Weil wir dafür leben von Goetterspeise (SasuSaku | NaruHina) ================================================================================ Prolog: Weil alles einen Anfang braucht --------------------------------------- Diese Geschichte wird nicht mit einer Scheidung der Eltern und dem großen, bösen Umzug in eine neue Stadt am anderen Ende des Landes beginnen. Es wird also auch keine neue Schülerin geben, die in ihrer alten Schule nur eine Freundin hatte und überhaupt keinen Bock hat, erneut zu versuchen, Anschluss zu finden, weil sie zu Beginn der Geschichte bereits felsenfest davon überzeugt ist, dass es sowieso nicht klappen wird. Wenn ihr so etwas erwartet, könnt ihr gleich wieder aufhören, zu lesen und eure Zeit mit anderen Dingen verschwenden und euch darüber freuen, dass ihr rechtzeitig davor gewarnt worden seid, hier kostbare Minuten zu vergeuden, die ihr anderweitig nutzen – oder nicht – könntet. Nein, diese Geschichte beginnt nur an diesem Punkt, weil es der spät möglichste ist, an dem ich einsteigen konnte. Eigentlich hätten wir viel früher starten können. Mit dem ersten Tag im Kindergarten, als ich meiner zukünftigen besten Freundin unverhofft über den Weg lief. Oder aber im zweiten Jahr der Grundschule, denn damals kam mitten während des Jahres eine neue Schülerin in unsere Klasse, die zu Beginn tatsächlich ein paar Anlaufschwierigkeiten mit sozialen Kontakten hatte (welche Ironie). Natürlich hätte ich die Geschichte auch beginnen können, als ich zum ersten Mal feststellte, dass ich mich in den beliebtesten Jungen der Jahrgangsstufe verguckt hatte – wie die Hälfte der anderen weiblichen Schülerinnen und ein paar Jungs. Und wie ich durch seinen besten Freund, der es aus unerfindlichen Gründen geschafft hatte, sich mit mir anzufreunden, genau diesem Jungen nähergekommen war und so etwas wie eine gute Bekanntschaft mit ihm aufbauen konnte. Aber dieses ganze Vorgeplänkel können wir überspringen, weil es einfach das ist, was irgendwie immer passiert, wenn ein verliebtes Mädchen die Geschichte erzählt, wie sie mit ihrem Schwarm zusammengekommen ist – mit dem kleinen feinen Unterschied, dass das bei uns hier nicht so kommen wird. Das weiß ich an diesem Punkt in meinem Leben einfach. Und deshalb beginne ich diese Geschichte jetzt. An diesem Abend, im dunklen Schlafzimmer der Eltern des besagten besten Freundes, der hoffentlich niemals erfahren wird, was hier gerade geschieht. Na gut, wenn ich so darüber nachdenke, starten wir also doch kurz nach einem einschneidenden Erlebnis. Zu meiner Ehrenrettung: einem Erlebnis, dass normalerweise erst circa zur Hälfte der Geschichte oder am Ende oder nur für die Zuschauer als Kopfkino geschieht. Denn es ist so, der spät möglichste Einstieg zu dieser – meiner – Geschichte startete keine zehn Minuten nachdem ich – Sakura Haruno – mitansehen musste, wie meine verlogene, angeblich beste Freundin, Sex mit dem Typen hatte, in den ich seit Jahren Hals über Kopf verliebt bin! Kapitel 1: Weil ignorieren super ist ------------------------------------ Mein Smartphone vibriert auf dem Schreibtisch und ich schaue kurz vom Englischbuch auf, um zu sehen, wer mir geschrieben hat. Ino. Ich seufze, nehme es in die Hand und begutachte die Nachricht über die Ansicht des Sperrbildschirms, um sie nicht sehen zu lassen, dass ich es bereits gelesen habe. Was ist eigentlich dein scheiß Problem?!!! Wut keimt in mir auf als ich das lese und schnell drücke ich auf den Knopf an der Seite, um den Bildschirm wieder schwarz werden zu lassen. Das ist ja wohl eine bodenlose Frechheit. Empört darüber, dass ich diejenige sein soll, die sich für ihr Verhalten rechtfertigen muss, klappe ich mit Schwung das Buch vor mir zu und stehe auf. Gut, ja, ich habe sie die letzten vier Wochen konsequent ignoriert und all unsere Pläne für die Sommerferien ohne Begründung gecancelt, aber dazu hatte ich definitiv auch jedes verdammte Recht! Was sie eigentlich selbst am besten wissen sollte. Ich habe mich nach dieser dummen Hausparty tagelang in meinem Zimmer verkrochen, nur um in mein Kissen heulen zu können, weil sich mein Herz wie eine zermatschte Tomate angefühlt hat. Jetzt, vier Wochen später, tut es nicht weniger weh, aber der Schmerz spiegelt sich meist nur noch in meiner Wut wider, sobald ich auch nur an ihren Namen denke. Oder an die Szene. Das Lachen und Stöhnen. Wie sie mit ihren langen, schmalen Fingern durch seine schwarzen Haare fuhr und ... Ich muss das unbedingt abstellen, sonst kotze ich noch auf den Teppichboden meines Zimmers und das wieder rauszubekommen wird verdammt schwer. Zumal meine Mutter den Teufel tun wird, um mir zu helfen, nach all den Streitereien, die wir in den letzten Wochen hatten. Ich weiß, dass sie mir nur zur Seite stehen möchte, was ich auch wirklich toll finde, aber mal ganz ehrlich: wer möchte der eigenen Mutter schon erzählen, dass man Liebeskummer hat, weil man mit ansehen musste, wie die beste Freundin mit dem Typen, in den man verliebt ist, geschlafen hat? Wahrscheinlich die wenigsten. Also führten all ihre Versuche, mich aus meinem Zimmer zu holen und mich aufzumuntern, dazu, dass ich sie angeschrien, mit Kissen beworfen oder ignoriert habe. Man könnte also sagen, unser Verhältnis ist im Moment nicht unbedingt das Beste, weshalb ich stark bezweifle, dass sie mir auch nur irgendwie bei irgendetwas unter die Arme greifen wird. Vielleicht, wenn ich ihr endlich erzählen würde, was vorgefallen ist, aber das kann und werde ich nicht, wie gerade schon einmal angesprochen. Dafür ist sie zu wenig meine Freundin und viel zu sehr meine Mutter. Um mich zu beruhigen, laufe ich in meinem Zimmer auf und ab und versuche meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Nicht sonderlich erfolgreich, aber was habe ich auch erwartet? Dass die Schule am Montag beginnt und ich so meinen Problemen mit Ino dann nicht länger aus dem Weg gehen kann, ist natürlich auch nicht sonderlich hilfreich. Ich will sie nicht sehen, nicht mit ihr reden und sie vor allem nicht die ganze Sache erklären lassen. Vielleicht ist es kindisch und unreif, aber das ist mir ziemlich egal. Schließlich ist es mein Herz, das gerade in tausend Teilen vor mir liegt und mich aus all seinen Bruchstücken vorwurfsvoll anstarrt. Es sind meine Tränen aus Wut und Schmerz, die die letzten Wochen auf meinem Kissen gelandet sind, während ich versucht habe, das laute Schluchzen zu ersticken. Also, wenn ich kein Recht darauf habe, Ino und ihre Kontaktversuche zu ignorieren, wer dann? Ich meine, ja, ich weiß, dass es nichts bringt, einer solchen Sache aus dem Weg zu gehen. Es wird dadurch nicht besser und selbst mit meinen siebzehn bin ich schon weit genug, um zu begreifen, dass ich so auch nicht mit dem Geschehenen abschließen kann. Aber verdammt noch mal, ich will das im Moment auch überhaupt nicht. Ohne es zu merken, habe ich mein Bein gehoben und stampfe nun laut mit dem Fuß auf den Boden auf, was mich selbst erschreckt. Ein leises Kichern entweicht meiner Kehle, während ich realisiere, was ich gerade getan habe und schließlich beginne ich richtig zu lachen. Ich lache so lange, bis Tränen in meinen Augen aufsteigen und begreife zu spät, dass es Tränen der Trauer sind. Ich möchte Ino nicht als meine beste Freundin verlieren und ich will auch nicht daran glauben, dass sie mich so derart hintergangen hat, allerdings weiß ich auch, was ich gesehen habe und kann die Bilder einfach nicht vergessen. Und während die Tränen langsam beginnen über meine Wangen zu laufen, wird mir klar, dass ich den Kontakt hauptsächlich deswegen vermieden habe, weil es sonst zu real wird, dass wir keine Freundinnen mehr sind. Ich kann ihr das nicht verzeihen, egal wie es dazu kam, ob zu viel Alkohol schuld ist oder er sie verführt hat. Es ist der Verrat, der zählt. Ich wische mir vergebens die Tränen weg, die sofort durch neue ersetzt werden und lasse mich auf mein Bett fallen. Während ich so an die Decke starre, die ich nur verschwommen wahrnehme, wird mir einmal mehr schmerzhaft bewusst, dass ich ihr am Montag nicht länger aus dem Weg gehen kann – dass es dann doch real wird. Egal wie sehr ich es nicht möchte. Ich bin überhaupt nicht auf das vorbereitet, was mich dort erwarten wird – mal davon abgesehen, dass ich mir nicht einmal vorstellen kann, was genau es sein könnte. Schließlich weiß ich nicht, wie es zwischen Ino und Sasuke weiterging, weil ich den Kontakt zu niemandem gesucht und meiner Mutter schreiend verboten habe, auch nur einen meiner Freunde anzurufen, aus Angst sie könnte Ino kontaktieren. Es wäre schwer geworden, sie zu ignorieren, wenn sie plötzlich vor mir in meinem Zimmer gestanden hätte. Ich schließe die Augen und atme ein paar Mal tief durch, denn allein der Gedanke, ihr am Montag über den Weg zu laufen, bereitet mir auf einmal schreckliche Bauchschmerzen. Ein Schluchzen entweicht meiner Kehle und ich drehe mich zur Seite, sodass ich meine Beine zu meinem Bauch hochziehen kann. In dieser Embryostellung bleibe ich schließlich liegen, bis ich eingeschlafen bin. In den letzten Wochen habe ich mich immer wieder gefragt, wieso sich meine Gedanken hauptsächlich um Ino drehen, obwohl Sasuke nicht weniger daran beteiligt war. Vielleicht sogar mehr, da ich nach wie vor nicht weiß, wie es überhaupt dazu kam. Wahrscheinlich, weil er keine Ahnung hat, was ich für ihn empfinde – das habe ich auch lange genug versucht vor ihm zu verbergen. Ino hingegen ist über meine Gefühle bestens im Bilde … Es überrascht mich nur, wie sachlich ich die Schuldverhältnisse verteilen kann, trotz meiner momentanen Heulattacken und der Unfähigkeit meine sonstige Stärke, nämlich Probleme einfach anzusprechen, zu gebrauchen. Leider verging der Sonntag viel zu schnell und plötzlich befinde ich mich vor dem großen Tor, dessen geöffnete Eisentüren uns herzlich dazu einladen, das Gelände zu betreten. Die Realität holt mich also endlich ein. Ich stehe an der Mauer rechts neben dem offenen Eingang und warte auf Hinata, die kurz nach der Party mit ihren Eltern ans Meer gefahren und erst gestern früh wieder zuhause angekommen ist und so noch von nichts weiß. Ich wollte sie in ihrem Urlaub nicht belästigen – zumindest rede ich mir das ein. Denn eigentlich ging es eher darum, sie nicht live am Telefon miterleben zu lassen, wie ich einen Heulkrampf bekomme. Aus diesem Grund war es auch nicht weiter verwunderlich, dass sie irritiert reagiert hat, als ich sie gestern fragte, ob wir uns ohne Ino vor der Schule treffen könnten. Ursprünglich, weil ich ihr alles erzählen wollte, aber je mehr Minuten vergehen und der Augenblick näher rückt, desto unsicherer werde ich mir. Vielleicht wäre es nach der Schule in einem Café angebrachter, allerdings laufen wir davor sicher Ino über den Weg und Hinata in ihrem unsäglichen Harmoniebedürfnis wird wahrscheinlich versuchen zu vermitteln, wenn sie nicht weiß, um was es geht. Es ist ein ständiges hin und her in meinem Kopf. Ein solch emotionales Thema direkt vor dem ersten Schultag anzusprechen, erscheint mir für mich selbst und meine momentan (noch) nicht geröteten Augen falsch, aber mir den ganzen Tag über anhören zu müssen, dass wir doch über unsere Probleme reden sollen, begeistert mich auch nicht sonderlich. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum, während ich sehe, wie Hinata mit Naruto im Schlepptau, auf mich zukommt. Zumindest ist Sasuke nicht bei ihnen, wobei es mir natürlich lieber gewesen wäre, Naruto auch nicht sehen zu müssen. So wird mir aber zumindest die Entscheidung abgenommen, wann und ob ich mit ihr darüber reden soll. Vor Naruto werde ich das nämlich ganz sicher nicht machen. „Guten Morgen“, begrüßt sie mich mit einem Lächeln. „Ich … ich weiß, du wolltest dich … allein mit mir treffen. Aber Naruto kam in dem Moment aus dem Haus, als ich los wollte und … na ja, du hattest nur direkt darum gebeten, dass Ino nicht dabei ist“, beginnt Hinata sofort sich zu verteidigen und ohne es wirklich zu wollen, muss ich lächeln. „Alles gut. Ich freu mich doch immer diesen Vollidioten zu sehen“, erwidere ich an Naruto gerichtet, der mich empört anschaut. „Dir auch einen guten Morgen.“ Er blickt eingeschnappt zur Seite, kann diese Mimik aber nicht lange aufrechterhalten und grinst mich schon keine zwei Sekunden später breit an. „Entschuldige. Guten Morgen“, sage ich und füge hinzu: „Es wundert mich ja, dass du schon so früh wach bist. Normalerweise würdest du jetzt erst aufstehen.“ Naruto kommt meistens auf die Sekunde genau ins Klassenzimmer. Es ist also eine Überraschung, dass er es überhaupt so zeitig aus dem Bett geschafft hat. „Ach, weißt du, ich dachte mir, zumindest am ersten Tag nach den Ferien sollte man halbwegs pünktlich kommen.“ Aha. Das sind aber ganz neue Töne von ihm. „Dann sollten wir aber auch langsam rein gehen“, antworte ich und drehe mich zum geöffneten Tor, nur um Inos blonden Pferdeschwanz zehn Meter vor mir zu entdecken. Ich werde bei ihrem Anblick wütend und stelle überrascht fest, dass es hauptsächlich deshalb ist, weil sie einfach kommentarlos an uns vorbei gegangen ist. Ich wollte sie ignorieren, nicht sie mich! Dabei sollte ich einfach glücklich sein, eine Begegnung mit ihr vermieden zu haben. Wir werden uns schließlich im Klassenzimmer früh genug über den Weg laufen – auch wenn sie dank ihres Nachnamens ein ganzes Stück weit weg von mir sitzt. „Sakura?“ Naruto schnippt vor meinem Gesicht ein paar Mal und ich blicke erschrocken in seine blauen Augen. „Alles gut? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.“ „Blödsinn. Los jetzt.“ Und ohne auf eine Reaktion zu warten, laufe ich einfach über den, mit grauen Steinen gepflasterten, Weg zum Schulgebäude, das in seiner großen, weißen Pracht vor uns steht wie ein Fels. Das Gebäude wurde erst vor gut zehn Jahren erbaut, nachdem das Vorherige komplett abgerissen worden war, weil eine Renovierung, die es absolut nötig gehabt hatte, mehr gekostet hätte als ein Neubau. Ich kenne das alte Schulgebäude nur vom daran vorbeilaufen, als ich damals in die Grundschule musste, die nur drei Straßen weiter ist. Das neue ist länger und um ein Stockwerk höher als das alte. Allerdings nicht mehr so breit und die Sporthalle befindet sich nun in einem Extragebäude auf der Rückseite – was bei Regen schon nervig sein kann, wenn man über den Hof rennen muss. Bei diesem Gedanken fällt mir siedend heiß ein, dass Ino und ich uns ja gemeinsam für die Volleyballmannschaft angemeldet haben und morgen gleich das erste Training nach den Ferien ist. Was habe ich denn noch alles nicht bedacht, wo ich ihr über den Weg laufen kann, außer vor und nach dem Unterricht im Klassenzimmer? Klar, Flure und Toiletten, aber da kann man wunderbar umdrehen oder sich in eine Kabine einsperren, bis sie geht – super erwachsen natürlich, aber scheiß drauf. Für den Moment fällt mir allerdings nichts anderes ein und in der Volleyball-AG kann ich mir auch eine andere Partnerin zum Einspielen suchen. Immerhin haben wir keine Vorträge, die wir zusammen vorbereiten müssen und Klassensprecherin ist auch keine von uns. Putzdienst fällt ebenfalls flach, weil er aufgrund der Namen festgelegt wird, wenn Naruto und Kiba nicht mal wieder als Strafarbeit dazu verdonnert werden. „Vorsicht!“ Naruto zieht mich gerade noch rechtzeitig zur Seite, bevor ich in den Rücken eines vor mir laufenden Schülers renne. Ich weite erschrocken meine Augen. Das kann ja wohl nicht wahr sein! Vielleicht hätte ich heute Morgen einfach im Bett bleiben soll, so abwesend wie ich bin. „Sag mal, was ist denn heute mit dir los?“, fragt er mich und lässt meinen Arm los. „Nichts“, antworte ich schnell – ein wenig zu schnell. Naruto hebt seine Augenbraue und ich sehe ihm an, dass ihn diese Antwort nicht befriedigt. „Sie ist sicher einfach müde“, geht Hinata dazwischen und lächelt mich aufmunternd an. Dass sie das nicht wirklich glaubt, wissen Naruto und ich ganz genau, aber glücklicherweise versteht er, dass Hinata ihn daran hindern will, weiter nachzuhaken und ich forme mit meinen Lippen ein lautloses Danke, was sie mit einem Nicken kommentiert. Die letzten Meter bis zum Schuleingang konzentriere ich mich auf Narutos Monolog über seine Ferien in den Bergen und die Ausflüge, die er dort mit Sasuke unternommen hat. Die beiden müssen ganz schön viel gelaufen sein, wenn das alles so stimmt, was er erzählt und ich bin ein bisschen neidisch darauf, weil ich auch gerne den Ausblick von einem der Gipfel genossen hätte. Allerdings hätte ich dann zwei Wochen mit Sasuke zusammen verbringen müssen und das wäre die schönste Aussicht der Welt im Moment nicht wert gewesen. Bei diesem Gedanken schlucke ich und bin froh, als wir endlich bei den Spinden ankommen. Narutos ist zwei Reihen weiter und so haben Hinata – deren Spind direkt neben meinem ist – und ich ein bisschen Zeit für uns. „Es tut mir wirklich leid“, flüstert sie, während wir unsere Schuhe wechseln. Ich winke nur ab und setzte das beste Grinsen auf, das ich unter den Umständen der vergangenen Wochen zustande bringe. „Alles gut. Ich weiß doch, wie sehr es dich freut, wenn du mit ihm zur Schule laufen kannst.“ Hinata wird bei diesen Worten rot und konzentriert sich ein wenig zu sehr darauf, die Klettverschlüsse ihrer Schuhe zu schließen. Ich klappe das Türchen meines Spinds zu und klopfe ihr aufmunternd auf die Schulter. „Das ist doch nicht schlimm. Es ist schön, wenn man mit seinem Schwarm Zeit ver-verbringen kann.“ Tränen steigen mir in die Augen und ich fluche lautlos. Das kann ich gerade noch gebrauchen. Hinata, die natürlich mitbekommen hat, dass meine Stimme immer leiser geworden ist, blickt mir nun direkt in die Augen und ich versuche meine Trauer einfach wegzulächeln, was nicht einmal ansatzweise gelingt. „Sakura“, sagt sie nur und zieht mich plötzlich mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck mit sich. Eine solche Initiative bin ich von ihr nicht gewöhnt und für einen Moment hilft mir meine perplexe Reaktion dabei, mein gebrochenes Herz zu vergessen. Hinata steuert direkt auf die Toiletten vor der Flurtür zu und zieht mich hinter sich in den Raum, der glücklicherweise vollkommen leer ist. „Ich … ich weiß, es gibt bessere Orte als diesen“, sie wird wieder rot und ich bin froh die alte Hinata vor mir stehen zu haben, „aber einen anderen h-habe ich gerade nicht.“ Ich schaue mich unsicher um und erhasche einen Blick auf mein weißes und eingefallenes Gesicht – immerhin sind meine Augen nach wie vor nicht gerötet, aber ich sehe, dass die Tränen darauf warten, fließen zu dürfen und wende mich schnell wieder ab. „Was ist passiert?“ Ich fahre mir mit der Hand durch die Haare und atme ein paar Mal tief durch. Anschauen kann ich Hinata nicht, aber das muss ich auch nicht, um es ihr zu erzählen und ich bin ehrlich gesagt sehr froh darüber, dass sie mich noch vor dem Unterricht dazu zwingt. Ino sitzt bereits auf ihrem Platz in der letzten Reihe, als wir das Klassenzimmer betreten, und tippt wie wild auf ihrem Handy herum. Sie strahlt das Telefon regelrecht an und ich wünsche, ich könnte einfach zu ihr gehen, mir den Stuhl ihres Vordermanns schnappen und mich auf die andere Seite ihres Pultes setzten, um sie auszuquetschen. Allerdings habe ich Angst, dass es Sasuke ist und die beiden seit der Party in Narutos Haus laufend miteinander schreiben und sich irgendwelche schmalzigen Nachrichten schicken. Wie gerne ich bei dem Gedanken kotzen würde. Hinata zieht mich mit sich zu unseren Plätzen, die sich dank unserer Nachnamen direkt nebeneinander befinden. Mit einem lauten Seufzer lasse ich die Tasche auf meinen Tisch fallen und setzte mich schließlich. „Komisch, ich dachte Naruto sei längst hier“, flüstert mir Hinata zu und schaut sie auffällig-unauffällig um. Er war natürlich nicht mehr da, als wir nach dem Gespräch wieder aus dem Klo kamen, also sind wir davon ausgegangen, er sei bereits vorgegangen, aber scheinbar doch nicht. „Vielleicht holt er sich noch was zu essen“, erwidere ich schulterzuckend und hole mein Schulsachen aus der Tasche. „Mh.“ „Ach komm, er ist es einfach nicht gewohnt so früh hier zu sein und nutzt die Zeit sicher zum Essen. Darauf wette ich mit dir auf … ah ich weiß … auf ein Stück Kuchen im Café um die Ecke.“ Anschließend beginne ich meine Unterlagen im Ordner zu sortieren, um mich ein wenig zu beschäftigen, bis der Unterricht beginnt, denn eigentlich ist bereits alles in der perfekten Reihenfolge. Hinata stupst mich irgendwann an und deutet zur Tür, durch die Naruto gerade kommt, gefolgt von … Sasuke Uchiha. Mein Herz macht einen verräterischen Hüpfer und nur beim Anblick seiner schwarzen Haare, die er sich seit Beginn des Schuljahres wachsen lässt und seinen dunklen Augen, wird mein Mund trocken. Dass ich selbst jetzt noch so auf ihn reagiere, ärgert mich. Allerdings wäre die Alternative in Tränen auszubrechen und laut heulend an ihm vorbei nach draußen zu rennen, ist definitiv die schlechtere Alternative. Also sollte ich lieber froh darüber sein. Ich beobachte genau wohin er schaut und bin überrascht, dass er nur genervt auf Narutos Rücken starrt. Zumindest ein kurzer Blick in Richtung Ino hätte ich schon erwartet. Sasuke lässt sich gleich auf seinen Platz schräg vor Inos fallen, während Naruto durch die Reihen auf uns zu kommt und sich grinsend am Hinterkopf kratzt, als er vor Hinatas Tisch stehen bleibt. „Sorry, dass ich plötzlich weg war.“ Hä? „Sasuke hat mich angerufen und mich angemeckert, warum ich ihm nicht gesagt habe, dass ich heute früher los gehe. Na ja, darum bin ich ihm dann ein Stück entgegengelaufen und hab total vergessen, euch das schnell zu sagen.“ Oh. „A-ach, weißt du, kein Problem“, antworte ich mit einem lockeren Ton. Immerhin weiß er so nicht, dass wir ihn einfach zurückgelassen haben. „Gut, okay. Danke. Wollen wir dafür später zusammen in die Mensa?“ Ich bin mir nicht sicher, was ich darauf erwidern soll und bin froh, dass Hinata das Sprechen übernimmt und sagt: „V-vielleicht solltest du lieber mit Sasuke gehen … sonst wird er wieder sauer. Und das w-wollen wir ja nicht.“ Oha. Ich kann nur schwer ein Lachen unterdrücken und höre, dass es den Schülern um uns herum genauso geht. Narutos Wangen werden leicht rot, was aber nichts im Vergleich zu dem ist, was aus Hinatas Gesichtsfarbe wird. Sie könnte jeder reifen Tomate Konkurrenz machen. „Haha, da könntest du recht haben. Also bis dann.“ So schnell er kann, eilt Naruto zurück zu seinem Platz, um sich zu setzten. Sasuke sagt etwas zu ihm, dass ich von hier aus nicht verstehen kann, aber er wirkt nicht mehr so genervt wie noch bei seinem Auftauchen im Klassenzimmer. Ganz im Gegenteil, er scheint sich – für Sasuke-Verhältnisse – sogar richtig zu amüsieren. Naruto erwidert etwas beleidigtes und verschränkt währenddessen seine Arme vor der Brust. „Wenn du direkt gesagt hättest, dass Naruto unter Sasukes Fuchtel steht, wäre es auch nicht schlimmer gewesen“, sage ich zu Hinata, um mich auf etwas anderes zu konzentrieren. „Mhm.“ „Wieso hast du das überhaupt getan?“ Sie schaut sich kurz um und beugt sich dann so weit es geht zu mir vor. „Ich … ich dachte, es wäre … na ja … auffällig, wenn ich direkt fragen würde, ob Sasuke auch mitkommt. … Das war das erste, was mir als Al-Alternative einfiel.“ Also hat sie Naruto, den Jungen, in den sie schon verliebt war, bevor sie überhaupt wusste, wie sich Liebe anfühlt, deshalb zum Gespött gemacht, weil sie mir helfen wollte? Erneut spüre ich Tränen in meinen Augen (langsam reichts dann aber auch mal wieder), weil es das wundervollste ist, was sie für mich hätte tun können. „Danke“, flüstere ich ihr zu. Hinata lächelt nur schüchtern als Antwort. Der erste Tag nach den Ferien, war wie jeder erste Tag nach den Ferien: überflüssig. Wir haben nicht sonderlich viel gemacht und ich hätte mein komplettes Schulzeug zuhause lassen können, anstatt die gefühlt fünfzehn Kilo mit mir hierher zu schleppen. Aber man weiß vorher ja nie. Immerhin verging er dafür schnell und so stehen Hinata und ich plötzlich schon wieder vor den Spinden, um unsere Schuhe zu wechseln. „Du schuldest mir übrigens ein Stück Kuchen.“ Ich binde mir gerade meine Chucks (die nicht ganz regelkonform sind, aber auch nicht direkt verboten) und schaue zu ihr auf, weil sie bereits fertig mit umziehen ist. „Was?“ „Na ja … wegen der Wette von heute Morgen.“ Es scheint ihr unangenehm zu sein, damit angefangen zu haben, offensichtlich weil ich mich nicht mehr daran erinnern kann. „Ah, ja klar. Willst du gleich gehen?“ „Willst du denn?“ Gute Frage. Ich habe mir den ersten Tag schlimmer vorgestellt, aber Ino hat den ganzen Tag keinen Versuch unternommen mit mir – oder Hinata – zu sprechen. Sie ist in der Pause gleich aus dem Zimmer stolziert und hat sich bei ihren Tischnachbarn nach deren Ferien erkundigt, aber nicht einmal zu uns hinübergesehen. Also zumindest nie, wenn ich sie angeschaut habe. Es wurmt mich doch tatsächlich, dass Ino nicht den kleinsten Versuch unternommen hat, mit mir zu sprechen. Sie hat mir den ganzen Tag die kalte Schulter gezeigt – und damit im Endeffekt genau das gemacht, was ich eigentlich mit ihr tun wollte. Aber abgesehen davon, war der Tag wirklich entspannt. Ich konzentriere mich wieder auf Hinata, die nach wie vor geduldig auf eine Antwort von mir wartet und nicke bestimmt. „Ja.“ Irgendwann muss ich schließlich damit anfangen wieder etwas zu machen und warum nicht dann, wenn ich das Haus sowieso schon verlassen habe? Außerdem haben wir keine Hausaufgaben auf und großartig lernen müssen wir auch noch nicht. Kapitel 2: Weil ich ein Feigling bin ------------------------------------ Geistesabwesend liege ich bäuchlings auf Hinatas Bett und tue so als würde ich über meine Mathehausaufgaben grübeln, während ich eigentlich nur versuche, ihre verstohlen neugierigen Blicke zu ignorieren. Ich weiß, was sie fragen möchte, schließlich würde es mir in ihrer Situation nicht anders gehen. Allerdings habe ich keine sonderlich große Lust, ihr zu erklären, warum ich, statt zum Volleyballtraining zu gehen, plötzlich vor ihrer Tür stand, um meine Hausaufgaben in ihrem Zimmer zu erledigen. Die Antwort darauf ist zwar leicht, aber ich möchte sie dennoch nicht laut aussprechen, da ich ihr sonst gestehen muss, was sie sich wohl sowieso schon denkt: nämlich, dass ich ein verdammter Feigling bin. Anders als Ino, schaffe ich es nicht, mich super entspannt allein zu beschäftigen, wenn ich niemanden habe. Ich bekomme dann durchgängig das Gefühl, die Leute würden mich anstarren und verurteilen, hinter meinem Rücken lästern und sich die skurrilsten Gedanken machen, warum ich allein unterwegs bin. Und was macht Ino? Läuft durch die Gänge und Flure, grüßt hie und da Bekannte und schert sich einen Dreck darum, ob jemand sich darüber lustig machen könnte, weil sie ohne Freunde in die Pause geht. Ach mist, ich vermisse sie. Viel zu sehr, für das, was sie mir angetan hat. Wütend über mich selbst, klappe ich das Mathebuch zu und setzte mich auf. Hinata sieht mich an, mit einem noch besorgteren Blick als ich ihn in Erinnerung habe. „Ich kann mich nicht wirklich darauf konzentrieren“, antworte ich ihr, um sie vom Thema abzulenken. „K-kann ich verstehen“, stimmt sie mir nickend zu und ich sehe in ihren hellen Augen, dass sie noch etwas hinzufügen möchte, aber nicht weiß wie. Also steht sie mit einem mitfühlenden Lächeln auf und geht zum Fenster, um von dort aus auf das gegenüberliegende Haus zu blicken. Das macht sie immer, wenn sie nervös wird und ich muss mir manchmal einen schnippischen Spruch über Stalker verkneifen. Schließlich gehört das Gebäude, auf das sie so gedankenverloren starrt, Narutos Eltern. Und anscheinend beruhigt es sie, zu wissen, dass es überraschenderweise noch dasteht. Ich beiße mir auf die Unterlippe, um diesen Gedanken nicht laut auszusprechen, schließlich kann Hinata nichts dafür, dass mein Herz in tausend Teile zerbrochen ist und ich nichts lieber tun würde, als jedem, der glücklich verliebt sein darf, die Krätze an den Hals zu wünschen. „Wir könnten rüber gehen“, schlage ich deshalb lieber vor, doch Hinata schüttelt den Kopf, ohne ihren Blick abzuwenden. „Warum nicht?“ „W-was sollten wir denn sagen?“, fragt sie mich und ihre Schultern sacken ein bisschen nach unten. „Keine Ahnung? Lernen nervt, uns war langweilig und wir dachten, wir laden uns bei dir ein? Es ist ja nicht so, als hättet ihr sonst keinen Kontakt.“ Hinata schweigt. Sie weiß, dass ich Recht habe und nichts dabei wäre, einfach hinüberzugehen. Aber genau wie ich, ist sie ein Feigling und hat Angst. Und da kann ich ihr nicht einmal einen Vorwurf machen. „Oh!“, ruft Hinata plötzlich und springt regelrecht vom Fenster weg. „Was?!“, erwidere ich und rolle mich vom Bett, um zu ihr zu gelangen. „Ist irgendwas passiert?“, will ich besorgt wissen. Sie schüttelt ihren tiefroten Kopf und stammelt etwas undeutliches vor sich hin, weshalb ich einen Blick durch das Fenster riskiere. Naruto steht hinter einem seiner Fenster und schaut mich mit schräg gelegtem Kopf an. Ich winke ihm lachend zu und überspiele Hinatas peinlichen Abgang hoffentlich gut genug. „Das kann doch nicht das erste Mal sein, dass er plötzlich auftaucht, während du liebestrunken nach drüben starrst“, frage ich sie, immer noch meinen Blick aus dem Fenster gerichtet. „N-natürlich nicht ...“ „Springst du immer so weg?“ „N-“ „Ja, tut sie“, ertönt plötzlich eine Stimme hinter uns. Ich drehe mich um und sehe Hanabi, Hinatas kleine Schwester, das Zimmer betreten. Sie sieht auf den ersten Blick drahtig aus, hat aber einen durchtrainierten Körper. Außerdem hat sie immer einen lockeren Spruch auf ihren Lippen und spricht deshalb oft Sachen aus, die man gar nicht hören möchte. „H-hanabi!“ „Ach komm. Du verhältst dich doch sowieso immer seltsam, wenn es um Uzumaki geht. Da sollte das auch keine Rolle mehr spielen.“ Ich nicke, woraufhin Hinata mir einen bösen Blick zuwirft. „Na ja, wo sie Recht hat, hat sie Recht.“ „W-was brauchst du denn Hanabi?“, wechselt sie schnell das Thema. Die Angesprochene hebt kurz ihre Augenbrauen in meine Richtung, bevor sie sich wieder an ihre Schwester wendet. „Papa kommt heute später. Wie immer. Ich wollte dich fragen, ob wir uns Pizza bestellen und sie an Neji vorbeischmuggeln wollen.“ Bei dem Namen Neji zieht sich eine Gänsehaut über meinen Körper. Neji Hyuuga. Er ist ein Jahr älter als wir, Hinatas Cousin und Kapitän der Fußballmannschaft, zu der auch Naruto und Sasuke gehören. Sein Blick ist eiskalt, ganz anders als der von Hinata, obwohl er die gleiche helle Augenfarbe wie sie hat. Ich laufe ihm ungern über den Weg und wenn ich ihn in der Schule näherkommen sehe, überlege ich mir zwei Mal, ob ich weiterhin in diese Richtung muss oder doch noch abbiegen kann. Hinata geht es da ganz ähnlich, allerdings spricht sie nicht viel über ihn. Hanabi scheint aber im Gegensatz zu ihrer großen Schwester keine Angst vor ihm zu haben. „Ich … ich weiß n-nicht.“ „Sei nicht immer so ein Feigling. Ich würde mich auch mit Thunfisch anfreunden können. Extra für dich“, erwidert Hanabi unberührt. „Willst du auch was, Sakura?“ „Ähm ...“, ich werfe Hinata einen kurzen Blick zu, die gequält aussieht, „ich hätte schon Lust. Aber nicht, dass ihr deswegen Ärger bekommt.“ Hanabi lacht kurz auf und winkt dann ab. „Da musst du dir keine Gedanken machen. Das Einzige, was uns passieren kann, ist, dass Neji uns erklärt, wie ungesund das für unsere Körper sei. Als Sportskanone darf man das schließlich nicht essen.“ Stimmt. Hanabi macht irgendeine Art von Kampfkunst, wenn ich mich richtig erinnere und soweit ich weiß, betreibt Neji neben Fußball noch Karate und Judo. Das erklärt natürlich, warum er das nicht unbedingt mitbekommen soll. „Außerdem musst du dir keine Gedanken machen, dass Papa deswegen wütend auf dich wird. Immerhin bin ich diejenige, die diesen dummen Ernährungsplan einhalten muss.“ „Aber ich bin für dich ver-verantwortlich!“, widerspricht Hinata. Mit einem breiten Grinsen antwortet Hanabi: „Dann bin ich aber verloren. Du kannst ja nicht mal auf dich selbst aufpassen.“ Wie war das nochmal mit ‚Spricht Sachen aus, die man nicht hören will‘? Hinata fühlt sich ertappt und ich weiß bei ihren nach unten gebogenen Lippen, dass sie eingeknickt ist. „G-gut“, sagt sie leise und Hanabi klatscht begeistert in die Hände. „Bis dann.“ Und damit ist sie verschwunden. „Hinata …“, beginne ich vorsichtig, doch sie schüttelt nur den Kopf. „Weißt du, eigentlich hat sie Recht. I-ich hätte furchtbar gern ein St-stück Pizza. I-ich hab nur Angst vor der R-re-reaktion … von Vater und … Neji.“ Das merkt man. Immer wenn sie sich vor etwas fürchtet, wird ihr Stottern schlimmer. „U-und Hanabi k-k-kann mich leider zu … zu leicht überreden.“ „Das musst du anders sehen“, versuche ich es optimistisch, „du hast eine Schwester, die dich gut kennt und dir hilft, deine Sorgen zu umgehen. Du machst es doch schließlich trotzdem. Da solltest du gar nicht so hart mit dir ins Gericht gehen.“ Mit einem Schulterzucken lässt sich Hinata rücklings auf ihr Bett fallen. Ich glaube die Idee, Naruto besuchen zu gehen, werde ich mir für einen anderen Tag aufsparen, wenn sie sich nicht schon wegen einer anderen Sache überwinden muss. Ich bin nur froh – und eigentlich müsste ich mich deswegen schlecht fühlen – dass es noch einen größeren Feigling gibt als mich. Es gab keinen Ärger wegen der Pizza. Hanabi passte haargenau die Zeitspanne ab, in der Neji noch einmal Laufen ging und bis er wieder nachhause kam, waren die verräterischen Überreste und der Karton im Mülleimer der Familie Uzumaki verschwunden. Hinata war immer noch furchtbar nervös als ich ging, aber ich hatte das Gefühl, dass sie auch ein bisschen stolz auf sich war, mitgegessen zu haben. Am liebsten hätte ich nachgefragt, wie es denn sonst lief, wenn Hanabi auf eine solche Idee kam, aber das verkniff ich mir am Ende dann doch. Zumindest kommt sie mir heute wieder besser gelaunt vor, was wohl nicht nur mit dem geheimen Pizzaessen zusammenhängt, sondern der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass Naruto sie zum dritten Mal in drei Tagen auf dem Schulweg begleitet. Dafür ist meine Stimmung auf einem neuen Tiefpunkt, da Sasuke nun ebenfalls mit von der Partie ist. Zu meinem Glück muss ich nur den Weg vom Schultor bis zu den Spinden überleben, weil die Jungs anschließend noch auf Drängen von Naruto in die Mensa gehen. Das reicht aber definitiv, um mir wieder schmerzlich bewusst zu machen, was er und vor allem Ino mir angetan haben. Wie so oft in den letzten Tagen, bin ich nur froh, nicht in Tränen ausgebrochen zu sein. „Sasuke meinte heute Morgen, d-dass er es mit eigenen Augen sehen wollte, ob Naruto wirklich so früh aus dem Haus kommt“, erzählt mir Hinata, als wir endlich allein sind und uns auf dem Weg zum Klassenzimmer machen. „Was glaubt er denn sonst? Dass der Gute dann in die Schule sprintet, um so früh anzukommen?“, erwidere ich mit einem Lachen, bevor mir wieder einfällt, über welches Duo wir gerade sprechen. „Keine Ahnung“, stimmt mir Hinata schmunzelnd zu. Sie sieht meinen veränderten Gesichtsausdruck wohl erst einen Moment zu spät, aber nachdem er ihr auffällt, verfallen wir in ein unangenehmes Schweigen, über das ich mich ärgere. Es gab Zeiten, da mussten wir vor Lachen fast weinen. Hinata, Ino und ich. Jetzt, wo wir nur noch zu zweit sind, merkt man, dass der extrovertierte Teil der Gruppe fehlt. Ich kann es noch immer nicht leiden, dass Ino mir fehlt. Und vor allem nicht, dass sie mir wegen der fehlenden guten Stimmung fehlt. Es sollte ihr schlecht gehen und nicht mir. Und natürlich auch nicht Hinata, die als Außenstehende einfach in diesen (Nicht)streit hineingezogen wurde. Sie wird Ino mir zuliebe wohl auch die kalte Schulter zeigen. Hoffe ich zumindest. Oder sollte ich auch deswegen ein schlechtes Gewissen haben? Schließlich haben die beiden keine Schwierigkeiten miteinander. Aber ich will mir nicht vorstellen, wie sie Nachrichten austauschen, während ich sauer auf Ino bin. Ich möchte, dass Hinata auf meiner Seite steht, sonst wird es über kurz oder lag wirklich kompliziert für mich. „Du, Hinata?“ Wir bleiben stehen und sie schaut mich fragend an. „Sag mal ...“, beginne ich, um Klarheit darüber zu erlangen, wie sie aktuell zu Ino steht, werde aber von einer lauten Stimme unterbrochen. „Haruno!“ Ich drehe mich überrascht um. Tenten, die Kapitänin der Volleyballmannschaft steht hinter mir und schaut mich eindringlich an. „Ja?“, frage ich in der Hoffnung, dass sie den kalten Schauer, der ihr Blick in mir auslöst, nicht bemerkt. „Du hast gestern das Training verpasst“, antwortet sie mir und kommt noch einen Schritt näher. „Ich weiß. Ich hatte dir doch …“ „Mich interessiert deine Ausrede nicht. Mich interessiert nur meine Mannschaft. Und es ist mir auch egal, was zwischen Yamanaka und dir gerade für ein Zickenkrieg herrscht. Ihr habt euch dazu verpflichtet, ein Teil der Mannschaft zu sein und nicht mehr und nicht weniger. Feige den Schwanz einzuziehen, klappt vielleicht bei den Jungs, aber ich erwarte Teamgeist.“ Woher …? „Aber ...“ „Also bleiben dir zwei Möglichkeiten“, unterbricht Tenten mich erneut und hebt ihre Hand, um mit Zeige- und Mittelfinger die Zwei anzuzeigen. „Entweder ihr kommt während des Trainings und der Spiele mit eurem Scheiß klar oder aber ihr klärt das. Die zweite Variante würde ich euch übrigens empfehlen, aber ich misch mich nicht ein, wie ihr das handhabt. Macht es bloß.“ Und damit ist das Gespräch für sie beendet. Ich schaue ihr ein paar Sekunden verdutzt auf den Hinterkopf – wie bekommt sie nur diese seitlichen Dutts jeden Morgen so perfekt hin? - bevor mir ein Gedanke kommt. „Tenten“, rufe ich und beeile mich, ihr hinterher zu kommen. „Ja?“ Sie bleibt stehen und wartet mit verschränkten Armen auf mich. „Und was ist mit Austritt?“ Ein Lachen entweicht ihrer Kehle und sie schüttelt den Kopf. „Kannst du gerne versuchen. Aber ich bin mal gespannt, wie triftig dieser Grund bei unserer Schulleiterin ist, um den Austritt wirklich zu gewähren.“ Und damit ist das Gespräch nun wirklich beendet. Grummelnd sehe ich Tenten nach und beiße mir genervt auf die Unterlippe. Ich liebe Regeln und bin immer dafür, sie genauso einzuhalten, wie sie dastehen (meine Schuhe mal ausgenommen). Aber warum muss die Schule so streng sein, wenn es darum geht unter dem Jahr, einen Club zu verlassen? Ich könnte es natürlich probieren, aber ich kann Tsunade-Senseis Worte schon richtig in meinem Kopf hören: „Sieh es als eine Herausforderung für dein späteres Leben an.“ Und das, nachdem sie mir wohl eine fünfminütige Predigt über das nicht aufgeben gehalten hat. Schade, dass diese Erkenntnis nichts an meiner momentanen Situation ändert. Wie soll ich mit Ino böses Spiel zur guten Miene machen, wenn ich, sobald ich sie sehe, entweder schreien oder heulen möchte? Und für ein klärendes Gespräch bin ich definitiv nicht bereit! Ganz und gar nicht. Also … nicht bereit in dem Sinne, dass ich ein großer Feigling bin und Angst davor habe, was das Ergebnis dieses Gesprächs sein könnte. Denn in jedem Szenario, das mir einfällt, ist unsere Freundschaft auf jeden Fall beendet. Und auch wenn ich weiß, dass sie es sowieso schon ist, weil man nicht mit dem Schwarm der besten Freundin schläft, habe ich, solange es unausgesprochen bleibt, noch immer die Möglichkeit, mir einzureden, dass es sich vielleicht in Luft auflösen wird. Kapitel 3: Weil es eine Falle ist --------------------------------- Die nächsten Tage verbringe ich damit, mir zu überlegen, wie ich Tentens Forderung am besten umsetzte. Jede Idee und Möglichkeit, die mir durch den Kopf geht, klingt falsch und am liebsten würde ich ihr erklären, wie wenig ich auf sie gebe. Es sollte mir egal sein, was sie von mir verlangt. Schließlich ist es meine Entscheidung wie ich damit umgehe. Aber natürlich kann es mir nicht egal sein. Es geht hierbei leider nicht nur um einen Schulklub, sondern auch um meine Zukunft. Ich möchte in ein paar Jahren an einer guten Universität angenommen werden und brauche neben guten Noten im Einstellungstest definitiv noch ein paar Zusatzqualifikationen. Außerdem mag ich den Sport und die anderen Mädchen und ich sehe es eigentlich nicht ein, dass ich mir den Spaß daran nur wegen Ino ruinieren lasse. Hinata merkt mir meine Nachdenklichkeit an und möchte mir unbedingt helfen, eine Lösung zu finden. Am Ende landet sie allerdings jedes Mal bei einer Aussprache, die ich versuche zu umgehen. Warum? Weil ich ein Feigling bin. Deshalb warte ich auch nicht mehr vor dem Schultor auf sie. Und so sollte es mich auch nicht wundern, dass Hinata, Naruto und Sasuke, als sie am Montagmorgen den Raum betreten, mit Ino in ein Gespräch vertieft sind. Kaum bin ich nicht da, schnappt sie sich gleich die Leute, mit denen ich mich gut verstehe. Verbrüderung mit dem Feind nennt sich das. Nein, okay. Das muss definitiv aufhören. Nüchtern betrachtet, kann ich Hinata keinen Vorwurf machen, dass sie nicht einfach eine Freundschaft beendet, nur weil ich ein Problem mit dieser Person habe. Naruto weiß nichts davon und ich habe auch nicht vor, ihn aufzuklären. Sasuke klammere ich hier bewusst aus. Emotional betrachtet, stehen da aber die zwei Menschen, die mich in meinem bisherigen Leben am meisten verletzt haben, direkt nebeneinander und wenn Ino noch einen halben Schritt nach links geht, kann Sasuke sogar an ihren Haaren riechen. Schnell wende ich meinen Blick ab und konzentriere mich auf den alten Kastanienbaum, der vor dem Fenster steht. Die Blätter werden bereits gelb, was seltsam ist, wenn man bedenkt, dass die Sommerferien gerade einmal seit etwas mehr als einer Woche beendet sind. „Guten Morgen, Sakura“, begrüßt Hinata mich und ich kann ihr das schlechte Gewissen ansehen. „Morgen. Na, alles gut?“, will ich wissen und versuche meinen schnippischen Ton zu unterdrücken. „J-ja?“, erwidert sie unsicher. „S-sakura, Ino kam einfach. Und wir haben … haben nicht von dir gesprochen. Ver-versprochen“, flüstert sie mir zu, um mich zu beruhigen. Es beruhigt mich nur leider überhaupt nicht. Es stört mich wie normal die beiden miteinander umgegangen sind und noch viel mehr, dass sie, kaum dass ich nicht mit dabeistehe, sich sofort an Sasuke ranmacht – und ich hatte wirklich einmal gedacht, sie sei meine beste Freundin. „Schon okay.“ Ich möchte sie ungern anmeckern, nur weil sie nicht unhöflich sein konnte. Um ehrlich zu sein, müsste ich es schlimmer finden, wenn sie Ino die kalte Schulter gezeigt hätte, weil es nicht zu Hinata passen würde. Und genau deshalb mag ich sie doch so gern. Deshalb bemühe ich mich um ein Grinsen und schaue Hinata zum ersten Mal an diesem Morgen in die Augen. „Ich hoffe dein Wochenende war schön und das Abendessen nicht zu anstrengend.“ Tief durchatmen, Sakura. Das bekommst du hin. „E-es hat schon gepasst. Ich musste ja nicht viel tun, außer ne-nett zu lächeln.“ Bei diesen Worten schaut sie gequält zur Seite. Hinata hat es noch nie laut ausgesprochen, aber Ino und ich waren schon immer der Meinung, dass sie gerne mehr machen würde, als nur zu lächeln, wenn sie mit ihrem Vater und ihrer Schwester unterwegs ist. Meistens führt Hanabi irgendwelche Gespräche mit Geschäftspartnern der Firma, wenn ihr Vater sie beide vorgestellt hat. Von Hanabi wird das erwartet, von Hinata leider nicht. Dabei geht es nicht einmal um firmenbezogene Diskussionen, sondern schlicht um leichte Konversation, um Interesse am Leben und der Familie des anderen zu heucheln. Hinatas Unsicherheit steht ihr bei solchen Veranstaltungen nur so sehr im Wege, dass sie kaum ein Wort herausbringt und deshalb meistens schweigt und lächelt. „Und es gibt kaum was Hübscheres als dein Lächeln“, antworte ich aufmunternd und stelle fest, dass das sogar stimmt. So betrachtet müssten ihr viel mehr Jungs hinterherlaufen. Aber sie geht wohl einfach in der Menge unter, weil ihr eine gewisse Grundausstrahlung fehlt. „Sag mal, läuft da was zwischen euch?“ Ich springe fast von meinem Stuhl und drehe mich mit zusammengekniffenen Augen zu Naruto um. „Was?“, frage ich und er soll ruhig merken, wie wütend ich bin. Schließlich hat er beinahe einen Herzinfarkt bei mir ausgelöst. „Ob da was läuft? Oder ist das so ein Mädchending, dass man sich random Komplimente über das Lächeln macht?“ „Das ist ein Mädchending“, erwidere ich kurz angebunden. „Und überhaupt, willst du damit sagen, dass Hinata kein hübsches Lächeln hat?“, mischt sich plötzlich eine weitere Stimme ein und meine Wut schlägt sofort in Entsetzen um. Ino steht mit ihren Händen in den Hüften hinter uns und ich versuche ihrem Blick so gut es geht auszuweichen. Mein Herz schlägt schneller und es ist verdammt schwer, die Bilder von dieser Nacht nicht vor meinem inneren Auge abspielen zu lassen. „W-was? Nein. Nein! Gar nicht. Hinata hat ein bezauberndes Lächeln. Echt jetzt!“, ruft Naruto und für eine Sekunde habe ich die Befürchtung, dass die Arme gleich umkippen wird – so wie ihr das in der Mittelschule einige Male passiert ist. Mittlerweile schaut sicher auch die restliche Klasse zu uns. Aber mit einem Seitenblick stelle ich fest, dass sie sich wacker hält. „Dein Glück.“ Ino scheint zufrieden mit dieser Aussage zu sein und zwinkert Hinata mit einem breiten Grinsen zu. Dieses gerissene Miststück. Für einen Moment vergesse ich doch tatsächlich, was aktuell zwischen uns steht und wie sehr sie mich verletzt hat und gratuliere ihr innerlich zur erfolgreichen Umsetzung unseres Plans, den wir zu Beginn des Schuljahrs entworfen hatten. Der da übrigens lautet, Naruto so oft wie möglich in eine Situation bringen, in der er nicht anders kann, als Hinatas positive Seiten zu erkennen. Leider hält dieser Zustand nicht lange und ich werde viel zu schnell wieder in die Wirklichkeit gerissen, in der sie für mein zerstörtes Herz verantwortlich ist. Hinata wippt den ganzen Tag ungeduldig mit ihrem Stuhl und bekommt dadurch doch tatsächlich zum ersten Mal in ihrem Leben eine Verwarnung von einem Lehrer. Mit hochrotem Kopf versucht sie anschließend wie eine Salzsäule ruhig sitzen zu bleiben – man sieht ihr allerdings an, wie schwer es ihr fällt. Ich kann gut erahnen, um was es geht, immerhin sagt der Junge, in den sie verliebt ist, nicht jeden Tag, wie schön ihr Lächeln sei. Hier ist nur nicht der passende Zeitpunkt, um in einen Freudentanz zu verfallen und auch in der Pause wird ihr ein Strich durch die Rechnung gemacht, da Naruto sie und mich dazu überredet, mit in die Mensa zu kommen. Die Szene von heute Morgen erwähnt er nicht mehr, aber er ist doch recht verkrampft. Das ist auch der Moment, indem es mich wie ein Blitz trifft. Ich hatte mir gar keine Gedanken darüber gemacht, weil ich viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt war, allerdings ist es nicht seltsam, dass er es plötzlich so früh aus den Federn schafft? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er das nur macht, um entspannter und früher in der Schule anzukommen. Hat ihn die letzten elf Jahren auch nicht gestört. Die Erklärung, dass es mit Hinata zusammenhängt, erscheint mir da schon viel naheliegender. Das muss ich ihr später unbedingt erzählen, obwohl sie mir das sowieso nicht glauben wird. Egal. Zumindest ein Lichtstreif an meinem trostlosen Firmament und statt mich zu ärgern, dass sich zwischen den beiden vielleicht wirklich endlich etwas anbahnt, versuche ich mich aufrichtig darüber zu freuen. Der Nachmittagsunterricht ist nach dieser Erkenntnis für mich dann auch eine Herausforderung und ich kann nicht schnell genug von meinem Stuhl aufspringen, als es endlich zum letzten Mal an diesem Tag klingelt. „Hinata? Wollen wir noch ins Café gehen?“, frage ich sie eindringlich, sodass ihr schon gar nichts anderes übrig bleibt, als ja zu sagen. Schnell verabschieden wir uns von Naruto – und Sasuke, da er neben ihm steht – und ich ziehe sie förmlich zu dem Raum mit den Schuhspinden. „S-sakura, nicht … nicht so schnell“, sagt Hinata atemlos. Ich bleibe stehen und drehe mich um. „Entschuldige“, antworte ich, falte meine Hände zusammen und verbeuge mich sogar, was ihr ein leises Lachen entlockt. „Aber du brauchst mir gar nicht zu sagen, dass es dich kalt gelassen hat“, fahre ich fort und meine Augenbrauen heben sich auffordernd. „N-nein … natürlich nicht“, gesteht sie mit roten Wangen, „aber … deshalb mü-müssen wir nicht so rennen.“ „Allerdings brauchen wir unbedingt einen neutralen Ort, um darüber zu sprechen.“ Also wechseln wir die Schuhe und laufen zielstrebig zum Straßencafé zwei Blocks weiter. Der Laden ist vor allem bei Studierenden beliebt, weil es freies WLAN gibt. Was ich auch gut finde, nur noch besser ist der Latte, den sie hier haben. Laut dem Slogan sind die Kaffeebohnen direkt aus Kuba und fair gehandelt. Schmeckt man meiner Meinung auch. Wir entscheiden uns für einen Platz draußen in der Sonne und ich rieche auch hier noch den Duft des frisch gemahlenen Kaffees. „So“, beginne ich ernst, „er mag also dein Lächeln.“ Hinata strahlt mich bei diesen Worten an, erwidert aber unsicher: „Musste er doch auch … auch sagen.“ „Kann schon sein. Aber er hat sich schließlich eingemischt, als ich dir ein Kompliment gemacht habe. Was ich übrigens nicht zum ersten Mal getan habe. Und I… andere ebenfalls nicht.“ „Ja, schon.“ Hinata schaut nachdenklich auf die graue Tischplatte und man sieht ihr den Zwiespalt, es einfach zu glauben und Argumente dagegen zu finden, richtig an. „Okay. Aber was ist mit seiner neuen Leidenschaft, dass Haus dann zu verlassen, wenn du auch gehst?“ „… Zufall? Also zumindest am … am ersten M-morgen.“ Ein junger Angestellter unterbricht unser Gespräch und fragt uns, was wir trinken wollen. Ich entscheide mich, selbstverständlich, für eben hochgelobten Latte. Hinata hingegen nimmt einen grünen Tee, da ihr Kaffee nicht schmeckt. Er nickt und schenkt mir ein etwas längeres Lächeln als Hinata, deren Augenbrauen sofort nach oben gehen. Unwillkürlich schaue ich ihm nach und betrachte seine roten Haare, die im Vergleich zu Sasukes irgendwie langweilig wirken (wie das auch immer möglich sein kann – sie sind schließlich rot!). Sein Gang ist eher schlurfend, also bei weitem nicht so selbstsicher wie der von Sasuke. Und von seinen klischeehaften rehbraunen Augen, die mich noch wenige Sekunden zuvor gemustert haben, möchte ich gar nicht anfangen. Super. Sasuke, Sasuke, Sasuke. Ich kann einfach nicht aufhören, über ihn nachzudenken – und mittlerweile vergleiche ich sogar andere Männer mit ihm. „A-also wirst du ihm nicht deine Nummer geben, wenn er dich fragt?“, reißt Hinata mich aus meinen Gedanken und ich überlege kurz, bevor ich antworte. Es hält mich nichts davon ab und in Anbetracht der Tatsache, dass ich Sasuke nicht einmal mehr in die Augen schauen kann, weil ich ihn immer zusammen mit Ino auf dem Bett liegen sehe, wäre es vielleicht ein guter Schritt in eine neue Richtung. Aber dafür bin ich noch nicht bereit. Ebenso wenig wie Ino gegenüberzutreten, um endlich das zu klären, was Tenten möchte, das ich kläre. Obwohl morgen wieder Training ist und ich nicht schon wieder fehlen kann. Die Standpauke möchte ich mir nämlich wirklich nicht anhören müssen. Zumal ich dann nicht garantieren kann, ruhig zu bleiben und mit meiner Kapitänin einen Streit vom Zaun zu brechen, werde ich ebenfalls tunlichst versuchen zu vermeiden. „Ich denke nicht“, erwidere ich und spiele mit dem Zuckerstreuer, den ich in meinen Händen hin- und herdrehe, um Hinata nicht anschauen zu müssen. „Der Arme“, kichert sie plötzlich und nun blicke ich doch wieder auf. Hinata deutet mit dem Kinn zur geöffneten Fensterfront des Cafés, aus der er gerade wieder herauskommt. Ich versuche möglichst desinteressiert zu wirken, als er mir meinen Latte vor die Nase stellt und nach einem kurzen Zögern, während dem ich ihm mit einem verdammt schlechten Gewissen ignoriere, wendet er sich ab und geht zu den anderen Gästen. „Puh“, entweicht es mir. Erneut kichert Hinata und ich habe kurzzeitig das Bedürfnis, ihr mein Getränk ins Gesicht zu schütten. Stattdessen stimme ich nach einem Augenblick einfach mit ein. Ich weiß nicht einmal so genau warum, aber es ist, als würde das Kichern eine Anspannung in mir lösen, die sich in den letzten Minuten unbewusst aufgebaut hat. „Halt“, bringe ich irgendwann schwer atmend heraus. „Wir wollten uns eigentlich über Naruto unterhalten.“ Hinata wirkt bei diesen Worten ertappt und wird rot. Erneut versucht sie mir zu erklären, warum wir da nicht zu viel hineininterpretieren sollten. Allerdings kann sie nicht leugnen, wie sehr sie sein Kompliment heute Morgen gefreut hat, wenn man bedenkt, dass sie dadurch sogar Ärger mit einem Lehrer bekommen hat. Ich habe den Großteil der Nacht wach in meinem Bett verbracht und als ich am nächsten Morgen mehr schlecht als recht aufstehe und ins Bad gehe, fühle ich mich wie gerädert. Ich habe tiefe Ringe unter den Augen und noch immer keine Lösung für mein Problem. Vielleicht sollte ich sagen, dass ich krank bin und heute daheimbleiben. Wäre nicht einmal auffällig, auch wenn Tenten es mir trotzdem nicht glauben würde. Und außerdem bin ich sonst nie krank und nur wegen einem Miststück wie Ino möchte ich diese Quote nicht verschlechtern. Seufzend kämme ich mir durch meine langen rosa Haare und binde sie mir zu einem Zopf zusammen, da sie mir heute offen einfach nicht gefallen wollen. Nachdem ich mir die Zähne geputzt und mich angezogen habe, begebe ich mich nach unten in die Küche und ignoriere meine Mutter, die nach wie vor versucht, durch unauffällig auffällige Fragen, herauszufinden, was vorgefallen ist. Geistesabwesend stochere ich in meinem Rührei, als plötzlich mein Handy vibriert, das ich in meine Rocktasche gestopft habe. Hinata um 7:13 Uhr Ich muss dir unbedingt was erzählen. Können wir uns vor der ersten Stunde auf der vorderen Toilette treffen? Unwillkürlich schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen und ich antworte ihr schnell, bevor ich das Handy wieder wegstecke und aufspringe. „Hey! Willst du nicht aufessen?“, fragt meine Mutter mich. „Ich hab keinen Hunger. Bis heute Abend“, erkläre ich im Rausgehen, schnappe mir meine Schultasche, die ich auf der Kommode neben der Küchentür geparkt hatte und renne fast aus dem Haus. Meine Müdigkeit und die quälenden Gedanken sind wie weggefegt und mir fällt noch nicht einmal mehr auf, dass meine Tasche wegen der Sportsachen schwerer ist als sonst. Vielleicht hat Naruto ihr gestern Abend ja noch geschrieben – oder aber heute Morgen. Vielleicht lädt er sie auf ein Date ein oder aber er hat sie gefragt, ob sie ihm beim Lernen helfen kann. So viele Möglichkeiten gehen mir durch den Kopf und ich freue mich richtig für sie, wenn auch nur eine davon wahr sein sollte. Ich verspüre zwar ebenfalls den Stachel der Eifersucht, weil es bei ihr besser läuft als bei mir, aber sie ist meine Freundin, also versuche ich ihn ganz weit wegzuschieben. Was mir ganz gut gelingt, wenn auch leider nicht komplett. Als ich am Tor ankomme und sehe, dass Sasuke, Naruto und Hinata davorstehen, kommt es aber mit einem Mal komplett wieder zurück und meine Freude für sie verschwindet. Mit einem entschuldigenden Lächeln begrüßt sie mich, während Naruto mir mit seiner Hand freundschaftlich auf den Rücken schlägt, es aber so übertreibt, dass ich zwei Schritte nach vorne machen muss. „Idiot“, kommentiert Sasuke das Ganze und nickt mir zu, was ich atemlos erwidere. Wieso muss er auch so gut aussehen? Und wieso muss ich schon wieder an die Nacht denken, in der er mit Ino geschlafen hat? Am liebsten würde ich mich umdrehen und einfach wieder gehen, doch Hinatas Nachricht macht mich so neugierig, dass ich meinen Fluchtinstinkt unterdrücke und mit ihnen gemeinsam ins Innere der Schule laufe. Bei den Spinden stellt sich Sasuke plötzlich neben mich, die Arme vor der Brust verschränkt und schaut mich an. Es hat mir schon immer eine Gänsehaut bereitet, wenn er das in der Vergangenheit gemacht hat, aber jetzt ist es mir regelrecht unangenehm. „Sag mal, Sakura“, beginnt er nach ein paar Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, „du schreibst doch auch immer mit, richtig?“ Ich nicke. Und wieder bleibt mir die Luft weg. „Gut. Dieser Trottel da drüben“, mit dem Kinn deutet er nach vorne, wo Naruto bereits steht und auf uns wartet, „hat gestern seine Ramen über meinen Englischnotizen verschüttet. Könnte ich mir deine kopieren?“ Okay, das fühlt sich gerade seltsamerweise wie ein Schlag in die Fresse an. Ich öffne meinen Spind und nehme meine Schuhe heraus, um mir ein wenig Zeit zum Denken zu verschaffen. Doch das Einzige, was mir einfällt ist ein giftiges: „Frag doch Ino.“ Ich weiß nicht mal, warum ich das gesagt habe, und am liebsten würde ich mir dafür eine Ohrfeige verpassen, doch weil ich den Schein wahren muss, wechsle ich gespielt entspannt meine Schuhe und schlage die Tür des Spinds zu, bevor ich mich kommentarlos wegdrehe und mich bei Hinata unterhake, die neben uns wartet. „Oh Gott“, flüstert sie nur und möchte einen Blick über ihre Schulter riskieren, um Sasukes Gesicht zu sehen, aber ich drücke ihren Arm fest gegen meinen Körper, sodass sie es sein lässt. „Lächeln und winken“, erwidere ich. „J-ja.“ Naruto blinzelt nur, als wir an ihm vorbei gehen und ich schenke ihm ein unechtes Lächeln. Ich höre noch wie er fragt: „Was hast du denn angestellt?“ als Sasuke anscheinend neben ihm auftaucht. „Na super“, flüstere ich, als wir außer Hörweite sind und lasse Hinatas Arm los. „Wollten wir uns nicht auf der Toilette treffen?“ Wir stehen direkt vor der Tür und ich versuche möglichst unauffällig das Thema zu wechseln. „Ähm … ja, aber S-sasuke meinte, er müsse dich was fragen und … und darum haben wir gewartet“, erklärt sie mir. Oh wie toll … „Warn mich das nächste Mal bitte vor.“ „H-hab ich. Schau auf dein Handy.“ Ich möchte es gerade herauskramen, als Hinata plötzlich ein ersticktes Stöhnen von sich gibt. „Was?“, frage ich und schaue ihr in die Augen. Hinata erwidert den Blick entschuldigend und perplex öffne ich den Mund, um genauer nachzufragen. Doch als ich Schritte hinter mir höre, wird mir klar, dass jemand auf uns zu kommen muss, von dessen Anwesenheit ich nicht begeistert sein werde. Die Person bleibt stehen und räuspert sich. Ein Räuspern, das ich leider nur zu gut kenne. Ich drehe mich um und vor mir steht Ino, die Hände in ihre Hüften gestemmt – so wie gestern. Ihre typische, einschüchternde Pose. Als wir jünger waren und ich wegen meiner breiten Stirn von den anderen aufgezogen wurde, hat sie sich auch immer so hingestellt. Allerdings vor mich und ich war jedes Mal froh, nicht die Person sein zu müssen, der diese Haltung galt. Das kann ich gerade allerdings nicht behaupten. „Sakura Haruno. Wir werden reden. Jetzt!“ Kapitel 4: Weil es meine Schuld ist ----------------------------------- „Ähm …“, beginne ich nicht gerade schlagfertig und überlege, ob ich es in die Toilette schaffe, um ihr aus dem Weg zu gehen. Allerdings würde ich darin nicht weiterkommen und sie mir wahrscheinlich hinterherrennen, also bringt das eh nichts. Ansonsten kann ich nur hoffen, dass bald einige Schüler vorbeikommen, die dieses Gespräch herauszögern. Auf Hinata sollte ich mich schließlich nicht mehr verlassen. So wie sie mich gerade angeschaut hat, war diese Nachricht vorhin eine Falle. „Also, was zum Teufel ist mit dir los?“, beginnt Ino wütend und ohne Umschweife. Ich beiße mir auf die Unterlippe und meine Hände verkrampfen sich zu Fäusten. Wie kann sie immer noch so tun, als würde sie es nicht wissen? „Alter, Sakura. Willst du mich verarschen? Normalerweise schreist du mich sofort an, wenn dir was nicht passt. Also was soll diese Scheiße?“, bohrt sie weiter nach, aber ich sage noch immer nichts. Ich höre, durch das Quietschen der Schuhe, wie Hinata hinter mir auf und ab wippt. Es macht mich fast verrückt und am liebsten würde ich mich umdrehen und ihr das sagen, damit sie endlich damit aufhört. Wieso hat sie mir das nur angetan? „Rede endlich mit mir“, fordert Ino weiter und kommt einen Schritt auf mich zu. Ich schaue auf und starre ihr mit Wuttränen in den Augen entgegen. Sie bleibt stehen, die Überraschung in ihrem Blick ist kaum zu übersehen. „Sakura …“, versucht sie es, plötzlich einfühlsamer. Ich halte es langsam nicht mehr aus. Ich möchte nur, dass sie von sich aus zugibt, was sie getan hat. Stattdessen macht sie jetzt … das?! "Du hast mit ihm geschlafen!", schreie ich aus reinem Frust und genau in diesem Moment laufen ein paar Mädchen an uns vorbei. Ino eilt zu mir und zieht mich in die Toilette. Ich bin so perplex, dass ich es einfach mit mir machen lasse. Sobald wir drinnen sind und Hinata die Tür wieder hinter uns geschlossen hat, reiße ich mich aber von ihr los und versuche mich an einem tödlichen Blick. "Was? Warte ... woher ...?" Ino schaut mich fassungslos an. "Scheiße nochmal. Weil ich zur selben Zeit im Raum war." Es dauert kurz, Ino blinzelt ein paar Mal, dann lacht sie los. Nun bin ich es, die ungläubig blinzeln muss. Sie lacht? Sie lacht! Hallo? Gehts noch? "Fick dich, Ino!", rufe ich wie eine Furie und muss mich zurückhalten, um nicht auf sie loszugehen und ihr die Augen auszukratzen. Meine Reaktion lässt auch sie wieder ernst werden. „Alter, Hinata meinte zwar, dass wir das dringend klären müssen, aber ich wusste nicht, dass du nur wegen Sex so ausrasten würdest“, erwidert sie fassungslos. Das wird ja immer besser. Hinata muss ich mir später unbedingt auch noch vorknöpfen. „Nur wegen Sex? Nur? Du Miststück. Du wusstest, dass ich in ihn verliebt bin! Das war nicht nur Sex. Es war Sex!“ „Jetzt pa-“, beginnt sie, unterbricht sich und fährt fort: „Was?!“ Ich werfe die Hände in die Luft und würde am liebsten vor Wut losweinen – oder schreien. Unfassbar, dass sie noch immer die Unwissende mimt. „Ich hab gesehen, wie du mit Sasuke geschlafen hast. Verdammte scheiße nochmal.“ „Warte … Was?!“, wiederholt sie, nun eindringlicher. Und dann: „Sag mal, spinnst du jetzt vollkommen? Ich würde niemals, wirklich niemals, mit Sasuke in die Kiste springen. Egal wie voll ich bin! Oder stoned oder was auch immer!“ Ihre Stimme wird zum Ende hin schriller. Hinata hinter mir quiekt leise und erinnert mich daran, dass sie auch noch da ist. Ich würde mich ja gerne schämen, weil wir so unverblümt über Sex, Alkohol und Drogenkonsum sprechen, aber gerade ist es mir wirklich verdammt egal, was ihre armen, unschuldigen Ohren zu hören bekommen. „Hör endlich auf die Unwissende zu spielen. Ich hab euch doch gesehen.“ Langsam geht mir die Kraft aus, ständig gegen ihr Lügengebilde zu argumentieren. Aber sie wollte reden, also reden wir jetzt eben. „Okay. Hör zu, du dumme Kuh. Ich habe nicht, ich wiederhole, nicht mit Sasuke gevögelt. Der Typ heißt Sai, geht auf eine Kunsthochschule und wurde von Naruto mal fast umgefahren, weil der Trottel sein Fahrrad nicht unter Kontrolle hat. Und wenn du mir nicht glaubst, hier.“ Ino hat während der Erklärung, die bei mir noch nicht angekommen ist, ihr Smartphone herausgeholt und hält mir ihren Sperrbildschirm unter die Nase. „Das ist Sai. Sag hallo zu Sai“, fordert sie mich angepisst auf und ich starre fassungslos einen jungen Mann an, der gemeinsam mit Ino in die Kamera lacht. Er hat schwarze Haare und eine ähnlich helle Haut wie Sasuke. „Aber …“, beginne ich. Immer noch unfähig, das gerade erfahrene wirklich zu verarbeiten. Hinata stellt sich neben mich und begutachtet ihn. „E-er sieht Sasuke von hinten sicher … sicher nicht unähnlich. Gerade die Frisur“, flüstert sie. Schön, wie nüchtern sie das betrachten kann. „Ich fasse es nicht, dass du mir das wirklich zutraust“, reißt Ino mich aus meiner Starre und klingt ehrlich verletzt, weshalb sich in mir ein schlechtes Gewissen breit macht. Wenn das stimmt, dann bin ich die mieseste Freundin aller Zeit. Wenn. Das muss gar nicht heißen, schließlich … „Aber … aber ich hab ihn doch … hoch laufen sehen. Kurz vorher“, erwidere ich stotternd, um mein letztes Argument hervorzubringen. Ich wünschte, es würde selbstbewusster klingen. „Keine Ahnung. Untere Toilette war dicht? Er wollte bei Naruto im Zimmer pennen? Was weiß ich. Ich kann dir aber sagen, dass er mich sicher nicht durchgevögelt hat. Und ich ihn auch nicht.“ Ino steckt ihr Handy wieder weg, bleibt einen Moment unschlüssig stehen, geht allerdings, als sie realisiert, dass ich nichts mehr sage. Ich wüsste auch gar nicht was. Eine Entschuldigung ist sicher angebracht, nur bin ich dazu aktuell nicht in der Lage. Ich kann noch immer nicht glauben, was sie mir gerade erzählt hat. „Wir sehen uns“, sagt sie und lässt Hinata und mich allein in der Toilette stehen. Ich drehe mich so, dass ich nicht in die Spiegel an der Wand schauen muss, und warte darauf, dass Hinata die Stille bricht. Sie tut es allerdings auch nicht. „Bin ich wirklich so eine dumme Kuh?“, flüstere ich irgendwann und würde mich am liebsten hinsetzten. Allerdings möchte ich mich nicht auf die kalten Fliesen einer Schultoilette niederlassen, weshalb ich dieses Bedürfnis verdränge. Hinata antwortet noch immer nicht, also schaue ich ihr in die Augen, um zu erfahren, was sie darüber denkt. Sie blickt mich aber nur mitfühlend an – etwas, das ich gerade wirklich gebrauchen kann, aber vielleicht gar nicht verdient habe. „Bin ich eine dumme Kuh?“, wiederhole ich und merke, wie die Tränen darum kämpfen, endlich über meine Wangen fließen zu dürfen. Dieser verletzte Blick von Ino, weil ich ihr so etwas grausames zugetraut habe, schmerzt mehr als jedes gebrochene Herz der Welt. Zumindest kommt es mir gerade so vor. Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich das wirklich einmal tun würde, aber im Moment sitze ich im Krankenzimmer auf einem der Betten und lasse mir den Blutdruck von Shizune, einer netten, braunhaarigen Krankenschwester, messen. Mir geht es nicht schlecht oder so, aber im Gegensatz zum ersten Schultag, als ich noch der festen Überzeugung war, Ino hätte mit Sasuke geschlafen, habe ich dieses Mal keine Wochen Zeit, um es verarbeiten zu können. Und dieser Streit mit Ino ging und geht mir wirklich unter die Haut. Ich weiß noch immer nicht, ob sie die Wahrheit gesagt hat – und das nicht, weil ich nicht weiß, ob ich ihr glauben kann, sondern, da das bedeuten würde, dass ich die letzten Wochen völlig umsonst scheiße drauf war. Irgendwie eine sehr ernüchternde Sache, wenn man so darüber nachdenkt. „Dein Blutdruck ist okay. Nur dein Puls ist recht schnell, aber nichts worüber man sich Sorgen machen müsste. Ruh dich einfach aus und in einer halben Stunde messe ich noch mal, falls es dir dann nicht besser geht“, erklärt mir Shizune mit einem freundlichen Lächeln und reißt mich so aus meinen Gedanken. „D-danke“, erwidere ich, ziehe meine Schuhe aus und lege mich auf das Bett. Ich spiele, ähnlich wie Hinata manchmal, wenn sie nervös ist, mit meinen Fingern, verknote sie regelrecht und starre auf die weiße Decke, die voller kleiner Löcher ist. „Falls du was brauchst, ich bin nebenan im Büro“, verabschiedet Shizune sich. Ich möchte gern meinen Mund aufbekommen, aber dazu bin ich aktuell nicht fähig, also entweicht mir so etwas wie ein ‚Mhhh‘. Ich höre sie weggehen und kurz darauf eine Tür sich öffnen und wieder schließen. Endlich allein, atme ich ein paar Mal tief durch und versuche schließlich meine Gedanken vernünftig zu sortieren. Ich habe mich in den letzten Wochen so in diesen Verrat hineingesteigert, dass ich noch immer nicht begreifen kann, dass ich möglicherweise – oder eigentlich sicher – falsch damit lag. Inos Erklärungen wollen nur einfach nicht komplett zu mir durchdringen und ich suche weiterhin nach der Bestätigung, die mir sagt, dass ich doch richtig liege. Aber warum? Sie konnte mir sogar ein Bild vom dem Typen zeigen, mit dem sie geschlafen hat. Ihr Entsetzen war viel zu gut, um gespielt gewesen zu sein. Also wieso kann ich nicht akzeptieren, dass ich es war, die unsere Freundschaft an die Hauswand gefahren hat …? Weil es bedeuten würde, meine Schmerzen, die Tränen und die Wut der letzten Wochen waren sinnlos. Ich drehe mich zur Seite und eine Träne rinnt mir aus dem Augenwinkel. Das ist einfach zu viel. Zu viel Drama, zu viele Emotionen. Kann ich bitte mein stressfreies, normales Leben wieder haben? Eine Zeit vor der Party, in der mein größtes Problem war, nicht zu wissen, wie ich am besten mit Sasuke ein Gespräch anfangen soll, wenn wir allein auf die anderen gewartet haben? Bitte? Danke. Natürlich weiß ich, dass das nicht möglich ist, aber auch das kann und will ich nicht wahrhaben. Sobald es wahr wird, bedeutet es, dass ich mich damit auseinandersetzen muss. Und wie ich eindrucksvoll beim Umgehen eines Gesprächs mit Ino gezeigt habe, möchte ich mich nicht mit richtigen Problemen auseinandersetzten. Aus diesem Grund habe ich mich auch von Hinata ins Krankenzimmer bringen lassen. Da ich sonst nie den Unterricht schwänze und ich dank des wenigen Schlafes sowieso schrecklich aussehe, hat Shizune mir die Magenschmerzen und den Schwindel sofort abgekauft und mir befohlen, mich solange auszuruhen, bis es besser ist. Im Notfall würde sie mich auch nachhause bringen. Ich fühle mich richtig mies, dass ich sie angelogen habe und ihre Gutmütigkeit ausnutze, aber noch schlimmer wäre es wohl, den ganzen Tag mit Ino in einem Raum zu verbringen und Stück für Stück zu realisieren, dass es meine Schuld ist, dass wir nichts mehr miteinander zu tun haben. Nach einer Weile, in der ich mich in Selbstmitleid suhle und die Erkenntnis immer realer wird, geht die Tür zum Flur auf und ich höre Schritte näherkommen, kurz bevor Hinata in mein Blickfeld gelangt. Sie lächelt mich freundlich an, zieht einen Stuhl an mein Bett und lässt sich darauf nieder. „Kakashi-Sensei wollte, dass ich nach dir schaue. Er m-meinte, wenn es dir nicht besser geht, sollst du lieber heim.“ Ich nicke, drehe mich wieder auf den Rücken und betrachte die vielen Löcher an der Decke mit einem ungewöhnlich starken Interesse. „Und Tenten hat sich nach dir erkundigt“, fährt sie fort, während ich aus dem Augenwinkel sehe, wie sie sich auf dem Stuhl unbehaglich hin und her bewegt. „Oh man“, flüstere ich und setze mich nun doch auf. Ich ziehe meine Beine an den Oberkörper, umschlinge sie mit meinen Armen und lege das Kinn auf meine Knie. Wäre ich heute Morgen einfach gleich daheim geblieben. „Was hast du gesagt?“, frage ich nach kurzem Schweigen. „D-das du dich unwohl fühlst und im Krankenzimmer liegst. Dann wollte sie noch wissen, ob … ob du heute zum Training ko-kommst.“ Oh Gott. Wieso kam mir das nicht gleich in den Sinn, als sie von Tenten anfing? Heute ist Dienstag und das bedeutet, wir haben Training. Wenn ich die Ankündigung am schwarzen Brett richtig gesehen habe, ist Freitag sogar eine zusätzliche Einheit zu heute und Donnerstag. Ich war so darauf konzentriert, Ino im Klassenzimmer nicht zu begegnen, dass ich mein ursprüngliches Hauptproblem, Volleyball-AG, schlicht und ergreifend vergessen habe. „Und?“, bohre ich nach, da Hinata keine Anstalten macht, mir ihre Antwort zu offenbaren. „Ich hab … ich hab mit den Sch-schultern gezuckt und bin … na ja … abgehauen“, erwidert sie nach kurzem Zögern. Mein Kopf schießt in die Höhe und ich starre sie ein. „Dein Ernst?“ Hinata nickt und ihre Wangen werden rot. Eigentlich ist mir überhaupt nicht danach, aber allein bei dem Gedanken, wie sie von Tenten wegrennt, muss ich anfangen zu lachen. Dadurch wird Hinata noch roter und zieht ihren Kopf beschämt ein. „Ah … sorry“, bringe ich zwischendurch heraus und versuche mich zusammenzureißen. „Ich wollte dich nicht auslachen. Aber … aber du hast Tenten einfach im Gang stehen lassen“, versuche ich meinen Ausbruch zu erklären. „Das wird ihr wohl nicht so oft passieren.“ Kaum habe ich den Satz beendet, muss ich wieder lachen. Diese Szene wird wohl ein Bild für die Götter gewesen sein, auch wenn Hinata es aus Mangel an Antworten getan hat. Nun könnte ich schwören, dass sich so etwas wie ein stolzes Lächeln auf ihre Lippen schleicht. So gefällt mir das schon besser. Es dauert ein paar Minuten, bevor ich mich wieder beruhigt habe. Als ich endlich tief durchatme und mich soweit wieder unter Kontrolle habe, dass ich nicht sofort den nächsten Lachanfall bekomme, wird mir plötzlich bewusst, dass Shizune noch im Nebenraum sein müsste. Nachdem der Aufruhr, den wir hier allerdings in den letzten Minuten veranstaltet haben, keine Reaktion von ihr hervorgerufen hat, scheinen wir entweder gar nicht so laut zu sein oder sie ist gar nicht mehr im Büro. Hinata schweigt, während ich darüber nachdenke und als ich schließlich wieder in der Gegenwart ankomme, fällt mir noch etwas ein. „Sag mal, wusstest du von Sai?“, frage ich nach kurzem Zögern. „Nein“, antwortet sie mir überrascht. „Aber du hast mit Ino geschrieben?“, hake ich nach und stelle endlich die Frage, die ich schon seit Tagen loswerden möchte. „N-nicht wirklich“, erwidert Hinata und starrt auf ihre Hände, „seit dem … dem Abend der Party nicht mehr wirklich.“ Es wirkt so als wolle sie noch etwas sagen, weshalb ich, statt weiter nachzubohren, versuche geduldig darauf zu warten, was noch folgen wird. „Um … um ehrlich zu sein“, fährt Hinata nach einer längeren Pause fort, „habt ihr beide mich in den Sommerferien ganz gut ignoriert. Ino wegen S-sai und du … also ich nehme es dir nicht übel oder so. Deine Mutter meinte, als ich anrief, dass du niemanden hören oder sehen willst.“ Oh Gott, sie wird mir jetzt ihr Herz ausschütten. Darauf hatte ich mich bei dieser Frage definitiv nicht vorbereitet und mein schlechtes Gewissen wird noch schlimmer. „Ich war ein bis- bisschen enttäuscht, auch wenn ich mit meinen Eltern im Urlaub war, hatte ich gedacht, du … du würdest auf Urlaubsbilder antworten oder so. Ino hatte mir immerhin ein paar Smileys geschickt oder ein ‚Was für ein Ausblick! Bin neidisch!‘. Aber das wollte ich gar nicht sagen, entschuldige. Es musste nur mal raus.“ Ich nicke niedergeschlagen und fühle mich noch ein Stück mehr wie Scheiße. „Als du mir dann erzählt hast, was Ino anscheinend getan hatte, wollte ich dir natürlich zur Seite stehen. Wenn … wenn ich überlege, dass … du weißt schon … d-du o-o-oder Ino das mit … mit … Jedenfalls“, fährt sie fort, da sie nicht dazu in der Lage ist, den Satz laut auszusprechen, „wollte ich aber auch nicht einfach so zusehen, wie du diese wundervolle Freundschaft wegschmeißt und ich konnte es mir auch einfach nicht vorstellen. Deshalb habe ich ihr geholfen, als sie mich am Wochenende angeschrieben hat. I-ich hab natürlich nichts verraten. Ino hat aber auch nicht gefragt. Ich denke … sie wollte es direkt mit der klären?“ Ich glaube, so viele Sätze auf einmal sind Hinata noch nie über die Lippen gekommen, nicht einmal bei einem Vortrag. Für mich sind das aber auch nochmal Worte, die ich verdauen muss. Ich habe mich in den letzten Wochen als richtig miese Freundin erwiesen und dass ich mir gewünscht habe, Hinata hätte keinen Kontakt mehr mit Ino, macht das Ganze auch nicht besser. Mit meinem Selbstmitleid und dem unnötig gebrochenen Herzen, habe ich sie verletzt. So überflüssig. Aber das wusste ich da schließlich nicht. Ich muss sogar den Drang unterdrücken, mich zu rechtfertigen, weil es das nicht besser machen würde und ich eigentlich froh sein sollte, dass Hinata mir ihr Herz geöffnet hat. Nur kann ich mit dieser Kritik, oder wie ich das nennen soll, gerade nicht umgehen, weshalb ich nur nicke und auf meiner Unterlippe herumkaue. „W-was machst du jetzt wegen … wegen Ino?“, fragt Hinata. Ich überlege einen Moment. Ich liebe Ino, sie ist meine beste Freundin und der Mensch, der mir immer zur Seite stand, wenn irgendjemand Mist über mich erzählt oder sich mir gegenüber scheiße verhalten hat. Dass ich ihr dann trotzdem so etwas zugetraut habe, verdeutlicht mir, wie unsicher ich tatsächlich bin und das tut weh. Allerdings kann und will ich sie wegen eines solchen Missverständnisses nicht verlieren. Egal wie schwer es mir fällt, mir den Fehler einzugestehen und wie viel Angst ich davor habe, mich mit ihm auseinanderzusetzen. Ino hat Besseres verdient. „Ich will mich bei ihr entschuldigen“, antworte ich schließlich. „Nicht heute, da ich noch nicht weiß wie, aber ich will sie nicht verlieren. Also muss mir was verdammt gutes einfallen.“ Kapitel 5: Weil es weitergehen muss ----------------------------------- Hinata habe ich für den Anfang als Wiedergutmachung fünf Besuche in unserem Lieblingscafé geschenkt – etwas mit dem sie nicht gerechnet hat und gleichzeitig viel zu wenig ist. Ino stellt sich allerdings als eine ganz andere Größenordnung dar und immer, wenn wir uns an den folgenden Tagen zufällig anschauen, versuche ich ein Lächeln, das verkrampfter nicht sein könnte. Sie hingegen wirft mir einen wütenden Blick zu und wendet sich dann wieder von mir ab. Ich habe ihr mehr als nur weh getan und mir ist auch bewusst, dass ich ihre Reaktion definitiv verdient habe. Dafür, dass ich mich mit Sasuke um den Klassenbesten streite, bin ich manchmal wirklich eine dumme Kuh. Sasuke gehe ich übrigens aus dem Weg so gut ich es hinbekomme. Mein Wutausbruch ist mir unglaublich peinlich und ich will am liebsten im Boden versinken, immer wenn ich daran denke. Hinata zieht mich die folgenden Tage durch die Schule, weil ich kaum dazu in der Lage bin, mich in irgendeine Richtung zu bewegen, sobald ich ihn sehe. Was, dafür, dass ich ihm aus dem Weg gehen will, viel zu oft passiert. Wieso habe ich mich nochmal zu Beginn des Schuljahres darüber gefreut, in die gleiche Klasse wie er gekommen zu sein? Ach ja, weil damals noch alles gut war. Damals … vor fünf Monaten. Mittlerweile habe ich die beste Freundschaft, die ein Mensch haben kann, in den Sand gesetzt, dem Jungen, auf den ich stehe, meine uncharmante, zickige Seite gezeigt und eine Vorliebe fürs Drücken entwickelt. Zumindest gegen das Dritte möchte ich heute aber endlich etwas machen. Tentens Ansprache steckt ebenfalls noch in meinen Knochen und nachdem ich keinen Grund mehr habe, das Volleyballtraining zu schwänzen – außer um Inos tödlichen Blicken aus dem Weg zu gehen – werde ich mich endlich wieder in die Sporthalle begeben, um zum ersten Mal seit gut sieben Wochen Sport zu betreiben. Das ist der nächste Punkt, den ich dank meiner Selbstmitleidsphase nicht bedacht habe. Kondition verschwindet, wenn man nicht kontinuierlich an ihr arbeitet. Und das ist, wenn man weinend im Bett liegt und das Gefühl hat, jederzeit an Herzschmerz sterben zu können, nicht machbar. Okay, vielleicht habe ich doch einen Grund, nicht hinzugehen. Zumindest bereitet es mir Bauchschmerzen, wenn ich daran denke, wie Tenten mich fertig machen wird, sobald sie merkt, dass ich mich nicht an den Bewegungsplan für die Ferien gehalten habe (ich danke meinem Siebhirn dafür!). Ich bekomme allerdings auch Ärger mit ihr, wenn ich nicht hingehe. Im Endeffekt kann es mir also egal sein. Allerdings muss ich den Scheißhaufen, den ich derzeit mein Leben nenne, irgendwie abbauen und da erscheint mir das Training am leichtesten. Und vielleicht, nur vielleicht, lässt auch Ino sich schlussendlich erweichen und versucht nicht länger mich mit ihren eiskalten blauen Augen zu erdolchen. Allein bei dem Gedanken bekomme ich Gänsehaut und Hinata, die seit geschlagenen zwanzig Minuten still neben mir sitzt, schreckt auf. „I-ist dir kalt?“, fragt sie vorsichtig und ich schüttle den Kopf. Anscheinend zittere ich bei dem Gedanken sogar. Seufzend vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen und lehne mich gegen die Wand. Wir sitzen unter einer der vielen Treppen und warten darauf, dass es Zeit wird, zur Turnhalle zu laufen. Hinata hat mir versprochen, mich zu den Umkleiden zu begleiten, damit ich nicht im letzten Moment kneife. Dafür hat sie sogar die Gelegenheit ausgelassen, Naruto nachhause zu begleiten. Ich habe diese Freundschaft nicht verdient. Absolut nicht. Und die fünf Cafeeinladungen sind auch nicht genug. Bei weitem nicht. „Wir sollten langsam los“, reißt mich Hinata erneut aus meinen Gedanken und ich nicke knapp. Mein Magen fühlt sich an als würde sich darin ein Vergnügungspark befinden und von dem Blei in meinen Beinen möchte ich gar nicht erst anfangen. Ich komme mir vor wie auf dem Weg zum Schafott, während wir das Schulgebäude verlassen und einmal quer über den Außensportplatz laufen, um zur Turnhalle zu gelangen, die sich wie ein unheimlicher grauer Kasten in die Höhe erstreckt. Hinata bleibt an der Tür stehen, lächelt mir aufmunternd zu und ich warte fast darauf, dass sie mir ihre erhobenen Daumen entgegenstreckt. Allerdings ist es Hinata und sie macht solche dämlichen Sachen nicht – anders als Naruto. „Du machst das sch-schon“, versucht sie mich noch mit Worten aufzumuntern und ich nehme meinen ganzen Mut zusammen, öffne die Tür und betrete den nur von künstlichem Licht erhellten Flur, der mich zu den Umkleidekabinen führen wird. Hinata steht da und ich weiß, dass sie mich mit einem besorgten Blick beobachtet, während der Schlitz zwischen Tür und Rahmen immer kleiner wird und sie schließlich mit einem lauten Knall ins Schloss fällt. Weg zum Schafott, sag ich doch. Die Mädels vom Volleyballteam ziehen sich immer in der dritten Kabine um und vor dieser stehe ich viel zu schnell. Ich schließe meine Augen, hole tief Luft, stelle mir tausend Dinge vor, die mir Tenten antun könnte und überlege, ob ich nicht einfach wieder gehen soll. Aber es muss weitergehen. Ich kann mich nicht noch länger verstecken! Deshalb atme ich noch einmal tief ein und aus, lege meine Hand auf die Türklinke und drücke sie nach unten. Das erste, was mir entgegenschlägt, ist der Geruch von Schweiß und Deo, der nie vollständig aus den schmalen Umkleidekabinen verschwindet. Erst danach nehme ich die Geräuschkulisse, kichern und tratschen, wahr. Einige der Mädchen (manche Namen kenne ich gar nicht) haben sich bereits eingefunden, sind schon mit dem Umziehen fertig und gerade dabei ihre Pferdeschwänze festzuziehen oder ihre Taschen in den Spinden zu verschließen. Ich suche mir einen Spind gleich an der Tür, um ein wenig abseits der anderen zu stehen und genügend Raum für meine Gedanken und mich zu haben. Dennoch kann ich es mir nicht verkneifen, mit einem halben Ohr dem Gespräch zu folgen, während ich aus meinen Schuhen schlüpfe und mir den Rock abstreife. Normalerweise würde ich jetzt mit Ino einen vielsagenden Blick wechseln und schweigend über die anderen und ihre Worte urteilen. Leider steht Ino nicht neben mir und die Themen sind kaum ein Augenrollen wert (waren sie das überhaupt jemals?). Ich verknote gerade meine Schuhe als das Gespräch der anderen auf das kommende Wochenende und das erste Fußballspiel nach den Sommerferien fällt. „Du bist doch sicher dabei Shion“, sagt eine der Namenlosen und aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sie vielsagend ihre Brauen hebt. „Mal schauen. Ich soll am Wochenende im Schrein aushelfen.“ „Schleich dich raus“, erwidert eine andere und an diesem Punkt kann ich mir das Augenverdrehen doch nicht verkneifen. „Was ist mit dir, Sakura?“, ruft Tayuya zu mir rüber und ich setze mein schönstes, falsches Lächeln auf, bevor ich meinen Kopf zu ihnen drehe. „Hinata und ich wollten vorbeischauen, also ja“, antworte ich, bemerke einen kurzen Austausch der Blicke bei den anderen und widme mich anschließend wieder meiner Sportsachen, um sie im Spind zu verschließen. Ich achte nicht weiter auf das was folgt und mache innerlich drei Kreuze als Temari, unsere beste Spielerin, die Umkleide betritt. „Haruno. Schön, dass du dich auch mal wieder blicken lässt“, begrüßt sie mich und klopft mir im Vorbeigehen auf die Schulter. Ich möchte gerade etwas erwidern, als Ino hinter ihr den Raum betritt und an mir vorbeigeht, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Allerdings wählt sie einen Spind, der nur drei neben meinem liegt und kurz keimt Hoffnung in mir auf. Als ich jedoch sehe, dass sie sich die Nummer 10 gesichert hat, weiß ich, dass es weniger mit mir und mehr mit ihrer Glückszahl zu tun hat. Meine Bauchschmerzen werden schlimmer, ich greife nach meiner Wasserflasche und laufe wortlos an den anderen vorbei in die Halle. Hohe, mit hellem Holz verkleidete Wände umgeben mich, nachdem ich die schwere Tür aufgedrückt habe und erneut überzieht eine Gänsehaut meinen Körper. Allein in einem so großen Raum, trotz weißer Trennwand, ist einschüchternd. Auch die Fensterfront auf der anderen Seite kann dagegen nichts machen. Ich stelle meine Flasche an die Wand und gehe ein paar Schritte weiter hinein. Meine Schuhe quietschen auf dem Hallenboden, der von so vielen Linien in unterschiedlichen Farben überzogen ist, dass ich jedes Mal Kopfschmerzen bekomme, wenn ich zu genau hinschaue. Unsicher drehe ich meinen Kopf ein wenig hin und her und blicke mich um, fixiere kurz die an der Decke hochgefahrene Basketballkörbe. Dabei stolpere ich beinahe über einen der kleinen Deckel, die normalerweise die Löcher im Boden bedecken. Für unser Training benötigen wir diese Löcher allerdings, um die Stangen befestigen zu können. Ohne sie kein Netz und ohne Netz kann man es gleich sein lassen. Es muss also doch bereits jemand hier sein und wie als hätte sie nur darauf gewartet, dass mir der Gedanke kommt, erscheint Tenten plötzlich neben mir. Sie sagt im ersten Moment nichts, mustert mich nur und scheint darauf zu warten, dass ich reagiere. Mir fällt allerdings kein guter erster Satz ein, kein lockerer Spruch, der unsere Differenzen herunterspielen könnte, also schweige ich ebenfalls. „Auch endlich hergefunden?“, fragt Tenten schließlich und dreht sich dann wieder weg. Hätte schlimmer kommen können und ich schlussfolgere aus dieser Aussage, dass es damit erledigt ist. Nach und nach gesellen sich die anderen zu uns, wir tragen jeweils zu zweit die Eisenstangen und befestigen sie im Boden, bevor wir das Netz dazwischen aufspannen. Am Ablauf hat sich über die Ferien also nichts geändert. Nachdem dieser Teil der Trainingsvorbereitung abgeschlossen ist, laufen wir wie gewohnt fünf Minuten lang im Kreis, um uns aufzuwärmen. Ein bisschen springen da, ein wenig rückwärtslaufen dort und ich merke nach gerade einmal vier Runden, wie mich meine Kondition im Stich lässt. In den Ferien heulen und das Haus nicht verlassen hat genau die schwerwiegenden Folgen, mit denen ich bereits gerechnet habe. Nur kommen sie mir jetzt noch viel schlimmer vor. Stöhnend und schwer nach Atem ringend, geselle ich mich mit den anderen in die Mitte der Halle und wir machen gemeinsam im Kreis einige Dehn- und Kraftübungen. Tenten teilt uns zum Abschluss des Aufwärmens in Zweierteams ein. Zu meinem Glück bekomme ich Temari, die bereits einen Volleyball in der Hand hält. Wir Baggern und Pritschen, lachen über jeden Fehler, der uns (also mir) unterläuft und ich blende für die nächsten Minuten den ganzen Mist der letzten Wochen aus. Nur die Schmerzen in meinen Waden kann ich nicht ignorieren. Man merkt, dass Temari mit Abstand unsere beste Spielerin ist. Sie erwischt jeden Ball, egal wie blöd ich ihn ihr zuwerfe. An meinen Annahmefähigkeiten muss ich noch immer üben, allerdings mache ich den ganzen Spaß auch noch nicht so lange mit – Temari schon seit der Grundschule. „Okay, das reicht!“, ruft Tenten irgendwann und ich fange den Ball, der gerade seinen Weg zu mir zurücklegt, auf. „Wir üben heute mal ganz ausgiebig unsere Blocks. Die sind grauenhaft, Mädels. Und wenn ich grauenhaft sage, meine ich wirklich richtig grauenhaft“, sagt sie und fixiert währenddessen jeden von uns kurz. Tenten in ihrem Element. Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter, als ihr Blick auf mir liegt und ich frage mich, warum ich mir das nochmal angetan habe. „Mir reichen erst einmal drei Spielerinnen. Der Rest übt mit sich selbst. Ino, Shion und Tayuya. Die ersten zehn Blocks macht Ino. Ihr zwei stellt euch auf die andere Seite.“ Ich beobachte aus den Augenwinkeln wie Ino ganz entspannt unter dem Netz hindurch taucht und sich kurz streckt und dehnt, als sie wieder aufrecht steht. Tenten fährt den Ballwagen an uns vorbei und die, die keinen Volleyball haben, holen sich einen heraus. Ich beginne bereits mit dem Pritschen. Auf und ab, auf und ab. Währenddessen huscht mein Blick immer wieder zurück zum Feld, wo Shion für Tayuya die Zuspiele macht und diese mit voller Wucht den Ball über das Netz zimmert. Inos Blocks kann ich nicht richtig sehen und bei dem Versuch, es doch irgendwie unauffällig hinzubekommen, fällt mir mein Ball herunter. „Keine Sorge, du darfst das auch gleich machen“, zieht Temari mich auf und läuft entspannt an mir vorbei. Wir sollen rotieren und plötzlich bin ich nicht mehr allein mit dem Ball unterwegs, sondern diejenige, die Ino die Zuspiele geben darf. Ich bin richtig verkrampft aus Angst, ich könnte es versauen und sie mir das übel nehmen. Aber irgendwie bekomme ich diese zehn Bälle zustande und darf auf die andere Seite des Netzes, weg von Ino, die entlassen ist, und mich in den Block stellen. Ich beiße meine Zähne bei jedem Ball, den ich mit meinen Händen versuche nach unten zu drücken, zusammen, weil ich mich schon darauf vorbereite, ihn nicht richtig zu treffen und mir so die Finger umzubiegen. Nachdem ich diese Tortur mit minder großem Erfolg und einigen Verbesserungsvorschlägen von Tenten hinter mich gebracht habe, finde ich mich im Angriff wieder. Etwas, das mir um einiges besser gefällt. So geht es eine ganze Weile, entweder eine der Positionen oder durch die Halle laufen und Pritschen. Tenten ruft uns hie und da ein paar Tipps zu, lässt Shion anhalten und zeigt ihr die richtige Fingerhaltung oder schüttelt über das Anspiel von einer von uns den Kopf. Mit der Zeit merke ich immer mehr, wie die Muskeln in meinen Armen ziehen und ich ahne bereits, dass das der schlimmste Muskelkater meines Lebens werden wird. Als Tenten endlich beschließt, diese Quälerei zu beenden, ist die Trainingszeit schon beinahe vorbei und wir kommen zum abschließenden Trainingsspiel. Mein absoluter Lieblingsteil im Training und ich freue mich darauf, bis ich sehe, mit wem Tenten mich ins Team steckt. Ino. Diese ignoriert mich allerdings nicht mehr und mit tödlichen Blicken erdolcht sie mich auch nicht. Sie spricht unsere Aufstellung ab und verweist darauf, dass ich noch einen Schritt hinüber gehen solle, um richtig zu stehen. Es ist seltsam, ich spüre nichts von der Feindseligkeit, die sie mir sonst entgegenbringt und bin kurz versucht zu glauben, dass sie nicht länger sauer auf mich ist. So schnell geht das bei ihr allerdings nicht. Wir schlagen uns gut, obwohl Temari im gegnerischen Team ist und sich den ein oder anderen Punkt mehr sichert – und den ersten Satz. Man kann von einer Mannschaft, in der drei absolute Neulinge, zwei bessere, aber nicht gute Spielerinnen, sind, nicht erwarten, dass sie gegen einen Halbprofi, der wohl sogar allein gegen uns alle spielen könnte, gewinnen. Nach dem zweiten verlorenen Satz tausche ich mit Tayuya Feld gegen Bank und lehne mich gegen die Wand, um besser Luft zu bekommen. Ob das wirklich hilft, weiß ich nicht, aber es kommt mir zumindest so vor und das reicht mir für den Augenblick. Ein paar Sterne tanzen vor meinen Augen, während ich die Luft regelrecht in mich einsauge. Es macht Spaß, den anderen zuzuschauen, obwohl ich einen Stich im Bauch verspüre, immer wenn ich Ino in Aktion erlebe. Ich möchte einfach wissen, was in ihr vorgeht und wie ich mich bei ihr entschuldigen soll. Es ist so als würde mir erst jetzt bewusst werden, wie sehr sie mir fehlt, obwohl das ein Gefühl ist, das ich schon seit Wochen mit mir herumtrage. Länger kann ich meinen Gedanken nicht nachhängen, weil eins der namenlosen Mädchen ausgewechselt werden möchte. Ich stehe also auf und begebe mich für die letzten zehn Minuten nochmal aufs Spielfeld. Immerhin breche ich mir nichts. Allerdings biege mir meine Finger bei einem Block um und ich merke, dass ich heute keinen Marathon mehr laufen werde. Unendlich dankbar schlurfe ich beinahe vom Feld als Tenten uns endlich entlässt. Die Streber, wie Ino und ich sie immer nennen, laufen sich noch ein paar Bahnen aus und wir anderen beginnen bereits mit dem Abbau des Netzes und der Stangen. Ein wenig ereignislos kommt mir das Training schon vor, nachdem ich mir so viele Gedanken darüber gemacht habe und mir fieberhaft überlegte, wie ich es vermeiden kann. Kein Drama mit Ino, keine in meine Richtung geworfenen Bälle von Tenten und absolut blamiert habe ich mich auch nicht. Temari verwickelt mich auf dem Weg in die Umkleidekabine in ein Gespräch und so dränge ich diese Gedanken ganz weit nach hinten. Sie interessiert sich hauptsächlich dafür, ob Kakashi-sensei immer noch dieselben Übungsblätter nutzt wie letztes Jahr bei ihr und was ich in den Ferien so getrieben habe. Die erste Antwort fällt mir leicht, ja. Bei der zweiten muss ich kurz überlegen und erwidere so vage wie möglich: „Nicht viel. Ich war häufig daheim eingespannt.“ Ein leises Räuspern, das definitiv von Ino kommt, lässt mich zusammenzucken, aber Temari fällt das zum Glück gar nicht auf. „Wenn Eltern einen in den Ferien einspannen, kann das echt nerven“, antwortet sie stattdessen und schenkt mir einen mitfühlenden Blick. Das schlechte Gewissen nagt an mir, weil ich Temari ein falsches Bild vermittle und meine Mutter als Spielverderberin dastehen lasse, aber korrigieren will ich es auch nicht, also muss ich damit klarkommen. Meine Mutter wird davon sowieso nie etwas erfahren und das Bedürfnis nach einer heißen Dusche und meinem Bett, mildert mein schlechtes Gewissen erheblich ab. Am nächsten Morgen komme ich kaum aus dem Bett. Ausnahmsweise aber nicht wegen irgendwelcher emotionalen Probleme, sondern weil mir alles weh tut. Ich weiß nicht wie ich aufstehen soll und als ich zu allem Überfluss auch noch niesen muss, schreie ich beinahe laut auf. Das Waschen und Anziehen ist ebenfalls eine Tortur, doch nichts im Vergleich zum Treppen hinunterlaufen. Ich habe das Gefühl bei jedem Schritt ein wenig zu sterben. Wie viel Schmerz ein Mensch wohl aushalten kann? Fühlt sich eine Geburt auch so furchtbar an? Begreife ich hier endlich, was wahre Folter ist? Meine Mutter lacht mich aus, als ich schwerfällig die Küche betrete und versuche mich möglichst schmerzfrei auf einen der Stühle zu setzen. Ich war noch nie so froh darüber, dass wir hier eine westliche Einrichtung haben. „Ich hab dir gesagt, du sollst mehr rausgehen“, erklärt mir meine Mutter gutgelaunt und erntet dafür einen bösen Blick. Wenn sie wüsste durch welche Hölle ich gehen musste, während sie ständig mit irgendwelchen Ideen und Tipps zu mir kam … aber dafür müsste ich ihr erst alles erzählen und ich bin mir nach wie vor sicher, dass ich das auf keinen Fall tun werde. „Schläft Papa noch?“, frage ich und wechsle so – zugegeben sehr offensichtlich – das Thema. „Ja. Er war gestern wieder lange unterwegs. Allerdings sollte ich ihn wohl langsam wecken, sonst kommt er zu spät“, erwidert meine Mutter mit einem kurzen Blick auf die Uhr über der Tür. „Besser wäre es“, stimme ich ihr zu, greife nach der Schüssel Reis und den Stäbchen vor mir und beginne langsam zu essen. Meine Mutter stellt mir noch eine Schüssel mit gedünstetem Gemüse hin und ich nehme mir gleich eine Karottenscheibe. „Vielleicht ein Danke?“ „Danksche“, nuschle ich mit vollem Mund und verdrehe innerlich die Augen. Wenn sie das nicht machen möchte, soll sie es eben lassen. Mütter und ihr Meckern. Ich lege die Stäbchen zur Seite und erhebe mich, den letzten Bissen noch im Mund. „Bin dann mal weg.“ Zu schwungvoll drehe ich mich um und bleibe mit schmerzverzerrtem Gesicht stehen. „Geschieht dir recht“, kommentiert meine Mutter diese Situation, die ihr selbstverständlich nicht entgangen ist. Ich brumme vor mich hin und verlasse wortlos die Küche. Im Gang greife ich nach meiner Tasche und wechsle meine Schuhe. „Bis dann“, rufe ich bissig ins Innere des Hauses und verlasse es schnell, weil ich weiß, dass der Ton keine gute Idee war. Gefühlt brauche ich doppelt so lange wie sonst zur Schule. Dass es sogar hinkommen kann, merke ich daran, dass Naruto ungeduldig auf seine imaginäre Armbanduhr tippt als ich vor dem Schultor ankomme. „Hast du dich verlaufen, oder was?“, fragt er mich mit hochgezogenen Augenbrauen und in meinem Zustand der absoluten Schmerzen, möchte ich ihm dafür gerne eine verpassen. Sasuke steht allerdings neben ihm und mich erneut vor ihm zu blamieren kommt gar nicht in Frage. „Ich bin immerhin noch rechtzeitig da, oder?“, erwidere ich deshalb und laufe an ihnen vorbei. Hinata folgt mir als erstes, holt mich ein und flüstert: „W-wie war es … gestern?“ „Gut. Mir tut nur alles weh“, antworte ich. Und es fühlt sich sogar wie die Wahrheit an. Nichts Schlimmes, kein Drama, keine Tränen. Nur mein Muskelkater, der mir den Morgen versaut. Ich merke dennoch, wie sie mich kurz mustert. „Das freut mich.“ Sie scheint mir wohl zu glauben. „Was flüstert ihr denn da?“, mischt Naruto sich plötzlich ein und legt freundschaftlich seinen Arm über Hinatas Schulter. Diese läuft augenblicklich tiefrot an und beginnt damit, unverständliche Wörter zu stottern. Bei all dem Mitleid muss ich sagen, freut mich diese Szene. Immerhin fällt Hinata nicht in Ohnmacht, sondern hält sich tapfer auf den Beinen und versucht durch Räuspern ihre Stimme wieder zu finden. „Nichts, was dich etwas angehen würde“, erwidere ich bissig und gebe Hinata so ein paar Sekunden, um Luft zu holen. Naruto zieht eine Schnute und spielt für einen Augenblick den tiefverletzten, bevor er mich wieder angrinst. Er öffnet seinen Mund, um etwas zu antworten, als … „Uzumaki. Finger weg“, ertönt vor uns eine Stimme und wir zucken alle zusammen. Das was Tenten für mich ist, scheint Neji Hyuuga für Naruto zu sein. Denn auf dessen Gesicht erscheint ein ähnlicher Ausdruck wie bei mir als Tenten mich das letzte Mal zusammen gepfiffen hat. Narutos Arm ist schneller von Hinatas Schulter verschwunden als ich blinzeln kann und den kalten Schauer, der ihm über den Rücken läuft, kann man förmlich sehen. Die Temperatur um uns herum scheint um zehn Grad zu fallen und einige Schüler bleiben stehen und verfolgen neugierig, was nun als nächstes kommen mag. „S-sorry Neji. Sorry Hinata. Ich … ich hab das ga-“, beginnt Naruto nervös und seine Stimme überschlägt sich. Das was sich gerade vor meinen Augen abspielt ähnelt einem Autounfall. Man möchte nicht, aber muss hinschauen. „Dann pass das nächste Mal besser auf. Wobei, wenn ich so an dein Abwehrverhalten denke, ist das nicht deine Stärke.“ Aus jedem Wort trieft die Überheblichkeit heraus und sogar mir fällt es schwer, die Ruhe zu bewahren. Tatsächlich fällt mir nur eine Antwort ein und die beinhaltet kein Reden. Den Vergleich mit Tenten muss ich zurückziehen – so würde sie sich nie verhalten. Naruto, der bis gerade eben noch alles versucht hat, um die Situation zu entschärfen, verkrampft sich nun und geht einen Schritt auf Neji zu. Dieser steht mit verschränkten Armen und einem herablassenden Blick vor ihm, gerade als wolle er ihn provozieren. „Naruto.“ Sasukes Stimme ist leise, aber schneidend und mir stellen sich die Haare im Nacken auf. Ich wage einen Blick zu ihm und bin irgendwo zwischen Faszination und Furcht gefangen, als ich seine Augen sehe. Hier möchte jemand keine Widerworte hören und das zeigt auch bei Naruto Wirkung. Er atmet tief durch und geht einfach an Neji vorbei. Sasuke schaut kurz zu uns – besser gesagt zu mir – und scheint mir damit einen Hinweis geben zu wollen. Von dieser surrealen Situation noch immer überfordert, benötige ich zwei, drei Sekunden bis ich verstehe, dass ich Hinata mit ins Gebäude ziehen soll. „Bis dann Neji“, verabschiede ich mich, Hinata nuschelt etwas vor sich hin und wir laufen zwischen den glotzenden Schülern die letzten Meter ins Gebäude. Einen Schritt schneller – zu meinem Bedauern – um von Neji nicht zurückgepfiffen zu werden. Sasuke bleibt hinter uns zurück. Gerade als wir bei unseren Spinden ankommen, höre ich laute Schritte hinter uns und ich befürchte bereits, dass Neji Hinata doch gefolgt ist. Damit irre ich mich aber. Als ich mich umdrehe, kommt Ino auf uns zu. Ihre Hände zu Fäusten geballt, die Wangen aufgebläht und wütend ist gar kein Ausdruck für das, was sich auf ihrem Gesicht widerspiegelt. „Das war jetzt nicht sein beschissener Ernst!“, ruft sie beinah als sie bei uns ankommt. „Dieser eingebildete Vollidiot hat jetzt nicht ernsthaft vor der halben Schule einen Aufstand veranstaltet, weil Naruto Hinata berührt hat. Steigt ihm sein Muskeltraining zu Kopf?“ „Was weiß ich“, erwidere ich, dankbar nicht der Grund für ihre Wut zu sein. „Dieser ach so wichtige Familienstolz ist ihm doch schon vor Jahren zu Kopf gestiegen.“ „Am liebsten würde ich ihm gerade einfach … meine Fresse“, flucht Ino weiter und wendet sich an Hinata. „Es tut mir so leid, das muss dir wirklich unangenehm gewesen sein. Vor allem, weil ...“ Sie beendet den Satz nicht, aber wir wissen worauf sie hinauswill. Mit einem Blick über meine Schulter sehe ich, dass Naruto sich am Ende des Gangs herumdrückt und vorsichtig zu uns hinüber schielt. Sasuke ist mittlerweile bei ihm angekommen und redet geradezu auf ihn ein. Was er wohl sagt? „Sch-schon gut Ino“, versucht Hinata sie zu beruhigen, „das ist … ist nicht s-so schlimm. Naruto dürfte es wohl … noch p-peinlicher sein.“ Ob das stimmt, wage ich zu bezweifeln. Hinata ist wegen jeder Kleinigkeit beschämt, während dieser Trottel das meiste nur mit einem Grinsen kommentiert und manchmal noch nicht einmal mitbekommt. Ino legt Hinata mitfühlend die Hand auf die Schulter, was diese mit einem leichten Lächeln kommentiert. „I-ich muss noch meine Schuhe wechseln“, erwidert sie irgendwann und da fällt auch mir auf, dass ich das noch machen muss. Ino nickt und mit einem kurzen Blick zu mir, fällt ihr auch endlich ein, wer da noch steht. „Falls noch was ist, sag Bescheid.“ Und damit verschwindet sie, ohne ein Wort an mich gerichtet zu haben. Das Gestern scheint wohl dem Teamgeist geschuldet gewesen zu sein. Es hätte mich auch gewundert, wenn sie so schnell wieder in die tägliche Routine übergegangen wäre. Ino ist verdammt nachtragend. Schnell wechseln wir unsere Schuhe, sodass mir keine Zeit mehr bleibt, länger darüber nachzudenken und brechen dann zum Klassenzimmer auf. Zu unserem Glück sind Naruto und Sasuke bereits ohne uns losgegangen. Ich weiß nicht, wie Hinata das überstehen sollte, wenn sie bis zum Klassenzimmer neben Naruto laufen würde. Diese skurrile Szene hat wahrscheinlich – dank Smartphones – bereits in der ganzen Schule die Runde gemacht. Mit stoischem Blick läuft sie neben mir her und ich muss wirklich zugeben, dass ich damit nicht gerechnet habe. So schüchtern und unsicher wie sie ist, war ich mir sicher, sie ins Krankenzimmer zu begleiten. Doch Hinata bleibt eisern. Sie ignoriert die Blicke und das Getuschel der anderen und geht die Gänge entlang als wäre nichts gewesen. Man merkt nur, wie sehr es ihr zu schaffen macht, weil sie sich nicht mit mir unterhält und sie ihre Schultasche im Sekundentakt die Hand wechseln lässt. Sie macht das – in einem viel schnelleren Tempo – was ich mir seit Tagen vornehme. Einfach weiter. Kapitel 6: Weil ich einen Plan brauche -------------------------------------- Die restliche Woche ist ein Drama für Hinata. Jeden Morgen wird sie von Neji zur Schule begleitet, der alle, die sie anschauen, mit tödlichen Blicken erdolcht. Von ihrem mutigen Auftreten ist nicht mehr viel geblieben und so läuft Hinata mit gesenktem Kopf neben ihm her. Ich würde sie am liebsten in den Arm nehmen. Allerdings habe ich Sorge, dass er mich sonst umhaut, also halte ich respektvollen Abstand, wenn wir die letzten Meter zum Gebäude gemeinsam gehen dürfen. Sobald wir beim Klassenzimmer angekommen sind, lässt er sie endlich allein – ab diesem Zeitpunkt könnte er nicht mehr verhindern, dass Hinata mit Naruto spricht, aber die beiden schauen sich nicht einmal an. Hinata redet auch mit mir nicht über diese Situation. Allgemein sagt sie sehr wenig – also noch weniger als sonst – und das bricht mir mein Herz. Am Freitagmorgen schreibt sie schließlich, dass ich nicht auf sie warten solle, weil sie krank sei. Das glaube ich ihr zwar nicht, aber wahrscheinlich würde ich genauso reagieren, wenn mich plötzlich jemand von allen anderen fernhalten würde. Neji sinkt in meinem Ansehen noch weiter und ich würde ihn am liebsten meine Meinung geigen. Da die Chance, damit etwas zu erreichen allerdings gegen null geht, stapfe ich stattdessen mit zusammengebissenen Zähnen an ihm vorbei, wann immer er mir über den Weg läuft. Meine Laune ist erneut im Keller, wenn es auch dieses Mal nichts mit meinen eigenen Gefühlschaos zu tun hat. Ich starre verbissen auf mein Handy und überlege, was ich Hinata schreiben könnte, um ihr zu signalisieren, dass es besser wird. Vielleicht wäre es aber besser, heute Nachmittag einfach kurz bei ihr vorbeizugehen. Eine Begründung, warum Neji mich zu ihr durchlassen muss, hätte ich immerhin. Jemand muss ihr schließlich die Unterlagen von heute vorbeibringen. „Sakura?“ Ich werde aus meinen Gedanken gerissen und schau auf. Naruto steht vor mir und weicht meinem Blick aus. Ich könnte schwören, dass auf seinen Wangen ein leichter Rotschimmer zu sehen ist. So verlegen kenne ich ihn gar nicht. „Was ist denn?“ Meine Neugier ist definitiv geweckt. „Sag mal“, beginnt er, schaut sich nochmal zur Sicherheit um, damit auch niemand mithört und lehnt sich dann zu mir vor. „Bist du am Sonntag beim Spiel dabei?“ „Ich hab es mir überlegt, ja.“ Nun zieht er sich doch einen Stuhl zu mir her und setzt sich neben mich. „Weißt du, ob … na ja … ob Hinata auch kommt? Ich will mich entschuldigen.“ Wieso überrascht mich diese Frage jetzt nicht so sehr wie sie es sollte? „Ich denke eher nicht. Sie ist krank und wird sich das Wochenende wohl ausruhen.“ Eine glatte Lüge, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie kommen wird, halte ich wirklich für sehr gering. „Oh. Okay. Sagst du ihr gute Besserung?“ „Natürlich.“ Er könnte ihr das selbst schreiben, aber ich kann in Anbetracht der momentanen Situation nachvollziehen, warum er es lieber ausrichten lassen möchte. Ich lächle ihn aufmunternd an und warte darauf, ob er noch etwas sagen möchte, weil er sich nicht bewegt. Aber er schweigt. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Es ist ja nicht deine Schuld.“ Ich versuche optimistisch zu klingen und er kann auch wirklich nichts für Nejis altmodisches Verhalten, aber ich zweifle daran, dass meine Stimme mir diesen Wunsch erfüllt hat. „Also eigentlich … weißt du … ich hab trotzdem das Gefühl, dass ich … nicht ganz unschuldig bin.“ Naruto druckst für seine Verhältnisse ganz schön herum. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich das ist, was er sagen möchte. Allerdings wird er in diesem Moment von hinten angetippt und muss den geliehenen Stuhl abgeben. „Wir reden später weiter“, schlage ich ihm vor und er nickt dankbar. Zu einem Später kommt es nicht mehr, weil wir in den Pausen keine ruhige Minute miteinander haben. Naruto wird vor dem Spiel am Wochenende von den anderen aus seiner Mannschaft belagert und sie besprechen sich wegen irgendwelcher Strategien. Dafür habe ich allerdings viel Zeit, um weiter über die Situation zu grübeln. Ich komme mir hilflos vor, weil es wenig gibt, das ich machen kann. Solange Neji auf sie aufpasst wie ein Wachhund, bleiben mir nicht viele Möglichkeiten. Ich kann höchstens Hanabi schreiben, da sie wohl das einzige Familienmitglied sein dürfte, das auf unserer Seite ist. Habe ich schon erwähnt, wie lächerlich ich das alles finde? Ich weiß nicht, ob es daran liegt, weil Hinata aus einer der ältesten Familien der Stadt stammt oder ob Neji beim ganzen Trainieren einen Ball zu viel an den Kopf bekommen hat. Das ist mir im Endeffekt auch egal. Ich will ihr einfach nur helfen, aus dieser Situation herauszukommen. Egal wie. Dieses egal wie bringt mein Gehirn bei seiner Planung allerdings immer wieder zu einer gewissen Person. Und die ist leider nicht Hanabi. Es handelt sich um Ino. Und so ungern ich es zugeben möchte, ohne sie bin ich nur halb so gut im Pläne schmieden. Und dass es sich dabei meistens nur um Verkupplungsversuche handelt, ist mir bewusst. Trotzdem. Sie besitzt eine größere Empathie als ich und kann Menschen besser lesen. Wie konnte ich nur jemals an ihr zweifeln? Das macht mich immer noch wütend. Zumal ich sie gerade jetzt dringend brauchen könnte. Meine Feigheit verbietet es mir allerdings, mit ihr zu sprechen, obwohl es dafür den Tag über genügend Möglichkeiten gäbe. Einmal begegnen wir uns sogar zufällig auf der Toilette. Ich lächele sie verkrampft an, sie nickt mir zu und verlässt anschließend den Raum. In diesem Moment waren es im Raum sicher fünf Grad weniger als vorher. Am Ende des Tages verlasse ich die Schule allerdings unverrichteter Dinge und mache mich auf dem Weg zu Hinata. Da nicht nur ich Training hatte, sondern auch die Fußballer, begleitet Naruto mich, der wiederum Sasuke im Schlepptau hat. Ich versuche, mir nicht anmerken zu lassen wie aufwühlend es für mich ist, neben dem Jungen zu laufen, in den ich noch immer hoffnungslos verliebt bin und den ich seit den Sommerferien kaum anschauen kann. Dabei war ich so stolz auf mich, dass wir mittlerweile eine halbwegs gute Bekanntschaft aufgebaut hatten und ich normal mit ihm reden konnte. Danke, du dumme Unsicherheit. „Sakura?“ Erschrocken zucke ich zusammen. Aktuell ist meine Aufmerksamkeitsspanne nicht sonderlich hoch. „Ja?“ „Alles gut?“ Naruto mustert mich besorgt. Ich nicke kurz und unwillkürlich schweift mein Blick zu Sasuke, der eine Augenbraue hebt. Wenn er mir jetzt noch erklärt, was diese Reaktion soll, wäre ich ihm gerne behilflich. „Also dann kommst zumindest du am Sonntag?“ Ah, es geht noch immer um dieses blöde Spiel? Was ich natürlich niemals laut sagen würde – na ja, zumindest nicht, wenn Sasuke dabei ist. Das mit den Englischnotizen sitzt noch immer sehr tief in meinen Knochen. „Wie heute Morgen schon gesagt, ich überlege es mir.“ „Du musst kommen. Richtig Sasuke? Das ist eins der Spitzenspiele dieses Jahr. Echt jetzt!“ Dieser Enthusiasmus ist zu meinem Leidwesen ansteckend und ich bin plötzlich versucht, zuzusagen. Dabei beinhaltet der Satz selbst nicht einmal ein aussagekräftiges Argument. Ich habe keine Ahnung von der Tabellenlage und welches Team stark ist und welches nicht. „Hör auf, die Leute zu zwingen.“ Sasukes Antwort überrascht mich und drückt meine eigene Begeisterung schlagartig nach unten. Ich interpretiere definitiv zu viel in diese Worte, aber es hört sich so an, als wolle er gar nicht, dass ich komme. Dabei traue ich ihm ehrlich gesagt nicht so viel Interesse an mir zu. Meine dumme Unsicherheit und das noch immer angeknackste Herz interessiert das allerdings wenig. „Wieso? Hast du Angst, dich vor Sakura zu blamieren?“ Naruto streckt seinem besten Freund die Zunge raus und erntet dafür eine Kopfnuss. Ich muss mir die Hand vor den Mund halten, um nicht laut loszulachen. „Anders als du werde ich nicht nervös, wenn mich Leute beobachten.“ Ich bin mir nicht sicher, aber trotz Sasukes monotoner Stimme, bilde ich mir ein, dass er das Wort Leute seltsam betont. „Ich werde gar nicht nervös!“, widerspricht Naruto aufgebracht. „Hn.“ Und damit wäre diese Diskussion beendet. Naruto wendet sich deshalb erneut an mich und versucht mir eine Zusage zu entlocken. „Ino kommt auch. Weißt du. Also falls dich das interessiert und so.“ Er scheint noch immer nicht ganz begriffen zu haben, dass zwischen Ino und mir Eiszeit herrscht. Darauf möchte ich ihn aufmerksam machen und öffne bereits den Mund. Allerdings stoppe ich mich selbst und sage stattdessen: „Na gut. Ich komme.“ „Super. Echt jetzt!“ Sasuke zeigt keinerlei Reaktion, aber damit kann ich leben. Zumindest verdreht er nicht die Augen oder wirft mir einen bösen Blick zu. Somit hat mein kleines, dummes Herz die Hoffnung zurückgewonnen, dass es ihm doch nicht zuwider ist, mich als Zuschauerin dabei zu haben. Ob sich allerdings mein plötzlicher Sinneswandel wirklich lohnt, werde ich erst am Sonntag erfahren. Ich hoffe inständig, dass ich bis dahin genug Mumm aufbringen kann, um mit Ino zu reden. Es geht hier nicht um sie und mich und dieses blöde Missverständnis, sondern um Hinata und ihre Freiheit! Wir kommen schließlich vor dem Haus der Hyuugas an und ich verabschiede mich von den beiden. Naruto bekommt wohl Nachhilfe in Mathe von Sasuke. Etwas, das beide mit wenig Begeisterung entgegenzufiebern scheinen. „Ich wünsch euch viel Erfolg!“, rufe ich ihnen hinterher und zwinkere Naruto zu. Er erwidert diese Geste mit einem mürrischen Blick, während ich in Sasukes Augen beinahe so etwas wie einen Hilferuf wahrnehmen kann. Aber ein Uchiha würde niemals um Hilfe bitten, also kann ich diese Vermutung mit gutem Gewissen verwerfen. Zufrieden mit mir und meiner souveränen Art, wie ich diese Situation gemeistert habe, klingle ich. Wahrscheinlich mache ich mir wirklich zu viele Gedanken über mein Verhältnis zu Sasuke. Er weiß von nichts und verhält sich deshalb wie immer. Wenn meine Unsicherheit nicht wäre, könnte ich auch wieder komplett in den Normalmodus schalten. Aber für jetzt ist das nebensächlich. „Hallo?“, ertönt eine Stimme aus der Gegensprechanlage und ich nenne meinen Namen und den Grund meines Besuchs. Kurz darauf surrt das Schloss des Gartentors und ich schiebe es auf. Der Weg zum Haus selbst führt durch einen sauber gepflegten Garten, der links und rechts absolut gleich aussieht. Zu symmetrisch für mich. Blumen und Büschen sollten frei wachsen können, ohne, dass sie auf den Millimeter genau gestutzt werden. Aber er passt zu Hinatas Vater und der Firmenphilosophie, also habe ich mich bereits vor Jahren damit abgefunden. „Hallo Sakura“, begrüßt Hanabi mich und signalisiert mir, dass ich mich beeilen soll. Während ich meine Schuhe ausziehe, beginnt sie flüsternd zu erzählen: „Neji ist noch nicht da und bis er kommt, solltet ihr über die wirklich wichtigen Dinge gesprochen haben. Hausaufgaben kannst du ihr dann immer noch überreichen.“ „Vielen Dank für die Info.“ Sie nickt mir zu und ich beeile mich, um hoch in Hinatas Zimmer zu kommen. Vor der Tür angelangt, klopfe ich zwei Mal laut an und warte darauf, dass Hinatas Stimme ertönt. Allerdings regt sich nichts. „Hinata?“, frage ich deshalb laut, damit sie es auch wirklich hören kann. Im nächsten Moment vernehme ich Schritte aus dem Zimmer und Hinata öffnet mir mit Schwung die Tür. Damit habe ich nun nicht gerechnet. „Sakura.“ Sie umarmt mich, was ich gerne erwidere. Danach begeben wir uns in ihr Zimmer und ich schließe die Tür wieder. „Wie gehts dir?“, frage ich vorsichtig, nachdem wir uns auf ihr Bett gesetzt haben. Sie schaut nicht krank aus und auch nicht müde. Also bleibt sie tatsächlich zuhause, weil ihr das Ganze so unangenehm ist. „G-gut. Also so gut, wie …“ Sie beendet den Satz nicht, aber ich weiß was sie sagen möchte. „Verstehe.“ Ich nehme ihre Hände in meine, weil mir jetzt erst auffällt, dass ich mir überhaupt nicht überlegt habe, was ich ihr sagen könnte. „Es … es tut mir nur so leid … für Naruto.“ Hinata starrt auf unsere Hände und fängt an zu zittern. Wenn sie jetzt anfängt zu weinen, werde ich wohl mitmachen müssen. Dabei war sie direkt nach dem Ereignis so stark! „Das muss es nicht. Er kann genauso wenig dafür wie du.“ „Ich … ach Mist!“ Was für eine Wortwahl. Entgeistert schaue ich sie an und Hinata springt auf. Sie scheint wütend zu sein. Das war sie noch nicht einmal, als sie mir offenbarte, wie sie sich in den Sommerferien wegen Ino und mir gefühlt hatte. „Wieso … wieso kann ich nicht … m-mehr sein wie … wie ihr?“ Bringt sie schließlich heraus und ihre Hände sind zu Fäusten geballt. Sie so zu sehen, tut weh. „Sag das nicht. Du warst unglaublich souverän nach dieser dummen Aktion. Niemand konnte ahnen, dass Neji das mit dem Aufpassen anschließend so übertreibt. Und weder Ino noch ich oder jedes andere Mädchen könnten das ohne Probleme täglich über sich ergehen lassen.“ Ich hoffe, sie durch meine Worte beruhigen zu können, aber sie scheint mir nicht einmal zuzuhören. Wo auch immer sie gerade mit ihren Gedanken ist, ihr ganzer Körper verkrampft sich. Ich warte ein wenig, ob sie noch etwas sagt oder tut, aber sie rührt sich nicht mehr und deshalb entscheide ich mich dazu, ebenfalls aufzustehen. Ich lege meinen Arm um ihre Schulter und ein Beben geht durch ihren Körper. Trotz allem kommen noch immer keine Tränen und ich weiß nicht, ob das nun etwas Gutes oder Schlechtes ist. Wir stehen eine Weile schweigend da und mein Blick huscht durch ihr Zimmer. Der aufgeräumte Schreibtisch, der weiße Schrank, in den drei Mal so viele Klamotten passen wie Hinata hat und das Fensterbrett mit den Blumen. Als ich dort ankomme, sehe ich zufällig nach draußen und erkenne Naruto, der hinter dem Gangfenster steht. Komischerweise kommt mir als erstes in den Sinn, ob er sie auch beim Umziehen beobachtet. Etwas, das ich definitiv abklären muss. Das Nächste was mir auffällt, ist sein wütender Blick und der macht mir Angst. Er erinnert mich an Sasukes Augen von neulich, nur dass sie mir – selbst auf diese Entfernung – noch gefährlicher erscheinen. Ein ungutes Gefühl macht sich in mir breit. Naruto bemerkt, dass ich ihn beobachte und wendet sich ab. Das wird definitiv noch Ärger geben. Nachdem sich irgendwann unten die Tür öffnet und ich höre wie Hanabi sich mit jemandem unterhält – ich bin mir fast sicher, etwas lauter als nötig – überreiche ich Hinata die Hausaufgaben, mitsamt meiner mickrigen Mitschriften und verabschiede mich. Ich begegne im Flur Neji, der mich nur anschaut, aber keinen Ton sagt und lächle ihn freundlich an. Ich würde ihm gerne so viele Dinge an den Kopf werfen, aber da das Hinatas Situation nicht zuträglich wäre, muss eben die extra nette Art herhalten. Ich wünsche ihm noch einen schönen Abend und verschwinde anschließend so schnell es geht aus diesem Haus. Hanabi sehe ich nicht mehr, aber das ist nicht weiter tragisch. Ich gehe stark davon aus, dass ich ihr sicher noch öfter begegnen werde und im Notfall habe ich ihre Nummer. Nach meinem Besuch ist mir allerdings noch bewusster – falls das überhaupt möglich ist – als vorher, dass wir etwas unternehmen müssen. Nichts gegen Traditionen, es gibt so viele schöne, aber Nejis Verhalten ist altbacken und macht mich nur wütend. Er tut seiner Cousine mehr weh damit als dass es irgendwie helfen würde. Dank dieses Besuchs fühle ich mich auch mutig genug, Ino am Sonntag anzusprechen und sie darum zu bitten, wenigstens einen Waffenstillstand zu vereinbaren, um Hinata helfen zu können. Ich hoffe natürlich darauf, mich gleichzeitig vernünftig entschuldigen zu können. Da ich mir allerdings nicht sicher bin, ob meine neu gewonnene Entschlossenheit für so viel reicht, konzentriere ich mich lieber darauf, mir zu überlegen, wie ich sie am besten davon überzeugen kann, mit mir zusammenzuarbeiten, um Neji in seine Schranken zu weisen. Als ich nachhause komme, ist meine Mutter gerade einkaufen, also hole ich mir was zu knabbern aus dem Vorratsschrank und gehe in mein Zimmer. Auf dem Heimweg kam mir noch ein weiterer Gedanke und so sitze ich nun auf meinem Bett und starre auf mein Handy. Der Chatverlauf zwischen Sasuke und mir ist nicht sonderlich lang und das meiste dreht sich um die Schule – und ist schon einige Wochen alt. Allerdings weiß ich nicht, was ich sonst machen soll. Mir lässt Narutos Blick keine Ruhe und wenn er aus dieser Entfernung schon so unberechenbar wirkte, möchte ich nicht wissen, wie wütend er wirklich war und wahrscheinlich noch ist. Ich fange an zu tippen und lösche wieder alles. Ich sperre den Bildschirm, nur um ihn gleich wieder zu entsperren und tippe erneut. Das Spiel mache ich ungefähr zehn Minuten mit, bevor ich mein Handy frustriert hinter mich werfe. Ich lasse mich zurückfallen und nehme es sofort wieder in die Hand. So schwer kann es doch nicht sein, ihm eine Nachricht wegen Naruto zukommen zu lassen! Wütend über mich selbst puste ich die Luft aus und setze mich wieder auf. Ich entsperre den Bildschirm und beginne erneut eine Nachricht, die ich dieses Mal wirklich abschicken werde. Natürlich nicht. Aber bei der nächsten fühle ich mich wohler, gehe sie noch einmal durch und ändere zwei Wörter ab, füge Satzzeichen hinzu und lese es mir nochmals durch. Klingt besser. Hallo Sasuke, ich habe Naruto heute Nachmittag zufällig nochmal gesehen und mache mir Sorgen, dass er etwas Unbedachtes tun wird. Ich weiß nicht, ob du mit dieser Info etwas anfangen kannst. Liebe Grüße Sakura. Höflicher geht es zwar kaum und wieso ich meinen Namen daruntersetze, weiß ich nicht so genau. Allerdings klingt es für mich unverfänglich und deshalb überwinde ich mich schlussendlich, die Nachricht abzuschicken. Ungeduldig warte ich darauf, ob er mir antwortet. Die Chipstüte liegt immer noch ungeöffnet neben mir und während ich sie betrachte, wird mir klar, dass ich überhaupt keine Lust darauf habe. Ich hätte sie unten lassen sollen. Schön, dass mich eine Chipstüte so in ihren Bann ziehen kann. Ich bekomme beinahe nicht einmal mit, dass mein Handy vibriert und ich eine neue Nachricht habe. Es ist nur ein einzelnes Wort. Verstanden Das klingt ein wenig wie die Annahme eines Auftrags. Über den Gedanken muss ich doch tatsächlich schmunzeln. Am liebsten würde ich ihm diese Mimik in Form eines Smileys zurückschicken, aber da ich Sasuke nicht als Freund der Emojis einschätze und es keinen Mehrwert für das Gespräch hat, lasse ich es sein. Zufrieden mit mir selbst, mache ich mich auf den Weg ins Bad, um mich zu waschen und fürs Bett fertig zu machen. Als ich zurückkomme, mit meinen Haaren kämpfend, dass sie endlich im Haargummi halten, sehe ich, dass mein Handy blinkt. Wie jede vernünftig denkende Teenagerin lasse ich das Zopfbinden sein und schaue nach, wer mir noch geschrieben hat. Hinata? Naruto? Ino? Bei dem Gedanken an letztere muss ich kurz lachen. Tatsächlich ist es erneut Sasuke. Sonntag soll es regnen. Ich blinzle ein paar Mal und überprüfe, ob ich den Namen richtig gelesen habe. Kein Zweifel. Mein sarkastisches Ich fragt sich, seit wann er unter den Meteorologen gegangen ist, während mein dummes Herz freudig hüpft. Es ist eine Info, die er mir nicht schreiben müsste und er begründet seine Aussage auch mit keinem Wort. Allerdings glaube ich, er möchte mir so mitteilen, dass ich festes Schuhwerk anziehen und zur Sicherheit einen Schirm einpacken soll. Meine Vorfreude auf Sonntag steigt gerade unerwarteter Weise ins Unermessliche. Danke Kapitel 7: Weil niemand Überraschungen mag ------------------------------------------ Heute bin ich bei weitem nicht mehr so begeistert wie Freitagabend und auch mein Tatendrang hat nachgelassen. Jetzt, wo ich kurz davor bin, meiner derzeit größten Angst gegenüberzutreten, sackt mein Selbstvertrauen in den Keller. Ich habe den halben Morgen unter der Dusche verbracht und mich eine geschlagene Stunde lang nicht dafür entscheiden können, was ich anziehen soll – schade, dass es keine Vorgabe ist, bei Sportveranstaltungen die Schuluniform zu tragen. Eigentlich ist es mir nicht wichtig, ob meine Kleidung bis ins Detail aufeinander abgestimmt ist, aber lieber konzentriere ich mich auf dieses Problem als daran zu denken, dass ich demnächst Ino gegenüberstehen muss. Muss deshalb, weil mir noch immer keine andere Möglichkeit eingefallen ist. Hanabi hat mir gestern per Line zwar ihre Unterstützung zugesichert, aber ihr fehlt der verschlagene Verstand. Sie ist direkt und würde sich wohl auf ein Duell mit Neji einlassen. Warum ich das nicht gut fände, dürfte offensichtlich sein. Zumal Neji ihr wohl überlegen sein dürfte – sie ist in ihrer Stufe zwar unangefochtene Nummer eins, aber das ist er in seiner auch. Seufzend ziehe ich mir meine Regenjacke über und schlüpfe in meine grünen Gummistiefel. Sicher ist sicher. Auf eine Handtasche verzichte ich und stecke meinen Schlüssel und die kleine Geldbörse – in Form einer Sonnenblume – in meine Jackentasche. Mit einem „Bis nachher“ rufend, verabschiede ich mich und begebe mich ins Freie. Es hat bereits letzte Nacht geregnet und der Gehweg ist noch immer nass. Hie und da weiche ich Pfützen aus, obwohl sie meinen Gummistiefeln nichts anhaben können. Der Duft des Regens liegt in der Luft und dadurch kommen mir selbst die Abgase, die die vorbeifahrenden Autos ausstoßen, nicht mehr so beißend vor wie sonst. Ich habe mir, dämlich wie ich bin, Sasukes zweite Nachricht den gestrigen Tag mehrmals durchgelesen. So ein bisschen kann ich es nach wie vor nicht fassen. Sie liest sich beinahe so, als wenn jemand anderer mir erklärt hätte, er fände mich eine akzeptable Zeitgenossin. Anders kann ich diese Nachricht gar nicht einordnen, weil es so untypisch für ihn ist. Mein dummes Herz klopft wie verrückt, wenn ich daran denke. Je näher ich der Schule komme, desto mehr Menschen stoßen zu mir. In einer Stunde beginnt das Spiel und da es nur provisorisch aufgebaute Tribünen gibt und der Rest stehen muss, artet es immer in einem Kampf um die besten Plätze aus. Ganz nach dem Motto: wer zuerst kommt, malt zuerst. Ich bin über diesen Andrang dennoch erstaunt. Schließlich ist das Wetter nicht sonderlich schön und keiner weiß, wann und ob es heute nochmals regnen wird. Das Fußballfeld befindet sich in einer Senke hinter der Sporthalle. Von allen Richtungen laufen Menschen darauf zu und die Tribünen sind schon gut gefüllt. Da ich nicht zwingend einen Sitzplatz benötige und auch gar nicht weiß, ob ich das Spiel wirklich anschauen werde – das hängt davon ab, wie das Gespräch mit Ino verläuft – lasse ich sie hinter mir zurück. Ich laufe durch die Menschenmenge und suche nach Ino oder einer Person, die ich fragen kann, wo sie sich befindet. Leider – oder zum Glück – werde ich nicht fündig. Stattdessen laufe ich zufällig Shion und ein paar der anderen Volleyballmädchen über den Weg, die sich angeregt unterhalten und immer wieder zum Spielfeld schielen. Die ersten Spieler laufen sich gerade warm und ich muss mich unweigerlich fragen, wen sie beobachten. Sasuke befindet sich noch nicht auf dem Feld, genauso wenig wie Neji, der zu meinem Unverständnis durch seine abfällige Art einige Mädchenherzen höherschlagen lässt. Ich kann mir höchstens noch Kiba Inuzuka vorstellen, der mit seiner Liebe für Tiere, allen voran Hunden, sicher kein schlechter Fang wäre. Bei diesem Gedanken muss ich über mich selbst den Kopf schütteln. Ich denke lieber an die großen Liebesprobleme von Menschen, die mich nicht interessieren als mich auf Ino zu konzentrieren. Die Angst steckt tief in meinen Knochen. Mit einem Seufzen wende ich mich vom Spielfeld ab und gehe den kleinen Anstieg wieder nach oben. Wie es scheint, ist sie noch nicht angekommen und von oben habe ich einen besseren Überblick. Außerdem kann ich so die Umgebung gut beobachten. Ich komme mir allein und verlassen vor, aber daran lässt sich nichts ändern. Solange ich es mir nicht anmerken lasse, wird es hoffentlich auch um mich herum keinem auffallen. Wie ich es hasse, allein zu Veranstaltungen zu gehen. Ich blicke mich immer wieder um und irgendwann tauchen Naruto, Sasuke und ein paar der anderen Spieler in meinem Sichtfeld auf. Naruto grinst und winkt mir zu, während sie näherkommen. Die Jungs grüßen mich freundlich, Sasuke nickt mir kurz zu und bis auf Naruto begeben sich alle zum Spielfeld, um sich warm zu laufen. Das rote Fußballtrikot beißt sich ein wenig mit Narutos blonden Haaren, aber ansonsten steht es ihm ausgezeichnet. Seit ich mich erinnern kann, trägt der die Nummer sieben. „Hinata ist wohl immer noch krank?“, fragt er und sein Grinsen wird schwächer. „Leider ja. Aber ich soll dir viel Glück sagen.“ Das hat mir Hinata zwar nicht aufgetragen, aber ich bin mir sicher, sie hat nichts dagegen. Seine Augen beginnen zu strahlen und ich weiß, dass ich die richtigen Worte gefunden habe, um ihn aufzubauen. „Vielen Dank! Also ich muss jetzt weiter. Wir sehen uns nach dem Spiel?“ „Klar“, sage ich, bevor mir einfällt, dass ich das noch gar nicht weiß. Ich schlucke mein schlechtes Gewissen hinter und konzentriere mich auf das Wesentliche. „Sag mal, hast du Ino schon gesehen?“ „Ja. Sie steht am Seitenausgang der Turnhalle.“ Bei diesen Worten zeigt Naruto mit dem Daumen über seine Schulter hinter sich. Ich folge dieser Geste mit meinen Augen und nicke. „Danke. Wir sehen uns dann.“ Ich gehe an ihm vorbei und konzentriere mich dabei auf meine Schritte. Leider fühlen sich meine Knie wie Götterspeise an. „Ach, sagst du Choji und Shikamaru, dass sie auch langsam kommen sollen?“, ruft mir Naruto noch hinterher. Ich bleibe stehen und drehe mich doch noch mal zu ihm. „Ino hat die zwei aufgehalten“, erklärt er mir. „Alles klar.“ Ich gehe weiter und dank dieser Info verschwindet die Angst aus meinem Kopf und macht meinen Gedanken über die beiden Jungs platz. Shikamaru Nara ist ein stinkfauler und hochintelligenter Schüler. Er ist im Trainerstab der Fußballmannschaft und Mitglied des Shogiklubs. Beides notgedrungen, was ich von Ino weiß, obwohl er großes Talent dafür hat. Er und Choji sind dieses Jahr in einer unserer Parallelklassen, aber sie und Ino kennen sich seit klein auf, da ihre Väter sehr gut befreundet sind. Meistens regt sie sich über die beiden auf. Shikamaru vergeudet sein Talent und Choji isst zu viel. Dass Choji trotzdem ein herausragender Torwart ist und konditionell mit den anderen aus der Mannschaft mithalten kann, ignoriert sie gerne. Mit Tatsachen kommen, wenn Ino gerade schimpft, bringt nichts. Deshalb verdrehe ich in diesen Momenten nur meine Augen. Wie mir das fehlt! Just in dem Augenblick gehe ich um die Ecke und bleibe wie angewurzelt stehen. Was zum ...? Ino lehnt an der Hauswand und unterhält sich mit Shikamaru und Choji. Gut, diese Konstellation hatte ich erwartet, also nicht überraschend. Was mich aber schockiert, ist, dass sie eine Zigarette in der Hand hält. "Oh. Hallo Sakura", begrüßt Choji mich als Erster und lenkt so die Aufmerksamkeit der anderen beiden auf mich. Ich werde etwas rot und wünsche mir, eine schnellere Reaktion besessen zu haben. „H-hallo zusammen.“ Shikamaru nickt mir zu, während Ino mich nur skeptisch mustert. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen und schaue ihr direkt in die Augen. „Hast du einen Moment?“ „Klar.“ Mit diesen Worten drückt sie die Zigarette an der Hauswand aus und wirft sie in den Mülleimer, der neben ihr steht. Immerhin schmeißt sie die Kippe nicht auf den Boden. „Dann auf.“ Sie spricht mit mir als wäre sie am längeren Hebel und ich ein kleines Kind, dass etwas falsch gemacht hat. So fühle ich mich ehrlich gesagt gerade auch und das ärgert mich. Es ärgert mich sogar so sehr, dass ich die Panik, die in mir hochkriecht für einen Moment vergessen habe. Mit zusammengebissenen Zähnen überbrücke ich das letzte Stück, bis ich bei den dreien stehe. Da fällt mir ein … „Naruto meinte, ihr sollt euch beeilen.“ Shikamarus erste Antwort ist ein Gähnen, bevor er nickt. Er und Choji verabschieden sich von Ino und sind im nächsten Moment um die Ecke verschwunden. „Können wir endlich?“ Ich merke erst jetzt, dass ich starr dastehe. Schnell ermahne ich mich, lockerer zu wirken. Nun gibt es kein Zurück mehr und ich bin seltsamerweise dankbar dafür. Wenn ich nur einen vernünftigen Einstieg in dieses Gespräch finden würde. „Also, wenn du mich nur anschweigen willst, dann würde ich jetzt gehen.“ Und Ino macht tatsächlich Anstalten, einfach wegzugehen. „Nein!“ Meine Stimme ist lauter als ich es beabsichtigt habe, aber es hält sie auf. Sie mustert mich mit einem kalten Blick und ich schlucke heftig. Es ist nicht so schlimm wie ich es mir vorgestellt habe, kommt dem aber sehr nahe. „I-ich weiß, dass ich mich bei dir entschuldigen muss. Und das will ich auch. Wirklich. Aber … aber gerade gibt es wichtigeres als das.“ War das ein guter Anfang? Ein schlechter? Interessiert es sie überhaupt? Tausend Gedanken schwirren mir durch den Kopf und ich traue mich nicht, sie anzuschauen während ich spreche. Meine Finger haben sich in den Stoff meiner Jacke gekrallt und ich blicke eisern auf den nassen Sandboden vor mir. „Und das wäre?“ „Hinata.“ Es wird hoffentlich nur diesen einen Namen brauchen, um sie für mich zu gewinnen. Dieser dumme Streit zwischen uns darf nicht wichtiger sein als Hinata. „Wieso? Du scheinst doch alles ganz wunderbar im Griff zu haben.“ Es sind nicht die Worte, sondern der Ton, der weh tut. Nun blicke ich doch auf und starre sie fassungslos an. Inos Mimik ist teilnahmslos und ich kann nicht sagen, was sie gerade denkt. Ihre Gefühle hält sie im Moment genauso gut versteckt wie Sasuke immer. „Ino, das ist kein Scherz. Hinata ist völlig fertig. Und ich hab keine Ahnung, was ich machen soll. Ich brauch deine Hilfe. Bitte.“ „Ist das so?“ Ino hebt eine Augenbraue und verschränkt die Arme vor ihrer Brust. Langsam werde ich wütend. Sie kann Hinata doch nicht im Stich lassen, nur weil sie sauer auf mich ist. „Ich … ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe. Und das tut mir furchtbar leid. Ich hätte wegen meiner Unsicherheit niemals an dir zweifeln dürfen. Wir kennen uns schon so lange. Aber … aber wenn du deshalb jetzt Hinata im Stich lässt, werde ich dir das niemals verzeihen.“ Mein Atem geht schwer und ich starre sie wütend an. Tränen sammeln sich in meinen Augenwinkeln, ob aus Wut oder Angst weiß ich nicht. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem. Und plötzlich grinst Ino mich breit an. „Ich verzeihe dir, du Furie.“ Die Anspannung in meinem Körper, die ich bisher nicht einmal wahrgenommen habe, verschwindet und ich sacke beinahe in mich zusammen. Das ging schnell. Zu schnell. „Wie bitte?“ „Ich verzeihe dir, du Furie. Obwohl du schon wieder begonnen hast, an mir zu zweifeln.“ Ino lacht gutgelaunt. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, dass sie mir verzeiht, aber ich fühle mich gerade eher verarscht. Ich hatte von diesem Gespräch mehr … mehr von allem erwartet. Mehr Drama, mehr Tränen, mehr Schreie. „Du … du dumme ...“ „Achte auf deine Zunge, Sakura. Aber ich gebe zu, es war gemein. Entschuldige. Nach diesen Worten hätte ich wohl auch an mir gezweifelt.“ Erneut lacht sie und kommt auf mich zu. „Warum?“, ist alles was ich herausbringe. „Ich wollte sehen, wie du reagierst. Sehr emotional. Gefällt mir.“ „Ich hasse dich.“ Ihre Reaktion macht mich fassungslos. Es ist so als wäre sie nie wütend auf mich gewesen. „Sieh es als Rache an. Damit sind wir dann quitt.“ Sie streckt mir grinsend ihre Zunge raus. In diesem Moment möchte ich ihr am liebsten die Augen auskratzen und sie vierteilen. Stattdessen umarme ich sie. Ich weiß, dass es noch nicht wieder so ist wie vorher, auch wenn ich es mir gerne wünsche. Immerhin habe ich ihr massiv misstraut und mich lieber von meiner Unsicherheit lenken lassen als auf unsere langjährige Freundschaft zu vertrauen. Doch es ist ein erster Schritt und ich hoffe wirklich, dass wir bald wieder in unser gewohntes Fahrwasser übergehen können. Aber wie Ino, genieße ich den Augenblick unserer Versöhnung und während wir auf dem Weg zum Spielfeld sind, bringe ich sie auf den neusten Stand bezüglich Hinata. Nebenbei lasse ich einfließen, wie sehr es sie verletzt hat, dass wir sie die Sommerferien hinweg ignoriert haben und zu meiner Zufriedenheit bekommt Ino ein genauso schlechtes Gewissen wie ich. „Schade, dass Sai heute nicht kann. Ich wollte dir doch so gern den Mann vorstellen, wegen dem du unsere Freundschaft aufs Spiel gesetzt hast.“ Der Satz sitzt und meine Zufriedenheit schwindet. Wahrscheinlich werde ich diese Spitzen in den nächsten Wochen noch oft genug zu hören und fühlen bekommen. Aber das ist okay. Am Ende lief das Gespräch viel besser als gedacht. Zumal ich mir nicht einmal sicher war, ob ich es bis zur Entschuldigung schaffen würde. Wir gehen die Senke hinunter und ich rutsche beinahe auf dem nassen Gras aus. Gerade so kann ich mich abfangen und bleibe kurz stehen. Vorhin war ich unaufmerksamer und bin besser hinuntergekommen. Was für eine Ironie. „Alles gut?“ „Ja. Das war knapp.“ Ino lacht und ich kann gar nicht beschreiben wie schön es ist, das wieder zu hören. In unserem Gespräch ist es mir vorhin gar nicht aufgefallen, aber jetzt genieße ich es. „Na komm, du Bruchpilotin. Sonst verpassen wir noch den Anpfiff.“ Wir stellen uns an die Seitenlinie und haben so einen guten Blick auf die Ersatzbank der Mannschaften. Vor diesen haben sich die beiden Teams in jeweils einem Kreis aufgestellt und scheinen letzte Instruktionen zu erhalten. Die Suche nach Ino und das anschließende Gespräch haben mehr Zeit gefressen als ich ursprünglich dachte. Der Schiedsrichter pfeift einmal und jedes Team schreit noch seinen Kampfruf, bevor es losgeht. Wir haben Anspiel und dann beginnt das unsägliche Ball zueinander schieben, das ich einfach nicht verstehen kann. Ino neben mir ist begeistert vom Spiel und kommentiert fast jede Bewegung, die unsere Mannschaft macht. Ich weiß, dass Naruto als Stürmer bisher die drittmeisten Tore in dieser Saison geschossen hat und unbedingt Torschützenkönig werden will. Sasuke scheint auf der sechs zu spielen – was wohl so viel heißt, wie er ist das Gehirn der Mannschaft. Zumindest ist es das Wort, das Ino mir in einem Crashkurs vor zwei Jahren genannt hatte. Den Rest habe ich mittlerweile vergessen, aber er scheint eine Menge Aufgaben übernehmen zu müssen. Das Einzige, was ich wirklich erkennen kann, ist, dass Nejis Leistung als Abwehrchef bombastisch ist. Er koordiniert die anderen bei jedem Freistoß oder jeder Ecke genau richtig und scheint beinahe immer dort zu sein, wo jemand anderes fehlt, um die Lücke zu schließen. Es ärgert mich, dass er so heraussticht, während Naruto die meiste Zeit eher unentdeckt zwischen den anderen Spielern steht. „Er ist gut, nicht?“, fragt Ino mich irgendwann und ich schaue zu ihr. Sie hat die Augenbrauen zusammengezogen und kaut auf dem Fingernagel ihres Daumens herum. „Ja.“ „Die Gegner nehmen Naruto und Kiba zu gut aus dem Spiel. Wenn ihnen nicht bald etwas einfällt, dann können wir nur auf ein Unentschieden hoffen.“ „Was?“ Mir kam es nicht so vor als würde unser Team schlecht spielen. Ich bin mir sehr sicher, dass wir mehr Ballbesitz haben und im Vergleich auch häufiger vor dem gegnerischen Tor stehen. „Das Problem ist, dass sie nie den letzten Pass geben können. Schau dir Sasukes Gesichtsausdruck an. So verbissen wie er dreinschaut, könntest du glauben, wir würden vier zu null hinten liegen.“ Ich wende meinen Blick wieder auf das Spielfeld und suche Sasuke. Dieser befindet sich gerade im Zweikampf und kann den Ball für sich gewinnen. Anschließend dreht er sich in Richtung der gegnerischen Hälfte und … stoppt. Es kommen zwei Gegenspieler auf ihn zu und er gibt den Ball zurück zur eigenen Abwehr. „Sie haben ein gutes defensives Stellungsspiel. Hätte vom derzeitigen zweitplatzierten aber auch nicht weniger erwartet.“ Ino seufzt nach diesen Worten. Ein lauter Pfiff ertönt. Die Mannschaften verlassen das Spielfeld und begeben sich in Richtung der Umkleidekabinen, die sich in der Turnhalle befinden. Ich erhasche einen kurzen Blick auf Naruto, der sich angeregt mit Shikamaru unterhält. Sasuke läuft als letzter, noch hinter ihrem Trainer, zurück. Sollte er mich anschauen, werde ich ihm ein aufmunterndes Lächeln schenken. Aber das tut er nicht. Und ich weiß, dass es sowieso nichts helfen würde. „Sie haben das null zu null gehalten. Ich bin mir sicher, Shikamaru fällt etwas ein.“ Ino klopft mir aufmunternd auf die Schulter. „Ich würde mir schnell was zu trinken holen. Willst du auch?“ Ein Stück von uns entfernt wurde eine kleine Holzhütte hingestellt, aus der ein paar Mitglieder der Schülervertretung Getränke und Essen verkaufen. Die Einnahmen werden für Schulveranstaltungen genutzt und so geben viele Eltern meist mehr als es wirklich kostet. Wir stellen uns in die bereits lange Schlange und ich fische meinen Geldbeutel aus der Jackentasche. Ino hingegen hängt bereits am Handy und tippt fleißig darauf herum. Mit ihr unterhalten wird also erst einmal nichts werden. Ich schaue auf mein eigenes Smartphone. Keine neue Nachricht und ich wüsste auch nicht, wem ich schreiben sollte. Hinata möchte ich ungern stören, da ich mir unsicher bin, ob es sie wirklich freuen würde, wenn ich ihr ein Update des Spiels schreibe. Ich werde ihr am Ende das Ergebnis schicken und sollte sie nachfragen, ausführlich antworten. Mir bleibt also nichts anderes übrig als den Gesprächen der Menschen um mich herum zu lauschen. „Sasuke als Teamplayer ist auch was, das ich noch immer nicht glauben kann.“ Dieser Satz erfasst meine ganze Aufmerksamkeit. Er kommt von einem Mann hinter uns und so gerne ich mich umdrehen würde, um ihn anzuschauen, blicke ich eisern nach vorne. „Nur weil er nie auf deine Witze einsteigt, heißt es nicht, dass er nicht mit anderen Menschen umgehen kann, Shisui.“ Diese Worte, gesprochen von einer Frauenstimme, scheinen ihm einen Dämpfer zu verpassen. „Darum geht es nicht. Er schaut immer so mürrisch drein.“ „Was du damit zu ändern versuchst, indem du einen Spaß auf seine Kosten machst?“ „Man muss auch über sich selbst lachen können.“ Als Antwort erhält er nur noch ein Seufzen, wenn ich das durch den Lärmpegel um uns herum richtig höre. Anschließend schweigen sie oder die anderen Menschen sind lauter geworden. Ino stößt mich irgendwann an, weil wir mittlerweile ganz vorne angekommen sind. Wir nennen dem Mädchen an der Kasse unsere Bestellung, zwei Mal Cola, und zahlen. Von einem anderen Schüler erhalten wir die beiden Flaschen und machen uns dann schnell auf den Weg zurück zu unseren Plätzen. „Was hat dich denn gerade abgelenkt?“, fragt Ino mich und nimmt einen Schluck aus ihrer Flasche. „Hinter uns haben sich welche über Sasuke unterhalten.“ „Tun das die Leute nicht ständig?“ Ino wirkt irritiert. „Da hast du wohl recht.“ Aber der Inhalt lässt mir dennoch keine Ruhe. Sie wirkten so vertraut mit ihm. Ich wüsste gerne, wer sie waren. Die Stimme seiner Mutter klingt anders, wenn ich mich richtig erinnere und der Mann hörte sich auch zu jung für seinen Vater hat. Vielleicht sein Bruder? Aber heißt dieser nicht Itachi? Warum mache ich mir überhaupt Gedanken darüber? Trotzdem kann ich die Neugier nicht abschütteln. Ich hätte mich doch umdrehen sollen. „Die zweite Halbzeit beginnt. Du kannst später weiter träumen.“ Als ich zum Spielfeld schaue, rollt der Ball bereits wieder. Ich sehe keine große Veränderung zur ersten Halbzeit, allerdings dachte ich in dieser auch, wir wären dem Gegner haushoch überlegen. Also halte ich mich mit einem Urteil lieber zurück und beobachte Inos Reaktionen. Sie grinst zufrieden und murmelt hin und wieder etwas vor sich hin. „Das ist besser.“ „Genau, nach links.“ „Die sechs ist gefährlich.“ Falls sie mich irgendwann fragen sollte, werde ich ihr beipflichten und in allen Punkten recht geben. Diese Fußballleidenschaft werde ich aber wohl nie ganz begreifen können. Mich nervt es tatsächlich sogar, wenn sie, Shikamaru und Naruto in der Schule darüber diskutieren und Ino den beiden fast ins Gesicht springt, weil sie anderer Meinung sind. So lustig diese Vorstellung auch ist, sie danach wieder zu beruhigen ist anstrengend. „Gibt ab! Lauf! Ja. Los!“ Der Lärm um uns herum wird lauter und ich habe das Gefühl, gleich wird etwas passieren. Ich fixiere den Ball, folgte seiner Fluglinie und sehe, wie Naruto ihn mit der Brust stoppt. Er lässt ihn nicht auf den Boden aufkommen, sondern schießt noch während er in der Luft ist. „Ja! … Nein.“ Der gegnerische Torwart fischt den Ball aus dem rechten oberen Eck und am Ende landet er bei einem Abwehrspieler. „Mist. Aber sehr gut gemacht, Naruto!“, schreit Ino neben mir. Die ganze Aufregung und Begeisterung um mich herum ist so ansteckend, dass ich beginne, doch mitzufiebern. Neji kann nicht alles abfangen und so kommen kurz hintereinander zwei Bälle direkt auf unser Tor, die Choji dank seiner Reflexe stoppen kann. Daraufhin brüllt Neji etwas über das Spielfeld und ich freue mich fast, seine normale Art wieder zu sehen. Dieser faszinierende Spielstil passt für mich so gar nicht zu ihm. „Jetzt pass auf.“ Inos Augen glänzen als sie das sagt, dabei wäre dieser Hinweis überhaupt nicht nötig gewesen. Die Anspannung ist spürbar und sogar ich sehe, dass Sasuke gerade einen verdammt guten Pass gegeben hat, der direkt in Kibas Lauf landet. Dieser spielt einen der gegnerischen Verteidiger aus und gibt eine Flanke – wieder ein Wort, das ich von Ino weiß – in die Mitte. Naruto und zwei Abwehrspieler springen nach oben, um ihn zu erwischen. Narutos Sprungkraft ist allerdings denen der anderen überlegen und so köpft er den Ball geradewegs Richtung Tor. Der Torwart, der gerade auf dem Weg in die andere Richtung war, kommt nicht mehr schnell genug rüber und so erzielen wir das eins zu null. Ein tosender Jubel geht durch die Menge. Ino und ich springen begeistert in die Luft und umarmen uns. Mir ist in diesem Augenblick komplett entfallen, dass ich Fußball gar nicht mag. Das passiert mir allerdings öfter, wenn ich bei den Spielen bin. Diese unfassbare Freude um mich herum, die Spannung und die Leidenschaft sind überwältigend. Ob ich mich zu leicht von anderen anstecken lasse? Egal! Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass das Spiel nicht mehr lange dauern kann. Ich glaube, ich verstehe die Spannung um mich herum nun auch besser. Selbst ein Unentschieden ist nichts, mit dem man dieses Spiel beenden möchte. Die letzten Minuten sind ein reiner Kampf. Die Gegner drücken und so bleibt auch Kiba und Naruto nichts anderes übrig als sich in die Abwehr zu stellen. Es folgt ein Freistoß, bei dem Ino erneut auf dem Fingernagel ihres Daumens herumkaut. Choji faustet den Ball vom Tor weg und Rock Lee, wohl Nejis einziger Freund, haut ihn weit in die Hälfte der Gegner. Als der Schiedsrichter endlich abpfeift, fällt die Anspannung von mir ab und ich kann mich entspannt mit allen anderen mitfreuen. So wie ich das sehe, hätte ich wohl einen halben Nervenzusammenbruch erlitten, wenn ich mich besser mit diesem Sport auskennen würde. Ino sieht zumindest stark danach aus. „Und das meine Liebe ist der Grund, warum wir Tabellenerster sind. Komm, lass uns die Jungs beglückwünschen.“ Ich folge Ino und schaue ihr so auf den Rücken. Ich weiß, dass noch lange nicht wieder alles gut ist, aber gerade fühlt es sich doch so an. Es kommt mir vor als hätte ich unseren Streit und die Versöhnung vorhin nur geträumt und wäre endlich aus diesem Albtraum aufgewacht. Ich habe Angst davor, dass die Realität mich einholt, aber im Moment versuche ich es einfach zu genießen. Vor uns stehen schon einige Leute, darunter auch ein paar der Volleyballmädchen. Alle rufen Glückwünsche zu den vorbeigehenden Spielern, die sich nur zu gern feiern lassen – die andere Mannschaft hat schnell den Platz verlassen. Ino zieht mich mit sich und so biegen wir direkt vor der Menschenmasse ab und erklimmen den Hügel, wo wir allein auf die Spieler warten. Sasuke, den die Beglückwünschungen noch nie interessiert haben, kommt als erstes bei uns an. Ich überlege fieberhaft, was ich sagen soll, aber mir fällt partout nichts ein. Ein Glück habe ich Ino neben mir. „Gutes Spiel, Uchiha. Auch wenn ich in der ersten Halbzeit ein wenig gezweifelt habe.“ „Hn.“ Ino lässt sich, anders als ich, nicht davon abschrecken und antwortet deshalb: „Gesprächig wie immer.“ Dafür erntet sie einen bösen Blick, den sie mit einem zuckersüßen Lächeln erwidert. „Zum Glück hat es nicht geregnet.“ Warum ich diesen Gedanken laut ausspreche, noch bevor er mir in den Sinn kommt, kann ich nicht sagen. Ich wünsche mir allerdings sofort, dass ich ihn nie gesagt hätte. Ungeschehen machen kann ich es allerdings nicht mehr. „Ja.“ Oh. Was sag ich jetzt darauf? Mein Kopf ist wieder leer. Das war mehr Reaktion als ich erwartet habe. „Beschreit es nicht. Hinten kommen ziemlich dunkle Wolken.“ Ino rettet mir erneut den Hintern. „Sakura. Ino.“ Naruto kommt auf uns zugerannt und legt Sasuke freundschaftlich einen Arm um die Schulter. „Geiles Spiel, oder?“ Bevor ich reagieren kann, beginnt Ino damit, die erste Halbzeit Minute für Minute auseinanderzunehmen, was Narutos guter Laune aber keinen Abbruch tut. „Das kannst du Shikamaru weitergeben. Ich mach nur das, was mir gesagt wird.“ „Komisch. Ich hatte dir für die Abwehrarbeit etwas anderes gesagt.“ Narutos Grinsen gefriert ihm im Gesicht und ich sehe, wie seine Hand sich zur Faust ballt. Neji steht mit Lee im Schlepptau hinter ihm und Sasuke. „Bis nachher“, sagt er beinahe mechanisch. Er löst seinen Arm von Sasuke und trottet in Richtung Sporthalle. „Respekt hat er wohl auch nicht gelernt.“ „Neji. Er hat gut nach hinten gearbeitet. Das reicht.“ Stille. „Wie auch immer.“ Und damit gehen die beiden an uns vorbei. Lee schenkt Ino und mir ein freundliches Lächeln, bevor er sich wieder an Neji wendet. „So ein Arsch“, flüstere ich und jetzt sind es meine Hände, die sich zu Fäusten ballen. „Naruto war super. Oder nicht?“ Fragend schaue ich von Ino zu Sasuke und wieder zurück. Ino nickt mir entschlossen zu. „Er war gut. Das weiß er auch.“ Sasuke schaut uns nicht an, während er spricht. Stattdessen blickt er den anderen hinterher. Ich folge seinem Blick und stelle fest, dass außer ihnen noch keiner von unserem Team in die Umkleidekabine gegangen ist. Narutos wütender Ausdruck kommt mir wieder in den Sinn. „Sasuke“, sage ich deshalb und wende mich wieder zu ihm. Er sagt nichts, erwidert nur meinen Blick und ich weiß, dass er meine Sorge verstanden hat. Nachdem er allerdings kein Bedürfnis verspürt, ihnen zu folgen, hoffe ich, dass keine Gefahr einer Schlägerei besteht. „Sucht euch ein Zimmer.“ Durch Inos blöden Satz reißt der Blickkontakt. „Hn.“ Damit geht Sasuke an uns vorbei. Na toll. Nach und nach kommen auch die restlichen Spieler vom Spielfeld hoch. Ino ruft ein paar Glückwünsche in die Runde, aber ich kann meine Sorge noch immer nicht vergessen. Ich hoffe wirklich, Sasuke hat mit seiner Einschätzung recht. „Schau nicht so. Ihr habt beide so ernst geguckt, da wollte ich die Situation auflockern.“ Daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. Sofort steigt mir die Röte in die Wange. Manchmal hasse ich sie wirklich. Wieso habe ich mich noch mal mit ihr versöhnt? Ach ja, Hinata … und weil ich sie vermisst habe. „Sag mal Ino. Hättest du was dagegen, wenn wir noch zur Turnhalle gehen? Ich wollte kurz mit Naruto sprechen.“ „Dann auf. Ich brauche nach dem Spiel sowieso erst mal eine Zigarette und da laufen nicht so viele Erwachsene vorbei.“ Stimmt. Das war mir komplett entfallen. „Seit wann rauchst du eigentlich?“ „Nachdem du mir mein Herz gebrochen hast, musste ich meinen Kummer irgendwie verringern. Da ist mir durch Zufall eine Schachtel in die Hände gefallen.“ Danke auch. Also bin ich am Ende ihres Lebens Schuld, wenn sie an Lungenkrebs stirbt? Als wir am Gebäude ankommen, zieht Ino eine Schachtel Zigaretten aus ihrer Jackentasche. Sie nimmt sich zusammen mit dem Feuerzeug eine heraus und zündet sie sich an. „Was willst du überhaupt von ihm?“ „Ich möchte nur sicher gehen, dass alles in Ordnung ist. Wenn du den Blick gesehen hättest, dann …“ „Was ich übrigens gern gemacht hätte. Aber ich war ja nicht eingeladen.“ Die nächste Spitze. Als Freundinnen wären wir normalerweise gemeinsam zu Hinata gegangen. „Ich weiß.“ Mehr kann ich dazu nicht sagen, obwohl mir eine Entschuldigung bereits auf den Lippen lag. Aber wenn ich das zu oft mache, verliert das Wort an Gewicht – das ist zumindest die Ausrede, die ich mir für meinen Seelenfrieden habe einfallen lassen. Ehrlich gesagt tue ich mich weiterhin schwer, es laut auszusprechen, weil ein Stück meines Stolzes dazwischen grätscht. Von weitem sehe ich, dass Naruto noch nicht reingegangen ist – oder wieder rausgekommen ist. Er geht auf und ab. Ich beschleunige meinen Schritt und möchte gerade nach ihm rufen, als sich jemand in mein Sichtfeld schiebt. Direkt vor Naruto bleibt Shion stehen, die ich dank ihrer langen, hellblonden Haare und des Kimonos wohl unter tausend Menschen erkennen würde. Sie überreicht ihm etwas, das weder Ino noch ich erkennen können. Ein Blickwechsel mit ihr, lässt mich allerdings erkennen, dass wir beide uns um dasselbe Sorgen machen. Wenn es ein Geschenk ist, dann haben wir ein Problem. „Vielen Dank“, hören wir Naruto sagen. Zwei, drei Schritte können wir sicher noch näherkommen. „Gern. Sag mal, Naruto.“ Shion druckst etwas unsicher vor sich hin, was unsere Befürchtung noch weiter verstärkt. „Was gibts denn?“ Er mustert sie. Das hilft ihrer Stimme offensichtlich nicht wirklich. Aber nach einem kurzen Schockmoment öffnet sie ihren Mund wieder: „Hättest du Lust am Freitag mit mir zum Karaoke zu gehen?“ Scheiße. Ino und ich glotzen uns an. Scheiße! Kapitel 8: Weil es kompliziert wird ----------------------------------- Am Montagmorgen bin ich noch immer geschockt von der Szene, die sich am Vortag vor unseren Augen ereignet hat. Dagegen war das Gespräch mit Ino ein Witz. Naruto hat Shions Angebot zum Karaoke liebend gern angenommen. Ein Schock für uns. Als er kurz darauf Ino und mich erblickte, lud er uns sofort ein und verkündete anschließend, die anderen aus der Mannschaft würden sicher auch mitwollen. Ein gewaltiger Schock für Shion. Nun gehen wir am kommenden Freitag zusammen in die Karaokebar. Mit gefühlt der halben Schule – Ino erhielt nochmal eine Einladung von Choji. Temari hat mich heute Morgen gefragt, ob ich auch gehe und auf dem Weg ins Klassenzimmer habe ich ein paar Schüler darüber diskutieren hören, welches Lied sie zuerst singen wollen. Was für ein Lauffeuer. „Glaubst du, wir passen überhaupt alle da rein?“ Ino lehnt mit verschränkten Armen an meinem Tisch. „Frag mich was Leichteres. Mir tut Shion nur schrecklich leid. Das war sicher nicht so geplant.“ „Mir auch. Wobei es mich jetzt nicht überrascht.“ Ich nicke zustimmend. Naruto hat manchmal ein gewaltiges Brett vor dem Kopf. „Aber sei ehrlich. Du bist froh, dass er das missverstanden hat. Die beiden allein unterwegs? Was für ein Desaster.“ „Ja. Aber …“ „Aber du fühlst dich deshalb schlecht, weil du Shion nett findet. Ja. Ich auch. Bloß unsere Loyalität gilt Hinata.“ Bei diesem Thema von Loyalität zu sprechen, ist etwas überzogen, aber allgemein muss ich Ino natürlich zustimmen. „Ich hab es nicht einmal über mich gebracht, ihr das zu schreiben“, gestehe ich kleinlaut und male mit meinem Zeigefinger Kreise auf den Tisch. „Wieso? Ist doch gut ausgegangen für sie.“ „Das meine ich nicht. Ich denke eher, sie wird traurig sein, weil sie sicher nicht mitdarf.“ „Aber wenn sie morgen wieder in die Schule kommt, wird sie das mitbekommen. Also müsste ihr das jemand sagen. Ich kann das auch übernehmen.“ Vorsichtig hebe ich meinen Blick und verziehe mein Gesicht zu einer Grimasse. Es soll wie ein entschuldigendes Lächeln aussehen, aber ich merke selbst, dass das nicht klappt. „Stimmt. Du hast es ja nur wegen Hinata geschafft, dich bei mir zu entschuldigen.“ Inos Worte sind trocken und treffen mich bis ins Mark, aber ich habe beschlossen, die Spitzen erst einmal zu ignorieren. „Ich will sie nur nicht traurig machen. Wenn ich daran denke wie verloren sie Freitag war, möchte ich am liebsten selbst weinen.“ Ino winkt ab. „Schon gut. Lass ruhig mich die schlechten Nachrichten überbringen. Aber wer weiß, vielleicht darf sie ja mit?“ „Glaubst du wirklich, dass Neji …“, beginne ich zähneknirschend. Ino unterbricht mich allerdings sofort: „Ich wusste nicht, dass Neji ihr Vater ist.“ „Ach bitte. Ihr Vater ist super streng. Und ansonsten fragt er wahrscheinlich eh Neji und die Antwort kennen wir alle.“ Daraufhin schweigt Ino tatsächlich, was nichts anderes bedeutet, als dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen habe. Wenn nicht einmal mehr ihr ein Konter einfällt … Ich merke, dass ein paar der anderen uns mustern. Sie sind wahrscheinlich alle brennend daran interessiert, was mit Ino und mir in den letzten Wochen los war. Glücklicherweise hat sie das alle nicht zu interessieren. Ich freue mich einfach, dass wir langsam zurück zu unserem alten Verhalten finden – ihre Spitzen tun allerdings noch sehr weh. „Aber weißt du, was mir keine Ruhe lässt“, fragt sie mich schließlich. „Neji war schon immer traditionell. Aber bisher hat er Hinata weitestgehend in Ruhe gelassen. Woher kommt also dieser plötzliche Sinneswandel?“ Die Frage ist berechtigt. Leider habe ich keine Antwort darauf. „Sakura.“ Die Stimme kommt mir zu bekannt vor, um sie ignorieren zu können. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen drehe ich mich um und mache mich auf das schlimmste gefasst. Tenten steht vor mir, mustert mich mit ihren großen, braunen Augen und hält mir schließlich zwei Blätter unter die Nase. „Wir haben in zwei Wochen unser nächstes Spiel. Ich hab jeder nochmal aufgeschrieben, auf was wir bei unseren Gegnerinnen achten müssen und welche Schwächen sie haben.“ Ich nehme ihr schweigend das Papier aus der Hand und überfliege es kurz. Auf beiden Blättern steht exakt dasselbe darauf. „Danke. Aber ...“ Tenten lässt mich gar nicht ausreden, sondern beantwortet die Frage direkt: „Das zweite ist für Ino. Da ihr in derselben Klasse seid, dachte ich mir, du könntest ihr eine Kopie geben.“ Ich nicke stumm. Mit diesem Aufeinandertreffen hatte ich auf dem Weg zum Getränkeautomaten nicht gerechnet. „Sehr gut. Dann bis Morgen.“ Tenten dreht sich wieder um und geht ein paar Schritte, bevor sie stehen bleibt und sich noch mal mir zuwendet. „Und noch was: ich freu mich, dass ihr euch wieder vertragen habt.“ Ein Lächeln erscheint auf ihren Lippen, bevor sie zurück in ihr Klassenzimmer marschiert. Entgeistert schaue ich ihr nach. Hat Tenten jemals gelächelt? Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern. Aber es ist schön und ein wenig ansteckend. Vielleicht liegt es aber auch nur am Thema. Ino und ich haben uns wieder vertragen. Denn auch auf meinen Lippen erscheint ein Lächeln. Die Sorge, dass es zu schön ist, um wahr zu sein, kann ich allerdings nicht komplett unterdrücken. Blöde Unsicherheit. Durch dieses kurze Gespräch ist mir komplett entfallen, dass ich mir etwas zu trinken holen wollte, weshalb ich mich wieder auf den Weg zurück ins Klassenzimmer mache. Ich lese mir währenddessen Tentens Aufzeichnungen durch und bin von ihrer Recherchearbeit tief beeindruckt. Es wird von Mal zu Mal detaillierter und bei jedem neuen Bericht frage ich mich, ob sie noch besser werden kann. Ja, kann sie. „Vorsicht!“ Vor Schreck fallen mir die Blätter aus der Hand und ich schaue auf. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht mehr auf den Weg vor mir geachtet habe. Zwei Schritte weiter und ich wäre gegen die Wand gelaufen. Ich drehe mich um und blicke einem runden Paar schwarzer Augen entgegen – umrahmt von echt langen Wimpern. „Alles gut?“ Lee steht vor mir und hält bereits die Blätter in der Hand, die mir gerade hinuntergefallen sind. „Ja. Danke.“ Gegen die Wand zu laufen, hätte eine ganz schöne Beule gegeben. „Gar kein Problem. Dein Name ist Sakura, oder?“ „Ja.“ Ich nehme ihm die Blätter ab und versuche mich innerlich noch immer vom Schreck zu erholen, den mir der Beinahekuss mit der Wand beschert hat. „Ich bin Rock Lee. Aber alle sagen nur Lee zu mir.“ Gerade noch so kann ich mich davon abhalten, ihm zu sagen, dass ich das längst weiß. Es scheint ihn unheimlich zu freuen, sich vorstellen zu können, also lasse ich ihm das. „Freut mich. Und vielen Dank für dein Einschreiten. Das wäre sonst schmerzhaft geworden.“ „Das stimmt.“ Er lacht. Aus Schamgefühl stimme ich ein. „Ich geh dann mal zurück in meine Klasse. Man sieht sich.“ Mit diesen Worten verabschiede ich mich und eile an ihm vorbei. Ich muss den Gang ein paar Meter zurückgehen, da ich die Tür zum Klassenzimmer bereits verpasst habe. „Bis dann!“, ruft Lee mir hinterher. Mir wird erst bewusst, dass ich gerade mit Nejis – einzigem – Freund gesprochen habe, als ich auf meinem Platz sitze. Er wirkte so … nett. Aber das tat er beim Spiel gestern bereits schon. Lee will für mich so gar nicht zu Neji passen und ich verstehe nicht, was er an ihm findet. „Ich kann deinen Kopf arbeiten hören. Was ist los?“ Ino stützt sich mit den Händen auf meinem Tisch ab und mustert mich aufmerksam. „Nichts. Ich wäre gerade nur fast gegen eine Wand gelaufen. Lee hat mich zum Glück aufgehalten.“ „Ah. Wir haben uns schon gefragt, wer da so geschrien hat. Laut Sasuke war es nichts. Er kam nämlich direkt nach dem Ruf ins Zimmer rein.“ Meine Augen weiten sich und allein der Gedanke, dass Sasuke hätte sehen können, wie ich die Wand küsse, wird mir schlecht. Wie peinlich. Es macht sich auch eine Art Trauer in mir breit, weil nicht er es war, der mich aufgehalten hat. Wahrscheinlich hätte er sowieso nicht darauf geachtet. „Was hat dich denn so abgelenkt?“ Kommentarlos reiche ich Ino eins der Blätter. Ihre Augen huschen über die Zeilen und Stück für Stück bewegen sich ihre Mundwinkel nach oben. „Sehr cool. Man kann nicht sagen, dass Tenten eine faule Kapitänin ist.“ „Würde mir im Traum nicht einfallen.“ Streng, beängstigend oder leidenschaftlich? Definitiv. Aber faul ganz sicher nicht. „Aber ich verstehe nicht, wieso du dir deshalb so viele Gedanken machst. Das Team scheint mehr Schwächen als alles andere zu haben. Das sollte für uns ein Klacks sein.“ „Ich hab mir nicht deswegen Gedanken gemacht. Sondern über Lee.“ „Wie bitte?“ Inos Worte sind so laut, dass einige der anderen, darunter Naruto, sich zu uns umdrehen. „Was denn? Ich finde es eben seltsam, wie er mit Neji befreundet sein kann. Das ist alles.“ „A-ach so.“ Ich bin mir nicht sicher, aber für einen kurzen Moment sieht es so aus als würde ein Schatten über Inos Gesicht huschen. Ich lerne gerne. Es macht mir Spaß, Themengebiete zusammenzufassen und sie mir so nach und nach anzueignen. Aufgrund der emotionalen Talfahrt in den letzten Wochen, ist das allerdings zu kurz gekommen. Ich hänge eine Woche mit meinen Unterlagen hinterher und versuche gerade die lose in meine Tasche gestopften Zettel zu entwirren. Erschreckend wie stark mein Liebeskummer auf meine Ordnung Einfluss genommen hat. Ich merke auch, dass ich noch immer nicht ganz auf der Höhe bin. Es dauert zehn Minuten und verzweifeltes Suchen, bis mir einfällt, warum ich meine Mitschriften vom Freitag nicht finden kann. Die liegen aktuell bei Hinata im Zimmer und warten darauf, morgen wieder in meine Hände wandern zu dürfen. Seufzend lasse ich mich auf meinen Schreibtischstuhl sinken und zähle in Gedanken bis zehn, während ich passend dazu ein- und ausatme. Ich wünsche mir meine Fokussierung von vor den Sommerferien zurück. Es ist wirklich zum Heulen. In diesem Moment vibriert mein Handy und eine Nachricht erscheint auf dem Sperrbildschirm. Hinata wusste schon Bescheid. Shino hat sie angeschrieben. Er und Kiba sind auch dabei. Stimmt Shino. Er und Hinata sind, seitdem sie letztes Schuljahr innerhalb der Klasse für die Organisation unseres Standes fürs Herbstfest verantwortlich waren, befreundet. Das steht uns dieses Jahr auch wieder bevor. Ich hatte es beinahe erfolgreich verdrängt. Zwei Wochen lang befindet sich die Schule im Ausnahmezustand, du kommst zu nichts anderem als Vorbereitungen und jeder ist gestresst. Für Hinata, die aufgrund ihrer Schüchternheit große Schwierigkeiten hat, Menschen Befehle zu erteilen, war es die Hölle auf Erden. Aber sie war auch nicht in der Lage gewesen, nein zu sagen, nachdem Kurenai-Sensei sie darauf angesprochen hatte. Ich mache drei Kreuzchen, wenn wir es dieses Jahr hinter uns haben. Und? Ino schreibt und löscht ihren Text wieder. Kurz passiert nichts, dann sehe ich, dass sie erneut tippt und im nächsten Moment ploppt ihre Antwort auf. Sie möchte nicht mit. Sind zu viele Leute. An die Möglichkeit habe ich bisher noch gar nicht gedacht. Aber es wundert mich nicht. Hinata würde wahrscheinlich nur mitgehen, um in Narutos Nähe zu sein. Vor einer so großen Anzahl von Leuten singt sie definitiv nicht. Und nachdem Neji wohl auch weiterhin an ihr kleben wird wie eine Klette, würde ich es wohl auch einfach sein lassen. Strategisch gesehen in meinen Augen nicht die beste Entscheidung, aber ich habe sowieso nicht viel Hoffnung gehabt, dass sie die Erlaubnis bekommen würde, mitzukommen. Der Abend wird an Shion gehen. „Langsam hackts aber“, flüstere ich zu mir selbst und kann nicht fassen, an was ich gerade gedacht habe. Wir sind hier nicht im Krieg, auch wenn Ino und ein paar andere das wohl denken werden. Ich möchte nicht, dass Naruto Hinatas Herz bricht, aber sollte er Gefühle für Shion haben, dann wird sich das nicht ändern lassen. So schmerzhaft es auch ist. Aber so wirklich glaube ich nicht daran. Wenn Naruto bereits tiefere Gefühle für Shion empfinden würde, wäre er sicher nicht so dämlich gewesen, die halbe Schule zum Karaoke einzuladen. Ich muss für Hinata positiv denken. Denn so wie ich sie kenne, werden ihr ähnliche Gedanken durch den Kopf schwirren. Versteh ich. Kommt sie morgen wirklich? So ein paar Restzweifel bleiben mir. Aber Inos Ja muntert mich auf. Ich freue mich darauf, Hinata wieder bei mir in der Klasse sitzen zu haben. Ich hoffe nur, es wird ihr guttun und wir können ihr endlich helfen, ihren persönlichen Bodyguard loszuwerden. In diesem Augenblick taucht Narutos wütendes Gesicht wieder vor meinem inneren Auge auf. Unruhig beginne ich mit meinem linken Fuß auf- und abzuwippen. Sasuke schien nach dem Spiel keinen Grund zu sehen, sich um Naruto Sorgen machen zu müssen. Auf diese Einschätzung sollte ich mich verlassen können. Oder? Ich weiß es nicht. Normalerweise würde ich nicht an Sasuke zweifeln. Er strahlt etwas ganz Seltsames aus. Ich kann es nicht in Worte fassen, aber wenn er etwas sagt, glaube ich ihm, ohne es zu hinterfragen. Aber ich hätte niemals gedacht, einen solchen Blick in Narutos Augen zu sehen und das macht mich nervös. Ich versuche mir selbst zu erklären, dass ich es gerade sowieso nicht ändern kann und mich deshalb wieder auf meine Unterlagen konzentrieren muss. Mit zusammengebissenen Zähnen nehme ich den Stift erneut in die Hand und setze ihn auf dem Papier an. Meine Gedanken schweifen immer wieder zu Morgen und die innere Unruhe lässt sich nicht mehr abstellen. Ich kann nur beten, dass alles gut gehen wird. Mit was genau ich gerechnet habe, weiß ich nicht. Allerdings nicht damit, dass Neji genau drei Meter hinter Hinata läuft und ihr somit den nötigen Freiraum lässt. Sie lächelt mich schüchtern an, als sie mich sieht und ich gehe ihr ein paar Schritte entgegen. „Was ist denn hier los?“, flüstere ich ihr zu und vergesse das Hallo in meiner Neugier. „G-uten Morgen.“ Hinatas Manieren sind fest in ihrem Charakter verwurzelt. Ich möchte mich gerade für meinen Fauxpas entschuldigen, da spricht sie bereits weiter: „Ha-hanabi und er … haben sich S-samstag gezofft.“ Überrascht weiten sich meine Augen. Den befürchteten Streit gab es bereits, aber anders als ich erwartet hätte. „Nun … nun läuft Neji d-drei Meter hinter mir.“ Hinata ist mit dieser Lösung nicht glücklich. Ganz und gar nicht, aber mit ihrem schüchternen Wesen und dem Drang, Konflikten aus dem Weg zu gehen, wird sie daran nichts ändern. „Immerhin ein Fortschritt“, versuche ich sie deshalb aufzumuntern. Sie wirft mir einen verzweifelten Blick zu und mir zieht sich das Herz zusammen. „Guten Morgen!“ Ino kommt auf uns zu und winkt uns grinsend zu. Mir wird gerade bewusst, wenn Neji nicht drei Meter hinter uns stehen würde, wäre es wieder so wie vor den Sommerferien. Aber dank ihm kann ich mich kaum darüber freuen. Als Ino bei uns ankommt, erwidern wir ihren Gruß und Hinata fügt hinzu: „S-schön, dass ihr euch wieder ver-vertragen habt.“ Dieses Lächeln ist ehrlich und für einen Augenblick scheint sie ihr Dilemma vergessen zu haben. „An mir ist es nicht gescheitert.“ Ino zwinkert uns zu und ich unterdrücke den Drang, meine Augen zu verdrehen. „Ach echt?“, frage ich sie. „Ja echt. Ich war von deiner Anschuldigung tief verletzt. Aber ich kenne dich nun schon ein paar Jahre. Und nachdem du dich endlich entschuldigt hast, bin ich von jeglichem Groll befreit.“ Sie hört sich eher nach einem Mönch an als nach meiner besten Freundin. „Ich kenne dich gar nicht so versöhnlich“, erwidere ich deshalb und hebe eine Augenbraue. „Siehst du mal. Fühl dich geehrt.“ „Immer.“ Den Sarkasmus kann ich aus meiner Stimme nicht verbannen, aber es scheint Ino nicht weiter zu stören. Wahrscheinlich hat sie damit sowieso gerechnet. Hinata kichert leise. Irritiert werfen Ino und ich uns einen Blick zu, bevor wir begreifen und einstimmen. Es fühlt sich wirklich wie früher an. Nur Neji stört. Zumal er Hinata weiterhin bis zum Klassenzimmer begleitet und uns so mächtig auf die Nerven geht. Die Blicke der anderen Schüler verfolgen uns den ganzen Weg bis dorthin und ich mache drei Kreuze als er endlich aus meinem Blickfeld verschwindet. Hinata sicher noch mehr. Naruto taucht ein paar Minuten nach uns auf und läuft direkt zu Hinatas Tisch zu. „Guten Morgen. Ich hoffe, dir geht es besser?“, fragt er und fummelt am Umhängegurt seiner Tasche herum. Hinatas Wangen färben sich rot und sie nickt heftig. Zwischen den beiden zu sitzen, ist ein unangenehmes Gefühl und ich würde mich am liebsten zurückziehen. Aber dieses trottelige Verhalten der beiden ist irgendwie auch süß. „D-das freut mich.“ Naruto steht vor uns und bewegt sich keinen Zentimeter. Es scheint, als wolle er noch etwas sagen, aber er traut sich nicht. „Trottel.“ Sasuke taucht neben ihm auf. Seine Hände hat er lässig in die Hosentaschen gesteckt und mein dummes Herz macht einen Hüpfer. „Ey. Was hab ich den jetzt schon wieder gemacht?“, meckert Naruto ihn an und löst in diesem Zug den Blick von Hinata. Ich höre sie neben mir nach Luft schnappen und weiß, dass sie gerade vergessen hatte, zu atmen. „Dich wie ein Trottel verhalten“, erwidert Sasuke monoton. Manchmal verstehe ich nicht, wie es möglich ist, dass die beiden befreundet sind. Aber dann verstehen sie sich im nächsten Moment ohne Worte und mir wird wieder klar warum. Naruto hat mir in der Mittelschule mal erzählt, dass Sasuke und er sich immer den Rücken freihalten würden. Ähnlich wie Ino und ich – sofern ich sie nicht wieder wegen irgendwelcher Unsicherheiten fälschlicherweise beschuldige. Auch jetzt folgt ein stummer Austausch zwischen den beiden und ich würde einiges geben, um zu erfahren, um was es geht. „Sasuke ist Freitag übrigens auch dabei“, sagt Naruto irgendwann und grinst mich breit an. Es gefällt mir nicht, wie er mich dabei anschaut. Es wirkt als hätte er mich längst durchschaut. Nicht verstehen, was Shion von ihm möchte und andere so direkt darauf stoßen. Das ist eine super Eigenschaft. „Was? Sasuke und Karaoke? Ich fasse es nicht.“ Ino kommt lachend auf uns zu und Sasuke versteift sich kaum merklich. Ich glaube, das Gespräch verläuft gerade nicht so wie von ihm ursprünglich geplant. Was für ein Plan dahinter auch immer stecken mochte. „Es hat mich auch einiges an Überzeugung gekostet.“ „Also geht er nur mit, damit du den Mund hältst?“, frage ich, froh meine spitze Zunge wiedergefunden zu haben. Naruto zuckt ertappt zusammen und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Wirst du dann auch singen?“, fragt Ino weiter. „Hn.“ Das heißt dann wohl nein. „Schade, ich hatte auf ein Duett von dir und Naruto gehofft.“ „Also mit Sasuke will ich beim besten Willen kein Duett singen.“ Ich werde hellhörig und erinnere mich sofort an Inos und meinen Vorsatz, Naruto in Situationen zu bringen, in denen er gezwungen ist, etwas über Hinata zu sagen. „Mit wem würdest du denn ein Duett singen?“ Ino zwinkert mir wissend zu und gespannt warten wir die Antwort ab. „Ähm ... ich ... weiß nicht. Wahrscheinlich mit ... keinem.“ „Das glaube ich auch. Hinata geht schließlich nicht mit.“ Und damit wäre Ino Yamanaka mal wieder mit purer Leidenschaft mit der Tür ins Haus gefallen. Schweigen. Narutos Blick wandert langsam zu Hinata. „D-du gehst nicht mit?“ Gut, das Ino zwei Bomben hat platzen lassen. So können wir die Anspielung schön übergehen. „Du gehst echt nicht mit? Ich dachte Shino lügt.“ Kiba ist auf einmal neben uns und auch ein paar andere Mitschüler tauchen auf. Es folgt eine ellenlange Diskussion darüber, wie wichtig es ist, dass wir geschlossen als Klassengemeinschaft gehen. Sogar ich fühle mich von den ganzen Menschen um mich herum überfordert und werfe Hinata einen Blick zu. Sie hat ihre Lippen fest aufeinandergepresst und starrt verbissen auf den Tisch vor sich. Die Stimmen von ungefähr zehn Leuten prasseln auf sie ein und ich beschließe dem ein Ende zu machen. „Ruhe.“ Erschrocken zucke ich zusammen. Das Wort war nicht geschrien, dafür aber umso bestimmender ausgesprochen. Augenblicklich drehen sich alle Köpfe um und jeder von uns schaut in die Richtung, aus der die Stimme kam. Sasuke steht noch immer mit den Händen in der Hosentasche da, aber seine Mimik hat sich verändert. Es ist ein kalter Blick, der uns alle gleichzeitig zu fixieren scheint. Wir stehen völlig regungslos da und wissen nicht mehr, was wir machen sollen. „Guten Mo...“ Kakashi-Sensei betritt den Raum und bleibt stehen. Unsere Blicke wandern nun zu ihm und er hebt verwundert seine Augenbrauen. Wie immer ist sein Gesicht unter einem Mundschutz versteckt. Nach einem kurzen Scan der Gesichter sagt er: „Entschuldigt, dass ich zu spät bin. Fangen wir an.“ Er geht zum Pult vor und die anderen begeben sich beinahe mechanisch zu ihren Plätzen. Nur Ino bleibt noch einen kurzen Moment bei mir stehen. Sie möchte sicher etwas sagen, das niemand sonst mitbekommen soll. Allerdings ist es Hinata, die schließlich das Wort ergreift. „I-ich komme mit.“ Erschrocken drehen Ino und ich uns zu ihr herum. Was?! Kapitel 9: Weil die Idee dumm ist --------------------------------- Es ist Mittwoch, die Sonne scheint kräftig von oben auf uns herab und wir haben die Schule für heute hinter uns gebracht. Wegen Naruto befinde ich mich allerdings nicht auf dem Weg nachhause, sondern in die Innenstadt. Shikamaru kam heute in der Zwischenstunde zu uns und hat ihn gefragt, wo wir überhaupt hingehen und für wie viele Leute reserviert sei. Anscheinend zwingt irgendjemand – ich wüsste zu gerne wer – ihn, mitzukommen. In diesem Moment fiel Naruto siedend heiß ein, dass er sich darum gar nicht gekümmert hat und nach Rückfrage an uns, musste er feststellen, dass es sich auch nicht auf magische Weise von selbst erledigt hat. Das Ende vom Lied ist nun, dass Sasuke, Ino und ich ihn begleiten, in der Hoffnung noch ein paar Räume zu organisieren. „Macht euch da mal keine Sorge, echt jetzt. Ich kenn da wen.“ Das sagt er bereits zum vierten Mal und langsam glaube ich, er will sich damit selbst beruhigen. „Auf wie viele sind wir vorhin gekommen? 126? Ich weiß nicht mal, ob es eine Karaokebar gibt, die insgesamt groß genug für diese Menge an Leuten ist.“ „Und sind wir mal realistisch: selbst wenn es eine Karaokebar gibt, die mit allen Räumen groß genug wäre, dürften die meisten bereits reserviert sein“, ergänze ich Inos Überlegung. „Das passiert, wenn man erst redet und dann denkt.“ Sasuke genießt es offensichtlich, seinem besten Freund diesen Fehler vorzuhalten. Nichts von dem, was wir sagen, baut Naruto auf und seine Schultern sacken ein Stück nach unten. Beinahe habe ich Mitleid mit ihm, aber in diese Situation hat er sich selbst gebracht. Außerdem wäre ich nicht sonderlich böse, wenn der Freitag ins Wasser fallen würde – und Ino geht es genauso. Hinata mag zwar beschlossen haben, mitzukommen, aber wir wissen auch heute noch nicht, wie sie das anstellen möchte. Ihren Vater will sie nicht fragen und dank Temaris Info – ihr kleiner Bruder ist in derselben Klasse wie Neji – wissen wir, dass dieser erscheinen wird. Lee hat ihn wohl überredet mitzukommen. Er mag nett sein, aber das ist wirklich ungünstig für uns. „Wir können ja im Notfall bei Naruto den Abend verbringen.“ Es soll ein Witz sein, aber noch während Ino den Vorschlag laut ausspricht, versteift sie sich und mir wird plötzlich schlecht. Es war ein Missverständnis, eine Szene, die ich im betrunkenen Zustand falsch gedeutet habe. Aber diese Nacht im Haus von Narutos Eltern, hätte beinahe unsere Freundschaft zerstört. Es hängt uns noch immer nach. Nicht in unserem alltäglichen Verhalten, aber in manchen Worten und Gedanken. So sehr es sich wie früher anfühlt, ist irgendwo auch heute etwas nicht normal zwischen uns. Ich kann es nicht greifen und es geht auch nicht um Inos Spitzen. Es sind Bedeutungen zwischen den Zeilen, ein kurzes Zögern, bevor man etwas ausspricht. Für niemanden sichtbar, außer für uns, weil wir es spüren, während es passiert. So wie jetzt. „Mama würde mich umbringen.“ Wundert mich nicht. Kushina Uzumaki ist eine wundervolle Frau, aber sie hat keinen sonderlich langen Geduldsfaden. Anders als ihr Mann, der die Ruhe selbst zu sein scheint. „Sie ist noch immer der festen Überzeugung, dass jemand in ihrem Schlafzimmer ... S-sex hatte.“ Er stolpert über das Wort und ich muss lachen. Ino nicht, schließlich hat seine Mutter Recht. „Sakura, das ist nicht lustig. Sie hätte mich beinahe einen Kopf kürzer gemacht, nur weil sie eine leere Kon-kondomverpackung gefunden hat.“ Mein Lachen wird lauter und aus den Augenwinkeln sehe ich, dass Ino tatsächlich rot wird. Endlich etwas, das ich ihr vorhalten kann. Vielen Dank, Naruto! „Ich wäre beinahe gestorben. Echt jetzt!“, ruft Naruto empört. „Selbst schuld“, sagt Sasuke und nun fällt mein Seitenblick auf ihn. Er scheint sich gut zu amüsieren, wenn ich mich nicht täusche. Immerhin grinst er beinahe. Mein Herz macht einen Hüpfer und ich verschlucke mich. Ino beugt sich zu mir und klopft mir freundschaftlich auf den Rücken. Ich möchte ihr danken, aber da flüstert sie mir ins Ohr: „Genau wie du. Die Rache kommt sofort.“ Sie lächelt mich lieblich an und sagt laut und mit Besorgnis in ihrer Stimme: „Alles wieder gut?“ Ich nicke, weil mir keine passende Erwiderung einfällt und atme tief durch. Diese Info war definitiv jedes Verschlucken der Welt wert. „Ich hab jedem gesagt, dass sie die Zimmer mit den großen Xen an der Tür nicht betreten dürfen.“ Naruto beginnt sich vor Sasuke zu rechtfertigen, der nur mit einem Blick dafür sorgt, dass dieses Argument entkräftet wird. „Ich habe eben nicht für jeden Raum einen Schlüssel. Sonst ... sonst hätte ich sie abgesperrt. Echt jetzt!“ Wenn er das schon so überzeugt sagt, will ich ihm das natürlich glauben. Naruto ist seit jeher für seine Weitsicht bekannt und ich bin mir sicher, dass sein erster Gedanke im Vorfeld der Party, das Malheur mit den Schlüsseln war. Und nicht der Glaube an die betrunkene Menschheit, dass sie sich an ein X halten. „Weil du soweit denkst“, erwidert Sasuke und spricht damit meinen Gedanken laut aus. Naruto öffnet seinen Mund, schließt ihn wieder und schaut beleidigt nach vorne. „Warum kümmert sich Shion eigentlich nicht um eine Karaokebar?“, wechselt Ino das Thema. Ich bin mir nicht sicher, ob es daran liegt, weil es ihre Schuld ist oder weil sie eine große Begeisterung für Klatsch und Tratsch hat und ihr dieses Thema deshalb mehr bringt. „Ähm …“, beginnt Naruto etwas überfordert. „Ich hab ihr gesagt, dass sie nichts weiter tun muss. Immerhin kenne ich ja jemanden und so. Sie hat mir vorhin auch nochmal bestätigt, auf Infos von mir zu warten wo und wann genau.“ Nach der Aktion hätte ich auch keine Lust mehr, mich um diesen Abend zu kümmern. Ich würde aber wohl nicht mitgehen. „Und ohne Shikamarus Frage hättest du es vergessen?“, hakt Ino neugierig nach. Naruto knirscht mit den Zähnen und nickt knapp. Es ist schon ein wenig gemein von uns, ihn so damit aufzuziehen, aber es gibt Situationen, die bieten sich so gut an, dass es wie ein Lauffeuer wird. Du kannst es nicht mehr stoppen. Und Narutos verpeilte Art ist immer wieder aufs Neue eine Einladung. „Na ja, ich hatte eben … andere Dinge im Kopf.“ Hilfesuchend richtet sich sein Blick auf mich und ich kann mich seinen großen, blauen Augen nicht entziehen. „Lässt sich auch nicht mehr ändern. Also, wo genau befindet sich diese ominöse Karaokebar und wie gut kennst du den Besitzer wirklich?“ Dankbar beginnt Naruto auf die Fragen zu antworten und mit jedem Wort, das er sagt, beginne ich zu zweifeln, ob ich dieses Gebäude wirklich betreten möchte. Ich bin mir nun auch zu hundert Prozent sicher, dass Sasuke ein Grinsen unterdrücken muss. „Moment!“, fährt Ino irgendwann dazwischen und bleibt stehen. „Versteh mich nicht falsch, ich bin ein großer Fan davon, Regeln großzügig auszulegen und habe kein Problem damit, mal was Verbotenes zu machen. Aber willst du uns gerade umschrieben erklären, dass wir in einen Hostess-Club gehen?" „Ähm ... nennt man das so? W-wusste ich gar nicht.“ Ja, genau. Darum wird er auch feuerrot und weicht Inos musterndem Blick aus. „Ja, nennt man so. Und soweit ich weiß, wird ein Großteil der Gruppe, wohl keine Lust haben zur Stoßzeit“, sie macht eine künstlerische Pause, um den Wortwitz sacken zu lassen – aber niemand lacht – also spricht sie weiter, „zwischen fremden, sexuell erregten Menschen, Lieder zu singen.“ Narutos Miene hellt sich auf. „Also, wenn das euer größtes Problem ist, dann macht euch mal keine Sorgen. Echt jetzt. Der Laden ist am Rande der Stadt und sicher groß genug, um nicht einmal jemand der anderen Gäste zu sehen.“ Ich bin mir nicht sicher, ob er unser 'größtes Problem' richtig verstanden hat. "Für jemanden, der rot anläuft, wenn er das Wort Sex in den Mund nehmen muss, wirkst du ziemlich abgeklärt über die Abläufe eines Hostess-Clubs.“ Ino gefällt die ganze Situation eindeutig zu gut. „Naruto, sag uns bloß nicht, dass das dein heimliches Hobby ist?“, stichele ich – von Ino motiviert – weiter. Ich muss leider gestehen, dass es auch mir mehr Spaß macht als es sollte. „Der Laden gehört seinem Paten.“ Sasukes Stimme klingt monoton wie immer und ich muss automatisch schlucken. Im ersten Moment denke ich, Sasuke ist von unseren dummen Sprüchen genervt, aber als ich einen Blick riskiere, kann man ihm deutlich ansehen, wie sehr es ihn in Wahrheit amüsiert. Ino nimmt diese Information dankend an und sagt: "Ach so ist das. Auch noch Vetternwirtschaft. Also wirklich Naruto. Was wohl deine Eltern dazu sagen werden?“ „Von wegen Vetternwirtschaft. Außerdem haben sie mich doch bereits als Kind da ein- und ausgehen lassen. Und vor allem wolltet ihr alle eine Lösung haben. Ich hab eine gefunden“, beginnt er sich zu rechtfertigen. Ich kann mir meine Antwort nicht verkneifen: „So gehört sich das ja auch. Der, der das Problem erschafft, muss es lösen.“ Schweigen. Ich glaube, wir haben Naruto gerade ein klein wenig gebrochen. Allerdings erinnert er mich im nächsten Moment daran, dass er ein Stehaufmännchen ist und wechselt gut gelaunt das Thema. Die nächsten zehn Minuten unterhalten er und Ino sich – mit ein paar kleinen Anmerkungen von Sasuke – über Fußball und ich habe Zeit, mir Gedanken zu machen, wie zur Hölle wir Hinata in einen Hostess-Club schmuggeln sollen. Einer Lösung für dieses Problem bin ich allerdings auch noch nicht näherkommen, als wir schließlich vor einem zweistöckigen Haus stehen, dessen Fassade mit – aktuell ausgeschalteten – Neonschildern ummantelt wurde. Das Haus steht nicht im Rotlichtviertel der Stadt, aber die Schriftzeichen bestätigen eindeutig, dass es sich hierbei um einen Hostess-Club handelt. „Glaubst du wirklich, das ist eine gute Idee?“, flüstere ich, während ich gebannt auf die Metalltür starre, die uns vom Inneren trennt. „Wieso nicht?“ „Weil einige wahrscheinlich Panik kriegen, dass sie Ärger von der Schule bekommen werden. Schließlich ist das kein Gebäude, in dem sich Schüler aufhalten sollten“, antwortet Ino für mich, scheint aber selbst ganz heiß darauf zu sein, das Haus zu betreten. „Da müsst ihr euch keine Sorgen machen.“ Es ist Sasuke, der das sagt. Verwirrt schauen Ino und ich zu ihm. Er steht mit den Händen in den Hosentaschen da und würdigt uns keines Blickes. In dieser Pose schaut er viel zu gut aus. „Da bin ich jetzt aber gespannt. Kann man die Neonschilder irgendwie abbauen? Gibts einen Hintereingang, den man diesem Haus nicht zuordnen kann? Oder einen geheimen Tunnel?“, fragt Ino spitz. „Hn.“ Wie frustrierend ich diese Antwort finde, kann ich kaum in Worte fassen. Es ist echt anstrengend, um jede Information bei ihm betteln zu müssen. Und bei jedem anderen Menschen würde nun mein Temperament mit mir durchgehen, aber Sasuke gegenüber traue ich es mich nicht, laut zu werden. Was würde er sonst über mich denken? „Uchiha, entweder du erzählst alles oder sagst einfach gar nichts.“ Ino hingegen lässt ihrer Unzufriedenheit freien Lauf. Wie sehr ich sie dafür beneide. Und wie sehr ich mich für mich selbst schäme. „Ganz ruhig. Sasuke hat Recht. Wir brauchen uns keine Sorgen machen, echt jetzt. Aber wir dürfen wirklich nichts sagen.“ Oh, das hört sich spannend an. „Aha. Und wieso?“ Inos Interesse ist geweckt. Und wenn es jemanden gibt, den man nie sagen sollte, dass man ein Geheimnis hat, ist es Ino. Narutos Augenbrauen ziehen sich zusammen und er legt seinen Kopf schief, bevor er sagt: „Würde ich es dir nicht erzählen, wenn ich die Frage beantworte?“ Manchmal ist er wirklich ein Genie. „Nicht zwingend. Du kannst auch nur ...“ „Wir sollten langsam reingehen oder nicht? Es wird schon spät.“ So gerne ich einen verbalen Schlagabtausch zwischen Ino und Naruto auch sehen möchte, will ich hier endlich fertig werden und heimgehen. Denn das hier dürfte eine der dümmsten Ideen sein, die Naruto jemals hatte. „Hn.“ Ich nehme das als Zustimmung. Naruto zuckt mit den Schultern und dreht sich dann zur Tür. Rechts daneben befinden sich drei Klingeln, die er alle drückt. Und dann warten wir. „Sollen wir es nochmal versuchen?“, frage ich, nachdem zwei Minuten lang nichts passiert ist. „Vielleicht ist auch niemand zuhause?“, überlegt Ino laut. „Seid nicht so ungeduldig. Er arbeitet meistens abends. Bis das Geschäft öffnet sind es noch zwei Stunden. Wahrscheinlich ist er noch nicht angezogen.“ Naruto klingt so als müsse man das wissen. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen, dass ich mich noch nie näher mit den Öffnungszeiten eines Hostess-Clubs beschäftigt habe – oder irgendeine Ahnung habe, wie das Nachtleben in dieser Stadt aussieht. Außerdem hätte ich nicht gedacht, dass der Besitzer auch in seinem Etablissement lebt. „Na dann.“ Ino hat es kaum ausgesprochen, als wir auf der anderen Seite der Tür Geräusche vernehmen. Eine kleine Klappe in der Tür wird zur Seite geschoben und ich sehe dunkle, schmale Augen, die uns mustern. „Was willst du hier?“, wird Naruto unhöflich begrüßt. „Hey! Spricht man so mit seinem Patenkind?“ „Wenn besagtes Kind einen Mann zu so einer unpassenden Zeit stört: ja.“ Ich bin mir sehr sicher, dass ich nicht wissen will, bei was wir ihn gestört haben. „Ich hab dir heute Vormittag eine Nachricht geschickt. Wenn du den halben Tag pennst, ist das nicht meine Schuld. Können wir reinkommen oder nicht?“ Von seiner Zuversicht ist nicht mehr viel übriggeblieben. Ich kann nicht anders als Sasuke einen fragenden Blick zuzuwerfen. Ist es normal, dass die beiden sich so benehmen? Sasuke seufzt nur leise. Ino schmunzelt neben mir. Der Mann hinter der Tür richtet seinen Blick schließlich auf uns. Er mustert Ino und mich eindeutig zu lange und ich habe das Bedürfnis ihm meine Tasche über den Schädel zu ziehen. „Denk gar nicht dran, du Perversling“, sagt Naruto mit einem scharfen Unterton. Na toll. Sein Pate und die Lösung unseres Problems ist ein notgeiler, alter Sack. Mein Gefühl, dass das hier eine ganz miese Idee war, wird von Minute zu Minute stärker. Wie soll das am Freitag funktionieren, wenn locker fünfzig Mädchen hier auftauchen, um ausgelassen mit ihren Mitschülern zu singen? Männer, die in solche Etablissements gehen, traue ich nicht zu, ihre Finger bei sich zu lassen. Egal ob gegenüber Angestellten oder Schulmädchen. „Pass auf, was du sagst. Du bist mir immer noch nicht zu groß, Naruto. Außerdem wollte ich nur überprüfen, ob eine von den beiden deine Freundin ist.“ „Naruto hat keine Freundin“, rutscht es Ino raus. Ich weiß nicht, was im Kopf meiner besten Freundin vor sich geht, aber sie schaut aus als wäre sie gerade zwischen Ekel und Faszination gefangen. „Die Befürchtung hatte ich schon“, antwortet er. „Lässt du uns jetzt rein oder nicht?“ Naruto ist furchtbar genervt und ich kann es ihm nicht verdenken. Wäre ich wohl auch. Aber wenn man auf eine so dumme Idee kommt, beim Besitzer eines Hostess-Clubs (Pate oder nicht) anzufragen, hat man es eigentlich auch nicht anders verdient. „Erst wenn du mir sagst, was du willst.“ „Wenn du auf dein Handy schauen würdest, wüsstest du das längst.“ Ich kann die Augenbrauen zwar nicht sehen, aber die Bewegung um seine Augen zeigt, dass er diese hebt. „War schön euch zu sehen.“ Und damit knallt er das kleine Fenster wieder zu. „Hey!“, ruft Naruto und hämmert gegen die Tür. „Mach auf, du alter, perverser Sack!“ „Ich hab dir gesagt, es ist eine dumme Idee.“ Ich kann das nicht vorhandene Grinsen in Sasukes Stimme hören. Naruto dreht sich wütend um. „Halt die Klappe.“ Ino und ich wechseln einen Blick und können nicht anders, als loszulachen. „Das ist nicht witzig!“ „D-doch. So ... so ein klein wenig schon“, antwortet Ino und wir lachen weiter. Ich bekomme langsam sogar Bauchschmerzen und muss mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischen. „Habt ihr es langsam?“, fragt Naruto gereizt. Ino räuspert sich und ich versuche mich durch langsame tiefe Atemzüge zu beruhigen. „J-ja.“ Von meinem Ausbruch peinlich berührt schiele ich zu Sasuke. Was er wohl gerade über mich denkt? Macht er sich überhaupt Gedanken darüber? Und kann mein dummes Hirn bitte einmal die Klappe halten? „Und was willst du jetzt machen?“ Ino sieht nicht so aus, aber ich bin mir sicher, dass ihre Frage ernst gemeint ist. Naruto wird dadurch wieder daran erinnert, weshalb wir überhaupt hergekommen sind. Er flucht lautlos und schaut uns der Reihe nach an. „Keine Ahnung. Echt jetzt.“ „Du könntest absagen“, schlage ich vor. „Was? Nein. Es freuen sich doch schon alle drauf. Da kann ich das doch nicht einfach abblasen.“ Naruto sieht niedergeschlagen aus und mein Herz zieht sich zusammen. Oh man, ich würde ihn gerade wirklich gern in den Arm nehmen – dabei ist er doch für den Schlamassel selbst verantwortlich. „Es gibt schlimmeres als es abzusagen“, versucht Ino ihm gut zuzureden. Es würde wohl aufrichtiger klingen, wenn man ihr nicht ansehen würde, dass sie kurz davor ist, erneut zu lachen. Sie kann wirklich ein böser Mensch sein. „Nein, gibt es nicht!“ Ich erschrecke bei diesem plötzlichen Ausbruch und springe beinahe einen Schritt nach hinten. „Aha. Warum denn das?“, möchte Ino wissen. „Weil ... weil halt.“ „Das ist keine sonderlich fundierte Argumentation“, erwidere ich. „Ich ... ich kann es eben nicht absagen. Überlegt doch mal, was die anderen denken werden.“ „Seit wann kümmert es dich, was andere denken?“, fragt Ino belustigt. „Tut ... tut es doch gar nicht. Also, ich meine, doch schon, aber ...“ Hilfesuchend blickt er zu Sasuke, der eine Augenbraue hebt. Ob er damit ausdrücken möchte, dass Naruto sich allein da durchkämpfen muss oder selbst auf die Antwort gespannt ist, weiß ich nicht. „Ihr seid wirklich gemein!“, ruft er und fuchtelt mit dem ausgestreckten Zeigefinger vor uns herum. „Wir haben nur eine Frage gestellt.“ Je länger dieses Gespräch dauert, desto mehr verwirrt es mich. Mir fällt kein vernünftiger Grund ein, warum er wegen eines Vorschlags so aus der Haut fahren sollte. Und das will etwas heißen, wenn ich an meine eigenen irrationalen Handlungen denke. Ich hoffe nur, Sasuke hat mir das Gezicke nicht übelgenommen. „Na danke auch. Ihr seid alle drei furchtbare Freunde.“ Mit diesen Worten dreht er sich weg und entfernt sich von uns. „Was soll denn der Blödsinn jetzt?“, ruft Ino ihm hinterher. „Ich wusste gar nicht, dass du so empfindlich bist.“ Ich bete, dass sie nicht anfängt zu kichern. Zum Glück war Naruto noch nie gut darin, Sachen unkommentiert zu lassen. Er bleibt stehen und wendet sich wieder zu uns. „Ich bin nicht empfindlich. Ihr versteht einfach nicht, dass ... ich mein. Scheiße. Echt jetzt.“ Er fährt sich mit seinen Fingern durch die Haare und sein Blick wandert zum Gebäude hinter uns. „Nach dem ganzen Mist, den ... den Hinata wegen mir durchmachen musste, habe ich mich einfach gefreut, dass sie mitkommt. Ich wollte den Abend nutzen, um mich vernünftig bei ihr zu entschuldigen ... oder so.“ „Oh.“ Inos Erheiterung verschwindet augenblicklich. Dass es plötzlich so ernst wird, hätten wir wohl alle nicht gedacht. Na ja, ich kann natürlich nicht für Sasuke sprechen. Meine Bauchgefühl sagt mir eher, dass er die Beweggründe längst durchschaut hat. Einen Augenblick ist es still zwischen uns, doch dann sagt Ino: „Verstehe.“ Sie schaut mich an und ich nicke entschlossen. Mit großen Schritten bin ich bei der Eisentür und hämmere energisch dagegen. Von uns beiden hatte ich schon immer mehr Kraft in den Armen. „Hey, du perverser Sack“, ruft Ino, die nachweislich ein lauteres Organ hat. „Du machst augenblicklich auf oder wir stecken der Polizei, dass es hier zu sexuellen Gefälligkeiten gegen Geld kommt.“ „Hey, spinnt ihr?“, zischt Naruto schockiert und eilt zu uns. „Und dass du uns dazu gezwungen hast, hier nebenbei zu arbeiten!“ „Keine Sorge, wir bluffen nur“, flüstere ich. Dabei fällt mein Blick leider kurz auf Sasuke und ich kann es erneut nicht vermeiden, mich zu fragen, was er wohl über mich denkt. Ich verstehe sowieso nicht, wieso ich mir so viele Gedanken darüber mache. Immerhin erlebt er meine wenig charmante Seite regelmäßig in Diskussionen mit anderen – und ganz besonders mit Naruto. Zum Glück bleibt mir eine genauere Analyse meines Verhaltens erspart, weil die Tür mit einem Ruck geöffnet wird. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich den großen Mann vor mir an. Er hat lange, weiße Haare und trägt einen blauen Anzug, wobei die Krawatte lose um seinen Hals hängt. „Danke.“ Ino lächelt ihn zuckersüß an. „Ich weiß nicht, wer ihr seid, aber ich hoffe, ihr glaubt nicht wirklich, dass ich mir sowas von zwei Oberschülerinnen gefallen lasse.“ „Ich weiß nicht, was Sie meinen. Wir möchten nur, dass Sie Naruto kurz zuhören. Nicht wahr, Sakura?“ „Ja, seien Sie doch bitte so freundlich.“ Ich deute eine Verneigung an, achte aber darauf, nicht den Blickkontakt zu unterbrechen. Es dauert einen Augenblick, doch dann sagt er: „W-wie kann ich so netten, jungen Damen das nur ... abschlagen.“ Er unterbricht etwas panisch den Blickkontakt mit mir und ich muss sagen, es fühlt sich wundervoll an, wieder das alte Ich in mir zu spüren. Dieses angriffslustige Wesen, das durch den eingebildeten Vertrauensbruch von Ino beinahe verschwunden wäre. „Also wie darf ich dir behilflich sein?“ Ich glaube, ich sehe ein paar Schweißperlen auf seiner Stirn. „Ähm ...“, Naruto ist sichtlich überfordert, „wir ... wir brauchen den gesamten ersten Stock und deine Ka-karaokemaschine.“ „Und natürlich alkoholfreie Getränke und etwas zu essen. Und wir fänden es wirklich toll von Ihnen, wenn Sie am Freitag für den normalen Publikumsverkehr geschlossen hätten.“ Inos Lächeln wird immer zuckriger und ich habe das Gefühl, ich bekomme Diabetes, wenn ich sie noch länger anschaue. „Das tut mir leid, aber das kann ich definitiv nicht ...“ „Wie heißen Sie eigentlich?“, unterbricht Ino ihn. „Was? Ähm ... stimmt. Jiraiya. Aber Mädels, wirklich. Ich kann nicht einfach meinen ...“ „Schön Sie kennenzulernen. Wir wussten gar nicht, dass Narutos Pate ein so erfolgreicher Geschäftsmann zu sein scheint.“ Ino in ihrem absoluten Element. „Jetzt wo du es sagst. Der Anzug muss ein Vermögen gekostet haben“, pflichte ich bei. Mehr als das kann ich aber leider nicht. Dieses natürliche Talent, Menschen aus der Bahn zu bringen, besitze ich nicht. „Definitiv. Und als solcher dürfte es Ihnen sicher nicht schwerfallen, den Laden für einen Abend geschlossen zu lassen. So als Beweis wie wichtig Ihnen Ihr Patenkind ist. Nicht wahr, Jiraiya?“ „Ino ...“, versucht Naruto dazwischenzugehen. „Oh, das ist wirklich schön von Ihnen“, übergehe ich seinen Einwand. Mir liegen böse Blicke zwar mehr, aber ich gebe mein Bestes, um möglichst lieblich zu klingen. „Jetzt passt ma-...“ „Ja? Sie möchten uns noch weiter entgegenkommen? Ich mein, wir möchten natürlich unser Essen und die Getränke selbst zahlen. Aber wenn Sie darauf bestehen, das ebenfalls zu übernehmen, wer wären wir da, nein zu sagen?“ Egal ob fünfzehn oder fünfzig, gegen Inos Wortschwall kommt man nicht an und das muss der arme Mann gerade am eigenen Leib erfahren. „Ich habe nicht ...“ „Natürlich nicht. Wir möchten auch möglichst keine Umstände machen. Selbstverständlich kommen wir am Freitag so früh wie möglich und helfen beim Aufbauen.“ „Naruto!“, ruft Jiraiya und schaut ihn fassungslos an. Aber dieser zuckt nur hilflos mit den Schultern. Ich nutze den Moment der Unaufmerksamkeit und schiebe mich so vor die Tür, dass er sie nicht hinter sich schließen kann, sollte er einfach gehen wollen. „Wenn wir gewusst hätten, das Naruto einen so selbstlosen Paten hat, wären wir schon viel früher zu Ihnen gekommen.“ Ino lässt noch immer nicht locker. „Ich weiß wirklich ni-“ „Wissen Sie, wir sind schon so lange mit Naruto befreundet und er hat uns noch nie von Ihnen erzählt. Es wäre doch sicher sehr schade, wenn wir uns für eine lange Zeit nicht mehr sehen würden, oder?“ Diese Anspielung ist definitiv gefährlich. Aber Ino kann gut bluffen und mit dieser Selbstverständlichkeit, die sie an den Tag legt, würde ich an seiner Stelle nichts riskieren wollen. „Wenn ich euch den Club überlasse, geht ihr dann endlich?“ „Also, wenn Sie es so freundlich formulieren: natürlich. Wir sind schon so gut wie weg.“ „Einverstanden.“ Ino kann man einfach nicht lange standhalten. „Das ist wirklich toll. Vielen Dank. Und vergessen Sie nicht: das Geschäft bleibt geschlossen. Und wir bitten Sie höflichst, darauf zu achten, dass uns niemand belästigt, während wir hier sind.“ Meine Worte klingen freundlich, aber mein Blick ist angriffslustig. „Natürlich“, stimmt Jiraiya umgehend zu. Damit wäre die Gefahr für uns Schülerinnen minimiert. Ich kann nicht glauben, wie gut dieser Überfall funktioniert hat. Ich bin sehr zufrieden mit uns. „Dann wäre alles geklärt.“ Begeistert klatscht Ino in die Hände und wir grinsen uns an. „Die beiden sind ja fast so angsteinflößend wie Tsunade“, flüstert Jiraiya Naruto zu. Hat er da gerade den Namen unserer Rektorin genannt? „Dafür aber gefährlicher“, nimmt Ino die Vorlage auf, ohne sich lang über irgendwelche Hintergründe zu wundern. „Schließlich ist sie ein gutes Vorbild“, füge ich hinzu. „Merkt man“, antwortet er mit einem Lachen, was mich stutzig macht. Aber ich kann nicht sagen warum. Wir verabschieden uns von Jiraiya, der noch ein paar Worte mit Naruto wechseln möchte. Leider spricht er zu leise, um den Inhalt ihrer Unterhaltung mithören zu können. Darum wende ich mich in die Richtung, in der Sasuke steht. Er wirkt noch immer sehr belustigt. Als er meinen Blick bemerkt, nickt er kurz und dreht sich dann zum Gehen. Mein Herz macht einen Hüpfer. Wer hätte gedacht, dass eine so dumme Idee zu einem solch guten Gefühl führen würde? „Gut, damit hätten wir die Location geklärt. Freitag kann kommen.“ Ino legt freundschaftlich einen Arm um meine Schultern und drückt mich kurz an sich. Sie ist wohl genauso zufrieden mit sich wie ich. „Und Naruto kann sich dann endlich vernünftig entschuldigen.“ Ino zwinkert ihm bei diesen Worten zu und er wird rot um die Nase. Das holt mich allerdings auf den Boden der Tatsachen zurück. „Ähm ... Hinata hat ihr Kommen zwar bestätigt, aber sie weiß noch gar nicht, ob sie darf.“ Und damit ist die gute Stimmung ruiniert. Oh man, wir brauchen ganz dringend eine Lösung dafür. Kapitel 10: Weil Fragen nichts kostet ------------------------------------- Naruto hat beschlossen, dass es seine Aufgabe ist, zu helfen, Hinata in den Hoste- ich meine, die Karaokebar zu bekommen. Er spricht es zwar nicht aus, aber wir wissen alle, dass es daran liegt, weil er der festen Überzeugung ist, es sei seine Schuld, dass Hinata von Neji mit Argusaugen beobachtet wird. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber ich kann diesen Gedankengang nachvollziehen. Aus diesem Grund befinden wir uns deshalb gerade auf dem Weg zu ihm nachhause. Es ist schon spät, weil sowohl die Jungs – Sasuke ist ebenfalls dabei – als auch Ino und ich noch Training hatten. Naruto hat uns gebeten, sollte seine Mutter fragen, was wir bei ihnen zuhause machen, auf eine gemeinsame Hausaufgabe zu verweisen. Ich stelle es mir auch schwer vor, ihr zu erklären, dass wir uns einen abenteuerlichen Plan ausdenken, wie wir Hinata heimlich zum Karaoke schmuggeln und vor Ort den ganzen Abend Neji aus dem Weg gehen können, sodass keinem auffällt, dass sie dabei ist. Je länger ich darüber nachdenke, desto unmöglicher erscheint es mir, eine passable Lösung zu finden. Ich meine, wir sind hier in keinem schlechten Teeniefilm, in dem man es immer auf die Millisekunde genau schafft, noch etwas ins Blickfeld des Feindes zu schieben, um das Entdeckt werden zu vermeiden. Als wir am Haus von Hinatas Familie vorbeikommen, werfe ich einen Blick zu den Fenstern und frage mich, ob sie uns gerade beobachtet. Weder Ino noch ich haben ihr etwas von unserem Plan erzählt, weil wir Angst haben, ihr falsche Hoffnungen zu machen. Was sie wohl denken wird, wenn sie uns vorbeilaufen sieht? Ich bete dafür, dass dies nicht der Fall ist und so kein falscher Eindruck entsteht. In unserem Freundinnendreieck gab es in den letzten Wochen genügend Missverständnisse und Dramen für die nächsten hundert Jahre. Das Haus von Narutos Eltern steht in der Größe dem ihrer Nachbarn in nichts nach, aber die Büsche und Sträucher im Garten, den wir durchqueren müssen, um zur Eingangstür zu gelangen, wachsen viel natürlicher vor sich hin. Ich liebe die Schaukel, die noch immer an dem alten Ginko befestigt ist, der rechts neben dem Haus steht. In der Mittelschule haben wir Stunden darauf verbracht. Und ich würde gerne herausfinden, ob es das Gemüsebeet auf der Rückseite noch gibt, um das sich Narutos Vater in seiner spärlichen Freizeit so liebevoll gekümmert hat. Das muss ich Naruto irgendwann mal fragen. Als wir den Hausflur betreten, hören wir Schritte näherkommen und im nächsten Moment ertönt die Stimme von Narutos Mutter. „Naruto, du weißt doch, dass du … Oh. Wen haben wir denn da? Hallo ihr zwei.“ Mit einem breiten Grinsen strahlt Kushina Uzumaki Ino und mich mit ihren grauen Augen an. „Hallo Mama“, sagt Naruto leicht genervt. Wie jeder Teenager ist es ihm offensichtlich unangenehm, dass seine Mutter sich nicht zurückhalten kann. Mich stört das allerdings nicht, weil ich Kushina einfach toll finde. Bei Mama würde ich allerdings vor Scham im Erdboden versinken. „Hallo“, sagen Ino und ich freundlich und verneigen uns kurz. Sasuke tut es uns überraschenderweise gleich – warum finde ich das überhaupt überraschend? Eine Verneigung ist schlicht höflich. Wahrscheinlich, weil er meistens so in sich gekehrt und wortkarg ist. Egal. „Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen. Und wie gehts euch? Naruto hat erzählt, ihr spielt Volleyball?“ Bevor Ino oder ich darauf antworten könnten, meckert Naruto: „Mama. Wir haben dafür wirklich keine Zeit.“ Kushina hebt zweifelnd eine Augenbraue und ich warte darauf, dass sie ihm eine Kopfnuss wegen seiner Unfreundlichkeit verpasst. Aber sie schüttelt schließlich seufzend den Kopf. „Ja, ja. Mütter sind ihren Kindern in dem Alter peinlich. Ich versteh schon.“ Ino und ich müssen schmunzeln. „Wenn ihr was braucht, sagt Bescheid. Und macht bitte nicht mehr zu lange. Dein Vater kommt bald nachhause und ich würde dann gern zeitig essen.“ „Ja“, antwortet Naruto langgezogen. Kushina schüttelt erneut den Kopf, während sie zurück ins Innere des Hauses geht. Ihre roten Haare scheinen noch länger geworden zu sein. Wenn ich daran denke, wie langsam meine wachsen, werde ich wirklich neidisch. Wir wechseln unsere Schuhe und folgen Naruto anschließend nach oben in den ersten Stock. Alles was im Haus der Hyuuga ordentlich und aufeinander abgestimmt ist, steht hier fehl am Platz und dürfte optisch gar nicht zueinander passen – und dennoch tut es das. Das futuristische Sofa neben der antiken Kommode ist hierfür das beste Beispiel. Narutos Mutter hat wirklich ein Händchen dafür. Auch Ino betrachtet die Einrichtung ungewohnt genau – wahrscheinlich möchte sie sich ein wenig inspirieren lassen. Sollte Ino irgendwann in ihre erste Wohnung ziehen, wird es ein Drama, bis sie alle Möbel beisammenhat, die sie haben möchte. Auf dem Weg in Narutos Zimmer kommen wir an dem Fenster vorbei, hinter dem ich ihn ein paar Mal habe stehen sehen. Ich habe mir früher nie Gedanken darüber gemacht, aber jetzt überprüfe ich genau, was man alles von hier aus sehen kann. Wie ich feststelle, nicht viel. Hinatas Zimmer ist glücklicherweise genau so geschnitten, dass man von hier aus nur einen Teil der Wand sehen kann. Da sich ihr Bett, ihr Schrank und ihr Schreibtisch allerdings auf der anderen Seite befinden, gibt es wahrscheinlich nicht sonderlich viel zu beobachten. Doch kein Spanner stelle ich fest. Nicht, dass ich es ihm ernsthaft zugetraut hätte, aber man weiß ja nie. In Narutos Zimmer herrscht das totale Chaos. Es liegen sicher acht leere Instant-Ramen-Packungen herum. Seinen halben Kleiderschrank und die armen Schulbücher möchte ich gar nicht zu genau beachten. „Du hättest aufräumen können“, schlägt Ino vor, die sich zwischen den Gegenständen am Boden durchschlängelt. „Hab ich doch“, erwidert Naruto verwirrt. Sasuke neben mir räuspert sich kurz. Als ich hinschaue, sehe ich, dass er seine Lippen festzusammenpresst. Wollte er gerade lachen? „Also wenn das der aufgeräumte Zustand ist, möchte ich wirklich nicht wissen, wie es hier sonst aussieht.“ Ino mustert die Unordnung mit gerümpfter Nase, lässt sich aber schließlich aufs Bett fallen. Ich frage mich unterdessen, ob es komisch wäre, wenn ich für ihn aufräumen würde? Gerade die Bücher, die ich verzweifelt versuche auszublenden, tuen mir schrecklich leid. Es wäre so einfach, sie aufzuheben und gestapelt auf seinen Schreibtisch zu legen, auf dem derzeit seine Sporttasche steht. Ich unterdrücke dieses Bedürfnis allerdings und setzte mich neben Ino. Naruto lässt sich einfach auf den Boden, zwischen all den Sachen, die dort nichts zu suchen haben, fallen und Sasuke nimmt falsch herum auf Narutos Schreibtischstuhl platz. So sitzen wir eine Weile schweigend da und warten, dass einer von uns einen Vorschlag bringt, den wir diskutieren können. Doch niemand möchte den Anfang machen. Was sind wir nur für eine schrecklich schlechte Rettungsgruppe? „Also?“, fragt Ino irgendwann, um die Stille zu durchbrechen. „Also“, wiederhole ich langsam. „Hinata verkleiden wird nicht klappen, oder?“, frage ich halb ironisch. „Kommt drauf an. Wenn man sie auf gar keinen Fall mehr erkennen soll, wird sie wahrscheinlich so ein auffälliges Kostüm tragen, dass alle Blicke auf ihr liegen werden.“ Ino lacht trocken. „Wenn wir uns eher darauf konzentrieren, Neji fernzuhalten?“, fragt Naruto nachdenklich. Er spielt nebenbei mit seiner Krawatte herum, die ihm lose um den Nacken liegt. „Und wie willst du das anstellen?“ Ich lege meinen Kopf schief, gespannt auf eine Antwort. „Keine Ahnung. Aber darum sitzen wir doch hier, oder nicht?“ Schweigen. Ino lässt sich nach ein paar Minuten mit einem frustrierten Schnauben nach hinten fallen. „In Filmen wirkt das immer so einfach“, sagt sie mürrisch. „Filme sind auch nicht das echte Leben.“ Ich tätschle ihren Oberschenkel und seufze. Es war wirklich naiv von uns zu glauben, dass uns schon irgendetwas einfallen würde, wenn wir nur alle zusammen lange genug überlegen. Wir sind hier nicht in einem abgedrehten Teeniespionagefilm oder einer süßen Schulliebeskomödie. Hier werden wir nicht irgendwie mit der ganzen Scharade durchkommen. Es ist zum Ver- „Sie soll einfach fragen.“ Ino sitzt plötzlich senkrecht neben mir. Sie, Naruto und ich schauen alle gleichzeitig zu Sasuke. „Du weißt ganz genau, dass das nicht geht“, antwortet ihm Ino, die sich als erster wieder gefangen hat. „Nein. Ihr vermutet, dass es nicht geht“, korrigiert er sie. „Hinatas Vater ist mega streng“, mischt Naruto sich nun ein. Ino übernimmt wieder: „Außerdem wird er sicher Neji fragen und der wird sich definitiv dagegen aussprechen.“ „Neji kommt selbst.“ „Und?“ Sasuke wirft Ino einen Blick zu, als könne er nicht glauben, dass sie ernsthaft diese Frage stellt. Mit einem lauten ‚Hmpf‘ verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust und erwiderte seinen Blick trotzig. „Wie soll Neji rechtfertigen, dass er zu einem einfachen Karaokeabend voller Schülerinnen gehen kann, aber Hinata nicht?“, wirft Sasuke schließlich die Frage in den Raum. In diesem Moment macht es bei mir klick. Hinata wäre nicht die einzige Schülerin, es ist keine gefährliche oder verruchte Angelegenheit und Neji würde sicher kein ok bekommen, selbst zu gehen, wenn er das mit dem Hostess-Club an die große Glocke hängen würde – so wie wahrscheinlich alle von uns. Deshalb sage ich schließlich: „Er hat nicht unrecht.“ „Wie bitte?“, erwidert Ino ungläubig. „Na ja … überleg doch mal.“ Ino öffnet ihren Mund, schließt ihn aber wieder und ich atme erleichtert aus. Ich habe das miese Gefühl, dass sie kurz davor war, etwas zu sagen, das mich vor Scham im Erdboden versinken lassen würde. „Gut. Dann kannst du ihr ja sagen, sie soll ihn einfach fragen. Hinata wird sich das niemals trauen.“ Das ist der Haken an diesem Vorschlag. Hinata wird unter diesen Umständen sicher niemals zu ihrem Vater gehen und ihn um Erlaubnis bitten. Wenn wir doch nur jemanden hätten, den wir vorschicken können. Jemand, der … „Hanabi!“ Ich springe auf und fummle in meiner Rocktasche herum, um mein Handy herauszuholen. Die anderen schauen mich einen Moment verwirrt an. „Willst du etwa, dass Hanabi fragt?“ „Nicht ganz, Ino. Sie soll Hinata nur helfen, es zu machen. Sie ist vielleicht erst zwölf, aber sie hat einen enormen Dickschädel.“ Endlich weiß ich, wie ich meinen Trumpf ausspielen kann. Etwas schwerfällig durchsuche ich meine Kontakte nach Hanabi – das kratz mich mehr auf als ich dachte – und drückte mit zittrigen Fingern schließlich auf den grünen Hörer. Es klingelt zwei Mal, bevor sie abnimmt. „Ja?“ „Hanabi!“, rufe ich beinahe vor Freude. „Kannst du uns einen wirklich großen Gefallen tun?“ Kurze Pause, bevor sie sagt: „Kommt drauf an welchen.“ „Morgen ist doch dieser Karaokeabend“, beginne ich und mir ist es ein wenig unangenehm, dass mich die anderen beim Telefonieren beobachten. „Ja.“ „Hinata würde gerne mit, aber da Neji auch kommt, wird es schwierig, das vor ihm geheim zu halten. Also dachten wir, wenn euer Vater sein okay gibt, muss sie sich nicht den ganzen Abend vor Neji verstecken.“ Die Worte sprudeln nur so aus mir heraus und als ich zum Ende komme, ist es auf der anderen Seite einen langen Moment still. „Verstehe. Hinata wird sich das aber sicher nicht trauen.“ „Darum rufe ich ja auch dich an und nicht deine Schwester“, erwiderte ich ungeduldig. „Wenn du sie überredest und vielleicht mitgehen würdest …“ Es ertönt ein kurzes Lachen vom anderen Ende der Leitung. Angespannt warte ich darauf, dass Hanabi etwas sagt. „Wieso eigentlich nicht?“, fragt sie gutgelaunt. Es scheint ihr wohl Spaß zu machen, ihre Schwester in eine Situation zu bringen, die ihr unangenehm sein wird. Als Einzelkind werde ich Geschwisterliebe wohl nie nachvollziehen können. Aber ich bin so dankbar darüber, dass ich nicht weiter nachhake. Hanabi wird schon wissen, was sie tun muss. „Vielen Dank.“ „Kein Problem. Papa ist vor einer halben Stunde nachhause gekommen. Ich melde mich, wenn wir das erledigt haben.“ Und ohne eine Verabschiedung legt sie auf. Ich schaue in die Runde und gebe Hanabis letzte Worte an die anderen weiter. „Dann heißt es jetzt abwarten und Tee trinken.“ Ich halte mir mein Smartphone nervös vor die Lippen und beginne unruhig im Raum auf- und abzugehen. Das ist eine hervorragende Ablenkung, da ich genau aufpassen muss, wo ich hintreten kann und wo nicht. Das letzte was ich möchte, ist, angetrocknete Ramen an den Hausschuhen kleben zu haben. „Du machst mich nervös“, sagt Ino irgendwann, die noch immer auf Narutos Bett sitzt, aber mit ihren Fingern auf ihre Oberschenkel klopft. Mit einem mürrischen Blick in ihre Richtung lasse ich mich wieder neben sie sinken und nun wandert mein Smartphone von einer Hand in die andere und wieder zurück. „Und wisst ihr schon, was ihr morgen singen werdet?“, bricht Ino nach ein paar Minuten die Stille. „Wahrscheinlich was von Arashi“, antworte ich, ohne weiter darüber nachzudenken. Ich bin mit ihren Liedern groß geworden und so bekannt wie sie sind, dürfte wohl jede Karaokemaschine in Japan gefüllt sein mit ihren Werken. „Ehrlich gesagt, habe ich mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht. Aber bei mir werden es wohl Animesongs werden.“ Naruto zuckt mit den Schultern. „Du solltest dir nur unbedingt eins aussuchen, das man als Duett singen kann.“ Ino grinst ihn breit an. „Nachdem du dich bei Hinata entschuldigt hast, muss das schließlich gefeiert werden.“ Ich denke, wir wissen beide, dass es höchst unwahrscheinlich ist, Hinata dazu zubringen gemeinsam mit Naruto zu singen – oder überhaupt – aber ich mag den Gedanken und widerspreche deshalb nicht. Naruto grinst schief, sagt aber nichts weiter darauf, weshalb Ino sich ihrem nächsten Opfer widmet. „Und was wirst du singen, Sasuke?“ Er schenkt ihr nur einen kurzen, abschätzigen Blick und lässt ihre Frage unkommentiert. „Jetzt sei mal nicht so. Was ist der Sinn eines Karaokeabends, wenn man nicht singt?“ „Hn.“ Ich bin mir sicher, dass Ino ihn so lange reizen wird, bis entweder er ihr sagt, sie solle die Klappe halten oder sie so wütend auf ihn wird, weil er nicht reagiert, dass es nach hinten losgeht und sie anfängt zu schreien. Zu meinem Glück tritt weder das eine noch das andere ein, da in diesem Moment mein Telefon anfängt zu vibrieren. Sofort liegt alle Aufmerksamkeit wieder bei mir und mit zittrigen Fingern nehme ich ab. „Ja? Hanabi?“ „I-ich bins“, antwortet mir aber Hinata. „Oh. Hinata. Und? Erzähl.“ Ich – und wie es klingt auch Ino neben mir – halte die Luft an. Die Anspannung im Raum ist beinahe greifbar und die Sekunden, bis Hinata antwortet ziehen sich wie Kaugummi. Aber sie ruft selbst an, das muss etwas Positives sein, oder? „V-vater erlaubt es.“ Ich möchte am liebsten sofort aufspringen und tanzen. Doch Hinata ist noch nicht fertig, also bleibe ich hibbelig sitzen. „Weil Neji auch geht. Und … und weil Hanabi meinte, es gäbe Aufsichtspersonen?“ Oh. Das ist clever. Wieso sind wir nicht darauf gekommen, irgendjemand Volljährigen zu fragen? „Klar“, sage ich schnell, damit Hinata nicht auffällt, dass ihre kleine Schwester gelogen hat. „S-super. Vielen Dank euch! Wir essen jetzt allerdings. A… also bis morgen.“ „Bis Morgen.“ Ich lege auf und auch wenn sie es nicht hören konnten, sehen die anderen dank meinem Gesicht, dass Sasukes Vorschlag erfolgreich war. Dieser grinst schief und sieht mit einem Mal verdammt zufrieden mit sich aus. Außer wenn er sich über Naruto amüsiert, habe ich Sasuke eine Gefühlsregung noch nie so deutlich angesehen. „Glückwunsch, Uchiha.“ Ino klingt etwas zerknirscht. Allerdings glaube ich nicht, dass sie das lange bleiben wird. Unterm Strich haben wir so unser Ziel erreicht und das sollte definitiv im Vordergrund stehen. Das Problem ist jetzt nur, dass wir dringend jemanden brauchen, der uns beaufsichtigt. Sollte Neji das erfahren und nachfragen … kommt sicher nicht gut an. „Freut euch nicht zu früh“, setze ich deshalb an und seufze laut. „Hanabi hat ihrem Vater gesagt, dass natürlich auch Aufpasser dabei sein werden.“ Mit einem Stöhnen legt Naruto seinen Kopf in den Nacken. „Ein Babysitter? Echt jetzt?“ Er klingt frustriert. „Wir sind eben noch nicht volljährig.“ Aber ich stimme ihm in Gedanken zu. Trotzdem weiß ich, dass das wahrscheinlich die einzige Möglichkeit war, Hinatas Vater ohne lange Diskussion zu überzeugen. Also war es doch nicht nur Sasukes ursprüngliche Idee, aber ich denke, diesen Punkt kann man ihm dennoch schenken. „Ich mein, ich könnte Mama fragen. Aber …“ Naruto scheint sich mit der Situation schnell arrangiert zu haben, aber wirklich glücklich sieht er nicht aus. Und bei dem Gedanken an seine Mutter als Anstandsdame dürfte sich in ihm alles sträuben. „Dein Pate reicht nicht?“, will Ino wissen. Doch noch während sie diese Frage stellt, verzieht sich ihr Gesicht. Sie traut dem alten Sack genauso wenig wie ich. „Nichts gegen den Perversling, aber ich denke, zumindest eine zusätzliche weibliche Aufsichtsperson wäre nicht schlecht.“ Genau mein Gedanke. Ich überlege für eine Sekunde, nur für eine einzige, ob ich meine Mutter fragen soll. Aber mir kommen dieselben Zweifel wie Naruto, also verwerfe ich den Gedanken ganz schnell. „Ich frage Izumi.“ Ino und ich drehen uns zu Sasuke und ich weiß, dass uns beiden derselbe Gedanke durch den Kopf geht: wer zum Teufel ist Izumi? „Oh. Das wäre perfekt. Izumi ist cool, aber verantwortungsbewusst“, sagt Naruto strahlend. „Ähm …“, beginnt Ino, „und wer ist Izumi?“ „Oh stimmt. Ihr kennt sie ja nicht. Sie ist die Verlobte von Sasukes älteren Bruder.“ Ah. Gut zu wissen. Das ist doch mal eine … unerwartete Info. Ich kenne Sasukes Familie nicht wirklich. Ich weiß, dass er einen Bruder hat und seine Mutter habe ich in den vergangenen Jahren ein paar Mal auf Schulfesten gesehen und mich mit ihr unterhalten, aber das war es dann auch schon. Aktuell könnte ich nicht einmal sagen, ob ich seinem Bruder irgendwann schon einmal über den Weg gelaufen wäre. Ist es seltsam, dass ich seit Jahren in ihn verknallt bin, aber beinahe gar nichts über seine Familie weiß? „Gut. Dann frag diese Izumi mal.“ Ino reißt mich mit ihrem Satz aus meinen Gedanken und ich sehe ihr an, dass sie ganz begeistert davon ist, etwas Neues erfahren zu haben. Sasuke hebt eine Augenbraue, als wolle er sie fragen, wer sie sei, ihm einen Befehl zu erteilen, holt dann aber sein Smartphone aus der Hosentasche. Während er beginnt die Nachricht einzutippen, starren wir ihn alle gespannt an. „Das nervt“, sagt er, ohne aufzuschauen und ertappt wenden wir uns von ihm ab. „Wann treffen wir uns morgen eigentlich?“, möchte Ino schließlich wissen, während wir auf eine Antwort von Izumi warten. „Wir haben bis 17:30 Uhr Training. Also direkt danach?“ „Das wird zu knapp.“ „Dann lass doch uns schon mal mit dem Umräumen anfangen, Ino“, schlage ich vor. „Da sollte eigentlich gar nicht nötig sein. Er hat einen riesigen Raum für Firmenfeste, in dem man innerhalb weniger Minuten die Karaokemaschine aufbauen kann. Mit Tischen, Sofas und allem, was man so braucht. Er meinte auch, Getränke und Essen stellt er bereit. Das Einzige, was cool wäre, wäre wenn wir ein bisschen Deko aufhängen, denke ich?“ Naruto schaut fragend in die Runde. „Ein paar Luftschlangen schaden nie.“ Ino lacht. „Aber da die anderen gegen 19 Uhr eintreffen, wird es trotzdem etwas knapp. Sakura und ich kümmern uns um alles und ihr kommt nach dem Training einfach so schnell wie möglich. Vielleicht brauchen wir am Ende trotzdem noch einen starken Mann, der uns Getränkekisten hochräumt.“ Dabei zwinkert sie mir zu. Was auch immer das heißen soll. Endlich meldet sich Sasukes Handy wieder und ich bin wirklich versucht, es ihm aus der Hand zu reißen, weil er viel zu langsam nachschaut, wer ihm gerade geschrieben hat. „Geht klar“, sagt er schließlich. „Achte nur darauf, dass sie Shisui nicht mitbringt.“ Naruto erschaudert bei dem Satz, was sofort Inos Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Wer ist das schon wieder und warum hast du Angst vor ihm?“ „Ich habe keine Angst vor ihm. Er ist nur … unangenehm?“ Es klingt mehr wie eine Frage als eine Antwort und damit ist nun auch meine Neugier geweckt. „Und wer ist das jetzt?“ „Verwandtschaft“, antwortet Sasuke kurz angebunden und damit macht er deutlich, dass das Thema beendet ist. Gerne würde ich weiter nachbohren. Oder eher Ino dazu motivieren, weil ich mich nicht unbeliebt bei Sasuke machen will, aber in diesem Moment klopft es an der Tür. Noch bevor Naruto darauf reagieren kann, öffnet sie sich und seine Mutter steckt den Kopf in den Raum. „Dein Vater wäre da.“ Was das Zeichen für uns ist, dass wir dringend aufbrechen sollten. Innerhalb weniger Minuten sind wir nach unten gegangen, haben unsere Schuhe gewechselt, uns verabschiedet und stehen nun vor dem Gehweg des Hauses. Ino verabschiedet sich von uns und geht Richtung Bahnhaltestelle, da es von hieraus für sie am schnellsten geht, wenn sie zwei Stationen mit dem Zug fährt. Unser Angebot, sie bis dorthin zu begleiten, da es bereits dunkel sei, lehnt sie ab und hebt vielsagend ihr Smartphone. Ah ja. Wahrscheinlich kann sie es kaum erwarten, endlich allein zu sein und mit Sai zu telefonieren. Sasuke, der eigentlich an der nächsten Querstraße abbiegen sollte, geht an dieser vorbei und weiter in meine Richtung. Dabei wollte ich gerade stehen bleiben, um mich auch von ihm zu verabschieden. „D-du musst mich nicht begleiten“, sage ich und Röte steigt mir in die Wangen. „Willst du auch telefonieren?“, fragt er unerwarteterweise. Schnell schüttle ich den Kopf und fühle mich von der plötzlichen Zweisamkeit überfordert. Ich kann mich nicht erinnern, dass er mich jemals allein nachhause begleitet hätte. Aber es dürfte auch bisher keine Gelegenheit gegeben haben, in der das nötig gewesen wäre. „Aber“, ich stocke. Sofort ermahne ich mich, nicht so eine liebeskranke Idiotin zu sein und beginne mit fester Stimme noch einmal von vorne: „Aber mich wird schon niemand überfallen. Und wenn du mich den gesamten Weg begleitest, musst du einmal quer durch den Bezirk, um selbst heimzukommen.“ „Hn.“ Ich weiß nicht, für was dieses spezifische ‚Hn‘ stehen soll, aber da er einfach weitergeht, scheint es wohl so viel zu heißen wie: ‚Ist dann halt so.‘ Ich bin froh, dass er mein Herz nicht schlagen hören kann. Denn dieses dumme Ding hämmert nun mit einer Heftigkeit, dass ich das Gefühl habe, es springt mir gleich aus der Brust. Gleichzeitig steigt ein Glücksgefühl in mir auf, das es mir schwer macht, nicht wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen. Aber wie sollte ich ihm diesen Gesichtsausdruck erklären, wenn er zu mir hinüberschauen sollte? Also konzentriere ich mich darauf, so normal wie möglich zu bleiben und laufe stumm neben ihm her. Selbst wenn er ein gesprächigerer Mensch wäre, wüsste ich gar nicht, über was ich mich mit ihm unterhalten sollte. Mein Kopf ist, außer mit dem Befehl ganz entspannt einen Schritt vor den anderen zu setzen und nicht völlig dämlich durch die Gegend zu grinsen, leer. Nachdem wir eine Weile still nebeneinander hergelaufen sind, kann ich mich nicht länger beherrschen und werfe Sasuke einen möglichst unauffälligen Seitenblick zu. Er schaut mit ausdrucksloser Miene geradeaus. Durch die Laternen, die in regelmäßigen Abständen am Rand des Gehwegs stehen, liegt sein Gesicht im Schatten oder wird in helles Licht getaucht. Dieses Wechselspiel fasziniert mich und ich kann nicht anders, als meinen Kopf ein wenig weiter zu ihm zudrehen. Wenn er es bemerkt, lässt er sich allerdings nichts anmerken. Doch während ich ihn so beobachte, zieht sich ganz plötzlich etwas schmerzhaft in mir zusammen. Ich kann das Gefühl nicht wirklich fassen, nicht erklären. Aber irgendetwas scheint hier falsch zu laufen. Etwas passt mir an dieser Situation nicht. Mein Verstand kann mir nur nicht sagen was es ist. Kapitel 11: Weil es nur einen Moment braucht -------------------------------------------- Aus den, an den Wänden hängenden, Lautsprecherboxen, dringen die ersten schiefen Töne von BTS' ‚Butter‘ in mein Ohr. Ich schlängle mich durch die Menschenmenge und halte im blau grünen Schummerlicht Ausschau nach Ino. In meinen Händen halte ich für uns beide jeweils eine geöffnete Flasche Cola und frage mich, wie es möglich sein soll, diese unbeschadet durch die wilde Meute um mich herum zu bringen. Nach einer ersten halben Stunde, die eher von peinlichem Schweigen und unsicherem Herumstehen geprägt war, könnte die Stimmung mittlerweile nicht besser sein. Zu verdanken haben wir das Lees einzigartiger Performance von ‚Eye of the Tiger‘. Er und Neji kamen, gemeinsam mit Hinata, ein wenig später und ohne zu zögern griff er sich das Mikro und legte los. Es war richtig ansteckend. Nachdem so also die erste Hemmschwelle überwunden war, entstand beinahe eine Prügelei um das Mikrofon. Mittlerweile bin ich bereits vier Mal in den Genuss von AKB48s ‚Koisuru Fortune Cookie‘ gekommen und ein unangenehmes Pochen ist auf Höhe meiner Schläfe entstanden. Vielleicht sollte ich, nachdem ich Ino ihr Getränk gebracht habe, einen Moment an die frische Luft gehen. Leider kann ich sie nur noch immer nicht finden. Dafür erkenne ich aber Naruto, der ein paar Meter von Hinata entfernt steht. Er schielt immer wieder versucht unauffällig – also das genaue Gegenteil davon – zu ihr hinüber. Da Neji allerdings an ihr klebt wie eine Klette, passiert nichts weiter. Darum muss ich mich definitiv auch noch kümmern, wenn ich meinen Botengang endlich erledigt habe. Also vielleicht doch keine frische Luft für mich. Ich wende mich wieder von ihnen ab und scanne ein weiteres Mal den Raum. Ich kann Ino aber weder auf einem der ockerfarbenen Sofas an der gegenüberliegenden Wand erkennen, noch befindet sie bei den Stehtischen, die sich direkt vor der kleinen Empore befinden, auf der aktuell ein mir namentlich unbekanntes Mädchen steht und versucht den Rappart von ‚Butter‘ hinzubekommen. Einer der beweglichen Scheinwerfer bestrahlt sie in diesem Augenblick direkt mit seinem blauen Licht und ich kann selbst aus dieser Entfernung sehen, wie anstrengend dieser Versuch für sie ist. Für einen Moment habe ich Mitleid mit ihr, bis mir wieder einfällt, dass sie sich den Song selbst ausgesucht hat. Da wäre das fünfte Mal ‚Koisuru Fortune Cookie‘ vielleicht besser gewesen. „Hey! Sakura!“, ruft mir plötzlich jemand ins Ohr und ich mache vor Schreck einen kleinen Satz. Dadurch verschütte ich beinahe etwas von den Getränken. Ino steht breitgrinsend neben mir. Ich möchte sie fragen, wo zum Teufel sie herkommt, und wundere mich, wieso ich sie nicht gesehen habe, als mir der junge Mann neben ihr auffällt. Er lächelt mich freundlich an. Seine dunklen Haare umrahmen sein Gesicht und weil ich es weiß, sehe ich trotz des Lichts, dass seine Haut ungesund weiß aussieht. Vor mir steht Sai. „Ich präsentiere den Grund, warum du mich abgeschossen hast“, stellt sie ihren Freund gutgelaunt vor, der passiv-aggressive Unterton entgeht mir allerdings nicht. Natürlich übergehe ich diesen als ich mich nun ihm vorstelle. Im Anschluss reiche ich Ino die Flasche Cola, um sie endlich loszuwerden und deute mit meinem Kopf in Richtung Hinata und Neji. Ino seufzt. „Ich habe Sai gerade schon darüber aufgeklärt. Er findet das alles ziemlich lächerlich.“ Diesen Gedanken kann ich ihm ehrlich gesagt nicht verübeln. Es ist ziemlich lächerlich. Und nervig und konservativ und sicher noch so viele andere Worte, die mir gerade nicht einfallen möchten. „Auf eine Idee seid ihr aber nicht gekommen, oder?“, frage ich deshalb. „Ino meinte Kullerauge sei sein Freund?“ „Du meinst Lee? Ja. Wahrscheinlich sein einziger.“ „Kennt ihr ihn besser?“ Bevor ich darauf antworten kann, erhebt Ino ihre Stimme: „Sakura schon.“ Ich werfe ihr einen verwirrten Blick zu. Ach, tue ich das? Ino scheint meinen Gedanken erkannt zu haben und lacht kurz. „Ihr nickt euch doch freundlich zu, wenn ihr euch auf den Schulfluren begegnet, seit er dich davon abgehalten hat, gegen die Wand zu rennen.“ Ach, tuen wir das? „Das ist ein Witz, oder? Dir ist das nicht mal bewusst?“ Ino schüttelt fassungslos ihren Kopf. Nein, das war mir wirklich nicht bewusst. Lee wirkt ganz nett, aber weiter habe ich mir noch keine Gedanken über ihn gemacht. Außer wieso jemand wie er mit einem Menschen wie Neji befreundet ist. „Und sowas ist Jahrgangsbeste.“ Da es mich selbst schockiert, verdränge ich das Bedürfnis, Ino darüber zu belehren, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun haben muss. Oder vielleicht auch, weil ich mir nicht eingestehen möchte, dass ich gegebenenfalls hin und wieder Schwierigkeiten damit habe, zwischenmenschliche Interaktionen zu verstehen. „Also kennst du Kullerauge besser. Gut. Dann motiviere ihn doch einfach, seinen mürrischen Kumpel abzulenken.“ Ich bin Sai dankbar, dass er uns zurück auf das Wesentliche lenkt. „Oh. Das ist gut!“ Ino strahlt ihn breitgrinsend an und ich warte darauf, dass sie ihm um den Hals fällt und küsst – und damit die Cola verschüttet – doch sie belässt es bei ihrem anhimmelnden Blick. Oh nein. Hoffentlich schaue ich so nicht Sasuke an. Noch offensichtlicher kann man gar nicht zeigen, dass man verliebt ist. Bei diesem Gedanken verkrampft sich in mir wieder etwas und erinnert mich daran, dass ich seit gestern Abend versuche, dieses Gefühl zu verdrängen. Ich weiß nicht, woher diese seltsame Reaktion kommt, und ich will sie auch gar nicht haben. Sie lässt sich nur leider nicht mehr abschütteln. Heute in der Schule hat sie mich wie ein Schatten verfolgt, weil Sasuke nicht aus meinem Blickfeld verschwinden wollte. Es war schrecklich gewesen. Solche Krämpfe bekomme ich nicht mal, wenn ich meine Tage habe. Erst als er zum Training ging und Ino und ich uns hierher auf den Weg machten, war es schwächer geworden und ich hatte mich von Ino ablenken lassen können. Leider gab es nicht mehr viel zu tun, weil dieser alte Perversling tatsächlich bereits alles vorbereitet hatte und nachdem wir die paar Luftschlangen an der Decke aufgehängt und etwas Konfetti auf den Tischen verteilt hatten, waren Naruto und Sasuke bereits aufgeschlagen. Mein Herz hat einen verräterischen Hüpfer gemacht, aber keine Sekunde später, zog sich mein Magen bereits wieder schmerzlich zusammen. Es wurde sogar noch schlimmer, als ich die gestern angekündigte Izumi plötzlich hinter ihnen auftauchen sah. Dunkelbraunes Haar und die gleichen schwarzen Augen wie Sasuke. Dank Naruto weiß ich nun, dass sie eine entfernte Cousine von ihm ist und ebenfalls Uchiha mit Nachnamen heißt. Und jetzt versuche ich bereits den ganzen Abend, die Frage zu verdrängen, was ich noch alles nicht über Sasuke und seine Familie weiß. Darum sollte ich den schiefen Tönen der Singenden eigentlich dankbar sein. Durch sie und den Kopfschmerzen, die ich deshalb bekomme, kann sich mein Gehirn nicht zu sehr darauf konzentrieren. Und auch Nejis Anwesenheit und sein Klettenverhalten lenken hervorragend davon ab. Also muss ich mich einfach weiter darauf konzentrieren und dann wird es schon werden. Hoffentlich. „… dabei?“, höre ich noch wie Ino eine Frage beendet, deren Inhalt ich nicht mitbekommen habe. Auf gut Glück nicke ich heftig, während ich mich darauf konzentriere, meinen Blick wieder auf sie zu fokussieren. „Okay. Ich hatte erwartet, du würdest dich mehr sträuben. Aber super. Du kannst Lee ja als Gegenleistung anbieten, später ein Duett mit ihm zu singen.“ Oh. Oh nein. Ich weiß, was ich da gerade zugestimmt habe, und ich fasse es nicht, dass ich mich so ohne weiteres hineinmanövriert habe. Ich sollte doch eigentlich wissen, dass man bei Ino nicht einfach zustimmt. Allerdings muss ich zugeben, dass Sais Idee gar nicht mal so dumm ist. Wahrscheinlich ist sie sogar die einzig brauchbare, die uns am heutigen Abend einfallen wird. Bis vor wenigen Minuten war ich immerhin vollkommen blank. Also seufze ich ergeben. „Was würde das bringen? Ich habe sonst keinen anderen Plan und du wahrscheinlich auch nicht, oder?“ „Leider nicht. Das machst du schon.“ Ino hält mir ihren nach oben ausgestreckten Daumen hin und grinst breit. Ich nehme einen großen Schluck aus meiner Flasche und arbeite mich dann durch die Menge in Lees Richtung vor, der noch immer neben Neji steht. Unterwegs werde ich ein paar Mal angerempelt und in kurze Gespräche mit ein paar Klassenkameraden verwickelt. Ich hatte gehofft, ähnlich viel Glück zu haben, wie vorhin bei meiner Suche nach Ino. Aber man kann bekanntlich nicht alles haben. Wenigstens schwappt von meiner Cola nichts aus der Flasche und als ich endlich bei Lee ankomme, tippe ich ihm auf die Schulter, bevor mir ein Grund einfallen kann, es doch noch hinauszuzögern. Ino ist bei solchen Dingen besser als ich und eigentlich laufe ich auch nur zur Höchstform auf, wenn sie dabei ist, um das Steuer in die Hand zu nehmen. Aber in diesem Fall würde es wahrscheinlich eher hinderlich sein, sie dabei zu haben. Immerhin haben sie und Lee gar keine Berührungspunkte und für ein ausführliches Gespräch ist es zu laut und zu voll hier. „Hallo Lee“, schreie ich, um dem Lärm etwas entgegenzusetzten, als er sich zu mir umdreht. Ein breites Grinsen erscheint auf seinem Gesicht und die pure Energie – ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll – strahlt mir entgegen. „Sakura!“, ruft er enthusiastisch. „Hast du kurz einen Moment?“ Er nickt und ich deute mit einer Kopfbewegung an, dass er mir folgen soll. Wir gehen ein Stück von den anderen weg. Ich wüsste gerne, ob es Neji auffällt oder ob Hinata uns verwirrt hinterherschaut, aber ich traue mich nicht, mich zu ihnen umzudrehen. Es soll nicht wirken als hätte ich irgendwelche Hintergedanken. Allerdings ist genau das ein guter Punkt. Was sage ich denn nun zu Lee? Noch während wir laufen, schießen mir tausend Gedanken durch den Kopf, aber keiner klingt auch nur halbwegs vernünftig. Abgesehen von der Idee, einfach ehrlich zu sein. Da es selbst bei Hinatas Vater funktioniert hat, sollte es doch bei Lee erst recht klappen, oder? „Danke fürs mitkommen.“ Ich versuche mein charmantestes Lächeln aufzusetzen, aber so wie Lee mich anschaut, wäre das wohl anscheinend gar nicht notwendig. Und wenn sogar mir das auffällt, dass soll das schon was heißen. Schnell übergehe ich das, indem ich mich räuspere und fahre fort: „Ich hoffe, das ist jetzt nicht unfreundlich oder so, aber kannst du mir einen riesigen Gefallen tun?“ Das klingt doch gut. Oder? Ich warte auf seine Reaktion, die zum Glück prompt kommt. „Klar!“ Erleichtert atme ich aus. Zumindest ist er Stand jetzt erpicht darauf, mir zu helfen, obwohl er gar nicht weiß, um was es geht. Fast bekomme ich ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn so ausnutzen werde. Aber auch nur fast. Wenn Neji, mit dem er immerhin befreundet ist, sich nicht wie ein Arsch verhalten würde, wäre das hier gar nicht nötig. „Würdest du, ohne Fragen zu stellen, Neiji ein paar Minuten aus dem Raum bringen?“ In dem Moment, in dem ich die Frage ausgesprochen habe, verfluchte ich mich. Was war das denn? Ich klinge ja so, als würde ich gleich etwas Illegales tun wollen. Super Sakura, das hast du toll hinbekommen. „Gar kein Thema! Ihr wollt Hinata wahrscheinlich ein bisschen Freiraum verschaffen, oder? Das sage ich ihm schon seit Tagen. Gai-sensei sagt immer ‚Die Jugend braucht Freiheit, um sich entfalten zu können‘.“ Ich blinzle verwirrt. „Ähm … ja genau.“ Einfach zustimmen, solange er darauf eingeht, wie ich mir das vorstelle. „Das ist super lieb von dir. Vielen Dank!“ „Klar doch.“ Er grinst mich breit an und ich kann nicht anders als das mit einem erleichternden Lächeln zu erwidern. Mein Eindruck, dass er ein netter Mensch ist, bestätigt sich gerade. Ich sollte ihn zukünftig auf dem Gang nicht nur zunicken, sondern auch mal stehen bleiben und mich ein bisschen unterhalten. Auch, wenn ich immer noch nicht darüber hinweg bin, dass er und Neji Freunde sind. „Da es aber eine knifflige Aufgabe ist, kann es allerdings ein paar Minuten dauern.“ „Gar kein Problem.“ Ich würde auch eine Stunde in Kauf nehmen, um Hinata und Naruto endlich ein wenig Privatsphäre – inmitten der halben Schule – zu verschaffen. „Vielen Dank, du hilfst uns wirklich sehr. Und dann will ich dich auch gar nicht länger aufhalten.“ „Hast du nicht.“ Ich lächle ihn noch einmal zum Abschied an und wende mich zum Gehen ab. In diesem Moment nehme ich aus den Augenwinkeln wahr, dass Sasuke einige Meter entfernt von mir steht. Instinktiv drehe ich mich zu ihm und fange seinen Blick auf. Normalerweise würde ich ihm zuwinken, um meine Unsicherheit zu überspielen, aber da augenblicklich dieses unangenehme Gefühl wieder in mir hochkommt, drehe ich mich prompt wieder von ihm weg. Ich laufe schnellstmöglich zurück zu Ino und Sai und hoffe, dass sie sich nicht von ihrem Platz entfernt haben. Ich komme allerdings nicht weit, weil ich beinahe in Temari und Shikamaru hineinlaufe. Die beiden scheinen in einen handfesten Streit vertieft zu sein. Mehr als einzelne Wortfetzen dringen allerdings nicht zu mir durch, weil die Musik und das Stimmengewirr um mich herum viel zu laut sind. Ich bleibe dennoch einen Moment länger stehen als nötig wäre, um Temari beim wild gestikulieren zuzuschauen. Ich rechne jeden Moment damit, dass Shikamaru einfach geht, doch stattdessen reagiert er sichtlich genervt und macht sogar eine ausfallende Handbewegung. Okay … das ist ungewöhnlich und bevor sie mich noch dabei erwischen, wie ich sie beobachte, mache ich einen Bogen um sie und gehe zurück zu Ino und Sai. „Was schaust du denn so verwirrt?“, fragt Ino mich, als ich wieder bei ihnen ankomme. Ich drehe mich nochmal zu Shikamaru und Temari um, bevor ich mich Ino zuwende und antworte: „Shikamaru streitet sich. Das passt gar nicht zu ihm. Normalerweise hat er doch so eine ‚Mich nervt alles und jeden‘-Einstellung und geht einfach. Oder nicht?“ Ino lacht laut auf. „Er streitet sich mit Temari, richtig?“ Ich nicke. „Ignorier das einfach. Ich warte seit Wochen darauf, dass die beiden was miteinander anfangen. Die Gute geht ihm nämlich ganz schön unter die Haut.“ Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. Das wäre jetzt nicht die erste Konstellation gewesen, an die ich gedacht hätte. Allerdings kenne ich Shikamaru bei weitem nicht so gut wie Ino und mit Temari habe ich auch nur durch die Volleyball-AG Kontakt. „Aber das ist doch jetzt auch völlig egal. Was hat Lee denn gesagt?“ Oh, ja. Stimmt, da war ja noch etwas. „Er hilft uns.“ Ino strahlt mich übers ganze Gesicht an. Was allerdings auch bedeutet, dass wir nun warten müssen, bis Neji endlich verschwindet. Seit die Party offiziell losging, sind nun gute drei Stunden vergangen. Dennoch habe ich das Gefühl, das sich immer mehr Leute hier reinquetschen wollen. Wahrscheinlich bin ich die einzige, aber ich frage mich, ab wie viel Personen wir wohl gegen die Brandschutzbestimmungen verstoßen werden. Immerhin erkenne ich beinahe jedes Gesicht, das vor mir auftaucht, was bedeutet, dass noch niemand einen Aufruf an irgendwelche Menschen außerhalb unserer Schule gestartet hat. Das zumindest deute ich als Gewinn. Ino – damit auch Sai – und ich bleiben immer irgendwie in der Nähe von Naruto und Hinata, die noch immer keinen ruhigen Moment miteinander hatten. Wobei, das stimmt nicht. Lee hat sein Versprechen wahr gemacht und war mit Neji einige Minuten aus dem Raum verschwunden. Doch es war ein Drama, den beiden dabei zuzuschauen, wie sie sich unterhalten wollten. Von hier aus sah es so aus, als hätten sie genau ein ‚Hallo‘ hinbekommen, bevor sie sich schweigend nebeneinandergestellt hatten. Hinata mit dem Blick auf den Boden und Naruto nach oben schauend, um nicht so offensichtlich bei seinen Seitenblicken zu sein. Immerhin bemerkte er so die Rückkehr von Neji rechtzeitig. Aber damit sind wir keinen Schritt weitergekommen. Ino neben mir erleidet aktuell einen halben Nervenzusammenbruch und wenn ich nicht aufpasse, wirft sie noch irgendwas gegen Nejis Kopf, damit er zu Boden geht. Ich glaube ja, Naruto und Hinata so lange in eine Besenkammer zu sperren, bis sie endlich miteinander gesprochen haben, hätte bessere Erfolgschancen – aber auch dafür müssen wir Hinata erst aus Nejis Dunstkreis bekommen. Der halbe Abend ist rum, ich habe noch kein einziges Lied gesungen und sich zu amüsieren würde ich auch anders definieren. Immerhin sind die anderen Gäste der Party mittlerweile davon abgekommen, ‚Koisuru Fortune Cookie‘ zu singen. Nach fünfzehn Wiederholungen geht es wahrscheinlich auch ihnen mittlerweile furchtbar auf den Keks. Aktuell befinden wir uns in der amerikanischen Phase des Abends mit Lady Gaga, den Jonas Brothers und Billie Eilish und die letzten Töne von ‚Sucker‘ verklingen gerade. „Und kam dir eine Idee?“, fragt Ino mich, während wir beobachten, wie das Mikro auf der Bühne weitergereicht wird. Als nächstes ist Tayuya dran, auf die ich mich tatsächlich freue. In unserer Schule dürfte es niemanden geben, der musikalischer ist als sie. Etwas, das meinen Ohren gut tun wird. „Leider nein.“ Sais Vorschlag war schon verdammt gut, aber Naruto und Hinata sich selbst zu überlassen, war ein Fehler gewesen. Wenn wir doch nur eingeschritten wären und das Gespräch in die richtige Richtung gelenkt hätten. Wir brauchen unbedingt noch einmal eine Gelegenheit, sonst verläuft dieser Abend, ohne, dass sie sich aussprechen können. Und wenn Naruto das schon so wichtig ist, dann ist es mir das natürlich auch. Außerdem wissen Ino und ich, wie sehr Hinata sich darüber freuen wird und vielleicht bekommt ihre Beziehung dadurch endlich den benötigten Aufschwung. „Ich weiß, ihr freut euch darauf, mich singen zu hören.“ Zustimmende Rufe gehen durch die Menge, aber mir verkrampft sich der Magen. So wie Ino aussieht, erahnt auch sie etwas Böses. Bitte nicht. „Aber darauf müsst ihr noch kurz warten. Zuerst würde ich die beiden Menschen hier hoch bitten, die dafür verantwortlich sind, dass wir heute überhaupt alle gemeinsam feiern können. Naruto und Shion.“ Lautes Klatschen ertönt und ein paar der anderen schubsen Naruto in Richtung Bühne. Er scheint ein wenig verwirrt zu sein und ich bin mir nicht sicher, aber so wie er gerade aussieht, wünscht er sich wohl weniger Aufmerksamkeit. Shion ist mir den ganzen Abend noch nicht unter die Augen gekommen und da sich mein Fokus zu sehr auf Naruto und Hinata verschärft hatte, war sie mir bis gerade eben vollkommen entfallen. Doch auch sie geht durch die Menge hindurch in Richtung Bühne. Zusammengezogene Augenbrauen lassen zumindest darauf schließen, dass sie bis eben auch nicht wusste, was Tayuya vorhat. Verlegen betreten beide die Empore und Naruto winkt mechanisch in die Menge. Erneut klatschen und jubeln die Anwesenden und irgendwo pfeifen auch ein paar Leute. Ino und ich wechseln einen verunsicherten Blick. Ich weiß nicht, was passieren wird, aber das hier ist sicher noch nicht zu ende. Als die Menge sich langsam wieder beruhigt, ergreift Tayuya erneut das Wort: „Na, was meint ihr? Wäre angebracht, wenn die beiden uns ein kleines Duett liefern, oder nicht?“ Mir klappt die Kinnlade nach unten, allerdings bin ich mir sicher, dass das nichts im Vergleich zu dem ist, wie Shion gerade aussieht. Naruto wirkt gefasster, grinst allerdings sehr gequält. „Fuck, ist die gut.“ Ich schließe meinen Mund und wende mich zu Ino, die nur mit den Schultern zuckt. Ja, fuck. Das war wirklich gut. Ich weiß nicht, wie es Ino geht, aber bei einer solchen direkten Aufforderung könnte ich definitiv nicht nein sagen. Dafür habe ich gar nicht den Arsch in der Hose. Über hundert Menschen feuern gerade Naruto und Shion an, dass sie ein Duett singen. Wie soll man sich da bitte rausreden, wenn man niemanden vor den Kopf stoßen will? Gut, Sasuke würde wahrscheinlich einfach die Bühne verlassen und Neji das Mikro zerstören. Aber wir anderen? Ein Duett ist natürlich nichts Verwerfliches und sagt auch nichts Tieferes aus, aber es ist eine clevere Kleinigkeit, Shion in Narutos Umlaufbahn zu schubsen – und das macht es so gefährlich. Es sind nicht die großen Gesten, die etwas verändern, sondern das Alltägliche. Und während ich noch verarbeite, was gerade vor unseren Augen passiert, erklingen die ersten Töne von ‚I Got You Babe‘. Ich hatte nicht gedacht, dass ich noch fassungsloser werden könnte, aber hier stehe ich, mit der Hand auf den Mund gepresst und weitaufgerissenen Augen. Zumindest kann Naruto nicht singen und seine englische Aussprache lässt auch zu wünschen übrig. Trotzdem traue ich mich nicht, in Hinatas Richtung zu blicken, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es sie kalt lässt. Es passiert nichts. Sie singen nur. Natürlich. Aber dieses Lied, die Aufmerksamkeit, die auf den beiden liegt und die ganze Umgebung. Mir ist bei diesem Anblick schon schlecht, wie wird es dann erst dem Mädchen gehen, dass seit gefühlt immer in Naruto verliebt ist? „Shit“, flucht Ino neben mir und ich möchte ihr schon zustimmen, als ich sehe, dass ihr Ausruf nichts mit dem Duett auf der Bühne zu tun hat. Ihr ist vor Schreck ihr Getränk aus der Hand gerutscht und läuft nun am Boden aus. Sai hebt die Flasche für sie auf, in der sich nur noch ein letzter Rest befindet und bedeutet uns, dass er ihr ein neues Getränk holt. Ino nickt dankbar, wendet sich im nächsten Augenblick aber mit leuchtenden Augen zu mir – im Hintergrund krächzt Naruto noch immer ins Mikro. „Ich weiß, wie wir Neji loswerden.“ Und damit schlängelt auch sie sich durch die Menschenmasse. Cool, dann erzähl mir eben nicht von deinem Plan. Ich schaue ihr ein wenig bedröppelt hinterher und beobachte, wie sie vor Choji stehen bleibt, der einen vollbeladenen Pappteller mit Essen in den Händen hält. Natürlich kann ich über diese Entfernung und dank der Musik, die langsam ihren Abschluss findet, nichts verstehen, aber es scheint eine kleine Diskussion zwischen den beiden zu geben, bevor Choji seufzend zustimmt. Wie schön, dass auch er Ino nicht widersprechen kann. Ino kommt wieder auf mich zu und grinst mich zufrieden an. Ich möchte sie fragen, was sie denn nun besprochen haben, als ich aus den Augenwinkeln sehe, wie ein Arm sich bewegt. Sai steht neben mir und reicht Ino eine neue Flasche. Vor Schreck mache ich einen kleinen Hüpfer und habe das Gefühl, dass mein Herz gleich stehen bleiben wird. Ich habe ihn gar nicht bemerkt. „Was bist du denn so nervös?“, fragt Ino mich gutgelaunt. „Ich bin nicht nervös. Ich bin nur erschrocken.“ „Entschuldige.“ Sai lächelt mich freundlich an, aber irgendwie sieht das völlig falsch aus . Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Ich muss den Abend dringend hinter mich bringen. Langsam fange ich schon an, Dinge zu sehen, die gar nicht da sind. Darum wende ich mich wieder an Ino und frage endlich: „Und? Was hast du mit Choji besprochen?“ „Willst du dir echt die Überraschung kaputt machen lassen?“ „Ja.“ Ino zuckt mit den Schultern. „Na gut. Ich habe ihn dazu überredet, dass er Neji was über sein T-Shirt kippt, damit er aufs Klo zum Saubermachen gehen muss. Natürlich soll Choji ihn solange es geht aufhalten und wir zwei hübschen stoßen dann Naruto und Hinata an. Sai steht Schmiere.“ Das ist … echt perfekt. „Ino, du bist genial!“, rufe ich deshalb und übertöne damit den Gesang, der aus den Lautsprechern kommt. Ein paar Leute drehen sich zu uns um, aber da sie den Kontext nicht kennen und es wohl nicht spannend aussieht, was wir hier gerade treiben, hält ihre Aufmerksamkeit nicht lange. „Tja, so bin ich halt.“ Selbstgefällig wirft sie ihren Pferdeschwanz nach hinten und reckt ihr Kinn nach vorne. Der Plan ist perfekt und dank des Fehlversuchs von vorhin wissen wir auch, was wir nun anders machen müssen. Choji wartet glücklicherweise, bis Naruto und Shion mit ihrem Duett fertig sind. Sie geben ihre Mikros gerade an die nächsten weiter, als er sich in Bewegung setzt. Ino neben mir wippt nervös auf und ab, während wir die Szenerie gespannt beobachten. Ich blinzle einmal und plötzlich ist es vorbei. Choji entschuldigt sich wild gestikulierend und deutet mehrfach hektisch in Richtung Ausgang. Nejis Reaktion kann ich von meiner Position aus nicht richtig erkennen, aber ich bin mir sicher, dass er nicht sonderlich glücklich aussehen dürfte. Ino und ich machen uns in Richtung Hinata auf, kaum dass Neji ihr den Rücken zugedreht hat. Naruto steht allerdings noch immer bei Shion und unterhält sich. Wir wissen nicht, was Hinata von dieser Szene hält und ich will sie ungern fragen, um sie im schlimmsten Fall nicht noch weiter zu verunsichern, also sage ich schlicht: „Oh je. Das war aber ungeschickt von Choji.“ Hinata nimmt uns kaum wahr. Sie spielt nervös mit ihren Fingern herum, verknotet sie regelrecht miteinander und starrt verbissen auf diese. „Das wird ihn sicher zehn Minuten kosten“, fährt Ino fort, aber auch das veranlasst Hinata nicht, uns anzuschauen. „Ach du meine Güte“, flucht Ino. „Sakura, hol Naruto her, sonst mach ich wirklich noch was kaputt.“ „Was? Warum ich?“ Damit bringen wir Hinata aber endlich dazu, dass sie aufschaut. Mit roten Wangen starrt sie uns fassungslos an und öffnet ihren Mund, doch es kommen keine Laute heraus. Wahrscheinlich möchte sie uns davon abhalten, etwas Dummes zu tun. Allerdings weiß sie nicht, was für dumme Sachen wir seit Tagen für sie machen, also würde ihr Protest sowieso keine Früchte tragen. „Weil du enger mit ihm befreundet bist. Jetzt mach schon.“ Mir gefällt dieser Befehlston so gar nicht, aber wir haben nicht unendlich viel Zeit und die möchte ich nicht damit vergeuden, dass ich ihr das sage und einen Streit vom Zaun breche. Also beiße ich meine Zähne zusammen, drehe mich um und laufe … gegen Sasuke. Erschrocken weiten sich meine Augen, mein Herz beginnt zu raßen und ich vergesse für einen Moment zu atmen. „Hier. Den wolltet ihr doch, oder?“ Es scheint ihn überhaupt nicht zu stören, dass ich gegen ihn gestoßen bin. Er deutet mit dem Daumen hinter sich, Naruto im Schlepptau, der mich verwirrt über Sasukes Schulter hinweg mustert. „D-danke“, flüstere ich und weiß, dass er das bei diesem Lärm gar nicht hören kann. Gott, Mädchen, reiß dich gefälligst zusammen. Das ist ja peinlich. „Ach schön. Da bist du ja, Naruto. Hinata und ich haben uns gerade darüber unterhalten, wie grauenhaft schlecht du singst“, rettet Ino mir – einmal mehr – den Hintern, indem sie das Ruder übernimmt. „Hey!“, ruft er wütend und fügt hinzu: „Mein Englisch ist halt nicht so gut. Was von B’z und ihr würdet Augen machen.“ „Das würde ich zu gerne hören, glaub mir. Allerdings hattest du uns vorhin doch gesagt, dass du unbedingt mit Hinata sprechen willst, oder? Dann los.“ Ino geht einen Schritt zur Seite und ich, die endlich aus ihrer Starre erwacht ist – dadurch kommt allerdings auch das seltsame Ziehen wieder zurück – gebe Naruto einen kleinen Schubs, sodass er die letzten drei Schritte zu Hinata vorstolpert. „Ich …“, stottert Naruto los und fühlt sich sichtlich unwohl in seiner Haut. „Vorhin wirktest du noch so enthusiastisch“, stichelt Ino und auch ich bin mittlerweile am Ende meiner Nerven. Es geht nicht darum, dass er Anlaufschwierigkeiten hat, das ist okay. Aber wir opfern hier bereits den gesamten Abend, haben uns die letzten Tage die Köpfe darüber zerbrochen wie wir ihnen helfen können und jetzt bekommt er nicht einmal einen Satz zustande. Naruto, der so gerne redet, dass man ihm manchmal den Mund zuhalten muss. „Stress mich nicht, echt jetzt“, zischt er Ino entgegen. Diese hebt provokant eine Augenbraue und verschränkt die Arme vor der Brust. Vielleicht sollten wir ihnen ein wenig Privatsphäre lassen. Allerdings läuft uns die Zeit immer noch davon und bei unserem ersten Versuch ging genau das gewaltig in die Hose. „Also Hinata“, sagt Naruto, Ino endlich ignorierend, und kratz sich am Hinterkopf, „ich wollte mich … also es … es tut mir furchtbar leid, was da wegen mir mit Neji passiert ist. Das wollte ich nicht, echt jetzt.“ Hinatas Augen weiten sich und ihr Mund öffnet sich vor Überraschung. Es dauert einen Augenblick und ich rechne bereits damit, dass sie rot anläuft und zu einer Salzsäule erstarrt. Tatsächlich räuspert sie sich allerdings nur und antwortet: „D-das ist doch … nicht deine Schuld. W-wenn, dann muss ich mich ent-entschuldigen … Wegen mir bist du in so … in so eine peinliche S-situation geraten.“ Sie senkt ihren Kopf, weil sie ihm wohl nicht in die Augen schauen kann. „Nein, nicht doch! Die, die deswegen in eine peinliche Situation geraten ist, bist du. Und außerdem bin ich sowas ja gewohnt.“ Da hat er irgendwie Recht. „Mich stört sowas doch überhaupt nicht, echt jetzt.“ Ich fühle mich gerade wie in einem Liebesfilm und kann nicht aufhören zu grinsen. Die beiden sind einfach purer Zucker und ich könnte ihnen ewig zuhören, wie sie sich gegenseitig widersprechen, um die Schuld auf sich selbst zu nehmen. Leider stellt Sasuke sich in diesem Moment zwischen die beiden und Ino zieht mich in Richtung Hinata. Wir teilen die beiden, sodass ungefähr fünf Meter zwischen ihnen entstehen. Automatisch geht mein Blick in Richtung Eingang und ich entdecke, dass Neji dort steht. Choji läuft hinter ihm her und redet auf ihn ein. Wahrscheinlich entschuldigt er sich immer noch. „Und Sai fand die Idee auch wirklich gut. Was denkst du, Hinata?“, fragt Ino laut, um allen anderen vorzugaukeln, dass wir die ganze Zeit in ein Gespräch vertieft waren. Sie nimmt bei diesen Worten Sais Hand in ihre, der das Ganze freundlich lächelnd über sich ergehen lässt. Und erneut erscheint mir irgendetwas daran seltsam. „Alles gut hier?“ Neji steht neben uns und hebt eine Augenbraue. Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken als sein Blick den meinen trifft und er mich einen Moment zu lange mustert. Am liebsten würde ich mich umdrehen und ganz schnell weglaufen, aber das kommt aus so vielen guten Gründen nicht in Frage. Also bleibe ich stehen und erwidere den Blick trotzig, bis er sich Sai zuwendet. „Du bist?“, fragt er mit seinem typisch herablassenden Tonfall. „Sai. Inos Freund. Freut mich“, antwortet dieser höflich, aber seine Stimme klingt distanziert. Ich werde aus diesem Typen einfach nicht schlau. Alles an ihm erscheint mir so … so falsch. Aber kann ich das Ino sagen, so kurz nach diesem Chaos, das ich in unserer Freundschaft verursacht habe? „Freut mich.“ Als ob. „Hinata, wir gehen.“ In diesem Moment überrascht es mich, dass ich über diesen Befehl nicht überrascht bin. „W-was?“, fragt sie verwirrt und schaut ihn mit aufgerissenen Augen an. „A-aber … aber …“ „Bedank dich bei diesem Trampel, Choji.“ Neji deutet auf sein T-Shirt, auf dem noch immer ein großer, brauner Fleck zu sehen ist. Das Auswaschen dürfte wohl nicht sonderlich erfolgreich gewesen sein. „Es tut mir wirklich leid!“, ruft dieser und kratzt sich verlegen am Kinn. „Hm.“ „Oh ja, ich würde mich auch umziehen wollen“, mischt Ino sich schnell ein. „Wir erzählen dir auf jeden Fall von allem, was vielleicht noch passieren sollte.“ Hinatas Augenbrauen ziehen sich zusammen, doch dann nickt sie kurz. „Okay. Bis Montag dann.“ Warum genau Ino Nejis Vorhaben unterstützt jetzt schon nachhause zu gehen, erschließt sich mir nicht. Natürlich haben wir keine Chance, ihn umzustimmen, aber Hinata so direkt aufzufordern nachzugeben, erscheint mir dennoch seltsam. „Tschüss, Hinata“, sage ich also hilflos und drehe mich zu Ino, kaum dass die beiden zwischen den Anwesenden verschwunden sind. „Was sollte das denn?“ „Was denn? Wir haben erreicht, was wir wollten. Naruto und Hinata konnten ungestört reden. Und bevor Neji irgendeine Szene macht und Hinata wieder blamiert wird, dachte ich, ist es besser so. Übrigens hätte es auch kaum besser laufen können. So viele Menschen wie hier sind, wird es wohl kaum jemandem aufgefallen sein. Ach ja, danke für die Hilfe, Sasuke.“ Ino strahlt Sasuke regelrecht an. Ich habe gar nicht bemerkt, dass er sich wieder zu uns gestellt hat. Bloß nicht umdrehen. „Das war großartige Schützenhilfe. Nicht wahr Sakura?“ Nachdem Ino mich aber nun direkt anspricht, habe ich das Gefühl, nicht anders zu können. Mein Magen krampft sich jetzt schon zusammen. Mit zusammengebissenen Zähnen drehe ich mich also zu Sasuke um, der hinter mir steht – Naruto im Schlepptau – und setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Jap. Großartig.“ Oh Gott, hoffentlich klingt das nur in meinen Ohren falsch. Ich freue mich wirklich, dass er so schnell reagiert und die Situation im Auge behalten hat. Aber so wie ich mich anhöre, würde es mich nicht wundern, wenn das anders verstanden werden würde. Und tatsächlich könnte ich schwören, dass Sasukes Augen ein klein wenig enger werden. „Hn.“ Oder auch nicht. Wahrscheinlich wünsche ich mir so sehr, dass ihm irgendetwas an mir liegt, dass ich selbst in solchen für mich unangenehmen Situationen nach der kleinsten Regung suche. „Yo. Vielen Dank, Sasuke. Ich glaube nicht, dass wir nochmal so eine peinliche Situation wie aufm Schulgelände hätten gebrauchen können.“ Naruto grinst gutgelaunt und schlägt seinem besten Freund begeistert auf den Rücken. Dieser wirft ihm als Antwort einen finsteren Blick zu, sagt aber ansonsten nichts. „Verkack es jetzt nur nicht, Naruto“, mischt Ino sich ein und lenkt so Narutos Aufmerksamkeit auf sich. Er schaut sie vollkommen verdattert an. „I-ich weiß nicht, was du meinst“, erwidert er nach einem langen Moment der Stille – sofern man den Lärm um uns herum nicht mit hineinzählt. „Ich glaube, das tust du doch.“ Und dann wird Naruto schlagartig rot im Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)