Shinjitsu no ai von Tsuki_no_Hime (Der Fluch) ================================================================================ Kapitel 1: OneShot ------------------ Entspannt lag Kagome im Bett und zeichnete mit dem Zeigefinger wirre Muster auf den unbedeckten Oberkörper des Mannes, welcher still neben ihr verharrte. Ein leises Lächeln glitt über ihre rosigen Lippen. „Wenn Ihr einen Wunsch frei hättet, welcher wäre das?“ „Das du endlich meinem Drängen nachgibst und meine Frau wirst.“ Ihr Lächeln vertiefte sich, während sie geschmeidig aus dem Bett stieg und ihrer Nacktheit unbedacht das Zimmer verließ, hinaus auf die große Terrasse trat, die einen wunderschönen Blick auf den großen Vollmond bot, der in jener Nacht am Himmelzelt thronte. „Liebt Ihr mich?“ Raue Hände strichen über ihre Hüften, zogen sie schließlich in eine sanfte Umarmung, während heißer Atem über ihren Nacken streifte. „Ich begehre dich.“ Sie seufzte. Natürlich tat er das. Er und jeder andere Mann, welcher des nachts ihren Gesang erhörte. „Mir scheint, man hätte Euch verzaubert, edler Herr.“ Leise lachend festigte er seinen Griff, begann liebevolle Küsse auf ihrem Schulterblatt zur verteilen. Ein angenehmer Schauer rann ihr über den Rücken. „Dann soll es so sein...“ Schwerelos segelten die Blätter des Frühherbstes zu Boden, sodass dieser erschien, wie ein Meer aus den buntesten Farben. Zumindest bis ein Windstoß die Blätter wieder aufwirbelte und sich diese daraufhin erneut raschelnd in die Lüfte erhoben. Doch noch etwas anderes brachte der Wind mit sich. Eine leise Melodie. Kaum wahrnehmbar und doch allgegenwärtig für diejenigen, deren Herzen der Verlockung nicht widerstehen konnten. Sie rief nach ihnen. Erneut kam ein leichter Windstoß auf, brachte sie schwarzen Haare der jungen Frau zum tanzen, welche regungslos an der Mündung eines kleinen Flusses verharrte, ihre Füße von dem kühlen Nass umspielen ließ, während sie lächelnd den Blick in die Ferne ersuchte. Sie hörte wie Schritte sich ihr näherten und schloss kurz ihre Augen, bevor sie sich leicht umwandte, jener Frau entgegenblickte, die ihr entgegenkam. Ihr beste Freundin. Ihre engste Vertraute. Sie – und nur sie allein – wusste um das Geheimnis, welches sie behütete. „Die Anderen machen sich Sorgen um dich“, beantwortete diese auch sogleich ihre unausgesprochene Frage, bevor sie sich neben ihr sinken ließ, ihren Blick ebenfalls gen Ferne richtete. „Dazu besteht kein Anlass. Morgen schon ist wieder Neumond.“ Ihre Freundin seufzte und setzte sogleich zu Widerworten an, die sie jedoch zu unterbinden wusste. „Irgendwann wird es leichter, Sango.“ Angesprochene sah sie noch immer nicht an, dennoch erkannte sie deutliche Skepsis in deren Blick, ebenso wie Sorge. Betrübt sanken sich ihre Lider. Sie hatte das doch alles nie gewollt. „Wie lange willst du dir noch etwas vormachen?“ Darauf wusste sie keine Antwort, lauschte stattdessen dem sanften Flüstern des Windes, welcher eine beruhigende Wirkung auf sie auszuüben schien. Immer mehr ließ sie sich nach hinten fallen, bis ihr Körper schließlich von den feuchten Gräsern der Wiese in Empfang genommen wurde. „Miroku“, setzte ihre Freundin schließlich wieder an, brach jedoch kurz darauf wieder ab, als ein leises Schluchzen ihrer Kehle entrann. Verwundert schaute sie nun auf, sah das Zittern, welches Sangos Körper erfasst hatte und erblickte ebenso das ganze Leid, welches ihre angespannte Haltung ausdrückte. „Er wollte dir folgen…“ Leise nur drangen diese Worte über die zitternden Lippen der Taijiya und doch kamen sie einem Schrei gleich, der die endlose Nacht, wie eine scharfkantige Klinge zu durchschneiden versuchte, bevor sich der intensive Blick zweier ockerbrauner Augen auf sie richtete. „Du bist mir wie eine Schwester, aber...aber ich weiß einfach nicht, ob ich das länger ertrage.“ Verständnisvoll nickte Kagome ihr zu. Sie wusste um ihrer Gefühle dem Mönch gegenüber, ebenso wie sie wusste, das sich hinter ihrer harten Schale ein noch weicherer Kern versteckte, als manch einer zu glauben vermochte. Sie war nicht nur eine taffe Yōkai-Taijiya, nein, allem voran war sie eine liebende Frau, deren Gefühle sie schon viel zu lange unterdrückte und noch länger schon damit drohten sie erdrücken. „Möchtest du, dass ich fort gehe?“ Erschrocken weiteten sich Sangos Augen, ehe sie knapp den Kopf schüttelte. „Nein. Ich will dir helfen. Dieser Fluch...es muss doch eine Möglichkeit geben ihn zu bannen.“ Ein verzweifelter Blick suchte den ihren und diesmal war sie es, die den Kopf schüttelte. Den Fluch brechen… Wie oft hatte sie es nun schon versucht. Viel zu oft und noch öfter war sie daran gescheitert. Sie konnte sich nicht bewegen, registrierte sie panisch, während sie die Hexe näher kommen sah. Missbilligend blickte diese auf ihre zusammen gesunkene Gestalt herab, als so etwas wie Hohn in ihren magenta-farbenen Augen aufblitzte. „Du hast dir zu viel herausgenommen, Mensch.“ Und obwohl sie keinerlei Gefühl verspürte, so wusste Kagome doch, das sie zu zittern begonnen hatte. Warum half ihr denn Niemand? „Dachtest du, das deine Tat ungesühnt bleibt?“ Hilflos wanderte ihr Blick zum Eingang der Höhle, dort wo ihr Bogen lag. Es war eine Falle gewesen. Das klägliche Wimmern… Diese Hilferufe… Wieso hatte sie nicht auf ihre Freunde gewartet? Zischend ging die Hexe vor ihr in die Hocke, umgriff grob ihr Kinn mit ihren knochigen Fingern und zwang sie somit ihr in die glühenden Augen zu blicken. „Du hast meinen Gefährten auf dem Gewissen und darum wäre es nur Recht, wenn ich dir auch etwas nehmen würde, ohne dem dein Leben nichts mehr wert ist. Meinst du nicht auch?“ Schmallippig lächelnd erhob sie sich wieder und ging hinüber zu der Feuerstelle, die sich plötzlich wie von Geisterhand entzündete. Erschrocken wollte Kagome zurück zucken, doch ihr Körper versagte ihr noch immer seinen Dienst. Ein leises Wimmern entrann ihrer Kehle. Was hatte dieses alte Weib nur mit ihr vor? Nur leise drangen einige gemurmelte Satzfetzen an ihre Ohren, so leise, das sie kaum etwas verstand, bis die Hexe sich ihr wieder zuwandte. In ihrer Hand hielt sie eine wunderschöne Blume. Ihre Blütenblätter waren so blau wie der sonnen-geküsste Ozean und schienen regelrecht zu leuchten, während sie zur Mitte hin immer dunkler wurden und einen violetten Ton annahmen. Solch eine Pflanze hatte Kagome noch nie zuvor gesehen. „Eine Mitternachtsrose. Extrem selten und extrem gefährlich. Ihr Gift könnte sogar starken Dämonen ziemliche Probleme bereiten. Doch keine Angst, nichts läge mir ferner als dich zu töten. Ich habe ganz andere Pläne mit dir, kleines Täubchen.“ Böswillig grinsend legte sie die Blume schließlich auf ihren Schoß und sofort fühlte Kagome eine unbekannte Energie von dieser ausgehen, die ihr beinahe die Luft zum atmen raubte. Was war das bloß? „Nur ein liebend Herz kann nunmehr erretten, was gefangen in eisigen Ketten. Die Seele, das Sein, der Körper und das Fleisch, auf ewig verdammt im Höllenreich.“ Nur zu gut erinnerte sie sich noch an die letzten Worte dieses alten Weibes. Und auch wenn diese augenscheinlich keinen Sinn ergaben, so wusste sie dennoch um die Bedeutung jener Worte. Nur wahre Liebe konnte sie retten. Ein zynisches Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. An so etwas glaubte sie schon lange nicht mehr. „Ich möchte dir nicht länger Kummer bereiten.“ Und damit war ihr Entschluss gefallen. Sie würde ihre Freunde verlassen. Wahrscheinlich für immer. Eine einzelne Träne perlte unbemerkt aus ihrem Augenwinkel, bevor sie sich zu Sango beugte und dieser einen leichten Kuss auf die Stirn hauchte. „Verzeih mir.“ Mit einem traurigen Lächeln nickte ihr die Taijiya schließlich zu. Ihre Freundin hatte ihren Weg gewählt und es stand nicht in ihrer Macht sie aufzuhalten, dessen wurde sie sich mehr als deutlich bewusst, als Kagome sich filigran erhob und ohne ein weiteres Wort des Abschieds in dem angrenzenden Waldgebiet verschwand. Genüsslich seufzend registrierte Kagome die geschickten Fingerspitzen, die federleicht über ihre Seiten streichelten, bevor sie sich halb umdrehte, um dem groß gebauten Mann, welcher sie so zärtlich berührte, in die Augen sehen zu können. „Wenn Ihr einen Wunsch frei hättet, welcher wäre das?“ Seine schmalen Lippen verzogen sich daraufhin zu einem liebevollen Lächeln, ehe er ihr einen leichten Kuss auf die Lippen gab. „Ich wünschte, du würdest bei mir bleiben.“ Sie begann ebenfalls zu lächeln, als sie seinen Kuss erwiderte. Jedoch nur für kurze Dauer. Vorher sollte er ihr noch eine weitere Frage beantworten. „Liebt Ihr mich?“ Kurz schien er erstaunt über ihre Frage, bevor er sie jedoch in eine sanfte Umarmung zog und seine Hände liebevoll begannen über ihren flachen Bauch zu streicheln. „Ich bin dir verfallen.“ Sie seufzte. Natürlich war er das. Er und jeder andere Mann, der des nachts ihren Gesang erhörte. „Mir scheint, verehrter Fürst, man habe Eure Sinne vernebelt.“ Sein Brustkorb vibrierte, als er leise auflachte und ihr einen einzigen Kuss auf den Nacken hauchte. „So sei es drum...“ Abwesend schaute Kagome auf das Schneeglöckchen, welches vor ihr erblühte. Das erste Anzeichen des Frühlings. Schon so lange war es nun also her, seit sie einsam umher wandelte. Stetig war sie auf der Suche gewesen, nach etwas, das einfach nicht existierte. Endlich hatte sie es verstanden. Und doch sang sie noch immer ihr Lied. Warum das alles? Warum konnte sie es nicht länger fühlen, sie und kein anderer? Ein leises Knacken ließ sie erschrocken herum fahren. „Sesshōmaru-sama“, sprach sie ehrfürchtig seinen Namen, während ihr Kopf sich leicht neigte. Still verharrte dieser am Wegesrand und sah sie nur an. Verschlossen und unnahbar. Was tat er hier? „Du bist das also…“ Verächtlich zog er die Augenbrauen zusammen. Dieses verdammte Weib brachte nichts als Ärger. Er roch überdeutlich den Fluch, der wie Teer an ihr haftete, ebenso wie er bereits schon des öfteren dieses Melodie vernommen hatte, welche fast schon kreischend in seinen Ohren widerhallte und jeglichen sterblichen Männern ihrer Vernunft beraubte. Dennoch kam er nicht umhin einen gewissen Anteil Mitgefühl ihr gegenüber zu empfinden. Hatte dieses jämmerliche Halbblut nicht einst lautstark verkündet, das er diese Menschenfrau lieben würde? Scheinbar nicht genug. Liebe… Abfällig schnaubend trat er auf die zierliche Frau zu, die nun so etwas wie einen Hoffnungsschimmer in ihren trüben Augen aufblitzen ließ. „Deine Verführungskünste wirken bei mir nicht, Weib.“ Seufzend wandte sie ihren Blick wieder ab. Ihre Enttäuschung war nur halb sie groß, wie sie angenommen hatte. Eigentlich hatte sie sich bereits gedacht, das er sie aus einem anderen Grund aufgesucht haben musste. Vielleicht um das zu erledigen, dessen sich die Hexe entzogen hatte? „Weswegen seit Ihr hier, Lord des Westens?“ Schweigend stand er neben ihr, ließ seinen aufmerksamen Blick über den Ferne schweifen, bevor er sich schließlich dem Vollmond zuwandte, der so unendlich nah in jener Nacht erschien. Fast so, als könnte man ihn ergreifen, wenn man die Hände nur weit genug nach ihm ausstrecken würde. „Ich sollte dich für deinen Frevel töten.“ Zustimmend nickte sie ihm zu. Ja, das sollte er tun. Sie würde seine Strafe wehrlos in Empfang nehmen. „Es dürfte Euch keinerlei Mühe kosten“, versuchte sie ihn zu reizen, erhielt jedoch nur ein warnendes Knurren. Schmunzelnd richtete Kagome nun ebenfalls ihr Augenmerk auf den leuchtenden Himmelskörper, der seit jeher eine geheimnisvolle Anziehung auf sie ausübte. Schon so oft hatte sie ihm ihr Leid geklagt und manchmal, in Nächten wie diesen, hatte er ihr sogar eine Antwort zukommen lassen. Diesmal jedoch schwieg er. Wie so oft in letzter Zeit. „Ich habe mir oft gewünscht diese Eine zu sein, so oft, das ich mittlerweile sogar vergessen habe, was das eigentlich bedeutete. Könnt Ihr es mir sagen?“ „Nein.“ Demütig lächelnd senkte sie den Blick. Natürlich nicht. Wie konnte sie diesen Gedanken nur wagen? „Ihr wusstet seit jeher um seiner wahren Gefühle?“ „Ja.“ Nickend nahm sie seine Antwort zur Kenntnis, ohne Trauer und doch mit dem Gefühl des Erstickens. Warum nur hatte sie solange an dieser Illusion festgehalten, obwohl dieses Trugbild doch mehr als offensichtlich war? Und warum konnte sie Inuyasha dafür nicht einfach hassen? Es zerbrach ihr das Herz, mehr noch als es ohnehin schon war. „Dürfte ich Euch noch eine letzte Frage stellen?“ Er schwieg. Es war ihr Zustimmung genug, sodass sie den Blick wieder hob und ihn ansah. Seine Haltung war locker und doch wirkte er angespannte, fast so, als würde er sich in einem inneren Zwiespalt befinden. Leichtfüßig erhob sie sich und stellte sich ihm gegenüber. „Tut es weh zu sterben?“ Sie sprach von den Männern, deren Liebe sie gestohlen und damit gleichzeitig ihrer Leben beraubt hatte. Dennoch erkannte er keinerlei Reue in ihrem Blick. Ihre sonst so lebensfrohen Augen strahlten ihm kalt und matt entgegen. Bekanntlich waren die Augen der Spiegel zur Seele, doch ihre Seele war längst schon verloren. Sie war nichts mehr weiter als eine leere Hülle. „Nicht mehr, als zu leben…“ Es bedurfte nicht mehrerer Worte, um ihr ein kurzes Zeichen der Verständnis zu entlocken. Ein trostloser Seufzer durchbrach die Still der Nacht. „Dann sei dies ein Abschied.“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, ging sie geradewegs an ihm vorbei, ohne das er auch nur den Anstand machte sie aufhalten zu wollen. Weswegen auch? Es war nicht seine Aufgabe ihr beizustehen, geschweige denn ihr die erhoffte Erlösung zu bringen. Liebe – so etwas kannte er nicht. Er und kein anderer. Der Sommer hielt Einzeug und mit ihm begann auch wieder das Vergissmeinnicht zu erblühen. Das Zeichen der wahren Liebe, so sagte man. Kagome hatte dafür nichts weiter als ein müdes Lächeln übrig, während ihr aufmerksamer Blick über die weite Lichtung schweifte. Blumen soweit das Auge reichte. Einst hätte sie sicherlich ihre helle Freude an diesem Anblick gehabt. In diesem Moment empfand sie jedoch nichts als Leere. Wenn sie doch nur wenigstens nicht so einsam wäre… Sie vermisste Sango, vermisste all ihre Freunde, ja sogar Inuyasha hatte sie nie gänzlich aus ihrem Herzen verbannen können. Ob sie noch ab und zu an sie dachten? Gedankenverloren pflückte sie eine der Blumen, die neben ihr wuchs und strich bedacht mit dem Zeigefinger über die kleinen Blütenblätter. Sie fühlten sich so weich an, fast wie Seide. Vergissmeinnicht. Doch warum kam sie sich dann gerade so vergessen vor? „Ich fragte mich bereits, was an den Gerüchten wohl dran sein mag. Ein unreine Miko, verstoßen von der Gesellschaft, die ihr einst zu neuem Leben verhalf. Wie theatralisch.“ Diese Stimme...sie jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken. Dennoch verharrte sie weiterhin ruhig in ihrer Position. Was könnte er ihr schon antun, was dieser Fluch ihr nicht bereits schon genommen hatte? Insgeheim dürstete sie nach dem Gnade bringenden Stoß. „Naraku. Was willst du?“ Lautlos trat er näher, setzte sich schließlich zu ihr ins Gras. Warum tat er das? Verwundert lüpfte sie eine Augenbraue, als sie sich seines durchdringenden Blickes bewusst wurde. Was hatte er nur vor? „Man könnte fast meinen, du wüsstest meine Gesellschaft nicht zu würdigen, Kagome.“ Das Amüsement aus seinen Worten war deutlich heraus zu hören, ebenso wie der Spott, den er ihr entgegen brachte. Und wie er ihren Namen aussprach...so vertraut und doch gleichzeitig so abwertend. Ihre Verwirrung gewann immer mehr die Oberhand. „Mir steht nicht der Sinn nach einem deiner Spielchen.“ „Oh, ich bin nicht derjenige, der Spielchen betreibt. Ich behalte mir lieber den Posten als stiller Beobachter vor.“ „Beobachter wovon?“, wandte sie sich ihm schließlich gänzlich zu, die Blume dabei fest in ihrer zitternden Hand umklammert. Lächelnd schüttelte der Schwarzhaarige jedoch nur den Kopf und befreite geschickte die Blume aus ihrem eisigen Griff. Nachdenklich sah er auf die blau-blühende Pflanze herab. Vergissmeinnicht. Ob er sich wohl deren Bedeutung bewusst war? „Wahre Liebe...“, beantwortete er auch sogleich ihre unausgesprochene Frage und ließ sie damit schwer schlucken. „Ist es das, wonach du dich sehnst?“ Sie antwortete nicht, empfand es nicht als nötig ihm ihr Leid zu offenbaren. Zwischen ihnen gab es nichts, was sie miteinander verband. Und doch beschlich Kagome allmählich das Gefühl, als wäre diese Illusion, derer sie sich schon so lange hingegeben hatte, noch viel tiefer in ihr Bewusstsein vorgedrungen, als sie glaubte. Über sich selbst verwundert schüttelte sie den Kopf. Welch lächerlicher Gedanke. „So etwas wie Liebe existiert nicht.“ Belustigt lachte Naraku auf und Kagome hatte alle Mühe diesem Geräusch weiterhin augenscheinlich unbeteiligt entgegen zu wirken, während sich ihr Innerstes plötzlich zu verkrampfen schien. „Ich muss die Gerüchte offenkundig dementieren. Du bist der Hohepriesterin Kikyō in vielerlei Dingen ziemlich unähnlich. Nichtsdestotrotz muss ich gestehen, das deine Denkweise mir gefällt.“ Kikyō… Unbewusst ballte sie die Hände zu Fäusten. Wieder dieser Vergleich. Wie oft wollte man sie noch damit quälen – ihr vorhalten, das sie nichts weiter als ein Imitat war? „Ist das also das Ergebnis deiner Beobachtung?“ „Keineswegs, meine Liebe. Ich bin weit darüber hinaus gekommen.“ Skeptisch runzelte sie die Stirn, bevor sie ihrem Interesse nachgab und ihm einen fragenden Blick zukommen ließ, den er mit einem erheiterten Schmunzeln zur Kenntnis nahm. „Nun, des Herzens Angelegenheiten waren schon immer unergründlich, sowohl für Yōkai als auch für Menschen. Was meinst du, weswegen dir sonst gerade solch ein Bann auferlegt wurde?“ Schnaubend hob Kagome eine Augenbraue. Naraku war schon immer undurchschaubar gewesen, heute noch mehr als je zuvor. Diese ganze Situation war ihr mehr als suspekt. „Du glaubst doch nicht allen ernstes, dass...“ Sie stockte und schaute ihn ungläubig an. Das war doch unmöglich. Oder? Ruckartig erhob sie sich und blickte auf seine Gestalt hernieder, die Augenbrauen dabei zornig zusammen gezogen. „Was auch immer für Machenschaften du schon wieder ausheckst, ich will nichts damit zu tun haben, Naraku.“ Missbilligend schnalzte er mit der Zunge, während er sich ebenfalls erhob. Weitaus gemächlicher als sie selber zuvor. Ein angedeutetes Grinsen zuckte um seine Mundwinkel. „Du enttäuschst mich, kleine Miko. Solch eine Unterstellung nach diesem netten Gespräch, welches wir führten. Doch meinst du nicht auch, das ich längst schon Hand an dich gelegt hätte, wenn es mir nur darum ginge?“ Prüfend blickte sie ihm in die roten Irden, die ihr die pure Ernsthaftigkeit seiner Worte preis gaben. Seufzend schloss sie kurzzeitig die Augen, hieß den Windstoß willkommen, der eine gewünschte Abkühlung mit sich brachte. Wie konnte sie nur je in solch eine makabere Lage geraten? Ausgerechnet ihr Erzfeind – der Mann, der so viel Leid mit sich gebracht hatte… Konnte sie ihm denn wirklich vertrauen? Es war schwer diese Frage zu beantworten, schwerer noch als die Augen wieder zu öffnen und festzustellen, das er ihr noch immer geduldig gegenüber stand. Und so scheiterte ihr Traum an der Wirklichkeit, als sie ihm knapp zunickte. „Warum ausgerechnet jetzt?“ „Du kennst die Antwort doch bereits.“ Demütig senkte sie den Blick. Er hatte Recht. Vorher hätte sie ihm wohl kaum ihr Gehör schenkt. Vorher, als sie noch halbwegs bei Verstand war. Glucksend schüttelte sie den Kopf. Wie tief sie doch in all der Zeit gesunken war. Fast schon zärtlich legte er ihr plötzlich eine Hand unter ihr Kinn, zwang sie ihn wieder anzusehen. Ein Befehl, dem sie sich einfach nicht entziehen konnte. Sofort versank sie in den rotglühenden Irden, die sie einst so sehr verabscheute. Wann hatte sich das bloß geändert? „Wenn wir das nächste Mal aufeinander treffen, werde ich dich töten.“ Seine Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Grinsen, bevor er entschieden den Kopf schüttelte. „Wir wissen Beide, das du das nicht kannst.“ „Du-“ Doch weiter kam sie nicht, spürte sie doch plötzlich seine Lippen auf ihren. Ein Keuchen entrann ihrer Kehle, welches er auch sogleich nutzte, um ebenfalls seine Zunge ins Spiel zu bringen. Sich dem hingebend schloss sie die Augen. Was hatte es für einen Sinn sich noch länger zu wehren? ...auf ewig verdammt im Höllenreich... Vielleicht war es nicht der Fluch, der sie zu einer Männer verschlingenden Bestie machte, sondern der sie dazu brachte einer ebenso gefährlichen Bestie zu verfallen. Und mit diesem Gedanken versank alles weitere in endloser Schwärze. „Sie kommt wieder zu sich.“ Nur durch einen trüben Schleier, nahm Kagome die aufgeregten Stimmen um sich herum wahr. Eine stach dabei am meisten aus der Masse heraus. Eine Frau. Der Geruch nach Zimt und Moos stieg ihr in die Nase. Sango. Keuchend öffnete sie die Augen, ehe eine Welle der Übelkeit über ihr hinein brach. Nur mit Mühe schaffte sie es diese zu verdrängen. Langsam glitt ihr Blick über die Umgebungen, fand vertraute Gesichter, die sie voller Sorge musterten und fand ebenso dutzende blau-blättrige Blumen vor. Vergissmeinnicht. Nur langsam kehrten die Erinnerungen zurück und ein leichtes Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit. Naraku. Wer hätte je gedacht, das er es war, dessen Herz für sie schlug. Vorsichtig setzte sie sich auf, hatte sofort einen Fellknäuel auf ihrem Schoß, welches sich schluchzend an sie klammerte. „Kagome, wir haben uns solche Sorgen gemacht.“ Liebevoll streichelte sie über Shippōs Schopf, drückte diesen mit der anderen Hand fest an sich. Erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, wie sehr sie ihre Freunde doch vermisste hatte. „Wo warst du die ganze Zeit über?“, wollte Miroku auch sogleich wissen, was Kagome lediglich mit einem leichten Kopfschüttelnd bedachte. Sie würde nicht antworten, wahrscheinlich niemals, doch das war in diesem Moment einerlei. Hauptsache, sie war wieder da. Und als sie Inuyashas erleichterten Blick sah, wusste sie, das nun alles gut werden würde. Immerhin waren sie noch lange nicht am Ende ihrer Reise angelangt. Es würde noch ein holpriger Weg werden, der viele Gefahren in sich verband. Und am Ende… Ja, am Ende würde sie ihn wiedersehen. »Wir sind noch längst nicht fertig, Naraku.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)