Fünf Wörter - eine Geschichte von Khaleesi26 (OS Leser Projekt) ================================================================================ Kapitel 1: Kissenschlacht ------------------------- „Kannst du mir mal sagen, was zur Hölle wir hier machen?“, beschwerte sich Tai lautstark, als Mimi das gefühlt zwanzigste Teil in der Hand hielt, nur, um es dann doch wieder hinzustellen. „Ich dachte, wir wollten ein Geburtstagsgeschenk für deinen Cousin aussuchen. Und du hast mir versprochen, dass du mir danach ein Eis ausgibst. Deswegen bin ich doch überhaupt erst mitgekommen.“ Tai war einfach nur genervt. Es waren Sommerferien und Mimi hatte nichts Besseres zu tun, als seine Zeit zu verschwenden. Sie hatte ihn in ein riesen Einkaufscenter geschleppt, weil ihr Cousin 16 wurde und sie angeblich keine Ahnung hatte, was sie einem 16-Jährigem schenken sollte. Und sie hatte ausgerechnet ihn gefragt, ob er ihr bei der Auswahl helfen konnte – als würde sie keine anderen 16-jährigen Jungs kennen. „Hör auf dich zu beschweren! Ich habe dich schließlich nicht gezwungen mitzukommen“, entgegnete Mimi trocken, schenkte ihm jedoch sonst keine weitere Beachtung. Sie nahm ein Kuscheltier in die Hand, beäugte es kurz und stellte es wieder zurück. Tai schnaufte und verschränkte die Arme hinter den Kopf. „Also ich für meinen Teil habe keine Lust mehr. Ich verzieh mich jetzt.“ Doch als er auf dem Absatz kehrtmachen wollte, packte Mimi ihn am Arm und riss ihn zurück. „Du kannst jetzt nicht gehen!“ „Du entscheidest dich ja doch nicht für irgendwas“, schnauzte er sie an. „Das ist die reine Zeitverschwendung!“ „Taaaiii…“, sagte Mimi flehend und zog dabei seinen Namen betont mitleidig in die Länge. „Lass mich jetzt nicht hängen, bitteee!“ Der 16-Jährige verdrehte gekonnt genervt die Augen. Das machte sie immer! Immer, wenn sie etwas von ihm wollte, setzte sie diesen Dackelblick auf. „Wieso nur kann ich dir nie was abschlagen, wenn du so guckst?“ Mimi grinste breit und hakte sich bei ihm unter. „Weil du mich unwiderstehlich findest.“ „Jaah“, entgegnete Tai nüchtern. „Unwiderstehlich nervig.“ Die Brünette ignorierte diesen Kommentar und schlenderte stattdessen weiter mit ihm durch das Einkaufscenter. „Hast du schon eine Idee?“, fragte Tai. Er wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen und endlich sein wohlverdientes Eis von ihr kassieren. Doch Mimi sah ihn nur fragend an. „Wie, was für eine Idee?“ „Na, was du deinem Cousin zum Geburtstag schenken möchtest.“ „Ähm…“, machte Mimi und überlegte. „Ich dachte, dafür habe ich dich mitgenommen.“ „Ja, aber ich kenne ihn doch gar nicht. Auf was steht er so? Hat er irgendein Hobby?“ Mimi sah ihn mit leerem Blick an. „Irgendetwas, dass er gerne macht? Oder für was er sich besonders interessiert?“, hakte Tai etwas genauer nach. Mimi zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ „Was? Er ist dein Cousin und du hast keine Ahnung, was er so gerne macht?“, beschwerte sich Tai über diese Tatsache. Na super! Diese Sache könnte doch länger dauern als geplant. „Was machst du mich jetzt so an? Woher soll ich wissen, was ihr Jungs so im Kopf habt? Außer nackte Frauen und Pornos natürlich“, konterte Mimi, woraufhin Tai stehen blieb und sie entrüstet ansah. „Was?“, fragte sie ahnungslos. „Jetzt komm nicht auf die blöde Idee, dass ich ihm einen Pornofilm kaufen soll. Du spinnst doch! Ich bin noch nicht mal Volljährig, die verkaufen mir so einen Schweinkram gar nicht!“ Tai klappte der Mund auf, vor lauter Sprachlosigkeit. Dieses Mädchen war einfach unglaublich… „Das… Das ist doch wohl jetzt nicht dein Ernst!“, schrie er sie an, während er puterrot im Gesicht wurde und sich einige andere Passanten erstaunt nach ihm umdrehten. „D-Du hast doch damit angefangen“, erwiderte Mimi eingeschüchtert. „Hab ich gar nicht!“ Tai biss sich wütend auf die Unterlippe, weil sie es mal wieder geschafft hatte, ihn in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Irgendwie machte sie das ständig. Sie war laut. Sie war kindisch. Sie war immer voll drüber. Das genügte. Er hatte wirklich keine Lust darauf, seine freie Zeit weiter in diesem überfüllten Einkaufscenter zu verbringen. Dann sah er sich hektisch um und griff das erste, was ihm unter die Augen kam. Er drückte es Mimi in die Hand. „Hier, schenk ihm einfach das. Und damit hat sich die Sache.“ Mimi begutachtete das große, flauschige Teil in ihren Händen, ehe sie ihn böse anfunkelte. „Bist du bescheuert? Das schenk ich ihm doch nicht!“ Tai hatte ihr ein großes, rotes Kissen in Herzform in die Hand gedrückt und inzwischen war es ihm völlig egal, ob sie überhaupt noch ein Geschenk finden würde oder nicht. War schließlich nicht sein Problem. Dieses Mädchen brachte ihn einfach nur auf die Palme. Und das regelmäßig. „Mimi, was machst du denn hier?“, ertönte plötzlich eine Stimme neben ihnen. Tai wandte sich überrascht um. Vor ihnen stand ein Junge, ungefähr in seinem Alter. Er hatte schwarze Haare und eine Brille und sah vom Typ her eher wie der Intellektuelle aus. In der Schule hatte er ihn schon mal gesehen. Wie er hieß, wollte ihm jedoch nicht einfallen. „Ta-Takumi…“, stotterte Mimi und Tai sah, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und sie seinem Blick auswich. Verlegen strich sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „W-Was machst du denn hier? So ein Zufall, dass wir uns ausgerechnet hier treffen.“ Tai zog eine Augenbraue nach oben und schielte sie verdächtig von der Seite her an. Was war denn plötzlich mit ihr los? Takumi? Nie von dem gehört. Er sah sich den Jungen genauer an und erst jetzt fiel ihm auf, dass er eine Uniform trug. Und zwar die des Einkaufscenters. Die, die nur Mitarbeiter trugen. „Ja, das ist wirklich ein Zufall“, lächelte Takumi. „Weißt du, ich arbeite während der Sommerferien hier. Will mein Taschengeld ein wenig aufbessern, weißt du.“ „Achso“, erwiderte Mimi schüchtern, ehe ein peinliches Schweigen eintrat. Mimi richtete den Blick starr zu Boden und auch dieser Takumi schien nicht zu wissen, wo er genau hinsehen sollte. Was für ein Theater… Gerade, als Tai etwas sagen wollte, ergriff Takumi das Wort. „Ist… Ist das dein Freund?“, fragte er und sah erst zu dem Herzkissen in Mimis Hand und dann zu Tai. „Ich glaube, ich kenne dich aus dem Fußballteam unserer Schule, oder? Bist du da nicht der Kapitän?“ „Äh, ja…“, antwortete Tai nur. „Ich interessiere mich nicht so sehr für Sport, deswegen hab ich dich nicht gleich erkannt. Tut mir leid.“ Sein Blick ging wieder zu Mimi und dem Herzkissen in ihrer Hand. „Na, dann macht euch mal noch einen schönen Tag. Ich muss wieder an die Arbeit. Bis dann, Mimi“, sagte er etwas geknickt, aber höflich und ging weiter, ehe Mimi die Sache aufklären konnte. Als er um die nächste Ecke bog, schlug Mimi prompt mit dem Kissen gegen seinen Arm. „Au!“ „Sag mal, spinnst du, Tai? Wieso hast du denn nicht gesagt, dass du nicht mein Freund bist?“, beschwerte sich die Brünette lautstark bei ihm, während Tai sich seinen Arm rieb und sie verständnislos ansah. „Ich? Wieso, ich? Du hast doch selbst den Mund nicht aufgemacht.“ „Oh, na toll“, stöhnte Mimi frustriert auf. „Jetzt denkt Takumi ernsthaft, ich hätte so was wie eine Beziehung mit dir. Das ist ja furchtbar!“ Furchtbar? Tai dachte, er hätte sich verhört. Erst schleppte sie ihn an einem wunderschönen Sommertag in ein bescheuertes, viel zu überfülltes Einkaufscenter und dann beschwerte sie sich auch noch darüber, dass irgend so ein Typ denken könnte, sie wären ein Paar. Diesen Kommentar konnte er nicht auf sich sitzen lassen. „Was bitte ist daran so furchtbar?“, entrüstete sich Tai. „Ich, an deiner Stelle, wäre froh, wenn die Leute denken würden, dass ich so einen gutaussehenden Freund hätte.“ Mimi zischte unüberhörbar und sah ihn schief an. „Und überhaupt: was interessierst du dich für so einen Typen, der freiwillig seine Sommerferien mit Arbeiten verbringt und offensichtlich sonst seine Nase nur in Bücher steckt? Das ist doch gar nicht dein Ding!“, machte er weiter, was Mimi eindeutig auf die Palme brachte. „Waaas?“, rief sie und schlug ihn erneut mit dem Herzkissen gegen den Arm. „Du kennst Takumi doch überhaupt nicht! Also hör auf, so über ihn zu reden!“ Es folgte ein weiterer Schlag. „Ich muss ihn auch gar nicht kennen. Nichts gegen dich, Mimi. Aber so einen würdest du doch mit deiner Art zu Tode nerven.“ Anscheinend hatte er mit diesem Satz einen empfindlichen Nerv bei der Schülerin getroffen, denn er sah, wie kurz etwas in ihren Augen auf funkelte, bis sie ihm weitere Schläger mit dem Kissen verpasste. „Du. Hast. Doch. Überhaupt. Keine. Ahnung!“ Tai ging ein wenig in Deckung, da ihre Kissenangriffe heftiger zu werden schienen. Schützend hielt er sich den Arm vors Gesicht, während sie nicht daran dachte aufzuhören. „Und. Ob. Ich. Ahnung. Habe! Könntest du das jetzt mal lassen, du blöde Gans?“ Er wich einen Schritt zurück und stieß gegen den Wagen, mit den vielen Kissen, aus dem er auch das Herzkissen gezogen hatte. Kurzentschlossen schnappte er sich eins und schlug es Mimi um die Ohren. Diese wirkte erst äußerst verdattert, über diesen plötzlichen Rückschlag, konnte sich jedoch relativ schnell wieder fangen und griff ebenfalls in den Wagen, um sich mit einem zweiten Kissen zu bewaffnen. „Na warte, Yagami. Das kriegst du zurück!“, kündigte sie verheißungsvoll an und eine wilde Kissenschlacht begann. Tai sah nicht ein, warum er nachgeben und kapitulieren sollte. Dieses Mädchen hatte es mal wieder völlig auf die Spitze getrieben. Im Eifer des Gefechts flogen wild die Kissen durch die Luft, während immer wieder Kampfesschreie fielen. „Du Idiot, das wirst du büßen!“ „Man, du bist so kindisch! Sieh doch nur, wie albern du bist! Du wirfst mit einem Kissen nach mir!“ Tai wich Mimis Kissen gekonnt aus, welches sie nach ihm geworfen hatte, bevor er seinerseits ein großes Kissen fliegen ließ, welches sie direkt umhaute. „Tooor!“, rief er und schmiss die Arme in die Luft. „Sieg auf ganzer Linie!“ Mimi lag auf den Rücken, stützte sich auf ihre Ellenbogen ab und funkelte ihn böse an. „Du Blödmann!“, rief sie und zeigte anklagend mit dem Finger auf ihn. „Nimm das jetzt endlich zurück, was du über Takumi gesagt hast!“, forderte sie, doch Tai schüttelte nur den Kopf und streckte ihr die Zunge raus. „Mache ich gar nicht. Ich hab dich nämlich besiegt. Und du siehst aus, wie ein gerupftes Hühnchen.“ Mimis Haare waren wild durcheinandergewirbelt. Schnaufend pustete sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und bemerkte erst jetzt, dass sich eine riesen Menschenmenge um sie gebildet hatte. Ein kleiner Junge hatte sogar das Handy gezückt, um den Fight für die Nachwelt festzuhalten. „Na toll“, meinte Tai, als ihm klarwurde, dass das vermutlich Ärger geben würde. Keine Sekunde später tauchte auch schon der Sicherheitsdienst auf. „Was ist hier los? Sind Sie verrückt geworden?“ Die beiden versuchten sich noch zu entschuldigen und die Situation irgendwie zu retten, doch das Chaos, was sie angerichtet hatten, war einfach zu groß. Überall lagen Kissen verstreut. Sogar einige andere Verkaufsteile waren zu Boden gefallen. Es war zwar nichts kaputtgegangen, aber der Sicherheitsdienst erteilte ihnen trotzdem Hausverbot und schmiss sie achtkantig raus. „Das kann echt nicht wahr sein“, jammerte Tai und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Warum bringst du mich nur immer in solche Situationen?“ Mimi antwortete nicht, sondern richtete ihren Blick starr zu Boden. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt. „Tai…“, sagte sie ernst. „Du hast zwar die Schlacht gewonnen. Aber den Krieg nicht.“ Tai sah sie verdutzt an und konnte nicht glauben, was für einen Aufriss sie wegen der Sache machte. „Ach, komm Mimi. Ist doch nun wirklich nicht so schlimm, dass wir hier jetzt Hausverbot haben“, versuchte er sie zu beruhigen und legte ihr versöhnlich eine Hand auf die Schulter. „Es gibt noch so viele andere Shoppingcenter. Wir finden schon noch ein Geschenk für deinen Cousin. Ich helfe dir auch“, schlug er versöhnlich vor, doch Mimi sah ihn nicht an und das machte ihm klar, dass vielleicht doch er derjenige war, der ein wenig zu weit gegangen war. Hatte er mit seinen Kommentaren ernsthaft ihre Gefühle verletzt? Irgendwie tat ihm leid, was er vorhin über Takumi gesagt hatte. Mimi hatte recht. Er kannte ihn doch schließlich gar nicht. „Wie lang kennen wir uns schon, Tai?“, fragte Mimi plötzlich ungewohnt kühl. Tai überlegte kurz. „Na ja, schon ziemlich lange. Eben seit wir Kinder sind. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich mich immer wieder von dir zu solchen Aktionen hinreißen lasse“, versuchte er zu spaßen, doch Mimi sah ihn nur böse an. „Ich habe überhaupt keinen Cousin, Tai“, eröffnete sie ihm trocken, während bei Tai endlich der Groschen fiel. Mimi hatte gar keinen Cousin? Natürlich hatte sie keinen Cousin! Wie konnte er so blöd sein und das vergessen? „W-Wie jetzt? Und warum hast du mich dann unter diesen Vorwand mitgeschliffen?“ „Du schnallst auch gar nichts, oder?“, meinte Mimi und richtete ihren Blick wieder stur zu Boden. „Ich wusste, dass Takumi hier arbeitet. Und ich hatte gehofft…“ Und ein weiteres Mal klingelte es bei dem Schüler. „Du wolltest ihn eifersüchtig machen?“, sprudelte es fassungslos aus ihm heraus. Er hatte ja keine Ahnung, dass Mimi so berechnend sein konnte. „Na, das ist dir ja gut gelungen“, stellte er jedoch nur nüchtern fest. Er fand diese Tatsache, dass er nur als Köder diente zwar unmöglich, aber er wollte nicht direkt den nächsten Streit vom Zaun brechen. „Ist es gar nicht“, erwiderte Mimi und Tai stellte fest, dass ihre Stimme langsam einknickte. „Ich wollte ihn doch nur eifersüchtig machen. Weil er mich in der Schule kaum beachtet, verstehst du? Aber jetzt denkt er, ich habe einen festen Freund und wird mich in Zukunft noch weniger beachten. Ein Wunder, dass er überhaupt meinen Namen kennt.“ Mimi begann zu schluchzen, was Tai augenblicklich leidtat. Er hatte ja keine Ahnung, dass sie so verschossen in diesen Typen war. „Hey“, sagte er einfühlsam. „So ein Unsinn! Du kannst die Sache doch ganz einfach aufklären. Außerdem… wäre er verrückt, dich nicht zu mögen.“ Mit feuchten Augen sah sie ihn an. „Wirklich? Meinst du das Ernst?“ „Ja, meine ich“, sagte Tai und zog sie in eine Umarmung. Nachdem Mimi sich beruhigt hatte, löste sie sich wieder von ihm. „Ich glaube, ich geh jetzt nach Hause.“ „Soll ich dich bringen?“, schlug Tai vor. Er hatte irgendwie ein schlechtes Gewissen, wegen dieser Sache, doch Mimi schüttelte nur den Kopf. „Nein, danke. Ich komme klar.“ Sie verabschiedete sich und ging, während Tai stehen blieb und überlegte, wie er diesem verrückten Mädchen wieder ein Lächeln aufs Gesicht zaubern konnte… Es war bereits spät geworden und die Sonne ging langsam unter, doch das hielt ihn nicht davon ab, zu ihr zu eilen. Es ging ihm einfach nicht aus dem Kopf, wie geknickt sie ausgesehen hatte. Eigentlich hätte er sauer darüber sein sollen, dass sie ihn unter falschen Tatsachen ins Einkaufscenter geschleppt hatte. Doch, nachdem er gesehen hatte, wie traurig sie war, konnte er ihre Gefühle nur zu gut verstehen. Es musste weh tun, wenn man das Gefühl hatte, von jemanden, den man mochte, abgelehnt zu werden. So sehr sie ihn auch manchmal nerven konnte… sie hatte es nicht verdient traurig zu sein. Nicht Mimi. Nicht das Mädchen, welche andere stets mit ihrer guten Laune ansteckte. Und schon gar nicht sollte sie wegen irgendeines Typen traurig sein, der sie nicht beachtete. Er wollte sie wieder zum Lächeln bringen und sich für sein kindisches Verhalten entschuldigen. Manchmal war er ja selbst nicht besser. Das hatte er inzwischen eingesehen. Mimi und er waren wie Feuer und Wasser. Manchmal gingen sie regelrecht aufeinander los, so wie vorhin im Einkaufscenter. Schmissen sich die wildesten Beschimpfungen an den Kopf. Und doch wussten sie, dass sie eine tiefe Freundschaft verband, die sie nicht missen wollten. Es war an der Zeit, dass Tai sich selbst und sie daran erinnerte. Er hatte ein paar gelbe Rosen in der Hand, die er gerade noch so ergattern konnte, ehe der Blumenladen schloss. Und damit würde er sich jetzt auf den Weg zu ihr machen. Er wusste, wie sehr sie gelb und Blumen liebte. Er bog um die nächste Ecke, in Mimis Straße ein und blieb abrupt stehen, als er zwei Menschen sah, die vor ihrem Hauseingang standen. Sich umarmten. Sich küssten! Tai wich einen Schritt zurück. Takumi und Mimi? Unmöglich! Sie selbst hatte ihm doch erzählt, dass er nicht auf sie stand. Was machte er dann so plötzlich bei ihr? Und wieso küssten sie sich? Takumi zog Mimi enger an sich und sie legte ihre Arme um seinen Hals. Gab sich ganz dem Kuss hin, was Tai einen kurzen Stich in die Magengrube versetzte. Warum fühlte er sich so schlecht bei diesem Anblick? Wieso machte es ihm etwas aus, Mimi so zu sehen? Völlig verwirrt über seine eigenen Gefühle, die in ihn so plötzlich hochkrochen, wandte er sich ab. Die beiden hatten ihn noch nicht bemerkt. Es war noch nicht zu spät einfach wieder zu gehen und so zu tun, als hätte er das nie gesehen. Er hörte wie Mimi sich von ihm verabschiedete. „Ich muss jetzt gehen. Habe noch was zu erledigen“, sagte sie, woraufhin auch Takumi sich verabschiedete. „Ist okay. Ich muss auch nach Hause. Sehen wir uns morgen?“ Was? Ein Date? So schnell? Er hörte, wie Mimi einwilligte und sich noch einmal verabschiedete. In diesem Moment hätte er schneller reagieren und das Weite suchen müssen, doch seine Beine wollten sich einfach nicht bewegen. „Tai? Was machst du denn hier?“, fragte Mimi überrascht. Tai drehte sich zu ihr um und sah, dass Takumi bereits gegangen war. „Ich äh… Ich…“, stammelte er herum und betrachtete seine Freundin genauer. Sie sah alles andere als traurig aus. Was war in den letzten paar Stunden nur passiert? Mimi kicherte. „Du wunderst dich sicher, warum Takumi eben hier war. Hast du uns gesehen?“ Sie wurde rot um die Nase, was Tai unter anderen Umständen wahrscheinlich niedlich gefunden hätte, doch in diesem Moment kroch nur Übelkeit in ihm hoch. „Ja, ich… Ich hab euch gesehen. Was… Was ist hier los, Mimi? Du meintest doch, er steht nicht auf dich.“ „Habe ich auch gedacht, aber anscheinend…“, begann Mimi und setzte einen verliebten Blick auf. „Nach der Arbeit kam er bei mir vorbei. Einfach nur, um zu reden. Ich habe die Gelegenheit genutzt, um ihm zu sagen, dass du nicht mein Freund bist und dann… dann hat er mich einfach geküsst. Kannst du dir das vorstellen?“ Sie wirbelte herum und lachte, als wäre es eine tolle Neuigkeit. War es ja auch. Für sie. „Huch, was hast du denn da?“, fragte sie plötzlich und zeigte auf die Blumen in Tais Hand. „Das…?“, meinte Tai und betrachtete die gelben Rosen einen Moment lang, als könnten sie ihm irgendeine Antwort auf seine vielen, verwirrten Fragen geben. „Die sind für dich.“ Er hielt ihr die Blumen hin, woraufhin Mimi über beide Ohren strahlte und ihm um den Hals fiel. „Was, für mich? Oh, Tai. Danke, das ist so lieb von dir!“ Mit einem unglaublichen Lächeln nahm sie die Rosen an sich und somit auch sein Herz, was ihn selbst entsetzte und sprachlos machte. Was war nur plötzlich mit ihm los? „Ah, da fällt mir ein. Ich habe ja auch etwas für dich“, unterbrach Mimi freudestrahlend seine Gedankengänge und hielt ihm eine Papiertüte unter die Nase. „Eigentlich wollte ich mich auch gerade auf den Weg zu dir machen.“ Tai nahm geistesabwesend die Tüte entgegen und holte deren Inhalt heraus. „Sorry?“ Er hielt ein buntes Kissen in der Hand, welches offensichtlich selbst bestickt war. In großen Buchstaben stand das Wort „Sorry“ darauf und darunter befand sich ein kleines Herz, welches ebenfalls aufgestickt war. „Es tut mir leid, dass ich vorhin so ein Theater gemacht habe. Na ja und, dass ich dich einfach benutzt habe, um Takumi eifersüchtig zu machen. Das war total kindisch von mir“, entschuldigte die Brünette sich und sah ihn flehend an. „Verzeihst du mir?“ Tais Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. Wie könnte er nicht? „Ich wollte mich auch bei dir entschuldigen. Ich war derjenige, der sich total kindisch verhalten hat.“ „Ich denke, manchmal nehmen wir uns beide nicht viel, was das angeht. Du Blödmann“, lachte Mimi herzhaft auf und auch Tai musste grinsen. Sie waren beide nicht perfekt. Und auch ihre Freundschaft war es nicht. Beide machten sie oft Fehler und behaupteten, der andere, würde sie nerven. Doch so war es nicht. In Wahrheit konnten sie nicht ohneeinander und bisher bügelten sie jeden ihrer Fehler wieder aus, weil sie wussten, was sie aneinander hatten. Doch den Fehler, den Tai die ganze Zeit über begangen hatte, war der schlimmste von allen. Und den konnte er nicht so einfach wieder ausbügeln. Es war der Fehler, nie bemerkt zu haben, dass er für Mimi in Wahrheit mehr als nur Freundschaft empfand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)