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In the spider's web

von

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A butterfly without wings

"Miss Delafontaine?"
 

Ich kniff die Augen zusammen. Jemand räusperte sich.
 

"Miss Delafontaine, es wird Zeit aufzustehen." Ich zog die Bettdecke zur Hälfte über meinen Kopf und vergrub das Gesicht im Kissen. "Miss Delafontaine!"
 

Unsanft rüttelte man mich an der Schulter, drehte mich gewaltsam auf den Rücken und weil ich wie wild anfing zu zappeln, verlor ich das Gleichgewicht, plumpste aus dem Bett und landete direkt vor Claude's Füßen. Bester Weckdienst überhaupt.
 

"Sie haben wohl einen sehr tiefen Schlaf.", meinte Claude und ich knurrte den Fußboden an. "Nein, ganz im Gegenteil.", nuschelte ich und kniete mich hin.
 

"Wie dem auch sei, ziehen sie sich an und gehen sie in die Küche. Ich werde jetzt den jungen Herrn wecken.", sagte Claude, machte auf dem Absatz kehrt und verließ mein Zimmer.
 

Ich blieb noch ungefähr fünf Minuten auf dem Fußboden sitzen, ehe ich mich aufraffte und anzog. Auf dem Weg in die Küche verlief ich mich einmal, landete in einem mir unbekannten Zimmer und bog rechts statt links ab.
 

"Ah, guten Morgen Genevieve. Hast du gut geschlafen?", fragte Hannah, die am Herd stand und Speck briet. "Einigermaßen.", antwortete ich und begann das Geschirr aus dem Schrank zu räumen.
 

"Wo sind die Drillinge?" "Oh, die richten gerade den Speisesaal her." Hannah schob den Speck auf den Pfannenwender und hielt mir das dampfende, fettige Fleisch entgegen. Ich nahm den Teller und sie lud den Speck darauf ab.
 

"Sie reden nicht sonderlich viel.", bemerkte ich und stellte den Teller auf ein Tablett. "Ja, das haben sie noch nie. Claude hat angeordnet, dass sie sich nur flüsternd verständigen dürfen.", erklärte Hannah. Ich runzelte die Stirn. "Wieso das denn?"
 

Das Dienstmädchen zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Es kam mir nie in den Sinn Claude nach dem Grund zu fragen. Er ist..." Sie ließ den Satz unvollendet, schlug zwei Eier am Pfannenrand auf und begann sie zu braten. Ich nickte kaum merklich.
 

Natürlich hatte sie Claude nicht gefragt. Er hätte ihr sowieso nicht geantwortet, das lag schließlich unter seiner Würde. Wenn überhaupt würde er es als ein Vergehen betrachten, für das er Hannah bestrafen konnte.
 

"Den Teller, Gen." Ich blickte auf. Hannah hielt mir die fertigen Spiegeleier unter die Nase. Schweigend bereiteten wir das restliche Frühstück zu. Ich nahm das Tablett, Hannah die Karaffe in der sich entweder Trauben- oder Pflaumensaft befand.
 

Gemeinsam trugen wir es in den Speisesaal wo die Drillinge aufgereiht hinter dem Stuhl standen, auf dem Alois später Platz nehmen würde. Eine wirklich merkwürdige Dienerschaft.
 

Schweigende, identisch aussehende junge Männer. Ein unterwürfiges Hausmädchen und ein Butler, der sich wie ein Diktator aufführte. Im Hause Trancy war wirklich nichts gewöhnlich.
 

"Es ist eine Unverschämtheit meinem Befehl nicht zu gehorchen!", hörte ich Alois im Flur meckern und im nächsten Moment flog die Tür auf und er stapfte auf seinen Stuhl zu. Offenbar war er bester Laune.
 

"Verzeiht mir, Euer Hoheit. Es war nicht meine Absicht Euch zu verärgern." Claude schob seine Brille mit dem Zeigefinger zurück auf seinen Nasenrücken. Seine linke Wange zierte ein feiner, rötlicher Handabdruck.
 

"Hast du aber! Genevieve hätte meinen Befehl befolgt!", keifte Alois, ließ sich auf seinen Stuhl plumpsen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Sie ist Euer Hausmädchen, ich bin Euer Butler. Da besteht ein Unterschied.", erwiderte Claude.
 

"Aber es besteht kein Unterschied, wenn es darum geht mich zufrieden zu stellen.", entgegnete Alois leise und funkelte Claude wütend an. "Natürlich, Euer Hoheit." Letzterer verbeugte sich leicht und stand dann da wie ein Zinnsoldat. Alois gab ein beleidigtes Schnauben von sich und begann sein Frühstück zu zerlegen.
 

Und ich konnte nicht verhindern, dass mein einer Mundwinkel zuckte.
 

Alois hatte Claude eine Ohrfeige verpasst, weil er nicht getan hatte, was die Hoheit ihm befohlen hatte. Eine unentschuldbare Vernachlässigung seiner Aufgabe als Butler.
 

Nachdem Alois, mehr oder weniger, fertig gefrühstückt hatte, wollte ich schon den Drillingen und Hannah helfen schnell alles abzuräumen, doch Alois schlug mir unsanft seinen rechten Arm vor die Brust, sodass ich gezwungenermaßen stehen bleiben musste.
 

Natürlich, er hatte mich beim Betreten des Raumes komplett ignoriert, dass musste er jetzt sofort wieder ausgleichen. "Du nicht, du bleibst hier. Kleine Rose." Er hob das Kinn, wie es sich für eine Hoheit gehörte, und legte den Arm stattdessen um meine Hüfte.
 

"Claude, ich werde mit ihr ein wenig spazieren gehen. Du sorgst dafür, dass das Mittagsessen vorbereitet ist, wenn wir zurück kommen. Verstanden?" "Ich habe verstanden, Euer Hoheit.", sagte Claude, drehte sich schwungvoll um und scheuchte die anderen Bediensteten vor sich her. Ich hörte das Geschirr klappern, aber es zerbrach nichts.
 

"Habt ihr gut geschlafen, Euer Hoheit?", erkundigte ich mich der Höflichkeit wegen. Unerwartet zuckte Alois plötzlich zusammen und starrte mich an. "Geschlafen?", wiederholte er, als hätte ihn diese einfache Frage völlig aus dem Konzept gebracht. Ich runzelte die Stirn.
 

"Ja, habt Ihr etwas geträumt?", wollte ich wissen und verstand nicht warum Alois sich auf einmal so komisch benahm. "Geträumt..." Der Arm um meine Hüfte lockerte sich. "Um ehrlich zu sein...ich weiß nicht wann ich das letzte Mal wirklich geträumt habe.", gestand Alois.
 

"Oh...ich...es tut mir leid.", murmelte ich und wandte den Blick ab. Ich konnte verstehen wie Alois sich fühlte. Ich selbst hatte auch schon seit langem nicht mehr wirklich geträumt. Allerhöchstens war es mal ein Aufblitzen alter Erinnerungen gewesen, das ich im Schlaf erlebt hatte. Und es waren nie besonders schöne Erinnerungen gewesen.
 

"Kommt, Ihr wolltet doch spazieren gehen oder?" Ich erlaubte es mir nach Alois' Hand zu greifen und ihn mit mir zu ziehen, was er auch ohne ein Wort des Protests zuließ. Er wirkte irgendwie ein bisschen benommen. "Ja-a, gehen wir spazieren.", flüsterte er, mit den Gedanken offensichtlich weit weg.
 

Was ging nur in diesem Jungen vor sich?
 

Ich beschleunigte meine Schritte etwas und Alois stolperte einmal kurz, ehe er sich meinem Tempo angepasst hatte. Ich erwartete, dass er nun sofort stehen bleiben, mich anschreien und schlagen würde, doch stattdessen verschränkte er seine Finger mit meinen und lief schneller.
 

Irgendwann rannten wir. Durch den Rosengarten, durch das stählerne Eingangstor des Hauses und dann durch den Wald. Dann blieb Alois stehen, ließ meine Hand los und schaute nach oben. Über uns was der Blätterdach etwas lichter und einzelne Sonnenstrahlen durchdrangen das Grün. Es war schön.
 

"Seid Ihr zufrieden, Euer Hoheit?", fragte ich. Alois sah mich an. "Ob ich zufrieden bin?" Er biss sich auf die Unterlippe, ballte die Hände zu Fäusten und lief auf mich zu. Obwohl ich hätte stehen bleiben und nicht zurückweichen sollen, bewegte ich mich vorsichtig rückwärts.
 

"Willst du vor mir weglaufen, kleine Rose? Willst du mich...verlassen?" Alois sprach dieses Wort aus, als würde er es verabscheuen. "N-Nein, ich...ich würde nie...", stammelte ich und spürte die raue Baumrinde im Rücken.
 

"Gut, du darfst mich nie allein lassen, hörst du? Niemals.", raunte Alois, stützte sich mit einer Hand an dem Baum ab und lehnte sich so weit nach vorn, dass sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt war. "Nein, niemals.", versprach ich und zog den Kopf ein wenig ein. Wie war es möglich, dass Alois mir Angst machte und ich gleichzeitig das Bedürfnis verspürte ihn in den Arm zu nehmen?
 

"Hoheo taralna..." Alois brach mitten im Satz ab und starrte etwas an, das ich wohl ein ganzes Stück über meinem Kopf befand. Ich blinzelte verwirrt.
 

"Euer Hoheit?" "Sieh mal, kleine Rose." Alois stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt mir im nächsten Moment einen Schmetterling unter die Nase, an dessen ozeanblauen Flügeln noch Reste eines mit Tautropfen benetzen Spinnennetzes hingen.
 

"Ihr habt ihn befreit.", sagte ich. Alois lächelte. "Ja, das hab ich." Der Schmetterling zappelte hilflos mit dem einen Flügel. "Und jetzt will er mir wieder entwischen. Aber das wird er nicht. Er wird nirgendwo mehr hin fliegen." Ohne zu zögern riss Alois dem Schmetterling einen Teil seines Flügels aus. Die zarten, blauen Fetzen trug der Wind davon.
 

"Mein Herr."
 

Mein Herz machte einen Satz und ich fuhr herum. Im Schatten der Bäume kniete die schwarz gekleidete Gestalt eines Mannes. Hatte er uns etwa verfolgt?
 

"Claude, ich hab dich nicht gerufen.", meinte Alois und stemmte die freie Hand, die nicht den Schmetterling hielt, in die Hüfte. "Aber ihr ward drauf und dran es zu tun, Euer Hoheit. Deshalb bin ich hier.", erwiderte Claude und erhob sich.
 

"Hm, nicht schlecht. Und wo du schon mal hier bist, kannst du uns auch gleich zurück zum Anwesen bringen. Ich hab nämlich eine Aufgabe für dich.", erklärte Alois. "Sehr wohl, Euer Hoheit." Claude trat ins Sonnenlicht, hob seinen Herrn hoch und ging davon.
 

Ich blieb etwas verwirrst da stehen, wo Alois mich förmlich festgenagelt hatte. "Komm schon, kleine Rose! Beeil dich gefälligst!", krähte Alois und ich folgte ihm und seinem Butler.
 

Warum zur Hölle wollte Alois diesen Schmetterling behalten? Was hatte dieses Insekt für einen Nutzen? Oder hatte mein Herr einfach nur grundsätzlich Angst von allem und jedem verlassen zu werden?
 

"Einen Insektenkäfig?", hörte ich Claude fragen, als ich dann auch den Rosengarten erreicht hatte, wo Alois mit dem Schmetterling durch die Gegend tänzelte. "Ja, der hier soll da rein.", antwortete der Earl.
 

"Auch ohne ihn einzusperren, wird er so sicher nicht mehr wegfliegen können.", entgegnete Claude. "Willst du mir widersprechen?", wollte Alois wissen. "Nein.", sagte Claude.
 

"Nicht nur ein einfacher Käfig. Ein besonderer. Mit Blumen, damit er, wenn er List auf Nektar bekommt, so viel davon haben kann, wie er nur möchte.", lachte Alois und strahlte mich förmlich an, als er mich entdeckte. Oh, wie ungewöhnlich großherzig von ihm. Er hatte dem Schmetterling zwar einen Flügel rausgerissen, doch jetzt wollte er sich um ihn kümmern.
 

"Ich verstehe was Ihr meint.", kam es von Claude und Alois fiel das Lächeln förmlich aus dem Gesicht, was ich allerdings nicht verstand, was mich wiederum verwirrte und...aua mein Kopf tat weh.
 

"Los, kommt schon. Ihr beide.", befahl Alois und der Kies knirschte unter seinen Füßen. In der Eingangshalle standen die Drillinge und tuschelten leise miteinander. Hannah war nicht zu sehen.
 

"Hey! Ihr Drei!", rief Alois und Thompson, Timber und Canterbury drehten sich zu ihm um. "Andauernd tuschelt ihr miteinander. Wieso tut ihr das, hm?" Alois stellte sich auf die Zehenspitzen. Er lächelte, doch ich jeder Trottel hätte bemerkt, dass es ihm nicht gefiel, wenn die Drillinge sich so leise unterhielten.
 

"Ihre Erziehung und ihre Ausdrucksweise sind mangelhaft. Daher habe ich angeordnet, dass sie sich nur flüsternd verständigen.", erläuterte Claude. "Erziehung und Ausdrucksweise, sollte das etwa eine Anspielung sein?", grinste Alois und kniff Claude in die Wangen. "Nein, eine Anspielung lag nicht in meiner Absicht.", versicherte der Butler.
 

"Aber so kann ich leider nicht wissen, was ihr denkt.", bemängelte Alois und wandte sich somit wieder an die Drillinge. "Das ärgert mich! Redet gefälligst mit lauter Stimme!", befahl er und stapfte dann davon.
 

Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm folgen sollte oder nicht. Doch da Alois nicht den Wunsch nach meiner Gesellschaft äußerte, blieb ich bei Claude und den Drillingen. Auch wenn mir Alois' Gegenwart tatsächlich lieber war.
 

"Der Herr hat einen hysterischen Anfall.", äußerte plötzlich der mittlere der drei jungen Männer. "Nicht gerade niedlich.", setzte der linke hinzu. "Oh ja, allerdings.", ergänzte der rechte. Hm, wenn Claude ihnen das Sprechen nicht verboten hätte, würden sie wohl zu allem einen Kommentar abgeben.
 

"An die Arbeit. Um den armen Schmetterling zu erfreuen, werdet ihr das Zimmer unseres Herrn mit scharlachroten Rosen ausstatten.", wies Claude uns an, auf dessen Hemdkragen der Schmetterling saß. Alois musste ihn dort platziert haben.
 

"Claude spielt sich wieder auf.", murmelte Thompson (zumindest glaubte ich, dass er es war). "Er stellt unüberlegte Forderungen.", pflichtete Canterbury seinem Bruder bei. "Mach's doch selbst.", brummte Timber und ich fand, dass sie Drei damit absolut recht hatten.
 

"Die Aufgabe eines Butlers ist es, dem Dienstpersonal Aufträge zu erteilen. Sich selber die Hände schmutzig zu machen, passt nicht zu einem Butler.", sagte Claude und rückte seine Brille zurecht.
 

"Ach so?", fragte Canterbury. "Ist das so, ja?", hakte Timber nach. "Deine Brille ist beschlagen.", bemerkte Thompson, woraufhin Claude sie abnahm und mit einem schneeweißen Taschentuch säuberte.
 

"Es war zwar der Befehl unseres Herrn, aber ich habe den Eindruck, dass ihr jetzt entschieden zu laut seid." Der schwarze Butler ging davon, in dieselbe Richtung, in die Alois vorhin gestapft war.
 

"Hm, wir sollten die Rosen pflücken. Ich hab das Gefühl, dass Claude ungehalten wird, wenn man nicht tut was er sagt.", überlegte ich.
 

"Du siehst aus wie eine Puppe." "Eine sehr hübsche Puppe." "Die Puppe des jungen Herrn." Ich war so verdattert, dass ich nicht einmal zuordnen konnte, wer was gesagt hatte, aber das war ja auch egal.
 

Fakt war, dass Claude dieses eine Mal wohl tatsächlich recht hatte und es besser wäre, wenn die Drei wieder die Klappe halten würden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ookami-no-Tenshi
2017-09-27T11:41:06+00:00 27.09.2017 13:41
Ja das denke ich auch. Obwohl es doch immer wieder lustig ist, wenn die Drillinge laut reden XD
Dass Alois zwischendurch ein bisschen sentimental geworden ist, würde mich persönlich auch verwirren.
Freue mich schon aufs nächste Kapi. ^.^

Lg. Ookami-chan


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