein. Erneut presste er seine Lippen auf ihre. Ihre Zungen begannen wild miteinander zu tanzen und nach jedem weiteren Stoß merkte Mimi, wie sie dem Höhepunkt näherkam. Sie blendete alles um sich drum rum aus – wo sie waren, was sie hier taten, wie sie es taten. Sie blendete auch aus, mit wem sie es tat. Sie ignorierte sogar das schmerzliche, von Sehnsucht zerrissene Gefühl in ihrem Herzen, welches sie jedes Mal aufs Neue heimsuchte. Doch sie kannte es inzwischen nur allzu gut und sie wollte, dass es verschwand. Und der einzige, der es ihr nehmen konnte, war Yamato. Ein Stöhnen entfuhr seinen Lippen, welches sie versuchte mit einem Kuss zu unterdrücken, als sie gemeinsam ihren Höhepunkt erreichten und Mimi sich in seine blonden Haare krallte. Ihr Griff lockerte sich und ihre Lippen lösten sich voneinander. Seufzend grinste Yamato und hauchte ihr einen letzten Kuss auf die Stirn, ehe sie sich ebenfalls erschöpft an seine Schulter sinken ließ. Das Gefühl war weg. Der Schmerz und die Sehnsucht waren wie weggeblasen. Doch nicht für lange, das wusste sie. Es würde wiederkommen und dann würde es von vorne beginnen, wie eine endlose Schleife, die sich um ihren Hals schnürte und ihr die Luft zum Atmen raubte. Er lag, wie so oft neben ihr und schlief, während sie ihren Kopf auf seiner Brust gebettet hatte und er sie im Arm hielt. Yamato war nach der Show und dem kleinen, plötzlichen Liebesspiel noch mit zu ihr gekommen, wo sie sich ein weiteres Mal in ihrem Bett leidenschaftlich geliebt hatten. Während er seelenruhig schlief, fuhr Mimi mit dem Finger zarte Kreise auf seiner Haut. Es fühlte sich gut an, dass er da war und doch fragte sie sich immer wieder, wie es dazu gekommen war. Immer öfter ging sie nach seinen Auftritten mit zu ihm nach Hause, oder aber er übernachtete bei ihr, nachdem sie sich einen Film angesehen hatten. Dennoch spielte sich ihre Beziehung lediglich innerhalb der sicheren vier Wände ab, was ihr und wahrscheinlich auch Yamato, deutlich lieber war. Auch, wenn sie nie offen darüber sprachen, wussten sie doch, welche Art von Beziehung sie führten und für Mimi war es okay so. Mehr wollte sie gar nicht. Und er vermutlich auch nicht. Sie war daran gewöhnt allein zu sein, schon lange. Und doch begrüßte sie es, wenn er sie hin und wieder von der Einsamkeit und der leere in ihrem Herzen ablenkte. Ob er wusste, wie sehr sie dies brauchte? Vielleicht ging es ihm ja auch so. Vielleicht war auch Yamato auf der Suche nach dem Gefühl, welches jedes Mal durch seine Finger rann, wenn er ihm zu nahekam. Was er wohl gerade tat? Ihre Gedanken schweiften ab, hin zu dem Mann, den sie eigentlich liebte und der schon lange nicht mehr Teil ihres Lebens war. In diesem Moment machte ihr Laptop ein Geräusch, welches einen ankommenden Anruf auf Skype ankündigte. Sie sah auf die Uhr neben ihrem Bett und stellte fest, dass es bereits nach Zwei Uhr nachts war. Leise schlüpfte sie aus dem Bett, ohne Yamato aufzuwecken und schnappte sich ihren Laptop, um damit auf leisen Sohlen ins Wohnzimmer zu verschwinden. Sie setzte sich aufs Sofa und stellte den Laptop vor sich auf den Tisch. Kurz überlegte sie, ob sie überhaupt abheben sollte. Doch der Drang ihn zu sehen, war einfach stärker. Wie immer. Sie drückte auf annehmen. „Hey Prinzessin.“ Tai grinste sie freudestrahlend an. Mimi zog ein Bein an ihre Brust und stützte sich locker darauf ab. Mit der anderen Hand fuhr sie sich durch die langen Haare. „Hey. Du weißt schon, dass es hier mitten in der Nacht ist?“ „Ich weiß“, entgegnete Tai und nahm einen Bissen von irgendetwas. Er kaute und schluckte, ehe er sie musterte. „Hab ich dich geweckt?“ Mimi sah kurz an die gegenüberliegende Wand und seufzte. „Nein, ich konnte eh nicht schlafen. Was gibt’s denn?“ Tai zuckte mit den Schultern. „Ich wollte dich einfach nur sehen.“ Diese Antwort sollte sie eigentlich rühren – tat es aber nicht. Früher hatte er das oft gemacht. Sie mitten in der Nacht angerufen. Manchmal hatten sie dann die ganze Nacht lang durch geskyped und sie fand es unglaublich süß von ihm, dass er ihr so viel Aufmerksamkeit widmete. Inzwischen hatte das nachgelassen und war zur absoluten Seltenheit geworden. „Das ist alles?“, fragte Mimi und zog eine Augenbraue nach oben. „Du rufst doch nicht umsonst mitten in der Nacht hier an.“ Diese Erkenntnis schmerzte, doch nicht so sehr, um sie nicht laut auszusprechen. „Jaah, also es ist so…“, stammelte Tai und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ich kann morgen nicht kommen.“ „Tai“, jammerte Mimi augenblicklich. „Morgen ist Weihnachten!“ Sie konnte nicht fassen, dass er wirklich absagte. Jetzt, nachdem sie sich über ein Jahr nicht gesehen hatten. „Es ist Heilig Abend und du hattest versprochen, zu kommen!“ „Ja, ich weiß…“, grinste Tai schüchtern, als wäre es gar keine große Sache, so kurz vorher das Treffen abzusagen. Das Treffen, worauf sie so lang warten mussten. Mimi seufzte. „Tai… wir haben uns über ein Jahr nicht gesehen. Was soll ich denn machen, wenn du morgen nicht da bist?“ „Tut mir wirklich leid, Prinzessin. Aber es ist was Wichtiges dazwischengekommen.“ „Es kommt immer was dazwischen!“, schrie sie ihn nun an. „Was war vor drei Monaten, als plötzlich jemand krank geworden ist und du einspringen musstest? Oder vor fünf Monaten, als du dir plötzlich eine Erkältung eingefangen hast? Oder vor einem Jahr, als du zurückkommen wolltest?“ Sie konnte nicht fassen, dass er sie wieder vor den Kopf stieß. So viele Monate hatte sie geduldig zu Hause gesessen, auf seine Anrufe gewartet, sehnsüchtig an die Tage gedacht, an denen sie endlich wieder Zeit miteinander verbringen konnten. Tai war schon viel zu lang weg. Aus einem Jahr wurden weitere sechs Monate und daraus dann wieder weitere sechs Monate. Dabei wollte sie doch einfach nur bei ihm sein. Doch immer legte das Leben ihnen Steine in den Weg. In den letzten zwei Jahren hatten sie sich ganze vier Mal gesehen. Und das war nicht besonders viel, um eine Beziehung aufrecht zu erhalten. Irgendwie schien das Schicksal nicht auf ihrer Seite zu sein. „Bitte sei nicht traurig, Mimi.“ „Ich bin nicht traurig“, sagte die Brünette und wischte sich kurz mit dem Ärmel ihres Shirts über die Augen, ehe sie ihn entschlossen ansah. „Weißt du was? Ist schon gut. Es ist nur genau das, was ich eh schon erwartet habe.“ „Mimi…“, sagte Tai traurig und sah sie flehend an. „Ich verspreche dir, ich komme so schnell, ich kann.“ Mimi überlegte kurz, dann schüttelte sie bedauernd den Kopf. „Lass gut sein, Tai. Frohe Weihnachten.“ Ohne ein weiteres Wort seinerseits abzuwarten, klappte sie den Laptop zu und beendete somit diese klägliche Unterhaltung. Seit drei Tagen hatten sie nichts voneinander gehört und dann rief er sie mitten in der Nacht an, um ihr zu sagen, dass er an Weihnachten nicht nach Hause kommen würde. Nicht mal das. „So eine scheiße!“, fluchte sie laut und kickte mit den Fuß gegen den Wohnzimmertisch, ehe sie sich frustriert zurückfallen ließ und sich schmerzlich auf die Unterlippe biss, um die Tränen zurückzuhalten. Sie dachte daran, was sie sich vor zwei Jahren versprochen hatten. Jeder von ihnen sollte seine Träume leben und was hatten sie nun davon? Eine erfolgreiche Kariere und standen nun einmal mehr als sonst vor den Trümmern ihrer gescheiterten Beziehung. Egal, was sie tat. Es war einfach unumgänglich. Das Schicksal wollte nun mal nicht, dass sie zusammen waren und es war an der Zeit, dies endlich zu akzeptieren. „Hey, alles in Ordnung?“ Sie drehte sich um und sah Yamato, der gerade aus dem Schlafzimmer und auf sie zukam. Er setzte sich neben sie, während Mimi den Blick stur geradeaus gerichtet hielt. „War das Tai?“, fragte er vorsichtig, doch erkannte die Antwort schon an ihrem Gesichtsausdruck. „Was wollte er denn?“ Mimi verfinsterte ihren Blick. „Er kommt morgen nicht. Was auch sonst?“ „Das tut mir leid“, sagte Yamato aufrichtig, denn er wusste am besten, wie sehr sie ihn während der letzte zwei Jahre vermisst hatte. Auch, wenn er mit ihr schlief, so war sich Mimi sicher, dass er doch immer wusste, dass ihr Herz Tai gehörte. Oder gehört hatte. „Was soll’s“, sagte sie und tat dabei völlig gleichgültig. Sie stand auf und räumte den Laptop weg. „Keine Ahnung, was ich erwartet habe.“ Irgendwie hatte sie ja schon fast damit gerechnet, dass er wieder nicht kommen würde. Doch die Tatsache, dass sie auch noch recht behielt, war dann doch sehr ernüchternd. Wortlos schlüpfte sie wieder ins Bett und klammerte sich an ihre Bettdecke. Innerlich verfluchte sie Tai dafür, dass er ihr das antat. Äußerlich wollte sie jedoch keine Schwäche zeigen. Sie spürte, wie Yamato sich wieder neben sie legte und einen Arm um sie schlang. Mimi blinzelte eine Träne weg, die ihr die Wange runter lief, ehe sie sich ruckartig umdrehte und sich auf ihn schwang. Sie begann ihn leidenschaftlich zu küssen und legte all ihre Verzweiflung hinein. Und er wies sie nicht zurück, sondern erwiderte ihren Kuss, indem er fordernd mit seiner Zunge in ihren Mund eindrang. Wenigstens einer, der sie nicht ständig zurückwies. Als sie sich an seinem Hals nach unten vorarbeitete, entfuhr dem Musiker ein genussvolles Stöhnen. Mimi genoss dieses Gefühl. Es war besser, als all die Gefühle, die Tai schon lang nur noch in ihr auslöste. Sie wollte einfach nur noch vergessen und sich fallen lassen… Als Mimi am nächsten Morgen aus der Dusche kam, war Yamato bereits angezogen. „Guten Morgen“, sagte er, nahm seine Lederjacke vom Sofa und zog sie sich an. Mimi ging in die Küche und nahm sich einen Kaffeebecher aus dem Schrank. „Wie gut, dass du nie zum Frühstück bleibst. Das erspart mir einiges an Arbeit“, scherzte sie und rang sich zu einem Lächeln durch. Er grinste und trat vor sie. „Ja, das kann ich mir vorstellen“, sagte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Dann ging er in den Flur, um sich seine Schuhe anzuziehen. Mimi folgte ihm und lehnte sich gegen die Wand. Yamato bückte sich, um seine Schnürsenkel zu binden. „Übrigens: was machst du heute Abend?“, fragte er sie beiläufig, sah sie jedoch nicht an. Mimi zischte. „Was soll die Frage? Du weißt, dass Tai mich versetzt hat.“ Musste er ausgerechnet jetzt in der Wunde bohren. „Also hast du nichts vor“, stellte er fest und richtete sich auf. „Dann komm ich so gegen Acht.“ Mimi sah ihn mit großen Augen an. „Entschuldige, aber hab ich was verpasst? Ich kann mich nicht daran erinnern, dich eingeladen zu haben.“ Der Musiker grinste schief. „Das ist auch nicht nötig. Ich habe jetzt gleich noch ein Fotoshooting und danach ein paar Interviews, aber dann habe ich Zeit. Ich bringe auch Kuchen mit.“ Doch das überzeugte Mimi so gar nicht. Sie verschränkte nur die Arme vor der Brust und sah ihn misstrauisch an. „Blumen?“ Mimi zog eine Augenbraue nach oben. Wollte er sie hier gerade verarschen? „Ach, komm schon, Mimi“, grinste er und machte einen Schritt auf sie zu, um ihre Taille zu umfassen und sie an sich zu ziehen. „Von mir aus kannst du auch einen Weihnachtsbaum aufstellen und ihn schmücken. Und wenn du möchtest, darfst du sogar was für mich kochen.“ „Ach so, darf ich das?“, hakte Mimi skeptisch nach, während Yamato weiterhin seinen Charme spielen ließ. „Na, und ob! Du weißt, ich liebe dein Essen!“ „Willst du Heilig Abend nicht lieber mit deinen Liebsten verbringen?“ „Du bist mir die Liebste.“ „Matt! Ich mein das Ernst. Du musst heute Abend nicht zu mir kommen, weil du mich bemitleidest. Außerdem klingt das hier gerade viel zu sehr nach einem Date und das ist doch so gar nicht unser Ding.“ „Mach ich nicht“, entgegnete der Blonde entschieden. „Und es soll auch kein Date sein, versprochen! Ich hab nur keine Lust Weihnachten wieder mit der Band zu verbringen. Die lassen sich immer unendlich volllaufen und am Ende landen wir alle in einem Stripclub.“ „Oh nein, wie schrecklich!“, lachte Mimi und hielt sich gespielt schockiert die Hand vor den Mund. „Ach, komm. Ich will nicht allein sein. Du willst nicht allein sein. Wir wären ein gutes Weihnachtsteam“, versuchte Yamato sie weiter zu überzeugen. Schließlich seufzte Mimi und knickte ein. „Na guuut“, gab sie nach und er gab ihr einen schnellen Kuss auf sie Stirn. „Super! Ich komme dann gegen Acht. Und ich erwarte einen bunt geschmückten Weihnachtsbaum“, grinste er und ging zur Tür hinaus. Ob das nun eine gute Idee war oder nicht. Im Grunde war es Mimi fast schon egal, mit wem sie Heilig Abend verbrachte. Einsam war sie ab sofort sowieso, mehr denn je. Ein paar Stunden später duftete es in der ganzen Wohnung nach Plätzchen. Im Hintergrund lief weihnachtlich „Driving home for christmas“, während Mimi den Tannenbaum schmückte und leise mitsang. Sie hatte tatsächlich in allerletzter Minute noch einen besorgt, da sie fand, dass es wenigstens ein bisschen nach Heilig Abend aussehen sollte. Auch, wenn Tai nicht hier war. Irgendwie freute sie sich doch ein wenig, dass Yamato sie überredet hatte, Heilig Abend gemeinsam zu verbringen. Summend trat sie einen Schritt zurück und betrachtete den Baum, der nun zur Hälfte geschmückt war. „Hmm, sieht doch gar nicht so schlecht aus“, sagte sie zu sich selbst und stellte die Schachtel mit den Kugeln erst mal zur Seite, um in die Küche zu gehen und die Plätzchen aus dem Ofen zu holen. Danach ging sie wieder ins Wohnzimmer, um weiter zu machen, als ihr Yamatos Handy in die Augen fiel, welches unachtsam auf dem Sofa rumlag. Es musste ihm wohl aus der Jackentasche gefallen sein, als er sie heute Morgen angezogen hatte. Sie seufzte, nahm es in die Hand und wollte es gerade weglegen, als es an der Tür klingelte. Das musste er dann wohl sein. Wie sollte er sonst seine ganzen Termine einhalten, die alle in seinem Organizer gespeichert waren? Singend schlenderte Mimi zur Tür und grinste. „Na, hast du was vergessen?“, witzelte sie und riss erwartungsvoll die Tür auf. Ihr Herz blieb stehen. Sie starrte ihn fassungslos an und überlegte, ob das gerade Wirklichkeit war, was geschah. Er grinste dieses Grinsen, dass sie nie vergessen hatte und sah sie unvermittelt an. „W-Was m-machst du denn hier?“, stotterte sie, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. Tai war hier. Er war tatsächlich hier. „Ich wollte dich überraschen“, sagte er und zuckte mit den Schultern. „Hast du jemand anderen erwartet?“ Schnell versteckte sie das Handy hinter ihrem Rücken. „N-Nein… nein, ich habe niemanden erwartet. Das ist es ja. W-Wie um alles in der Welt kommst du hierher?“ Tai grinste und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Ich kann es dir erklären, aber es ist ziemlich ungemütlich hier draußen. Vielleicht darf ich ja reinkommen?“ „Oh, ja… ja, natürlich“, stammelte die Brünette und trat zur Seite, damit Tai eintreten konnte. Irgendwie war es merkwürdig, dass er fragte, ob er reinkommen durfte. Schließlich hatten sie früher zusammen hier gewohnt. Es war ihr zu Hause gewesen und doch fühlte es sich jetzt an, als wäre er nur ein Gast. „Hmm, das riecht köstlich“, schwärmte Tai und reckte die Nase genüsslich in die Luft, die mit dem leckeren Plätzchenteig erfüllt war. „Ich habe deine Weihnachtsbäckerei echt vermisst.“ Mimi sah ihm geistesabwesend dabei zu, wie er seine Jacke und Schuhe auszog und fragte sich, ob das eigentlich sein Ernst war? Erst sagte er ihr Treffen ab und jetzt, keine 24 Stunden später stand er plötzlich vor ihr und führte zwanglosen Smalltalk mit ihr? Das konnte nicht sein Ernst sein! Völlig verdattert folgte sie ihm ins Wohnzimmer. „Oh, du bist gerade dabei, einen Baum zu schmücken. Toll, dass du einen geholt hast.“ Tai sah sich begeistert um und freute sich ganz offensichtlich über die heimische Dekoration. „Äh, ja“, entgegnete Mimi lediglich und wartete immer noch auf Antworten. Fragend sah sie ihn an. „Würdest du mir bitte mal erklären, was du hier machst? Ich dachte, du kannst nicht nach Hause kommen.“ Tai wandte sich ihr zu und lächelte. „Ach, Prinzessin. Ich wollte dich nur reinlegen. Ich habe meinen Flug niemals abgesagt. Bei unserem Gespräch gestern saß ich quasi auf gepackten Koffern. Ich wollte dich einfach überraschen“, sagte er und ging auf sie zu. „Ich wusste ja nicht, dass dich mein kleiner Trick so sehr kränken würde und du gleich beleidigt auflegst.“ Er tat noch einen Schritt und stand nun direkt vor ihr, um sich zu ihr runter zu beugen. Doch Mimi wich zurück. Beleidigt? Hatte er eben tatsächlich ‚beleidigt‘ gesagt? „Ich war enttäuscht, Tai. Nicht beleidigt“, stellte sie richtig und ging einfach an ihm vorbei. Sie musste sich irgendwie ablenken, damit sie ihm nicht ins Gesicht sprang und ihm die Augen auskratzte, für diesen schlechten Scherz. „Okay. Der Witz ist nicht angekommen. Schon verstanden“, sagte Tai. „Aber du könntest wenigstens so tun, als würdest du dich darüber freuen, dass ich hier bin.“ Mimi wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Das war einfach alles zu viel für sie. Sein unerwartetes Auftauchen hier, brachte sie völlig durcheinander und stürzte ihre Gefühlswelt in ein erneutes Chaos. Grade, als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte und sich auf den Abend freute. „Mimi…“, sagte er leise, trat hinter sie und berührte sie leicht am Arm. „Es tut mir leid. Das war dumm von mir. Du hast dich so lang darauf gefreut und dann sage ich Arsch einfach, ich würde nicht kommen.“ Mimi schluckte. „Aber jetzt bin ich hier und alles ist gut, nicht? Ich habe mich seit Monaten darauf gefreut, dich zu sehen, also… meinst du, du kannst deinen Ärger noch einmal runterschlucken und mit mir Heilig Abend verbringen?“ Die Brünette seufzte und drehte sich zu ihm um. Sie überlegte kurz und drückte ihm dann die Schachtel mit Weihnachtskugeln in die Hand. „Hier. Wenn du schon mal da bist, kannst du auch mithelfen, den Baum zu schmücken“, sagte sie gespielt streng und nahm sich selbst ein paar andere Kugeln. Tai grinste und stellte sich wortlos neben sie, um eine der Kugeln aufzuhängen. Er beobachtete sie aus dem Seitenwinkel und lächelte verschmitzt. Auch Mimi rang sich dazu durch, ihm ein kurzes Lächeln zu schenken. Zu mehr war sie momentan noch nicht in der Lage. Sie musste das alles erst mal verdauen. Und dann würde sie ihm vielleicht noch eine Chance geben, das wieder gut zu machen… Wiedererwartend wurde es ein entspannter Weihnachtsabend. Sie tranken heiße Schokolade, aßen Kekse und hatten es sich unter einer dicken Sofadecke bequem gemacht, während der Baum bunt vor ihnen erleuchtete. Fast, wie früher, fand Mimi. „Und dann hat Yumi einfach alles verschüttet, vor laufender Kamera. Die komplette Soße war über den Boden verteilt, ungelogen. Sie ist so ein Tollpatsch, einfach unglaublich!“, erzählte Mimi mit Begeisterung und lachte, während sie eine heiße Tasse Kakao in der Hand hielt. Sie saß auf der einen Seite des Sofas und Tai hatte es sich auf der anderen Seite bequem gemacht. „Das klingt, als wäre sie genauso tollpatschig wie du“, grinste Tai und lauschte aufmerksam ihren Arbeitsgeschichten. „Nein, sie ist schlimmer! Ich schwöre!“ Mimi lachte. Sie wusste nicht, wann sie das letzte Mal so unbeschwert miteinander geredet hatten. Irgendwie gewöhnte sie sich langsam daran, dass er wirklich da war. „Ich freue mich, dass es mit deiner Show so gut läuft. Ich habe dich und Matt gestern im Fernsehen gesehen. Unfassbar, dass er mit dir gekocht hat.“ Yamato. Musste er dieses Thema ausgerechnet jetzt ansprechen? Mimi räusperte sich und stellte ihre Tasse ab. „Es wird dich wundern, aber er ist wirklich ein guter Koch. Es macht wirklich Spaß, mit ihm im Fernsehen zu kochen. Er ist eben schon lang in dem Geschäft und weiß genau, wie er mit den Zuschauern umgehen muss und er hat einen ziemlich guten Draht zu den Produzenten…“ „Wow, du schwärmst ganz schön viel von ihm. Findest du nicht?“, stellte Tai lachend fest, woraufhin Mimi ihn stutzig ansah. Tai bemerkte ihren Blick und winkte ab. „War nur ein Scherz, guck nicht gleich so, Prinzessin!“ Mimi schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und zwang sich zu einem Grinsen. „Du bist immer noch wunderschön“, sagte Tai plötzlich und warf ihr einen verliebten Blick zu. Mimi strich sich nervös eine Haarsträhne hinters Ohr, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. Da sie so früh keinen Besuch erwartet hatte, hatte sie sich überhaupt nicht schick gemacht. „Findest du?“ Sie musste unbedingt das Thema wechseln. „Wie lang wirst du bleiben?“, fragte sie deshalb. Tai zuckte mit den Schultern und grinste sie verwegen an. „Weiß nicht. Vielleicht für immer.“ Die Brünette sah ihn erstaunt an. „Wie meinst du das?“ „Vielleicht bleibe ich in Japan“, sagte Tai noch einmal, doch Mimi dachte, das wäre wieder so ein schlechter Scherz und gleich würde er sagen, dass er sie reingelegt habe und natürlich morgen wieder verschwinden würde. „Und wovon machst du das abhängig?“, fragte sie und verschränkte bockig die Arme vor der Brust. „Das kommt ganz auf deine Antwort an.“ Tai stellte seine Tasse ab und schlug die Decke zurück, um aufzustehen. Nur um sich direkt wieder vor sie hinzuknien. Mimi bekam augenblicklich Schnappatmung. Diese Haltung kannte sie nur all zu gut. Sie hatte sich nicht nur ein Mal vorgestellt, wie es wäre, wenn er so vor ihr knien würde. Er nahm ihre Hände in seine und sah ihr tief in die Augen. „Mimi…“, setzte er an und Mimi japste ein „Oh Gott“. „Prinzessin. Ich habe es dir schon einmal gesagt, aber ich muss es dir einfach noch mal sagen, weil es immer noch so wahr ist, wie vor zwei Jahren: du bist das Beste, was mir je im Leben passiert ist! Dich die letzten zwei Jahre nur so wenig zu sehen, hat mich beinahe umgebracht. Ich weiß, wir hatten nicht viel gemeinsame Zeit, aber ich hoffe, du weißt, dass mein Herz die ganze Zeit über hier bei dir war. Hier in Japan. In unserem zu Hause.“ Mimi konnte nicht fassen, dass ausgerechnet jetzt der Moment gekommen sein sollte. Der Moment, den sie sich immer gewünscht hatte und jetzt, als er da war, wurde er zu ihrem schlimmsten Albtraum. Was, um alles in der Welt sollte sie ihm nur sagen? „Weißt du, Mimi… sie haben mir eine feste Stelle in Deutschland angeboten. Doch ich habe abgelehnt. Niemals könnte ich sie annehmen, wenn du nicht an meiner Seite wärst. Und dein Leben spielt sich nun mal hier ab. Also musste ich mich entscheiden… und ich habe mich für dich entschieden.“ Er holte eine kleine Schatulle aus seiner Hosentasche. „Jetzt…“, und öffnete sie. „…und für immer.“ Ein wunderschön leuchtender Diamant strahlte sie an und spiegelte mit seiner ganzen Schönheit ihre Träume von vor zwei Jahren wieder, die sie nie vergessen, doch längst aufgegeben hatte. „Tai, ich…“, stammelte sie und überlegte krampfhaft, was sie tun sollte. „Ich weiß, es ist viel verlangt“, sagte Tai, da er offensichtlich bemerkte, wie nervös sie war. „Aber wenn du immer noch willst…“ Er nahm den Ring aus der Schatulle. „Würde ich liebend gern mein restliches Leben mit dir verbringen. Bitte werde meine Frau, Mimi Tachikawa.“ Mimi wollte gerade etwas antworten, als sie durch ein Klingeln davon erlöst wurde. Ihr Herz rutschte augenblicklich in die Hose. Das konnte nur einer sein und sie hatte es völlig vergessen. Tais Auftauchen hatte sie so sehr abgelenkt, dass sie gar nicht daran dachte, dass sie verabredet war – mit dem falschen Mann. Tai warf einen kurzen Blick in Richtung Tür, wandte sich jedoch gleich wieder erwartungsvoll Mimi zu. Er wollte eine Antwort. Jetzt. Einfach so… Der Brünetten wurde heiß und kalt zugleich, da sie weder auf die eine, noch auf die andere Situation vorbereitet war. „Tai, ich… Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Es klingelte erneut. Dazu kam ein Klopfen. „Mimi, bist du da?“ Tai runzelte die Stirn und sah erneut an ihr vorbei. „Ist das Matt?“ „Äh…“ Mimi warf ebenfalls einen fragenden Blick in Richtung Tür und hoffte dabei inständig, dass er einfach wieder gehen würde. Doch er tat es nicht. „Hey, jetzt komm schon, Süße. Mach auf. Ich verspreche auch, dass ich keine Blumen mitgebracht habe.“ Tai sah sie stutzig an. „Süße?“ Er vergaß den Ring in seiner Hand und stand auf, um zur Tür zu marschieren, doch Mimi stellte sich ihm in den Weg. „Halt, halt, warte mal! Ich denke, du solltest lieber nicht aufmachen.“ „Wieso nicht? Wenn das Matt ist, werd ich ihm doch wohl aufmachen und ihn fragen dürfen, warum er meine Freundin Süße nennt. Oder habe ich was verpasst?“ Mimi erkannte an seinem Blick, dass er bereits eine Ahnung hatte, während sie krampfhaft überlegte, wie sie das Unheil doch noch abwenden konnte, welches geradewegs auf die drei zusteuerte. „Bitte mach nicht auf!“, flehte sie Tai an und legte beide Hände an seine Brust. Tai sah sie an, als es erneut klingelte. „Mimi? Wenn du mich noch länger warten lässt, wird mir hier draußen echt schweinekalt und du weißt, es gibt nur eins, was gegen Kälte hilft. Körperwärme.“ Tais Blick verfinsterte sich und er ballte die Hände zu Fäusten. „Nicht, Tai…“, rief Mimi ihm noch hinterher, doch er war bereits an ihr vorbei gestürmt und riss die Tür auf. Yamato lehnte bereits relativ gelangweilt am Türrahmen und grinste sich eins. „Na, endlich!“ Doch sein Grinsen erstarb, als er sah, wer da vor ihm stand. „Tai…?“, doch weiter kam er nicht, denn Tai packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich in die Wohnung. Er presste ihn gegen die Wand und sah ihn wütend an. „Wow, schön, dich wiederzusehen“, sagte Yamato unsicher und warf Mimi einen kurzen Blick zu, die gerade nur wie versteinert dastand und nicht wusste, was sie tun sollte. „Ja, klar. Aber wegen mir bist du doch nicht hierhergekommen, oder? Klang zumindest nicht so“, sagte Tai sarkastisch. „Tai, lass ihn los!“, rief Mimi, doch der Braunhaarige dachte nicht daran. „Erst, wenn mir jemand von euch beiden erzählt, was hier los ist.“ „Nichts ist hier los. Jetzt lass ihn endlich los!“, forderte Mimi und Tai sah sie misstrauisch an, ließ jedoch von dem Musiker ab und ging einen Schritt zurück. Mimi seufzte. „Ich kann mir denken, warum er hier ist“, sagte sie und ging ins Wohnzimmer. Kurz darauf kam sie zurück und hielt Yamato sein Handy entgegen. „Hier, das hast du gestern hier vergessen.“ Yamato zog bedächtig eine Augenbraue nach oben, zögerte kurz, nahm es dann jedoch entgegen und steckte es in die Hosentasche. „Gestern? Was hat er gestern bei dir gemacht?“, wollte Tai wissen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nichts, Tai. Er hat gar nichts hier gemacht. Er war einfach nur hier, mehr nicht.“ „Mimi, vielleicht solltest du…“, gab Yamato kurz zu bedenken, doch die Brünette fuhr ihm forsch über den Mund. „Du hältst dich da raus!“ „Nein, lass ihn! Wenn er was zu sagen hat, dann soll er es sagen. Oder willst du mir vielleicht etwas sagen, Mimi?“, fragte Tai und drohte sie mit seinen Blicken zu durchbohren. Als Mimi ihm nicht antwortete und Yamato seinen Blicken auswich, sah Tai sie wissend an. „Läuft da was zwischen euch beiden?“ Ihr Herz schlug wie wild gegen ihre Brust. War das der Moment, den sie die ganze Zeit gefürchtet hatte, doch der einfach unumgänglich war? „Läuft was zwischen euch?“, fragte Tai nun etwas lauter. Er konnte kaum noch an sich halten. Yamato stöhnte auf. „Gott, und wenn’s so wäre?“ „Matt!“, fuhr Mimi ihn an, doch der Blonde sah sie entschlossen an. „Sag’s ihm einfach, Mimi! Dieses ganze Szenario ist so was von lächerlich!“ Abwertend verschränkte er die Arme vor der Brust. „Also, doch!“, knurrte Tai und ging wieder einen drohenden Schritt auf ihn zu. „Du hast was mit meiner Freundin, Matt? Dein Ernst? Ich fass es nicht!“ Yamato zischte verächtlich. „Du fasst es nicht? Du kannst nicht fassen, dass deine Freundin sich nach zwei Jahren Einsamkeit einem anderen Mann zuwendet und nicht mehr weinend zu Hause auf deine Rückkehr wartet? Wie naiv bist du eigentlich, Taichi?“ „Sag mal, hast du sie noch alle?“, schrie Mimi ihn an. „Was mischst du dich da ein? Du hast überhaupt kein Recht, darüber zu urteilen!“ Dann wandte sie sich wütend Tai zu. „Und du… Was denkst du eigentlich, wer du bist? Du tauchst nach Monaten hier auf und machst mir eine Eifersuchtsszene! Dabei hast du überhaupt kein recht eifersüchtig zu sein. Nicht mehr!“ Tai sah sie verständnislos an. „Pfft, was redest du da? Natürlich habe ich das recht eifersüchtig zu sein. Ich habe dir gerade einen Heiratsantrag gemacht!“ Yamato lachte kurz auf. „Na, das wird ja immer schöner!“, sagte er und verdrehte die Augen. „Halt dich da raus!“, fuhr Tai ihn an und ballte die Hände erneut zu Fäusten. „Einen scheiß werde ich tun!“, schrie er zurück und Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Mimi hat es nicht verdient, so von dir behandelt zu werden! Wann warst du das letzte Mal für sie da, und ich meine noch nicht mal körperlich – davon brauchen wir ja wohl gar nicht erst anzufangen.“ Tai kniff die Lippen zusammen und Mimi sah, wie sehr er an sich halten musste, Matt keine zu verpassen. „Du hast dich immer weniger bei ihr gemeldet, weil dein Job dir wichtiger war. Du warst nicht bei ihr, als sie ihren Durchbruch als Köchin hatte. Du warst nicht da, als sie Monatelang abends allein zu Hause saß und auf einen beschissenen Anruf von dir gewartet hat. Du hast sie immer wieder versetzt und mal ehrlich: es wundert dich doch selbst, dass du heute hier bist, oder? Du denkst, du kennst sie. Dabei weißt du nichts über sie und ihr Leben.“ Mimi stand da und sah ihn mit offenem Mund an, während ihr einfach alles aus dem Gesicht fiel. Hatte Yamato das alles gerade wirklich gesagt? „Ach, und du schon?“, konterte Tai bissig, woraufhin der Musiker verächtlich zischte. „Zumindest mehr als du. Du machst ihr einen Heiratsantrag? Wenn du denkst, sie sagt jetzt ‚ja‘ zu dir, dann bist du völlig verrückt.“ Tai machte einen weiteren Schritt auf ihn zu und schlug ihn unerwartet und mit voller Wucht ins Gesicht. Mimi schrie auf. Yamato taumelte gegen die Wand hinter ihm und hielt sich die Nase. „Oh Gott, hört auf! Hört endlich auf!“, rief Mimi und hätte sich die Haare raufen können. Wie konnte es nur so weit kommen? Das hatte sie nie gewollt. Tränen rollten ihr über die Wange und sie drehte sich um, damit sie diesen Anblick nicht mehr ertragen musste. Das war einfach alles zu viel für sie. „Hört bitte endlich auf damit“, wimmerte sie und schlang die Arme um sich. Sie hörte, wie Tai „Verschwinde!“ in Yamatos Richtung sagte. Dann vernahm sie Schritte und die Wohnungstür, die sich öffnete. „Aber eins muss man dir lassen. Du liebst sie immer noch“, sagte Yamato noch und ging schließlich. Als die Tür ins Schloss fiel, hatte sie sich noch nie so hilflos und ausgeliefert gefühlt, wie in diesem Moment. Der geballte Schmerz der letzten zwei Jahre kehrte mit einmal zurück und erfüllte sie von Kopf, bis Fuß, strahlte bis tief in ihr Herz aus und setzte sich dort fest, wie ein ekliges, schwarzes Stück Pech. „Sag etwas!“, forderte Tai plötzlich und sie erkannte an seiner Stimme, dass er mindestens genauso verletzt war wie sie. „Sag bitte einfach irgendwas.“ Mimi schluckte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Das sollte also der Moment sein, der ihre Illusion zum Einsturz brachte. Er war gekommen. „Es stimmt“, sagte sie leise, doch sie war sich sicher, dass er jedes einzelne Wort von ihr verstand. „Wir hatten eine Affäre – Yamato und ich.“ Eine eisige Stille legte sich über sie, ehe Tai erneut das Wort ergriff. „Seit wann?“ „Warum willst du das wissen?“ „Wie lang geht das schon, Mimi?“ „Ungefähr sechs Monate.“ „Sechs Monate…“, wiederholte Tai leise, als müsse er begreifen, was sie ihm gerade offenbarte. „Ich… Ich habe dir gerade einen Heiratsantrag gemacht, Mimi.“ „Das weiß ich selbst, Tai“, sagte sie und wandte sich zu ihm um, um ihm endlich in die Augen zu sehen. „Und es war das, was ich mir immer gewünscht hatte… früher.“ „Was soll das heißen, früher?“ Mimi senkte den Blick. „Das war einmal, Tai. Inzwischen hat sich alles verändert.“ „Nur, weil du jetzt mit Matt zusammen bist?“ „Wir sind nicht zusammen!“, entgegnete sie entsetzt. „Wir sind kein Paar und werden es auch nie sein. Er war einfach nur für mich da, als du es nicht warst.“ „A-Aber… ich verstehe es nicht, Mimi. Wir hatten uns doch versprochen, aufeinander zu warten. Wir sagten, wir würden es schaffen, weil wir füreinander bestimmt sind.“ „Menschen sagen viel, wenn das Herz es so will“, betonte Mimi nüchtern und sah ihn direkt in die Augen. „Außerdem wäre das alles nicht passiert, wenn du nicht gegangen wärst. Und wenn du…?“ „Wenn ich was? Dich damals geheiratet hätte? Ist es das, worum es hier geht?“, antwortete Tai gereizt. „Du hast nein gesagt…“, sagte die Brünette traurig, denn sie wusste noch genau, wie sich dieser Moment angefühlt hatte. „Jetzt geht das wieder los“, stöhnte Tai auf und fuhr sich gestresst durch seine Haare. „Nochmal: ich habe niemals nein zu dir gesagt. Ich sagte lediglich, dass wir warten sollten. Und hättest du gewartet, würden wir bald unser gemeinsames Leben beginnen. Ich wäre zu dir zurückgekommen und hätte dich geheiratet, so, wie ich es versprochen hatte.“ Seine Worte trafen sie wie ein scharfes Messer in die Brust und die Erkenntnis, dass er vielleicht recht haben könnte, war unerträglich. War sie wirklich zu schwach gewesen? Hätte sie einfach nur abwarten und es aussitzen müssen, bis er endlich wiederkam und um ihre Hand anhielt? Irgendetwas sagte ihr, dass das nicht alles gewesen wäre. „Du stellst dir das alles ziemlich einfach vor, Tai“, sagte sie plötzlich ernsthaft. „Du malst dir dein rosarotes Bild von einer gemeinsamen Zukunft und weißt doch eigentlich nie wirklich, ob sie eintrifft. Du wolltest nach einem Jahr wiederkommen, Tai! Nach einem Jahr! Ich habe auf dich gewartet. Doch du kamst nicht zurück. Ich wollte weiter auf dich warten, weil ich die Illusion nicht aufgeben wollte, dass wir irgendwann zusammen glücklich werden könnten. Doch du hast mich vergessen, Tai. Du hast mich immer wieder vor den Kopf gestoßen und ständig andere Dinge über mich gestellt. Dir war alles andere wichtiger als ich und irgendwann habe ich aufgehört zu warten.“ „Das stimmt nicht!“, unterbrach Tai sie. „Du warst für mich immer das Wichtigste und das weißt du!“ Erneut stiegen ihr Tränen in die Augen. „Woher sollte ich es denn wissen? Woher? Daher, dass du dich ein mal in der Woche bei mir gemeldet und gefragt hast, wie es mir geht? Daher, dass du fleißig jede Sendung von mir aufgezeichnet hast oder daher, dass du mich so oft besucht hast, wie du nur konntest?“ „Das ist nicht fair, Mimi“, entgegnete Tai und biss sich auf die Unterlippe. „Weißt du, was nicht fair ist? Plötzlich, nach allem, was geschehen und nicht geschehen ist, hier aufzutauchen und zu erwarten, dass ich dich einfach so heirate. Was hast du denn erwartet? Dass du wiederkommst und alles plötzlich so ist, wie früher? Das ist unmöglich, Tai, und das weißt du! Das hier ist kein Film. Du kannst ihn nicht zurück zum Anfang spulen.“ Tai blickte zu Boden. Das Offensichtliche traf ihn wie ein Schlag. „Ich verstehe…“, sagte er leise und wandte sich um. Mimis Knie drohten nachzugeben, in dem Moment, als er in Begriff war, zu gehen. Für immer aus ihrem Leben zu verschwinden. War es das? Sollte so das Ende ihrer Beziehung aussehen? „Warte… Wo willst du denn hin?“, fragte sie, doch Tai sah sie nicht mehr an. „Ich werde gehen. Du hattest recht. Es war dumm von mir hierherzukommen und dir einfach so einen Antrag zu machen. Ich kann verstehen, dass du ihn nicht annehmen kannst. Aber bitte verstehe auch mich, wenn ich dir diese Frage kein zweites Mal stellen werde. Es ist vorbei, Mimi. Du hattest recht. Wir hatten unsere Chance und wir haben sie verspielt. Wir beide.“ Dann öffnete er die Tür und drehte sich ein letztes Mal zu ihr um. „Ich hätte niemals gehen dürfen.“ Und doch ging er ein zweites Mal. Und diesmal war es für immer. „Coming back to where you started is not the same as never leaving.“ Terry Pratchett – A Hat full of Sky Kapitel 5: Träume ----------------- „I’m still the girl that you chased all around the world I haven’t changed, just replaced all the chains with pearls I want the same things we did back then I know we had it but we lost it.“ P!nk „Mensch, Mimi. Da bist du ja endlich!“ „Tut mir leid, dass ich zu spät bin, Yumi“, entschuldigte sie sich bei der dunkelhaarigen Frau und schmiss ihre Tasche in die Ecke. „Schon gut, wir haben schon mal angefangen. Aber in der Küche geht es drunter und drüber. Ohne dich läuft da irgendwie gar nichts.“ Mimi zog schnell ihre Jacke aus und warf einen kurzen Blick in Richtung Küche, aus der lautes Geschepper drang. „Kein Problem, das kriegen wir gleich hin. Normalerweise wäre ich früher gekommen, aber Jonah wollte mich einfach nicht gehen lassen.“ Yumi grinste. „Das kann ich verstehen. Er liebt dich eben abgöttisch. Hier…“, rief sie, schmiss ihr eine Schürze zu und zwinkerte. „Dann lass uns mal anfangen, Chefin.“ Mimi nickte zuversichtlich und band sich ihre schwarze Küchenschürze um. Ehe sie in die Küche verschwand, warf sie noch mal einen Blick über die Schulter. Yumi hatte sich diesmal wieder selbst übertroffen mit der Deko. Niemand schaffte es, ihr Restaurant in diesem Glanz erstrahlen zu lassen, wie Yumi. Auch, wenn inzwischen sechs Jahre vergangen waren, war Yumi immer noch an ihrer Seite. Als Assistentin, als Kollegin, als Freundin. Mimi hatte sich zwar aus dem Showbizz verabschiedet, und doch war sie froh, dass sich ihre Wege niemals getrennt hatten. Ohne ihre Unterstützung wäre sie sicher nie so weit gekommen. Als Mimi aus dem TV Geschäft raus war, stand sie quasi vor dem Nichts. Da sie ihr Studium nie beendet hatte, musste sie wieder ganz bei null anfangen. Heute gehörte ihr eines der renommiertesten Restaurants in ganz Japan und die Leute kamen von überallher, nur um ihre Gerichte zu kosten. Ein zweites Mal in ihrem Leben hatte sie aus eigener Kraft etwas ganz Wunderbares erschaffen. Und sie war stolz darauf. Beeindruckt sah sie sich im Raum um. Die vielen Lichter, die überall standen, verschafften dem Restaurant eine warme Atmosphäre und die Kronleuchter an der Decke sorgten für den nötigen Glamour. In ein paar Stunden würde sich dieser Raum mit Leben füllen und allein dieser Gedanke, machte Mimi mehr als glücklich. „Hey, Chefin! Wo bleibst du?“ Yumi steckte ihren Kopf durch die Küchentür und sah sie erwartungsvoll an. „Ich komme“, rief Mimi und trat durch die große Tür, hinter der schon alles dampfte und vor sich hin köchelte. Mimi gab ihrem Team noch eine kurze Einweisung, bevor sie sich selbst ans Werk machte und den Hauptgang des heutigen abends zubereitete. Während sie zwei Stunden später immer noch am Kochen war, empfing Yumi vorne im Restaurant die ersten Gäste. Mimi konnte hören, wie es allmählich voll wurde und wie die ersten Bestellungen über den Tisch gingen. In der Küche lief alles nach Plan. Jeder Teller, der rausging, war ein Meisterwerk und Mimi war sich sicher, dass sie sich heute Abend mal wieder selbst übertroffen hatten. „Mimi?“, rief Yumi plötzlich und kam aufgeregt in die Küche reingestolpert. Die Brünette hob erwartungsvoll den Kopf. „Da ist… also da will dich…“, stammelte Yumi und zeigte aufgeregt in Richtung Restaurant. „Ich kann es selbst nicht verstehen und… also, es gab noch nie einen Gast… das kann gar nicht sein.“ Yumis Augen huschten unsicher hin und her, und auch die anderen Kollegen warfen ihr bereits irritierte Blicke zu. Mimi grinste schief und ging langsam auf ihre Freundin zu. Behutsam legte sie ihr beide Hände auf die Schultern. „Atme erst mal“, forderte sie Yumi auf und gemeinsam atmeten sie einmal langsam ein und aus. „Besser? So, und jetzt erzählst du mir ganz in Ruhe, was los ist.“ „Okay“, sagte Yumi und schien sich tatsächlich wieder etwas gefangen zu haben. „Also, da ist ein Mann. Er möchte mit dir sprechen. Ihm… ihm schmeckt dein Essen nicht.“ Mimi klappte beinahe der Mund auf. Sie fiel aus allen Wolken. Einem Gast schmeckte ihr Essen nicht? Und er wollte sich bei ihr beschweren? Das war noch nie vorgekommen. Sie und Yumi betrieben dieses Restaurant seit nunmehr als drei Jahren und die Leute standen jeden Abend Schlange davor. Oft bekam sie Komplimente für ihre kulinarischen Gerichte. Doch noch nie hatte es jemanden nicht geschmeckt. Noch nie! „Ich weiß. Ich habe mir auch schon gedacht, dass dieser Typ vermutlich an Geschmacksverirrung leiden muss“, fügte Yumi noch hinzu und Mimi grinste unsicher. „Nun ja, wenn er mich sprechen möchte…“, sagte sie und klopfte ihre Schürze ab. Yumi trat hinter sie und fasste sie an den Schultern. „Du schaffst das schon!“ Dann schob sie sie sanft nach draußen. „Ach ja, Tisch Nummer neun. Viel Glück!“ Yumi war schneller wieder in der Küche verschwunden, als Mimi gucken konnte und innerlich verfluchte sie sie dafür, dass sie da jetzt allein durchmusste. Aber was sollte sie machen? Es war nun mal ihr Restaurant und sie war die Köchin. Wenn ein Gast eine Beschwerde hatte, dann musste sie das ernst nehmen. Neugierig suchte sie mit den Augen nach Tisch Nummer neun, an dem lediglich eine Person saß. Mimi straffte ihre Schultern und ging geradewegs darauf zu, vorbei an den anderen Gästen, die offensichtlich nicht das Geringste an ihrem Essen auszusetzen hatten. Vielleicht war er ja irgend so ein fieser Restaurantkritiker, der vorhatte, ihren harterarbeiteten Erfolg mit seinem nächsten Artikel in Grund und Boden zu stampfen. Mimi wurde ganz flau im Magen, als sie an dem Tisch ankam und der Mann sich umdrehte. „Sie wollten die Chefköchin sprechen?“ Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln und Mimi musste zwei Mal hinsehen, ehe sie ihn erkannte. Überrascht sah sie ihn an, während er einfach nur dieses umwerfende Lächeln lächelte, welches sie früher schon so geliebt hatte. „Tai… Taichi?“ „Hallo, Prinzessin. Schön, dich zu sehen.“ Die Brünette sah ihn mit großen Augen an und wusste im ersten Moment nicht, ob das gerade wirklich geschah. Tai stand auf und stellte sich vor sie hin. Er trug einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine Krawatte. Sechs Jahre waren vergangen, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten und Mimi konnte immer noch nicht glauben, dass er gerade wirklich vor ihr stand. Hier. In ihrem Restaurant. „Möchtest du dich setzen?“, fragte er ganz unvermittelt und ging um den Tisch herum, um ihr den Stuhl zurückzuziehen. Mimi hatte immer noch Probleme ihre Sprache wiederzufinden. Unsicher sah sie in Richtung Küche. „Ich weiß nicht, ich muss eigentlich gleich wieder in die Küche.“ „Fünf Minuten? Ich wollte schließlich die Chefköchin sprechen und das bist du doch oder?“ Mimi zögerte kurz, nahm jedoch schließlich auf dem Stuhl Platz, während Tai sich ihr gegenübersetzte. Erst jetzt sah Mimi ihm direkt ins Gesicht und hatte Gelegenheit ihn genauer zu betrachten. Es schien, als wäre er noch männlicher geworden. Irgendwie wirkte er viel reifer als früher. Seine wuscheligen Haare, die immer in alle Richtungen abstanden, hatte er zwar noch, doch sie waren nun deutlich kürzer, was ihn wiederum seriös und erwachsen wirken ließ. Er grinste sie an und Mimi merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Auf dieses Treffen war sie nicht vorbereitet gewesen. Überhaupt nicht. Nicht jetzt. Nicht, nach sechs Jahren. „Du siehst gut aus“, sagte er und erst jetzt fiel ihr auf, dass er sie ebenfalls musterte. Die Brünette räusperte sich und strich verlegen ihre schwarze Schürze zurecht, die zum Glück zum größten Teil verbarg, was sie darunter trug. Im Gegensatz zu Tai, der schick im Anzug vor ihr saß und äußerst geschäftig wirkte, trug sie nur ein altes, weißes T-Shirt und eine ausgewaschene, enge Jeans. Ihre langen Haare hatte sie unordentlich zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und Mimi glaubte zu ahnen, dass ihr vorhin etwas Schokoladensoße ins Gesicht gespritzt war. „Was machst du denn hier, Tai?“, fragte sie unsicher, da ihr diese Frage schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte. „Ich dachte, du arbeitest in Deutschland.“ „Tue ich auch“, sagte Tai und leerte sein Weinglas, welches vor ihm stand. „Aber ich bin geschäftlich in Japan und dachte, ich statte dem zurzeit beliebtestem Restaurant Tokyos mal einen Besuch ab.“ Mimi sah ihn verwirrt an. Das war alles? „Ich habe neulich einen Artikel über dein Restaurant in der Zeitung gelesen. Es hat mich gewundert, dass du nicht mehr fürs Fernsehen arbeitest.“ „Ja… Ja, ich… ich brauchte mal was Neues.“ Mimi wusste überhaupt nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie hatten sich so lang nicht gesehen und plötzlich saß er vor ihr und unterhielt sich mit ihr, als wäre nichts gewesen. Irgendwie kam ihr das spanisch vor. War Tai wirklich einfach nur so vorbeigekommen? Sie räusperte sich und deutete auf sein Essen. „Dir schmeckt das Essen nicht, habe ich gehört. Was stimmt denn damit nicht?“ „Mit dem Essen ist alles bestens.“ „Wenn du möchtest, lasse ich dir ein anderes Gericht kommen… warte. Was?“ „Dein Essen schmeckt fabelhaft, Mimi. Ich wollte dich einfach nur sehen“, sagte der Braunhaarige und lächelte sie an. Also doch! Ihr Herz schlug augenblicklich höher. Vielleicht hatte sie sich insgeheim gewünscht, dass er nicht nur einfach so hier aufgetaucht war. „Das freut mich. Äh, ich meine… es freut mich, dass dir das Essen schmeckt“, stammelte sie etwas unbeholfen und kam sich vor, als hätte sie ganz vergessen, wie man sich mit einem Mann unterhält. Aber Tai war eben auch nicht irgendein Mann. „Ich kann irgendwie nicht so richtig glauben, dass du gerade vor mir sitzt“, sprudelte es plötzlich aus ihr heraus und eine Sekunde später hätte sie sich am liebsten dafür auf die Zunge gebissen. Tai grinste. „Ich auch nicht.“ Eine der Kellnerinnen ging gerade an ihnen vorbei, als Tai sie ansprach. „Entschuldigen Sie, bitte. Könnten Sie uns bitte eine Flasche Monteverro Chardonnay bringen? Danke.“ Die Kellnerin nickte. „Tai“, flüsterte Mimi verheißungsvoll und lehnte sich geheimnisvoll über den Tisch. „Das ist einer unserer teuersten Weine.“ „Ich weiß, ich habe eure Karte gelesen“, antwortete er lediglich, doch Mimi runzelte die Stirn. Was hatte er nur vor? „Eigentlich muss ich wirklich wieder in die Küche.“ Tai zog eine Augenbraue nach oben und lächelte schief. „Deine Partnerin Yumi hat mir gesagt, dass ihr ein ausgezeichnetes Küchenteam habt. Ich denke, die kommen ein paar Minuten ohne dich aus.“ Mimi biss sich auf die Unterlippe. Verflucht seist du, Yumi – sagte sie sich in Gedanken, doch insgeheim freute sie sich auch, dass sie nun keinen Grund mehr hatte, aufzustehen. Auch, wenn Tais Auftauchen mehr als plötzlich war und sie regelrecht aus der Bahn warf, so war sie doch interessiert, was ihn wohl hergeführt hatte. Ob er verheiratet war? Ob er Kinder hatte? Wie er wohl inzwischen lebte? Ob er glücklich in Deutschland war? „Also…“, setzte sie an und überwand somit ihre Scheu. „Was machst du hier in Japan und wie lang wirst du bleiben?“ „Wie gesagt, ich bin beruflich hier. Ich will dich nicht mit Details langweilen, aber ich werde wohl etwas länger hierbleiben. Zumindest ein paar Wochen.“ „Aha…“, sagte Mimi kleinlaut, als auch schon die Kellnerin mit der Flasche Wein zurück kam und ihnen einschenkte. Als sie wieder gegangen war, sah Tai sich beeindruckt um. „Du hast wirklich ein schönes Restaurant, Mimi. Und so, wie es aussieht, läuft es ziemlich gut. Warum hast du dem TV Lebewohl gesagt?“ „Nun ja“, begann die Brünette und strich sich nervös eine Haarsträhne hinters Ohr. „Es war irgendwie nicht mehr das Richtige für mich.“ Sie konnte ihm ja schlecht direkt auf die Nase binden, dass es eine Reihe anderer Gründe für sie gab, ihre Karriere an den Nagel zu hängen, aber im Grunde stimmte es. Nach ihrer Trennung hatte sie sich einfach nicht mehr wohl vor der Kamera gefühlt. „Verstehe“, sagte Tai nur und bohrte zum Glück auch nicht weiter nach. „Besuchst du deine Familie hier?“, fragte Mimi, um schnell das Thema zu wechseln. „Das habe ich bereits getan. Ich bin schon seit ein paar Tagen hier.“ Mimi nippte an ihrem Glas, stellte es wieder ab und fuhr mit dem Finger über den Rand. Ob er bemerkte, wie nervös sie gerade war? „Und was ist mit deiner Familie? Ich meine, die in Deutschland. Vermissen sie dich nicht, wenn du so lang weg bist?“ Tai grinste verwegen und wich kurz ihrem Blick aus. „Ich bin nicht verheiratet, Mimi.“ „Oh… Und, was ist mit Kindern? Du hast doch sicher Kinder, oder? Oder zumindest eine Freundin…“ Tai lachte, woraufhin Mimi prompt rot anlief. War das vielleicht doch etwas zu direkt? „Weder noch. Sonst wäre ich sicher nicht hier.“ Mimis Herz machte einen Sprung. „Was ist mit dir?“, fragte Tai unvermittelt und nahm einen weiteren Schluck von dem Wein. „Bist du verheiratet?“ Mimi grinste und hielt ihre Hand zur Demonstration in die Luft. „Kein Ring.“ Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. „Na, dann ist ja gut. Dann muss ich ja auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich dich frage, ob du morgen Abend mit mir ausgehst.“ Mimi zuckte kurz zurück und fragte sich, ob sie sich verhört hatte. „Du willst mit mir ausgehen? Wieso?“ „Möchtest du nicht?“, fragte Tai keck, und Mimi überlegte. Wollte sie das? Ihr Herz schrie die Antwort förmlich heraus, während ihr Verstand sich immer noch sträubte. Tai bemerkte ihre Unsicherheit und grinste verlegen. „Es ist nicht schlimm, wenn du nein sagst…“ „Doch! Äh, ich meine… ja, ich möchte gern mit dir ausgehen“, sprudelte es plötzlich aus ihrem Mund. Tai lachte. „Das freut mich. Ich hatte wirklich Bedenken, du würdest mich nicht sehen wollen.“ Doch das genaue Gegenteil war der Fall. Mimi hatte eher das Gefühl, er würde sie niemals mehr wiedersehen wollen. Was auch der Grund war, warum sie sich all die Jahre nicht ein Mal bei ihm gemeldet hatte. Seit er damals aus der Tür gegangen war, war der Kontakt komplett abgebrochen. Und Mimi konnte es ihm nicht verdenken. Dass er plötzlich einfach so vor ihr saß und sie fragte, ob sie mit ihm ausgehen wolle, überraschte sie daher mehr als alles andere. Doch, es reizte sie einfach, mehr über ihn zu erfahren. Ob Tai noch derselbe Mensch wie früher war? Er holte eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche und reichte sie ihr über den Tisch. „Da steht meine Handynummer drauf. Sims mir einfach deine Adresse, dann hole ich dich morgen Abend um acht ab.“ Mimi nickte, als Tai aufstand. Er ging um den Tisch, beugte sich zu ihr nach unten und nahm ihre Hand in seine, um ihr einen kurzen, kaum spürbaren Handkuss darauf zu hauchen. „Dann sehen wir uns morgen, Prinzessin.“ Mimi nickte wieder und er ging. Sie blieb sitzen und war immer noch völlig baff, von seinem Auftreten. Yumi kam zu ihr an den Tisch geeilt und sah sie panisch an. „Und, was wollte er? War er so ein ekelhafter Restaurantkritiker?“ Mimi schüttelte geistesabwesend den Kopf, als Yumi ihr einfach die Karte aus der Hand nahm. „Taichi Yagami? Wer soll das sein? Hab ich ja noch nie gehört“, sagte sie skeptisch und zog bedächtig eine Augenbraue in die Höhe. „Er will, dass ich mit ihm ausgehe“, sagte Mimi leise, während sie immer noch zu begreifen versuchte, dass das gerade alles wirklich geschah. „Hmm, vielleicht gar keine schlechte Idee“, meinte Yumi und legte eine nachdenkliche Miene auf. „Wenn du mit ihm ausgehst, kannst du ihn vielleicht beeinflussen. Oder du klaust ihm einfach seinen Laptop, dann kann er die Kritik nicht rausbringen. Ha! Super Plan!“ Mimi stand auf, während Yumi sich über ihre offensichtliche Raffinesse freute. „Ja, genau“, entgegnete Mimi jedoch nur genervt. Am nächsten Abend zur selben Zeit stand sie bereits aufgeregt in ihrem Schlafzimmer und durchwühlte ihren Kleiderschrank. „Ich habe einfach überhaupt nichts zum Anziehen“, nörgelte sie, während sie immer wieder wahllos Teile rauszog und sie hinter sich aufs Bett schmiss, auf dem Sora lag und gerade etwas auf ihrem Zeichenblock zeichnete. „Kann ich mir vorstellen. Du gehst ja auch nie shoppen“, meinte die Rothaarige teilnahmslos und zeichnete mit Bedacht weiter. Mimi stellte sich auf und stemmte die Hände an die Hüfte. Missbilligend sah sie ihre beste Freundin an. „Für so was habe ich keine Zeit. Kannst du mal mit diesem blöden Gekritzel aufhören und mir helfen?“ „Mit dem Gekritzel verdiene ich mein Geld. Nur ganz nebenbei gesagt.“ Sie hob den Kopf und musterte Mimi von oben bis unten, die gerade nichts weiter, als schwarze Spitzenunterwäsche trug. „Ich finde, du bist bereits ganz toll angezogen. Das reicht Tai sicher aus“, grinste sie frech, woraufhin Mimi ihr ein Shirt an den Kopf warf. „Sora! Also, wirklich! Ich will doch nicht mit ihm ins Bett gehen. Wir wollen einfach nur reden, mehr nicht.“ „Das sagst du, aber wenn wir mal ehrlich sind, sieht die Wahrheit doch ganz anders aus, oder?“ Sora richtete sich auf und setzte sich im Schneidersitz vor sie hin. „Mimi, er ist extra wegen dir zurückgekommen.“ Die Brünette runzelte die Stirn und wandte sich wieder ihrem Kleiderschrank zu. So schön diese Vorstellung auch war, so war es nun mal nicht. „Er ist beruflich hier.“ „Trotzdem“, beharrte Sora weiterhin auf ihrer Theorie. „Er hat dich gesucht und gefunden und er möchte heute Abend mit dir ausgehen. Das hat doch was zu bedeuten, oder nicht?“ Mimi antwortete nicht, sondern stöhnte stattdessen nur in ihren Kleiderschrank hinein und ließ den Kopf hängen. „Ich geb’s auf! Ich finde ja doch nichts zum Anziehen.“ Frustriert fischte sie irgendeine alte Jeans hervor und eine weiße Bluse. „Das Beste, was ich besitze. Traurig, aber wahr.“ Sie schmiss die Sachen aufs Bett, während Sora sie nur neckisch angrinste. „Du brauchst einfach etwas, dass elegant, aber nicht zu schick ist. Etwas, dass sexy ist, aber nicht sofort signalisiert, dass du auf Sex aus bist.“ „Ich bin nicht auf Sex aus!“, wiederholte die Brünette genervt. „Täte dir aber mal gut.“ Sora war einfach unmöglich. Was dachte sie denn bitte, was heute Abend geschehen würde? Das war doch völliger Unsinn! Wobei sie gestehen musste, dass allein bei dem Gedanken daran, sich ein warmes Kribbeln in ihrem Bauch ausbreitete. „Jedenfalls habe ich keine Zeit mehr, um jetzt shoppen zu gehen. Also muss ich nehmen, was ich habe“, sagte Mimi und zog sich die Bluse an. Sora sah sie skeptisch an. „So lasse ich dich auf keinen Fall gehen! Wie findest du das?“ Sie hielt ihr ihren Zeichenblock unter die Nase, auf dem offensichtlich ihr neustes Werk zu sehen war. Sora hatte ein wunderschönes, dunkelgrünes Kleid entworfen, welches bis zu den Knien ging. Der Rock lag in Falten und das Oberteil zeigte gerade genug Ausschnitt, dass es elegant und trotzdem reizvoll wirkte. „Das ist wunderschön, Sora. Aber wie soll mir eine Zeichnung jetzt weiterhelfen?“ Sora grinste verheißungsvoll und holte eine Papiertüte hinterm Bett hervor. „Indem ich es einfach habe für dich anfertigen lassen! Alles Gute zum Geburtstag!“ Mimi nahm die Tüte entgegen und spähte hinein. Es befand sich tatsächlich genau das Kleid darin, welches Sora eben gezeichnet hatte. „Ich weiß, dein Geburtstag ist noch etwas hin, aber ich dachte mir, du könntest es vielleicht schon etwas eher gebrauchen“, erklärte Sora. „Du bist verrückt!“, entgegnete Mimi perplex und holte das Kleid heraus, um es sich vor dem Spiegel anzuhalten. „Und da lässt du mich stundenlang vor dem Kleiderschrank Schweißausbrüche bekommen?“ Sora lachte. „Ich wollte einfach nur sehen, wie nervös du wegen deines Dates mit Tai bist, das ist alles.“ „Das ist kein Date“, sagte Mimi beiläufig und schlüpfte in das Kleid. Sie betrachtete sich im Spiegel. Warum hoffte sie nur, dass es doch mehr als ein einfaches Treffen war? Sora stand vom Bett auf und stellte sich hinter sie, um den Reisverschluss zuzuziehen. „Red dir das nur ein. Hast du es Jonah gesagt, dass du dich mit jemanden triffst?“ „Natürlich nicht.“ „Wirst du es ihm sagen?“ „Warum sollte ich? Solang es bei einem Treffen bleibt, muss er nichts davon erfahren“, antwortete Mimi entschlossen. Sie hatte keine Ahnung, wie Tai auf Jonah reagieren würde, oder wie Jonah auf Tai reagieren würde und sie wollte es auch lieber nicht all zu früh herausfinden. Kurze Zeit später klingelte es an der Tür, während Mimi noch im Bad stand und ihre Haare richtete. „Sora, kannst du bitte aufmachen?“, rief sie. „Na, klar“, antwortete Sora, die es sich mit einer Modezeitschrift auf dem Sofa gemütlich gemacht hatte. Sie sprang auf und schlenderte zur Tür. Als sie sie öffnete, stand Tai vor ihr und hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben. Überrascht sah er sie an. „Sora?“ „Live und in Farbe“, sagte die Rothaarige und zog ihn in eine innige Umarmung. „Du siehst gut aus, Tai. Komm rein!“ „Danke. Ist Mimi auch da?“, fragte er und sah sich in dem geräumigen Haus um, in dem Mimi inzwischen wohnte. „Wohnt ihr beide zusammen?“ „Nicht wirklich. Aber ich bin oft hier. Ich würde mich gerne noch ein bisschen mit dir unterhalten, aber ich habe noch was vor“, entgegnete Sora und klopft an die Badtür. „Mimi, komm endlich raus. Es ist unhöflich, Tai warten zu lassen.“ Sie zwinkerte Tai kurz zu. „Sie ist ein wenig aufgeregt.“ Dann verschwand sie in das Zimmer nebenan, doch nicht, ohne ihm noch „Viel Spaß“ zuzurufen. Mimi öffnete die Badezimmertür und kam heraus. Als sie Tai erblickte, stockte ihr fast der Atem. Er sah einfach unfassbar gut aus. Er trug eine lockere Jeans, mit dazu passenden Sneaker, weißem T-Shirt und einer schwarzen Lederjacke mit Kapuze. „Oh…“, entfuhr es Mimi direkt und sie sah an sich hinab. „Jetzt fühl ich mich komplett overdressed.“ Passend zu dem grünen Kleid, hatte sie sich noch schwarze High Heels angezogen. An den Seiten ihrer Haare hatte sie sich kleine Zöpfe geflochten und zurückgebunden. Auf übermäßig viel Schmuck hatte sie jedoch verzichtet, da sie selbst darauf nicht besonders viel Wert legte. „Entschuldige. Ich wusste schließlich gar nicht, was wir überhaupt machen und dachte…“ „Du brauchst dich nicht entschuldigen. Du siehst umwerfend aus“, unterbrach Tai sie und lächelte verwegen. „Danke. Das Kleid ist von Sora. So etwas Schickes habe ich normalerweise nicht“, antwortete sie schüchtern. Irgendwie kam sie sich albern vor. Warum war sie so aufgeregt? Vielleicht würden sie auch einfach nur spazieren gehen und reden und es gab überhaupt gar keinen Grund aufgeregt zu sein. „Wollen wir dann?“, fragte Tai. Mimi nickte und er folgte ihr in den Flur. Sie wollte gerade die Tür öffnen, als Sora noch einmal aus dem Zimmer kam. „Mimi? Kannst du noch mal kurz kommen?“ „Was ist denn?“, fragte die Brünette und legte sofort ein sorgenvolles Gesicht auf. Sora kam auf sie zu und beugte sich ihr entgegen. „Er weint. Und er will einfach nicht einschlafen“, flüsterte sie ihr ins Ohr. „Okay, ich komme. Kannst du kurz warten?“, fragte sie an Tai gewandt. Er nickte zustimmend, während Mimi Sora in das Zimmer folgte. Tai sah sich etwas verloren um, doch dann hörte er plötzlich eine weinerliche Stimme aus dem Zimmer und da die Tür nur angelehnt war, ging er kurzentschlossen darauf zu und warf einen vorsichtigen Blick hinein. Er runzelte die Stirn. Ein eindeutiges Schniefen war zu vernehmen und Mimis zarte Stimme, die beruhigend darauf einwirkte. „Ich bleibe nicht lang weg, versprochen.“ „Aber ich kann nicht einschlafen.“ „Tante Sora ist doch da und liest dir noch eine Gute Nacht Geschichte vor. Dann schläfst du ganz sicher ein.“ Ein weiteres Schniefen. „Mami, wer ist der Mann da?“ Tai zuckte zurück. Mimi wandte sich um und bemerkte ihn. Erst war sie sprachlos, doch dann lächelte sie ihn an. „Komm doch rein“, bat sie ihn freundlich und Tai öffnete die Tür ganz. Sora stand neben Mimi und lächelte, ehe sie auf leisen Sohlen das Zimmer verließ und die drei allein ließ. Tai ging auf das Bett zu, vor dem Mimi kniete und betrachtete den kleinen Jungen, der darin lag, ganz verquollene Augen hatte und einen verzottelten Teddy im Arm hielt. Mimi sah erwartungsvoll zu Tai hinauf und fragte sich, ob er es bereits bemerkt hatte. Doch nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, war das nicht der Fall. Noch nicht. „Hey, Kleiner“, sagte Tai freundlich und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Wer bist du?“, fragte der Junge weinerlich. „Das ist Tai, ein alter Freund von mir“, erklärte Mimi ihm ruhig. „Wir kennen uns von früher.“ Der Junge musterte Tai eingehend und legte schließlich den Kopf schief. „Dann kennst du auch meinen Papa?“ Mimi warf Tai einen verstohlenen Blick zu. Wenn er bis jetzt nicht bemerkt hatte, dann spätestens jetzt. Tai kam einen Schritt näher und sah sich den kleinen Jungen genauer an. Er hatte eindeutig Mimis Augen und seine blonden Haare. Mimi dachte schon, das war es mit ihrer Verabredung. „Ja, genau“, antwortete Tai schließlich freundlich. „Ich kenne deinen Papa. Wir waren früher sehr gute Freunde.“ Der Kleine lächelte und Mimi war froh darüber, dass Tai es so gefasst aufnahm. Dass sie mit Matt ein gemeinsames Kind hatte, war eine Sache, von der Tai niemals erfahren hatte. „Das ist ja lustig“, sagte der Junge und strahlte Tai begeistert an. „Und, was machst du jetzt mit meiner Mama?“ Tai grinste und kniete sich neben Mimi ans Bett. „Nun ja, ich werde deine Mama jetzt gleich mitnehmen und mit ihr einen schönen Abend haben – das hoffe ich zumindest.“ Er schielte zu Mimi hinüber, die leicht rot um die Nase wurde. „Hmm, na gut“, überlegte der kleine Junge und hob mahnend den Finger. „Aber um zwölf muss sie wieder zurück sein!“ „Geht klar, Kumpel“, lachte Tai und stand auf. „So, mein Schatz. Mama muss jetzt gehen, aber Tante Sora wird gleich noch mal reinkommen und dir eine Geschichte vorlesen und ich weiß, dass du dann ganz sicher einschlafen wirst“, sagte Mimi leise und deckte den Kleinen zu, der bereits herzhaft gähnte und sich die Augen rieb. „Ist gut, Mami.“ „Schlaf schön“, lächelte Mimi und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe sie aufstand und mit Tai zur Tür ging. „Tschüss, Tai“, rief der Junge ihm noch hinterher. Tai wandte sich lächelnd um und winkte ihm zum Abschied. „Mach’s gut, Kumpel. Bis bald mal. Und schön schlafen.“ Der Junge nickte eifrig und die beiden verschwanden aus dem Kinderzimmer, bevor Sora wieder leise reinschlüpfte und die Tür hinter sich schloss. „Wie heißt er?“, wollte Tai wissen. Mimi sah ihn direkt an und es lag kein Fünkchen Vorwurf in seinen Augen. Ganz anders als sie befürchtet hatte. Für eine Sekunde hatte sie geglaubt, Tai würde auf dem Absatz kehrtmachen und genauso schnell aus ihrem Leben verschwinden, wie er gekommen war. Doch er war geblieben. „Er heißt Jonah. Und er ist mein größtes Glück.“ Gemeinsam schlenderten sie die lichtbefluteten Straßen entlang. Es war der perfekte Abend für Mimi. Lange hatte sie es nicht mehr so sehr genossen, mit jemanden gemeinsam unterwegs zu sein und sich einfach nur zu unterhalten. Tai erzählte ihr einfach alles über sein Leben in Deutschland. Wie gut er bereits die Sprache beherrschte, wie sehr er die deutsche Küche genoss und wie unglaublich gerne er seinen Job dort machte. „Das freut mich wirklich für dich, Tai“, sagte Mimi schließlich aufrichtig. „Ich habe immer gehofft, dass du glücklich bist.“ Tai grinste verlegen und sah sie schief an. „Was ist mit dir? Bist du glücklich?“ „Ja… Ja, ich bin sehr glücklich. Ich habe Jonah und das ist alles, was zählt“, antwortete sie und lächelte. „Und Yamato? Seid ihr noch zusammen oder habt ihr euch getrennt?“ Mimi schüttelte den Kopf. „Weder noch. Wir waren nie zusammen. Er wollte es ernsthaft versuchen, als er erfahren hat, dass ich schwanger war, aber ich wollte es nicht. Ich habe ihn eben nie geliebt.“ „Verstehe“, sagte Tai ruhig, doch Mimi fragte sich, ob er es wirklich verstand. Verstand er, dass es nie einen anderen, außer ihn gegeben hatte? „Wie alt ist Jonah?“, fragte Tai neugierig weiter. „Fünf. Nachdem wir uns getrennt hatten, erfuhr ich, dass ich mit ihm schwanger war. Es kam ziemlich überraschend. Aber heute bin ich froh, dass ich mich für ihn entschieden habe. Er macht mich jeden Tag so wahnsinnig glücklich.“ Mimi war so erleichtert, dass sie sich inzwischen so zwanglos mit Tai über diese Dinge unterhalten konnte. Sie spürte, dass keiner der beiden dem anderen etwas nachtrug und das war gut so. Sonst wären sie jetzt nicht hier. Manchmal heilt Zeit anscheinend doch die Wunden, die man sich gegenseitig zugefügt hat. „Hast du deswegen deinen Job beim Fernsehen aufgegeben?“, fragte Tai weiter. Mimi nickte. „Ja. Ich musste mich entscheiden. Entweder konnte ich für mein Kind da sein, oder ich wäre die meiste Zeit des Tages im Studio gewesen. Von Interviews, TV Shows und anderen Projekten mal abgesehen. Das wäre einfach zu viel gewesen. Und ich wollte mein Kind nicht von einer Nanny großziehen lassen.“ „Und Matt?“ Mimi sah Tai fragend an. „Ich meine, was macht er? Hat er seine Karriere auch an den Nagel gehängt?“ „Um Familienvater zu werden, meinst du?“, lachte Mimi auf. „Nein. Matt ist ein toller Vater für Jonah und immer für ihn da, aber er macht weiterhin Musik und ist relativ selten zu Hause. Aber wenn er dann mal da ist, verbringt Jonah viel Zeit mit ihm. Er genießt die Zeit mit seinem Daddy und Matt liebt ihn abgöttisch.“ „Das freut mich, zu hören“, entgegnete Tai lächelnd und Mimi wusste, dass er es ernst meinte. Sie sahen die Dinge jetzt in einem anderen Licht. Tai war erwachsen geworden. Genauso wie sie. „Ehrlichgesagt habe ich nicht damit gerechnet, dass ihr beiden ein Kind zusammen habt und es hat mich zugegebenermaßen im ersten Moment ziemlich überrascht“, sagte Tai plötzlich. „Doch, wenn ich das so höre, freue ich mich einfach für den Kleinen, dass seine Eltern so erwachsen mit der Situation umgehen. Ich denke, er hat ein super Leben.“ Tai grinste sie schief an, während Mimi warm ums Herz wurde. Tai hatte immer noch etwas an sich, was sie tief im Inneren berührte. Man konnte auch sagen, er ging ihr unter die Haut. So war es früher schon und sie erkannte, dass das zumindest eine Sache war, die sich nicht geändert hatte. „Verrätst du mir nun endlich mal, wo wir eigentlich hingehen?“, fragte sie schließlich keck und stieß Tai spielerisch in die Seite. „Du neugieriges Ding. Das erfährst du schon noch früh genug“, lachte Tai auf und nahm plötzlich und ohne Vorwarnung einfach so ihre Hand. Er verschränkte seine Finger mit ihren, während Mimis Herz augenblicklich stillstand. Was tat er da? Er hielt Händchen mit ihr. Einfach so. Mimi räusperte sich kurz, woraufhin Tai sie fragend ansah. „Was? Ist dir das etwa unangenehm?“ Etwas verlegen sah sie zu ihm auf. „Nein, überhaupt nicht. Es fühlt sich gut an, dass du da bist. So vertraut.“ Ein warmes Lächeln umspielte seine Lippen und Mimi wusste in diesem Moment, dass es unmöglich ein Zufall sein konnte, dass sie beiden sich wiederbegegnet sind. „Tai, was wollen wir hier?“, fragte Mimi etwas irritiert, als sie vor einem Fußballplatz anhielten. „Erkennst du ihn denn nicht?“, fragte Tai, während er den Blick über das Feld schweifen ließ. Mimi sah sich um und erkannte aus naher Ferne einen Jungen. Er lief übers Feld und trippelte einen Ball vor sich her, ehe er ihn mit voller Kraft ins Tor kickte. Ein Mädchen, welches etwas entfernt am Rand auf einer Bank saß, war in ein Buch vertieft und klappte es zu, als der Junge ins Tor traf. Sie stand auf, griff nach einer Flasche und ging zu dem Jungen aufs Feld. Als sie ihm sie reichte, lächelte sie ihn an. Und er küsste sie. „Wir waren mal genauso“, sagte Tai plötzlich reumütig. Er hatte die beiden ebenfalls beobachtet. Mimi sah ihn überrascht an. „Hier hast du früher immer trainiert“, fiel ihr plötzlich wieder ein. „Wir haben uns hier immer nach der Schule getroffen. Du hast wie ein verrückter trainiert und ich habe dir dabei zugesehen. Manchmal war es total langweilig für mich, aber das war mir egal. Ich wollte einfach nur bei dir sein und so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen.“ Mimi lächelte, als sie an die längst vergangene Zeit zurückdachte. Wie glücklich und unbeschwert sie doch waren. „Ich wusste das nie wirklich zu schätzen“, sagte Tai und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Ich habe nie wirklich gemerkt, was du alles bereit warst für mich aufzugeben. Du hast mir so viel deiner Zeit geopfert und ich habe mich nie schlecht deswegen gefühlt. Weil ich jung und naiv war. Jetzt weiß ich, dass das ein Fehler war.“ Mimi sah verwirrt und überrascht zugleich zu ihm auf. „Wie meinst du das?“ „Ich hatte so viele Träume, Mimi“, fuhr Tai fort, während er in den immer dunkler werdenden Himmel blickte. „Ich hatte früher so viele Träume und ich habe sie alle gelebt. Jeden einzelnen davon habe ich mir erfüllt. Bis auf einen. Mein größter Traum blieb bis heute unerfüllt.“ Er wandte sich um und sah sie an. „Was ist mit dir, Mimi? Hast du all deine Träume gelebt?“ Mimi überlegte. Doch lange musste sie nicht darüber nachdenken, denn auf diese Frage gab es nur eine Antwort. Sie hatte sie sich selbst oft genug gestellt. „Nein“, antwortete sie schließlich und lächelte dabei. „Nein, habe ich nicht. Um genau zu sein, habe ich keinen meiner Träume wirklich gelebt.“ Tai stutzte. „Was war mit deiner Kochshow? War das keiner deiner Träume?“ „Ich dachte, das wäre er. Aber ich konnte ihn damals nicht mit dir teilen, deshalb war er für mich wertlos geworden.“ Tai sah schuldbewusst zu Boden, doch Mimi legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm. „Aber das ist okay. Träume verändern sich, Tai. Ich habe immer noch dieselben Träume, aber ich lebe sie jetzt anders.“ Lächelnd blickte sie hinauf in den Himmel, wo sich so langsam die ersten Sterne abbildeten. „Weißt du, Tai… man muss bereit sein, sich von dem Leben zu lösen, was man geplant hat, damit man das Leben findet, was auf einen wartet. Und am Ende können wir den Sternen die Schuld darangeben oder wir reden uns selbst ein, dass es einfach nicht sein sollte und dass es uns einfach nicht vorherbestimmt war, zusammen zu sein. Aber tief in unserem Inneren wissen wir, dass die Sterne keine Schuld haben und dass es nicht ‚einfach nicht sein sollte‘. Der Fehler liegt ganz allein bei uns. Und diesen Fehler müssen wir uns selbst vergeben, damit wir das Leben führen können, welches auf uns wartet.“ Sie sah ihm in die Augen und erkannte etwas, was sie nicht vermutet hatte, in ihm zu finden. Reue. Und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Tai aus genau diesem Grund hier war. Er hatte sich nicht vergeben. „Hast du dir vergeben, Mimi?“ „Das musste ich“, erwiderte die Brünette entschieden. „Für Jonah. Hätte ich mir nie vergeben, würde das bedeuten, dass er für mich die Konsequenz eines Fehlers wäre. Dass er ein Fehler wäre.“ „Er ist kein Fehler!“, platzte es plötzlich aus Tai heraus. „Ich war es. Ich habe den Fehler gemacht. Ich bin gegangen. Zwei Mal. Ich habe dich allein gelassen. Zwei Mal. Dass ich nicht für uns gekämpft habe, konnte ich mir nicht verzeihen. Ich habe es immer als selbstverständlich betrachtet, dass du auf mich wartest und mir all deine Zeit einfach so schenkst, weil du mich geliebt hast und weil ich dich geliebt habe und weil ich so fest daran geglaubt habe, dass wir füreinander bestimmt seien.“ Mimi spürte, dass der Schmerz, der sechs Jahre her war und sich schon längst verflüchtigt hatte, plötzlich wieder da war. Doch, es war nicht sie, die diesen Schmerz spürte. „Heute noch denke ich in jede Sekunde, an jeden Tag, an dich und ich habe immer noch keine Ahnung, wie ich über dich hinwegkommen soll“, sagte Tai schließlich und brach ihr damit fast das Herz. Dass er so empfand, hatte sie nicht geahnt. Er war letztendlich derjenige gewesen, der gegangen war. Also hätte sie nie gedacht, dass ausgerechnet er derjenige sein würde, der sich immer noch Vorwürfe machte. Diese Erkenntnis schmerzte zutiefst. Mimi griff nach seiner Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. Überrascht sah er sie an. „Ich möchte nicht, dass du dich für irgendetwas schuldig fühlst. Alles was geschehen ist, ist geschehen und du kannst nichts davon ändern, nichts davon rückgängig machen. Du kannst es nur loslassen. Ich habe dich losgelassen, Tai. Doch nur, weil ich dich habe gehen lassen, heißt das nicht, dass ich das auch wollte.“ Sie drückte seine Hand und lächelte ihn an. „Doch wie sagt man so schön? Lass frei, was du liebst. Und kommt es zu dir zurück, gehört es dir – für immer. Ich habe dich frei gelassen, Tai. Und du bist zu mir zurückgekommen.“ Mimi machte einen Schritt auf ihn zu und kam ihm dadurch so nah, dass sie die Wärme seiner Nähe spüren konnte, die sie so sehr vermisst hatte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen. „Du musst mich erst freilassen, bevor ich zu dir zurückkehren kann“, flüsterte sie in sein Ohr. „Du musst dir selbst vergeben.“ Tai sah sie unvermittelt an. Dann lächelte er. „Du hast gesagt, Träume verändern sich.“ Mimi nickte. „Ich denke, mein Traum hat sich gerade verändert.“ Die Brünette stutzte und zog bedächtig eine Augenbraue nach oben. „Ach ja?“ „Ja. Ich möchte dich kennenlernen, Mimi. Ich möchte mehr von dir erfahren. Ich möchte Zeit mit dir verbringen. Mit dir und Jonah. Ich möchte nicht an unser altes Leben anknüpfen, denn mir ist jetzt klargeworden, dass egal, was ich tue, es kein Zurück mehr gibt. Und ich mir daher auch keine Vorwürfe mehr machen muss. Es gibt nichts mehr zu bereuen und nichts mehr zu vergeben. Ich habe dir schon längst vergeben. Jetzt muss ich nur noch mir vergeben. Du hast recht. Was geschehen ist, ist geschehen. Die ganze Zeit habe ich mir gewünscht, dass ich unsere Vergangenheit einfach ausradieren könnte. Doch jetzt weiß ich, es ist nicht nötig, alles ungeschehen zu machen. Und ich bin bereit, jetzt endlich das Leben zu führen, dass auf mich wartet. Ich möchte von vorn beginnen, Mimi. Wie du.“ Mimi lächelte ihn verlegen an. „Das klingt nach einem sehr schönen Traum.“ Tai nahm ihre Hand und sah ihr tief in die Augen, was Mimis Herz erwärmte. Er hatte es einfach immer noch an sich. Dann grinste er. „Vielleicht hast du Lust, ihn diesmal mit mir zusammen zu leben.“ „I still believe there’s a right time for everything, even us.“ -faraway (Instagram: farawaypoetry) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)