Weil wir dafür leben von Goetterspeise (SasuSaku | NaruHina) ================================================================================ Kapitel 2: Weil ich ein Feigling bin ------------------------------------ Geistesabwesend liege ich bäuchlings auf Hinatas Bett und tue so als würde ich über meine Mathehausaufgaben grübeln, während ich eigentlich nur versuche, ihre verstohlen neugierigen Blicke zu ignorieren. Ich weiß, was sie fragen möchte, schließlich würde es mir in ihrer Situation nicht anders gehen. Allerdings habe ich keine sonderlich große Lust, ihr zu erklären, warum ich, statt zum Volleyballtraining zu gehen, plötzlich vor ihrer Tür stand, um meine Hausaufgaben in ihrem Zimmer zu erledigen. Die Antwort darauf ist zwar leicht, aber ich möchte sie dennoch nicht laut aussprechen, da ich ihr sonst gestehen muss, was sie sich wohl sowieso schon denkt: nämlich, dass ich ein verdammter Feigling bin. Anders als Ino, schaffe ich es nicht, mich super entspannt allein zu beschäftigen, wenn ich niemanden habe. Ich bekomme dann durchgängig das Gefühl, die Leute würden mich anstarren und verurteilen, hinter meinem Rücken lästern und sich die skurrilsten Gedanken machen, warum ich allein unterwegs bin. Und was macht Ino? Läuft durch die Gänge und Flure, grüßt hie und da Bekannte und schert sich einen Dreck darum, ob jemand sich darüber lustig machen könnte, weil sie ohne Freunde in die Pause geht. Ach mist, ich vermisse sie. Viel zu sehr, für das, was sie mir angetan hat. Wütend über mich selbst, klappe ich das Mathebuch zu und setzte mich auf. Hinata sieht mich an, mit einem noch besorgteren Blick als ich ihn in Erinnerung habe. „Ich kann mich nicht wirklich darauf konzentrieren“, antworte ich ihr, um sie vom Thema abzulenken. „K-kann ich verstehen“, stimmt sie mir nickend zu und ich sehe in ihren hellen Augen, dass sie noch etwas hinzufügen möchte, aber nicht weiß wie. Also steht sie mit einem mitfühlenden Lächeln auf und geht zum Fenster, um von dort aus auf das gegenüberliegende Haus zu blicken. Das macht sie immer, wenn sie nervös wird und ich muss mir manchmal einen schnippischen Spruch über Stalker verkneifen. Schließlich gehört das Gebäude, auf das sie so gedankenverloren starrt, Narutos Eltern. Und anscheinend beruhigt es sie, zu wissen, dass es überraschenderweise noch dasteht. Ich beiße mir auf die Unterlippe, um diesen Gedanken nicht laut auszusprechen, schließlich kann Hinata nichts dafür, dass mein Herz in tausend Teile zerbrochen ist und ich nichts lieber tun würde, als jedem, der glücklich verliebt sein darf, die Krätze an den Hals zu wünschen. „Wir könnten rüber gehen“, schlage ich deshalb lieber vor, doch Hinata schüttelt den Kopf, ohne ihren Blick abzuwenden. „Warum nicht?“ „W-was sollten wir denn sagen?“, fragt sie mich und ihre Schultern sacken ein bisschen nach unten. „Keine Ahnung? Lernen nervt, uns war langweilig und wir dachten, wir laden uns bei dir ein? Es ist ja nicht so, als hättet ihr sonst keinen Kontakt.“ Hinata schweigt. Sie weiß, dass ich Recht habe und nichts dabei wäre, einfach hinüberzugehen. Aber genau wie ich, ist sie ein Feigling und hat Angst. Und da kann ich ihr nicht einmal einen Vorwurf machen. „Oh!“, ruft Hinata plötzlich und springt regelrecht vom Fenster weg. „Was?!“, erwidere ich und rolle mich vom Bett, um zu ihr zu gelangen. „Ist irgendwas passiert?“, will ich besorgt wissen. Sie schüttelt ihren tiefroten Kopf und stammelt etwas undeutliches vor sich hin, weshalb ich einen Blick durch das Fenster riskiere. Naruto steht hinter einem seiner Fenster und schaut mich mit schräg gelegtem Kopf an. Ich winke ihm lachend zu und überspiele Hinatas peinlichen Abgang hoffentlich gut genug. „Das kann doch nicht das erste Mal sein, dass er plötzlich auftaucht, während du liebestrunken nach drüben starrst“, frage ich sie, immer noch meinen Blick aus dem Fenster gerichtet. „N-natürlich nicht ...“ „Springst du immer so weg?“ „N-“ „Ja, tut sie“, ertönt plötzlich eine Stimme hinter uns. Ich drehe mich um und sehe Hanabi, Hinatas kleine Schwester, das Zimmer betreten. Sie sieht auf den ersten Blick drahtig aus, hat aber einen durchtrainierten Körper. Außerdem hat sie immer einen lockeren Spruch auf ihren Lippen und spricht deshalb oft Sachen aus, die man gar nicht hören möchte. „H-hanabi!“ „Ach komm. Du verhältst dich doch sowieso immer seltsam, wenn es um Uzumaki geht. Da sollte das auch keine Rolle mehr spielen.“ Ich nicke, woraufhin Hinata mir einen bösen Blick zuwirft. „Na ja, wo sie Recht hat, hat sie Recht.“ „W-was brauchst du denn Hanabi?“, wechselt sie schnell das Thema. Die Angesprochene hebt kurz ihre Augenbrauen in meine Richtung, bevor sie sich wieder an ihre Schwester wendet. „Papa kommt heute später. Wie immer. Ich wollte dich fragen, ob wir uns Pizza bestellen und sie an Neji vorbeischmuggeln wollen.“ Bei dem Namen Neji zieht sich eine Gänsehaut über meinen Körper. Neji Hyuuga. Er ist ein Jahr älter als wir, Hinatas Cousin und Kapitän der Fußballmannschaft, zu der auch Naruto und Sasuke gehören. Sein Blick ist eiskalt, ganz anders als der von Hinata, obwohl er die gleiche helle Augenfarbe wie sie hat. Ich laufe ihm ungern über den Weg und wenn ich ihn in der Schule näherkommen sehe, überlege ich mir zwei Mal, ob ich weiterhin in diese Richtung muss oder doch noch abbiegen kann. Hinata geht es da ganz ähnlich, allerdings spricht sie nicht viel über ihn. Hanabi scheint aber im Gegensatz zu ihrer großen Schwester keine Angst vor ihm zu haben. „Ich … ich weiß n-nicht.“ „Sei nicht immer so ein Feigling. Ich würde mich auch mit Thunfisch anfreunden können. Extra für dich“, erwidert Hanabi unberührt. „Willst du auch was, Sakura?“ „Ähm ...“, ich werfe Hinata einen kurzen Blick zu, die gequält aussieht, „ich hätte schon Lust. Aber nicht, dass ihr deswegen Ärger bekommt.“ Hanabi lacht kurz auf und winkt dann ab. „Da musst du dir keine Gedanken machen. Das Einzige, was uns passieren kann, ist, dass Neji uns erklärt, wie ungesund das für unsere Körper sei. Als Sportskanone darf man das schließlich nicht essen.“ Stimmt. Hanabi macht irgendeine Art von Kampfkunst, wenn ich mich richtig erinnere und soweit ich weiß, betreibt Neji neben Fußball noch Karate und Judo. Das erklärt natürlich, warum er das nicht unbedingt mitbekommen soll. „Außerdem musst du dir keine Gedanken machen, dass Papa deswegen wütend auf dich wird. Immerhin bin ich diejenige, die diesen dummen Ernährungsplan einhalten muss.“ „Aber ich bin für dich ver-verantwortlich!“, widerspricht Hinata. Mit einem breiten Grinsen antwortet Hanabi: „Dann bin ich aber verloren. Du kannst ja nicht mal auf dich selbst aufpassen.“ Wie war das nochmal mit ‚Spricht Sachen aus, die man nicht hören will‘? Hinata fühlt sich ertappt und ich weiß bei ihren nach unten gebogenen Lippen, dass sie eingeknickt ist. „G-gut“, sagt sie leise und Hanabi klatscht begeistert in die Hände. „Bis dann.“ Und damit ist sie verschwunden. „Hinata …“, beginne ich vorsichtig, doch sie schüttelt nur den Kopf. „Weißt du, eigentlich hat sie Recht. I-ich hätte furchtbar gern ein St-stück Pizza. I-ich hab nur Angst vor der R-re-reaktion … von Vater und … Neji.“ Das merkt man. Immer wenn sie sich vor etwas fürchtet, wird ihr Stottern schlimmer. „U-und Hanabi k-k-kann mich leider zu … zu leicht überreden.“ „Das musst du anders sehen“, versuche ich es optimistisch, „du hast eine Schwester, die dich gut kennt und dir hilft, deine Sorgen zu umgehen. Du machst es doch schließlich trotzdem. Da solltest du gar nicht so hart mit dir ins Gericht gehen.“ Mit einem Schulterzucken lässt sich Hinata rücklings auf ihr Bett fallen. Ich glaube die Idee, Naruto besuchen zu gehen, werde ich mir für einen anderen Tag aufsparen, wenn sie sich nicht schon wegen einer anderen Sache überwinden muss. Ich bin nur froh – und eigentlich müsste ich mich deswegen schlecht fühlen – dass es noch einen größeren Feigling gibt als mich. Es gab keinen Ärger wegen der Pizza. Hanabi passte haargenau die Zeitspanne ab, in der Neji noch einmal Laufen ging und bis er wieder nachhause kam, waren die verräterischen Überreste und der Karton im Mülleimer der Familie Uzumaki verschwunden. Hinata war immer noch furchtbar nervös als ich ging, aber ich hatte das Gefühl, dass sie auch ein bisschen stolz auf sich war, mitgegessen zu haben. Am liebsten hätte ich nachgefragt, wie es denn sonst lief, wenn Hanabi auf eine solche Idee kam, aber das verkniff ich mir am Ende dann doch. Zumindest kommt sie mir heute wieder besser gelaunt vor, was wohl nicht nur mit dem geheimen Pizzaessen zusammenhängt, sondern der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass Naruto sie zum dritten Mal in drei Tagen auf dem Schulweg begleitet. Dafür ist meine Stimmung auf einem neuen Tiefpunkt, da Sasuke nun ebenfalls mit von der Partie ist. Zu meinem Glück muss ich nur den Weg vom Schultor bis zu den Spinden überleben, weil die Jungs anschließend noch auf Drängen von Naruto in die Mensa gehen. Das reicht aber definitiv, um mir wieder schmerzlich bewusst zu machen, was er und vor allem Ino mir angetan haben. Wie so oft in den letzten Tagen, bin ich nur froh, nicht in Tränen ausgebrochen zu sein. „Sasuke meinte heute Morgen, d-dass er es mit eigenen Augen sehen wollte, ob Naruto wirklich so früh aus dem Haus kommt“, erzählt mir Hinata, als wir endlich allein sind und uns auf dem Weg zum Klassenzimmer machen. „Was glaubt er denn sonst? Dass der Gute dann in die Schule sprintet, um so früh anzukommen?“, erwidere ich mit einem Lachen, bevor mir wieder einfällt, über welches Duo wir gerade sprechen. „Keine Ahnung“, stimmt mir Hinata schmunzelnd zu. Sie sieht meinen veränderten Gesichtsausdruck wohl erst einen Moment zu spät, aber nachdem er ihr auffällt, verfallen wir in ein unangenehmes Schweigen, über das ich mich ärgere. Es gab Zeiten, da mussten wir vor Lachen fast weinen. Hinata, Ino und ich. Jetzt, wo wir nur noch zu zweit sind, merkt man, dass der extrovertierte Teil der Gruppe fehlt. Ich kann es noch immer nicht leiden, dass Ino mir fehlt. Und vor allem nicht, dass sie mir wegen der fehlenden guten Stimmung fehlt. Es sollte ihr schlecht gehen und nicht mir. Und natürlich auch nicht Hinata, die als Außenstehende einfach in diesen (Nicht)streit hineingezogen wurde. Sie wird Ino mir zuliebe wohl auch die kalte Schulter zeigen. Hoffe ich zumindest. Oder sollte ich auch deswegen ein schlechtes Gewissen haben? Schließlich haben die beiden keine Schwierigkeiten miteinander. Aber ich will mir nicht vorstellen, wie sie Nachrichten austauschen, während ich sauer auf Ino bin. Ich möchte, dass Hinata auf meiner Seite steht, sonst wird es über kurz oder lag wirklich kompliziert für mich. „Du, Hinata?“ Wir bleiben stehen und sie schaut mich fragend an. „Sag mal ...“, beginne ich, um Klarheit darüber zu erlangen, wie sie aktuell zu Ino steht, werde aber von einer lauten Stimme unterbrochen. „Haruno!“ Ich drehe mich überrascht um. Tenten, die Kapitänin der Volleyballmannschaft steht hinter mir und schaut mich eindringlich an. „Ja?“, frage ich in der Hoffnung, dass sie den kalten Schauer, der ihr Blick in mir auslöst, nicht bemerkt. „Du hast gestern das Training verpasst“, antwortet sie mir und kommt noch einen Schritt näher. „Ich weiß. Ich hatte dir doch …“ „Mich interessiert deine Ausrede nicht. Mich interessiert nur meine Mannschaft. Und es ist mir auch egal, was zwischen Yamanaka und dir gerade für ein Zickenkrieg herrscht. Ihr habt euch dazu verpflichtet, ein Teil der Mannschaft zu sein und nicht mehr und nicht weniger. Feige den Schwanz einzuziehen, klappt vielleicht bei den Jungs, aber ich erwarte Teamgeist.“ Woher …? „Aber ...“ „Also bleiben dir zwei Möglichkeiten“, unterbricht Tenten mich erneut und hebt ihre Hand, um mit Zeige- und Mittelfinger die Zwei anzuzeigen. „Entweder ihr kommt während des Trainings und der Spiele mit eurem Scheiß klar oder aber ihr klärt das. Die zweite Variante würde ich euch übrigens empfehlen, aber ich misch mich nicht ein, wie ihr das handhabt. Macht es bloß.“ Und damit ist das Gespräch für sie beendet. Ich schaue ihr ein paar Sekunden verdutzt auf den Hinterkopf – wie bekommt sie nur diese seitlichen Dutts jeden Morgen so perfekt hin? - bevor mir ein Gedanke kommt. „Tenten“, rufe ich und beeile mich, ihr hinterher zu kommen. „Ja?“ Sie bleibt stehen und wartet mit verschränkten Armen auf mich. „Und was ist mit Austritt?“ Ein Lachen entweicht ihrer Kehle und sie schüttelt den Kopf. „Kannst du gerne versuchen. Aber ich bin mal gespannt, wie triftig dieser Grund bei unserer Schulleiterin ist, um den Austritt wirklich zu gewähren.“ Und damit ist das Gespräch nun wirklich beendet. Grummelnd sehe ich Tenten nach und beiße mir genervt auf die Unterlippe. Ich liebe Regeln und bin immer dafür, sie genauso einzuhalten, wie sie dastehen (meine Schuhe mal ausgenommen). Aber warum muss die Schule so streng sein, wenn es darum geht unter dem Jahr, einen Club zu verlassen? Ich könnte es natürlich probieren, aber ich kann Tsunade-Senseis Worte schon richtig in meinem Kopf hören: „Sieh es als eine Herausforderung für dein späteres Leben an.“ Und das, nachdem sie mir wohl eine fünfminütige Predigt über das nicht aufgeben gehalten hat. Schade, dass diese Erkenntnis nichts an meiner momentanen Situation ändert. Wie soll ich mit Ino böses Spiel zur guten Miene machen, wenn ich, sobald ich sie sehe, entweder schreien oder heulen möchte? Und für ein klärendes Gespräch bin ich definitiv nicht bereit! Ganz und gar nicht. Also … nicht bereit in dem Sinne, dass ich ein großer Feigling bin und Angst davor habe, was das Ergebnis dieses Gesprächs sein könnte. Denn in jedem Szenario, das mir einfällt, ist unsere Freundschaft auf jeden Fall beendet. Und auch wenn ich weiß, dass sie es sowieso schon ist, weil man nicht mit dem Schwarm der besten Freundin schläft, habe ich, solange es unausgesprochen bleibt, noch immer die Möglichkeit, mir einzureden, dass es sich vielleicht in Luft auflösen wird. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)