Kennenlernen leicht gemacht von abgemeldet (Ymir x Christa) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Gespräch mit Folgen ---------------------------------- Seit dem frühen Morgen leiden die Rekruten der 104. Trainingseinheit unter der Hitze des Sommerwetters. Am wolkenlosen Himmel wirft die Sonne ihr Licht auf dem Trainingsplatz und bringt die jungen Menschen regelrecht zum Schwitzen. Der trockene Boden bekommt schon kleine Erdrisse, sodass bei jedem Schritt Staubwolken aufwirbeln. Neben der Hitze raubt auch das knochenharte Training den Rekruten jede Kraft, Motivation und Leistung. Selbst Christa Lenz scheint inzwischen völlig aus der Puste zu sein, die mehr als jeder andere Rekrut versucht, sich der Hitze zum Trotz zu beweisen. "Ich habe es gleich geschafft", atmet sie schwer. "Dann habe ich meine 5 Runden fertig." Winzige Schweißperlen kullern über ihre Stirn, als sie die nächste Laufrunde angeht, um die gewünschte Leistung zu vollbringen. Die anderen Soldaten aus ihrer Gruppe haben schon längst mit dem Laufen aufgehört und ruhen sich im Schatten aus. Christa dagegen will das Training erfolgreich beenden. Dann erfüllt sie die Voraussetzungen einer guten Soldatin. Nach wenigen Metern fühlen sich ihre Beine sehr schwer an, einmal fällt sie fast hin, doch dank eines schnellen Reflexes verhindert sie ihren Sturz. Erleichtert atmet sie auf. "Wie lange willst du dich noch quälen?", holt eine feste Stimme Christa aus den Gedanken. "Ähm … was?", wundert sie sich und dreht ihren Kopf nach rechts. Ein Mädchen mit zerzausten, schwarzen Haaren taucht ihn Christas Blickfeld auf, welches schon seit einiger Zeit die kleine Soldatin beobachtet. Für einen Moment achtet Christa nur auf das Mädchen, bis sie über ein Stein stolpert und unsanft auf dem Boden landet. Durch ihr linkes Handgelenk zieht sich ein Schmerz, doch tapfer beißt sie die Zähne zusammen. Langsam rappelt sich Christa auf, wobei sie ihr Handgelenk hält und macht ein paar tiefe Atemzüge. "Du bis ein Tollpatsch! Du kannst wohl nicht mal richtig laufen und verletzt dich auch noch an der Hand", kommentiert das Mädchen unfreundlich. Überrascht blinzelt Christa, als das Mädchen plötzlich vor ihr steht, welches vorher noch woanders gestanden hatte. Erst jetzt bemerkt Christa, wie groß und schlank ihre Kameradin ist. Im Gegensatz zu ihrer eigenen geringen Größe. Im Sonnenlicht strahlen die grauen, kleinen Augen der Fremden eine geheimnisvolle Art aus, die Christa in ihren Bann zieht. Ohne den Hauch einer Ahnung, wie sie das Gespräch weiter führen soll, starrt sie mit ihren großen, strahlen blauen Augen das Mädchen an und kassiert von ihr einen genervten Gesichtsausdruck. "Habe ich etwas im Gesicht oder warum gaffst du mich so an, Zwerg?", spricht sie Christa bissig an. "N-Nein! Ich bin kein Zwerg … so lautet mein Name nicht. Ich heiße Christa. Christa Lenz", sagt sie anfangs etwas unsicher. "Bitte gehe mir aus dem Weg! Ich muss noch meine letzte Runde laufen." Die Augen der Fremden formen sich zu Schlitzen. Unter dem abwertenden Blick fühlt sich Christa unwohl, weil sie für eine Diskussion keine Kraft hat und ihre Aufgabe als Soldatin zu Ende bringen will. Gerade schreitet Christa voran, als eine Hand ihre Schulter packt und sie zum Stoppen zwingt. "Du kannst wirklich nerven, Zwerg". Auf einmal zieht sie Christa an der Trainingsjacke hoch. "Ich heiße Christa! Und … warte mal! Was machst du da? Lass mich runter!". Die Größere meint amüsiert: "Sieh einmal an! Du kannst doch ein freches Mädchen sein". Christ gefällt das überhaupt nicht. Nur weil sie eine kleine Größe hat, über die das andere Mädchen gerne Scherze macht! In ihren blauen Augen lodert eine kleine Flamme aus Wut, die von der dunkelhaarigen Soldatin mit einem ungezogenen Grinsen willkommen geheißen wird. Zufrieden lässt sie die Kleine runter. Wieder festen Boden unter den Füßen funkelt Christa sie aufgebracht an. Eigentlich verhält sie sich immer wie ein braves Mädchen, doch irgendwie schafft die Fremde sie richtig zu reizen. "Was hast du für ein Problem mit mir? Ich habe dir nichts getan", beschwert sich Christa. "Du hast nicht das Recht, mich so zu behandeln." "Interessant! So gefällst du mir schon viel besser. Deine scheinheilige Art hat mich wirklich an gekotzt", schmunzelt die Dunkelhaarige. Augenblicklich schlägt Christa ihre Augen weit auf. Schmerz zerrt an ihrem Herz, das sich krampfhaft zusammen zieht, als ob ein Dolch es mit einem Stich schwer verletzt. In dem Moment weht ein kühler Windzug über den Platz und spielt mit Christas blonden Haaren. Unbeeindruckt schüttelt die andere Rekrutin den Kopf. Ganz gleich wie es gefühlsmäßig in Christa aussieht, sie beschließt, das Mädchen mit einem Fingerschnippen zurückzuholen. "Hey Zwerg! Wach auf! Ich habe nicht ewig Zeit, mich um dich zu kümmern", murrt sie laut. "Das stimmt nicht! Ich bin ein gutes und liebes Mädchen", flüstert Christa geistesabwesend. Die sonst so sanftmütigen, blauen, klaren Seelenspiegel sehen traurig und einsam aus. Bilder aus ihrer Vergangenheit spulen sich wie ein tragischer Film vor ihren Augen ab. Anscheinend löst das zynische Mädchen ein lang unterdrücktes, schmerzhaftes Gefühl in Christa aus, mit dem die Erinnerungen tief aus ihrer Seele aufsteigen und zeigen ihr schreckliche Szenen ihrer Kindheit. Wie eine leblose Puppe schaut Christa nach unten, sodass sie den Blickkontakt zu ihrer Gesprächspartnerin abbricht, was wiederum dieser nicht gefällt. "Dann bin ich sehr glücklich, dich endlich mal richtig kennen zu lernen, Zwerg", brummt sie und verpasst ihr eine Ohrfeige. Das Klatschen unterbricht die Funkstille zwischen den Mädchen, von denen eines eine gerötete Wange und Tränen in den Augen ha und die andere dies, ohne mit der Wimper zu zucken, verursacht hat. Leben kehrt in das blaue Augenpaar zurück. Fassungslos blickt Christa ihre halbherzige Retterin an, die mit verschränkten Armen vor ihr steht. "Hast du mich gehört? Oder träumst du immer noch, Zwerg?", erkundigt sich Christas Gesprächspartnerin. "Warum hassen mich alle Menschen? Was habe ich nur getan, dass ich …", schluchzt Christa leise. "Ich will einfach nur… geliebt werden." Genervt rollt ihre Kameradin die Augen. Wie sehr sie doch diese Worte hasst. Dennoch versteht sie das Mädchen vor sich ziemlich gut. Doch damit ist jetzt Schluss. Wenn die Welt schon selbstsüchtig handelt, dann darf ein Mensch es auch. Seitdem sie so handelt, spürt sie die Freiheit in sich und lebt nur in ihrem Namen weiter. Später werden es auch ihre anderen Kameraden verstehen, das sagt allein ihr Bauchgefühl. Grob packt sie Christa am Kragen. "Verdammt! Dann werde halt stärker für dich. Oder ändere dein Schicksal für dich. Du bist nicht alleine", gibt sie Christa einen Denkzettel. Auf einmal verstummt sie, direkt vor den trüben Augen des Mädchens, welches förmlich aus tiefstem Herzen nach Hilfe schreit. Nur kann niemand ihre Verzweiflung hören. Über sich selbst überrascht neigt sie ihren Kopf zur Seite und sortiert nochmal ihre Gedanken. Sie ist gerade zu emotional, um Christa weiterhin zum Leben zu belehren. "Ich habe es verstanden", erklingt die ruhige Stimme von Christa. "Ach ja? Du Zwerg willst doch nur eines werden: eine tapfere Heldin, die ihr Leben pflichtgetreu für Andere opfert. Das ist einfach nur erbärmlich und dumm. Die Menschen denken nur an sich selbst und du … denkst wie ein Engel ohne Flügel." Die Worte spuckt sie beinah angewidert aus, aber Christa versteht ihre Predigt, als ob sie selbst diese Erfahrungen machte. Über ihre Lippen huscht ein dankbares Lächeln. Ungerührt von der freundlichen Geste lässt die Dunkelhaarige Christa los. Erneut fällt diese auf dem Boden, reibt sich ihren Hintern und hält dabei ihr Handgelenk sicher vor gefährlichen Bewegungen. Warum ist sie nicht wütend? Nicht einmal hat sie sich richtig gewehrt, als ob ihr Leben keinen Sinn hat. Unzählige Gedanken gehen der dunkelhaarigen Soldatin durch den Kopf. Sie beschwert sich mit einem sarkastischen Laut über Christas Dummheit. "Es ist meine Entscheidung, diesen Weg zur Heldin zu gehen. Bitte misch dich in meinem Leben nicht ein", erhebt Christa höflich ihre Stimme. "Du raubst mir wirklich den letzten Nerv, du Zwerg", klagt die Größere sehr enttäuscht von Christas braven Verhalten. "Dann lass mich in Frieden. Ich möchte niemandem zur Last fallen. Du bist direkt und unsensibel, aber trotzdem bist du ein guter Mensch." "Ich und ein guter Mensch?" Auf einmal fängt sie an zu lachen. Ob dieser irritierenden Reaktion bleibt selbst Christa die Spucke weg. Sie versteht nicht, warum das Mädchen über ihre herzliche Meinung lacht. Ihrer Ansicht nach hat jeder Mensch einen guten Kern. "Das ist der beste Witz, denn ich in meinem ganzen Leben gehört habe. Du bist leichtsinnig und dumm, aber scheinst ein Talent für Humor zu haben", lacht sie. "Um ehrlich zu sein, hast du einen sehr schrägen Humor, Zwerg." Beleidigt bläst Christa die Wangen auf. Ihre Meinung ist doch kein Scherz. Eher handelt es sich einfach um ihre Meinung. Sie sieht eben die positiven Eigenschaften einer Person. Einer Sache ist sich Christa sehr bewusst: Dass sie niemals schlau aus diesem Mädchen wird. Zuerst stellt sie sich als eine egoistische Einzelgängerin vor und auf den zweiten Blick ändert sich dieser Eindruck mit einem Lachen. "Du siehst wie ein aufgeblasener Wal aus, Zwerg", betrachtet sie Christa und klatscht auf ihre vollen Wangen, sodass Luft rauskommt. "Häh? Was ist ein Wal?", fragt sich die blondhaarige Soldatin. "Verschwende darüber keine Gedanken, Zwerg. Wir gehen erst mal zum Militärarzt." Sie zeigt auf Christas verletztes Handgelenk. Vorsichtig reibt Christa über ihre Verletzung. Sie nickt ihrer Kameradin zustimmend zu. Bevor noch schlimmere, innere Verletzungen auftreten, die sie bei dem Training nicht unbedingt braucht, ist es wohl klüger so. Da Christa sich nicht vom Fleck rührt, zählt die andere Soldatin bis 10, bis sie am Ende ankommt und ihren Zwerg über die Schulter packt und locker zu dem Haus des Militärarztes spaziert. Flüchtig quiekt Christa bei dem Über-die-Schulter-Packen auf und ihre Wangen färben sich in einem sanften Rosaton. Offensichtlich ist es ihr peinlich, so von einem anderen Mädchen getragen zu werden. "Ähm … du kannst mich ruhig runter lassen. Meine Beine sind gesund", murmelt sie verlegen. "Ich genieße gerade deine Hilflosigkeit, also kannst du das glatt vergessen", pfeift ihre Entführerin zufrieden. "Warum hilft du mir jetzt?", wechselt Christa das Thema und erwartet eine ehrliche Antwort. "Du willst wirklich wissen… warum? Dann überlege mal, Zwerg", kontert die Andere gleich. Hoffnungslos seufzt Christa über ihre Lage, in der sie von einem fremden Mädchen auf den Schultern getragen wird, damit sie bei einem Arzt versorgt wird. Dabei will sie ihr doch keine Last auf den Schultern sein. Zu ihrem Bedauern fühlt sie jetzt nicht nur die schwere Bürde ihrer Vergangenheit, sondern ist auch buchstäblich die Last, in dem sie auf den Schultern ihrer Kameradin liegt. Die Ironie des Schicksals verdreht oft mal die Gedanken und Taten der Menschen. "Tut mir leid! Am Ende bin ich doch eine Last auf den Schultern für dich", entschuldigt sich Christa. "Im Ernst? Kannst du dir mal dein falsches Mitleid sparen und mich mit etwas anderem nerven?", jammert die Dunkelhaarige genervt. "Ich … meine es ernst!" "Tust du nicht, Zwerg." "Oh doch! Glaub mir doch einfach." "Keine Lust dazu!" "Wie bitte? Warum das?" "Nur so, Zwerg." "Einfach so? Ist das deine Antwort?" "Kann man so sagen." "Du bist … du bist …!" "Wer bin ich? Kennst du mich?" "Ähm… nein. Wie heißt du eigentlich?" "Verrate erst mir deinen Namen." "Christa Lenz natürlich." "War ja klar, Zwerg." Über ihre grauen Augen schimmert ein Leuchten, als ihr eine gute Idee einfällt. Diesmal bildet sich ein schiefes Grinsen auf ihren Zügen. So leicht macht sie es Christa nicht in ihrer Nähe. Eines Tages erfährt sie schon den wahren Namen ihrer Kameradin mit der unglücklichen Kindheit und dem schweren Schicksal. Woher sie von diesen Dingen aus Christas Vergangenheit weiß? Ihrer Spionage im inneren Distrikt, den sie auf der Suche nach Nahrung besuchte. In der Adelsfamilie Reiss war ein unehrliches Kind geboren worden und dies sollte so schnell wie möglich aus dem Weg geschafft werden. Ein Leben, das sich im Auge von anderen Menschen als ein Dorn, eine Schande oder ein Fehler entpuppte. Diesen Schmerz kennt Ymir zu gut und wollte dieses Mädchen aus reiner Neugier kennen lernen. "Ich gebe es auf. Wenn du so sehr ignorant mir gegenüber bist, dann vergiss meine Frage", zetert Christa. Über die Klage schmunzelt die Größere mit dem siegreichen Gefühl, Christa auf die Nerven zu gehen, sodass diese wie ein normales Mädchen spricht. Am Liebsten möchte sie ihr kindischen Gesicht sehen, doch fürs Erste lässt sie das arme Mädchen in Ruhe. Darüber hinaus überlegt sie, ihren Namen als Belohnung für den kleinen Fortschritt zu erwähnen. Sanfte Gesichtszüge verraten ihre Gefühle, als sie der Sonne entgegen blickt. Die strahlend blaue Fläche des Himmel erstreckt sich grenzenlos über die Welt und vermittelt ihr ein Gefühl von Freiheit. "Für deine erste Niederlage als normales Mädchen sage ich dir … mein Name ist Ymir." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)