Die Macht der Ignoranz von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 3: Die Macht der Ignoranz --------------------------------- Chikage erwachte mühevoll, seine Sinne gehorchten ihm kaum. Er gab frustrierte Laute von sich, als er feststellte, dass es nach wie vor kein Traum war, sondern die Realität. Dieses Gefängnis hier, dass ihn umgab, war echt. //Verdammter Amagiri...//, dachte er schwach und biss die Zähne zusammen, als sich sein Körper protestierend in seinen Fesseln meldete. Niemals hätte er geglaubt, dass der andere zu so etwas fähig war, doch nun hatte er den Salat, weil er den Rothaarigen so dermaßen unterschätzt hatte. Er hatte ihm einfach nicht mehr zugetraut als dass er sehr stark und beherrscht war. Doch genau diese Beherrschung hatte er ins Wanken gebracht und hatte etwas heraufbeschworen, dass er nicht hatte kontrollieren können, wie sonst auch. Chikage zerrte nun an den Hand- und Fußfesseln, die ihn gleichzeitig noch an die Wand ketteten. Die Fesseln waren so straff, dass er sich kaum rühren konnte, aber das war wohl des Kerkermeisters Absicht. Wieder gab er wüste Flüche von sich und riss an den Fesseln, bäumte sich auf, doch die Fesseln gaben keinen Moment nach. In diesem Moment ging die Tür langsam auf und Amagiri höchstselbst betrat den Raum. Chikages Wut war sofort wieder da. Dieser verdammte Mistkerl hatte ihn mit einem Schlag bewusstlos geschlagen und hatte ihn hierher verschleppt. Hin und wieder ließ sich Amagiri blicken, um nach dem Rechten zu schauen, doch mehr auch nicht. Er redete wenig bis kaum mit seinem Gefangenen, sah nach, ob die Fesseln auch noch fest genug waren, dass sie Chikage das Blut abschnürten und ging dann wieder. Chikage regte das maßlos auf und auch, dass niemand ihn befreite. Das hatte er nun davon, dass er sich nur um sich selbst und seine Belange gekümmert hatte, denn so hatte Amagiri alles und jeden korrumpieren können und dafür sorgen können, dass Chikage hier unten versauerte. „Ihr seid sicher langsam am Ende eurer Kräfte. Habt Ihr einen Wunsch, Chikage-sama?“, wollte der große Rote plötzlich wissen, doch es steckte eine andere Absicht dahinter als Fürsorge. Oni hatten genau eine Schwäche. Sie waren an genau eine Sache gebunden, die sie zu sich nehmen mussten, sonst würden sie nach einer gewissen Zeit sterben. Diese Schwäche zu offenbaren und woran sie gebunden war, kam einem Todesurteil gleich. So hatte der Peiniger einen in der Hand und genau das war wohl Amagiris Ziel. Aber Chikage hatte keine Wahl, denn er war bereits am Limit, weil er nach dem Kampf mit diesem Wolf von Mibu nichts zu sich genommen hatte. Sein Körper brannte bereits von innen und nicht lange und er würde das Bewusstsein verlieren. Chikage hasste es, seinen Stolz herunterschlucken zu müssen, um jene Sache hervorzubringen, aber hier ging es um Leben und Tod. Er wollte nicht sterben, er hatte noch viel zu viel vor, als dass es hier in einem kleinen Untergrundgefängnis enden durfte. „Sake...“, presste er hinter zusammengebissenen Zähnen hervor und er verwünschte Amagiri dafür, dass dieser ihn soweit getrieben hatte. Amagiri nickte und ging das Gewünschte holen. Als er wenig später wieder auftauchte, hatte er ein schmales, hohes Gefäß und eine Trinkschale bei sich. Er füllte die Trinkschale und kam damit zu Chikage. Natürlich durfte er nicht selbst trinken, das hatte Chikage sich schon denken können und der Zorn loderte in ihm auf, als Amagiri die Schale an seine trockenen Lippen setzte. Noch eine Erniedrigung mehr... „Trinkt... Ihr müsst wieder zu eurer Stärke finden“, wies Amagiri ihn an und die Gier nach Leben überwog. Chikage trank so hastig, dass er husten musste, doch dennoch verlangte er nach mehr. Amagiri ging zu dem hohen Gefäß, füllte die Schale neu und trat erneut an Chikage heran, um ihn zu füttern. Dieses Mal agierte Chikage wieder hastig und ein dünnes Rinnsal der Flüssigkeit rann ihm das Kinn hinab. Amagiris Augen weiteten sich kurz bei diesem Anblick, als er dies verfolgte und er erregte damit Chikages Ärger. „Was ist... was starrst du mich so an?!“, wollte er wissen, als ihm der Atem ganz plötzlich entwich, denn Amagiri beugte sich nach vorn und fing den Sake mit der Zunge auf, genau an seinem Kinn. Chikage wurde nicht mehr und die Wut äußerte sich heiß in seinem Inneren. „Was fällt dir ein?!“, rief er und vergessen war die stumme Einvernehmlichkeit, die sie vorher miteinander geteilt hatten. Amagiri wich augenblicklich zurück, wenn auch so langsam, dass es wenig respektvoll gegenüber Chikage war und er verbeugte sich entschuldigend. „Verzeiht... ich wollte Euch nur nicht mit meinen beschmutzten Händen säubern“, meinte er völlig ruhig und zeigte Chikage seine völlig verdreckten Handschuhe, die wohl heute einen Kampf gesehen hatten. Chikage beruhigte sich notgedrungen und sein Gefühlsausbruch war ihm nun unangenehm. „Sag das doch gleich“, knurrte er leise. „Und dann sag mir auch gleich, wann du mich endlich frei lässt.“ Amagiri seufzte und stellte die Trinkschale zu dem hohen Gefäß. Er sah enttäuscht aus und er verbeugte sich zum Abschied. „Gehabt Euch wohl, Chikage-sama. Ich komme euch bald wieder besuchen“, meinte er und damit ging er, die beiden Gefäße absichtlich zurücklassend, damit sie Chikage verhöhnen konnten. Amagiri hatte noch nicht ganz den Ausgang des Gefängnisses erreicht, als er Chikage Kazama frustriert brüllen hörte und seine Lippe kräuselten sich zu einem seltenen Lächeln. Es war wirklich ein kleines Privileg, wenn man einen Befehl missachten konnte. Amagiri ließ sich lange nicht blicken und die Sakeflasche und die Trinkschale verhöhnten Chikage noch immer. Manchmal bildete er sich ein, dass der Alkohol zu ihm herüberwehte, doch das war Schwachsinn, hatte eine dicke Ratte doch das Gefäß umgeworfen. Der kostbare Sake, der Chikages Lebensgeister hätte wecken sollen, war im Boden verronnen und erst da hatte der Blonde echte Verzweiflung gegenüber seiner Lage empfunden. Mittlerweile ging es ihm nur noch miserabel, aber dafür spürte er die einengende Wirkung seiner Fesseln nicht mehr. Seine Gelenke waren viel zu taub, um noch irgendwelche Impulse an sein Gehirn senden zu können und der Schmerz war schales Echo, welches Chikage schon längst zu ertragen wusste. Er hob kaum den Kopf, als die Tür seines Gefängnisses aufschwang, aber anhand der Schritte konnte er erkennen, dass es sich um Amagiri handelte und tatsächlich hob dieser wenig später Chikages Gesicht mit einer Hand zu sich. Chikage konnte seinen Kopf nur so halten, weil Amagiri ihm dabei half. „Seht Ihr es nun ein, Chikage-sama?“, wollte Amagiri wissen, doch Chikages Augen schauten nur stumpf aus ihren Höhlen und als Amagiri die Hand wieder wegnahm, kippte sein Kopf nach unten. Er hatte keine Kraft mehr, weder, um sich zu entschuldigen, noch, um wütend zu werden. Amagiri ging in die Hocke und nestelte an seinen Fußfesseln herum. Er löste sie und als das Blut in seine Gelenke zurückkehrte, gab Chikage einen Schmerzensschrei von sich. Das Gleiche wiederholte sich, als Amagiri die Handgelenke aus ihren Gefängnissen befreite und Chikage konnte sich nicht halten. Nur die Fesseln hatten ihn aufrecht gehalten, doch nun kippte er gegen Amagiri, der ihn zum Glück sicher auffing. Schwäche durchzog Chikages Körper, er war am Limit und er brauchte schnellstens Sake, doch seine Zunge klebte an seinem Gaumen, er fand keine Kraft, um zu sprechen. Ihm wurde schwarz vor Augen, die Bewusstlosigkeit winkte ihm bereits zu, wollte ihn willkommen heißen. Chikage war versucht, nachzugeben... „Bleibt wach, Chikage...“, befahl Amagiri plötzlich und der Blonde fühlte sich auf dessen Arme gehoben. Er hielt sich wach, folgte Amagiris Befehl und er fühlte, wie er fortgetragen wurde. Es war schwer, die Augen offen zu halten, doch irgendwie schaffte er es. Amagiri verließ unterdessen das Gefängnis, erklomm die Wendeltreppe nach oben und erreichte ein höhergelegenes Stockwerk. Er ging zielstrebig zu einer Tür, durch die er ein kleines, aber geräumiges Zimmer erreichte. Er legte Chikage auf einem schmalen Bett ab und ließ ihn dort liegen, ehe er sich kurz entfernte. „Ama...giri...“ Seine Stimme war nicht mehr als ein raues, kratziges Flüstern und doch tauchte der mächtige Kopf des Roten über ihm auf. „Es ist alles in Ordnung, Chikage-sama“, sagte er beruhigend und Chikage wollte ihm gerne glauben, doch sein Körper sandte andere Signale aus. Amagiri verschwand wieder aus seinem Blickfeld und kehrte aber kurz darauf mit einer Sakeflasche zurück. Er versuchte, Chikage etwas davon einzuflößen, doch der Blonde war bereits viel zu schwach dazu. Kurzentschlossen nahm Amagiri selbst den Alkohol zu sich, beugte sich herab zu Chikage und flößte dem blonden Oni so die Flüssigkeit ein. Chikage spürte den sanften Druck von Amagiris Lippen auf seinen und wie durch einen dichten Neben hindurch, der auf all seine Sinne drückte, nahm Chikage wahr, wie belebender Sake seine Kehle hinunterrann. Amagiri ließ wieder von ihm ab, wiederholte das Ganze aber zwei bis drei Mal, bis der Blonde endlich wieder Farbe in seinem Gesicht hatte. Chikages Lebensgeister meldeten sich nach und nach zurück und doch hatte er sich noch nie so schwach gefühlt. Mühevoll richtete er sich auf, doch er wurde sofort wieder nach unten auf das Bett gedrückt. „Ruht euch aus, Chikage-sama“, war das Letzte, was Chikage noch hörte, dann driftete sein Bewusstsein in den Schlaf ab. Amagiri rieb sich schuldbewusst den Nacken, während er beobachtete, wie Chikages Atemzüge ruhiger und entspannter wurden. Er hatte sich von seiner Wut mitreißen lassen und hatte den anderen damit fast getötet. Er, der Besonnenste von allen Oni, die es auf der Welt gab, hatte den Kopf verloren... Amagiri konnte es immer noch nicht fassen und er schüttelte fassungslos den Kopf über sich selbst. Natürlich hatte auch Chikage einen beträchtlichen Anteil daran, dass die Lage so sehr eskaliert war, aber dennoch hätte es Amagiri nicht soweit kommen lassen dürfen. Sie waren Oni, eine von Menschen bedrohte Art und da konnten sie es sich nicht leisten, den Kopf zu verlieren und sich gegenseitig zu bekämpfen. Amagiri besah sich Hand- und Fußgelenke des Blonden und neuerliche Schuldgefühle wallten in ihm auf. Zum Glück besaßen Oni über übernatürliche Selbstheilungskräfte, so dass man die Wunden, die er Chikage zugefügt hatte, bald nicht mehr sehen würde. Aber das war keine Entschuldigung dafür, dass er sie ihm trotzdem zugefügt hatte und das aus vollkommen egoistischen Gründen. Der Rothaarige schüttelte den Kopf über sich selbst und deckte den anderen zu. Wenn er es sich recht bedachte, dann war das nicht wieder gut zu machen... Amagiri seufzte. Anscheinend waren sie nun schon so lange unter Menschen, dass er sich ein paar Eigenarten abgeschaut hatte. Er beschloss, es auf jede erdenkliche Weise wieder gut zu machen, sobald Chikage-sama erwachte. Wenn er Glück hatte, würde es nur auf einen kleinen Kampf hinauslaufen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)