Die Macht der Ignoranz von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 6: Sieg und Niederlage ------------------------------ Das Feuer und das Ausmaß der Zerstörung an jenem Dorf, welches Chikages schlechter Laune zum Opfer gefallen war, machte schnell die Runde. Natürlich schenkte niemand dem Gerede Sterbender ein Ohr, die von einem Teufel geredet hatten, aber Amagiri nahm diese Aussagen sehr ernst. Es musste schon sehr viel Zufall am Werke sein, wenn ausgerechnet dann ein Massaker los war, wenn er sich Chikage zu sehr genähert hatte. Amagiri bemühte sich darum, im Satsuma-Hauptquartier nicht aufzufallen, als er sich auf der Suche nach Chikage befand. Zwar war das aufgrund seiner roten Haare und seiner großen Statur so schon recht schwierig, doch es musste nicht auch noch übermäßige Schnelligkeit hinzukommen. Diese brodelte also ungenutzt in seinem Körper und er musste viele Atemzüge tun, um sich irgendwie zu beruhigen. Chikage hatte genau das mit seiner Engstirnigkeit erreicht, was Amagiri am meisten aufregte. Er hatte die Aufmerksamkeit auf die Oni gelenkt, was der Rothaarige immer und um jeden Preis verhindern wollte. Chikage war das schon immer egal gewesen, doch noch nie so sehr wie dieses Mal. Bestimmt würden die eingeweihten Oberhäupter den Oni noch mehr Daumenschrauben anlegen und sie noch mehr in ihre menschlichen Aktivitäten einbeziehen, was Amagiri unbedingt hatte vermeiden wollen. Die Oni waren nicht mehr viele ihrer Art, ihre Art stand kurz vor dem Aussterben und solche unbedachten Aktionen, noch dazu des eigentlichen Oberhauptes, brachten die Freiheit, nach der sie sich alle sehnten, in große Gefahr. Amagiri gab sich selbst die Schuld, aber er wusste auch, dass es über kurz oder lang sowieso dazu gekommen wäre. Chikage war und blieb unbeherrscht und das hätte er von vorneherein einkalkulieren sollen, als er sich ihm genähert hatte. //Trotzdem hätte er es nicht tun dürfen... diese Menschen konnten nichts dafür//, knurrte Amagiri in sich hinein und wieder machte er ein paar tiefe Atemzüge, um den Oni, der in ihm wütete und förmlich darum bettelte, freigelassen zu werden, zu beruhigen. Als Amagiri endlich den Flügel und dann das Zimmer des Blonden erreichte, stieß Amagiri ohne Anzuklopfen die Schiebetür beiseite. Er tat dies mit solcher Wucht, dass die Tür, die nur aus Holz und Tatamimatten bestand sogar noch zurückfederte und sie so allein im Zimmer verbleiben ließ. Amagiri stand mit wenigen Schritten vor Chikage, der betont gelassen auf einem gepolsterten Kissen saß und aus einer flachen Schale Sake trank. An den noch feuchten Spitzen seiner Haare und dem einfachen Yukata erkannte Amagiri, dass der Oni gebadet haben musste, doch es klebte dennoch der Geruch des Blutes an ihm. Menschenblut... ohne Zweifel. „Es freut mich, dass Ihr unverletzt seid, Chikage-sama... aber musste dieses sinnlose Morden sein? Ihr habt unnötige Aufmerksamkeit auf die Oni gelenkt“, mahnte Amagiri und er erstickte bald selbst an seiner eigenen Höflichkeit. Viel lieber hätte er Chikage am Kragen gepackt und ihn zur Besinnung geschüttelt, doch noch wusste Amagiri, wer der Herr der Oni war und wer nicht, daher konnte er dahingehend nicht aus seiner Haut. Was Chikage ohne Zweifel wusste, denn er trank seine Schale leer, stellte sie betont langsam auf dem niedrigen Tisch neben sich ab und maß den Rothaarigen mit einem arroganten und gelangweiltem Blick. „Wenn das alles war, dann verschwinde“, sagte er sanft, doch in seinem Blick tobte pure Mordlust. Anscheinend hatte er nicht vergessen, wer wirklich an dieser ganzen Misere Schuld war, aber dennoch ruderte Amagiri nicht zurück. „Ihr habt alle Oni-Clans in Gefahr gebracht, Chikage-sama und das als Oberhaupt aller! Dieses Verhalten ist unentschuldbar!“ Amagiri konnte nicht verhindern, dass er seine Stimme erhob und seine Handschuhe gaben ein Knistern von sich, weil er seine Hände so sehr zu Fäusten ballte. Chikage erhob sich in einer fließenden Bewegung und trat mit dämonischer Schnelligkeit auf Amagiri zu. Jeder Mensch hätte nun verschwommene Gestalten gesehen, nicht jedoch Amagiri, der daraufhin nicht einmal zusammenzuckte. Chikage kam ihm nah... sehr nah, so dass er den Atem des anderen auf seinem Gesicht fühlen konnte und er wusste, das war alles zur Ablenkung und auch zur Einschüchterung. „Zum Glück hatte ich nicht vor, mich zu entschuldigen. Diese Ratten wären sowieso abgeschlachtet worden, also was macht es schon? Geh mir nicht auf die Nerven, Amagiri und verschwinde endlich“, sagte Chikage kalt und die Raumtemperatur wurde merklich kühler. Wahrscheinlich hätte Amagiri besser gehen sollen, doch alles in ihm rebellierte. Egal, was daraufhin mit ihm passieren würde, er würde Chikage jetzt nicht einfach in Ruhe lassen und ihm damit die Genugtuung eines Sieges gewähren. Auf keinen Fall durfte der andere denken, dass er über alle Zweifel erhaben war und als sein Ratgeber war es auf jeden Fall Amagiris Aufgabe, Chikage Vernunft einzuimpfen. Der rothaarige Oni murmelte eine Entschuldigung, dann holte er unvermittelt aus und verpasste Chikage mit einer Faust einen kräftigen Schlag mitten ins Gesicht. Die Wucht des Schlages beförderte den unvorbereiteten Blonden direkt durch die Tatamimattenwand hinaus an die frische Luft. Chikage wurde nur von Erde gebremst und nur, indem er sich in den Boden krallte. Seine Wut brach sofort wieder hervor, so als ob es das Massaker vor wenigen Stunden nicht gegeben hätte und er ließ seinen dämonischen Kräften freien Lauf. Sein Haar wurde silbern, seine Hörner brachen hervor und sogar seine Finger endeten nun in scharfen Krallen, während seine Zähne sich ebenso todbringend wandelten. So weit hatte er sich noch nie gewandelt, aber es war ein derart berauschendes Gefühl, dass Chikage es zuließ. Er richtete sich in eine stehende Position auf, nahm die Kampfhaltung ein und seine nun goldgelben Augen richteten sich auf ihr Ziel. Amagiri trat durch die zertrümmerte Wand, er ließ weder Angriffs- noch Verteidigungshaltung erkennen. Er stand einfach nur da und das einzig Dämonische an ihm waren die nun ebenfalls goldgelben Augen. Ein Prickeln überlief Chikages Nacken, doch er ignorierte es. Er konnte die Erinnerung gerade nicht gebrauchen, schließlich würde dies hier ein Kampf auf Leben und Tod. Er spürte die immense Kraft in sich und nun würde er sie gegen Amagiri einsetzen, der ebenso entschlossen wirkte, wie Chikage selbst. Wie es seine Art war, wartete Amagiri ab, während Chikage sich mit todbringender Schnelligkeit auf ihn zubewegte und seine Krallen einsetzte. Da er sein Schwert nicht zur Hand hatte, würden diese reichen müssen. Amagiri packte Chikage an den Handgelenken und brachte sein Gesicht vor den Klauen in Sicherheit, dann wirbelte er den Kleineren herum und beförderte ihn ein weiteres Mal in die Erde. Chikage war völlig verdreckt, doch er steigerte sich nur noch weiter in seine Wut und beachtete das gar nicht. Er ließ Amagiri nicht aus den Augen und die stoische Ruhe des anderen machte ihn nur noch wütender. Erneut stürzte er sich auf ihn und schaffte es dieses Mal, den anderen mit seinen Klauen eine fiese Wunde am Bauch zuzufügen. Doch das reichte Chikage noch nicht, er wollte noch viel mehr Blut von Amagiri sehen, ihn vielleicht sogar töten. Chikage holte zu einem weiteren Angriff aus, doch Amagiri hatte dies kommen sehen und wieder raste seine Faust auf Chikages Gesicht zu. Ein Knirschen war zu hören, als Chikages Kiefer brach und der kleinere Oni zurückgeschleudert wurde. Er schmeckte Blut in seinem Mund und ihm wurde kurz schwarz vor Augen, weil die Nachwirkung des Schlages sein Gehirn förmlich durchgeschüttelt hatte. Er richtete sich auf, doch Amagiri kam ihm zuvor, denn er packte ihn am Kragen und hob ihn in die Luft, dass Chikage kaum atmen konnte. Sein Kiefer heilte in Sekundenschnelle, aber dennoch fühlte er sich plötzlich matt und kraftlos und das frustrierte ihn. Er hieb noch zweimal kraftlos nach Amagiri, ohne ihn jedoch zu treffen und der Sauerstoffmangel betäubte ihn langsam aber sicher. //So werde ich also sterben...//, schoss es Chikage durch den Kopf und seine Augen schlossen sich ebenso kraftlos, wie sich seine Arme senkten. Amagiri war wie gefangen in seiner Wut und der Oni in ihm verlangte nach Blut, tobte deshalb, weil er danach gierte, den anderen besiegten Oni zu zerfetzen und den endgültigen Todesstoß zu versetzen. Genau das Gleiche schien Chikage zu erwarten, denn alles an ihm sah nach Selbstaufgabe aus... Amagiri atmete tief durch, dann ließ er Chikage einfach fallen. Er zwang sich, von dem anderen wegzugehen, doch da hatte er nicht mit dem anderen gerechnet. „Bist du wirklich so feige, mir das Leben zu nehmen? Bist du schon so sehr Mensch geworden?!“, brüllte Chikage hinter ihm her und Amagiri wurde so unsagbar wütend darüber, dass er kehrt machte und sich den anderen wieder schnappte. Er hob ihn wieder am Kragen an, schloss die Augen und konzentrierte sich einen Moment, um die Kräfte in ihm in seine Beine zu lenken. Als er genug Energie gesammelt hatte, machte er einen riesigen Sprung, der ihn aus dem Satsuma-Hauptquartier hinausbeförderte. Chikage hatte die Augen zugekniffen, als Amagiri ihn wieder gepackt hatte und spürte den Luftzug. Wenig später spürte er die Landung und wie Amagiri ihn von sich schleuderte. Zum dritten Mal landete Chikage im Dreck, dieses Mal sogar im Schlamm und er hätte schon wieder explodieren können. „Amigiri!“ „Was...?“ Chikage schaute zu dem Rothaarigen hinüber, der sich gerade seiner Handschuhe entledigte. Das gesamte Erscheinungsbild des anderen hatte sich geändert. Seine Hörner waren erschienen, seine Augen leuchteten in einem satten goldgelben Ton und eine Aura der todbringenden Stärke umgab ihn, dass es Chikage erzittern ließ. Er konnte nicht verhindern, dass er Angst empfand und seine Augen weiteten sich entsetzt, als Amagiri langsam auf ihn zukam. Es war selten, dass der andere völlig in seine Dämonenform wechselte, doch wenn, dann war es ernst. „Ihr wolltet gerade etwas sagen, habe ich Recht... Chikage-sama?“ Die Höflichkeitsfloskel wurde förmlich ausgespien und Chikage schnappte nach Luft. Amagiris Aura schien ihn förmlich zu erdrücken und er wollte einfach nur noch weg. Wenig elegant rutschte er nach hinten. Seine Hände versanken im Schlamm, das braune Zeug klebte an ihm fest und dennoch rutschte er weiter nach hinten, bis der Stein eines großen Felsens ihn stoppte. Amagiri war ihm indes gefolgt, immer noch mit beängstigender Ruhe. „Was ist, Chikage-sama? … Eben noch sollte ich es zu Ende bringen“, erinnerte Amagiri leise und seine Stimme war dunkler als sonst. Chikages Atem ging hastiger, Schweißperlen erschienen auf seiner Stirn, während die dämonische Aura ihm immer noch den Sauerstoff aus den Lungen presste. Er sah in Amagiris Augen, die seinen so ähnlich waren und er fühlte sich davon verschlungen, dass er keinen Ton mehr herausbrachte. Amagiri trat noch einen großen Schritt auf Chikage zu. Er packte den anderen am völlig verdreckten Yukatakragen und hob den anderen hoch. Der Stein des Felsens bohrte sich in Chikages Haut und durch den dünnen Stoff des Yukatas spürte er alles und wenn es die kleinste Erhebung war. Auf Amagiris Fingerknöcheln waren noch leichte rote Flecken zu sehen, also fast verheilte Verletzungen und alles brach auf Chikage herein. Er hatte den sonst so friedlichen Amagiri dazu gebracht, er allein... „Amagiri“, würgte er hervor, doch Amagiri schüttelte sein Haupt. „Sagt nichts mehr. Ich bin kurz davor, die Kontrolle zu verlieren... vielleicht werdet Ihr diesen Abend nicht überleben“, knurrte der Größere und Chikage gab einen erstickten Laut von sich. Amagiri sagte danach nichts mehr, sondern presste Chikage nochmals schmerzhaft eng gegen den Felsen. Chikage keuchte, als Amagiri die letzte Distanz überwand und er so die gesamte Kraft des anderen spüren konnte. Er kniff die Augen zusammen, denn er wusste genau, was jetzt kam. Ein altes Ritual bei den Oni sah vor, dass der Gewinner den Besiegten mit einem Biss in den Hals brandmarkte und ihm danach die Kehle herausriss. Selbst, wenn Amagiri den letzten Schritt nicht unternahm, würde er wohl aber zubeißen, weil es dieses alte Ritual vorgab. Und einen Onibiss würde nicht so schnell heilen wie eine normale Verletzung, sondern lange zu sehen sein, so dass auch wirklich jeder andere Oni davon erfahren würde. Schon spürte Chikage den Atem des anderen auf seinem Hals, direkt da, wo die Schlagader pulsierte und alles in ihm verkrampfte sich. Seine Atmung steigerte sich nochmals panisch und niemals hätte er gedacht, dass Amagiri ihm einmal so eine Angst machen würde. Doch genau so war es. Noch einmal wollte Chikage den Namen des anderen sagen, ihn sogar bitten, aufzuhören... da pressten sich die Lippen des anderen auf seinen Hals. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)