Blurred Lines von Votani (Alex x Meredith) ================================================================================ Kapitel 1: Blurred Lines ------------------------ Es ist das Scheppern draußen vor dem Fenster, das Meredith aus dem Schlaf schrecken lässt. Sie schlägt im selben Moment die Augen auf, in dem ein Blitz das Dunkel erhellt. Für den Bruchteil einer Sekunde kann sie die scharfen Umrisse ihrer Schlafzimmermöbel erkennen, im nächsten ist es wieder stockfinster. Das Geräusch des plätschernden Regens verweilt und klingt, als befände sich ein gigantischer Wasserfall direkt auf der anderen Seite ihrer Schlafzimmerwand. Meredith verzieht das Gesicht, als sie sich die Augen reibt. Sie lauscht in die Stille hinein, doch neben dem Regen kann sie nichts hören. Trotzdem schiebt sie die Bettdecke beiseite und schlüpft in die Hausschuhe vor dem Bett, anstatt sich auf die andere Seite zu drehen und weiterzuschlafen. Der Lichtschalter klickt, als Meredith die Nachttischlampe anschaltet, doch nichts passiert. „Der Strom ist mal wieder ausgefallen…“, flüstert Meredith und seufzt, denn scheinbar ist ihr einfach keine ruhige Nacht vergönnt. Ausnahmsweise hat sie mal keine Nachtschicht und auch kein Notfall im Krankenhaus, aber dafür dieses Gewitter und keine Elektrizität. Blind wandert Meredith durch ihr Schlafzimmer und zieht sich den dünnen Bademantel über, bevor sie die Taschenlampe in der hintersten Ecke ihrer Kommode ertastet. Ihr Schein ist schwach, aber die Batterien sind auch ewig nicht gewechselt worden. Das Licht ist ausreichend, um den Weg durch den Flur zu finden und einen Blick in die Zimmer der Kinder zu werfen. Der matte Lichtstrahl wandert über durch den Raum und zu den Betten hinüber. Zola liegt mit allen Gliedern von sich gestreckt in ihrem Bett und auch Elis schläft eingerollt in ihrer Krippe. Bailey, der sein eigenes Zimmer hat, liegt auf dem Rücken und schnarcht mit offenem Mund. Die Positionen sind vertraut und versichern Meredith, dass sie heute Nacht keinen Besuch im Bett haben wird, denn wenn die drei erst einmal schlafen, dann schlafen sie. Sie lehnt die Türen zu den Kinderzimmern an, ehe sie weiter den Flur entlang wandert. Das Wohnzimmer liegt genauso finster vor ihr, wie das restliche Haus ebenfalls. Doch an Schlaf ist im Moment nicht mehr zu denken, denn im Gegensatz zu ihren Kindern ist sie plötzlich hellwach. Auf halben Weg in die Küche beginnt die Taschenlampe zu flackern und geht gänzlich aus. „Na wunderbar“, murmelte sie und schlägt mit der flachen Hand gegen die Taschenlampe. Es bleibt dunkel, woraufhin Meredith sie auf den erst besten Schrank abstellt, der ihren Weg kreuzt. Doch in der Dunkelheit kreuzt so einiges ihren Weg. Geräuschvoll tritt sie eines von Baileys Spielautos quer durch das Wohnzimmer und stolpert halb über ein paar herumliegende Bauklötze. Fluchend stützt sie sich am Rand des Sofas ab und massiert sich einen schmerzenden Fuß. „Morgen wird Bailey sein Spielzeug wegräumen oder es gibt eine Woche lang nichts außer Brokkoli zum Abendessen.“ Andererseits muss sie wirklich kreativer werden, denn diese Drohung hat schon letzte Woche nicht funktioniert. „Lass dir was Besseres einfallen, Mer. Das hat noch nie bei jemanden funktioniert“, echot Alex’ Stimme ihre Gedanken und lässt Meredith zusammenzucken. Eine Silhouette, die Alex’ Gestalt besitzt, setzt sich auf dem Sofa auf und kratzt sich den Kopf. Er klingt nicht so verschlafen, wie man sich bei dieser Uhrzeit anhören sollte. „Und wenn du schon dabei bist, beschaff Amelia gleich eine Wohnung, damit ich mein Bett zurückkriege. Diese Couch ist so durchgelegen, dass ich kein Auge zu bekomme.“ Meredith sieht die Treppe hinauf, die schattenbesetzt ist. „Amelia ist hier? Schon wieder?“ Wirklich überrascht ist sie aber nicht, denn Amelia verbringt seit ihrer Hochzeit mehr Zeit hier, als sie sich in der Gesellschaft ihres Ehemanns aufhält. Allerdings ist Amelia auch kein Mensch, der versucht Probleme aus der Welt zu schaffen. Nein, sie geht ihnen aus dem Weg, weil sie trotz Lebenserfahrung oftmals glaubt, dass sie sich dann in Luft auflösen und sie nicht mehr belästigen. Allein bei dem Gedanken daran verdrehte Meredith die Augen. Alex schnaubt, obwohl er es gewesen ist, der sie ins Haus gelassen hat, nachdem sie sich mit Owen über ihre Erkenntnis, dass sie kein Baby haben möchte, gestritten hat. „Und warum bist du wach?“ „Wegen dem Gewitter.“ Sie zuckt mit den Schultern, obwohl es Alex wahrscheinlich nicht sehen kann. „Ich glaube, ich habe noch eine angefangene Flasche Tequila hinter dem Spülmittel versteckt.“ Sie ertastet sich den restlichen Weg zwischen allerlei Spielzeug hindurch zur Küche hinüber. Das Rascheln hinter ihr verrät, dass Alex ihren Wink versteht, die Decke beiseite schiebt und ihr folgt. „Hast du es vor den Kindern versteckt oder vor Maggie und Amelia?“, erkundigt sich Alex, während ein weiterer Blitz den Himmel erhellt und ein Donnern direkt auf dem Fuß folgt. Der Regen hämmert gegen das Dach und gegen die Fensterscheiben, doch Meredith grinst. „Ich glaube, wir wissen die Antwort darauf bereits“, sagt sie und steuert einen hohen Hängeschrank, der mit einer Kindersicherung versehen ist. Selbst ohne Licht öffnet sie ihn mit Leichtigkeit und ertastet die Tequilla-Flasche. „Hol zwei Gläser“, weist sie Alex an und kurz darauf klirrt es neben ihr auf der Anrichte. Ein weiterer Blitz erhellt den Raum und Meredith teilt die Flasche zwischen den Gläsern auf, bevor sie Alex eines zuschiebt. Er nimmt auf einem der hohen Stühle Platz und nippt an seinem Glas. Meredith lehnt mit der Hüfte gegen einen der Küchenschränke und richtet den Blick zum dunklen Fenster, hinter dem es noch immer beständig plätschert und stürmt. Sie trinken schweigend, doch es ist nicht unangenehm. Dafür kennen sie sich bereits zu lange. Außerdem ist Alex ihre Person und – auch wenn er das nicht laut zugeben will – ist sie seine. Jedenfalls ist seine Gesellschaft bei weitem nicht so anstrengend, wie die ihrer Schwestern, auch wenn Meredith sie keinesfalls missen will. „Warum hast du Amelia überhaupt dein Bett gegeben?“, erkundigt sich Meredith irgendwann. Alex’ Silhouette sackt auf dem Stuhl etwas in sich zusammen. „Weil ich... nett sein wollte?“ Stille folgt auf seine Worte, welche er nach einigen Sekunden erneut bricht. „Ganz schön dumm von mir, oder?“ Selbstironie schwimmt in seiner Stimme mit und Meredith entfleucht ein Schnaufen. „Du weißt doch, wie Amelia in solchen Situationen ist. Wenn du es ihr zu bequem machst, wird sie sich ihren Problemen nie stellen und nie wieder gehen“, erwidert sie, denn schließlich ist es nicht der erste Streit, den sie mit Owen hat. Ihre gesamte Beziehung ist ein riesiges Problem, weshalb es Meredith sowie gewundert hat, als sie plötzlich geheiratet haben. Doch sie hat sich etwas Frieden und Ruhe für die beiden gewünscht. Diese beiden Dinge haben sie sich alle reichlich verdient, denn die letzten Jahre sind alles andere als ereignislos gewesen. „Vielleicht sollten wir ihr doch eine eigene Wohnung mieten“, wirft Alex ein. „Oder vielleicht uns selbst.“ Meredith stößt ein heiseres Lachen aus, das halb im dem Grölen des Donners versinkt. „Kannst du dir vorstellen wie chaotisch das wäre, wenn wir mit drei Kindern und Maggie in eine kleine Wohnung ziehen würden? Hier fällt einem ja schon oftmals förmlich die Decke auf dem Kopf.“ Allein bei dem Gedanken wird ihr flau im Magen und auch Alex stößt ein Brummen aus. „Maggie bleibt hier“, entweicht es ihm. „Ich kann ihr Gelaber über Riggs nicht mehr hören. Oder deinen schuldigen Blick, nur weil du bereits mit ihm geschlafen hast.“ „Einmal“, murmelt Meredith. „Und es war ein schwacher Moment, den es nie wieder geben wird.“ „Wie du meinst...“, sagt er, weil er weiß, das alles möglich ist, aber auch weiß, dass Meredith gerade nicht an der Wahrheit interessiert ist. Sie sind wirklich in den letzten Jahren erwachsen geworden, wenn sie nicht einmal das Sexleben des jeweilig anderen kaum mehr interessiert. Meredith trinkt den letzten Schluck Tequila, bevor sie ihr Glas in den Geschirrspüler stellt. Alex folgt ihrem Beispiel, ehe er wieder zum Sofa trottet, wobei er halb über den Feuerwehrwagen stolpert, der noch immer mitten im Wohnzimmer liegt. „Was machst du?“, fragt Meredith unverständlich, als seine Silhouette die Decke über sich zieht. „Was glaubst du, was ich mache? Ich versuche einzuschlafen, damit ich morgen nicht wie ein Zombie im Krankenhaus rumlaufe.“ „Du weißt, dass mein Bett groß genug für zwei Leute ist“, erwidert Meredith, als sie sich durch das Wohnzimmer wagt, als sei es ein Minenfeld. „Solange ich auf Dereks Seite schlafe, ist das kein Problem.“ „Kannst du immer noch nicht allein schlafen, Mer? Du weißt, ich kann nicht immer deine Hand halten...“, sagt Alex, doch er sitzt wieder kerzengerade auf dem Sofa, was Meredith versichert, dass er ihre Einladung nicht ausschlägt. Das tut er nie. „Ich dachte nur an deinen Rücken, aber wenn wir das durchlegene Sofa lieber ist, dann bitte“, antwortet sie, doch Alex schlüpft in dem Moment auf flinken Sohlen an ihr vorbei. Gemeinsam werfen sie einen Blick in die Kinderzimmer, doch Zola, Bailey und Elis schlafen noch immer wie Steine. Meredith ist glatt ein wenig neidisch, bevor sie Alex in ihr Schlafzimmer folgt. Er wirft sich auf es, so dass die Matratze wie bei einem Erdbeben wackelt und Meredith erhascht bei einem weiteren Blitz einen Blick auf sein Grinsen. Ihre Mundwinkel heben sich, als sie auf Dereks Betthälfte krabbelt und unter die Decke schlüpft. Alex hat nicht unrecht, da stimmt Meredith ihm zu. In manchen Nächten füllt sich das Bett und dieser gesamte Raum noch immer furchtbar einsam an – und wahrscheinlich muss sie Amelia irgendwann danken, denn nur durch ihr ständiges Übernachten ist Alex hier in ihrem Bett. Aber nein, soweit muss sie doch nicht gehen. Amelia würde es sie nie wieder vergessen lassen, wenn sie sich tatsächlich bei ihr bedankte, ganz egal wofür. Sie dreht sich auf die Seite, den Rücken zu Alex gedreht, der dasselbe tut. Ein schmales Lächeln huscht über Merediths Lippen. Draußen tobt der Sturm, doch auf der anderen Seite des Betts und mit Gesellschaft stört es sie kaum noch. „Nacht, Alex.“ „Nacht, Mer“, erwidert er, bevor Ruhe einkehrt. Der Regen trommelt monoton gegen die Scheibe und lullt sie in wenigen Minuten in den Schlaf, aus dem sie zuvor noch so unsanft gerissen worden ist. Doch als Meredith das nächste Mal die Augen aufschlägt, liegt das Schlafzimmer nicht mehr in verregneter Dunkelheit, sondern die ersten Sonnenstrahlen suchen sich den Weg durch die weißen Vorhänge vor dem Fenster. Was sie jedoch weckt, ist das schrille Piepen eines Pagers. „Es ist deiner, Alex“, murmelt sie, das Gesicht halb in das Kissen vergraben. Sie braucht nur ein Augenlid minimal öffnen, um Alex zu sehen, der direkt vor ihr auf dem Rücken liegt. Er zieht eine Grimasse und wischt sich mit einer Hand über das Gesicht. „Eindeutig deiner“, murrt er und dreht sich von ihr und dem nervtötenden Geräusch weg. Meredith stöhnt, bevor sie sich auf die andere Seite wälzt und nach dem kleinen, schwarzen Gerät auf ihrem Nachttisch greift. Das Piepen endet, aber der Code auf dem Display sagt ihr, dass einer ihrer Patienten nicht länger auf sie verzichten kann. „Es ist mein Pager“, bestätigt Meredith und schiebt mit brennenden Augen die Decke beiseite und setzt sich auf. „Sag ich doch…“, murmelt Alex und Meredith holt mit dem Arm aus, um ihn einen Klaps gegen den Hinterkopf zu geben. Ein Brummen folgt und Alex versucht ihre Hand beim zweiten Mal abzuwehrend, bis sie miteinander rangeln. Lachend beugt sie sich über Alex, um sein Gesicht wieder in das Kissen zu drücken und presst ihre Lippen im selben Augenblick gegen Alex‘ nackte Schulter. Erst als sie halb aus dem Bett geklettert ist und auf dem Weg in das angrenzende Badezimmer ist, wird ihr bewusst, was sie getan hat. Dass sie seine Schulter geküsst hat. Sie hält in ihrem Schritt inne und schaut zurück zum Bett, die Augenbrauen kritisch zusammengezogen. Auch Alex schiebt einen Ellenbogen unter sich, um sich ein wenig aufzurichten. Sein Blick ist müde, aber spiegelt gleichzeitig ihre eigene Verwirrung wider. „Sollten wir darüber sprechen?“, fragt Meredith stutzig. Alex runzelt die Stirn. „Wahrscheinlich.“ Sein Blick löst sich von ihr und wandert durch die offene Schlafzimmertür in den Flur. „Später.“ „Später“, stimmt Meredith zu, denn auch sie kann die Stimmen aus dem Wohnzimmer hören. Kinderstimmen vermischen sich mit den lauten Geräuschen aus dem Fernseher, während in der Küche Geschirr klappert. Der Geruch von Pancakes liegt in der Luft und Maggies und Amelias Diskussion ist so laut, dass Fetzen es bis an Merediths Ohren schaffen. Sie schüttelt den Kopf, denn alles ist beim Alten, auch wenn ein paar neue Sachen dazugekommen sind. Eine neue Sache, korrigiert sich Meredith und schielt zu Alex hinüber, der zurück in die Kissen sinkt und sich die Decke über den Kopf zieht, um noch ein paar Minuten zu dösen. Das Schmunzeln kehrt auf Merediths Gesicht zurück. „Zola wird dich so oder so finden. Versuch also gar nicht erst dich zu verstecken.“ „Ich verstecke mich nicht vor Zola“, kommt die Antwort von unter der Bettdecke. „Nur vor Amelia. Und ein bisschen vor Maggie.“ Meredith lacht das Lachen, welches in ihrer Kehle sitzt, bevor sie ins Badezimmer spaziert, während Alex in dem Bett liegt, das sie einst mit der Liebe ihres Lebens geteilt hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)