Lieben verboten von Shijin (Yami x Yugi) ================================================================================ Kapitel 1: Wieder in Freiheit ----------------------------- „Wo bleibt er, Marko?“ „Es wird sein wie jedes Mal, Seto. Er zögert es so lange heraus, bis wir ihn in seine Zelle zurückbringen müssen. Wenn du mich fragst, fürchtet er sich vor der Welt. Hier hat er seine Musik. Draußen hat er nichts mehr.“ Seto nickt verstehend. „Ich kümmere mich darum.“ Der Beamte lässt ihn durch das Tor. Schon bei der Kontrolle hört die leisen Geräusche. Klaviermusik erklingt durch die grauen, steinernen Gänge. Aus der ein oder anderen Zelle begleiten summende oder singende Stimmen das Lied. Obwohl es immer noch ein Gefängnis mit den gefährlichsten Straftätern ist, herrscht in den Gängen eine friedliche Stimmung. Vor einem Jahr ist hier deutlich mehr Aggressivität spürbar gewesen. Seto nähert sich grinsend dem Ursprung der Veränderung: der Kapelle mit dem einzigen frei zugänglichen Klavier. Leise öffnet er die Tür. Hinter dem Klavier entdeckt er nur die Spitzen des gesuchten Igelkopfes. Yugi sitzt mit geschlossenen Augen auf dem Hocker, bewegt sich rhythmisch mit der Musik und ist ganz in seiner eigenen Welt. Die Finger treffen jede Taste sicher und werden nach der Intention des Bunthaarigen eher stark oder zärtlich angeschlagen. So erhält das Lied eine eigene Dynamik. Ganz leise singt der Musiker den Text mit. Das macht er nur, wenn sich unbeobachtet fühlt. Seto nimmt auf einem Stuhl Platz und schließt für den Moment die Augen. Auch er genießt die kurze Reise auf den Schwingen der Musik bis zum Ende der Melodie. Als Yugi eine neue Melodie beginnt, bewegt sich Seto kurz und das Klavierspiel stoppt sofort. „Seto, was machst du hier?“ Der Angesprochene öffnet blinzelnd die Augen. Die Rückkehr in die Gegenwart dauert eine Weile. „Ich wurde angerufen…“ Er streckt sich und stellt sich zu dem Musiker ans Klavier. Sein Blick ruht auf dem Sitzenden. „Marko hat mich informiert. Sie erleben nicht oft, dass Gefangene alles versuchen, um hierbleiben zu können. Du hast sogar einen Wachmann angegriffen?! Das bist doch nicht du, Yugi. In den letzten zwölf Monaten warst du für jeden hier ein kleiner Sonnenstrahl und hast immer kooperiert. Deine Strafe ist abgesessen, Yugi. Geh hinaus in die Welt und genieße wieder dein Leben.“ „Das kann ich nicht, Seto… Ich habe Angst… Wo soll ich denn hin? Ich habe doch alles verloren…“ Sein Blick ruht auf den Tasten. „Das war bei den letzten Malen bereits deutlich zu spüren. Deshalb, mein Freund, lade ich dich zu meiner Familie ein. Bei deinen ersten Schritten in Freiheit bist du nicht alleine. Bis du bereit für deine eigenen Wege bist… Wir haben ein Apartment im Dachgeschoss. Ishizu hat es schon für dich hergerichtet. Sie freut sich darauf dich kennen zu lernen.“ Yugi starrt ihn überrascht, entsetzt und wütend an. „Du spinnst doch, Seto. Du willst deine Familie einem Ex-Knacki aussetzen?!“ Seto wirft ihm einen strengen Blick aus seinen eisblauen Augen zu. „Es gibt nur wenig, was wir nicht mögen. Eines ist, dass Ishizu und mir unterstellt wird, die Familie in Gefahr zu bringen. Meine Frau und ich wissen, was wir tun.“ Seto legt Yugis persönliche Gegenstände aufs Klavier. „Und du, Yugi, wirst das Gefängnis heute verlassen. Entweder kommst du freiwillig mit mir mit oder die Wachmänner bringen dich gefesselt ins Obdachlosenheim, wo du nach einer Nacht auf die Straße gesetzt wirst. Du musst deine erste eigene Wahl treffen… Ich warte vor der Tür auf dich!“ Yugi fährt zärtlich über die Tasten des Klaviers, bevor er nach seiner Kleidung greift. Nur zögernd kann er sich von dem Sträflingsoverall trennen. Am Anfang der zwölf Monate hat er sich das niemals träumen lassen. Mit einem letzten Blick auf das Klavier verlässt er die Kapelle. „Meine Tasche… Ich muss nochmal…“ Mit einem Grinsen hebt Seto eine Sporttasche vom Boden auf. „Du glaubst doch selbst nicht, dass wir dich noch einmal zurücklassen. Marko hat sich darum gekümmert.“ Lächelnd schüttelt Yugi nur den Kopf über den Anderen. Dabei kennen sie sich erst seit zwölf Monaten… seit er hier reingekommen ist… „Du hast an alles gedacht…“ „Ich bin Profi, Yugi! … Auf in die Freiheit!“ Der Bunthaarige greift nach seiner Tasche. Seto hält dem ehemaligen Strafgefangenen die Tür auf. Während Yugi durch die Gänge auf den Ausgang zugeht, stimmen die übrigen Häftlinge das Lied der Freiheit an, eine geflügelte Weise unter den Häftlingen für jeden Entlassenen. Es soll Mut machen. Seto und die Wachmänner steigen ebenfalls mit ein. Yugi öffnet selbst die Beifahrertür von Setos Auto und blickt mit gemischten Gefühlen nach vorne, während sie auf das geöffnete Tor zufahren. Bei der Durchfahrt krallt er seine Hände fest ineinander und zieht zitternd den Atem ein. Seto macht das Radio an und konzentriert sich aufs Autofahren. Yugi braucht die Zeit, um seine Gefühle und Gedanken zu ordnen. Ishizu und Noah warten dieses Mal nicht wie sonst an der Eingangstür, wenn sie Gäste erwarten. Er führt Yugi ins Apartment und legt ihm den Schlüssel auf den Esstisch. „Du kannst jederzeit zu uns nach unten kommen, wenn dir hier oben die Decke auf den Kopf fällt. Um sechs gibt es Abendessen. Noah, mein Sohn, und Ishizu freuen sich, wenn du kommst.“ Yugi nickt. Er stellt seine Tasche aufs Bett. Seto schließt leise die Tür. Der Bunthaarige bewegt sich unsicher durch das möblierte Zimmer. An so viel Platz muss er sich erst wieder gewöhnen. Es gibt ein kleines Badezimmer und eine Küchenzeile. Neben dem Bett steht ein Kleiderschrank, in den Yugi seine wenigen Habseligkeiten packt. Jemand, wahrscheinlich Ishizu, hat für ihn noch ein paar andere Kleidungsstücke in den Schrank gelegt. Ein Wecker zeigt den frühen Nachmittag an. Bis zum Abendessen ist noch viel Zeit. Er greift nach dem Schlüssel und seiner Jacke. An der Haustür zögert er. Statt nach draußen zu gehen, klopft er an der Tür zur Wohnung der Kaibas. Eine Frau öffnet ihm freudestrahlend. „Du musst Yugi sein. Herzlich Willkommen! Ich bin Ishizu. Kann ich dir was anbieten?“ Das Lächeln ist ansteckend. Yugi kann sich nicht wehren und erwidert es. „Nein, danke! Ich wollte einkaufen. Wo sind die nächsten Einkaufsmöglichkeiten?“ „Die liegen außerhalb der Stadt. Seto ist mit dem Auto zur Arbeit in die Kirche. Warte doch bis er wieder. Dann kannst du das Auto nehmen. Ich leihe dir gerne das, was du dringend brauchst.“ „Das ist nicht nötig. Ich warte bis Seto wieder kommt. In der Zwischenzeit kann ich mich doch mit meiner neuen Umgebung vertraut machen.“ „Um die Ecke sind ein kleiner Park und die Altstadt. Da kann man gut spazieren gehen.“ Yugi bedankt sich bei Ishizu für den Tipp. Er zieht seine Jacke über und verlässt das Haus. Durch den Park erreicht er schnell die Altstadt. Mitten in der Stadt erhebt sich ein Kirchturm. Wie magisch wird Yugi von diesem Gebäude angezogen und tritt leise hinein. Fast automatisch sucht er die Orgel. Doch die Empore, wo sie steht, ist verschlossen. An einem hölzernen Kasten brennt ein rotes Licht. Als jemand den Raum verlässt, blinkt ein grünes Licht auf. Yugi betritt eine kleine Kammer. Fragend blickt er sich um und zuckt zusammen, als sich in der Holzwand ein vergittertes Fenster öffnet. „Was hast du auf dem Herzen, mein Sohn?“ Der Mann auf der anderen Seite klingt gelangweilt. Yugi schweigt überrumpelt und überlegt, was er antworten soll. Durch das Fenster wird er aufmerksam gemustert. Rubinroter Augen begegnen Yugis unsicherem Blick. Schnell senkte der Kleinere diesen wieder. „Ich glaube, ich habe mich in der Tür geirrt.“ Jetzt wird Atemu neugierig. Ein Schmunzeln liegt auf seinen Lippen. „Eigentlich kann man sich nicht in einen Beichtstuhl verärgern. Wo wollten Sie hin?“ „Nach… nach draußen?“ Atemu hat Mühe, ein leises Lachen zu verkneifen. Das Grinsen kann sein Gegenüber glücklicherweise nicht sehen. Yugi hält den Blick gesenkt. „Das klingt nicht wirklich entschieden. Sie erwecken eher den Eindruck, dass Sie reden möchten. Deshalb haben Sie sich unbewusst hierher verirrt. Ich bin ein guter Zuhörer.“ „Ich bin kein Katholik. Macht ihr Arbeitgeber da nicht klare Vorgaben?“ Atemu seufzt und lehnt sich zurück. „Die Kirche mag ihre Vorgaben haben. Doch was sie nicht weiß, macht sie auch nicht heiß. Ich verstehe das etwas anders. Jeder Ratsuchende ist mir willkommen. Überlegen Sie es sich. Ich habe Zeit.“ Yugi schweigt. Doch er kann sich auch nicht einfach umdrehen und gehen. Irgendetwas hält ihn bei diesem Fremden. „Nehmen Sie doch Platz! Vielleicht kommen wir mit einer Frage ins Gespräch: Wenn Sie kein Katholik sind, was hat Sie hierhergeführt?“ Im Raum entdeckt Yugi hinter der Kniebank einen kleinen Hocker. Darauf nimmt er Platz. „Ich habe keine Ahnung. Als unbestimmtes Gefühl… würde ich es beschreiben. Das muss für Sie verrückt klingen.“ „Nein, durchaus nicht. Ich bin Priester. Für manche ist dieses unbestimmte Gefühl ein Wink Gottes. Für andere heißt es Intuition. Sie fühlen sich in Kirchen wohl, richtig?“ Yugi schüttelt den Kopf. „Es ist nicht die Kirche oder Gott. Ich mag die Musik. Jede Orgel hat ihren eigenen Klang und jeder Organist seine Art zu spielen.“ „Spielen Sie?“ Der Kleinere senkt den Kopf noch tiefer. An seinen Schultern setzt ein Zittern sein. „Leider wohl nicht mehr… Im Gefängnis… Entschuldigen Sie, ich habe zu viel gesagt.“ Überstürzt verlässt Yugi den Beichtstuhl und die Kirche. Atemu befreit sich so schnell wie möglich von seiner Sutane und folgt ihm. Als er die Kirchentür aufstößt, ist Yugi bereits im Park verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)