Die zweite Chance von Mestchen ================================================================================ Kapitel 4: Zweisamkeit ---------------------- Mittwoch, 18. November 2015   „Vielen Dank fürs nach Hause bringen“ Leicht verlegen lächelte Hikari Takeru an. „Kein Problem. Das mache ich doch gerne.“ Er lächelte seine Gegenüber an und umarmte diese zum Abschied, als schon die Wohnungstür aufgerissen wurde. Yuuko, Hikaris und Taichis Mutter, strahlte die beiden an. „Oh wie schön dich wieder zu sehen, T.K. Ihr kommt genau pünktlich zum essen.“ Der Gesichtsausdruck von Takeru gefror, während Hikari ein Lachen unterdrückte. „Na los. Kommt schon rein!“ Ehe sich der Blonde versah, standen seine Schuhe ordentlich im Eingangsbereich und er befand sich im Esszimmer der Familie Yagami. „Was gibt es denn heute?“, fragte Susumo neugierig seine Frau, die gerade irgendwas aus dem Backofen holte. „Spinat-Ingwer-Curry-Leber mit Reis“, bekam er freudig zur Antwort. Takeru atmete erleichtert aus. Beim Reis kochen kann man ja nicht so viel falsch machen, dachte er sich und setzte sich auf einen freien Stuhl.   „Das sieht ja sehr lecker aus“, log er gekonnt die Mutter seiner besten Freundin an. Yuuko strahlte noch mehr. Takeru sah sich das grün-gelbe Zeug vor sich an. Es roch schon in der Kombination recht ekelerregend. Hikari entging nicht, dass Takeru sich bereits quälte, ohne einen Bissen zu sich genommen zu haben. Nicht, dass es ihr besser erging. Ihre Gedanken gingen zu den Reisbällchen in ihrem Zimmer. Ihr Vater war inzwischen schmerzbefreit und aß ohne eine Miene zu verziehen. Das muss wohl echte Liebe sein, ging es dem Blonden durch den Kopf, während er anfing, erstmal den Reis pur zu essen. Doch! Beim Reis kochen konnte man etwas falsch machen. Zum Beispiel indem zu viel Salz und noch weitere Gewürze zugetan wurden. Dennoch blieb er eisern und verzog kein Gesicht. „Wie gefällt es dir denn die Redaktion?“, fragte Susumo den Blonden und riss ihn so aus den Gedanken. Takeru schluckte die Curry-Leber-Kombination runter. „Ganz gut. Es ist manchmal stressig mit der Berichterstattung. Die wenigsten Berichte kann man langfristig planen, die meisten Ereignisse in der Welt passieren ja spontan. Da ich durch Tai Beziehungen zu der Politik habe, darf ich darüber nicht berichten, da dann die Meinungsfreiheit nicht mehr gegeben wäre.“ Er trank ein Schluck Wasser. „Das finde ich aber nicht schlimm. Auf die politischen Themen und Zusammenhänge kann ich ganz gut verzichten. Diese Zusammenhänge kamen zwar auch im Studium vor, aber spezialisiert habe ich mich auf Sport. Ich hoffe sehr, dass ich noch eine Stelle als Sportjournalist bekomme. Da muss ich zwar mehr am Wochenende arbeiten, habe dafür aber geregelte Arbeitszeiten.“ „Warum hast du dich nicht direkt als Sportjournalist beworben?“, fragte Hikari ihn. Über seine Arbeit hatten sie noch nie wirklich gesprochen. „Lass mich nachdenken.“ Takeru runzelte die Stirn und tippte mit seinem Finger gegen die Wange.. „Vielleicht, weil keine Stelle ausgeschrieben war?“ Frech grinste er sie an. Verlegen sah Hikari zur Seite. „Diese werden auch sehr selten ausgeschrieben. In der Regel werden sie intern vergeben, worauf ich momentan warte. Es kann sich nur noch um Jahre handeln“, lachte er und führte sich erneut Yuukos Essenskunstwerk zum Mund, um direkt danach nachzuspülen. Wasser war durch die Schärfe des Currys wirklich nicht dafür geeignet. Es verteilte diese eher im Mund. „Wie geht es denn deiner Mutter? Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen“, fragte Yuuko. „Ganz gut“, kam es zur Antwort. „Grüßt du sie von uns?“ „Werde ich machen.“   Nach dem Essen reichte Hikari Takeru ein Glas Wasser mit Magentropfen. Dieser wusste von seinem Glück noch nichts und verzog das Gesicht beim ersten Schluck. Anscheinend hatte es der Brünetten nicht gereicht, ihn mit den Essenkünsten ihrer Mutter zu vergiften, sondern reichte ihm jetzt auch noch zusätzliches Gift. „Was ist das?“, fragte er skeptisch. Er war ein wenig blass geworden und roch an seinem Glas. „Magentropfen“, bekam er zur Antwort. „Hilft es beim erbrechen?“ Er betrachtete weiterhin kritisch das Glas. „Jetzt stellst du dich aber an. Du hast das Curry problemlos gegessen und weigerst dich nun, die Tropfen zu dir zu nehmen?“ Verärgert sah die Brünette den Blonden an. „Ich habe es deiner Mutter zuliebe gegessen, aber ich kann auf den Geschmack nochmal verzichten, sollte es rückwärts wieder raus kommen.“ „Jetzt trink es mir zu liebe!“, forderte Hikari ihren Freund auf. Ihre Eltern hatten inzwischen die Wohnung verlassen, um über Nacht auf Sakura aufzupassen. Yuuko hatte es sich nicht entgehen lassen, Takeru als perfekten Schwiegersohn zu betiteln. Zum Glück nahm dieser das nicht ernst. Diese Anspielungen kannte er bereits seit dreizehn Jahren. Außerdem erfreute es ihm, quasi den Segen der Familie zu haben. Hikari hingegen fand es einfach nur unangenehm.   –   Freitag, 20. November 2015   Alleine schlenderte die Braunhaarige durch die Straßen. Schaufensterbummeln tat sie gerne, wobei sie auch gerne mit ihren Freundinnen shoppen ging. An einen Schaufenster blieb sie stehen. Das würde ihm gefallen, ging es ihr durch den Kopf. Wie gut, dass er bald Geburtstag hatte. Mit einem Lächeln im Gesicht betrat Hikari den Laden.   Von dem kleinen Laden aus schlenderte das Mädchen weiter in den Park hinein. „Hika!“, hörte sie hinter sich eine Stimme und drehte sich zu dieser um. Als sie erkannte wer es war, zierte erneut ein Lächeln ihr Gesicht. Von gut fünfzig Meter entfernt kam ein junger, blonder Jogger mit braunen Shorts und grauem Shirt angelaufen. Seine Schritte verlangsamten sich, während er auf das Mädchen zusteuerte. „Bist du schon auf den Weg zu mir?“ Sein Blick glitt zu seiner Armbanduhr. „Oh. Ich habe mich mit der Zeit verschätzt.“ Verlegen kratzte sich Takeru am Hinterkopf. Hikari lachte. „Noch bist du pünktlich.“ „Ja. Noch. Wenn du aber auf den Geruch von Schweiß verzichten möchtest, müsste ich dafür noch duschen gehen. Dann wärst du allerdings auch kurzzeitig alleine.“ Er grinste sie frech an. „Die Zeit werde ich gerade noch überstehen.“ „Wirklich? Nicht, dass du dich vor Langeweile noch vom Balkon stürzt“. Gespielt besorgt sah der Träger der Hoffnung die Trägerin des Lichtes an. „Du bist ein Idiot“, meinte sie beleidigt. Hätte sie ihre Gehhilfen nicht, würde sie ihre Arme verschränken „Das stimmt schon. Ich habe ganz vergessen, dass man mit ein Gipsbein woher eher nicht über das Geländer klettern kann.“ Hikari zückte ihre Gehhilfe und wollte damit ihren Freund gegen das Schienbein sanft schlagen, als dieser aber auch schon gekonnt zurück sprang. Er kannte sie einfach zu gut.   --   „Aber Gatomon ist eine Katze! Katzen essen Hamster!“, stellt Takeru entsetzt fest. Seine Hände hatte er in seine Haare gekrallt. Gemeinsam mit Hikari saß er an seinem Esszimmertisch. „Ist dir entgangen, dass Gatomon und Patamon sowas wie beste Freunde sind? Hawkmon frisst ja auch nicht Wormmon und ihre Partner sind sogar verheiratet!“ Intensiv sah Hikari den jungen Mann mit den blauen Augen an. Dieser war frisch geduscht und trug nun eine Jeans und einen lässigen grauen Kapuzenpullover. „Nein. Ich muss nur komplett neu planen“, entgegnete er ihr gespielt beleidigt. „Ah ja. Was hast du denn bisher geplant? Hast du schon was geschrieben? Hast du überlegt, worum es in der Geschichte geht?“ „Ja. Es geht um Freundschaft“, antwortete er stumpf. „Na also. Dann passt es doch.“ „Bin ich der Autor oder du?“, fragte er sie mit einem schiefen Lächeln. „Ich bin dein Ko-Autor. Du hast mich selbst gefragt. Bereust du es schon, bevor wir überhaupt angefangen zu haben?“ Hikari musterte ihn kritisch. Vor einer Abfuhr hatte sie Angst. „Nein. Du bist einfach nur zu süß, wenn du dich aufregst.“ Takeru lachte und die Anspannung wich. „Ich hatte mir schon gedacht, dass ich um Gatomon als Charakter nicht drum herum komme.“ Hikari boxte ihn in die Rippen. Takeru lachte weiter, ging aber auf Verteidigung und fing an Hikari zu kitzeln. Der Braunhaarigen stiegen Tränen in die Augen und sie versuchte, den Fingern des Blonden zu entkommen. Er griff sie gerade noch, bevor sie von ihrem Stuhl fallen konnte und zog sie wieder richtig auf den Stuhl. „Du bist ein Idiot“, meinte Hikari leicht beleidigt, aber immer noch mit einem Lächeln im Gesicht fest. „Du wiederholst dich“, stellte Takeru fest, während er ihr ein paar Blätter vor die Nase legte. Sie erkannte gleich seine ordentliche Handschrift. Diese sah noch genauso aus wie früher, wo sie gemeinsam Hausaufgaben gemacht hatten, sie von ihm abgeschrieben hatte oder er bei ihren Notizen etwas hinzugefügt hatte. „Du hast ja wirklich an Gatomon gedacht!“, stellte sie fasziniert fest, als die die Geschichte las und auch die Passagen, die Takeru durchgestrichen und überarbeitet hatte. „Gefällt es dir?“ Neugierig sah Takeru sie an. Hikaris Lippen zuckten nach oben. „Die Geschichte ist schon gut. Du hast nur vergessen, dass deine Zielperson erst zwei Jahre alt ist.“ Sie sah ihn an und erkannte seinen verwirrten Blick. „Dein Satzbau ist zu kompliziert und lang. Du musst mit einfachen Sätzen arbeiten.“ Takeru biss sich auf die Unterlippe. „Das ist wohl die Gewohnheit.“ „Du schreibst normalerweise ja auch Berichte für Erwachsene.“ „Das stimmt schon. Hast du schon Ideen für die Illustrationen?“ „Ja“, strahlte Hikari. Sie war froh, während der Krankschreibung vormittags beschäftigt zu sein. Sie hatte die letzten Tage in der Bibliothek verbracht, weil ihre Mutter jedes Mal Daisuke in die Wohnung gelassen hatte und er sie mit seinen Schuldgefühlen einfach nur noch nervte. Außerdem fühlte sie sich, seitdem sie ihm einen Korb gegeben hatte, sehr unwohl in seiner Gegenwart.   --   „Ich bekomme gleich Augenkrebs!“, maulte Takeru, während sie sich den Film ‚Die Tribute von Panem‘ ansahen. „Was haben die denn für Kleidung an? Und wie sind sie geschminkt?“ Hikari lachte. „Es soll halt zeigen, dass sie wohlhabend sind.“ Takeru verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Der Film hat was von diesen Prominetencamp, wo Promis in irgendeinen Dschungel gesteckt werden. Erst werden die Kontrahenten analysiert und am Ende gibt es nur einen Gewinner. Nur dass hier die anderen Mitspieler nicht vom Publikum raus gevotet werden, sondern sich gegenseitig umbringen. Das ist doch brutal!“, stellte er fest und sah zu dem Mädchen neben sich. „Seit wann denkst du über die Logik von Filmen nach? Wenn du James Bond siehst oder dieses Fast and Furious machst du dir über den Realismus auch keine Gedanken.“ „Ist ja schon gut. Du hast mich erwischt.“ Er lächelte das Mädchen neben sich an. Mit ihr würde er sich jeden Film ansehen. Auch würde er mit ihr auf Konzerte gehen, selbst wenn diese seinen Musikgeschmack nicht trafen. Hauptsache, er konnte Zeit mit ihr verbringen. Den Rest des Filmes hielt er seinen Mund. Es waren dann nur noch zwei Teile, die sie sich in der nächsten Zeit auf DVD ansehen würden und zum letzten Teil hatte er ihr ja bereits versprochen, mit ihr ins Kino zu gehen. Sein Hauptaugenmerk galt Peeta. Dieser liebte Katniss, während sie ihm was vorspielte. Sie behauptete nur ihn zu lieben, um als Gewinnerin die Spiele verlassen zu können. Sein Blick wanderte zu Hikari. Ihn war inzwischen bewusst, dass er sie liebte, aber er konnte es ihr nicht sagen. Dann würde sie erneut aus seinen Leben verschwinden. Und dieses Mal wohl für immer. Takeru seufzte und Hikari sah ihn irritiert an, schmunzelte dann aber. Von wegen, ihm gefiel der Film nicht. Er litt ja richtig mit, als die beiden Hauptpersonen gerade überlegten, gemeinsam die giftigen Beeren zu essen.   Beim zweiten Teil wollte es sich Hikari wieder auf Takerus Schoß gemütlich machen. Dabei hörte sie ihn scharf einatmen und hielt inne. Was war denn nun? Irritiert sah sie ihn an. Takeru bemerkte, dass Hikari sein Problem nicht wahrnahm. „Könntest du bitte deine Hand weiter Richtung Knie ablegen?“ Er konnte sie gerade nicht einmal ansehen. Röte färbte seine Wangen, als Hikari hektisch die Hand von etwas weichem entfernte und ein „Entschuldige“ nuschelte. Ein wenig unschlüssig hielt sie inne, dann entschied sie sich, doch weiter runter zu rutschen. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust und sie war froh, nicht mehr in Takerus Gesicht sehen zu müssen. „Danke.“ Interessiert beobachtete Takeru, wie der Akt mit den tödlichen Beeren nicht als Akt der Liebe, sondern als Protestaktion gegen das Kapitol betrachtet wurde. Der zweite Teil hatte eindeutig mehr Tiefe wie der erste, wobei die Hungerspiele diesmal weniger im Vordergrund standen. „Im dritten Teil geht es dann um den Krieg gegen das Kapitol?“, fragte er am Ende. Gedankenverloren hatte er ihr die ganze Zeit über den Kopf gestreichelt. Hikari schob ihre Oberlippe vor, als er damit aufhörte. „Vielleicht.“ „Und dieser ist dann in zwei Teilen aufgeteilt?“ Er erinnerte sich noch an das Plakat, auf dem „Teil 2“ im Kleingedruckten gestanden hatte. „Genau.“ Hikari wand ihren Kopf in Takerus Schoß und sah ihn an. „Okay.“ Seine Stirn war in Falten gelegt. „Dann sehen wir uns nächste Woche Sonntag erst den ersten Teil an, dann lade ich dich wie bereits versprochen ins Kino ein?“ Zur Antwort nickte die Brünette nur. Schon wieder hatte er sie eingeladen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)