Trainingslager von Yu- ================================================================================ Kapitel 2: Was wir mit der Umkleidekabine taten... -------------------------------------------------- Ich schlief nach dieser stressigen Nacht bis in den Nachmittag aus. Danach ging ich runter in den Speisesaal, um mich an den Frühstückstisch zu setzen. Als ich mich näherte hörte ich auch das Geflüster: „Ist sie das?“ „Ja, das ist die, die heute Nacht unsere Mangas gerettet hat. Die hat sich gegen fünf Angreifer verteitigt auch noch Feuerbälle abgewehrt.“ „Boooah!“ Äh, Leute? Dachte ich. Gerüchte und Übertreibungen verbreiten sich hier wohl sehr schnell. An dem vollen Tisch, wo etwa 20 Leute saßen, stand schnell ein Mädchen auf, um mir einen Stuhl zu holen. Ich bemerkte nervöse Blicke. Jetzt reichts. „Chillt mal Leute und übertreibt die Geschichte nicht. Es war nur eine Angreiferin und sie hat mich nicht mit Feuerbällen angegriffen.“, erklärte ich demütig. Eine junge Frau mit türkisem Haar und einem Lippenpiercing grinste mich an: „Wie dem auch sei, du bist die Heldin der Nacht. „Na toll, soviel Aufmerksamkeit wollte ich mir nicht zu Teil werden lassen.“, seufzte ich. Ich schaufelte mir eine Schüssel mit Cornflakes voll und ignorierte die neugieren Blicke um mich herum. Eine meiner Kommilitoninen aus meiner Reisegruppe näherte sich dem Tisch. Midori trainierte seit einem halben Jahr in unserem Dojo, da sie nach einem Umzug nicht mehr in ihrer alten Schule trainieren konnte. Unser erstes Zusammentreffen war jedoch alles andere als angenehm für mich gewesen, doch dazu später mehr. „Na Leute, was geht?“, fragte sie in die Runde. Sie grüßte einige nähere Bekannte nochmals freundlich, bevor sie sich einen Stuhl holte und sich zu mir setzte. Aufmunternd klopfte sie mir auf die Schulter. Meine Freundin hatte schwarze Haare mit grünen Strähnen, ursprünglich waren ihre Haare Naturblond gewesen. Sie hasste diese Farbe, da sie früher mal zu viele dumme Sprüche dazu hören musste. Ich hab sie selber nie mit blonden Haaren gesehen. Einmal, hatte sie erzählt, hat sie an einem mehrtägigen Tunier teilgenommen, wo eine andere Gegnerin sie deswegen ziemlich geärgert hat. Dies hatte sie damals jedoch nicht daran gehindert, den zweiten Platz zu bekommen, während die andere gerade mal auf Platz fünf kam. Leider fanden sich Leute, die keine Achtung vor anderen Teilnehmenden hatten, überall. Die freundschaftliche Geste, als sie mir die Hand auf die Schulter legte, hellte mich aus meinem Pseudo-Trübsal richtig auf. Gleich am ersten Tag mit so einer Aktion aufzufallen, nervte mich, ich mochte lieber unauffällig vor mich hinleben. „Was hast du die letzten 24-Stunden gemacht, Coro? Ich hab dich seit gestern Vormittag gar nicht mehr zu Gesicht bekommen?“, fragte Midori neugierig. Ich grinste zurück: „Eine neue Freundin gefunden, mit ihr einen Übungskampf ausgetragen und nachts zur Rettung des Planeten beigetragen - das war Stress pur.“ Die schwarzhaarige hob fragend eine Augenbraue. „Ich will nicht darüber reden.“, entgegnete ich entschieden. Lächelnd winkte sie ab. „Alles gut, nur keinen Stress. Ich will gleich in die Stadt gehen, ein paar Besorgungen machen. Kommst du mit?“ „Klar!“ Mit Midori loszugehen, war immer spannend! Das letzte Mal hatte sie es irgendwie geschafft, eine Umkleidekabine zu einer Kapsel für einen Heißluftballon umzufunktionieren. „Einmal rundum flexen, die Decke entfernen und den Ballon, den ich schon auf dem Dach deponiert hab, mit Karabinern an die Holzwände befestigen - fertig. Komm schon, das wird super!“ Zugute kam uns, dass wir mit einem Seil eines der in der Stadt freilaufenden Nilpferde aus dem Treibsand retten konnten. Das örtliche Gericht wertete dies in wochenlanger Diskussion* mit dem übergeordneten Gericht unseres Kantons als mildernde Umstände: „Nun ja - Sie sehen doch, dass meine beiden Mandantinnen sich trotz ihres jugendlichen Leichtsinns immer noch die Tugenden bewahrt haben, die wir heute unter so vielen heranwachsenden Menschen missen.“, war eines der Statements unseres Anwalts. Midori bekam für unsere schwachsinnige Aktion 35 Stunden gemeinützigen Arbeitsdienst aufgebrummt. Da es in unserer Kleinstadt gerade wenig zu tun gab, musste sie einige der Nilpferdställe ausmisten. Ich durfte ihr nicht helfen, da die Staatsanwaltschaft die Situation so interpretierte, dass sie mich als Jüngere *Begründung im Urteil vorliest*: „...zu der Aktion verleitet...“ hatte. Also Leute mal im Ernst: Wenn eine eurer Freundinnen derartig behämmerte Sachen plant, dann macht ihr doch mit, oder? Das Gute, der Nilpferdrettung sei Dank: Die Klamottenfirma zog die Anklage wegen Beschädigung von Betriebseigentum zurück und das Bahnunternehmen, an deren Gleisen wir kurzzeitig zu dicht entlängsflogen, die Anzeige wegen Störung öffentlicher Betriebe. Sie wollten sich bei den Nilpferd liebenden Touristen nicht unbeliebt machen. Blieb also nur noch die Anklage wegen „öffentlichen Ärgernisses“** dessen Urteil, wie oben beschrieben, abgemildert wurde. Nachdem ich sie am Ende ihres ersten Arbeitstages trotz ihrer von Mist befleckten Arbeitskleidung sentimental in die Arme schloss, versicherte ich ihr, mich die nächsten 14 Tage um ihren Haushalt zu kümmern. Man, beruhigte das mein schlechtes Gewissen. *wir nutzten die Zeit produktiver: Trainieren und natürlich Playstation zocken. **z.B. Stadtbevölkerung mit J-Rock beschallen, Süßigkeiten und Konfetti abwerfen etc. „Welche Sachen willst du dir den besorgen?“, fragte ich so beiläufig wie möglich. „Beim Baumarkt? Nur Diverse Kabelstränge, Schrauben, Platinen, Metalle, 10 Liter ökologisch abbaubares Ammoniak und drei neue Blätter für meine Flex. Danach will ich noch zum Schrotthändler und schauen, was ich da abstauben kann.“, erklärte sie wie selbstverständlich. Ich schaute sie schief an: „Ähm, hatten wir die Folgen davon nicht schonmal zu spüren bekommen?“ Midori blickte mich irritiert an, dann grinste sie und machte dann eine wegwerfende Handbewegung. „Ach das. Keine Sorge, meine Heißluftballon-Phase ist gerade vorbei. Derzeit hab ich Lust auf die Armslaves wie bei Full Metal Panic.“ „Na Super!“, seufzte ich. „Lass uns in dein Zimmer gehen und uns fertig machen.“ „Ist gut.“ Oben angekommen öffnete ich den Kleiderschrank, in dem ich schon meine Sachen untergebracht hatte. In dem Moment wurde die hölzerne Rückwand zu einer Art waberndem Feld aus Nebel und ein Mädchen purzelte heraus, welches mich beim Fallen zu Boden riss. Sofort hatte Midori reagiert, sie von mir gerissen und mit einem Schulterhebel bäuchlings auf den Boden gedrückt. Ihr Knie fixierte ihren oberen Rücken. „Wer bist du und vor allem woher kommst du?“, fragte sie mit Blick auf die Schrankrückwand. „Arg. Lass mich erstmal los, dann Reden wir weiter. Ich konnte doch nicht wissen, dass ich in irgendwelchen Privaträumen rauskommen würde.“, sagte das Mädchen unter den Schmerzen des Schulterhebels.“ „Pech! In Stargate schicken sie immer eine Drohne vor." Ich hockte an das Bett gekauert, total geplättet und sah Midori auffordernd an. „Coro, taste ihren Körper ab und hol alles raus was sie in den Taschen hat.“ „Äh...?“, wandte ich ein. „Hast du Lust eine Kugel im Körper zu haben?“, fragte Midori streng und blickte zu der immer noch vor sich hin wabernden Öffnung. „Die kommt wer weiß woher aus wer weiß welchem Grund in unsere Welt. Durchsuch sie!“ „Ich tu euch wirklich nichts.“, jammerte das Mädchen. Etwas widerwillig machte ich an die Arbeit. Wenn sie mir im Imperativ eine Anweisung gab, war weiteres Widersprechen zwecklos. In ihren Hosentaschen fanden sich: Eine Geldbörse, ein Kubotan und einige seltsam aussehenden Münzen. In ihrem Rucksack, schade um die durchgeschnittenen Riemen, aber Midori wollte den Hebel nicht lösen, fanden sich: Ein Schlafsack, fünf Tafeln Schokolade, einige Papiere oder Briefe, ein Buch über Regenwaldbiologie mit echt abgefahrenen Bäumen - garantiert aus einer anderen Welt!, ein Kulturbeutel... und weiteres Zeugs, was jemand so benötigt, die auf Reisen geht. Ich hatte nichts anderes erwartet und blickte meine Freundin mit einem „Ich habs doch gewusst, dass sie ganz nett ist.“ Blick an. Endlich lies sie sie los. „Okay, der Inhalt ist Harmlos.“, Midori blickte kurz misstrauisch auf den Kubotan, klassifizierte den dann doch als harmlos. Das Mädchen rappelte sich auf und ordnete erstmal ihre Kleider. Wir sahen sie nun genauer. Ihr Gesicht war auf der linken Hälfte mit einer Art Tattoo verziert, dass an Spinnenweben erinnerte, in welchen sich Tautropfen verfangen hatte. Ihre Haut war blas und auch an ihren Händen und Unterarmen lief dieses Spinnenmuster entlängs. Ihre Kleidung war so unauffällig wie die unsere. Das heißt, wenn ein schwarzer Kleidungsstil mit Springerstiefeln als unauffällig unter jungen Menschen gilt. Den Hang zu schwarzer Kleidung haben ja viele von uns. Am rechten Ohr trug sie einen Anstecker, der an einen Skarabäus erinnerte, am linken einen, der nach einem Seestern aussah. Spannend war, dass sich dessen fünf winzige Arme elegant um die Ohrmuschel klammerten und diese am Ende wie Piercings durchstachen. Dass fand ich gewöhnungsbedürftig. Grummelnd deutete sie auf den Rucksack. „Den ersetzt ihr mir!“ „Ist gut.“, willigte Midori betreten ein. „Aber jetzt erzähl erstmal, wer du bist.“ Das Mädchen blickte auf die Wand hinter uns und überlegte einen Moment. „Ganz kurz und knapp? Ich heiße Laika und bin aus einer anderen Welt.“ Sie lächelte geheimnisvoll und deutete auf das immer noch offene Portal hinter sich. „Möchtet ihr sie sehen?“ Wir sahen uns an, ihre Frage klang eher wie eine Anmache an der Bar. „Ja!“, rief Midori. Ich sah sie überrascht an. „Coro überleg doch mal: Die Gelegenheit bietet sich uns vielleicht nur ein einziges Mal in unserem Leben - jetzt!“ Widerwillig stimmte ich zu, auch einen Blick in die andere Welt zu werfen. Midori blickte zu Laika. „Geh du voran!“, forderte sie Laika auf. Selbstbewusst wandte sich Laika um und durchschritt das Portal, wir hinterher. Kein Kribbeln, keine abgefahreren Farben, kein Strudel - Wir waren einfach da. Es war nachts und wir waren auf einer Steppe, deren Sand zumindest unter dem Sternenlicht bläulich schimmerte. In der Ferne ragten eine dunstverhangene Berge in die Höhe und zwischen ihnen schienen sich Wälder zu befinden. Über uns spannte sich ein, bis auf einzelne Wolken verhangener, klarer Sternenhimmel. Midori drehte sich einmal um die eigene Achse und stieß ein „Wow!“ hervor. Ich blickte mich um und verstand dann, was sie so beeindruckte. An den gegenüberliegenden Horizonten stand jeweils ein Mond am Himmel. Ein Planet mit zwei Monden? Und besiedelt? Kann das überhaupt funktionieren? Ich war mir nicht sicher. Midori war jedenfalls hin und weg. „Darf ich die Nerds aus unserem Computerclub hierherbringen? Die würden mega drauf abfahren.“, bittend hatte sie mit beiden Händen die rechte Hand des Mädchens gefasst und war auf die Knie gesunken. Gehts noch? Jetzt begab sie sich auf halbe Höhe und jede die halbwegs Ahnung vom kämpfen hatte, also sie, wusste doch, dass ein Kampf in der Bodenlage gefährlicherer war als im Stand. Die hatte ja schnell Vertrauen gefasst. Mich verwirrte ihr plötzlicher Umschwung. Sie starrte Midori an. „Äh, dass mit deinen Leuten vom Computerclub wird nicht so einfach sein.“, brachte sie hervor. „Es wird für die sehr kompliziert sein, ein weiteres Portal zu schaffen. Und kostet irre viel Energie. Habt ihr nicht mitbekommen, dass auf eurer Welt in halb Asien für eine Stunde der Strom fehlte?" Ich wurde sauer! „Du warst das??? Ey ich war grad am Zocken und hab nen superhohen Level erreicht und das ist jetzt alles weg! Wegen dir!“ Midori ignorierte mich, denn sie war auf eine Kleinigkeit in Laikas Satzbau aufmerksam geworden: „Hast du eben angedeutet, dass unsere Nerds aus unserem städtischen Computerclub dir geholfen haben, von deiner Welt in die unsere zu kommen?“, fragte Midori baff. Das Mädchen scharrte nervös mit einem Stiefel Sand am Boden weg. Dann zählte sie auf: „Naja, Quantenphysik ist nicht so mein Ding. In Astrophysik hab ich geschwänzt. Molekulare Biotechnologie konnte ich nie so gut. Dann war ich drei Monate krank, als wir transinterstellares Ingenieurswesen hatten. Ein Ionensturm hat dazu letzte Woche noch eines der Geräte zerstört, die mir dabei helfen sollten, mich in eurer Realität zu stabilisieren, damit ich nicht in unsere Paralelwelt zurückfalle. Ich hab vergessen, die dazugehörige Ummantelung darum zu basteln. Da war es doch klar, dass ich mir Hilfe suchen musste.“ „Du bist also einfach nur faul.“, stellte Midori mit einem Blick fest, den ihr hättet sehen sollen. Mir fiel mein Lolli aus dem Mund - ich hab mir extra für euch einen in den Mund gesteckt, weil das in so einer Situation ungeschriebene Tradition ist. Leicht boxte ich Midori in die Seite. „Sei nicht so hart zu ihr. Ich glaube, sie hat ein gutes Herz. Wieso bist du überhaupt zu uns gekommen?“, fragte ich einfühlend. Betreten sah das Mädchen zu Boden. „Ich brauchte Urlaub von unserer Welt. Auf meiner Schule verlangen die viel zu viel von mir. Ich muss da aber hingehen, weil meine Eltern mich dazu zwingen. Also hab ich in unserem Internet zum Thema Paralelwelten recherchiert, mich mit einem paar vertrauenswürdigen Informatikerinnen unterhalten und die gefragt, was sie den so von der viele Welten-Theorie halten. Darauf hin kamen wir auf die Idee, wir könnten ja zuerst versuchen, nicht in der physischen Realität nach einem Zugang zu einer anderen Welt zu suchen, sondern den Zugang über die virtuelle Welt zu finden. Mit einem komplizierten Programm haben wir dann eine virtuelle Kommunikationsschnittstelle zwischen eurer und unserer Welt gefunden. Und darauf hin haben Informatiker auf beiden Seiten zusammen an einem realen Zugang geforscht, ...“ „... und dir gleich ein komplettes, auf Linux basierendes Open Source Stargate mit krytotechnologischer Matrix zusammengebastelt.“, beendete Midori ihre Erklärung. Das Mädchen starrte sie fasziniert und ungläubig an. Ich grinste vor mich hin, wenn jemand ansatzweise Ahnung von Technik hatte, dann meine Freundin. „Woher weißt du das?“ „Ach ich hab nur so vor mich hingefaselt. Du bist also nur in unsere Welt gekommen, weil du da drüben Schulstress hast.“ Das Mädchen nickte zustimmend. Midori blickte mich aus den Augenwinkeln an mit einem Ausdruck der sagte: „Wirklich nur wegen dem Schulstress? Da steckt doch mehr hinter." „Was hat dich das gekostet?“, fragte ich. Das Mädchen hob fragend die Augenbrauen. „Die zwei Wochen Arbeitsaufwand für die ganzen Tüftler? Bei einer Crew von dreißig Leuten je Person zwei XXL-Pizzas pro Tag waren das für 14 Tage etwa 840 Pizzas. Dazu kamen etwa 1500 Flaschen Mate und ein Verbrauch von 45 Kilogramm Kaffee. Andere Softgetränke, Süßigkeiten und Snacks nicht mit eingerechnet.“ Midoris Mund stand offen: „Wie konntest du das bezahlen?“ „Ich geh Arbeiten??!“, antwortete Laika genervt und selbstbewusst zugleich. „Naja, neulich hab ich meinen Job hier in dieser Welt natürlich gekündigt. Um die Formalitäten einzuhalten. Egal, ich will hier eh weg. Weg von dieser Welt hinein in eine, in der ich nur ein läppisches Abitur benötige mit lächerlich einfachen Fächern - im Vergleich zu denen unserer Schulen“, damit wandte sie sich mit erhobenem Kopf um und schritt durch das Portal. Uns blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Zurück in unsere Welt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)